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Editorial | Äthiopien | bpb.de

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Editorial

Johannes Piepenbrink

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Äthiopien ist mit rund 110 Millionen Einwohner:innen das zweitbevölkerungsreichste Land Afrikas und eines der politischen Schwergewichte des Kontinents. Zwar leben große Teile der Bevölkerung in Armut, doch angesichts ihres dynamischen Wirtschaftswachstums gilt die Bundesrepublik international als Musterbeispiel für eine hoffnungsvolle Entwicklung in Afrika. Diese Wahrnehmung wird gestützt durch den politischen Wandel, den der 2018 angetretene Premierminister Abiy Ahmed angestoßen hat. Für seine Reformen hin zu einer offeneren Gesellschaft und den Friedensschluss mit dem nördlichen Nachbarn Eritrea wurde er im vergangenen Dezember mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet.

Dabei hat Äthiopien das Schulterklopfen aus dem Globalen Norden gar nicht nötig. Das Land, in dem über 80 ethnische Gruppen und etliche Sprachen beheimatet sind, fußt auf einem reichen historischen Erbe mächtiger Königreiche und Zivilisationen und konnte sich im 19. Jahrhundert aller europäischen Kolonisierungsversuche erfolgreich erwehren. Seine moderne Geschichte ist jedoch auch geprägt von innerstaatlicher Gewalt und der Entstehung internationaler Abhängigkeiten in der globalisierten Welt. So sind ausländische Entwicklungsprojekte und Handelspartnerschaften im heutigen Äthiopien meist mit handfesten wirtschaftlichen Interessen verbunden und gereichen der lokalen Bevölkerung längst nicht immer zum Vorteil.

Die Corona-Pandemie macht auch vor Äthiopien nicht Halt. Die Verbreitung des neuartigen Virus droht die bestehenden Probleme im Land zu verschärfen – insbesondere die ethnischen Spannungen bergen erhebliches Konfliktpotenzial. Die für Ende August 2020 geplante Parlamentswahl wurde bereits verschoben, einen neuen Termin gibt es noch nicht. Doch gerade sie gilt als wichtiger Test, ob Abiy den eingeschlagenen Erneuerungskurs fortführen kann.