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Internationaler Tag der Minenaufklärung 2022 | Hintergrund aktuell | bpb.de

Internationaler Tag der Minenaufklärung 2022

Redaktion

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2020 wurden über 7000 Menschen durch Landminen und Streumunition getötet oder verletzt – trotz der völkerrechtlichen Ächtung durch die Ottawa-Konvention vor über 20 Jahren. Die höchsten Opferzahlen 2020 verzeichnet Syrien.

Stacheldraht blockiert den Zugang zu einem mit Minen kontaminierten Gebiet im Westjordanland, 29. März 2018. (© picture alliance / newscom | DEBBIE HILL)

Externer Link: Landminen, Streubomben und andere explosive Kriegswaffenreste fordern jedes Jahr Tausende Tote und Verletzte. Sie stellen auch noch lange nach dem Ende eines Konflikts eine permanente Bedrohung für die Zivilbevölkerung dar. Die Interner Link: Vereinten Nationen machen deshalb seit 2005 mit dem Externer Link: "Internationalen Tag der Aufklärung über die Minengefahren und der Unterstützung bei der Minenräumung" auf die anhaltende Gefahr von Minen und Blindgängern (also nicht detonierte Munition wie Granaten und Bomben) aufmerksam.

Landminen-Monitor 2021: steigende Opferzahlen

Dem Externer Link: Landminen-Monitor 2021 zufolge wurden im Jahr 2020 Externer Link: 7.073 Menschen durch Landminen und andere explosive Kriegsreste verletzt oder getötet. Dies ist gegenüber dem Vorjahr (2019) ein Anstieg der Opferzahlen um mehr als 20 Prozent.

Mindestens 60 Länder weltweit gelten als durch Landminen kontaminiert. Mindestens 54 Staaten davon verzeichneten 2020 Minenopfer. Die Dunkelziffer ist jedoch weitaus höher, da es nicht überall auf der Welt verwertbare Daten gibt. Der Bericht wird seit 1999 von der "Internationalen Kampagne für das Verbot von Landminen" Externer Link: (ICBL) erstellt, einem Netzwerk von über 1.200 nichtstaatlichen Organisationen, das sich für eine minenfreie Welt einsetzt. Laut dem jüngsten Bericht waren 80 Prozent der Opfer 2020 Zivilistinnen und Zivilisten, die Hälfte davon Kinder. Besonders betroffen waren Jungen und Männer - über 85 Prozent aller insgesamt identifizierten Fälle betrafen sie. Die meisten Opfer weltweit zählte Syrien mit über 2.700 getöteten oder verletzten Personen 2020.

Im Vergleich zum Vorjahr (2019) ist die Zahl der Opfer um 1.220 Menschen gestiegen. Die Organisation Externer Link: "Welt ohne Minen" führt dies auf eine seit 2015 zu beobachtende Zunahme bewaffneter Konflikte weltweit und damit verbundener Minenkontamination zurück.

Bis 2014/2015 waren die Zahlen seit der Jahrtausendwende kontinuierlich gesunken: Im Jahr 1999 waren noch fast 10.000 Menschen durch Minen verletzt oder getötet worden, bis 2013 sank ihre Zahl auf weniger als 3.500. Damit sind die Opferzahlen 2020 mehr als doppelt so hoch wie 2013. 2016 waren die Opferzahlen aufgrund von bewaffneten Konflikten in Ländern wie Afghanistan, Mali, Myanmar, Nigeria, Syrien und der Ukraine noch einmal rapide angestiegen (auf über 9.400). Genauso wie im Vorjahr bestand 2020 in mindestens 60 Staaten und Gebieten immer noch eine Gefahr durch Antipersonenminen.

Gesunkene Opferzahlen nach Ottawa-Konvention

Ursache dafür, dass die Zahl der Landminen in den 2000er-Jahren so deutlich sank, war die am 1. März 1999 in Kraft getretene Ottawa-Konvention, ein völkerrechtlicher Vertrag zur weltweiten Ächtung von Antipersonenminen. Die Konvention verbietet den Einsatz, die Lagerung, Herstellung und Weitergabe von Anti-Personenminen. Sie verpflichtet die Vertragsstaaten dazu, ihre Lagerbestände in einem Zeitraum von vier Jahren zu vernichten sowie minenverseuchte Gebiete innerhalb von zehn Jahren zu räumen. Darüber hinaus müssen die Vertragsstaaten jährlich über ihre Fortschritte bei der Vernichtung von Minenbeständen, deren Räumung sowie die bereitgestellten finanziellen Mittel für die Minenopferhilfe berichten.

Über 160 Staaten haben sich zur Einhaltung der Konvention verpflichtet

Die Konvention entstand als Reaktion auf den gescheiterten Versuch, 1996 ein Totalverbot von Antipersonenminen in der Externer Link: UN-Waffenkonvention zu verankern. Ebenfalls zentral war das Engagement von zivilgesellschaftlichen Organisationen in der 1992 ins Leben gerufenen ICBL, die 1997 den Friedensnobelpreis erhalten hat.

Insgesamt haben sich Externer Link: bislang 164 Staaten zur Einhaltung der Konvention verpflichtet und diese ratifiziert, darunter alle EU-Staaten. 32 Staaten haben den Vertrag bislang nicht unterzeichnet, darunter einige Staaten mit den weltweit größten Streitkräften wie China, Russland, Indien und die USA. Laut Bericht zählen derzeit 12 Staaten zu den Produzenten von Antipersonenminen, darunter ebenso die USA, China und Russland.

Das Regelwerk verbietet zwar Antipersonenminen, schließt jedoch nicht alle Minenarten mit ein. Ein Großteil aller Toten und Verletzten ging 2020 selbstgebaute Minen zurück (2.119), die insbesondere in Konflikten mit nicht-staatlichen Akteuren beispielweise von terroristischen oder Rebellengruppen eingesetzt werden. Daher kann die Ottawa-Konvention trotz beachtlicher Erfolge den Mineneinsatz nicht flächendeckend unterbinden.

Viele Opfer in Afghanistan und Syrien

2020 wurden mit die meisten Toten und Verletzten in Syrien (2.729) verzeichnet. In Afghanistan waren es 1.474, in Mali 368, in Jemen 350 sowie in Myanmar 280 Personen. Weder Syrien noch Mali gehören zu den Unterzeichnern der Ottawa-Konvention. Insgesamt wurden 2020 rund die Hälfte aller Antipersonen-Minenopfer in Ländern gezählt, die nicht Teil der Konvention sind. Die meisten Opfer in Europa wurden mit 277 Personen in der Ukraine registriert.

Fortschritte in der Minenräumung

Während Minen sich relativ einfach und günstig produzieren und gut verstecken lassen, ist ihre Räumung sehr gefährlich, kostspielig und zeitintensiv. Insbesondere für ärmere Länder ist die Beseitigung oft zu teuer. Trotz der weltweiten Corona-Pandemie stellten 33 Geldgeber 2020 über 565 Millionen Dollar zur Unterstützung von Antiminenaktionen in 44 Staaten und weiteren Gebieten zur Verfügung. Das Unterstützungsniveau blieb damit in etwa auf dem gleichen Niveau wie 2019. Zu den fünf größten Geldgebern zählten die USA, die EU, Deutschland, Japan und Norwegen.

Laut Bericht wurden 2020 fast 146 km² Land geräumt und mehr als 135.000 Antipersonenminen zerstört. Dies ist zwar ein flächenmäßiger Rückgang gegenüber 2019 (156 km²). Gleichzeitig jedoch wurden 2020 rund 11 Prozent mehr Minen zerstört als im Vorjahr.

Mindestens 60 Staaten weiterhin kontaminiert

Externer Link: Im Vergleich zu den 1990er-Jahren, in denen die Vereinten Nationen von bis zu 110 Millionen verlegten Minen in 70 Ländern ausgingen, hat sich die Situation verbessert. Dem Landminen-Monitor 2021 zufolge sind dennoch noch immer mindestens 60 Staaten mit Antipersonenminen kontaminiert.

Selbst in Europa sind noch immer einige Regionen betroffen, insbesondere die Ost-Ukraine. In der Konfliktregion im Donbass waren zuletzt noch immer tausende Quadratkilometer Boden mit Antipersonenminen belastet. Der russische Angriffskrieg in der Ukraine wird zusätzlich zu einer Kontaminierung weiterer Landesteile führen. Berichten zufolge setzen sowohl das ukrainische als auch das russische Militär Minen als Kampfmittel ein. Dem ukrainischen Innenminister Denys Monastyrsky zufolge werde es nach dem Krieg Jahre dauern, die Minen im Land zu räumen.

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