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Editorial | Politische Psychologie | bpb.de

Politische Psychologie Editorial Psychologistischer Firlefanz oder Teil innovativer Politik? - Essay Demokratische Persönlichkeit Macht, Narzissmus und die Sehnsucht nach dem Führer Psychologie der Propaganda Politische Mythen Präventionsansätze gegen Rechtsextremismus

Editorial

Hans-Georg Golz

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Politische Psychologie will die Ursachen politischer und gesellschaftlicher Entwicklungen genauer bestimmen. Gibt es Faktoren in der Sozialisation eines Menschen, die dessen Zustimmung zu autoritären Regimen wahrscheinlicher machen?

Gibt es Faktoren in der Sozialisation eines Menschen, die dessen Zustimmung zu autoritären Regimen wahrscheinlicher machen? Wie werden Macht- und Herrschaftsverhältnisse begründet? Ist Zivilcourage erlernbar? Wie entstehen Fremdenfeindlichkeit und Gewalt? Warum sind Männer häufiger gewalttätig als Frauen? Der Beantwortung dieser Fragen widmet sich die Politische Psychologie. Sie will die Ursachen politischer und gesellschaftlicher Entwicklungen genauer bestimmen. Die individuelle Biographie gerät dabei ebenso in den Blick wie die historische Verfasstheit der Gesellschaft. Häufig werden von Psychoanalytikern rasche Lösungen für gesellschaftliche Probleme erwartet.

Schon Anfang der 1930er Jahre hatte die Kritische Gesellschaftstheorie der Frankfurter Schule wichtige Erkenntnisse über den Verfall der Demokratie in Deutschland und den Aufstieg des Nationalsozialismus geliefert. Zu den Kennzeichen der während der Exilzeit und nach dem Krieg von Theodor W. Adorno und anderen entwickelten "autoritären Persönlichkeit" gehören Modernitätsverweigerung, Autoritätshörigkeit, Ablehnung des Imaginativen und Schöngeistigen, Schicksalsdeterminismus, der feste Glaube an die Existenz des Bösen in der Welt und (Über-)Identifikation mit den jeweiligen Machthabern.

Heute kommt es darauf an, das Augenmerk auf die Herausbildung einer "demokratischen Persönlichkeit" zu richten, um die Zivilgesellschaft weiterzuentwickeln und krisenfest zu machen. Die Einsicht, dass dem Gattungswesen Mensch in der modernen Gesellschaft ein gewaltiger Triebverzicht abverlangt wird, schärft das Bewusstsein für die Bedingungen und Chancen demokratischer Teilhabe.