50 Jahre dies, 100 Jahre das: Kritik an der "Jahrestagisierung" von Geschichtswissenschaft, historisch-politischer Bildung und Geschichte in der Öffentlichkeit insgesamt ist nicht neu. Ein vollständiger Ausstieg aus dem Jahrestagskarussell scheint indes schwierig und ist, je nach Anlass, auch nicht wünschenswert.
Jahrestage versprechen planbare Öffentlichkeit für historisches Wissen und bieten, insbesondere als institutionalisierte Gedenktage, Staat und Gesellschaft Gelegenheit, innezuhalten. Ob damit stets historischer Erkenntnisgewinn und eine gründliche Selbstbefragung einhergehen, mag hingegen bezweifelt werden. Es gilt, Routinen bis hin zur Erstarrung beim Begehen der immergleichen Gedenktage und Jubiläen vorzubeugen.
Achim Landwehr
Magie der Null. Zum Jubiläumsfetisch - Essay
Zuweilen darf man den Eindruck haben, die Bewusstwerdung über das Historische findet wesentlich mittels Jubiläen statt. Warum gedenken wir bestimmten Geschehnissen nicht dann, wenn sie an der Zeit wären, sondern wenn sie im Kalender stehen?
Winfried Müller
Das historische Jubiläum. Zur Karriere einer Zeitkonstruktion
Das historische Jubiläum hat seine eigene Geschichte, die bis ins 16. Jahrhundert zurückreicht. Seither gewähren Jubiläumssituationen Einsichten in zeittypische Motive bei der Aktualisierung und Inszenierung der Vergangenheit.
Jacqueline Nießer, Juliane Tomann
Geschichte in der Öffentlichkeit analysieren. Jubiläen als Gegenstand von Public History und Angewandter Geschichte
Will man Jahrestage nicht nur als historisches, sondern als Gegenwartsphänomen verstehen, eignen sich dafür Public History und Angewandte Geschichte. Was können diese Ansätze zu einem vertieften Verständnis von Jubiläen beitragen?
Markus Drüding
Gedenktage und Jubiläen. Eine Gelegenheit zum historischen Lernen?
Gedenktage und Jubiläen können für die Schülerinnen und Schüler ein Gegenstand historischen Lernens sein, der zum Verständnis der gegenwärtigen Geschichtskultur beiträgt. Hierzu bedarf es einer Didaktisierung dieser Feiertage.
Frank Bösch
Im Bann der Jahrestage - Essay
Die derzeit begangenen historischen Jubiläen verengen unser Geschichtsbewusstsein. Denn in kurzen Abständen erinnern ähnliche Jahrestage an heroische Aufbrüche, große Männer und tragische Gewalt. Nötig ist deshalb eine kreative Erweiterung der Perspektiven.
Elke Gryglewski
Gedenken an den Holocaust: Ritual und Reflexion - Essay
"Gedenken an den Holocaust" hat viele Facetten. Wer wie wo warum wem gedenkt, ist nicht nur anlässlich von Gedenktagen eine relevante Frage. Grundsätzlich kann Gedenken nicht ohne historisches Wissen um die Ereignisse stattfinden.
Hedwig Richter
Die Schlachten der Volksherrschaft. Über Gedenktage und Demokratie - Essay
Nationale Gedenktage werden häufig mit martialischer und heroischer Ästhetik gefeiert. Demokratische Erinnerung führt diese Tradition weiter, weil sie von der Annahme geprägt ist, Demokratiegeschichte sei eine Chronik von Gewalt. Wie könnte es besser gehen?