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Sowjetbürger, Religionsgemeinschaft, nationale Minderheit | Sowjetunion | bpb.de

Sowjetunion Editorial Von der Hartnäckigkeit eines Attributs. Das (Post-)Sowjetische als politische und identitätsrelevante Ressource Sowjetunion global. Exportmodell – Drehscheibe – Aggressor Sowjetische Geschichte als Gewaltgeschichte Nach Stalin: Das Funktionieren der UdSSR "Wehe dem Land der Verbrecher!" Die Sowjetunion im Kampf gegen Hitler-Deutschland Sowjetbürger, Religionsgemeinschaft, nationale Minderheit. Juden und jüdisches Leben in der Sowjetunion Sackgasse Sowjetvergangenheit. Zum Erbe der UdSSR in Russland

Sowjetbürger, Religionsgemeinschaft, nationale Minderheit Juden und jüdisches Leben in der Sowjetunion

Frank Grüner

/ 21 Minuten zu lesen

Mit dem Sturz des zarischen Regimes im März 1917 begann für die jüdische Bevölkerung im Russischen Imperium eine neue Epoche. Die Provisorische Regierung hatte als eine ihrer ersten Maßnahmen die Aufhebung der diskriminierenden Gesetze gegenüber Jüdinnen und Juden verfügt. Nicht zuletzt aufgrund der verschiedenen Beschränkungen, die ihnen unter dem autokratischen Regime auf dem Gebiet der Wirtschaft, der Bildung und der Religion auferlegt waren, trauerte eine Mehrheit der jüdischen Bevölkerung in Russland weder dem Zaren noch dem Ancien Régime nach. Auch hatten die Zaren in dem Ruf gestanden, mit dem aggressiven Antisemitismus in Russland zu sympathisieren, wie er nicht zuletzt in den antijüdischen Pogromen 1881/82 und 1903 bis 1905/06 besonders gewalttätig in Erscheinung getreten war.

Auf der anderen Seite blieb in den ersten Monaten nach dem Sturz des Zaren völlig unklar, was die Zukunft für die jüdische Bevölkerung bringen würde. Viele hatten sich zum Zeitpunkt von Erstem Weltkrieg und Revolution bereits von Russland abgewandt und waren unter anderem in die Vereinigten Staaten, in das Vereinigte Königreich, Südafrika, Argentinien und Palästina ausgewandert; weitere Hunderttausende folgten ihnen bis zum Beginn der 1920er Jahre. Zwischen 1870 und den frühen 1920er Jahren verließen fast drei Millionen Juden Osteuropa, der Großteil von ihnen emigrierte aus dem Russischen Imperium beziehungsweise aus Sowjetrussland und dem Ende 1918 wiedergegründeten Polen. Aber auch für die in Russland verbliebenen Juden waren die ersten Jahre unter sowjetischer Herrschaft nach Revolution und Bürgerkrieg vielfach mit Migration – und zwar in die Großstädte des Landes wie Kiew, Charkow, Leningrad oder Moskau – und mit erheblicher sozialer Mobilität verbunden.

Unter dem bolschewistischen Regime

Für die Politik der neuen Machthaber gegenüber den Juden spielte eine nicht unerhebliche Rolle, dass die Bolschewiki die Besonderheit des osteuropäischen Judentums als einer sowohl ethnisch-nationalen als auch religiös-kulturell geprägten Bevölkerungsgruppe nicht verstanden beziehungsweise ideologisch nicht einordnen konnten. Der Religionsphilosoph Martin Buber hat in diesem Kontext einmal von der "atypischen" Existenzform der Juden gesprochen, die im engeren Sinne weder als ethnische Gruppe noch als Nationalität, sondern als eine aufgrund ihres historischen Sonderschicksals "eigentümliche dynamische Verbindung von Nation und Religion" zu fassen sei.

Trotz unterschiedlicher ideologischer Standpunkte waren sich Lenin und Stalin in ihrem grundsätzlichen Ziel der Assimilation der jüdischen Bevölkerung einig. Die politische Situation verlangte jedoch zunächst ein differenziertes, zum Teil widersprüchlich anmutendes Vorgehen gegenüber der jüdischen Minderheit. Einerseits verwehrte das Regime den Juden den Status einer Nation sowie eine autonome nationale Kultur und bekämpfte ihre Religion und Tradition; andererseits förderte der Sowjetstaat in den 1920er Jahren die Verbreitung der jiddischen Sprache und den Aufbau einer proletarischen jüdisch-säkularen Kultur. Letzteres war freilich nur eine vorübergehende, taktisch motivierte Maßnahme und diente der ideologischen Durchdringung der jüdischen Bevölkerung mit den Ideen des Sozialismus. Das eigentliche Ziel bolschewistischer Judenpolitik, also die vollständige Assimilation und Integration der Juden in die neu zu schaffende Sowjetgesellschaft, wurde zu keinem Zeitpunkt ernsthaft infrage gestellt. Von ihrem grundsätzlich antireligiösen Standpunkt abgesehen, betrachteten die bolschewistischen Führer die jüdische Religion als ein wesentliches Hindernis auf dem Weg zur Assimilation. Zugleich waren sie davon überzeugt, dass die Religion im Zuge des politischen und sozioökonomischen Umbaus der sowjetischen Gesellschaft rasch an Bedeutung verlieren würde. Nachdem sich die Erfolge mit Blick auf das "Verschwinden" der jüdischen Religion aber nicht so schnell und umfassend einstellten, wie das die Sowjetführung erwartet hatte, verfolgte das stalinistische Regime seit dem Ende der 1920er Jahre eine Politik, die von einer bis dahin beispiellosen Verschärfung der Repressionen gegen jüdische religiöse Institutionen und Bräuche gekennzeichnet war.

Wie sich die etwa 2,7 Millionen Juden ihrerseits gegenüber dem bolschewistischen Regime positionierten und wie sie auf die gesellschaftlichen Veränderungen reagierten, hing maßgeblich von Faktoren wie ihrer sozioökonomischen Stellung, dem Bildungsstand, ihrem Lebensalter und nicht zuletzt von ihrer religiösen und weltanschaulichen Haltung ab. Mit Blick auf die 1920er und 1930er Jahre lässt sich die heterogene jüdische Bevölkerung in der Sowjetunion zumindest in drei größere Gruppen unterscheiden, die in einem mitunter schwierigen und konflikthaften Verhältnis zueinander standen und deren führende Repräsentanten sich auf ideologisch-weltanschaulicher Ebene häufig scharf attackierten.

Als größte Gruppe lassen sich die mehr oder weniger stark assimilierten Sowjetbürger jüdischer Herkunft verstehen, die sich aus eigener Überzeugung oder aufgrund der Lebensumstände kulturell assimiliert hatten und in der jeweiligen russischen, ukrainischen oder weißrussischen Mehrheitsbevölkerung kaum mehr als Juden auszumachen waren; viele von ihnen lebten in größeren Städten, waren mit nicht-jüdischen Sowjetbürgern verheiratet und hatten eine nur schwach ausgeprägte oder gar keine Beziehung zur jüdischen Religion und Kultur.

Eine zweite, mit Blick auf ihre zahlenmäßige Bedeutung kleinere Strömung bildeten die Juden, die jüdische Tradition und Religion auch unter den Bedingungen des Sowjetregimes als wesentlichen Bestandteil ihres Alltags betrachteten und im Rahmen der Möglichkeiten pflegten; aufgrund der antireligiösen Politik der Bolschewiki mussten sie religiöse Aktivitäten in der Regel im Verborgenen praktizieren.

Eine dritte Gruppierung schließlich umfasste diejenigen Juden, die sich als Anhänger des bolschewistischen Regimes von jüdischer Tradition und Religion losgesagt hatten und eine säkulare jiddische Sowjetkultur propagierten. Vor allem unter ihren prominenten Vertretern, den Repräsentanten der jiddischen Intelligenz, war eine explizit jüdisch-kulturelle Identität vorherrschend, die mitunter auch nationale Züge trug. Über die gesamte Sowjetunion betrachtet, repräsentierten die Anhänger der sowjetisch-jiddischen Kultur keine Massenbewegung, doch waren sie besonders innerhalb des großstädtischen Kulturbetriebs sowie in Partei und Staat prominent vertreten und hier vor allem in den 1920er Jahren durchaus einflussreich. Insbesondere die Aktivisten der jüdischen Parteisektionen, die bis zu ihrer Auflösung 1930 bestanden und und je nach Zeitpunkt bis zu 70 Einheiten mit insgesamt 1500 Aktivisten zählten, trugen maßgeblich zur Umsetzung des bolschewistischen Programms unter der jiddischsprachigen Sowjetbevölkerung bei und waren nicht zuletzt wegen ihres rigiden Vorgehens gegen jüdische Religion und Tradition in der jüdischen Bevölkerung sehr umstritten und gefürchtet. Bis das sowjetische Regime nach einem Kurswechsel in seiner Politik gegenüber den Nationalitäten zu Beginn der 1930er Jahre dazu überging, in wenigen Jahren alle jiddischsprachigen Einrichtungen, deren Aufbau es zuvor gefördert hatte, wieder zu schließen, und zahlreiche führende Vertreter der jiddischen Sowjetkultur als "jüdische Nationalisten" zu kritisieren, zeigte sich die sowjetisch-jiddische Intelligenz von der fruchtbaren Symbiose zwischen jüdisch-säkularer Kultur und bolschewistischem System überzeugt.

Nachdem praktisch alle Institutionen der sowjetisch-jiddischen Kultur unter dem stalinistischen Regime geschlossen worden waren, darunter auch die rund 1100 säkularen jüdischen Schulen, und viele ihrer Vertreter vor allem im Zuge der stalinistischen "Säuberungen" von Staats- und Parteiorganen repressiert worden waren, war diese Strömung Ende der 1930er Jahre faktisch ihrer Existenzgrundlage beraubt und zur Bedeutungslosigkeit innerhalb der Sowjetgesellschaft verdammt worden. Ironischerweise hatte es die jiddische Sowjetintelligenz dem Überfall Hitler-Deutschlands auf die Sowjetunion beziehungsweise dem Zweiten Weltkrieg zu "verdanken", dass sie beziehungsweise eine Reihe ihrer Repräsentanten noch einmal für wenige Jahre in der Kriegs- und Nachkriegszeit eine Rolle spielen sollte. Es waren die folgenden "schwarzen Jahre" des sowjetischen Judentums zwischen 1939/41 und 1953, die – maßgeblich bestimmt durch die Erfahrungen von Vernichtung, Verfolgung und Antisemitismus einerseits sowie von Widerstand gegen das NS-Regime und seine Handlanger, Trauer um die Opfer und Rückbesinnung auf jüdische Kultur und Tradition andererseits – die Frage nach der Stellung und Zukunft der Juden im Sowjetstaat neu auf die Agenda setzten. Bis zu diesem Zeitpunkt lässt sich die Mehrheit der etwa drei Millionen jüdischen Sowjetbürger als weitgehend in das sowjetische System integriert bezeichnen, auch wenn dieser Prozess – wie die gesellschaftliche Umwälzung insgesamt – mit erheblichem politischen Druck und vielfach mit Gewalt forciert worden war.

Am Vorabend des Zweiten Weltkriegs hatte sich das Judentum nach nicht einmal einem Vierteljahrhundert Sowjetherrschaft von Grund auf verändert. Als eine überdurchschnittlich gut gebildete, in großen Teilen städtisch-moderne und in die neu entstandene Sowjetgesellschaft integrierte Bevölkerungsgruppe hatten die Juden in beachtlichem Maße an dem gesellschaftlichen Umbau unter dem bolschewistischen Regime partizipiert. Für viele sowjetische Juden, besonders der jüngeren Generation, die innerhalb der Sowjetgesellschaft sozial aufgestiegen waren und einen Status erreicht hatten, der für ihre Eltern unter den Bedingungen des zarischen Russlands noch unvorstellbar gewesen war, stellte die Entwicklung vom "Schtetl-Juden" zum modernen "Sowjetmenschen" eine Erfolgsgeschichte dar. Das galt ohne Frage nicht für alle Gruppen der jüdischen Bevölkerung im selben Maße; vor allem für die religiösen, der traditionellen jüdischen Lebensweise verhafteten Bevölkerungsteile hatte der forcierte, erzwungene Umbau der Gesellschaft unter dem Sowjetregime umfassende Diskriminierungen mit sich gebracht.

Weltkrieg und Holocaust

Der Zweite Weltkrieg und der Holocaust bildeten auch für die Juden auf sowjetischem Territorium die entscheidende Zäsur in dem an Umbrüchen und exzessiver Gewalt reichen 20. Jahrhundert. Mit der gewaltsamen Besetzung und dem "Anschluss" Ostpolens, der baltischen Staaten sowie der Nordbukowina und Bessarabiens zwischen 1939 und 1941 als Konsequenz aus der im deutsch-sowjetischen Nichtangriffsvertrag ("Hitler-Stalin-Pakt") vom August 1939 beziehungsweise in dessen geheimem Zusatzprotokoll fixierten territorialen Aufteilung Mitteleuropas gerieten schätzungsweise zwei Millionen Juden neu unter sowjetische Herrschaft. Diese im Unterschied zu den sowjetischen Juden insgesamt noch vergleichsweise stark in jüdischer Religion und jüdischem Brauchtum verwurzelten Juden waren unter den neuen Machthabern den radikalen und brutalen Maßnahmen des stalinistischen Regimes mit Blick auf die Transformation ihrer Sozialstruktur ausgesetzt. Noch dramatischer wirkten sich für die Juden der im Juni 1941 beginnende Überfall des nationalsozialistischen Deutschlands auf die Sowjetunion und der Vernichtungskrieg gegen die Sowjetbevölkerung aus. Von den rund 5 Millionen Juden auf dem Gebiet der Sowjetunion in den Grenzen vom 22. Juni 1941 wurden von 1941 bis 1945 insgesamt etwa 2.825.000 Menschen im Holocaust getötet, die meisten von ihnen, etwa 1.430.000 Personen, in der Ukraine, etwa 810.000 in Weißrussland, 215.000 bis 220.000 in Litauen, 144.000 bis 170.000 in der Russischen Sowjetrepublik, etwa 130.000 in Moldawien, 75.000 bis 77.000 in Lettland und etwa 1.000 Personen in Estland.

Ein Sieg der Sowjetunion gegen das Deutsche Reich war für die sowjetischen Juden in den Kriegsjahren faktisch die einzige Hoffnung auf Überleben. Entsprechend stark engagierten sich die Juden in der Armee und im Widerstand, und verbanden das Schicksal des Sowjetregimes eng mit ihrem eigenen. Diese hohe Identifikation mit der Roten Armee und der Sowjetmacht konnte mit Kriegsende aber zunehmend weniger verdecken, dass Teile der Sowjetbevölkerung mit dem deutschen Besatzungsregime kollaboriert und sich an antijüdischen Verbrechen beteiligt hatten, wie das Beispiel des Massakers von Babi Jar/Babyn Jar (russ./ukr.) bei Kiew gezeigt hatte. Auch hatte die antisemitische Propaganda des Besatzungsregimes in der Sowjetunion zum Teil durchaus Wirkung gezeigt, sodass auch nach dem Sieg der Sowjetunion über Hitler-Deutschland antijüdische Einstellungen virulent blieben und vor dem Hintergrund der materiellen Nöte der Zeit noch zunahmen. Das sowjetische Regime zeigte sich nicht nur unfähig, sondern in der Mehrheit auch unwillig, auf diese antijüdischen Stimmungen und Übergriffe in der Bevölkerung zu reagieren. Das stalinistische Regime forcierte in den 1940er und 1950er Jahren eine Politik des Verschleierns des Holocausts auf sowjetischem Boden und unterdrückte den Wiederaufbau jüdisch-gesellschaftlichen Lebens in der Sowjetunion. Das Gedenken der jüdischen Tragödie sollte offensichtlich nicht die propagierte Einheit der Sowjetbevölkerung und ihren heldenhaften Sieg gegen das faschistische Deutschland infrage stellten.

Enttäuschte Nachkriegshoffnungen

Nach vier Jahren Vernichtungskrieg und brutaler Besatzungsherrschaft durch das nationalsozialistische Deutschland, in deren Kontext verschiedenen Schätzungen zufolge zwischen 20 und 30 Millionen Sowjetbürger ums Leben kamen und kaum zu beziffernde materielle Verluste entstanden, sehnte sich eine körperlich ausgezehrte und psychisch erschöpfte Bevölkerung vor allem nach Frieden, dem Ende von Leid und Entbehrungen sowie nach einer Normalisierung der Lebensverhältnisse.

Angesichts der tief greifenden Krisensituation in der Nachkriegszeit musste das sowjetische Regime in seinen Berichten über die Lage im Land eine insgesamt schlechte Stimmung in der Bevölkerung konstatieren, die sich zumindest potenziell gegen die Machthaber wenden konnte, auch wenn Stalin selbst, dessen Popularität als "großer Führer" durch den Sieg im Zweiten Weltkrieg ihren Höhepunkt erreicht hatte, nicht infrage gestellt wurde. Vom Glanz der Siegermacht strahlte in der Nachkriegszeit allerdings wenig in den Alltag der Menschen.

Eine Mischung aus Hoffnungen auf ein besseres Leben nach den zerstörerischen Erfahrungen von Krieg und Vernichtung und dem Gefühl tiefer Niedergeschlagenheit angesichts des erlebten Leids und Verlustes prägte grundsätzlich auch die Stimmungen in der jüdischen Bevölkerung. Zugleich unterschieden sich die Hoffnungen beziehungsweise Erwartungen der Juden aufgrund ihrer spezifischen Erfahrungen in den Kriegs- und Nachkriegsjahren aber von denen der Mehrheitsgesellschaft. So entwickelte sich in der jüdischen Bevölkerung ungeachtet der unterschiedlichen Einstellungen zum bolschewistischen Regime und der Bewertung der Rolle von jüdischer Kultur und Religion ein Zusammengehörigkeitsgefühl, das für die Nachkriegsjahre bestimmend werden sollte. Hatten während der Kriegsjahre vor allem die Verbrechen im Zuge der nationalsozialistischen Rassen- und Vernichtungspolitik im Zentrum der jüdischen (Selbst-)Wahrnehmung als einer Schicksalsgemeinschaft gestanden, kam mit Kriegsende der Antisemitismus vonseiten der sowjetischen Bevölkerung als weiteres Bindeglied hinzu. Im Unterschied zu den Kriegsjahren, als sich die Juden sowohl mit ihrem Judentum als auch ihrer Zugehörigkeit zum Sowjetstaat identifizieren konnten, wurde das Verhältnis von Juden und Sowjetstaat nach 1945 durch das indifferente und widersprüchliche Verhältnis des stalinistischen Regimes gegenüber dem seit den Kriegsjahren in der Bevölkerung stark um sich greifenden Antisemitismus zunehmend erschüttert. Die Artikulation der jüdischen Hoffnungen, in denen im Laufe der 1940er Jahre zunehmend ein jüdisches Nationalbewusstsein zum Ausdruck kam, und die Kommunikation der Erwartungen der jüdischen Bevölkerung gegenüber dem Sowjetregime seit Kriegsende waren auf das Engste mit dem Wirken des Jüdischen Antifaschistischen Komitees verbunden.

Wenige Monate nach dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion hatten sich auf Initiative oder zumindest mit Unterstützung der Sowjetführung eine Reihe zumeist prominenter und einflussreicher Vertreter der sowjetisch-jüdischen Intelligenz zu einem Antifaschistischen Komitee zusammengeschlossen. Unter den 63 Gründungsmitgliedern des Jüdischen Komitees befanden sich bekannte Schriftsteller wie Wassili Grossman, Abraham Sutzkewer und Ilja Ehrenburg, Musiker, Schauspieler, Regisseure, Dramaturgen, Kritiker, Künstler, Journalisten, führende Wissenschaftler und Ärzte sowie hochrangige Militärs und Politiker. Zu ihrem Vorsitzenden wählten sie den populären Schauspieler und Leiter des Moskauer Jüdischen Theaters, Solomon Michoels, der das Komitee bis zu seiner Ermordung durch den sowjetischen Geheimdienst im Januar 1948 leitete. Erklärtes Ziel dieses Komitees war es, sowohl die jüdische Bevölkerung in der UdSSR als auch die Weltöffentlichkeit vom heldenhaften antifaschistischen Widerstand der Sowjetunion gegen das nationalsozialistische Deutschland zu überzeugen und durch die Mobilisierung ausländischen Kapitals die Rote Armee und die sowjetische Bevölkerung materiell zu unterstützen. Nicht nur im Ausland, sondern auch unter der jüdischen Bevölkerung der Sowjetunion war das Jüdische Antifaschistische Komitee schon kurze Zeit nach seiner Gründung äußerst populär. Aus Sicht des stalinistischen Regimes waren seine Aufgaben aber von vornherein eng gesteckt, seine Existenz der Notwendigkeit des Krieges geschuldet und nicht auf Dauer angelegt.

Das Jüdische Antifaschistische Komitee, dessen Tätigkeit von zahlreichen jüdischen Partnerorganisationen im Ausland maßgeblich unterstützt wurde, existierte bis zu seiner gewaltsamen Auflösung durch die Organe der Staatssicherheit im November 1948, hatte aber bereits mit Kriegsende seine ursprüngliche Funktion verloren. Obwohl dieser einzigen jüdischen Organisation in der Sowjetunion vonseiten der Sowjetführung eine primär propagandistische Funktion zugedacht war, konnte das Jüdische Komitee angesichts der katastrophalen Lage der Mehrheit der sowjetischen Juden nicht tatenlos gegenüber dem Ansturm von Hilfesuchenden bleiben und wurde zunehmend in die Rolle eines "Anwaltes der sowjetischen Juden" gedrängt.

In Tausenden von Briefen während des Krieges und unmittelbar danach wurde das Jüdische Antifaschistische Komitee von Juden aus allen Teilen der UdSSR über die katastrophale Lage der jüdischen Bevölkerung informiert und dazu aufgefordert, materielle und moralische Unterstützung für jüdische Sowjetbürger zu leisten, die sich infolge von Krieg, Holocaust und antijüdischen Übergriffen vonseiten der sowjetischen Bevölkerung in einer psychisch wie materiell ausweglosen Situation befanden. Sie baten die Vertreter des Komitees, gegenüber den sowjetischen Organen auf eine sofortige Besserung der Situation der sowjetischen Juden zu drängen. Zahlreiche Schreiben ähnlichen Inhaltes gingen direkt an das Zentralkomitee, den Ministerrat oder einzelne führende sowjetische Politiker. Offensichtlich versprachen sich viele Juden von Stalin und der Sowjetführung nicht nur eine klar ablehnende Haltung gegenüber antisemitischen Handlungen, sondern hofften auch auf schnelle Abhilfe der drängendsten materiellen Probleme. Zweifelsohne rechneten viele Juden aufgrund ihres engagierten antifaschistischen Kampfes und der zahllosen Opfer, die Krieg und Holocaust unter der jüdischen Bevölkerung gefordert hatten, mit besonderer Rücksichtnahme des Regimes nach dem Ende des Krieges – eine Annahme, die sich schon sehr bald als folgenschwerer Irrtum erweisen sollte.

Antisemitische Kampagnen

Zwei Initiativen aus den Reihen des Jüdischen Antifaschistischen Komitees sollten in den folgenden Jahren schließlich das Schicksal dieses für die sowjetischen Juden in jenen Jahren so wichtigen Organs besiegeln und dem stalinistischen Regime als Anlass für eine antisemitische Orientierung seiner Politik dienen: zum einen der Stalin gegenüber in einem Memorandum formulierte Vorschlag der Vorsitzenden des Komitees zur Gründung einer jüdischen Republik auf der Krim und zum anderen die von Ilja Ehrenburg und Wassili Grossman in Angriff genommene Herausgabe einer Dokumentensammlung über den Genozid an der jüdischen Bevölkerung in der Sowjetunion, die später als "Schwarzbuch" bekannt wurde. Während das Krim-Memorandum dem stalinistischen Regime gewissermaßen den Vorwand lieferte, dem Jüdischen Antifaschistischen Komitee als "Teil einer weltweiten zionistischen Verschwörung" den Prozess zu machen, weil es angeblich zusammen mit den Feinden der Sowjetunion die Loslösung der Krim von der Sowjetunion zum Ziel gehabt habe, machte die sogenannte Schwarzbuch-Affäre deutlich, dass die Vertreter des Jüdischen Komitees durch ihre geplante Dokumentation der Verbrechen an den Juden auf dem Territorium der Sowjetunion dem Stalin-Regime gewissermaßen auf geschichtspolitischem Terrain ins Gehege kamen. Besonders die Kollaboration von Sowjetbürgern mit den deutschen Besatzern bei den Verbrechen an der jüdischen Bevölkerung war aus Sicht des Sowjetregimes ein unerwünschtes Thema, das grundsätzlich imstande war, die Glaubwürdigkeit der neuen sowjetischen Meistererzählung über den "Großen Vaterländischen Krieg" und den "heldenhaften Widerstand des einmütigen Sowjetvolkes gegen die faschistische Bedrohung" im sowjetischen Diskurs infrage zu stellen. Eine Veröffentlichung des "Schwarzbuchs" in der Sowjetunion wurde daher schließlich verhindert. Die in der Schwarzbuch-Angelegenheit für die sowjetischen Juden zum Ausdruck kommende fehlende Bereitschaft der sowjetischen Führung, die Vernichtung der Juden als ein besonderes Phänomen anzuerkennen und ein Gedenken der jüdischen Opfer zumindest in der jüdischen Öffentlichkeit in begrenztem Umfang zu tolerieren, vertiefte die Entfremdung von Juden und Sowjetstaat. Der fehlende oder verschleiernde Umgang mit dem Holocaust in der sowjetischen Gesellschaft blieb bis zum Ende der Sowjetunion ein neuralgischer Punkt in den Beziehungen zwischen Juden und Regime.

Die antisemitische Wende in der Politik der Sowjetführung – das heißt der Zeitpunkt, ab dem das stalinistische Regime dazu überging, den Antisemitismus in der Bevölkerung nicht nur passiv zu tolerieren, sondern ihn seinerseits als Mittel der aktiven Herrschaftsausübung einzusetzen – hatte sich allem Anschein nach um 1947/48 vollzogen und war in den Kampagnen gegen den "Kosmopolitismus" mehr oder minder offen zum Ausdruck gekommen. Aber während die Ermordung des Vorsitzenden des Jüdischen Antifaschistischen Komitees, Solomon Michoels, im Januar 1948 von getarnten Mitarbeitern des sowjetischen Geheimdienstes in geheimer Mission erledigt wurde und auch die Auflösung des Komitees, die Inhaftierung, das Verhören und die Verurteilung seiner Mitglieder zwischen 1948 und 1952 im Verborgenen abgewickelt wurden, entfalteten die Kampagnen gegen "Kosmopolitismus" und "Zionismus" in der sowjetischen Öffentlichkeit einen Grad antisemitischer Hetze und Repression, der in der Sowjetgesellschaft bislang nicht vorstellbar gewesen war. Die Auflösung des Jüdischen Antifaschistischen Komitees, der Geheimprozess sowie die Kampagnen gegen den "Kosmopolitismus" standen in einer engen Beziehung zueinander, was der großen Mehrheit der Zeitgenossen in der Sowjetunion allerdings verborgen bleiben musste. Die Führungsriege um Stalin konstruierte bereits einen weiteren Fall: die angebliche Spionagetätigkeit und "Verschwörung jüdischer Mörderärzte" gegen sowjetische Funktionäre, die am 13. Januar 1953 in den sowjetischen Massenmedien publik gemacht wurde und in ihrer aggressiven antisemitischen Rhetorik und Verschwörungslogik Erinnerungen an die finstersten Kapitel des Judenhasses im Zarenreich wach werden ließ. Wohl nur der rechtzeitige Tod des Diktators am 5. März 1953 konnte umfassende landesweite antijüdische Repressionen in der Sowjetunion in dieser Phase verhindern. Doch auch wenn Stalins Nachfolger an der Staats- und Parteispitze die Kampagne gegen die "jüdischen Mörderärzte" schnell und unbemerkt von der Agenda nahmen, verschwand der Antisemitismus nicht aus den Köpfen vieler Sowjetbürger und Funktionäre. Die Kriegs- und Nachkriegsjahre erwiesen sich daher nicht nur als die "schwarzen Jahre" des sowjetischen Judentums, sondern auch als Schlüsseljahre, in denen das Schicksal der Juden im Sowjetstaat eine entscheidende Wendung nahm, die weit über den Tod des Diktators Stalin hinausreichte und die Juden zu einer dauerhaft diskriminierten Minderheit im Sowjetstaat machten. Auch die sowjetischen Regimes, die auf die stalinistische Terrorherrschaft folgten, verwehrten den Juden in letzter Konsequenz eine vollwertige Mitgliedschaft oder gleichberechtigte Bürgerschaft im Sowjetstaat.

Verschwinden jüdischen Lebens und Sehnsucht nach Emigration

Aus der Perspektive der jüdischen Bevölkerung gab es auch nach Stalins Tod keine Rückkehr zur "Normalität" der Vorkriegsjahre. Das sowjetische Regime hatte den Antisemitismus in Gestalt des Antizionismus in seine Ideologie inkorporiert, und die Juden fanden sich vor dem Scherbenhaufen ihrer gescheiterten Integration in die Sowjetgesellschaft wieder. Das galt vor allem für diejenigen Sowjetbürger, die eine jüdische Identität hatten und ihr Judentum in der einen oder anderen Weise praktizierten und für die Sowjetgesellschaft als Juden zu erkennen waren. Sie waren von nun an mit dem Makel des "wurzellosen Kosmopolitismus" behaftet und vermochten nicht mehr von sich abzustreifen, dass sie notorisch als eine dem Sowjetvolk fremde und an ihm angeblich "schmarotzende" Minderheit wahrgenommen wurden. Auch wenn sie in den folgenden Jahrzehnten in der Regel nicht mehr, wie noch in der späten Stalin-Zeit, um ihr Leben zu fürchten hatten, gehörte die aus solchem Stigma resultierende Diskriminierung in allen ihren Spielarten fortan zum jüdischen Alltag in der UdSSR. Den Juden ihrerseits blieben damit im Grunde auch nur noch zwei Optionen: entweder eine möglichst unauffällige, das heißt nicht mehr als "jüdisch" auszumachende Existenz als Sowjetbürger oder die Hoffnung auf Emigration aus der Sowjetunion.

Jüdisches Leben, sei es in religiöser Hinsicht oder im Sinne einer säkularen jiddischen oder auch jüdisch-nationalen Kultur, konnte sich unter den gegebenen Bedingungen auch in den 1960er und 1970er Jahren kaum mehr in nennenswertem Umfang entwickeln. Das galt auch für die Jahre des sogenannten Tauwetters unter Nikita Chruschtschow, der mit seiner berühmten Geheimrede auf dem XX. Parteitag der KPdSU im Februar 1956 zwar beherzt die Entstalinisierug der sowjetischen Gesellschaft auf den Weg gebracht hatte, dessen Reformeifer aber klare Grenzen kannte. So überrascht es mit Blick auf die vorangegangenen Jahrzehnte auch kaum, dass Juden in politischen Funktionen, etwa in den lokalen Sowjets oder auf Unionsebene, stark unterrepräsentiert waren. Jiddischsprachige Publikationen in der Sowjetunion blieben im Wesentlichen auf wenige Bücher und eine Zeitschrift begrenzt. Jüdische Schulen, welcher Richtung auch immer, gab es gar keine mehr. Im kulturellen Bereich gab es wenige jüdische (Laien-)Theatergruppen oder Musikensembles, etwa in Moskau oder Vilnius. Das religiöse jüdische Leben existierte noch an wenigen Orten mit einer sehr begrenzten Zahl an Synagogen, Rabbinern und Gemeindemitgliedern. Die wenigen jüdischen Gemeinden, die es noch oder wieder gab, wurden dann in den Jahren von 1957 bis 1964 von einer neuen antireligiösen Kampagne, die stellenweise mit antizionistischer und antisemitischer Propaganda einherging, in Mitleidenschaft gezogen. Erneut wurden Synagogen geschlossen und Gemeindeaktivitäten reglementiert. Darüber hinaus lancierte das Sowjetregime in den Massenmedien eine landesweite Kampagne gegen den Judaismus, die unverkennbar antisemitischen Charakter hatte.

Unter diesen Umständen gewann der Wunsch nach Emigration, vor allem nach Israel, für viele Juden stetig an Bedeutung. Bereits in den 1940er Jahren hatte es in der jüdischen Bevölkerung den kaum verdeckten Wunsch der Ausreise nach Palästina gegeben. Das war nicht zuletzt bei dem Besuch der ersten israelischen Botschafterin Golda Meir in Moskau im Oktober 1948 deutlich geworden, als sich geschätzt 5.0000 sowjetische Juden vor der Moskauer Choralsynagoge versammelten und die Vertreterin des neu gegründeten jüdischen Staates euphorisch begrüßten. Einige hatten sich danach an führende Staats- und Parteiorgane oder das Jüdische Antifaschistische Komitee mit der Bitte um Ausreise gewandt.

Die Ausreise aus der Sowjetunion blieb lange Zeit ein Tabu und wurde, auch als man sie theoretisch erlaubte, sehr restriktiv gehandhabt. Unter Chruschtschow wurden die Restriktionen diesbezüglich nur wenig gelockert, und die Genehmigung einer Ausreise blieb die Ausnahme. Von 1954 bis 1964 konnten nur 1542 Juden die Sowjetunion auf direktem Weg in Richtung Israel verlassen. Unter Chruschtschows Nachfolger, Leonid Breschnew, stieg die Zahl der erteilten Visa für die Ausreise von Juden nach Israel ab 1965 deutlich an. Allerdings war es vor allem den Auswirkungen des Sechstagekrieges zwischen Israel und den arabischen Staaten 1967 geschuldet, dass die Situation für die sowjetischen Juden aufgrund der massiven antizionistischen Propaganda und antisemitischen Stimmungen in der Sowjetgesellschaft zunehmend unerträglich wurde und der öffentliche Druck auf die Sowjetführung nach Genehmigung von Ausreisen anstieg. In den 1970er und 1980er Jahren nahm die Ausreise von Juden bereits Züge einer Massenemigration an: Von 1968 bis 1989 verließen etwa 240.000 Juden die Sowjetunion, etwa 11 Prozent der jüdischen Sowjetbevölkerung. Auch die mit den Begriffen "Perestroika" und "Glasnost" verbundene Reformpolitik des letzten Zentralsekretärs der KPdSU ab 1985 vermochte das Vertrauen vieler Juden in den Sowjetstaat nicht zurückzugewinnen, obgleich sich jüdische Religion, Kultur und Wissenschaft nun wieder freier entwickelten und man zumindest in Großstädten wie Moskau, Leningrad, Minsk oder Kiew durchaus von einer neuen Blüte jüdischen Lebens sprechen konnte. In der zweiten Hälfte der 1980er Jahre breiteten sich indes Rechtsextremismus und Antisemitismus aus, wie sie sich etwa in den Aktivitäten der russischen chauvinistisch-nationalistischen und radikal antisemitischen Bewegung Pamjat ("Gedächtnis") manifestierten. Nicht zuletzt dieser Entwicklung ist es zuzurechnen, dass ein wachsender Teil der sowjetischen Juden für die Auswanderung aus der Sowjetunion votierte.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Vgl. Tobias Brinkmann, Jüdische Migration, 3.12.2010, Externer Link: http://www.ieg-ego.eu/brinkmannt-2010-de.

  2. Vgl. Yuri Slezkine, The Jewish Century, Princeton 2004, S. 208. Zum Phänomen der jüdischen Migration in die sowjetischen Großstädte siehe exemplarisch die Studie von Gabriele Freitag, Nächstes Jahr in Moskau! Die Zuwanderung von Juden in die sowjetische Metropole 1917–1932, Göttingen 2004.

  3. Martin Buber, Die Sowjets und das Judentum, in: ders., Der Jude und sein Judentum. Gesammelte Aufsätze und Reden, Köln 1963, S. 543–554, hier S. 546f.

  4. Vgl. Heinz-Dietrich Löwe/Frank Grüner, Die Juden und die jüdische Religion im bolschewistischen Russland, in: Christoph Gassenschmidt/Ralph Tuchtenhagen (Hrsg.), Politik und Religion in der Sowjetunion 1917–1941, Wiesbaden 2001, S. 167–205, hier S. 195–198.

  5. Vgl. ebd.

  6. Vgl. Zvi Gitelman, A Century of Ambivalence. The Jews of Russia and the Soviet Union, 1881 to the Present, Bloomington–Indianapolis 20012, S. 88–114; David Shneer, Yiddish and the Creation of Soviet Jewish Culture 1918–1930, Cambridge 2004, S. 14–29.

  7. Vgl. Gitelman (Anm. 6), S. 233–320.

  8. Siehe Shneer (Anm. 6), S. 134–178.

  9. Vgl. Gitelman (Anm. 6), S. 88–114.

  10. Yehoshua A. Gilboa, The Black Years of Soviet Jewry 1939–1953, Boston–Toronto 1971. Vgl. Frank Grüner, Patrioten und Kosmopoliten. Juden im Sowjetstaat 1941–1953, Köln–Weimar–Wien 2008.

  11. Damit hatten die Juden einen Anteil von etwa 1,8 Prozent an der Gesamtbevölkerung der UdSSR. Siehe Mordechai Altshuler (Hrsg.), Distribution of the Jewish Population of the USSR 1939, Jerusalem 1993, S. 9.

  12. Siehe dazu u.a. ders., Soviet Jewry on the Eve of the Holocaust. A Social and Demographic Profile, Jerusalem 1998; Zvi Y. Gitelman, Jewish Nationality and Soviet Politics. The Jewish Sections of the CPSU, 1917–1930, Princeton 1972; Heinz-Dietrich Löwe, Reconstructing in the Image of Soviet Man: The Jews in the Soviet Union, 1917–1941, in: Cahiers slaves 11–12/2010, S. 259–303; Benjamin Pinkus, The Jews of the Soviet Union. The History of a National Minority, Cambridge–New York 1988; Shneer (Anm. 6); Slezkine (Anm. 2), insb. S. 206–274.

  13. Vgl. Claudia Weber, Der Pakt. Stalin, Hitler und die Geschichte einer mörderischen Allianz, München 2019. Die Schätzungen der jüdischen Bevölkerungszahlen in den zwischen 1939 und 1941 sowjetisch besetzten Gebieten bewegen sich zwischen 1,97 und 2,3 Millionen Menschen. Siehe u.a. Altshuler (Anm. 12), S. 9, S. 323–328.

  14. Zu der vom Sowjetregime erzwungenen "Angleichung" der politischen und sozioökonomischen Verhältnisse und dem radikalen Vorgehen gegen jüdische Einrichtungen und Organisationen siehe Norman Davies/Antony Polonsky (Hrsg.), Jews in Eastern Europe and the USSR, 1939–1946, London u.a. 1991; Dov Levin, The Baltic Jews under the Soviets 1940–1946, Jerusalem 1994, S. 1–155.

  15. Zum deutschen Vernichtungskrieg in der Sowjetunion siehe u.a. Babette Quinkert/Jörg Morré (Hrsg.), Deutsche Besatzung in der Sowjetunion 1941–1944. Vernichtungskrieg, Reaktionen, Erinnerung, Paderborn 2014.

  16. Vgl. Il’ja Al’tman, Opfer des Hasses. Der Holocaust in der UdSSR 1941–1945, Gleichen–Zürich 2008, S. 366f.

  17. Vgl. Harriet Murav/Gennady Estraikh (Hrsg.), Soviet Jews in World War II. Fighting, Witnessing, Remembering, Boston 2014. Lesenswert ist auch Arno Lustiger, Zum Kampf auf Leben und Tod! Das Buch vom Widerstand der Juden 1933–1945, Köln 1994.

  18. Vgl. Martin C. Dean, Collaboration in the Holocaust: Crimes of the Local Police in Belorussia and Ukraine, 1941–44, New York 2000. Zur Darstellung der historischen Ereignisse des Massakers von Babi Jar/Babyn Jar, bei dem unter deutscher Herrschaft am 29./30. September 1941 unweit von Kiew annähernd 34.000 jüdische Frauen und Männer von Angehörigen des Sonderkommandos 4a der Einsatzgruppe C unter Beteiligung ukrainischer Hilfstruppen ermordet worden waren, siehe Eberhard Jäckel/Peter Longerich/Julius H. Schoeps (Hrsg.), Enzyklopädie des Holocaust. Die Verfolgung der europäischen Juden, Bd. I, München–Zürich 19982, S. 144–147.

  19. Vgl. Frank Grüner, Did Anti-Jewish Mass Violence Exist in the Soviet Union? Anti-Semitism and Collective Violence in the USSR During the War and Post War Years, in: Journal of Genocide Research 2–3/2009, S. 355–379.

  20. Siehe Elena Zubkova, Die sowjetische Gesellschaft nach dem Krieg. Lage und Stimmung der Bevölkerung 1945/46, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 3/1999, S. 363–383; dies., Russia after the War. Hopes, Illusions, and Disappointments, 1945–1957, Armonk–New York–London 1998.

  21. Zu den Auswirkungen von Judenfeindschaft und Holocaust auf die sowjetischen Juden siehe Grüner (Anm. 10), S. 214–410.

  22. Zum Antisemitismus in der sowjetischen Gesellschaft während der Kriegs- und Nachkriegsjahre siehe ebd., S. 40–54.

  23. Ebd., S. 268–273.

  24. Vgl. ebd., S. 55–128; Arno Lustiger, Rotbuch: Stalin und die Juden. Die tragische Geschichte des Jüdischen Antifaschistischen Komitees und der sowjetischen Juden, Berlin 1998.

  25. Siehe Simon Redlich, War, Holocaust and Stalinism. A Documented Study of the Jewish Antifascist Committee in the USSR, Luxemburg 1995, S. 225–240.

  26. Vgl. Grüner (Anm. 10), S. 70–98.

  27. Vgl. Al’tman (Anm. 16), S. 445–494; Grüner (Anm. 10), S. 422–429.

  28. Vgl. ebd., S. 115–128; Lustiger (Anm. 24), S. 170–256.

  29. Vgl. Gitelman (Anm. 6), S. 160.

  30. Vgl. ebd., S. 161.

  31. Vgl. ebd., S. 164–168.

  32. Vgl. ebd., S. 170.

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ist Professor für Osteuropäische Geschichte an der Universität Bielefeld. E-Mail Link: frank.gruener@uni-bielefeld.de