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Editorial | Gleichwertige Lebensverhältnisse | bpb.de

Gleichwertige Lebensverhältnisse Editorial Gleichwertige Lebensverhältnisse – für eine Politik des Zusammenhalts Gleichwertig, nicht gleich. Zur Debatte um die "Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse" Zwei Perspektiven aus Raumplanung und Raumbeobachtung Standards in der Raumordnung auf dem Prüfstand? Wie misst man "Gleichwertige Lebensverhältnisse"? Aufschwung, Abbau, Anpassung? Eine kleine Geschichte des "Aufbau Ost" Demokratische Integration. Strukturbedingungen von Regionen und ihr Einfluss auf Wahlbeteiligung und freiwilliges Engagement Politische und soziale Orientierungen in Ost und West. Empirische Befunde in generationaler Perspektive Karte: Kassenkredite der Kreise

Editorial

Anne Seibring

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In einem so vielfältigen Land wie Deutschland spielen "gleichwertige Lebensverhältnisse" eine wichtige Rolle für den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Unter dem Begriff wird im Allgemeinen der Zugang zu bestimmten Infrastrukturen und Angeboten der Daseinsvorsorge verstanden, aber auch darüber hinausreichende Strukturbedingungen von Regionen. Die aktuelle Debatte um gleichwertige Lebensverhältnisse konzentriert sich insbesondere auf "abgehängte" ländliche Räume. Viele von diesen liegen in den "neuen" Bundesländern, trotz aller Anstrengungen um einen "Aufbau Ost" seit den 1990er Jahren. Strukturschwache Räume sind aber auch auf dem Gebiet der "alten" Bundesrepublik vorhanden, sodass mittlerweile eine "Sanierung West" (Armin Laschet, Ministerpräsident Nordrhein-Westfalen) gefordert wird.

Das Postulat der "Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse" findet sich im Grundgesetz unter Artikel 72 zur konkurrierenden Gesetzgebung: Der Bund hat dann das Gesetzgebungsrecht, "wenn und soweit die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet oder die Wahrung der Rechts- oder Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse eine bundesgesetzliche Regelung erforderlich macht". Im Raumordnungsgesetz ist die Gleichwertigkeit in der Leitvorstellung einer nachhaltigen Raumentwicklung verankert, "die die sozialen und wirtschaftlichen Ansprüche an den Raum mit seinen ökologischen Funktionen in Einklang bringt und zu einer dauerhaften, großräumig ausgewogenen Ordnung mit gleichwertigen Lebensverhältnissen in den Teilräumen führt".

Im Juli 2018 setzte die Bundesregierung per Kabinettsbeschluss die Kommission "Gleichwertige Lebensverhältnisse" ein, um "konkrete Vorschläge [zu] erarbeiten, wie in Zukunft Ressourcen und Möglichkeiten für alle in Deutschland lebenden Menschen gerecht verteilt werden können". Ergebnisse der sechs Facharbeitsgruppen der Kommission und politische Schlussfolgerungen der beteiligten Bundesminister/innen Horst Seehofer, Julia Klöckner und Franziska Giffey wurden als "Unser Plan für Deutschland" im Juli 2019 vorgelegt. Doch diskutiert wird weiterhin: Was genau heißt "gleichwertig"? Welche (Mindest-)Standards und Indikatoren sollen zugrunde gelegt werden? Und wer soll das beziehungsweise was im deutschen Föderalismus bezahlen?