Der Lebensborn e.V. und die Zwangsverschleppung "wiedereindeutschungsfähiger Kinder"
Am 12. Dezember 1935 wurde der Lebensborn e.V. als SS-Verein vom Reichsführer SS Heinrich Himmler als Instrument der nationalsozialistischen Rassen- und Bevölkerungspolitik gegründet.

Die Erfassung "wiedereindeutschungsfähiger Kinder" begann im annektierten Polen (im "Warthegau"), wurde dann aber rasch auf das Generalgouvernement ausgedehnt. Bald kamen Kinder aus Weißrussland und der Ukraine dazu. Auch Kinder aus Tschechien und Slowenien, deren Eltern als "Partisanen" von den Deutschen getötet oder inhaftiert worden waren, kamen über die Kinderheime des Lebensborn in deutsche Familien. Einen Sonderfall stellten die Kinder deutscher Soldaten und "germanischer" Mütter in den Benelux-Ländern und vor allem in Norwegen dar. Hier betreute der Lebensborn in seinen Heimen zumeist Kinder und Mütter gemeinsam. Letztere sollten die Chance erhalten, den Kindsvater später zu heiraten, damit das Kind als "deutsches Kind" aufwachsen konnte – natürlich nur, wenn sie selbst und das Kind als "gutrassig" galten.
Nach 1945 standen der Lebensborn e.V. und die Politik der Kinderzwangsverschleppung zwar im Fokus des achten sogenannten "Nürnberger Nachfolgeprozesses" 1947 bis 1948. Doch die amerikanischen Militärrichter entschieden sich dafür, den Lebensborn e.V. als eine reine Fürsorgeinstitution zu betrachten – eine katastrophale Fehleinschätzung. In den ersten Nachkriegsjahren bemühte sich vor allem der International Tracing Service der Alliierten (ITS, heute Sitz in Bad Arolsen), die Schicksale der in Deutschland befindlichen nicht-deutschen Kinder zu klären. Für die Betroffenen blieb jedoch oftmals eine lebenslange Leerstelle: Viele Lebenswege der Zwangsgermanisierten ließen sich mangels Quellen und vertuschter Herkunft nicht rekonstruieren.