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Parlamentswahl in Norwegen 2025 | Hintergrund aktuell | bpb.de

Parlamentswahl in Norwegen 2025

Redaktion

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Am 8. September wählt Norwegen ein neues Parlament. Zuletzt lagen in Umfragen die Sozialdemokraten vorne. Mit großen Zugewinnen kann eine rechtspopulistische Partei rechnen.

Blick in den Plenarsaal des norwegischen Parlaments. (© picture-alliance, NTB | Fredrik Varfjell)

Die Norwegerinnen und Norweger wählen am 8. September ein neues Parlament („Storting“). Das skandinavische Land ist eine Interner Link: konstitutionelle Monarchie. Der König, derzeit Harald der V., ist das Staatsoberhaupt des Landes, hat aber im Wesentlichen nur eine repräsentative Funktion. Die Gesetzgebung, die Kontrolle der Regierung und die Verabschiedung des Haushaltsbudgets fallen in die Zuständigkeit des Storting. Es wird alle vier Jahre in geheimer und direkter Wahl gewählt.

Sozialdemokratische Minderheitsregierung

Aktuell wird das Land von einer sozialdemokratischen Minderheitsregierung unter Ministerpräsident Jonas Gahr Støre von der Arbeiterpartei (Arbeiderpartiet) geführt. Sie lässt sich von kleineren Parteien unterstützen.

Bei der letzten Wahl 2021 wurde die Arbeiterpartei (Ap) mit 26,4 Prozent der Stimmen die stärkste Kraft. Die Arbeiterpartei schloss nach der Wahl eine Koalition mit der drittstärksten Partei, der bäuerlichen Zentrumspartei (Senterpartiet). Dieses Mitte-Links-Bündnis unter der Führung von Støre war bereits eine Minderheitsregierung, die auf die Unterstützung anderer Parteien angewiesen war. Ende Januar zerbrach diese Koalition im Streit über die Umsetzung des EU-Energiemarktpakets.

Norwegen ist zwar nicht in der EU, gehört aber zum Interner Link: Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) und muss deshalb viele EU-Regeln übernehmen. Die sozialdemokratische Arbeiterpartei wollte zumindest Teile des 2019 von der EU verabschiedeten Pakets „Saubere Energie für alle Europäer“ einführen, das unter anderem mehr erneuerbare Energien fördern soll. Das EU-skeptische Zentrum lehnte jedoch eine engere Anbindung an den EU-Energiemarkt aus Sorge vor weniger nationaler Kontrolle und steigenden Strompreisen kategorisch ab. Seit dem Austritt der Zentrumspartei aus der Koalition regiert die Arbeiterpartei alleine weiter. Vorzeitige Neuwahlen sind in der norwegischen Verfassung nicht vorgesehen.

Das norwegische Wahlsystem

Wahlberechtigt sind alle norwegischen Staatsbürgerinnen und -bürger, die innerhalb dieses Jahres das 18. Lebensjahr erreichen und in Norwegen registriert sind oder waren und im Wählerverzeichnis aufgeführt sind. In Norwegen wird traditionell montags gewählt. In allen Kommunen kann bereits während eines vorgezogenen Wahlzeitraums (11.08. – 05.09.2025) und in einigen auch am Sonntag (07.09.2025) vor dem eigentlichen Wahltag abgestimmt werden. Norwegerinnen und Norweger im Ausland können per Briefwahl wählen.

Das norwegische Wahlsystem beruht auf dem Interner Link: Verhältniswahlrecht. Das Parlament wird alle vier Jahre gewählt und kann nicht vorzeitig aufgelöst werden. Das norwegische Parlament besteht aus 169 Abgeordneten, die in geheimer Wahl gewählt werden. Sie repräsentieren die Bevölkerung der 19 Wahlbezirke. Oslo und Akershus sind mit jeweils 20 Sitzen die größten Wahlkreise. In den Wahlkreisen stimmen die Wählerinnen und Wähler für Listen, die die Parteien im Vorhinein festgelegt haben. So werden 150 der 169 Abgeordneten gewählt.

Die restlichen 19 Sitze sind Ausgleichsmandate – je einer pro Wahlkreis. Diese Sitze gleichen Unterschiede aus, die entstehen, wenn eine Partei zwar viele Stimmen im ganzen Land bekommt, aber in den einzelnen Wahlkreisen zu wenige für eigene Wahlkreismandate. So soll landesweit eine proportionale Verteilung der Mandate gewährleistet werden. Für die Zuteilung dieser Ausgleichsmandate gilt eine Sperrklausel: Eine Partei muss landesweit mindestens vier Prozent der Stimmen erhalten, um von Ausgleichsmandaten profitieren zu können.

Parteien und Prognosen

Laut Umfragen könnte die Arbeiderpartiet (Ap) wieder stärkste Kraft werden. Sie tritt erneut mit Ministerpräsident und Parteichef Jonas Gahr Støre an. Die Sozialdemokraten, die wirtschafts- und gesellschaftspolitisch eher linke Positionen vertreten, standen in den Erhebungen zuletzt bei 27 Prozent. Dies wäre ein leichtes Plus im Vergleich zu den Wahlen 2021 (26,4 Prozent). Ende vergangenen Jahres rangierte die Partei in Umfragen noch bei unter 20 Prozent. Doch nach dem Bruch mit dem Zentrum bildete Regierungschef Støre das Kabinett um. Zum Finanzminister machte er den im Land äußerst populären früheren Ministerpräsidenten und ehemaligen NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg. Die Arbeiterpartei steht für eine enge Zusammenarbeit mit der EU, möchte jedoch in der kommenden Legislaturperiode keine erneute Debatte über einen möglichen EU-Beitritt. Programmatisch ist die Ap in etwa mit der deutschen SPD oder der österreichischen SPÖ vergleichbar. Sie sieht sich als Garant für soziale Gerechtigkeit. Zweitstärkste Partei wurde 2021 die Partei Høyre mit 20,5 Prozent. Die konservative und in Teilen wirtschaftsliberale Høyre ist neben der Ap eine der ältesten norwegischen Parteien und stellte in der Vergangenheit mehrfach den Ministerpräsidenten. Sie steht für weniger staatliche Eingriffe und bekennt sich ebenso wie die Ap zur NATO-Mitgliedschaft. Zudem fordert sie den EU-Beitritt. Die Partei muss mit Verlusten rechnen und kam in Umfragen zuletzt nur auf gut 15 Prozent. Spitzenkandidatin ist Erna Solberg. Darauf hoffen, künftig die zweitstärkste Kraft im Parlament zu werden, kann Meinungsforschern zufolge die rechtspopulistische Fremskrittspartiet (Fortschrittspartei, Frp). 2021 kam sie auf 11,7 Prozent der Stimmen.

Die EU-kritische Fortschrittspartei versucht mit der Forderung nach weniger Zuwanderung und einer strengeren Asylpolitik sowie deutlichen Steuersenkungen unabhängig von der Einkommensklassebei den Wählerinnen und Wählern zu punkten. Sie fordert, die Staatsausgaben abzusenken und eine Liberalisierung der Wirtschaft. Die Frp wird von Parteichefin Sylvi Listhaug in den Wahlkampf geführt. Laut Umfragen kann sie mit etwa 21 Prozent beinahe auf eine Verdoppelung ihres Stimmanteils hoffen.

Der Senterpartiet (Zentrumspartei, Sp) sieht sich als Stimme der ländlichen Bevölkerung und positioniert sich gegen eine zentralistische Politik. Sie lehnt einen EU-Beitritt kategorisch ab und steht für eine protektionistische Wirtschaftspolitik. Bei der letzten Wahl 2021 kam die Sp auf 13,6 Prozent der Stimmen. Umfragen zufolge könnte sie mit etwa 6 Prozent ihren Stimmanteil in etwa halbieren.

Die Sosialistisk Venstreparti (Sozialistische Linkspartei, SV) würde laut Umfragen mit gut 6 Prozent leicht unter ihrem Ergebnis von 2021 mit 7,5 Prozent bleiben. Sie ist ebenso wie die Rote Partei (Rødt), die in Umfragen gleichauf liegt, dem politisch linken Spektrum zuzuordnen. Beide Parteien stehen für einen starken Sozialstaat und eine möglichst progressive Besteuerung.

Die zentral auf Klimaschutz setzenden Grünen (Miljøpartiet De Grønne, MDG), die vor vier Jahren auf 3,8 Prozent der Stimmen kamen, stehen aktuell in Umfragen bei 5 bis 6 Prozent. Die konservativen Christdemokraten (Kristelig Folkeparti) liegen bei 4 bis 5 Prozent, ebenso die liberale Partei Venstre (V).

Wahl des norwegischen Sametings

Am selben Tag wie die Wahl des Stortings findet auch die Wahl des norwegischen Sametings statt. Hierbei handelt es sich um die institutionelle Vertretung der samischen Bevölkerung des Landes, welche vor allem im Norden Norwegens beheimatet ist. Die Sami sind eine national anerkannte Minderheit in Norwegen. Im Sameting sitzen 39 Repräsentantinnen und Repräsentanten, die sich für die Interessen und Rechte der Sami einsetzen.

Themen im Wahlkampf

Eine maßgebliche Rolle im Wahlkampf spielte die Außen- und Sicherheitspolitik, insbesondere vor dem Hintergrund der Gefahr eines russischen Angriffs auf Interner Link: NATO-Territorium. Norwegen hat eine fast 200 Kilometer lange Grenze zu Russland. Vor allem im Norden des Landes hat der Ukrainekrieg für Verunsicherung gesorgt. Alle im Parlament vertretenen Parteien bekennen sich klar zur Unterstützung der Ukraine, auch für eine Anhebung des Verteidigungshaushalts auf fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts gibt es viel Unterstützung.

Daneben beschäftigte der Zollstreit mit den USA die Öffentlichkeit in den vergangenen Monaten. Außerdem entbrannte kürzlich eine Debatte über Investitionen des Staatsfonds in israelische Unternehmen. Die sozialistische Partei Rødt fordert in diesem Zusammenhang einen vollständigen Rückzug aus solchen Beteiligungen. Die regierende Arbeiterpartei lehnt einen pauschalen Rückzug aus allen israelischen Unternehmen ab.

Wichtige Wahlkampfthemen waren zudem die Wirtschafts- sowie die Sozialpolitik insbesondere Themen rund um das Gesundheitssystem, Schule oder Steuern. Die linken Parteien wollen hohe Einkommen und Vermögen stärker besteuern und niedrige sowie mittlere Einkommen entlasten, um soziale Ungleichheit zu verringern. Die konservativen Parteien fordern hingegen deutliche Steuersenkungen und die Abschaffung der Vermögenssteuer, um Arbeit und Investitionen zu fördern. Heftig gestritten wurde darüber hinaus über die Energiepolitik. Parteien wie die Zentrumspartei fordern eine stärkere Abkoppelung vom europäischen Markt und werben damit, dass dies die Strompreise senken würde.

Wer könnte nach der Wahl regieren?

Umfragen zufolge kann ein Mitte-Links-Bündnis unter Führung des Sozialdemokraten Jonas Gahr Støre auf eine knappe Mehrheit im Parlament hoffen. Allerdings sind Prognosen schwierig – nicht nur wegen der generellen Unsicherheit, mit der Umfragen behaftet sind. Auch der Umstand, dass mehrere relevante Parteien womöglich unter die 4-Prozent-Marke fallen könnten, macht Vorhersagen schwierig.

Erna Solberg würde gerne mit einem Mitte-Rechts-Bündnis regieren. Doch auch Sylvi Listhaug, Spitzenkandidatin der rechtspopulistischen Fortschrittspartei, werden Chancen zugetraut, ein solches Bündnis zu führen. Möglicherweise wird auch künftig eine Minderheitsregierung das Land führen – dies ist in skandinavischen Ländern nicht ungewöhnlich. Am Bekenntnis Norwegens zur NATO und zur Westbindung halten alle drei Parteien fest, die laut Umfragen Chancen haben, die nächste Regierung anzuführen.

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