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Editorial | Internationale Wirtschaftsbeziehungen | bpb.de

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Editorial

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Christine Hesse

Mit dieser Ausgabe legen wir nach den "Informationen" 293 "Unternehmen und Produktion" sowie 294 "Staat und Wirtschaft" die dritte Veröffentlichung vor, die im Rahmen unserer Heftreihe das Thema Wirtschaft zum Schwerpunkt hat.

Zwar gehört nach 60 Jahren Sozialer Marktwirtschaft das Wissen um ökonomische Zusammenhänge zur Allgemeinbildung, und Wirtschaft ist ein fester Bestandteil unseres Alltagslebens. In der öffentlichen Berichterstattung, in Zeitungen, Rundfunk und Fernsehen, haben wirtschaftliche Entwicklungen gerade in den letzten Jahren stetig an Raum gewonnen. Doch bei genauerem Hinsehen, in Gesprächen und Diskussionen offenbart sich oft eine eher oberflächliche Kenntnis vieler Sachverhalte und Begrifflichkeiten. Es mangelt an ökonomischer Bildung. Dieser Mangel kann der Boden sein, auf dem Vorurteile und Ängste gedeihen.

Dies gilt auch und vielleicht in besonderem Maße für den Bereich der internationalen Wirtschaftsbeziehungen. Hier haben technologische Neuerungen, moderne Kommunikationsmethoden und politische Entscheidungen seit 1990 eine rasante Entwicklung bewirkt, die unter dem Schlagwort Globalisierung die Waren-, Dienstleistungs- und Finanzmärkte, aber auch die Arbeitsbeziehungen revolutioniert hat. Die Welt rückt enger zusammen - und damit verstärkt sich auch die Notwendigkeit, in immer größeren Zusammenhängen zu denken.

Die zunehmende wirtschaftliche Verflechtung, der verschärfte internationale Wettbewerb, der mit ihr einhergeht, und die Auswirkungen, die sie zeitigt, polarisieren - sie finden gleichermaßen engagierte Befürworter und Gegner. Einer Umfrage des Ipos-Instituts, Mannheim, zufolge glaubten Ende 2007 65 Prozent der Deutschen, dass der weltweite Wettbewerb die Absatzchancen deutscher Produkte im Ausland erhöhe, 51 Prozent der Befragten waren jedoch der Ansicht, er führe nicht zu sinkenden Preisen und die Globalisierung gefährde die soziale Sicherheit in Deutschland.

Auch das Unbehagen über die Vorgänge an den Finanzmärkten ist in Deutschland weit verbreitet. Begriffe wie Hedgefonds, Private Equity, Derivate, Rating-Agenturen symbolisieren für viele eine fremde, beunruhigende Welt, und so erscheinen sie zeitweilig auch in der öffentlichen Diskussion. Immer wieder auftretende Finanzkrisen, die sich in Windeseile international auswirken, wie zuletzt die Turbulenzen um die Spekulation mit Hypothekenkrediten in den USA, scheinen der Skepsis recht zu geben.

Doch diese Sicht der Dinge greift zu kurz: Spekulation versorgt den Markt mit Liquidität, sie ist damit eine wesentliche Voraussetzung für unternehmerisches Engagement, Wachstum und Wohlstand. Wettbewerb, Öffnung der Märkte und Mobilität entsprechen dem Freiheitsideal der aufgeklärten Zivilgesellschaft. Dieses Ideal kann sie aber nicht exklusiv für sich in Anspruch nehmen, sondern muss ihm weltweit Geltung einräumen. Wohlstandsverteilung kann keine Einbahnstraße sein.

Zum Prinzip Freiheit gehört indes auch Verantwortung. Marktexzesse unterstreichen die Notwendigkeit von Regeln, die Freiheit, unternehmerisch zu handeln, benötigt einen rechtlichen Rahmen. Finanzkrisen bieten in diesem Zusammenhang Anlass, gewohnte Kontrollmechanismen zu überprüfen.

Hier ist die Politik gefordert. So hat Großbritannien beispielsweise im Zuge der jüngsten Krise an den Finanzmärkten einen Verhaltenskodex für Hedgefonds eingeführt, und in Deutschland fiel 2008 eine Kabinettsentscheidung für strengere Auflagen im Bereich der Kreditverkäufe. Im internationalen Rahmen bemühen sich staatliche und nichtstaatliche Akteure um einen Interessenausgleich.

Ein enger wirtschaftlicher Austausch, der alle Weltregionen einbezieht und den Beteiligten gleichermaßen Chancen eröffnet, liegt im Interesse aller. Internationale Wirtschaftsbeziehungen sind gestaltbar, vorausgesetzt, man kennt ihre inneren Gesetzmäßigkeiten. Dazu will dieses Heft beitragen.

Christine Hesse