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Parlamentswahl in Norwegen 2025 | Hintergrund aktuell | bpb.de

Parlamentswahl in Norwegen 2025

Redaktion

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Am 8. September hat Norwegen ein neues Parlament gewählt. Stärkste Kraft wurden die Sozialdemokraten. Große Zugewinne konnte eine rechtspopulistische Partei verzeichnen.

Blick in den Plenarsaal des norwegischen Parlaments. (© picture-alliance, NTB | Fredrik Varfjell)

Die Norwegerinnen und Norweger haben am 8. September ein neues Parlament („Storting“) gewählt. Stärkste Kraft wurde Externer Link: nach Auszählung fast aller Stimmen erneut die sozialdemokratische Arbeiderpartiet (Ap). Die Partei konnte mit 28 Prozent der Stimmen ihr Ergebnis leicht steigern (2021: 26,3 Prozent). Zweitstärkste Partei wurde die Fremskrittspartiet (Fortschrittspartei, Frp) mit 23,8 Prozent. Die Rechtspopulisten verdoppelten damit ihr Ergebnis: bei der Wahl 2021 hatte die Partei noch 11,6 Prozent der Stimmen erhalten. Drittstärkste Kraft wurde die konservative Høyre mit 14,7 Prozent, die deutliche Verluste hinnehmen musste (2021: 20,4 Prozent).

Für eine alleinige Regierungsmehrheit reicht das Ergebnis der Sozialdemokraten nicht. Gemeinsam mit mehreren Parteien im linken Lager könnte die Arbeiterpartei jedoch weiter regieren.

Das skandinavische Land ist eine Interner Link: konstitutionelle Monarchie. Der König, derzeit Harald der V., ist das Staatsoberhaupt des Landes, hat aber im Wesentlichen nur eine repräsentative Funktion. Die Gesetzgebung, die Kontrolle der Regierung und die Verabschiedung des Haushaltsbudgets fallen in die Zuständigkeit des Storting. Es wird alle vier Jahre in geheimer und direkter Wahl gewählt.

Sozialdemokratische Minderheitsregierung

Vor der Wahl wurde das Land bereits von einer sozialdemokratischen Minderheitsregierung unter Ministerpräsident Jonas Gahr Støre von der Arbeiterpartei (Arbeiderpartiet) geführt. Sie ließ sich von kleineren Parteien unterstützen.

Bei der Wahl 2021 war die Arbeiterpartei (Ap) mit 26,3 Prozent der Stimmen ebenfalls stärkste Kraft gewordden. Die Arbeiterpartei schloss nach der Wahl eine Koalition mit der drittstärksten Partei, der bäuerlichen Zentrumspartei (Senterpartiet). Dieses Mitte-Links-Bündnis unter der Führung von Støre war bereits eine Minderheitsregierung, die auf die Unterstützung anderer Parteien angewiesen war. Ende Januar zerbrach diese Koalition im Streit über die Umsetzung des EU-Energiemarktpakets.

Norwegen ist zwar nicht in der EU, gehört aber zum Interner Link: Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) und muss deshalb viele EU-Regeln übernehmen. Die sozialdemokratische Arbeiterpartei wollte zumindest Teile des 2019 von der EU verabschiedeten Pakets „Saubere Energie für alle Europäer“ einführen, das unter anderem mehr erneuerbare Energien fördern soll. Das EU-skeptische Zentrum lehnte jedoch eine engere Anbindung an den EU-Energiemarkt aus Sorge vor weniger nationaler Kontrolle und steigenden Strompreisen kategorisch ab. Seit dem Austritt der Zentrumspartei aus der Koalition regiert die Arbeiterpartei alleine weiter. Vorzeitige Neuwahlen sind in der norwegischen Verfassung nicht vorgesehen.

Das norwegische Wahlsystem

Wahlberechtigt sind alle norwegischen Staatsbürgerinnen und -bürger, die innerhalb dieses Jahres das 18. Lebensjahr erreichen und in Norwegen registriert sind oder waren und im Wählerverzeichnis aufgeführt sind. In Norwegen wird traditionell montags gewählt. In allen Kommunen konnte bereits während eines vorgezogenen Wahlzeitraums (11.08. – 05.09.2025) und in einigen auch am Sonntag (07.09.2025) vor dem eigentlichen Wahltag abgestimmt werden. Norwegerinnen und Norweger im Ausland können per Briefwahl wählen.

Das norwegische Wahlsystem beruht auf dem Interner Link: Verhältniswahlrecht. Das Parlament wird alle vier Jahre gewählt und kann nicht vorzeitig aufgelöst werden. Das norwegische Parlament besteht aus 169 Abgeordneten, die in geheimer Wahl gewählt werden. Sie repräsentieren die Bevölkerung der 19 Wahlbezirke. Oslo und Akershus sind mit jeweils 20 Sitzen die größten Wahlkreise. In den Wahlkreisen stimmen die Wählerinnen und Wähler für Listen, die die Parteien im Vorhinein festgelegt haben. So werden 150 der 169 Abgeordneten gewählt.

Die restlichen 19 Sitze sind Ausgleichsmandate – je einer pro Wahlkreis. Diese Sitze gleichen Unterschiede aus, die entstehen, wenn eine Partei zwar viele Stimmen im ganzen Land bekommt, aber in den einzelnen Wahlkreisen zu wenige für eigene Wahlkreismandate. So soll landesweit eine proportionale Verteilung der Mandate gewährleistet werden. Für die Zuteilung dieser Ausgleichsmandate gilt eine Sperrklausel: Eine Partei muss landesweit mindestens vier Prozent der Stimmen erhalten, um von Ausgleichsmandaten profitieren zu können.

Parteien

Die Arbeiderpartiet (Ap) trat erneut mit dem Ministerpräsidenten und Parteichef Jonas Gahr Støre an. Die Sozialdemokraten vertreten wirtschafts- und gesellschaftspolitisch eher linke Positionen. Ende vergangenen Jahres rangierte die Partei in Umfragen noch bei unter 20 Prozent. Doch nach dem Bruch mit dem Zentrum bildete Regierungschef Støre das Kabinett um und konnte in den Umfragen wieder hinzugewinnen. Zum Finanzminister machte er den im Land äußerst populären früheren Ministerpräsidenten und ehemaligen NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg. Die Arbeiterpartei steht für eine enge Zusammenarbeit mit der EU, möchte jedoch in der nun kommenden Legislaturperiode keine erneute Debatte über einen möglichen EU-Beitritt. Programmatisch ist die Ap in etwa mit der deutschen SPD oder der österreichischen SPÖ vergleichbar. Sie sieht sich als Garant für soziale Gerechtigkeit. Zweitstärkste Partei wurde 2021 die Partei Høyre mit 20,4 Prozent. Die konservative und in Teilen wirtschaftsliberale Høyre ist neben der Ap eine der ältesten norwegischen Parteien und stellte in der Vergangenheit mehrfach den Ministerpräsidenten. Sie steht für weniger staatliche Eingriffe und bekennt sich ebenso wie die Ap zur NATO-Mitgliedschaft. Zudem fordert sie den EU-Beitritt. Spitzenkandidatin ist Erna Solberg.

Drittstärkste Kraft wurde 2021 die rechtspopulistische Fremskrittspartiet (Fortschrittspartei, Frp). Die EU-kritische Fortschrittspartei versuchte mit der Forderung nach weniger Zuwanderung und einer strengeren Asylpolitik sowie deutlichen Steuersenkungen unabhängig von der Einkommensklassebei den Wählerinnen und Wählern zu punkten. Sie forderte, die Staatsausgaben abzusenken und eine Liberalisierung der Wirtschaft. Die Frp wurde von Parteichefin Sylvi Listhaug in den diesjährigen Wahlkampf geführt.

Der Senterpartiet (Zentrumspartei, Sp) sieht sich als Stimme der ländlichen Bevölkerung und positioniert sich gegen eine zentralistische Politik. Sie lehnt einen EU-Beitritt kategorisch ab und steht für eine protektionistische Wirtschaftspolitik. Bei der Wahl kam die Partei auf 5,6 Prozent der Stimmen und bekam damit deutlich weniger Zuspruch als zuvor (2021: 13,5 Prozent).

Die Sosialistisk Venstreparti (Sozialistische Linkspartei, SV) blieb mit ebenfalls 5,6 Prozent leicht unter ihrem vorigen Ergebnis (2021: 7,6 Prozent). Sie ist ebenso wie die Rote Partei (Rødt), die mit 5,3 Prozent ihren Anteil leicht verbessern konnte (2021: 4,7 Prozent), dem politisch linken Spektrum zuzuordnen. Beide Parteien stehen für einen starken Sozialstaat und eine möglichst progressive Besteuerung.

Die zentral auf Klimaschutz setzenden Grünen (Miljøpartiet De Grønne, MDG), die vor vier Jahren auf 3,9 Prozent der Stimmen kamen, konnten ihr Ergebnis auf 4,8 Prozent steigern. Die konservativen Christdemokraten (Kristelig Folkeparti) kamen auf 4,2 Prozent, die liberale Partei Venstre (V) erreichte 3,7 Prozent der Stimmen.

Wahl des norwegischen Sametings

Am selben Tag wie die Wahl des Stortings fand auch die Wahl des norwegischen Sametings statt. Hierbei handelt es sich um die institutionelle Vertretung der samischen Bevölkerung des Landes, welche vor allem im Norden Norwegens beheimatet ist. Die Sami sind eine national anerkannte Minderheit in Norwegen. Im Sameting sitzen 39 Repräsentantinnen und Repräsentanten, die sich für die Interessen und Rechte der Sami einsetzen.

Themen im Wahlkampf

Eine maßgebliche Rolle im Wahlkampf spielte die Außen- und Sicherheitspolitik, insbesondere vor dem Hintergrund der Gefahr eines russischen Angriffs auf Interner Link: NATO-Territorium. Norwegen hat eine fast 200 Kilometer lange Grenze zu Russland. Vor allem im Norden des Landes hat der Ukrainekrieg für Verunsicherung gesorgt. Alle im Parlament vertretenen Parteien bekennen sich klar zur Unterstützung der Ukraine, auch für eine Anhebung des Verteidigungshaushalts auf fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts gibt es viel Unterstützung.

Daneben beschäftigte der Zollstreit mit den USA die Öffentlichkeit in den vergangenen Monaten. Außerdem entbrannte kürzlich eine Debatte über Investitionen des Staatsfonds in israelische Unternehmen. Die sozialistische Partei Rødt forderte in diesem Zusammenhang einen vollständigen Rückzug aus solchen Beteiligungen. Die regierende Arbeiterpartei lehnte einen pauschalen Rückzug aus allen israelischen Unternehmen ab.

Wichtige Wahlkampfthemen waren zudem die Wirtschafts- sowie die Sozialpolitik insbesondere Themen rund um das Gesundheitssystem, Schule oder Steuern. Die linken Parteien wollten hohe Einkommen und Vermögen stärker besteuern und niedrige sowie mittlere Einkommen entlasten, um soziale Ungleichheit zu verringern. Die konservativen Parteien forderten hingegen deutliche Steuersenkungen und die Abschaffung der Vermögenssteuer, um Arbeit und Investitionen zu fördern.

Heftig gestritten wurde darüber hinaus über die Energiepolitik. Parteien wie die Zentrumspartei forderten eine stärkere Abkoppelung vom europäischen Markt und warben damit, dass dies die Strompreise senken würde.

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