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Landtagswahl in Bayern

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Bayern hat gewählt. Die CSU verliert ihre absolute Mehrheit und muss künftig in einer Koalition regieren. Auch die SPD muss deutliche Verluste hinnehmen. Die Grünen und die Freien Wähler können sich dagegen verbessern. AfD und FDP ziehen ebenfalls in den Landtag ein.

Wahlplakate im Berchtesgadener Land zur Landtagswahl in Bayern 2018. (© picture-alliance/dpa)

Bei der Landtagswahl in Bayern am 14. Oktober 2018 hat die CSU ihre absolute Mehrheit verloren. Sie erhielt 37,2 Prozent der Wählerstimmen (2013: 47,7 Prozent). Damit erzielte sie ihr schlechtestes Ergebnis bei Landtagswahlen seit 1950. Zweitstärkste Kraft wurden mit 17,5 Prozent die Grünen (2013: 8,6). Drittstärkste politische Kraft wurden die Freien Wähler mit 11,6 Prozent (2013: 9,0). Die AfD zieht mit 10,2 Prozent erstmals in Bayerns Landtag ein. Die SPD kam auf 9,7 Prozent (2013: 20,6), ihr bundesweit bislang schlechtestes Ergebnis bei einer Landtagswahl. Die FDP schaffte mit 5,1 Prozent knapp den Wiedereinzug ins Parlament (2013: 3,3). Die Linke scheiterte trotz leichter Zugewinne mit 3,2 Prozent (2013: 2,1) erneut an der Fünfprozenthürde.

Die Wahlbeteiligung lag bei 72,4 Prozent (2013: 63,6). Der bayerische Landtag hat aufgrund von Überhangmandaten künftig 205 Sitze. Von den 91 Direktmandaten holte sich die CSU 85. Die übrigen sechs Direktmandate gingen an die Grünen, fünf in München und eins in Würzburg.

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Die CSU stellt mit 85 Abgeordneten weiterhin die größte Fraktion. Die Freien Wähler kommen auf 27 Sitze, die Grünen auf 38, SPD und AfD jeweils 22 und die FDP auf elf Sitze. Rechnerisch möglich wären Koalitionen der CSU mit den Freien Wählern, den Grünen, der SPD oder der AfD. Ein Koalition mit der AfD wurde von der CSU ausgeschlossen.

Wie funktioniert die Wahl?

Bei der Landtagswahl in Bayern hat jede Wählerin / jeder Wähler eine Erst- und eine Zweitstimme.

Bayern ist in 91 sogenannte "Stimmkreise" unterteilt. Mit der Erststimme wird ein Direktkandidat oder eine Direktkandidatin im eigenen Stimmkreis gewählt. Wer im Stimmkreis die meisten Stimmen erhalten hat, kann in das Parlament einziehen – vorausgesetzt, die eigene Partei überspringt landesweit die Fünf-Prozent-Hürde.

Die übrigen 89 Sitze werden auf die offenen Listen der Parteien in sieben Wahlkreisen verteilt – diese entsprechen den sieben bayerischen Bezirken. Die Verteilung der Sitze wird nach der Bevölkerungsgröße der jeweiligen Bezirke berechnet. Dementsprechend hat Oberbayern die meisten Sitze.

Mit der Zweitstimme kann ein Kandidat oder eine Kandidatin auf einer dieser Parteilisten gewählt werden – die Stimme gilt also der einzelnen Person und der Partei gleichzeitig. Durch diese Persönlichkeitswahl kann eine Person auch außerhalb des eigenen Stimmkreises unterstützt werden. Es ist jedoch auch möglich, eine gesamte Parteiliste mit der Zweitstimme zu wählen.

In den Wahlkreisen werden die gesamten Erst- und Zweitstimmen zusammengezählt und in Mandate für die einzelnen Parteien umgerechnet. Von dieser Zahl wird die Summe der in den Stimmkreisen direkt gewonnenen Sitze abgezogen. Die verbleibenden Mandate werden an die Kandidatinnen und Kandidaten auf den Wahlkreislisten entsprechend ihrer Stimmenzahl verteilt. Dabei werden die Stimmen zusammengezählt, die im Stimmkreis und auf der Wahlkreisliste errungen wurden. Es können nur solche Parteien in das Parlament einziehen, die landesweit über fünf Prozent der Stimmen erhalten haben.

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Die Themen im Wahlkampf

Am 14. Oktober traten 18 Parteien mit Wahlkreisvorschlägen an. Die bestimmenden Themen des bayerischen Wahlkampfs waren insbesondere die Flüchtlings-, Umwelt-, Sicherheits-, Wohnungs- und Bildungspolitik. Die meisten Parteien forderten kostenlose Kinderbetreuung. Mehrere Parteien wie SPD und Grüne warfen der CSU ein Versagen in der Wohnungspolitik vor, was diese zurückwies. Die Revision des bayerischen Interner Link: Polizeiaufgabengesetzes hatten ebenfalls mehrere Parteien – darunter FDP, Grünen, SPD und Linke – auf ihre politische Agenda gesetzt.

Umfragen zufolge hatten bis zu sieben Parteien eine realistische Chance, in den bayerischen Landtag einzuziehen.

Wahlumfragen und Prognosen

Der Nutzen und die Effekte von Umfragen im Vorfeld von Wahlen sind umstritten. In Deutschland werden Wahlumfragen in der Regel von privaten Meinungs- und Marktforschungsinstituten im Auftrag von Medien durchgeführt.

Die Umfrageinstitute wiesen jedoch ausdrücklich darauf hin, dass ihre Erhebungen nicht den Wahlausgang vorhersagen könnten. So schreibt Externer Link: infratest dimap zu den Werten der sogenannten Sonntagsfrage: "Die Sonntagsfrage misst aktuelle Wahlneigungen und nicht tatsächliches Wahlverhalten. Sie ermittelt einen Zwischenstand im Meinungsbildungsprozess der Wahlbevölkerung, der erst am Wahlsonntag abgeschlossen ist. Rückschlüsse auf den Wahlausgang sind damit nur bedingt möglich. Viele Wähler legen sich kurzfristig vor einer Wahl fest. Eine große Bedeutung hat zudem die letzte Phase des Wahlkampfs mit der gezielten Ansprache von unentschlossenen und taktischen Wählern." Die Umfragewerte unterliegen zudem einer Schwankungsbreite von 1 bis zu 3 Prozentpunkten.

Mehr zu Unterschieden und Kritik an Wahlumfragen lesen Sie im Interner Link: Beitrag von Andrea Wolf.

Wahlumfragen sahen absolute CSU-Mehrheit bedroht

Vor der Wahl lagen die Umfragewerte der Christlich-Sozialen Union (CSU), die seit 1946 fast durchgehend den Ministerpräsidenten Bayerns stellte, Externer Link: verschiedenen Instituten zufolge zwischen 33 Prozent (INSA) und 35 Prozent (Forschungsgruppe Wahlen). Bei der Landtagswahl 2013 erzielte die CSU 47,7 Prozent und 101 Sitze im Landtag.

Die CSU tritt ausschließlich in Bayern zu Wahlen an. Ihre Vertreter betonten im Wahlkampf besonders die wirtschaftlichen Erfolge des Freistaats. Die Partei hoffte auch, durch von der CSU-Regierung beschlossene Maßnahmen zu punkten, wie das Landespflege- sowie Landeselterngeld, oder das Polizeiaufgabengesetz. Die Christsozialen forderten zudem Grenzkontrollen, eine bessere Ausstattung der Schulen und wollten den Wohnungsbau stärker fördern. Der Spitzenkandidat der CSU war Markus Söder.

Die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) war seit 1954 zweitstärkste Kraft im Parlament. Kurz vor der Wahl 2018 lagen die Sozialdemokraten Umfrageinstituten zufolge bei einem Wert zwischen 10 Prozent (INSA) und 12 Prozent (Forschungsgruppe Wahlen). Die SPD setzte vor allem auf das Thema soziale Gerechtigkeit. Sie wollte in den nächsten fünf Jahren 100.000 zusätzliche bezahlbare Wohnungen in Bayern schaffen. Der Besuch von Kitas sollte nach ihrem Willen künftig gebührenfrei sein. Asylbewerber sollten schneller in den Arbeitsmarkt eingebunden werden. SPD-Spitzenkandidatin war Natascha Kohnen.

Der Vorsitzende der Freien Wähler (FW), Hubert Aiwanger, machte sich mit Umfragewerten von 10 Prozent (Forschungsgruppe Wahlen) bis 11 Prozent (Infratest Dimap) Hoffnungen auf eine Verbesserung des Wahlergebnisses seiner Partei (2013: 9 Prozent). Die FW sind als Partei aus unabhängigen kommunalpolitischen Gruppen hervorgegangen. Sie forderten im Wahlkampf etwa kostenfreie Kitas, mehr Mittel für strukturschwache ländliche Regionen, einen nachhaltigen Tourismus und mehr direkte Mitbestimmung für die Bürgerinnen und Bürger.

Die Grünen galten als stärkste Konkurrentin

Als die stärksten Kontrahenten der CSU bei der Landtagswahl galten in diesem Jahr Bündnis 90/ Die Grünen: Die Partei erreichte zuletzt Umfragewerte von 18 Prozent (INSA, Forschungsgruppe Wahlen, Infratest dimap), bei der Wahl im Jahr 2013 bekam sie 8,6 Prozent der Stimmen. Ludwig Hartmann und Katharina Schulze traten als Spitzenduo an. Die Grünen setzten sich im Wahlkampf für den Ausbau der ökologischen Landwirtschaft, eine wohnortnahe medizinische Versorgung und ein weltoffenes Bayern ein.

Die Freie Demokratische Partei (FDP) war zuletzt mit einem Abgeordneten im Bayerischen Landtag vertreten, der fraktionslos ist. Der Schwerpunkt der Partei liegt u.a. auf Rechtsstaatlichkeit und eine liberale Wirtschafts- und Steuerpolitik. Außerdem forderten die Liberalen eine Lockerung des Ladenschlussgesetzes und den Ausbau des Münchner Flughafens. Die FDP, deren Spitzenkandidat Martin Hagen war, stand zuletzt in den Umfragen bei 5,5 Prozent (INSA) bis 6 Prozent (Infratest DIMAP).

Die Linke, die dieses Jahr mit ihrem Spitzenduo Eva Bulling-Schröter und Ates Gürpinar antrat, war zuletzt nicht im Landtag vertreten. Die Partei forderte unter anderem mehr sozialen Wohnungsbau, einen Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs und die Erhöhung der Bildungsausgaben. Bei letzten Umfragen gaben 4,5 Prozent der Befragten (INSA; Forschungsgruppe Wahlen, Infratest Dimap) an, der Partei ihre Stimme geben zu wollen.

Die Alternative für Deutschland (AfD) war bislang nicht im Bayerischen Landtag vertreten. Die Partei war vor der Wahl außer in Bayern und Hessen in allen Landtagen und dem Bundestag vertreten und lag in Umfragen zuletzt bei 10 Prozent (Infratest Dimap) bis 14 Prozent (INSA). Die Partei vertritt einen national-konservativen, rechtspopulistischen Kurs und forderte etwa die Zurückweisung von Asylsuchenden ohne gültige Einreisepapiere und ein niedrigeres Strafmündigkeitsalter. Die Partei trat ohne Spitzenkandidaten an.

Neben diesen sieben Parteien traten in Bayern elf weitere Parteien mit Wahlkreislisten an.

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