Die Regulierung des internationalen Waffenhandels
Ansätze zur Regulierung des internationalen Waffenhandels
Bereits in den 1920er Jahren hat der Völkerbund, der nach dem Ende des Ersten Weltkrieges mit dem Ziel gegründet wurde, den Frieden dauerhaft zu sichern, versucht, den internationalen Waffenhandel zu kontrollieren. Die zu diesem Zweck ausgearbeiteten Konventionen sind jedoch nie in Kraft getreten. Mit der Gründung der Vereinten Nationen wurde der Sicherheitsrat damit betraut, Frieden und Sicherheit aufrechtzuerhalten. Wenn er eine Gefährdung des internationalen Friedens feststellt, kann der Sicherheitsrat als ein Mittel für alle Staaten verbindliche Waffenembargos verhängen. Während des Kalten Krieges konnten sich die im Sicherheitsrat vertretenen Länder jedoch nur auf zwei Waffenembargos einigen (gegen Rhodesien 1966 bis 1979 und gegen Südafrika 1977 bis 1994). Erst nach 1990 erhöhte sich die Zahl der Embargos deutlich. Bei solchen Embargos handelt es sich jedoch um Maßnahmen, die auf einen jeweils speziellen Fall zugeschnitten sind. Die Idee, generelle Regeln für den internationalen Waffenhandel aufzustellen, wie sie noch zur Zeit des Völkerbunds verfolgt worden war, tauchte erst 1982 im Bericht "Gemeinsame Sicherheit" der Unabhängigen Kommission für Abrüstung und Sicherheit wieder auf. Dieser sogenannte Palme-Bericht – benannt nach dem Vorsitzenden dieser Kommission, dem ehemaligen schwedischen Ministerpräsidenten Olof Palme – schlug neben vielen anderen Empfehlungen in Bezug auf Abrüstung und Rüstungskontrolle vor, Kriterien zu entwickeln, anhand derer der internationale Waffenhandel reguliert werden könnte. Der Vorschlag entfaltete jedoch zunächst keine politik-praktische Wirkung.[9]Erst nach dem Ende des Kalten Krieges kam es zur Herausbildung von internationalen Instrumenten zur Überwachung und Regulierung des internationalen Waffenhandels. Anfang der 1990er Jahre riefen die Vereinten Nationen das VN-Register für konventionelle Waffen ins Leben. Das VN-Waffenregister entfaltet keine völkerrechtliche, sondern lediglich eine "politisch" bindende Wirkung. Aber die Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen sind seitdem dazu angehalten, ihre Im- und Exporte in sieben Kategorien von Großwaffensystemen zu melden. Es handelt sich dabei um Kampfpanzer, gepanzerte Kampffahrzeuge, großkalibrige Artilleriesysteme, Kampfflugzeuge, Kampfhubschrauber, Kriegsschiffe und Raketen sowie deren Start- und Abschusssysteme. Seit 2003 können die Staaten auch ihre Im- und Exporte von kleinen und leichten Waffen, wie zum Beispiel Maschinengewehre oder tragbare Antipanzerwaffen, melden. Ziel des VN-Waffenregisters ist es, mehr Transparenz in die häufig undurchsichtigen Waffengeschäfte zu bringen. Viele Staaten kommen ihren Berichtspflichten jedoch nur unzureichend nach, und so bleibt das Register hinter seinen Möglichkeiten zurück.[10]
Dennoch trug dieser Prozess dazu bei, dem Thema mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Auch die Europäische Union wurde aktiv und verabschiedete 1998 einen Verhaltenscodex für Waffenausfuhren. Die Mitgliedsstaaten verpflichteten sich darin, acht Kriterien bei ihren Entscheidungen über Rüstungsexporte anzuwenden. Unter anderem zählen dazu die Achtung der Menschenrechte und die innere Lage im Endbestimmungsland, Frieden, Sicherheit und Stabilität einer Region, die nationale Sicherheit der Mitgliedsstaaten sowie die Vereinbarkeit der Rüstungsexporte mit der wirtschaftlichen Entwicklung des Empfängerlandes. Der Verhaltenscodex sieht vor, dass sich die EU-Mitgliedsstaaten über ihre Rüstungsexporte, einschließlich der Ablehnung von Ausfuhranträgen, informieren und bei Bedarf konsultieren. 2008 wurde der Verhaltenscodex zu einem Gemeinsamen Standpunkt der EU aufgewertet und damit rechtsverbindlich. Kritiker weisen jedoch darauf hin, dass es weder Sanktions- noch Klagemöglichkeiten gibt und sämtliche Aspekte der Umsetzung des Gemeinsamen Standpunkts nach wie vor in der Hand der Mitgliedsstaaten verbleiben.[11]
Das Kleinwaffenaktionsprogramm der Vereinten Nationen von 2001 zielt darauf ab, die unkontrollierte Verbreitung von kleinen und leichten Waffen zu bekämpfen. Dass sich die Staaten darauf einigen konnten, ist eine Folge der nach dem Ende des Kalten Krieges gewachsenen Aufmerksamkeit für innerstaatliche Gewaltkonflikte, die überwiegend mit Kleinwaffen und leichten Waffen geführt werden. Das Kleinwaffenaktionsprogramm versucht in erster Linie, dem unrechtmäßigen Handel mit Kleinwaffen und leichten Waffen Einhalt zu gebieten. Die Staaten sind unter anderem dazu angehalten, den illegalen Besitz von sowie den illegalen Handel mit Kleinwaffen unter Strafe zu stellen. Sie sollen die Sicherheitsvorkehrungen für staatliche Waffenlager verbessern und überschüssige Waffenbestände vernichten, damit sie nicht in falsche Hände gelangen. Das Kleinwaffenaktionsprogramm sieht auch Maßnahmen der internationalen Unterstützung vor, zum Beispiel bei der Entwaffnung, Demobilisierung und Reintegration ehemaliger Kombattanten in Nachkriegsgesellschaften. Auf rechtlich verbindliche Regeln für den Transfer von Waffen konnte man sich im Rahmen des Kleinwaffenaktionsprogramms jedoch nicht einigen. Die Bemühungen um einen solchen Waffenhandelsvertrag wurden dann, wie im Folgenden gezeigt wird, in einem anderen Rahmen fortgesetzt.[12]