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Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte | Hintergrund aktuell | bpb.de

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte

Redaktion

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Vor 25 Jahren wurde der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte ein ständiges Organ. Er schützt die Menschenrechte in den Staaten des Europarats. Derzeit bearbeitet das Gericht eine Klimaklage.

Der Sitz des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ist in Straßburg, Frankreich. (© picture-alliance, Geisler-Fotopress | Dwi Anoraganingrum/Geisler-Fotop)

Für 680 Millionen Bürgerinnen und Bürger von 46 Ländern ist er die letzte Instanz in Menschenrechtsfragen: Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR). Bürgerinnen und Bürger aus den Mitgliedsstaaten des Europarats erhalten damit die Garantie, dass sie ihre Menschenrechte einklagen und durchsetzen können. Ursprünglich wurde der EGMR 1959 gegründet. In seiner heutigen Form als ständig tagendes Organ besteht er seit dem 1. November 1998.

Schutz der Menschenrechte

Aufgabe des Gerichtshofs ist der Schutz der Rechte, die in der Interner Link: Europäischen Menschenrechtskonvention verbrieft sind. EMRK ist ein völkerrechtlicher Vertrag, der unter dem Dach des Interner Link: Europarates geschlossen wurde. Die Konvention musste von ihren 46 Mitgliedstaaten ratifiziert werden.

Die EMRK garantiert allen Menschen, die sich in den Europaratsstaaten aufhalten, Interner Link: bestimmte Rechte. In Anlehnung an die Interner Link: Allgemeine Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen (UN) beinhaltet sie einen Katalog grundlegender Freiheitsrechte wie das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit, die Gewissens- und Religionsfreiheit, den Anspruch auf ein faires Gerichtsverfahren sowie das Recht auf freie Meinungsäußerung, das Recht auf Eigentum oder das Wahlrecht. Zudem verbietet sie unter anderem Diskriminierung und Folter.

Mit dem EGMR wurde ein Kontrollmechanismus zur Wahrung dieser Rechte eingeführt. Im Gegensatz zur UN-Erklärung hat die Europäische Menschenrechtskonvention damit einen bindenden und einklagbaren Charakter.

Die Europäische Menschenrechtskonvention gilt in einem Raum, der weit über die Grenzen der EU und über den geografischen Kontinent Europa hinausreicht: Mitglieder sind beispielsweise auch die Türkei, Armenien, Aserbaidschan und Georgien.

Seit dem 16. September 2022, ein knappes halbes Jahr nach dem Ausschluss aus dem Europarat, ist Russland keine Vertragspartei der Europäischen Menschenrechtskonvention mehr. Bis zum Austritt sind gut 17.000 Beschwerden gegen Russland eingegangen. Für diese ist der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte weiterhin zuständig.

Die Arbeitsweise

Vor dem EGMR können nur Staaten angeklagt werden, nicht Privatpersonen. Einzelne Personen können Beschwerde gegen einen Vertragsstaat einreichen, Staaten können andere Staaten verklagen. Drittstaaten, die die Konvention nicht ratifiziert haben, können nicht angeklagt werden. Voraussetzung für eine Klage ist, dass der innerstaatliche Rechtsweg ausgeschöpft ist. In Deutschland muss die Klägerin oder der Kläger zuvor erfolglos das Interner Link: Bundesverfassungsgericht angerufen haben.

Präsidentin des Gerichtshofs ist seit 2022 die irische Richterin Síofra O’Leary. 46 Richterinnen und Richter sind am EGMR hauptberuflich tätig, eine bzw. einer aus jedem Mitgliedsstaat des Europarats. Sie agieren überparteilich und repräsentieren weder die Klägerin und den Kläger noch die Staaten.

Stellt der Gerichtshof einen Verstoß gegen die Menschenrechtskonvention fest, kann er der Klägerin oder dem Kläger eine Entschädigung zubilligen. Die Urteile sind rechtlich bindend, das Ministerkomitee des Europarats überprüft die Umsetzung des Urteils in den betroffenen Mitgliedsstaaten. Die Urteile führen teils zu Änderungen in nationaler Gesetzgebung.

Zahl der Urteile steigt

Seit Jahren registriert der EGMR mit über 40.000 Beschwerden jährlich eine hohe Anzahl an Klagen. 2022 lag die Zahl der Urteile bei fast 1.200. Allerdings führen nicht alle Beschwerden zu einem Verfahren oder zu einem Urteil des Gerichtshofs. Die große Mehrheit der Beschwerden wird als unzulässig verworfen.

Knapp drei Viertel der laufenden Beschwerden (Stand Ende 2022) bezieht sich auf fünf Länder: die Türkei, Russland, die Ukraine, Rumänien und Italien. Die Mehrzahl aller eingereichten Beschwerden 2022 betrifft Verletzungen von Freiheit und Sicherheit (Art. 5 EMRK) und Verbot von Folter (Art. 3, EMRK). 2022 wurden insgesamt vier deutsche Fälle verhandelt. In einem stellte der EGMR eine Verletzung der Menschenrechtskonvention fest.

BeispieleDrei bekannte Fälle des EGMR aus dem Jahr 2023

Beschwerden gegen Russland Russland wurde im April 2023 nach dem Austritt aus dem EGMR zu Entschädigungszahlungen von 130 Millionen Euro an Georgien verurteilt. Russland habe nach dem Interner Link: Kaukasuskrieg 2008 Folterungen und Plünderungen zugelassen und somit gegen die Menschenrechtskonvention verstoßen.

Diskriminierung im Sport In dem Fall ging es um die südafrikanische Läuferin Caster Semenya gegen die Schweiz. Die zweifache Olympiasiegerin gewann ihre Berufung vor dem EGMR. Sie sei wegen ihres erhöhten Testosteronspiegels diskriminiert worden, so das Urteil. Zuvor hatte die Sportlerin erfolglos vor dem Internationalen Sportgerichtshof (CAS) sowie dem Schweizer Bundesgericht geklagt.

Größte Klimaklage der EGMR-Geschichte Im September reichten sechs Kinder und Jugendliche aus Portugal die bisher größte Klimaklage der Geschichte vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ein. Sie sehen ihre Menschenrechte – z. B. das Recht auf Leben – durch die aktuelle Klimapolitik der EU-Staaten, Großbritannien, der Schweiz, Norwegen, Russland und der Türkei verletzt. 22 Richterinnen und Richter bearbeiten derzeit die Anklage. Ein Urteil wird im kommenden Jahr erwartet.

EU als künftiges Mitglied?

Bislang gehören der Europäischen Menschenrechtskonvention nur Staaten an. Mit dem Interner Link: Vertrag von Lissabon, der 2009 in Kraft trat, schuf die Europäische Union die Grundlage, dass sie als Institution Mitglied werden kann. Dann könnten Bürgerinnen und Bürger auch klagen, wenn sie ihre Rechte durch EU-Recht verletzt sehen. Die Verhandlungen zum Beitritt der EU dauern an.

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