Friedenflechten & Literatur 30 Jahre Erfahrungen aus Südosteuropa
Das Jahr 1995 markierte einen Wendepunkt in Südosteuropa: Einerseits endete der Krieg in Bosnien und Herzegowina, andererseits steht das Jahr für Völkermord, ethnische Vertreibungen und massive Menschenrechtsverletzungen. Ihre Nachwirkungen sind bis heute spürbar. Gleichzeitig gibt es in der Region vielfältige Ansätze für Versöhnung, nachhaltigen Frieden und gesellschaftlichen Zusammenhalt.
Ihre Erfahrungen mit dem Krieg in Bosnien und Herzegowina (1992–1995) und mit dem Leben danach haben Faruk Šehić (geb. 1970) und Slađana Nina Perković (geb. 1981) auf sehr unterschiedliche Weise literarisch verarbeitet.
In Faruk Šehićs Roman Von der Una werden persönliche Erinnerungen und Kriegstraumata mit Naturbildern und der Geschichte der Region verwoben. Der Fluss Una wird zu einem Symbol für Heimat, Kindheit und verlorene Unschuld; die Bilder, Metaphern und Ereignisse mäandern durch den Text wie die Una durch die Landschaft. Die Stimme, die dieses Zeugnis über das Schrecken des Krieges ablegt, ist zugleich lyrisch und realistisch, glaubwürdig und einfühlsam.
Slađana Perković gelingt es in ihrem Roman Tante Stanas Beerdigung, mit schwarzem Humor und eindringlicher Sprache den Alltag in einer vom Krieg geprägten Gesellschaft sichtbar zu machen. Ihr Roman verbindet das Intime einer Familiengeschichte mit schonungslosen, scharfsinnigen und zugleich unterhaltsamen Beobachtungen gesellschaftlicher Missstände. Die Erzählerin ist verletzlich, wütend und ironisch – und wirkt gerade dadurch besonders authentisch. Besonders beeindruckend ist die Fähigkeit der Autorin, Tragisches und Komisches kunstvoll ineinanderfließen zu lassen.
Moderiert von Alida Bremer, mit Schauspielerin Anna Staab als Lesestimme und Elvira Veselinović als Dolmetscherin.
Die Veranstaltung findet auf Bosnisch und Deutsch statt.
Sie ist Teil des Projekts „
Alida Bremer
Alida Bremer ist Literaturwissenschaftlerin und Autorin mit Wurzeln im heutigen Kroatien. Sie wurde 1959 in Kroatien geboren und ist eine bedeutende Übersetzerin aus dem kroatischen, serbischen und bosnischen. Nach dem Studium in Belgrad, Rom und Deutschland arbeitetet sie an verschiedenen Universitäten und ist seit vielen Jahren als freie Autorin tätig. Alida Bremer engagiert sich für den Kulturellen Austausch zwischen Südosteuropa und dem deutschsprachigen Raum und wurde für ihre Arbeit schon mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Internationalen Literaturpreis 2018. Alida Bremer ist auch Mitkuratorin der Veranstaltungsreihe „Friedenflechten. 30 Jahre Erfahrungen aus Südosteuropa“.
Slađana Nina Perković
Slađana Nina Perković, geboren 1981, ist eine französisch-bosnische Schriftstellerin. Sie arbeitete hauptsächlich als Nachrichtenkorrespondentin für Medien im ehemaligen Jugoslawien. Ihre Arbeiten wurden auch in vielen europäischen Nachrichtenmedien wie „The Guardian“ veröffentlicht. Heute widmet sich Slađana hauptsächlich ihrer schriftstellerischen Tätigkeit. Sie hat eine Sammlung von Kurzgeschichten veröffentlicht und wurde 2021 mit ihrem Debütroman „Tante Stanas Beerdigung“ für den NIN Preis und den Meša Selimović– Preis nominiert. 2022 wurde sie dafür mit einer „Special Mention“ der Jury beim Literaturpreis der Europäische Union ausgezeichnet. Ihr Roman „Tante Stanas Beerdigung“ erschien auf Deutsch 2025 beim Eta Verlag.
Faruk Šehić
Faruk Šehić, geboren 1970 in Bosnien-Herzegowina, ist ein Schriftsteller und Journalist dessen literarisches Schaffen Lyrik, Prosa und Essays umfasst. Für seinen Roman „Knjiga o Uni“ (dt. „Von der Una“, Voland & Quist, 2025) wurde er 2011 mit dem Meša Selimović-Preis für den besten Roman sowie 2013 mit dem Literaturpreis der Europäischen Union ausgezeichnet. Er wurde seitdem in 17 Ländern veröffentlicht. Šehić schreibt regelmäßig für die Zeitung Oslobođenje und lebt derzeit in Sarajevo. Er gilt heute als einer der bedeutendsten Vertreter der postjugoslawischen Literatur.
Anna Staab
Anna Staab absolvierte 2009 ihren Abschluss an der Folkwang Hochschule in Essen. Sie war anschließend u.a. fest am Schauspielhaus Bochum engagiert. Seit 2013 arbeitet sie freiberuflich als Schauspielerin und Sprecherin und ist regelmäßig am Theater Willy Praml in Frankfurt beschäftigt. Dort war sie unter anderem als Prinz von Homburg in Heinrich von Kleists gleichnamigem Drama sowie als Ljubow Andrejewna in Anton Tschechows „Der Kirschgarten“ zu sehen. Darüber hinaus wirkte sie in modernen Theaterprojekten mit, wie etwa in „Houellebecq. Serotonin. Eine Eurovision“, das aktuelle gesellschaftliche Themen verhandelt.
Elvira Veselinović
Elvira Veselinović ist eine deutsche Literaturübersetzerin, Linguistin und Sprachwissenschaftlerin. Sie wurde 1971 in Dessau geboren und wuchs sowohl in der DDR als auch in Jugoslawien auf. Ihre akademische Laufbahn begann sie mit einem Studium der Linguistik und Keltologie, das sie unter anderem in Köln und Irland absolvierte. Später promovierte sie in Linguistik und spezialisierte sich dabei auf sprachwissenschaftliche Fragestellungen. Heute lebt Elvira Veselinović in Berlin, wo sie als freiberufliche Übersetzerin, Dolmetscherin und Sprachdozentin arbeitet. Ihr beruflicher Schwerpunkt liegt auf der Übersetzung von Literatur aus dem südslawischen Sprachraum – insbesondere aus dem Bosnischen, Kroatischen, Serbischen und Montenegrinischen – ins Deutsche.
Hinweise zur Veranstaltung
Veranstaltungsadresse:
Haus am Dom
Domplatz 3
60311 Frankfurt am Main
Veranstalter:
Bundeszentrale für politische Bildung
Zielgruppe:
Interessierte Öffentlichkeit
Pressekontakt:
Journalistinnen und Journalisten wenden sich bitte an die
Hinweise zur Teilnahme:
Teilnahmegebühr: kostenfrei
Keine Anmeldung notwendig