Inhaltsbeschreibung
Nicht erst seit dem brutalen Angriffskrieg gegen die Ukraine lebt die russische Gesellschaft mit Gewalt und Willkür. Dadurch verfestigten sich, konstatiert Julian Hans, mentale und psychische Prägungen, die wie in einem Teufelskreis ihrerseits Aggressionen, aber auch Abstumpfung und Resignation zur Folge haben. Hans spürt an Beispielen dem verbreiteten Zusammenwirken von Einschüchterung, Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit einerseits, Rohheit und Machtgier andererseits in der russischen Bevölkerung nach: Seine Recherchen führen in das dumpfe Klima der Angst, mit der eine Kleinstadt behördlich geduldeten Terror erträgt, und in eine Familie, deren drei Töchter der innerfamiliären Gewalt erst durch die Tötung des Vaters ein Ende bereiten.
Er porträtiert Männer, deren Wut gegen den Staat sich in einer Art Partisanenkampf entlädt, stellt einen Studenten vor, der nach den Verantwortlichen für den Mord an seinem Urgroßvater fragt, und spiegelt das Trauma einer jungen Performance-Künstlerin wider, die am eigenen Leib brutale Übergriffe der Sicherheitsbehörden erdulden muss. Hans geht es darum zu verstehen, worin die bedrückenden Verflechtungen aus nackter Angst und Verletzungen, Brutalität und Gleichgültigkeit wurzeln. Zugleich zeigt er, wo und warum, trotz der düsteren Lage, doch auch immer wieder Russinnen und Russen nach anderen Wegen des Umgangs miteinander suchen oder mutig die Kraft zum Widerstand aufbringen.