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Medienkompetenz 2014: Thesen zur Weiterentwicklung von Theorie und Praxis | Medienpädagogik | bpb.de

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Medienkompetenz 2014: Thesen zur Weiterentwicklung von Theorie und Praxis Hier finden Sie den Abstract des Vortrages von Prof. Dr. Bernd Schorb

/ 3 Minuten zu lesen

Prof. Dr. Bernd Schorb (© JFF)

1. Medienkompetenz ist die Ausformulierung der kommunikativen Kompetenz unter den Bedingungen der heutigen mediatisierten Gesellschaft. Kommunikative Kompetenz bezeichnet die Fähigkeit des Subjektes sich am gesellschaftlichen Diskurs gleichberechtigt zu beteiligen, die Gesellschaft mitzukonstituieren. Medienkompetenz ist die Fähigkeit, sich innerhalb dieses Diskurses Medien anzueignen und in Dienst zu nehmen. Dies geschieht auf der Basis eines zusammenschauenden Wissens und einer ethisch fundierten Bewertung der medialen technischen und strukturellen Erscheinungsformen wie Inhalte und zielt auf reflektiertes Handeln mit Medien. Medienkompetent ist ein Mensch, der mit den Medien kritisch, genussvoll und reflexiv-praktisch umzugehen weiß. Er kann sie nach eigenen inhaltlichen und ästhetischen Vorstellungen in Dienst nehmen, in sozialer Verantwortung sowie in kreativem und kollektivem Handeln beurteilen und somit an der Gesellschaft gleichberechtigt und mitgestaltend partizipieren.

2. In einer Welt, die sich durch Medien vermittelt und darüber hinaus das Leben mittels Medien gestaltet ist Medienkompetenz eine auf das gesamte Leben gerichtete Fähigkeit, die sich in der Aneignung von und im Umgang mit Medien realisiert. Medienkompetenz beinhaltet Wissen und Reflexion über die Strukturen und Funktionen der jeweils verfügbaren Medienwelt, verbunden mit der konkreten Handhabung und dem selbstbestimmten und eigentätigen Gebrauch von Medien als Mittel der Artikulation und Partizipation und mit der auf Wissen, kritischer Reflexion und Handlungserfahrungen fußenden Positionierung gegenüber der Medienwelt.

3. Medienkompetenz heute ist eingebettet und ausgerichtet an der sozialen und gesellschaftlichen Entwicklung, die zugleich eine ständige Weiterentwicklung der Medien in ihren materiellen wie inhaltlichen Bereichen ist. Medienkompetenz ist somit als dynamischer Prozess zu betrachten. Dieser Prozess schafft jeweils veränderte Aneignungsbedingungen und Handlungsvorgaben bzw. -zwänge. Für die Menschen bedeutet dies, dass sie ihre Kompetenz jeweils weiterentwickeln müssen, da sie ansonsten gezwungen sind, sich den von außen gesetzten technischen und ökonomischen Zwängen anzupassen. Das bedeutet zugleich, dass diese Kompetenz sich der Messbarkeit entzieht, denn messen lassen sich nur ‚harte‘ Fakten. Die gemessenen Wissensbestände sind Festschreibungen, von den Messenden gesetzte Normen, die einer Dynamik entgegenstehen. Medienkompetenz als soziale Handlungskompetenz ist vielmehr auf die aktive Gestaltung der demokratischen Gesellschaft unter Einbezug der Medien gerichtet.

4. Als dynamischer Prozess hat Medienkompetenz heute eine generationenübergreifende Komponente. Der Aneignungsprozess ist für unterschiedliche Gruppen der Bevölkerung und die aufeinanderfolgenden Generationen unterschiedlich. Eine Generation z.B., die die Privatsphäre, das meint die eigenständige Persönlichkeit, als Wert und schützenswert erfahren hat, orientiert sich an anderen Prinzipien, als eine Generation, die die Bereitstellung der Privatsphäre zu Verwertungszwecken als Normalfall erlebt, der mit Zugang zu Konsumgütern und Ressourcen des Alltags verbunden ist. Im Diskurs zwischen den Generationen muss hier den Heranwachsenden die Möglichkeit geschaffen werden, eigene Orientierungen zu entwickeln, die es ihnen zugleich erlauben, sich die Medien nach ihren Bedürfnissen anzueignen und dennoch ihre Souveränität als Gestaltende von Gesellschaft und Medien zu behaupten.

5. Die Veränderungen in der Sozialisation, der Bedeutungsverlust der wertevermittelnden Instanzen wie Kirche, Schule (primär Leistungsvermittler), Politik (im besten Falle Interessenvermittler) und bedingt auch das Elternhaus (mangelnde Erziehungskompetenz) haben eine Lücke geschaffen in die sich medial produzierte Ideologien einklinken. Da es zusätzlich an einer gesellschaftlichen Kontrolle der Medien und ihrer Inhalte mangelt, werden die Medien selbst zunehmend zur Orientierungsinstanz mit der Gefahr, dass Medienaneignung sich in der Akzeptanz des Vorgegebenen erschöpft. Verbunden mit der sozialen Norm nach der jeder durch Eigenleistung sich seine gesellschaftliche Position zu schaffen hat, verschärft dies die Trennung der Gesellschaft in solche, die in der Lage sind eine eigenständige Position zu behaupten und sich in kritischer Weise medienkompetent zu und solche, denen die hierfür nötigen Voraussetzungen fehlen, verstärkt also tendenziell die gesellschaftliche Ungleichheit.

Fussnoten