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Moderne Sklavereien

Jan-Christoph Marschelke

/ 20 Minuten zu lesen

Sklaverei ist rechtlich abgeschafft, existiert aber immer noch. Der Beitrag bietet einen knappen systematischen Überblick über Formen, Größenordnungen, Akteure, geografische Schwerpunkte und Ursachen moderner Sklaverei.

Laut Global Slavery Index (GSI) 2014 fristen heute 35,8 Millionen Menschen ihr Dasein als Sklavinnen und Sklaven. In absoluten Zahlen sind das mehr als jemals zuvor. Was aber genau ist moderne Sklaverei? Unter welchen Umständen arbeiten moderne Sklaven? Was produzieren sie, und wer profitiert davon? Warum kann es Sklaverei überhaupt noch geben, wo sie rechtlich doch geächtet ist? Diesen und weiteren Fragen werde ich im Folgenden nachgehen.

Warum versieht man den Begriff "Sklaverei" mit dem Attribut "modern"? Dafür gibt es zwei Gründe. Der erste ist: De iure ist Sklaverei weltweit geächtet. Die rechtliche Abschaffung der Sklaverei (Abolition) stellt – so der Historiker Egon Flaig – den "tiefste(n) Bruch der Menschheitsgeschichte" dar. Historisch betrachtet leben wir erst seit sehr kurzer Zeit ohne die rechtliche Institution "Sklaverei". Dass wir von "moderner" Sklaverei sprechen, berücksichtigt diese Zäsur. Der zweite Grund für das Adjektiv "modern" ist, dass Sklaverei de facto noch existiert. Die heutige Sklaverei musste sich an die Illegalität anpassen; ihre Erscheinungsformen und die Zusammenhänge, in die sie eingebettet ist, haben sich "modernisiert". Vielfach werden moderne Infrastrukturen für Sklaverei genutzt – Flugzeuge, Internet und aktuelle Formen des Finanzkapitalismus. Unter diesen neuen Gewändern verbergen sich jedoch altbekannte Strukturen. Nach wie vor verrichten Sklaven vor allem körperlich anstrengende und sozial geringgeschätzte Arbeiten. Noch immer stellt die Verschleppung von Menschen eine effektive Versklavungsstrategie dar. Und Sklaverei ist ein unverändert lukratives Geschäft.

Tatsächlich ist es missverständlich, von einer Zäsur zwischen "alt" und "modern" zu sprechen. Denn zum einen dauerte die Abolition bis weit in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts an; formal endete sie 1970 in Oman. Man könnte das Ende auch 1980 ansetzen (viertes Verbot in Mauretanien) oder 2000, als Nepal die traditionelle Schuldknechtschaft verbot. Zum anderen suggeriert der Ausdruck "Zäsur", dass es einen Schnitt gegeben habe, der heute beseitigt, was bis gestern allgegenwärtig war. Das ist aus zwei Gründen nicht realistisch. Erstens begann die Abolition bereits Ende des 18. Jahrhunderts, das heißt, sie zog sich etwa über zwei Jahrhunderte hin. Sie verlief also – global betrachtet – ungleichzeitig und unter entsprechend unterschiedlichen Bedingungen. Zweitens bedeutete die rechtliche Abschaffung nicht unmittelbar die faktische Abschaffung. Sozioökonomische Strukturen, die teilweise über Jahrhunderte von Sklaverei geprägt waren, konnten sich nicht über Nacht wandeln. Für viele der formal Befreiten änderten sich die Umstände kaum. Gingen sie fort – zum Beispiel in die großen Städte (wo das Leben kaum besser war) –, wurden sie durch den Import von ausländischen Arbeitskräften ersetzt (etwa durch die sogenannten Kulis), die eine der Sklaverei äußerst ähnliche Schuld- beziehungsweise Vertragsknechtschaft eingingen.

Die "alte" Sklaverei hat zudem Folgen gezeitigt, die bis heute sichtbar sind, seien es die Favelas in Rio de Janeiro oder die tiefen gesellschaftlichen Gräben in den USA – unlängst in Form rassistischer Polizeigewalt wieder zum Vorschein gekommen. Andernorts (etwa in Südostasien) haben sklavereiartige Ausbeutungsverhältnisse nie aufgehört zu bestehen. "Moderne" Sklaverei ist also weder gänzlich neu entstanden noch unterscheidet sie sich stark von der "alten".

Definitionen

Sklaverei zu definieren, gilt als schwierig. Sie existiert seit rund 10.000 Jahren und hat weltweite Verbreitung gefunden. Wir kennen eine ungeheure Vielzahl von Sklavereiformen, unter anderem Bergwerk-, Plantagen-, Haus-, Tempel-, Palast-, Opfer-, Kin-, Vertrags- und Schuldsklaverei. Die Kriterien der Begriffsbildung variieren: mal Tätigkeit, mal Einsatzort, Zweck, sozialer Zusammenhang (kin = Verwandtschaft) oder Gründe der Versklavung. Statt im Singular spricht man besser im Plural von "Sklavereien" oder tätigkeitsbezogen von slaving. Der Soziologe Kevin Bales und die Menschenrechtsexpertin Becky Cornell definieren moderne Sklavereien anhand der drei folgenden Kriterien: Kontrolle durch Gewalt, Verlust des freien Willens und wirtschaftliche Ausbeutung. Der Historiker Michael Zeuske fügt noch ein viertes Merkmal hinzu, nämlich die soziale Marginalisierung.

Der GSI fasst, etwas konkretisiert, unter moderne Sklavereien dreierlei: Menschenhandel, Sklaverei beziehungsweise sklavereiähnliche Praxen sowie Zwangsarbeit. Sie sind nicht trennscharf voneinander abgegrenzt und entstammen unterschiedlichen Quellen. Beim Menschenhandel kommt es vor allem auf zweierlei an: zum einen, dass der Wille einer Person (etwa durch Gewalt) gebrochen oder (zum Beispiel durch Täuschung) manipuliert wird; zum anderen, dass der Handel mit Ausbeutungsabsicht geschieht. Sklaverei liegt vor, wenn eine Person über eine andere verfügt, als wäre diese ihr Eigentum. Unter sklavereiähnliche Praktiken fallen zum Beispiel Schuldknechtschaft, Zwangsheirat und Verkauf oder Ausbeutung von Kindern. Zwangsarbeit wird definiert als Arbeit, zu der eine Person mittels Sanktionsdrohungen gezwungen wird. Zusammengefasst heißt das im GSI: "Modern slavery involves one person possessing or controlling another person in such as a way as to significantly deprive that person of their individual liberty, with the intention of exploiting that person through their use, management, profit, transfer or disposal."

Umstritten ist das Merkmal Käuflichkeit: Wer Sklaverei streng als "äußerste Form der Unfreiheit" (Flaig) definiert, konzentriert sich nur auf die zweite Form der GSI-Definition, gegebenenfalls gar unter Ausschluss der sklavereiähnlichen Praxen. Flaig zum Beispiel nimmt die Zwangsarbeit der NS- und Sowjetdiktaturen von der Sklavereidefinition aus. Bei aller Gewalt, aller Unfreiheit und allem Arbeitszwang seien die Gefangenen nicht zu käuflicher Ware degradiert worden. Nach diesem Argument entsteht die für Sklaverei typische radikale Verdinglichung des Menschen erst durch Käuflichkeit. Moderne Sklaverei wäre demnach etwa die Arbeit der Kinder auf den Kakaoplantagen Westafrikas, die von den Plantagenbesitzern für umgerechnet 230 Euro erworben werden (inklusive Transportkosten). Dies gilt ebenso für die sogenannten Restavecs, die auf Haiti den Haushalt wohlhabender Bürger erledigen; sie kosten etwa 50 Euro. Auch die Veräußerung von Frauen und Kindern in die Zwangsprostitution durch Verwandte oder "Freunde" fällt unter diese Definition.

Andere ausbeuterische Arbeitsverhältnisse fallen aus dieser Definition heraus. Die ausländischen Arbeitskräfte, die unter prekärsten Bedingungen auf den Baustellen für die geplante Fußballweltmeisterschaft 2022 in Katar tätig sind, wären demnach keine Sklaven. Sie werden nicht gekauft, vielmehr bezahlen sie selbst Agenturen für die Vermittlung des Arbeitsplatzes. Ebenso wenig als Sklaverei wäre die Schuldknechtschaft im pakistanischen Peshgi-System (zum Beispiel Lehmziegelproduktion) oder im indischen Koliya-System (Landwirtschaft) zu bezeichnen. In beiden Fällen werden Menschen zwar ausgebeutet und sind sozioökonomisch völlig abhängig von ihren Arbeitgebern beziehungsweise Verpächtern. Aber mit ihnen wird nicht gehandelt.

Ein weiterer Streitpunkt ist der Verlust des freien Willens als Kriterium. Wann geht ein ökonomischer Sachzwang so weit, dass die Bildung freien Willens nicht mehr möglich ist? Diese Frage ist vor allem in puncto Prostitution umstritten. Teilweise wird vertreten, niemand, der zu freier Willensbildung in der Lage sei, würde seinen Körper für sexuelle Handlungen verkaufen. Prostitution wäre demnach – von der Käuflichkeitsdiskussion abgesehen – immer Sklaverei. Ähnlich wird in Bezug auf Organhandel argumentiert.

Ausbeutung beginnt, je nach Definition, bei einvernehmlicher Unterbezahlung und endet bei gewaltsamer Verdinglichung. Die Grenzen sind fließend – aber ab wo beginnt Sklaverei? Die skizzierten Streitpunkte zeigen, dass eine Sklavereidefinition weder beliebig ist noch in einem naiven Sinne objektiv oder neutral. Ein Verhältnis "Sklaverei" zu nennen, zieht scharfe moralische Kritik und womöglich rechtliche oder politische Maßnahmen nach sich. Wer von solchen Verhältnissen profitiert, wird zu verhindern suchen, dass ihnen das Etikett "Sklaverei" angeheftet wird. Wer umgekehrt (mediale) Aufmerksamkeit für das Thema "moderne Sklavereien" generieren möchte, profitiert von hohen Fallzahlen, die durch eine weite Definition erreicht werden.

Unterschiede zwischen "alt" und "modern"

"Alte" und "moderne" Sklavereien sind sich "erstaunlich ähnlich". Es gibt aber auch Unterschiede. Erstens, der rechtliche Status: Sklaverei ist heutzutage überall illegal. Es gibt keine Besitzurkunden oder Kaufverträge mehr, dafür aber gefälschte Arbeits- und Aufenthaltsgenehmigungen.

Zweitens waren potenzielle Sklaven früher oft knapp. Heute herrscht ein Überangebot. Daraus folgt drittens, dass Sklaven damals im Schnitt deutlich teurer waren als heute. 1856 kostete ein Sklave im Schnitt umgerechnet 26.000 Euro. Das führt viertens dazu, dass die Gewinnspanne eines Sklaven heute deutlich höher ist.

Fünftens: Wegen Knappheit und kurzfristig geringer Gewinnspanne bedeutete Sklaverei früher in vielen Fällen ein langfristiges, nicht selten lebenslanges Verhältnis. Heute hingegen sind Sklaven aufgrund des niedrigen Preises "Wegwerfware". Knapp die Hälfte der 2012 von der Internationalen Arbeitsorganisation ILO ermittelten Ausbeutungsverhältnisse endete nach etwa sechs Monaten. Deswegen lohnt sich sechstens der sorgfältige Umgang mit den Opfern nicht. Das soll die Lebensbedingungen der "alten" Sklaverei nicht beschönigen, streicht aber heraus, wie drastisch schlecht auch die heutigen sind.

Siebtens hat die Bedeutung ethnischer Differenzen in modernen Sklavereien abgenommen. In vielen "alten" Sklavereien dienten religiöse, ethnische und "rassische" Differenzen als Rechtfertigung für die Ausbeutung bestimmter Gruppen. Gerade der Rassismus entwickelte sich ab Ende des 18. Jahrhunderts zu einer aggressiven politischen Ideologie, mit der Befürworter der Sklaverei aufkommende Abolitions- und Emanzipationsbewegungen abzuwehren versuchten. Solche Legitimationsstrategien finden sich heute seltener. Als eine Ausnahme gilt Mauretanien, wo die überkommene gesellschaftliche Schichtung in Halterethnie (Bidhan) und Sklavenethnie (Abid) fortexistiert. In Indien bestehen jedenfalls Korrelationen von Sklavereien mit der Kastensystem-Ideologie und ethnischer Diskriminierung.

Moderne Sklavereien in Zahlen

Für eine Einschätzung des Ausmaßes moderner Sklavereien sind neben der Definition die Schätzmethoden entscheidend. Da Sklaverei illegal ist, findet sie zu großen Teilen im Verborgenen statt. Es gibt wenige Verhaftungen und Befreiungen, dafür eine hohe Dunkelziffer. Für die Hochrechnungen gibt es diverse Methoden, die jeweils zu verschiedenen Ergebnissen führen. Während der GSI 2014 von 35,8 Millionen Opfern ausgeht, kam der erste GSI 2013 auf "nur" 29 Millionen. Der Unterschied von fast 7 Millionen erklärt sich vor allem durch verfeinerte Schätzmethoden. Die ILO kommt in ihrer Studie auf 20,9 Millionen Opfer.

* Auch in Albanien, Bosnien und Herzegowina, Estland, Kroatien, Litauen, Mazedonien, Montenegro, Serbien, der Slowakei, Slowenien und Zypern beträgt der Anteil 0,36 Prozent. (bpb) Lizenz: cc by-nc-nd/3.0/de/

Geht man von den GSI-Zahlen aus, leben knapp zwei Drittel der 35,8 Millionen Sklaven im asiatischen und pazifischen Raum (23,5 Millionen), davon die meisten in Indien (14,2 Millionen), China (3,2 Millionen) und Pakistan (2 Millionen). 15,7 Prozent (5,6 Millionen) finden sich in afrikanischen Ländern südlich der Sahara. Es folgen Russland und Eurasien mit 7,3 Prozent (2,6 Millionen), der Nahe und Mittlere Osten sowie Nordafrika mit 6,1 Prozent (2,1 Millionen), die Amerikas mit 3,6 Prozent (1,2 Millionen) sowie Europa mit 1,6 Prozent (566.200). Relativ zur Gesamtbevölkerung gibt es weltweit die meisten Sklaven in Mauretanien (4 Prozent), Usbekistan (3,9 Prozent), Haiti (2,3 Prozent) und Katar (1,3 Prozent). In absoluten Zahlen ist in Europa die Türkei mit rund 185.500 Personen am stärksten betroffen, relativ zur Gesamtbevölkerung dagegen Bulgarien (0,38 Prozent) sowie generell Ostmitteleuropa und der Balkan. In Deutschland gibt es rund 10.500 Personen, die laut GSI als Sklaven gelten. Der Unterschied zwischen absoluten und relativen Zahlen ist auch für die historische Betrachtung von Bedeutung. Mag es heute absolut mehr Sklaven geben als jemals zuvor, relativ zur Weltbevölkerung waren es nie weniger.

Alle drei Gesichtspunkte (Definition, Schätzmethode, absolute oder relative Werte) spielen auch bei der Berechnung des mit moderner Sklaverei erwirtschafteten Profits eine Rolle. Absolut ist Sklaverei ein Milliardengeschäft (150 Milliarden US-Dollar pro Jahr). Relativ zum Gesamtumfang von Volkswirtschaften und Wirtschaftszweigen ist die Summe jedoch marginal. Beide Aspekte werden kommunikativ unterschiedlich vereinnahmt. Die Journalistin Lydia Cacho und der Journalist Michael Jürgs etwa betonen mit ihren Buchtiteln die absoluten Zahlen, um Bewusstsein für die hohen Umsätze zu schaffen. Bales und Cornell hingegen betonen die Marginalität: Sklaverei wäre volkswirtschaftlich entbehrlich und die Befreiung und soziale Reintegration aller Sklaven finanziell somit keine besondere Belastung.

Die quantitativ häufigste Form moderner Sklavereien ist die Schuldknechtschaft, die am stärksten wachsende die Vertragssklaverei: Bei ihr werden Scheinarbeitsverträge genutzt, um den Opfern Seriosität und Behörden Legalität vorzutäuschen.

Wo, wie und was wird produziert?

Die Arbeiten, die Sklaven erledigen, sind vielfältig und variieren regional. Vier allgemeine Merkmale sind zumeist erfüllt: Erstens, die Arbeit ist sozial geringgeschätzt, setzt kaum Qualifikation voraus und ist körperlich anstrengend. Zweitens arbeiten Sklaven für niedrigste Löhne, teilweise für nur ein Minimum an Nahrung, Kleidung und Unterkunft. Drittens: Die Arbeit findet unter gefährlichen und gesundheitsschädlichen Bedingungen statt – in unzureichend gestützten Bergwerkschächten, im ungeschützten Umgang mit Feuer, Rauch und giftigen Chemikalien, in zu großer Hitze und vor allem zu lange und ohne Pausen. Viertens: Sklaverei-Waren und -Dienstleistungen werden überwiegend auf lokalen Märkten konsumiert. Nur ein kleiner Anteil gelangt auf globale Märkte beziehungsweise in Produktionsketten, deren Endprodukte international gehandelt werden (etwa Kakao, Baumwolle, Tantalerze für Mikroelektronik oder Frauen und Kinder für Zwangsprostitution).

Global verbreitet ist sexuelle Ausbeutung; sie macht laut ILO 22 Prozent der Ausbeutungsverhältnisse aus, exklusive des gängigen Missbrauchs zum Beispiel von Haussklaven. Zwangsprostitution ist höchst flexibel. Sie bedient lokale Nachfrage, kommt zu den Kunden und ermuntert diese zum Sextourismus zum Beispiel nach Thailand oder Kambodscha. Sie findet nicht nur in düsteren Bordellen und zwielichtigen Bars statt, sondern in gepflegten Massagesalons, Luxushotels und Ferienclubs, für deren Buchung in den Heimatländern der Zielgruppe eigens Reisebüros eingerichtet werden.

Der Großteil der Sklavereien konzentriert sich auf Rohstoffgewinnung, einfache Verarbeitungsschritte oder Dienstleistungen. An der Elfenbeinküste ernten Sklaven Kakao, in Indien Reis und Teeblätter, in Usbekistan Baumwolle, in Deutschland Erdbeeren. In Zentralafrika (etwa im Kongo) gewinnen sie in Minen Tantalerze und Diamanten. In Malaysia zapfen sie Kautschuk, in Brasilien fällen sie im Regenwald Holz und verarbeiten es zu Kohle, die die für die Stahlschmelze notwendige Hitze erzeugt. In Pakistan formen sie Lehmziegel, in China produzieren sie Feuerwerkskörper oder Spielzeug. In "Sweatshops", vor allem in Südostasien (aber auch in Mexiko und Europa), verarbeiten sie Baumwolle zu Stoff, Tuch, Teppichen, Kleidungsstücken. In Thailand stellen sie Fischmehl her, in deutschen Schlachthöfen Fleisch. Sie errichten Gebäude in Dubai und Katar, aber auch in Deutschland. Überall – ob in Frankreich, den USA, Haiti oder Nepal – arbeiten sie unter sklavischen Bedingungen als Haushaltshilfen, Zimmermädchen oder in der Gastronomie als Köche und Küchengehilfen.

Opfer und Profiteure

Laut ILO sind 55 Prozent der Opfer weiblich, etwa 26 Prozent sind Kinder. Von Prostitution sind zu 98 Prozent Frauen und Mädchen betroffen, von Zwangsarbeit zu 60 Prozent Männer. Die größten gemeinsamen Nenner der Opfergruppe sind Armut, Geringqualifikation und Perspektivlosigkeit. Sklavereien verstärken dieses Problem, sie machen insbesondere Bildung unmöglich, was gerade für Kinder fatal ist. Unter denjenigen, die illegal in die EU oder USA immigrieren und deren prekäre Lage ausgebeutet wird, finden sich aber auch Menschen mit akademischen Abschlüssen.

Profiteure sind zum einen die Täter, zum anderen die Händler und die Konsumenten. Die Tätergruppe lässt sich nach Haupt- und Mittätern sowie Beihelfern gliedern. Erstere sind diejenigen, die selbst Menschen handeln oder Sklaven halten: einerseits Bordellbetreiber, Plantagen- beziehungsweise Großgrundbesitzer oder Fabrikeigentümer, teilweise aber auch der Staat (etwa in Gefängnissen); andererseits zum Beispiel "Schlepperbanden". Diese gehören häufig zu Strukturen organisierten Verbrechens, für das Menschenhandel neben Drogen- oder Waffenhandel schlicht ein weiteres Geschäftsfeld ist. Transportrouten, Örtlichkeiten, Kontakte zu Unternehmen und Behörden werden für den Vertrieb verschiedener illegaler Waren genutzt – darunter auch die "Ware" Mensch. Laut United Nations Office on Drugs and Crime sind unter den Menschenhändlern etwa zwei Drittel Männer und ein Drittel Frauen.

Beihelfer ermöglichen das Geschäft, indem sie Ressourcen wie Kredite oder Waffen beschaffen, illegale Aktivitäten decken oder Informationen liefern: Korrupte Politiker verhindern Gesetze, gekaufte Beamte in Polizei und Ausländerbehörden warnen vor Ermittlungen und "übersehen" gefälschte Papiere, Banker und Unternehmer waschen die Gewinne oder mehren sie durch Anlage, Schlägertrupps schüchtern Journalisten und Aktivisten ein, Informanten helfen, entlaufene Sklaven wieder einzufangen. Ähnlich wie die Opfer handeln "kleine" Helfershelfer oft aus Armut.

Die Profiteursgruppe der Händler und Konsumenten profitiert entweder direkt – wie der Freier einer Zwangsprostituierten oder ein Händler, der Rohstoffe von Sklavenhaltern erwirbt – oder indirekt. Indirekte Profiteure sind alle weiteren Glieder der Produktionskette: Zwischenhändler, Logistikunternehmen, Produzenten, Konzerne. Die Produktionsergebnisse sind Waren wie Schokolade, Kleidungsstücke oder Mobiltelefone, die in Geschäften auf der ganzen Welt zu kaufen sind. Indirekte Profiteure moderner Sklavereien sind also auch wir, die Verbraucherinnen und Verbraucher.

Versklavung

Der Sklaverei geht die Versklavung voraus, die aus freien Menschen unfreie macht. Der Soziologe Orlando Patterson unterscheidet für die "alte" Sklaverei acht Formen der Versklavung: Kriegsgefangenschaft, Entführung, Tribut- beziehungsweise Steuerzahlung, Schulden, Kriminalstrafe, Aussetzung oder Verkauf von Kindern, Selbstversklavung sowie Geburt als Sklave. Die wichtigsten modernen Versklavungsformen lassen sich in vier Kategorien fassen: Kriegsgefangenschaft und Entführung, Kinderverkauf, Täuschung sowie Verschuldung.

Kriegsgefangenschaft und Entführung:


Das Versklaven von Kriegsgefangenen war früher üblich, ebenso das Kriegführen zum Zweck des Menschenfangs. Heute sind diese Versklavungsformen seltener, kommen aber noch immer vor, zum Beispiel seitens des sogenannten Islamischen Staates. Entführungen finden am ehesten in solchen Gebieten statt, wo die Staatlichkeit zu schwach ist, um Schutz zu bieten (etwa durch Boko Haram in Nordnigeria).

Kinderverkauf:


Freie Menschen, vor allem Kinder, werden von Eltern oder anderen Verwandten in die Sklaverei verkauft. Armut ist der häufigste Grund dafür. Die Angehörigen können das Kind nicht ernähren oder ausbilden und hoffen, dass es am "Arbeitsplatz" wenigstens Essen, vielleicht gar Schulbildung erhält. Manche Eltern wünschen, dass das Kind sich am Haushaltseinkommen beteiligt, andere wollen mit dem Erlös akute Geldnöte lindern. In ausgeprägt patriarchalischen, sexistischen Umfeldern, wo Mädchen sozial geringgeschätzt und geradezu als wertlos betrachtet werden, kann Gewinnstreben die Zuneigung zum Kind überwiegen. Auch die Tradition horrender Mitgiftzahlungen bringt Mädchen in Gefahr, versklavt zu werden.

Täuschung:


Eine genuin "moderne" Methode der Versklavung ist die Täuschung. Die Täter locken die Opfer mit falschen Versprechungen in eine Situation, in der sie hilf- und wehrlos sind. Zumeist wird gut bezahlte Arbeit angeboten, fernab der Heimat. Die Täuschung kann die Art der Tätigkeit betreffen, die Arbeitsbedingungen oder die Lohnhöhe (so zum Beispiel bei vielen Bauarbeitern in Katar oder Erntehelfern in Europa). In vielen Fällen ist das Versprechen mit Vermittlungsgebühren, Reise- oder Schlepperkosten verbunden. Daraus werden hohe Schulden, die das Opfer abarbeiten muss. Da die "Löhne" sehr gering sind, kann das Jahre dauern, zumal die Halter oft horrende Entgelte für Unterkunft und Verpflegung verlangen. Ein Sonderfall der Täuschung sind "Loverboys", die die Verliebtheit junger Mädchen ausnutzen, um sie in die Zwangsprostitution zu führen.

Verschuldung:


Schulden "abarbeiten" zu müssen, war immer ein bedeutsamer (Selbst-)Versklavungsgrund. Verschuldung entsteht durch Notsituationen oder dem Mangel an ökonomischen Alternativen. Angesichts von Dürre oder Arztkosten nehmen die Schuldner sehenden Auges Kredite an, deren Bedingungen so ungünstig sind, dass sie jahre- oder gar ein Leben lang nicht abgegolten werden können. Sie verpflichten sich, ihre gesamte Arbeitskraft in Dienst zu stellen, akzeptieren Klauseln, die die Aufnahme anderer Arbeiten verbieten und die Bewegungsfreiheit einschränken. In anderen Fällen besteht der Kredit zum Beispiel in Landpacht, Pflug und Nahrung, der Gegenwert muss mit Ernteerträgen ausgeglichen werden. Die Schulden werden oft den Kindern vererbt, die Abhängigkeit wird zur generationenübergreifenden Normalität. Solche Formen der Schuldknechtschaft sind häufig illegal, werden aber – zum Beispiel in Indien und Pakistan – vielfach geduldet und von korrupten Beamten "übersehen"; Ausbruchsversuche werden gewaltsam sanktioniert.

Moderne Sklavenhaltung

Was hält die Versklavten davon ab, wegzulaufen oder die Behörden zu informieren? Hierauf gibt es drei Antworten. Erstens: Viele Sklaven werden an einem Ort gefangen gehalten. Das können Bordelle, Fabrik- oder Farmgelände, Baustellen oder Dorfgemeinden sein. Sie werden in der Regel be- und überwacht, zum Beispiel von bewaffneten Gruppen oder Schlägern. Wer beim Ausbruchversuch erwischt oder nach Flucht wieder eingefangen wird, muss mit Prügel, Folter, Vergewaltigung oder gar dem Tod rechnen. Zur Abschreckung werden Exempel statuiert. Zwangsprostituierte werden zum Teil durch systematische Vergewaltigungen gebrochen, bevor sie die Arbeit aufnehmen. Gehorsam erzwingt auch die Drohung, der Familie in der Heimat Gewalt anzutun. Westafrikanische Schlepperbanden und Zuhälter nötigen ihre Opfer psychisch, indem sie sie mittels Voodoo-Ritualen an ihre Versprechen binden.

Zweitens: Hilflosigkeit kann gewaltsame Kontrolle zweitrangig machen. Schon in "alten" Sklavereien galt Verschleppung als effektive Form von Gefangenschaft: Herausgerissen aus ihrer Lebenswelt, Familie, Sprach- und Religionsgemeinschaft ist eine Person traumatisiert und wehrlos. Auch moderne Sklaven werden ins Ausland verschleppt, in abgelegene Landesteile oder die "gesichtslosen Problemzonen der Megastädte". Mobiltelefone, Geld und Papiere werden ihnen oft abgenommen, und mittellos wie sie sind, können sie nicht entkommen, aber auch kaum aufgefunden werden. Selbst wenn Heimkehr möglich wäre, kann fraglich sein, ob sie aufgenommen würden – insbesondere Zwangsprostituierte fürchten die Ächtung durch ihre Familien. Arbeiten Sklaven illegal im Ausland, steht dem Gang zu den Behörden die Angst entgegen, verhaftet und abgeschoben zu werden. Nicht wenige ziehen die Ausbeutung Haft und Hunger vor. Schließlich machen Opfer mancherorts auch die Erfahrung, dass korrupte Behördenvertreter mit den Tätern zusammenarbeiten. Sie haben fortan keinerlei Vertrauen mehr in staatliche Akteure.

Drittens: Sklavereien können Normalisierungseffekte zeitigen, infolge derer Menschen sich in ihr Schicksal ergeben und die Gegebenheiten für normal zu halten beginnen. Cacho berichtet dies von manchen Zwangsprostituierten, die bereits als Kinder versklavt wurden. Sie internalisieren die Normen der ihnen aufgezwungenen Lebenswelt und halten ihre Behandlung für normal, sich selbst für wertlos beziehungsweise sehen ihren Wert abhängig von der Zuwendung ihrer Peiniger. Aus den "gelehrsamsten" Opfern rekrutieren sich Aufseherinnen und Mittäterinnen im Menschenhandel. Auch die generationenübergreifenden Schuldknechtschaftssysteme führen dazu, dass der Status quo für unabänderlich gehalten, sogar Teil der tradierten Kosmologien wird. In solchen Umfeldern entwickeln weder Opfer noch Täter noch Polizei eine Vorstellung davon, dass die Praxis unrecht sein könnte.

Ursachen moderner Sklavereien

Es gibt eine unüberschaubare Vielzahl von Faktoren für moderne Sklavereien. Bales und Cornell nennen drei allgemeine Ursachen: das enorme Bevölkerungswachstum, die Entwicklung der Weltwirtschaft und Korruption. Die komplexe globale und lokale Verflechtung dieser Trias fassen sie so zusammen: "In Afrika, Asien und großen Teilen Südamerikas waren die vergangenen 50 Jahre durch Bürgerkriege oder Unabhängigkeitskriege gegen Kolonialmächte geprägt, ebenso wie durch die maßlose Plünderung der Ressourcen durch politische Führer und Eliten, die oftmals von den mächtigen Nationen Europas und Nordamerikas unterstützt wurden. Länder, die nur wenig auf dem Weltmarkt anzubieten hatten, mussten sich hoch verschulden, um die Waffen zu bezahlen, die ihre Staatschefs – oft Diktatoren – für den eigenen Machterhalt einsetzten. Gleichzeitig opferte man die traditionelle Familienlandwirtschaft zugunsten des Anbaus sogenannter Cash Crops, von Feldfrüchten also, die nur für den Export bestimmt waren und durch deren Verkauf man die Auslandsschulden abzahlen konnte."

Auch die Agrarsubventionen von EU und USA zur Stützung der heimischen Landwirtschaft können den Bauern in ärmeren Ländern die Existenz kosten, ebenso Börsenspekulationen, die Rohstoffpreise nach unten treiben. All diese Faktoren bedingen die massenhafte Armut, die Menschen anfällig macht für Ausbeutung, falsche Versprechungen oder für Beteiligung auf Seiten der Täterschaft.

Ein wesentlicher Faktor moderner Sklavereien ist Korruption, die auf jeder Ebene – in Politik, Richterschaft, Polizei oder Bürgerschaft – einen effektiven Schutz vor ausbeuterischen Arbeitsverhältnissen verhindert. Sie erklärt den Widerspruch, dass Sklavereien gesetzlich verboten, aber faktisch existent sind. Insbesondere die Polizei ist vielerorts schlecht bezahlt und ausgebildet. Eine liquide Täterschaft findet hier einfach zu gewinnende Komplizen. Und für die Zwangsprostitution gilt: Neben Politikern oder einflussreichen Unternehmern sind nicht selten auch Polizisten unter den Kunden.

Daneben sind spezifische Ursachen zu berücksichtigen, zum Beispiel traditionelle Handlungszusammenhänge (zum Beispiel bestimmte Schuldknechtschaftssysteme), in die manche moderne Sklavereien eingebettet sind. Sie werden nicht als ungewöhnlich oder ungerecht wahrgenommen. Das gilt etwa für die Tradition der Baccha Baazi, eine Form der Knabenprostitution, die in Zentralasien und Afghanistan vorkommt. Tempelsklaverei (Devedasi in Indien, bei den Trokosi in Ghana) wird als religiöse (beziehungsweise religiös konnotierte) Praxis akzeptiert. Bei den Trokosi übergeben Familien ein Mädchen an die Priester als Ausgleich für eine Verfehlung. Auch hier spielen die erwähnten Normalisierungseffekte eine Rolle.

Ähnlich ist es im Fall der Zwangsprostitution: Prostitution wird vielfach als normale soziale Randerscheinung wahrgenommen ("ältestes Gewerbe der Welt"). Legale und erzwungene Prostitution bestehen mancherorts nebeneinander und – so die Gegner der Legalität – machen sie schwer unterscheidbar. Zu den Verteidigern legaler Prostitution zählen indes auch manche Feministinnen, die ein Verbot als patriarchale Bevormundung in puncto weiblicher Selbstverfügung über den Körper interpretieren. Patriarchat, feministische Emanzipation, sexuelle Liberalisierung und Ökonomisierung – es konfligieren und interagieren verschiedene Wertesysteme. Die große Nachfrage nach Prostitution bleibt indes bestehen – und damit auch der Nährboden für Zwangsprostitution.

Gegenmaßnahmen

Die Vielfalt der Sklavereien erfordert eine Vielfalt von Gegenmaßnahmen. Allgemein lassen sie sich einteilen in prosecution, protection und prevention ("3-P-Strategie"). Die Strafverfolgung (prosecution) bedarf vor allem Maßnahmen zu ihrer Effektivierung. Dazu zählt zum Beispiel stärkere, länderübergreifende rechtliche Harmonisierung und Zusammenarbeit. Korruption und (geo-)politische Interessenkonflikte sind die größten Hindernisse. Zudem benötigt eine rechtsstaatliche Strafverfolgung Beweise. Wo Behörden untätig bleiben, ist Öffentlichkeit, die durch Journalisten und Aktivisten hergestellt wird, entscheidend. Essentiell sind zudem die Aussagen der Opfer. Die aber schweigen oft.

Ein Grund dafür ist unzureichender Opferschutz (protection). Illegale Einwanderer meiden die Behörden. Sie fürchten Haft, Abschiebung, Hunger. Opferschutzansätze fordern daher, Zeuginnen und Zeugen nicht abzuschieben und Lohnausfälle zu erstatten. Teil des Schutzes ist zudem, eine erneute Versklavung zu verhindern (prevention). Denn Befreiungen bewirken wenig, fällt die Person anschließend in Armut zurück. Vorbeugende Arbeit sollte daher bei der Armutsbekämpfung ansetzen. Landreformen könnten den Ärmsten Subsistenzwirtschaft ermöglichen, schulische beziehungsweise berufliche Qualifikation könnte zusätzliche Erwerbsmöglichkeiten eröffnen. Aufklärung über die Versklavungsgefahr macht wachsamer, obgleich viele spätere Opfer ein Gefahrenbewusstsein haben, das jedoch häufig von Verzweiflung beziehungsweise falschen Hoffnungen überwogen wird. Im Falle traditioneller Schuldknechtschaftssysteme muss bisweilen überhaupt erst ein Unrechtsbewusstsein erzeugt werden.

Die langwierige Umsetzung solcher Maßnahmen kann oft nur durch lokale Akteure (etwa Mitarbeiter örtlicher Hilfsorganisationen oder ehemalige Opfer) erfolgen. Sie haben local knowledge, um Betroffene zu identifizieren, zu ermutigen und Alternativen aufzuzeigen. Sie bedürfen jedoch finanzieller Unterstützung und politischen Schutzes. Diesen Zwecken dienen Spenden sowie Kooperationen mit internationalen Organisationen.

Verbraucher haben verschiedene Optionen: Mitarbeit bei Hilfsorganisationen, Spenden, Abgeordnete auf das Thema ansprechen, Druck auf Unternehmen ausüben, dass diese ihre Lieferketten transparent machen und zertifizieren lassen. Der Konsum von Fair-Trade-Produkten sorgt für eine Entlohnung der Arbeiterinnen und Arbeiter, die ihrem tatsächlichen Lebensbedarf und nicht den Schwankungen des Rohstoffweltmarkts angepasst ist. Pauschaler Boykott ganzer Warenlinien ist indes nicht ratsam. Er trifft auch diejenigen, die zu regulären Bedingungen produzieren. Der Sklavereianteil an einer Produktionskette ist in der Regel sehr klein.

Fazit und Ausblick

Es wäre verfehlt, die weltgeschichtliche Bedeutung der Abolition zu schmälern, aber auch, Sklaverei zur Vergangenheit zu erklären. Es mag zynisch klingen, aber der menschliche Körper ist "multivalentes Biokapital", er lässt sich so mannigfaltig ausbeuten wie sonst nur Geld. Zu verhindern, dass wir dieser Versuchung erliegen, bleibt zentrale menschenrechtliche Aufgabe. Jede der unzähligen Sklavereien, die in diesem Artikel bloß angedeutet werden konnten, ist für sich eine komplexe Lebenswelt. Die Ausbeutung von Menschen gegen ihren Willen ist ihr kleinster gemeinsamer Nenner. Um Sklavereien besser verstehen und bekämpfen zu können, ist jedes dieser Ausbeutungsverhältnisse im Detail zu betrachten.

Dr. iur., geb. 1980; Akademischer Rat auf Zeit und Geschäftsführer der Forschungsstelle Kultur- und Kollektivwissenschaft der Universität Regensburg, Landshuter Straße 4, 93047 Regensburg. E-Mail Link: jan.marschelke@ur.de