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Der Reichstagsbrand 1933 | APuZ 3/1956 | bpb.de

Archiv Ausgaben ab 1953

APuZ 3/1956 Der Reichstagsbrand 1933

Der Reichstagsbrand 1933

RICHARD WOLFF

Ein Forschungsbericht

INHALTSVERZEICHNIS

Wir legen in dieser Beilage einen ersten Forschungsbericht über das bis zur Stunde noch nicht endgültig geklärte Problem des Reichstagsbrandes vor. Die Bundeszentrale für Heimatdienst ist sich der Vorläufigkeit dieser Untersuchung voll bewußt, glaubte aber das hier zusammengetragene Material der Offentlichkeit nicht länger vorenthalten zu können. Einige der hier veröffentlichten Dokumente und viele Tatsachen sind bisher noch nie veröffentlicht worden. Wir würden es begrüßen, wenn auf Grund dieses vorläufigen Berichtes wenigstens einige Personen veranlaßt werden könnten, ihr Wissen um die Hinterrgünde des Reichstagsbrandes der deutschen Offentlichkeit mitzuteilen.

Wir brauchen wohl nicht auch an dieser Stelle erneut zu betonen, daß die in der Beilage der Wochenzeitung „Das Parlament" vorgetragenen Auffassungen und Wertungen nicht mit dem Urteil der herausgebenden Stelle übereinzustimmen brauchen.

Vorbemerkungen Die mir gestellte Aufgabe: den Hintergründen des Reichstagsbrandes vom 27. Februar 193 3 nachzugehen und über den Stand der Forschungen und Meinungsgegensätze zu berichten und zu urteilen, benötigt vielerlei-Der Verfasser bedarf des Scharfblickes des Juristen, der nach beweiskräftigen Tatbeständen fragt, ferner der geschulten Urteilsfähigkeit des Historikers, der die Masse des Geschehenen zu sammeln und zu sichten und die Spreu vom Weizen zu trennen hat und schließlich des gesunden Instinktes des Journalisten und Politikers, der — ohne den Gesetzen des Juristen und Historikers zu widersprechen — doch das richtige gesunde Urteil haben muß, um zeitgebundene Massenbeeinflussungen, die noch von einer — wie man doch hoffen möchte — beendeten Periode unseres geschichtlichen Lebens unheilvoll hineinragen in die Gegenwart, bekämpfen zu können. Ob es mir gelungen ist und ob es Je gelingen kann, alle diese notwendigen Voraussetzungen zu erfüllen, wage ich zu bezweifeln.

Dieser Forschungsbericht ist nur ein Stückwerk. Aus mannigfachen Gründen. Nur eine weder an Geld noch an Zeit gebundene Forschungsmöglichkeit hätte dem gewissenhaften Forscher das beruhigende Gefühl geben können: er habe das bestmögliche geleistet. Ich weiß, daß dies unmöglich war; aber ich muß es eingangs wenigstens andeuten.

Neben der verwirrenden Fülle der Probleme, die an sich schon ein klares Ja so schwer machten, wird die Arbeit noch erschwert durch den außerordentlichen Mangel an glaubwürdigem Quellenmaterial. Mehr denn zweiundzwanzig Jahre sind vergangen — fast die Zeitspanne einer Generation —; der Tod hat als natürliche Ablösung viele der Wissenden abberufen. Etwaige Mitwisser wurden von den Nationalsozialisten systematisch gewaltsam vernichtet. Opponenten des Systems beseitigten etwa in ihrem Besitz befindliche schriftliche Informationen, aus Furcht gefaßt und unvorstellbarem Elend dann für sich und die ihrigen ausgesetzt zu sein. Dazu kommt ferner, daß-durch Bombenkrieg und Chaos aufschlußreiches Schriftgut für immer verlorengegangen ist. Wir wissen, daß unübersehbare Aktenmassen ihren Weg nach den Vereinigten Staaten genommen haben oder von den Sowjets nach Rußland gebracht worden sind. Zwar sind letztere in neuester Zeit wieder zurückgebracht worden und jetzt im Zentralarchiv der Sowjetzone in Potsdam aufgestellt. Unter ihnen sollen sich auch Akten des Reichsgerichts und des Oberreichsanwaltes von 1919 bis 1945 befinden

Noch ein erstaunlicher Quellenmangel ist zu berichten. Es ist mir nicht gelungen, ein amtliches Stenogramm der Anklage des Oberreichsanwaltes und der Reichsgerichtsverhandlungen aufzutreiben oder auch nur festzustellen, wer von den maßgebenden Juristen des Prozesses noch am Leben ist. Auch sind, worüber ich in dem Kapitel über van der Lubbe noch ausführlich berichten werde, von den sieben seinerzeit ausgestellten Kopien über das erste Vernehmungsprotokoll in der Brandnacht keine Exemplare zum Vorschein gekommen.

Ein unerfreuliches Kapitel für mich war ferner die Unmöglichkeit, die auswärtigen Presse einsehen zu können. Die. in der Münchener Staatsbibliothek vorhandene „Neue Zürcher Zeitung" ist noch, solange der geplante Neubau nicht beendet ist, in einem Abstellager in der Nähe Münchens in absolut unbenutzbarem Zustand aufgestapelt. Die „Wiener Library“ in London versorgte mich mit Fotokopien englischer Zeitungen.

Die deutschen Zeitungen waren ja bereits am 28. Februar — also bei ihrem ersten Bericht über den Brand — so gut wie mundtot gemacht; ihre Berichte über den Prozeß standen journalistisch auf gleicher „Höhe“ wie die des „Völkischen Beobachters" und Jes „Angriffs". Immerhin gaben die im „Institut für Zeitgeschichte" und anderwärts in München vorhandenen „Frankfurter Zeitung“, „Augsburger Postzeitung“ und „Münchener Neueste Nachrichten" einen guten Einblick in das Geschehen jener Tage

Eine weitere Schwierigkeit ergab sich durch die Tatsache, daß auch heute noch Menschen, die „dabei waren“, wider besseres Wissen oder aus sonstigen nicht ganz durchschaubaren Gründen ihre Kenntnis dazu benutzen, um in der öffentlichen Meinung Unheil zu stiften. Auch darauf werde ich noch im Verlauf dieser Arbeit zu sprechen kommen

Ich darf voraussetzen, daß die wesentlichen Tatsachen und die folgenschwere politische und moralische Wirkung des Brandes bekannt sind. Ich suche folgende Fragen zu lösen: Hat es van der Lubbe allein getan? Wenn nicht, sind auch andere Kräfte am Werke gewesen? Das heißt, waren es Kommunisten oder Nationalsozialisten? Wenn ich festgestellt haben sollte — und erst ganz am Schluß meiner Untersuchungen ist mir dies gelungen — daß eine der großen politischen Gruppen als Anstifter dahinter stecken, dann betrachte ich meine Aufgabe als im wesentlichen erfüllt. Es erscheint mir belanglos festzustellen, ob X oder Y einer dieser beiden Gruppen einen Hauptanteil daran gehabt hat und ob die Namen der Handlanger noch zu ermitteln sind und wie die Aktion von Minute zu Minute vor sich ging. All dies ist im Rahmen dieser Arbeit von nur untergeordneter Bedeutung und wird auch infolge der geschilderten ungünstigen Faktoren niemals vollständig ermittelt werden können.

Um der besseren Lesbarkeit willen löse ich die zu behandelnden Tatbestände und Probleme in einzelne Kapitel auf, wobei manchmal Wiederholungen oder Zurückkommen auf bereits Gesagtes unter einem anderen Gesichtspunkt nicht zu vermeiden gewesen ist.

Der Reichstagsbrandprozess und die Braunbücher

Carl Misch, 1933 nächst Georg Bernhard der erste politische Redakteur der „Vossischen Zeitung“, schrieb in der Emigration in USA als Geschichtsprofessor des Centre College of Kentucky in Danville ein Buda: „Deutsche Geschichte im Zeitalter der Massen“ (erschienen 1952 bei Kohlhammer in Stuttgart). Dort heißt es in einer Anmerkung auf Seite 387: „Ich folge hier keiner der Propaganda-Darstellungen und beschränke mich auf unzweideutige Feststellungen des Reichsgerichts im Prozeß“.

Ist das Reichsgericht vielmehr seine Richter und Staatsanwälte bei Übernahme des Reichstagsbrandprozesses — sind diese noch so unbedingt als der Hort der absolut zuverlässigen und unbeirrbaren Rechtsprechung anzusprechen? Kann man sie unter dem betäubenden Beginn der neuen Terror-und Gewaltherrschaft noch als unbeeinflußt bezeichnen? Oder muß man sich nicht fragen, ob diese Männer einem politischen Diktat — bewußt oder unbewußt — folgten und ob sie eingleisig eine vorher festgelegte Marschroute einschlugen? Hat nicht damals schon der Abstieg in der deutschen Rechtspflege und Rechtsauffassung von der hohen Warte jenes beispielhaften Richterkollegiums begonnen, das einstmals den simplen Müller in Sanssouci einem König Friedrich II. von Preußen gegenüber zu seinem Recht verhalf, so daß das Wort „il y a des juges ä Berlin“ sprichwörtlich geworden war; hat nicht damals schon, so müssen wir fragen, der Abstieg, der schließlich in den Morast juristischer Perversität eines Roland Freisler und seines Volks-gerichtshofes führte, bereits begonnen? Der Verteidiger des der Mit-* schuld angeklagten Kommunisten Torgier, Dr. Alfons Sack •), hat bereits unmittelbar nach Beendigung des Prozesses ein umfangreiches Buch: „Der Reichstagsbrandprozeß“ (Ullstein-Verlag, Berlin 1934) mit einem Vorwort des aus internationalen politischen Prozessen bekannten nationalistischen Völkerrechtlers Professor Grimm (Essen) veröffentlicht. In diesem Buch, das sich kaum noch die Mühe gibt, den Schein der hohen, alten juristischen Tradition zu wahren, wird das Reichsgericht „als Hort der Gerechtigkeit" (S.5) gepriesen und in den bewußten Gegensatz zu den politischen Prozessen der Sondergerichtshöfe jener Zeit gestellt. Alfons Sack kam aus deutschnationalen Kreisen; aber er pflegte die Freundschaft mit maßgebenden Kreisen der Berliner SA, wie mit dem Grafen Helldorf und ist nur mit Mühe dem Verdikt des 30. Juni 1934 entronnen. Er wußte Bescheid und cs bleibt deshalb für die Erforschung der Wahrheit im Rahmen meiner Untersuchung ein unersätzlicher Verlust, daß er mit seinerFrau im letzten Kriegswinter einem Bombenangriff zum Opfer fiel und daß seine in einem Bunker in Berlin-Charlottenburg sichergestellte Aktenkiste von den Russen mitgenommen wurde. Die „unzweideutigen Feststellungen des Reichsgerichts im Prozeß“ — auf die Professor Misch allein zur Wahrheitserforschung sich stützen will — besagen, daß die Mitangeklagten Torgier und die drei Bulgaren Dimitroff, Popoff und Tancff aus Mangel an Beweisen freigesprochen werden mußten; daß van der Lubbe — hier dem Gutachten der drei Sachverständigen folgend — „nicht allein tätig gewesen sein kann", ferner, daß Brandmittel eingebracht und verteilt sein müssen, die eine Verpuffung bewirkt haben“. An mindestens sieben Stellen seien Selbstentzündungsmittel aufgefunden worden. Es wäre für van der Lubbe unmöglich gewesen, die Vorbereitung zur Tat angesichts der Schwierigkeit ihres Umfanges und wegen der Kürze der ihm nur zur Verfügung stehenden Zeit allein auszuführen, dies hätte „nur im Zusammenwirken mit anderen“ geschehen können. Soweit gut und schön. Es muß unter Berücksichtigung der damaligen politischen Atmosphäre und des ungeheuren Terrordruckes durch die nationalsozialistische Öffentlichkeit, vor allem der alleinherrschenden nationalsozialistischen Presse, schon als eine über dem Durchschnitt stehende mutige Tat anerkannt werden, wenn der vierte Senat sich zu einem solchen Urteil und zu einer solchen Begründung überhaupt hat entschließen können.

Aber hier hört es auch auf. Die Mittäter van der Lübbes werden „nur“ im kommunistischen Lager vermutet. Eingehend und mit beredten Worten wird von van der Lübbes Zugehörigkeit zur Kommunistischen Partei und über die auf Terror hin arbeitende Politik dieser Partei gesprochen. Ersteres, d. h. van der Lübbes damalige Zugehörigkeit zur Kommunistischen Partei ist falsch, obwohl das allgemeine Gedankengut dieser Partei sicherlich im wesentlichen auch damals sein eigenes war; auch bedürfte es kaum einer so eingehenden Schilderung der auf Terror und Destruktion hinzielenden politischen Agitation des Kommunismus, wie es Senatspräsident Dr. Bünger getan hat. Dies war und ist allgemein bekannt. Aber daß das Reichsgericht so einseitig in Voruntersuchung, Anklage und Verhandlung den oder die Shuldigen nur auf der kommunistischen Seite suchte und — trotzdem man Bescheid wissen mußte — peinlichst alles vermied, was Licht auf die andere Seite hätte werfen können, zeigt, daß Unparteilichkeit, Objektivität und Zuverlässigkeit auch bei dieser höchsten richterlichen Körperschaft des Deutschen Reiches abhanden gekommen war.

Schaut man zurück in jene aufgeregten, Geist und Moral verwüstenden Monate, dann ist dies zwar im höchsten Maße bedauerlich und beschämend, aber nicht mehr verwunderlich. Leider ist ja gerade der akademisch gebildete Deutsche dieser infizierenden Seuche viel mehr zum Opfer gefallen, als die anderen zahlenmäßig größeren aber weniger einflußreichen Schichten des deutschen Volkes. Wer kann je vergessen, daß in jenen Tagen ein Dekan der Berliner Universität, Professor der Philosophie, einem fanatisierten Mob mit der Fackel in der Hand voranschritt und als erster diese in den Bücherscheiterhaufen schleuderte, der auch Geistes-erzeugnisse eines Einstein und Thomas Mann in sich barg?!

Die Untersuchung und Behandlung des Verbrechens des 27. Februar 1933 folgte halb bewußt, halb unbewußt, dem suggestiven, ja geradezu hypnotisch aufgedrängten propagandistischen Willen der nationalsozialistischen Machthaber.

Dreizehn Jahre nach dem Brande, in seiner Verteidigung der SS vor dem Nürnberger Tribunal sagte der Rechtsanwalt Dr. Pelckmann der 1933 als Mitarbeiter Dr. A. Sacks diesen bei seinen Arbeiten für die Verteidigung Torglers unterstützte, u. a.: „Aber wer, meine Herren Richter, aus der Masse des Volkes. .. wußte damals, daß Hitler faustdick log? Diese Männer wurden verführt durch den Mantel des Rechts, den sich Hitler umhing. Denken sie bitte, wie das Reichsgericht — alte erfahrene, ehedem republikanische Richter — mit minutiöser Genauigkeit in monatelanger Verhandlung bis ins Jahr 1934 hinein die Schuldfrage beim Reichstagsbrand untersuchte, zwar die Kommunisten Torgier, Dimitroff und andere freisprach, aber den Kommunisten van der Lubbe verurteilte und die Mittäterschaft unbekannt gebliebener kommunistischer Kreise in aller Öffentlichkeit feststellte. Mußte nicht die Masse der SS-Mitglieder, wie weiteste Kreise des deutschen Volkes, glauben, daß Hitler Volk und Staat tatsächlich vor einer gewaltsamen Revolution bewahrt hatte, für die damals die Kommunisten verantwortlich gemacht wurden?“ — Diese Sätze können Wort für Wort auch für die Situation im Jahre 1933 angewendet werden.

Was haben nun die Kommunisten getan, um gegen Nazi-Deutschland zu kämpfen? Manche, und gerade die wichtigsten Führer dieser Partei hatten sich vor dem Zugriff Görings schon unmittelbar nach der Machtergreifung und in der Brandnacht, die bekanntlich jene riesige Verhaftungswelle gegen sie auslöste, retten können. So gingen Münzenberg und Katz nach Paris. Von Paris aus wurde der Feldzug gegen Goebbels’ Propaganda geführt. Aus der Verteidigung wurde sehr bald der Angriff. Die Seele dieser Propagandazentrale war der ehemalige kommunistische Reichstagsabgeordnete Willi Münzenberg Er war Goebbels gewachsen, wenn nicht sogar überlegen und verstand es, im Hintergrund zu bleiben. Er schuf Organisationen, ohne daß diese wußten, wer dahinter steckte. Sein Propaganda-Hauptquartier in Paris fungierte als „Hilfskomitee für die Opfer des deutschen Faschismus“. „Es war“ — wie Arthur Koestler (S. 205) schreibt — „als philanthropische Organisation getarnt und besaß in jedem Land einen Ausschuß von höchst achtbaren Leuten, von englischen Herzoginnen bis zu bekannten amerikanischen Journalisten und französischen Wissenschaftlern, von denen keiner je den Namen Münzenberg gehört hatte.“ Das Pariser Büro hatte er in einem Hause Nr. 8 3 in der Boulevard Montparnasse eingerichtet. Er schuf sich einen eigenen Verlag, den er „Edition du Carrefour“ nannte. Der anonyme Autor des Braunbuchs war Münzenbergs wichtigster Mitarbeiter Otto Katz alias Andre Simon (hingerichtet 1952 in Prag im sogenannten Slansky-Prozeß). Der Verlag Edition du Carrefour veröffentlichte 1933 und 1934 die beiden zu Weltberühmtheit gelangten Braunbücher und das Weißbuch über die Erschießungen des 30. Juni (1934).

Münzenberg und Katz organisierten das „Komitee zur Untersuchung der Hintergründe des Reichstagsbrandprozesses“. Hier wurde unter dem Vorsitz D. N. Pritts eines schon damals vielgenannten linksgerichteten englischen Anwalts und unter Mitwirkung ausländischer Juristen von internationalem Ansehen am 4. September 1933 in London ein förmliches Gerichtsverfahren zur Klärung der Schuldfrage im Reichstagsbrand eröffnet. Am 20. September 1933, d. h. unmittelbar vor Beginn des Leipziger Prozesses wurden die Entschließungen veröffentlicht: 1. Daß van der Lubbe kein Mitglied der Kommunistischen Partei, sondern ihr Gegner sei und 2. daß keine irgendwie geartete Verbindung zwischen van der Lubbe und den übrigen vier Angeklagten bestünde; daß vän der Lubbe den Brand nicht allein ausgeführt haben könne und schließlich 3. daß gerade in jenem Augenblick die Brandstiftung den Nationalsozialisten sehr gelegen kam und daß'der Verdacht nicht sehr von der Hand zu weisen sei, daß der Reichstag von oder für führende Persönlichkeiten der NSDAP angezündet worden sei.

Rechtzeitig wurde das Reichsgericht von diesem Londoner Beschluß formell in Kenntnis gesetzt. Die Herren in Leipzig befanden sich nun zwischen Hammer und Amboß: Das Braunbuch und die Wucht der in London zu Gericht sitzenden Persönlichkeiten auf der einen Seite und das mehr oder weniger unverhüllte Diktat Görings und Goebbels, die Untersuchungen und Nachforschungen nach den Tätern allein gegen den Kommunismus zu richten, auf der anderen Seite. Obwohl alle Welt weiß oder doch wissen sollte, daß die Kommunisten zur Durchsetzung ihrer Ziele vor keinerlei Terror und Mord zurückschrecken, wissen wir auch, daß sie nach der Machtergreifung als Selbstmörder gehandelt haben würden, wenn sie etwa ein Attentat gegen Hitler oder Brandstiftungen vorgenommen hätten. Wir können, wenn all dies unseren Untersuchungen zugrunde gelegt wird, deshalb nicht die Braunbücher und ähnliche kommunistische Propagandaveröffentlichungen a limine ablehnen, sondern müssen versuchen, aus beiden feindlichen Lagern immer das herauszuholen, was uns richtig erscheint, d. h. objektiv gesehen: der Wahrheit so nahe wie möglich kommt. Die hämmernden Hinweise der Münzenberg-Katz’schen Veröffentlichung auf die Unterlassungssünden der Leipziger Methoden sind nicht von der Hand zu weisen. Warum — um nur einige Beispiele zu geben — hat man geflissentlich überhört, daß mindestens zweimal während des sich über drei Monate hinziehenden Prozesses van der Lubbe aus seiner Lethargie erwachend „die Andern" lallte, also wahrscheinlich einen Hinweis auf sein Wissen um Mittäterschaft geben wollte. Warum hat das Reichsgericht nicht, worauf Dimitroff hinwies, es für nötig gehalten, jenen Mann zu ermitteln, der zwar der Berliner Polizeiwache am Brandenburger Tor die erste Meldung machte, aber seinen Namen nicht angab, und warum hat man dann wenigstens nicht nachher seine Personalien festzustellen versucht? Warum hat man die Spuren, die möglicherweise gelegentlich eines früheren Deutschlandaufenthaltes van der Lübbes auf ein mögliches Zusammentreffen zwischen ihm und Nationalsozialisten in Sachsen hinweisen, nicht verfolgt und warum hat man nicht sich näher mit jener Persönlichkeit beschäftigt, die in der Nacht vor dem Brande allein mit van der Lubbe im Obdachlosen-lager Berlin-Henningsdorf nächtigte? — Dieser Mann hieß Waschinsky, und dürfte vermutlich jener Mann gewesen sein, der van der Lubbe in den letzten Tagen zu „beschatten“ hatte. Und warum hat man schließlich nicht Hugenberg und Duesterberg als Zeugen geladen.

Man hätte vielleicht doch etwas mehr über die Konflikte zwischen den nationalsozialistischen und deutschnationalen Kabinettsmitgliedern in jener Woche vor dem 27. Februar erfahren können und wäre dem geheimnisumwucherten Ende des deutschnationalen Politikers Oberfohren und der unter seinem Namen gehenden Denkschrift schließlich doch näher gekommen.

Die Geschichte wird ihr Urteil dahin abgeben: Die Führung des Reichsgerichtsprozesses war die eines politischen Schauprozesses, gemildert durch das dem deutschen Beamten so tief eingewurzelte Streben nach Objektivität. ---------Das Ergebnis: eine Farce.

Der Kampf um die Macht zwischen Rot und Braun hatte Formen geschaffen und Wirkungen hervorgerufen, die völlig neu waren und nicht zu vergleichen sind mit den schon von jeher geübten Praktiken undemokratischer Machthaber und Staatsgefüge. Es ist hier nicht der Ort auf das Problem der Beherrschung der Masse und des Verhaltens der Masse einzugehen. Aber angedeutet muß werden, daß die für einen mit exakten Mitteln forschenden Juristen und Historiker so schwer zu fassenden Meinungsbeeinflussungen eine gewaltige Wirkung ausgeübt haben und daß Menschen, denen dieses Gift eingeträufelt worden ist, vielfach noch heute nicht von ihm loskommen. Es ist die Halbwahrheit, die in dem Hexenkessel der Propagandaküche fabriziert wird. „Semper audacter calumniare; aliquid haeret.“

Mit mathematischer Schärfe präzisiert Arthur Koestler diese Methode: „All das" — so schreibt er — „gründete sich auf Deduktion, Intuition und Poker-Bluff. Das einzige was wir mit Sicherheit wußten, war, daß irgendwelche Nazikreise es irgendwie zustande gebracht hatten, das Gebäude abbrennen zu lassen. Alles andere waren Schüsse ins Blaue, die aber ins Schwarze trafen. (Koestler, a. a. O., S. 206.)

Van der Lubbe

Auch dieser Fragenkomplex — sowohl was diese seltsame Persönlichkeit getan hat als auch wie sein Geisteszustand gewesen und wie das eigenartige Verhalten im Gefängnis zu erklären ist, ist umstritten. Viele durchaus ernst zu nehmende Gutachten und Informationen sind vorhanden, die diametral voneinander abweichen.

Die Verordnung vom 28. Februar hatte den obersten Rechtsgrundsatz: „Nulla poena sine lege“ verlassen und für seinen Fall die Wiedereinführung der Todesstrafe mit rüdewirkender Kraft verfügt.

Ich muß mich in dieser Untersuchung nur auf einige Probleme beschränken. Zunächst: Wie war van der Lübbes Geisteszustand? Die wichtigste Beurteilung hierfür ist zweifellos das Gutachten zweier Gerichtspsychiater, der Professoren Bonhoeffer und Zutt, das diese bereits 1934 veröffentlichten n). Es ist bekannt, wie total verändert — als ein Bild des Jammers — der Holländer während der neunmonatigen Haft und nach ungezählten Vernehmungen dem Publikum sich darbot, während doch Bilder bekannt waren — auch noch vom Brandtage —, die ihn als einen frischen, gesunden, intelligenten und kessen Burschen erkennen ließen. Sein Körper war zusammengefallen. Er saß zumeist regungslos da mit dem bis auf die Brust oder gar die Knie herabgesunkenen Kopf. Nachdem er seine Tat gestanden hatte, gab er mit wenigen Ausnahmen außer kurzen widerwillig herausgestoßenen „Ja“ und „Nein“ keine Antworten mehr; auf dem Gefängnishof warf er sich zu Boden und blieb dort liegen, während die anderen ihren Rundgang machten. Er war so teilnahmslos, daß die ihn begleitenden Polizisten oder Gefängniswärter ihm wiederholt den Nasenschleim von der Nase abwischen mußten. Er war, wie ein Beobachter ihn charakterisierte, „ein sabbernder Narr“.

Es waren nicht nur seelische Qualen, so folgerten die Laien und auch fachkundige Spezialisten! Es müssen Veränderungen, gewaltsame äußere Einwirkungen mit ihm vorgenommen worden sein. Sofort waren alle möglichen und unmöglichen Vermutungen und Zuschriften in der Literatur des Auslandes zu lesen. Er sei mit Drogen gefüttert und dadurch vernehmungsunfähig geworden.

Es gibt, wie Toxikologen berichten, eine Droge Scopolamin die genau diese Symptome hervorrruft, wie der so grotesk veränderte Zustand van der Lübbes es erkennen läßt. „Verabreicht man einem geistig und körperlich gesunden Menschen" — so heißt es in einem Gutachten eines französischen Toxikologen — „täglich eine Dosis von einem viertel bis zu einem halben Milligramm Scopolamin, so wird dieser Mensch in einen Zustand von vollkommener Teilnahmslosigkeit und Vertiertheit verfallen. Sein Hirn ist wie gelähmt und er befindet sich in einem steten Dämmerzustand. Er ist nicht imstande, vernünftig zu urteilen, er hat Gedankenschwund. Sein Rücken krümmt sich immer mehr und mehr, er lacht albern ohne Anlaß, die einfachsten Reflexbewegungen ist er nicht imstande auszuführen.“

Bonhoeffer und Zutt, die im großen und ganzen van der Lubbe, den sie wiederholt im Gefängnis sehen bzw. vernehmen konnten, als einen gesunden und normalen Menschen schildern, lehnen jeden Vorwurf, daß van der Lubbe mit Scopolamin behandelt worden sei, mit Entrüstung ab. Ebenso weisen sie die Annahme einer schizophrenen Psychose zurück. Die Ansichten von Fachleuten und Laien sind hier geteilt. Während z. B. Diels und Schulze-Wilde der Ansicht sind, daß van der Lubbe nicht mit Drogen gefüttert worden sei, sind mehrere Ärzte, mit denen ich habe sprechen können, und viele zeitgenössische Emigrantenveröffentlichungen der Ansicht, daß van der Lubbe mit einer Droge, vermutlich mit Scopolamin, behandelt worden ist. Gisevius schließt sich dieser Annahme an. Auch ich neige dieser Ansicht zu.Bei der großen Schlußrede Dimitroffs, als dieser auf das experimentelle Gutachten des Gerichtschemikers Dr. Schatz hinwies — ein flüssiges in kurzer Zeit wirksames Selbstentzündungsmittel habe im Plenarsaale seine Anwendung gefunden, „geschah etwas Unheimliches. Van der Lubbe wurde von einem lautlosen Lachen geschüttelt. Sein ganzer Körper war ein einziges zuckendes Gelächter“ — und dann versank er wieder in sein dumpfes, apathisches Vor-sich-hinbrüten.

In diesem Zusammenhang ist auch eine etwas peinliche Frage zu erörtern, die aber von politisch nicht unerheblicher Bedeutung geworden ist: War Marinus van der Lubbe homosexuell oder nicht? Dieser Frage kommt deshalb erhebliche Bedeutung zu, weil dann die Haltung Röhms und seines Kreises zum Reichstagsbrand viel leichter zu beurteilen wäre. Die allgemeine Ansicht geht dahin, daß er homosexuell war und daß er hörig gewesen sei. Das Braunbuch sorgt für weitestgehende Verbreitung dieser Behauptung. Von hier aus wird weiter gefolgert, daß van der Lubbe auf seiner Deutschlandreise 1931 mit Nationalsozialisten, so auch mit dem Ingenieur Bell, mit dem wir uns noch eingehend beschäftigen werden, zusammengekommen sei und daß Bell ihn mit Röhm zusammengebracht habe. Auf der „Liebesliste“ Röhms, die Bell besessen habe, soll der Name Rinus (d. i.sein verkürzter Vorname Marinus) gestanden haben. Wäre dem zu glauben, dann wäre es ein kleiner Sprung zu der nächsten Folgerung: Röhm habe van der Lubbe zu jener traurigen Rolle auserlesen, den Reichstag anzuzünden, ohne daß er zu wissen brauchte, daß zur gleichen Zeit noch andere, wirksamere Kräfte am Werke waren. Ferner äst zu folgern, daß Röhm einen oder mehrere SA-Männer beauftragt habe, den Holländer ständig zu bewachen. Manche Autoren glauben zu wissen, daß Röhm mit in dem Komplott der Nazihierarchie gewesen sei. Obwohl dies durchaus möglich gewesen sein könnte, möchte ich auf das Problem Röhm in diesem Zusammenhänge nicht eingehen. Koestler, Wollenberg und Schulze-Wilde vertreten die Ansicht, daß die Homosexualität van der Lübbes eine bewußte Fälschung von Katz gewesen ist. Schulze-Wilde erzählte mir, wie er auf Grund einer Photographie van der Lübbes, in ihm jenen Mann wiedererkannt habe, den er einige Tage vor dem Reichstagsbrand während seiner antinazistischen Propaganda-tätigkeit angetroffen habe. Jener Mann, den er nun für van der Lubbe hält, habe, — es war eine Stempelstation in Berlin-Köpenick — wilde anarchistische Reden gehalten. Schulze-Wilde habe, da er ihn für einen von den Nazis bestellten Agenten hielt, sich von ihm ferngehalten. Jetzt in Paris, als er dies den Münzenberg-Leuten berichtete, beschloß Katz, wie Schulze-Wilde meinte, . um die mit den Sowjets gut stehenden Leute des Reichswehrministeriums gegen Röhm auszuspielen, ihn, den Stabschef der SA, zum Anzünder des Reichstagsgebäudes zu stempeln. So sei die Legende entstanden.

Wenn ich mich auch ohne weiteres der Wucht dieser Tatsache beuge und die Theorie fallen lasse, daß van der Lubbe in Hörigkeit Röhms gehandelt habe, so kann ich doch nicht umhin zu vermuten, daß van der Lubbe bei seinem planlosen, von einem manischen Wandertrieb erfaßten Herumirren in Berlin irgendwie mit nationalsozialistischen Strichjungen (gleichgültig ob in brauner Uniform oder nicht), zusammengekommen ist. Die von dem Biographen Görings Frischauer mitgeteilte Information scheint mir der Wahrheit in diesem an Hypothesen und Unbeweisbaren so gesättigten Fragenkomplex am nächsten zu kommen.

Die am wenigsten geklärte Frage ist nunmehr zu erörtern: Wer waren die Mittäter und Auftraggeber, wenn van der Lubbe es nicht alleine gemacht hat? Waren es Kommunisten oder Nationalsozialisten und, wenn es Nationalsozialisten waren, wie kam der Kontakt zwischen dem herumstromernden anarchistischen holländischen Vagabunden mit ihnen zustande?

Das Urteil des Reichsgerichts bekundete unzweideutig, daß van der Lubbe den Reichstag nicht allein angezündet haben könne. „Das Gutachten der drei Sachverständigen,“ so heißt es wörtlich in dem am 23. Dezember 1933 von dem Präsidenten des IV. Strafsenats Wilhelm Bünger verlesenen Urteil, „läßt nicht den geringsten Zweifel daran. Das Gutachten wiegt in seiner Bedeutung um so schwerer als es eine tatsächliche Grundlage in ganz exakten Aussagen Von Beamten der Polizei und der Feuerwehr sowie von Privatpersonen findet, die ihre Angaben fast alle auf sofort gemachte zeitliche Feststellungen stützen. Das Bild, das die Zeugen von dem äußeren Verlauf des Brandes entwickeln, ergibt, daß es sich nicht um eine Brandlegung normaler Art handelt, und die Gutachten der Sachverständigen, daß Brandmittel eingebracht sein müssen, die eine Verpuffung bewirkt haben.“

Wir können diese richterliche Entscheidung als endgültig betrachten, auch wenn van der Lubbe immer wieder erklärte, er habe es allein gemacht. Aussagen dieser Art sind psychologisch zu werten und passen in das Bild des jugendlichen Fanatikers, der niemals andere verraten haben würde; auch mag es möglich sein, daß ihm von etwaigen nationalsozialistischen Auftraggebern, wenn er schweige, hohe Belohnungen zugesichert, wenn er aussage, fürchterliche Strafen angedroht wurden.

Es entspricht den Tatsachen, daß auch heute noch Leute, und zwar gerade solche, die es wissen müßten, sich auf den Standpunkt stellen, van der Lubbe habe es tatsächlich allein gemacht und zu beweisen versuchen, daß dieser Vorgang, der sich in elf Minuten hat abspielen müssen, von ihm auch physisch bewältigt werden konnte. Woher diese Leute den Mut zu solchen Behauptungen nehmen, bleibt mir unerfindlich und ist deren Angelegenheit. Leute wie der Hausinspektor des Reichstages Scranowitz derals erster Lubbe persönlich sah und ihn verhaftete, Kriminalkommissar Zirpins der im Auftrage von Diels in der Brandnacht die erste Vernehmung van der Lübbes vornahm, oder der unter Goebbels mit der Sichtung des kommunistischen Materials beauftragte damalige Ministe-rialrat Taubert wollen uns glauben machen, daß der halbblinde Narr diese immerhin beachtliche Leistung in der allerkürzesten Frist ohne jede fremde Hilfe gemacht haben könne. Und wenn Diels schreibt: „Wenn der Reichstagsbrand der Vorbereitung des kommunistischen Auf-standes dienen sollte, so war es eine Dummheit." (Das heißt, daß die Nationalsozialisten es getan hätten.) „Wenn es die Tat eines einzelnen, noch dazu eines Verrückten war, so war es eine gewöhnliche Brandstiftung, und zwar eines . nicht bewohnten Gebäudes', wenn aber die Nationalsozialisten selber die Täter waren, so muß sich mir die Frage erheben, warum sie es nicht in aller Offenheit vollbracht und als eine revolutionäre Tat gefeiert hatten? Sie verbrannten ja auch Bücher und Bilder vor allem Volk; sie zerstörten die Druckereien der großen Zeitungen und am 1. April schlugen sie auf dem Kurfürstendamm den Juden am hellen Tag die Ladenfenster ein. Am 2. Mai nahmen sie den Gewerkschaften ihre Häuser und ihre Kassen weg. Damals! Später steckten sie die jüdischen Gotteshäuser in Brand und trieben Dinge, die ihnen nicht einmal die kommunistische Greuelpropaganda zugetraut hatte. Warum in aller Welt sollten sie 193 3 nicht auch den Reichstag anstecken, warum sich nicht laut zu dieser Tat der . spontanen Volks-wut' bekennen? Jedermann wußte doch, daß sie die . Schwatzbude'haßten."

Wenn der beste Kenner der Nazi-und SA-Verbrechen jener Zeit derartiges schreibt, will er damit nicht seine Leser indirekt wissen lassen, daß er auch heute (das Buch ist 1950 veröffentlicht worden) noch nicht geneigt ist, die Wahrheit zu sagen? Scheint ihm nicht vielmehr mehr daran zu liegen, auf diesem bequemen Wege seine gewohnte politische Irreführung fortzusetzen?

Wir wissen durch eine Reihe von Indizienbeweisen und vor allem aus der großen Befragung Kempners von Göring in Nürnberg, daß die Nationalsozialisten die Brandstifter gewesen sind und daß der zu jeder Schurkerei bereite Gruppenführer der Berliner SA, Karl Ernst, wesentlich an der Vorbereitung und Ausführung beteiligt gewesen ist. Es ist deshalb nicht von großer Wichtigkeit noch erneut Studien zu treiben, ob und wieweit auch Graf Helldorf und Heines, die beide Alibis vorweisen konnten, daß sie zur Stunde der Brandstiftung nicht am Tatort bzw. in Berlin gewesen waren, ob diese beiden verwegenen Desperado-Naturen, die miteinander in täglicher mündlicher oder telephonischer Verbindung standen, nicht auch bei den Vorbereitungen tätig gewesen sind. Da alle Beteiligten tot sind, wird sich dies auch nie mehr ermitteln lassen.

Bleibt noch die Frage offen: Wie ist es gelungen, van der Lubbe in den Kreis der nationalsozialistischen Brandstifter zu ziehen? Auch hier hat jeder, der sich mit diesem Gegenstand beschäftigt, seine eigene Meinung und gelegentlich kühne phantasievolle Erzählungen aufgebaut. Ich möchte in diesem Zusammenhang nur auf die Untersuchungen von G i s e v i u s und-die Arbeiten des jetzt in München lebenden Schriftstellers Schulze-Wilde eingehen. Schulze-Wilde, der in verschiedensten Zeitungsveröffentlichungen das Reichs-tagsbrand-Problem bereits behandelt hat, hat seit über 20 Jahren umfangreiches Material zu diesem Problem gesammelt. Er war in der Brand-nacht in Berlin verhaftet worden und konnte in dem damals herrschenden Wirrwarr im Polizeipräsidium am Alexanderplatz entkommen. Er flüchtete nach Paris und trat dem Kreis von Willy Münzenberg nahe.

Die zentrale Figur seiner Darstellung über den Reichstagsbrand ist ein gewisser politischer Agent Paul Waschinsky der ebenfalls ein Opfer des 30. Juni 1934 geworden sei. Dieser Mann stünde in enger Verbindung mit dem „Hellseher“ Erik Hanussen, für dessen spiritistische Sitzungen er als V-Mann wirkte. Dieser Mann sei identisch mit jenem Unbekannten, auf den Dimitroff im Prozeß wiederholt hinwies und es schwer rügte, daß die Anklagevertretung seinen Personalien nicht nachgegangen sei. Nach Schulze-Wildes Angaben habe dieser Waschinsky van der Lubbe in den letzten Tagen vor dem Brande ständig begleitet und auch mit ihm die letzte Nacht im Henningsdorfer Asyl allein zugebracht. Er sei auch identisch mit jenem Mann, der van der Lubbe zum Reichstag gebracht und der Polizei die erste Meldung des Brandes gemacht habe. Die Polizei am Brandenburger Tor hat jedoch, wie wir wissen, zwar diese Brandnachricht entgegengenommen, vermutlich aber unter der Einwirkung der sich nunmehr überstürzenden Ereignisse es unterlassen, Namen und Adresse des berichterstattenden jungen Mannes zu notieren.

Schulze-Wilde erzählte mir nun eine erstaunliche Geschichte: Er habe in Paris unmittelbar nach dem 30. Juni 1934 vor dem Eingang zu einem jüdischen Wohlfahrtsbüro einen jungen Mann gesehen, der zweifellos Nicht-Jude war. Er sei mit ihm ins Gespräch gekommen und habe von ihm erfahren, daß er ein aus Deutschland geflüchteter SA-Mann sei, der eine französische Mutter habe, was er in Deutschland verschwiegen hätte. Er sei nun ohne Tätigkeit und hoffe durch Vermittlung dieses jüdischen Büros Arbeit zu erhalten. Schulze-Wilde verwies ihn, da er wegen seiner französischen Mutter doch Franzose sei, an die dafür zuständigen amtlichen französischen Arbeitsbeschaffungsorganisationen. Dies habe er auch getan und es sei ihm auf diesem Wege gelungen, wieder in den Arbeitsprozeß hineinzukommen. Die beiden Männer kamen dann noch öfter zusammen und schließlich erzählte der SA-Mann, daß die SA den Reichstag angezündet habe, erzählte ihm alle die genannten Einzelheiten über die enge Zusammenarbeit des nationalsozialistischen Agenten Paul Waschinsky mit van der Lubbe. Schulze-Wilde habe dann den SA-Mann aus den Augen verloren und könne sich unglücklicherweise nicht mehr auf dessen Namen besinnen.

Nun zu Gisevius’ Darstellung. Hier ist die Schlüsselfigur nicht ein gewisser Waschinsky, sondern jener Zuchthäusler Rall, der von dem Neuruppiner Amtsgericht aus dem Untersuchungsgefängnis vorgeführt, Aussagen vor dem entsetzten Amtsrichter machte, daß die SA unter Führung von Gruppenführer Karl Ernst den Reichstag angezündet habe und daß er selbst ein Mittäter gewesen sei. Da selbst der Gisevius grimmig befehdende Diels nicht abstreitet, daß dieser Rall existiert habe, dürfte der Richtigkeit der Gisevius’schen Darstellung, auch wenn sie mitunter den Boden der exakten Wirklichkeit zuliebe einer etwas roman-haften Aufmachung verlassen hat, Glauben geschenkt werden können. Es ist schließlich, wie ich eingangs erwähnt habe, bei diesen von unlösbaren Problemen verwirrten Tatsachenkomplexen nur von geringer Bedeutung ob wir genau wissen, wer im Auftrag der Nationalsozialisten die schmutzige Kleinarbeit gemacht hat.

Schließlich nach einige Bemerkungen über diejenigen Persönlichkeiten, die als Ausführende beim Reichstagsbrand genannt weiden. Gisevius nennt einen gewissen „Schweinebacke“ (ein Spitzname für SA-Mann Schmidt) Rall und schließlich als den, den 30. Juni 1934 einzig Überlebenden, einen gewissen „Heini Gewehr“ 2°). Dieser, nach den Aussagen von Gisevius, die er sowohl in seinem Buche als auch an Nürnberger Prozeß gegeben hat sei später als Polizeioffizier im russischen Feldzuge verschollen. Die anderen seien spätestens am 30. Juni 19 34 ums Leben gebracht worden. Über Heini Gewehr habe ich umfangreiche Forschungen angestellt und es ist mir gelungen, ihn zumindest bis Ende des Jahres 1948 noch unter den Lebenden nachzuweisen. Heini Gewehr, dessen richtiger Vorname Hans Georg ist, hat den Krieg überstanden. Er wurde von den Amerikanern gefangengenommen und zunächst im Lager Hammelburg bei Kissingen untergebracht. Später war er in einem Lager bei Moosburg, bei Freising interniert. Am 4. März 1947 meldete der Postenführer Georg Gütter, daß der bei dem Arbeitskommando Freising-Brückenbau beschäftigte Häftling Gewehr Juni 19 34 ums Leben gebracht worden. Über Heini Gewehr habe ich umfangreiche Forschungen angestellt und es ist mir gelungen, ihn zumindest bis Ende des Jahres 1948 noch unter den Lebenden nachzuweisen. Heini Gewehr, dessen richtiger Vorname Hans Georg ist, hat den Krieg überstanden. Er wurde von den Amerikanern gefangengenommen und zunächst im Lager Hammelburg bei Kissingen untergebracht. Später war er in einem Lager bei Moosburg, bei Freising interniert. Am 4. März 1947 meldete der Postenführer Georg Gütter, daß der bei dem Arbeitskommando Freising-Brückenbau beschäftigte Häftling Gewehr aus dem Zuge Moosburg-Freising entkommen sei. Die üblichen Recherchen haben nichts ergeben und wurden am 23. Dezember 1948 eingestellt. Aus den beim Amtsgericht München aufbewahrten Papieren der ehemaligen Kriegsgefangenen und Internierte ums Leben gebracht worden. Über Heini Gewehr habe ich umfangreiche Forschungen angestellt und es ist mir gelungen, ihn zumindest bis Ende des Jahres 1948 noch unter den Lebenden nachzuweisen. Heini Gewehr, dessen richtiger Vorname Hans Georg ist, hat den Krieg überstanden. Er wurde von den Amerikanern gefangengenommen und zunächst im Lager Hammelburg bei Kissingen untergebracht. Später war er in einem Lager bei Moosburg, bei Freising interniert. Am 4. März 1947 meldete der Postenführer Georg Gütter, daß der bei dem Arbeitskommando Freising-Brückenbau beschäftigte Häftling Gewehr aus dem Zuge Moosburg-Freising entkommen sei. Die üblichen Recherchen haben nichts ergeben und wurden am 23. Dezember 1948 eingestellt. Aus den beim Amtsgericht München aufbewahrten Papieren der ehemaligen Kriegsgefangenen und Internierten ist zu entnehmen, daß damals seine Ehefrau Gertrud Gewehr in Kirchheim bei Mindelheim lebte. Wie ich mit Hilfe des zuständigen Bürgermeisters des Mindelheimer Distriktes feststellen konnte ist Frau Gewehr, nachdem sie sich von Hans Georg hat scheiden lassen, nach Oberkammlach bei Mindelheim verzogen. Jetzt lebt sie (seit 27. Mai 1955 mit ihrem zweiten Mann, der Scheule heißt 27) in Roßhaupten bei Füssen. Nun wandte ich mich direkt an Frau Scheule und bekam von ihr kurzerhand die Mitteilung, das ihr der jetzige Aufenthalt ihres einstigen Mannes völlig unbekannt sei. Desgleichen könne sie über seine Tätigkeit vor ihrer 1941 erfolgten Eheschließung keine Auskunft geben, „da es sie nicht interessiere“ 28).

In der Literatur wird an verschiedenen Stellen ein gewisser Hauptmann Röhrbein, der ebenfalls am 30. Juni 1934 ermordet wurde, genannt 29). An einer Stelle wird er der „Mentor“ von Karl Ernst genannt und als ein Mitglied des homosexuellen Freundeskreises um diesen SA-Führer bezeichnet. Auch wird er als Mörder Oberfohrens genannt. Er selbst bezichtigte sich Häftlingen im Münchner Polizeigefängnis gegenüber, daß er zu der berüchtigten Gruppe gehört habe, die den Reichstag angezündet hätte.

Eine befriedigende Aufklärung, wie es Goebbels gelungen ist, innerhalb weniger Tage einen „waschechten" Kommunisten zu finden, der sich dazu hergeben konnte, den Reichstag anzuzünden, vielleicht sogar ohne daß er von der Mitarbeit anderer etwas wissen mußte, bleibt ungelöst. Am wahrscheinlichsten ist es ausgedrückt von dem Göring-Biographen Frischauer 30): „Meine Gewährsmänner, berüchtigte und habgierige Mitglieder der Nazi-Unterwelt, berichteten mir davon, wie die SA-Führung davon unterrichtet worden sei, daß ein 24jähriger Holländer in einem Wirtshaus bei Henningsdorf bei Berlin gemurmelt habe: , Die Nazis werden den Kommunisten nie erlauben, ihre Plätze im Reichstag einzunnehmen. Und was soll ein Reichstag ohne Kommunisten'. Er stotterte dann noch etwas von , den Reichstag niederbrennen'und schon hatte ein Mitglied des SA-Sturmes 17sich zu erkennen gegeben und ihn zurKaseme gebracht 31). , Er gibt an, den Reichstag in Brand setzen zu wollen!'meldete der SA-Mann. Wohl hatten er und seine Kameraden nie viel von dem Reichstag gehalten, aber die Verhaftung dieses kleinen ausländischen Aufwieglers mußte natürlich nach oben berichtet werden“.. . und so wurden Ernst und Helldorf informiert und von diesen kam es an Goebbels und Göring heran.

Die Tätigkeit der Feuerwehr beim Reichstagsbrand

Auch über diese rein technische Frage sind sofort nach dem Brande die verschiedensten Versionen und Gerüchte aufgetaucht, die ebenfalls auch hier wieder einen Beweis liefern für die damals von keinem Widerstand in Deutschland gehemmte Propaganda der Nationalsozialisten.

Der damals in Berlin sehr populär gewesene Oberbranddirektor G e m p p steht im Mittelpunkt dieser Kontroversen. Er hat seine mit Pflichtbewußtsein gepaarte Aufrichtigkeit mit dem Tode büßen müssen 32). Während Hitler bald nach dem Reichstagsbrand am 14. März 193 3 ihm wegen „umsichtiger Leitung" besonderen Dank und warme Anerkennung ausgesprochen hatte, wurde er wenige Wochen nach dem Brande kurzerhand zur Disposition gestellt und der Duldung „marxistischer und kommunistischer Hetz-und Wühlarbeit“ und der Zurücksetzung „national eingestellter Feuerwehrbeamter“ beschuldigt. Was war geschehen? Gempp hatte in einer Besprechung mit Inspektoren und der Brandleitung der Feuerwehr eine Darstellung gegeben, die anders lautete als die offizielle, von Göring ausgegebene Version. Er hatte in dieser Besprechung Klage darüber geführt, daß die höchste Alarmstufe zu spät gegeben worden wäre. Auch wird berichtet, daß Gempp im Rundfunk über den Brand habe sprechen wollen und auf Befehl Görings vom Mikrophon entfernt worden wäre. Gempp hat in seiner Vernehmung im Reichsgerichtsprozeß — doch wohl auch schon unter starkem Druck stehend — wesentliche Einschränkungen dessen, was zuvor über seine Meinung in die Öffentlichkeit gedrungen zu sein scheint, gemacht 33).

Ich bin in der glücklichen Lage, mich für die nun folgende Schilderung auf einen von dem jetzigen Berliner Oberbranddirektor W i s s e 11 abgezeichneten Bericht 34) stützen zu können. Dieser Bericht fußt hauptsächlich auf den Meldungen der drei Feuerwehrmänner bei dem Löschzug Nr. 6, der als erster am Brandort eintraf Der Bericht teilt einige bis heute völlig unbekannt gebliebene Tatbestände mit. Es heißt in ihm u. a.: „Um für die nadistoßenden Löschtrupps Licht zu schaffen, suchte einer der Feuerwehrmänner nach der Möglichkeit, elektrisches Licht einzuschalten. Er ging, da erfahrungsgemäß die Lichtschaltanlagen in derartigen Gebäuden sich hinter dem Schankraum befinden, zu diesem Ort, mußte aber feststellen, daß sich hier keine zentrale Lichtschalteinrichtung befand. Darauf begab er sich zu einem Abstellraum, in dem sich offenstehende Schränke mit Tischwäsche usw. befanden. Er bemerkte hierbei, daß ein großer Teil der Wäsche kurz vorher in Eile herausgerissen worden sein mußte, auch der verbliebene Rest befand sich nicht mehr in ordnungsgemäßem Zustand. Außerdem stand in diesem Raum ein Tisch mit mehreren Stühlen, die umgeworfen waren. Von diesem Abstellraum führte eine Treppe nach unten. Als der Feuerwehrmann die letzten Stufen dieser Treppe, mit den Händen an den Wänden tastend, herunterging, stieß er mit der linken Hand an einen kleinen Treppenlichtsdialter, den er betätigte. Darauf ging das Treppenlicht an. Er sah in der Richtung der Treppe einen Windfang, von dem einige Schieiben in Größe von etwa 40 X 50 cm zerschlagen waren. Aus diesen Öffnungen starrten dem Feuerwehrmann mehrere Pistolenläufe entgegen, die von Personen gehalten wurden, die in nagelneuen Polizei uniformen steckten und den Feuerwehrmann aufforderten, sofort zurüdezugehen, da sie sonst von der Schußwaffe Gebrauch machen würden. Der Feuerwehrmann trat den Rückzugsweg an und teilte den Sachverhalt sofort seinem Zugführer mit."

Wir wissen, daß der kürzlich verstorbene ehemalige Hausinspektor des Reichstags Scranowitz vor seinem Tode in deutschen Zeitungen den Standpunkt vertreten hatte, daß van der Lubbe es allein getan haben müsse. Dieser „rechts" eingestellte Beamte spielte eine mehr als merkwürdige Rolle. Als Zeuge im Reichsgerichtsprozeß vorgeladen, sprach er sich des längeren über das reibungslose Funktionieren des Aufsichtspersonals in der Brandnacht aus. Der mir zur Verfügung stehende Bericht der Berliner Feuerwehr schreibt über Scranowitz folgendes: „In der Zeit, als der Löschangriff im Plenarsaal durchgeführt wurde, trafen Hitler, Göring und von Papen mit einem Stab von etwa 20 Personen ein. Auffallend war, daß Hitler, der einen Trenchcoat trug, bei seinem Aufenthalt im Hauptportal zur Erde stierte und hin und her lief, während dagegen sich Göring in einer renitenten Art und Weise dort aufspielte; von Papen machte den Eindruck eines Nicht-Eingeweihten und stand abseits. Außerdem war noch der Hausinspektor Scranowitz anwesend, dessen einzigste Sorge war, daß ein auf Rahmen gespannter Gobelin von der Feuerwehr gerettet werden sollte. Dieser Gobelin wurde aus dem Abstellraum einer der oberen Etagen des Reichstagsgebäudes nach Zerschlagen des Rahmens von der Feuerwehr in Sicherheit gebracht. Als der Hausinspektor nach Beendigung des Löschangriffs von mehreren Personen gefragt wurde, warum er sich weniger um das Gebäude als um diesen Teppich gekümmert habe, erklärte dieser, daß das wertvolle Stück im Reichstagsgebäude versteckt gehalten worden sei, da es auf der Auslieferungsliste Frankreichs nach dem ersten Weltkrieg stand. Dies wird deshalb als wichtig angesehen, weil es auffällig ist, daß ein Hausinspektor, der zum brennenden Reichstag kommt, nur daran denkt, einen Teppich zu retten, der wenigstens seit 1919 im Hause aufbewahrt wurde. Dieser Mann hat dann später im Rundfunk über den Reichstags-brand sinngemäß folgende Äußerung gemacht: , Ich habe eine Dienstwohnung im gegenüberliegenden Reichstagspräsidentenpalais. Als ich die Signale der Feuerwehr hörte und diese die Einbahnstraße in entgegengesetzter Richtung fahren sah, war für mich klar, daß der Reichstag brennt'. Hierzu ist folgendes von der Feuerwehr zu sagen: Die Feuerwehr hat sehr oft diese Einbahnstraße in verkehrter Richtung und zu den gleichen Abendstunden bei Einsätzen „Personen im Wasser'(Selbstmörderecke) befahren müssen." Hier würde also die Frage an den Inspektor zu stellen sein, wie oft denn schon der Reichstag hätte brennen müssen.

Viel erörtert ist auch die Frage, ob in jenen kritischen Stunden der Reichstag genügend bewacht worden ist. Ein alter Freund von mir, der kürzlich verstorben ist, veröffentlichte jüngst in Zeitungen den Inhalt einer Pressebesprechung, die am Brandort der Reichstagsdirektor Geheimrat Galle und Oberbranddirektor Gempp mit den dort* anwesenden Pressevertretern hatte. Paul (Pablo) Heßlein damals ein bekannter demokratischer Journalist in Berlin, war es gelungen, noch mit einem anderen Kollegen zusammen rechtzeitig vor den rigorosen Absperrungsmaßnahmen der Polizei hinein zu kommen. Gempp teilte in dem soeben erwähnten Interview mit, daß die Aufsichtsbeamten des Reichstages kurz nach 20 Uhr das Reichstagsgebäude verlassen hätten. Ein Journalist stellte an Geheimrat Galle eine diesbezügliche Frage. Dieser wurde bleich und man fühlte, daß er innerlich rang und sich in seiner Beamtenehre getroffen fühlte. Schließlich erklärte er, daß er den Ereignissen fassungslos gegenüberstehe. Auch er sei der Auffassung, daß eine Reihe von Brandstiftern am Werke gewesen sein müßten. Ihn, Galle, träfe kein Vorwurf, daß der übliche Nachtdienst nicht funktioniert habe; denn er müsse sich den Anweisungen des • Reichstagspräsidenten fügen. Der Reichstagspräsident Göring habe aber für diesen Tag befohlen, daß alle Beamten pünktlich um 8 Uhr abends das Haus zu verlassen haben und daß nach dieser Zeit sich niemand mehr im Gebäude aufhalten dürfe, auch er — Galle — nicht, und daß an diesem Abend der Nachtdienst nicht vor 22 Uhr beginnen solle.

Infolgedessen sei zum erstenmal in der Zeit von 20 bis 22 Uhr der Reichstag unbewacht geblieben. Er müsse daher als Reichstagsdirektor jede Verantwortung ablehnen. Die Antwort auf diese mit erregter Stimme abgegebene Erklärung war betretenes Schweigen. Alle Teilnehmer der nächtlichen Besprechung sahen sich betroffen an. Das Rätsel war kein Rätsel mehr. ... Nach Mitternacht lag in meiner Wohnung bereits eine Nachricht des Wolff’schen Telegraphenbüros an sämtliche Zeitungs-und Pressevertreter vor, daß über die Besprechung Gempp und Galle mit den Journalisten nichts veröffentlicht werden dürfe. Soweit der Bericht.

Diese sensationelle Mitteilung Heßleins veranlaßte mich bereits zu Beginn meiner Untersuchungen an die Witwe des inzwischen verstorbenen Geheimrats Galle in Potsdam zu schreiben und um nähere Auskunft zu bitten. Die Dame antwortete mir: Sie bezweifle die Richtigkeit dieser Mitteilung, „denn obgleich ihr Mann niemals über Dienstangelegenheiten mit ihr gesprochen habe, dürfte er doch wohl in den langen Jahren seiner Pensionierung ihr einmal darüber Mitteilung gemacht haben".

Kehren wir zurück zu dem Bericht der Berliner Feuerwehr. Dort heißt es: „Wenige Wochen nach dem Reichstagsbrand traf einer unserer Feuerwehrbeamten einen ihm seit Jahren bekannten Pförtner des Reichstags mit Namen Jankowski. Dieser teilte ihm unter dem Siegel der Verschwiegenheit mit, daß alle Pförtner des Reichstags am Tage des Brandes vorzeitig vom Hausinspektor beurlaubt wurden und daß alle, mit Ausnahme des Inspektors, später versetzt worden sind.

Der ehemalige Oberbaurat der Feuerwehr Meußer, der als erster höherer Feuerwehrbeamter am Tatort erschienen war, hielt mit der im Einsatz gewesenen Wachbesetzung des Löschzuges bald nach dem Brand im Rahmen einer Unterrichtsstunde eine Besprechung über den Reichstagsbrand ab. Hierbei wurde folgende Frage aufgeworfen: , Wie sind die Brandstifter ins Reichstagsgebäude gekommen, da sämtliche Portale geschlossen waren'. Diese Frage wurde folgendermaßen geklärt: Meußer zeichnete an einer Tafel in groben Zügen den Grundriß des Reichstags-gebäudes an. In dieser Skizze wurde auch die Treppe eingezeichnet, an deren Fußende sich die Personen in Polizeikleidung befanden. Nun wurde die Frage gestellt: Wie sind diese Männer ins Gebäude gekommen? Man stellte im Verlauf der weiteren Besprechung fest, daß ein begehbarer Heizungsgang vom Reichstagsgebäude zum Amtsgebäude Görings (Reichstagspräsidentenpalais) führte. An Hand dieser Kenntnis zog man nun die Folgerung, daß die Brandstifter, wohlvorbereitet, ihre Brand-mittel durch LKW’s im Amtsgebäude Görings eingeschleußt und durch den 2, 5 m hohen Gewölbegang ins Reichstagsgebäude befördert haben. Daß es sich um mehrere Personen gehandelt haben muß, geht daraus hervor, daß 1.den Brandstiftern nicht viel Zeit zur Verfügung stand 2. ein Mann nicht in der Lage war, diese Vielzahl von Brandstellen in der zur Verfügung stehenden Zeit anzulegen. Ferner wurde in der Besprechung auch erwähnt, daß die im Windfang befindlichen Personen in Polizeiuniform vermutlich den Auftrag hatten, den Rückzug der Brandstifter zu decken. Am Schluß der Besprechung bestand Einmütigkeit darüber, daß die Brandstiftung nur so möglich sein konnte.“

Eine Abschlußbemerkung des Berichtes lautet: „Wenige Tage darauf hielt Oberbaurat Meußer einen erneuten Unterricht über den Reichstags-brand ab. Der Sinn dieses Unterrichts war, daß Meußer offensichtlich von höherer Stelle beauftragt war, die in der ersten Besprechung erarbeiteten Themen als falsch hinzustellen. Man hatte den Eindrude, daß Meußer an das, was er jetzt vortrug, selbst nicht glaubte, nämlich, daß der Holländer Marinus van der Lubbe als alleiniger Täter in Frage kommen konnte“.

Die Tätigkeit des politischen Agenten Georg Bell

Eine wichtige Persönlichkeit ist der von Geheimnissen -umwitterte, von einer Gruppe Münchner SA und SS am 3. April 1933 in Durchholzen bei Kufstein in Tirol ermordete, Ingenieur Georg Bell Es ist meiner Ansicht nach anzunehmen, daß er von dem Reichstagsbrand schon vor dem EreignisBescheid wußte und daß er diesesWissen mit demTode büßen mußte. Bell hatte die Öffentlichkeit mehr als einmal beschäftigt; unter anderm durch seine Teilnahme an den Tscherwonzen-Fälschungen (Prozeß Januar bis Februar 1930). Ferner spielte er eine maßgebliche Rolle in dem vom Braunen Haus gegen die sozialdemokratische „Münchner Post“ angestrengten Beleidigungsprozeß (Oktober 1932). Aus diesem erfuhr die Öffentlichkeit, daß Bell die eigenartige Zusammenkunft zwischen Röhm und dem Reichsbannerführer Major a. D. Mayer in dessen Wohnung in Magdeburg vermittelt hatte und daß er auch den Vorsitzenden der sozialdemokratischen Reichstagsfraktion Wels in diesen Tagen ausgesucht und ihn „um Fürsprache im Sinne der Nichtveröffentlichung der gegen Röhm erhobenen Beschuldigungen hinsichtlich § 175" gebeten habe

Seit mindestens dem Frühjahr 193 3 war er von Röhm, dem er damals menschlich nahe stand — ohne je Nationalsozialist zu sein oder gar seiner Freundschaftsgruppe anzugehören — als politischer Agent für Informationen und Auskünfte im und aus dem Auslande verwendet worden. Im Jahre 1932 trat ein Bruch zwischen Röhm und Bell ein. Bell wurde Mitarbeiter des bekannten Politikers Fritz Michael Gerlich, langjähriger Chefredakteur der Münchener Neuesten Nachrichten. Gerlich war unter dem Einfluß der wundertätigen Therese Neumann in Konnersreuth Katholik geworden. Dieser Mann, ein fanatischer Hasser des Nationalsozialismus begann nach seiner Konversion die Herausgabe einer Zeitschrift: „Der gerade Weg", die mit rücksichtsloser Offenheit Hitler und seine Partei bekämpfte. Der Fürst von Waldburg-Zeil stützte diese Zeitschrift. Für Gerlich war Bells Mitarbeit von unschätzbarem Wert.

In den letzten Februartagen des Jahres 1933 muß Bell in Berlin gewesen sein; denn kurz nach dem Reichstagsbrand erschien in der „Neuen Zürcher Zeitung“ eine Notiz daß Bell den damaligen Berliner Korrespondenten des „Manchester Guardian" schon vor Ausbruch des Brandes aufgefordert habe, sich zur genauen Stunde des Brandes an den Tatort zu begeben. Gerlich sandte Bell unmittelbar nach dem Reichstagsbrand erneut nach Berlin und er kam zurück mit Informationen, die unzweideutig die Schuld der Nationalsozialisten am Brande erkennen ließen. Vergegenwärtigen wir uns jene Zeit. Es waren die aufgeregten Tage, in denen Hitler die Herrschaft der Länderregierungen zu brechen und seinem in Berlin so bewährten System uniform unterzuordnen begann. Bell, der sich die Feindschaft der höchsten Parteileitung und Röhms zugleich zugezogen hatte, mußte damit rechnen, daß seine Tage in Deutschland gezählt waren. Dasselbe galt für Gerlich, den nichts bewegen konnte, seinen Kampf gegen Hitler aufzugeben. Es war der 9. März 1933. Ministerpräsident Held in München wurde von dem SA-und SS-Mob gestürzt, und General von Epp übernahm die Regierung in Bayern. Überall in den nicht-preußischen Ländern herrschte in jenen Tagen eine von keiner Ordnungsgewalt gehinderte Anarchie. Stoßtrupps der braunen Horden stürmten auch die Redaktion des „Geraden Wegs" am Färbergraben. Im Zimmer Gerlichs, der gerade einen Aufsatz auf Grund der Informationen Bells in die Maschine schrieb, lagen teils auf dem Schreibtisch, teils noch in der Aktenmappe, die Notizen Bells.

Nach genauen Schilderungen der Sekretärin Gerlichs, Fräulein Breit waren es: 1. Angaben über den Reichstagsbrand, 2. Kopie eines Vertrages der'durch Röhm vertretenen NSDAP mit dem englischen Ölmagnaten Deterding über die Finanzierung der SA durch ihn gegen Zusicherung der Bevorzugung seiner Ölinteressen nach der Machtergreifung, 3. die Nennung der Kronzeugen dafür, daß Hitler seine Nichte Geli ermordet habe, 4. die Pläne zur Diffamierung der römisch-katholischen Kirche und schließlich 5., Röhms Pläne auf Beseitigung Hitlers nach der Machtergreifung. Es gelang in einem unbewachten Augenblick der Sekretärin Gerlichs und seinem Neffen Dr. Weitmann die Dokumente sicherzustellen und dann zu vernichten. Gerlich wurde grausam mißhandelt, verhaftet und schließlich nach qualvollen Leiden, die er heroisch trug, ohne ein Geheimnis preiszugeben, am 30. Juni 1934 ermordet.

Noch aber gab es einen anderen Satz jener Bell’schen Papiere. Mit diesen Originalen war am 7. März 1933 der Regierende Fürst von Waldburg-Zeil gemeinsam mit Gerlich, Dr. Weitmann und Bell zu dem württembergischen Staatspräsidenten Bolz in Stuttgart gefahren, in der Hoffnung, daß dieser bereit sein werde, den Reichspräsidenten Hindenburg an Hand jener Informationen über den gefährlichen Kurs, den das Reichsschiff steuere, aufzuklären. Doch auch in Stuttgart war der Hitlersche Statthalter schon vor den Toren. Bolz — ahnend, daß seine Tage gezählt seien, — versagte sich, obwohl sichtlich beeindruckt — dem Vorschlag des Fürsten. Letzterer suchte sich nun schleunigst der hochgefährlichen Dokumente zu entledigen. Er gab sie sofort seinem jüngeren Bruder Graf Konstantin von Waldburg-Zeil mit dem Ersuchen, sie umgehend nach der Schweiz zu bringen. Graf Konstantin (ich folge nun seinen mir gegebenen eigenen Darstellungen, als ich ihn am 13. Juli 1955 auf seinem zwischen Kempen und Leutkirch gelegenen Landsitz aufsuchte) suchte — etwa am 10. März 193 3 die Redaktion der „Neuen Zürcher Zeitung“ auf. Der Fürst wollte, um Gerlich zu retten, versuchen, der weltbekannten Zeitung die Informationen anzubieten. Sie sollte einen warnenden Artikel erscheinen lassen, um den Nationalsozialisten vor Augen zu führen, daß die Zeitung im Besitz hochwichtiger Dokumente sei, die der Partei und der Regierung außerordentlich schaden könnten. Die Zeitung ließ jedoch einen solchen Artikel nicht erscheinen. Der Fürst Waldburg-Zeil, der am nächsten Tage ebenfalls nach Zürich kam, nahm die Papiere wieder mit. Die Papiere sind heute verschollen. Eine schwache Hoffnung: die „Neue Zürcher Zeitung“ könnte sich von den gesuchten Bell-Papieren Abschriften gemacht und diese im Zeitungsarchiv aufbewahrt haben, ve ranlaßte mich, nach Zürich zu schreiben. Leider ohne Erfolg.

Bell war in jenem kritischen Augenblick, als die SA-und SS-Männer die Redaktion des „Geraden Weges“ stürmten, ebenfalls anwesend. Er sah vom Fenster aus die Männer kommen und konnte blitzschnell, bevor sie die Redaktion erreichten, über das Dach des Nachbarhauses entkom-men Er entkam nach Österreich und hielt sich in der Kufsteiner Gegend auf. Major a. D. Hell der damals als Schriftleiter im „Geraden Weg“ arbeitete und an jenem 9. März in der Redaktion Dr. Gerlichs anwesend war, entkam ebenfalls nach Österreich und traf sich mit Bell. Es war ihre Absicht, wie er mir erzählte, wenn es wärmer werden würde, sich auf eine ihm gehörende Skihütte in den Bergen zurückzuziehen. Aber Röhms Schergen waren schneller. In eben jenem Gasthause in Durchholzen bei Kufstein, wo sie Quartier genommen hatten, wurde Bell am 4. April 1933 mit sechs Pistolenschüssen niedergestreckt. Als Mörder war von Röhm der für schwierige Fememorde besonders geeignete Standardenführer beim Stabe Röhms, Uhl ausersehen. Audi er wurde am 30. Juni 1934 in Ingolstadt, wohin er später als Standardenführer versetzt worden war, als lästiger Mitwisser ermordet.

Noch in den letzten Wochen zwischen Flucht und Ermordung betätigte sich Bell weiter als Agent gegen das System. Es entbehrt nicht des Interesses und läßt sogar auf die Entstehung des Braunbuches Schlüsse zu, daß Bell sich damals mit Münzenberg an der voralbergisch-schweizerischen Grenze getroffen hat, wie er in seinem grenzenlosen Leichtsinn einem befreundeten Rosenheimer Nationalsozialisten ausgeplaudert hatte.

Mit der Ermordung Bells ist einer der wichtigsten Kenner der Vorgeschichte des Reichstagsbrandes für immer zum Schweigen gebracht. Die Gerichtsakten des Landgerichtes Traunstein gegen den des Fememordes mitangeklagten Ludwig Küchler (1948/49) geben viele Hinweise auf Bells Agententätigkeit.

Die wichtigsten Kronzeugen Major Hell (jetzt München) und Dr. med. Ernst Klein in Rosenheim sowie die in Aretins biographischer Skizze über Gerlich genannten Fräulein Breit und Dr. Weitmann habe ich persönlich gesprochen. Dr. Klein (PG Nr. 99), Brigadearzt und Standarten-führer der SA-Gruppe „Hochland", war ein besonders guter Bekannter Bells. Er will von diesem erfahren haben, daß Goebbels und Göring das Attentat erdacht und organisiert hätten und Hitler davon gewußt habe. Bell habe Dr. Klein auch erzählt, „daß der ehemalige Stabschef Röhm ihn (Bell) 193 3 dafür gewinnen wollte, mit dem Holländer van der Lubbe zusammen das Reichstagsgebäude in Berlin in Brand zu setzen. Dieses Ansinnen aber habe er abgelehnt. Auf meine Frage an Dr. Klein: „Wie van der Lubbe mit den Nazis zusammengebracht worden sei“, sagte er, „daß van der Lubbe irgendeinem hohen SA-Führer in Berlin bekannt gewesen sei und von diesem, ohne zu wissen wozu er mißbraucht werden würde, zum Reichstag hin bestellt worden sei. Alles übrige habe sich dann automatisch weiter abgerollt". — In mehreren Telefongesprächen und bei meinem Besuch in Rosenheim versicherte mir Dr. Klein, daß er seine Kenntnis über Bells Informationen nur von diesem selbst erhalten habe. Bell sei bekannt dafür gewesen, daß er sehr sorglos über Partei-Interna geplaudert habe. Er habe ihn selbst wiederholt gewarnt. Daß Röhm Bell aufgefordert habe, zusammen mit van der Lubbe den Reichstag anzuzünden, halte ich für unwahrscheinlich. Dagegen ist es interessant, wenn mir Dr. Ernst Klein in Rosenheim noch 22 Jahre nach dem Ereignis sagen konnte: „Mein und meiner Freunde Eindruck unmittelbar nachdem wir die Nachricht von dem Brande hörten, war der: Das haben die Nazis gemach t“.

Es gibt noch ein anderes — durchaus ernst zu nehmendes — Zeugnis darüber, daß Bell den Dr. Gerlich über den Reichstagsbrand und seine Anstiftung durch Goebbels und Göring informiert hatte. Freiherr von Aretin berichtet daß Gerlich einem Haftgenossen u. a. wörtlich erklärt habe: „Ich weiß, man wird mich ermorden. Ich weiß durch Georg Bell, Nachricht vom 5. März 1933, daß Goebbels den Reichstagsbrand inszeniert und daß Göring die Idee verwirklicht hat“.

Daß Bell von der Absicht, den Reichstag in Brand zu setzen, im voraus gewußt haben muß, ist sicher. Eine kurze Notiz, Bell habe den Berliner Korrespondenten des „Manchester Guardian“ vor dem Ereignis telefonisch aufgefordert: Wenn er den Reichstag brennen sehen wolle, so solle er zu der und der Stunde sich vor dem Reichstagsgebäude einfinden, stand in jenen Tagen in der „Neuen Zürcher Zeitung“. Dr. Weit-mann bestätigte mir, daß Bell Ende Februar in Berlin gewesen sei und dort u. a. im Herren-Club und mit von Papen und Schleicher Gespräche gehabt habe.

Der Brief Ernst Kruses an Hindenburg

Als Hauptquellen zur Erforschung des Reichstagsbrandes wurden noch in neuester Zeit vor allem zur zwanzigsten Wiederkehr des Ereignisses in den Zeitungen (1953), neben den sich allerdings widersprechenden Schilderungen von Gisevius und Diels jener Brief genannt, den ein angeblicher Diener des Stabschefs Röhm, SA-Mann Ernst Kruse der am Brande beteiligt gewesen sei, am 10. Juli 1934, also kurz nach dem Röhm-Putsch, an Hindenburg gerichtet haben solle. Kruse sei im Auftrage seines inzwischen ermordeten Chefs mit geheimen Akten nach der Schweiz geflüchtet und sollte diese Akten an die englische Regierung weiterleiten. Der Brief dieses Mannes ist datiert vom 10. Juli 1934 „aus der Schweitz“ und an den greisen Reichs-präsidenten in Schloß Neudeck gerichtet. (Siehe Anlage IV.)

Von Gewissensnöten geplagt, wolle er dem Reichspräsidenten die volle Wahrheit über die wahren Täter mitteilen. Die beiden Anführer der zwei Gruppen von je fünf Mann wären Heines und Ernst gewesen. Die Namen der zehn Mittäter wären: Brähm, Stettmann, Nagel, Sirop, Rumelsbach, Heringer, Bratschke, Lehmann, Schmitz und er. Und dann folgt in unbeholfenem fehlerhaftem Deutsch eine an sich durchaus glaubwürdige Schilderung, wie der Brand entfacht worden sei.

Durch einen Zeitungsaufsatz kam ich auf die Spur von Herrn Rechtsanwalt und Notar Hermann Föge in Göttingen, in dessen Händen sich das Original befinden soll. Herr Föge war so freundlich, mir das tatsächlich in seinem Besitz befindliche Dokument zu senden. Er schrieb in seinem Begleitbrief an mich (18. Mai 1955) u. a.: „Nach meiner persönlichen Beobachtung in dem Reichtagsbrandprozeß ... und nach einer Diskussion, welche ich mit dem früheren Reichstagsabgeordneten Torgier . .. hatte, bin ich von der Echtheit des Briefes überzeugt. Kruse selbst habe ich nirgends ermitteln können.“ Dieser Kruse wurde nach Bekanntwerden des Briefes, der wohl zuerst im Frühjahr des Jahres 1933 in einer Saarländischen Zeitung erschienen war, in der ganzen Welt gesucht und ist niemals gefunden worden. Das mir zugesandte Exemplar ist von ganz primitiver Handschrift mit Bleistift geschrieben, auf einem liniierten gelblichen Doppelbogen in DIN-Format und mag, wenn es echt ist, Kunde ablegen von der einfachen Herkunft des Briefschreibers. Ich persönlich halte den Brief für eine Fälschung, für einen der vielen Versuche der Opposition, die noch lange nicht tot war, durch Flüsterparolen Stimmung gegen das neue Regime zu machen. Ich habe den Sohn des Generalfeldmarschalls und Reichspräsidenten General Oskar von Hindenburg befragt, ob ihm der Brief bekannt sei. In seinem Antwortschreiben verneinte er dies. Ich habe ferner — da der Ex-Staatssekretär der Reichskanzlei Meißner nicht mehr am Leben ist — seinen nächsten Mitarbeiter, der mir seit Jahrzehnten bekannt ist, Herrn Unterstaatssekretär a. D. Dr. Heinrich Doehle in gleicher Weise befragt. Er schrieb mir u. a.: „Ihre Frage, ob mir etwas über einen Brief des Dieners Röhms, Ernst Kruse, bekannt ist, muß ich verneinen. Weder hat Herr Meißner, mit dem ich öfters über den Reichstagsbrand sprach, jemals einen solchen Brief erwähnt, noch habe ich auf andere Weise davon erfahren oder gehört". Das amerikanische „Document-Center" in Berlin hat sich um eine Identifizierung der Namen und Standorte, der in dem Kruse-Brief erwähnten Männer bemüht, ohne daß dadurch irgendein Anhalt für die Echtheit der von dem Verfasser des Briefes genannten Namen gegeben werden konnte. Der Name Ernst Kruse fand sich in keiner Liste. Auch hatten die SA-Leute keine Nummern, wie wohl in dem Brief der SA-Mann Ernst Kruse die Nummer 134 522 angibt.

Das Institut für Zeitgeschichte, München, ist im Besitz noch eines zweiten (in Schreibmaschine geschriebenen) Exemplares des Krusebriefes, das ihm seinerzeit von einem Münchener Journalisten Herrn W. B. France überlassen worden war. Dieses Exemplar hat leichte Abweichungen von dem Göttinger Exemplar, die leicht zu erklären sind durch die Hast und Unruhe, mit der solche von Hand zu Hand gehende Propagandaliteratur damals entstand. Von Interesse ist nur, daß 'in dem Schreibmaschinenexemplar des Herrn France die Nummer des SA-Mannes Ernst Kruse 134 022 lautet, während das Göttinger „Original“ die Nummer 134 522 hat. Nach Auskunft der „Wiener Library" in London ist das angebliche Aktenmaterial Röhms nicht in die Hände der englischen Regierung gelangt

Diese Untersuchungen weisen darauf hin, daß der weitgehend in-und außerhalb Deutschlands bekannt gewordene Brief eine Fälschung sein muß. Aber da vieles darin enthalten war, was wahr gewesen ist oder wahr hätte sein können, war er als stimmungsbildend von Bedeutung

Das ,, Oberfohren-Dokument"

Das Oberfohren-Dokument spielt in der Erforschung der Vorgeschichte des Reichstagsbrandes eine erhebliche Rolle. Wie alle jene Dokumente, die entweder in der auswärtigen Presse erschienen oder in Deutschland in Abschriften von Hand zu Hand gingen und zum Inhalt die Schuld der Nazis am Reichstagsbrand hatten, wurde die Echtheit von deutscher amtlicher Seite bestritten und wird auch heute noch von jenen, die an Lübbes alleiniger Schuld festhalten, in jedem Falle bezweifelt. Es ist deshalb — angesichts der eingangs gemachten Erörterungen über die propagandistische Vernebelung, die die deutsche öffentliche Meinung in jener Zeit umfangen hatte, — auch im Fall Oberfohren erforderlich, in eine Einzelprüfung einzugehen.

Der Tatbestand ist folgender: Am 26. und 27. April 1933 erschienen in der bekannten englischen liberalen Zeitung „The Manchester Guardian“ zwei Aufsehen erregende ausführliche Berichte über den Reichstagsbrand, in denen die Schuld an dem Brand den nationalsozialistischen Mitgliedern des Reichskabinettes und der SA zugeschrieben wurde. „Eine vertrauliche Denkschrift,“ so schreibt das englische Blatt, „die sich mit dem Reichstagsbrand beschäftigt, zirkuliert zur Zeit in Deutschland. Sie ist handgeschrieben, da der Terror jede öffentliche Erwähnung oder Erörterung unmöglich macht. Aber es ist ein ernster Versuch, einen wohlabgewogenen Rechenschaftsbericht über die Ereignisse zu geben, unternommen von jemanden, der mit den deutschnationalen Kabinettsmitgliedern in Fühlung steht. Trotz ein oder zwei geringfügigen LIngenauigkeiten ist es zumindestens der erste bedeutende Beitrag zur Lösung des Rätsels von dem Reichstagsbrand.“

Die Oberfohren-Denkschrift ist im vollen Wortlaut in englischer Sprache vom German Information Bureau in London herausgegeben worden

Der deutschnationale Politiker Oberfohren, in jenen kritischen Tagen der Führer der Reichstagsfraktion seiner Partei, stand damals im Gegensatz zu seinem Parteichef Dr. Alfred Hugenberg, der als Reichswirtschaftsminister Mitglied des Reichskabinetts war. Die Differenzen, die nach Ansicht von Kennern mehr auf Mißverständnissen beruhten, als grundsätzlicher Natur gewesen sind, dürften bald wieder bereinigt wor-den sein. Am 7. Mai 1933 wurde Oberfohren an seinem Schreibtisch tot aufgefunden. Die amtliche Version spricht von Selbstmord, die oppositionelle von Mord. Im Braunbuch wird als Mörder der nationalsozialistische Hauptmann a. D. Röhrbein aus München, der „den Mord eingestanden“ habe, genannt Diese Angabe wird in etwa durch die Mitteilungen Freiherr von Aretins in der biographischen Skizze über Gerlich gestützt, daß zur gleichen Zeit mit Gerlich und Aretin im Gefängnis des Münchener Polizeipräsidiums auch ein dem Trünke schwer ergebenes Subjekt gesessen habe, ein ehemaliger Hauptmann Röhrbein, der sich rühmte, einer der Spießgesellen gewesen zu sein, die durch den unterirdischen Gang kommend, den Reichstag angezündet hätten. In diesem Zusammenhang verweise ich schließlich auf eine Mitteilung des langjährigen Reichstagspräsidenten Paul Loebe an mich. Er schreibt in seinen Lebenserinnerungen, die kürzlich in 2. Auflage erschienen sind, u. a.:

„Ein Abgeordneter der Rechtsparteien in Bonn, sagte mir: , Es gab einen unerwünschten Mitwisser der Brandstiftung, es war der Vorsitzende der deutschnationalen Reichstagsfraktion, Oberfohren. Er ist damals beseitigt worden. Man fand ihn an seinem Schreibtisch, von einer Revolverkugel durchbohrt. Den benutzten Revolver hat eine unbekannte Hand vor den Toten sorgsam auf den Schreibtisch gelegt — so sorgsam, wie es der Tote unmöglich getan haben konnte.“ Daß das Ende des bekannten Politikers ein gewaltsames war, steht außer Zweifel. Etwas vorsichtig drückt sich der parteipolitische Nachfolger Oberfohrens, Herr Otto Schmidt/Hannover in einem Brief an mich aus, während Oberfohrens Witwe u. a. folgendes schreibt: „Mein Mann ist nicht von den Nazis erschossen worden. Wohl aber sah er sich ihrer dauernden Verfolgung ausgesetzt, deren Ende und Konsequenzen nicht abzusehen waren, so daß er in klarer Voraussicht der furchtbaren Folgen einer autoritären* Staatsführung, die zur Katastrophe für Volk und Staat führen mußte, in seiner tiefen Verzweiflung den Freitod vorzog."

In dem Londoner Gegenprozeß, dem auch für kurze Zeit der Verteidiger Torglers, Dr. Alfons Sade, beiwohnte, hat man sich Mühe gegeben, der Echtheit bzw. Fälschung der Denkschrift auf den Grund zu gehen. Im „Manchester Guardian“ vom 16. Sept. 1933 war ein Bericht mitgeteilt worden über die am Vortage stattgehabte Verhandlung, in der drei bekannte Politiker der Weimarer Republik zur Denkschrift Stellung nahmen: Es waren der frühere sozialdemokratische preußische Innenminister Albert Grzesinski, der sozialdemokratische Reichtagsabgeordnete Rudolf Breitscheid und der ehemalige Chefredakteur der Berliner „Vossischen Zeitung“ und demokratische Reichstagsabgeordnete Professor Dr. Georg Bernhard. Alle stellten der Denkschrift im ganzen das Zeugnis aus, daß sie in der Sache richtig sei. Bernhard fügte noch hinzu, daß er mit mehreren deutschen nationalsozialistischen Politikern gesprochen hätte und diese hätten sich für die Richtigkeit der in der Denkschrift ausgesprochenen Stellungnahme ausgesprochen.

Schließlich will ich noch eine interessante mir von dem jetzt in München tätigen Journalisten Kiaulehn gegebene Mitteilung, deren Richtigkeit ich nicht bezweifle, wiedergeben. Kiaulehn war 1933 in Berlin bei Ullstein politischer Redakteur und hatte Gelegenheit, mit vielen politischen Persönlichkeiten zusammenzutreffen. So führte er damals eine Unterhaltung mit Alfons Sack. Auf die Oberfohren-Denkschrift zurückkommend erklärte ihm letzterer, er halte sie für echt. Dies ist um so bezeichnender, als Sade im Leipziger Prozeß den Lügen der Welthetze zu denen auch das „Machwerk“ der Oberfohren-Denk-Schrift gehörte, schärfstens entgegentrat

In der englischen „offiziösen" Ausgabe des Oberfohren-Memorandums heißt es über die Entstehungsgeschichte, daß Oberfohren einen Journalisten veranlaßt habe, ein Memorandum über den Reichstagsbrand zu schreiben. Er selbst versorgte ihn mit den meisten der notwendigen Informationen. Er war ja in Fühlung mit dem Kabinett, in dem seine eigene Partei vertreten war; er wußte deshalb mehr als die meisten anderen.

Das „Oberfohren-Memorandum“ enthält den ausführlichsten Bericht über die mit dem Feuer zusammenhängenden Umstände. Handschriftliche Abschriften zirkulierten heimlich in Deutschland gegen Ende März. Eine dieser Kopien wurde im April von einem englischen Journalisten aus Deutschland herausgebracht. Die ersten Auszüge daraus wurden am 27. April im „Manchester Guardian" veröffentlicht.

Die sozialdemokratische Zeitung der „Vorwärts", die nach der Machtergreifung in Deutschland verboten war und sich in Karlsbad als „Neuer Vorwärts“ aufgetan hatte, schreibt in ihrer Nummer vom 29. Oktober 1933 u. a. folgendes: Ein nicht genannter sozialdemokratischer Jurist, habe drei Tage vor Oberfohrens Tod mit ihm eine Unterredung gehabt: „Die Denkschrift ist nicht von Oberfohren verfaßt. Oberfohren hat sich aber im Gespräch mit dem Sozialdemokraten zu der Überzeugung bekannt, daß die Brandstiftung mit Wissen und Duldung nationalsozialistischer Minister geschehen ist.“

Am 4. Mai besuchte dieser Jurist Oberfohren in seiner Wohnung in Kiel und sagte ihm u. a.: „Mir ist von einer Seite die ich — leider! als durchaus zuverlässig und sicher ansehen muß (Hugenberg), Mitteilung über die näheren Umstände gemacht worden und es besteht kein Zweifel mehr, daß die Nazis um den Brand vor seinem Entstehen gewußt haben.“ Die Zeitung fordert, daß Hugenberg vor dem Reichsgericht zur Aussage geladen werden solle.

Auf dieser Denkschrift, der ersten zuverlässig wirkenden Berichterstattung, fußen mehr oder weniger alle weiteren Untersuchungen.

Das „Geständnis” des Berliner SA-Führers Ernst

In der „Bonner Rundschau“ vom 28. Februar 1950 wird in großer Aufmachung ein „sensationell wirkendes Geständnis“ des Berliner SA-Gruppenführers Karl Ernst an seinen Freund den SA-Obergruppenführer Schlesiens und Polizeipräsidenten von Breslau, Edmund Heines, veröffentlicht Die Redaktion des Bonner Blattes schreibt in einer Vorbemerkung, daß sie die Kenntnis dieses Geständnisses einem Kölner Oberlandesgerichtsrat, Dr. jur. Franz Frank, verdanke, der im Sommer 1935 in der Schweiz ein „Weißbuch über die Erschießungen des 30. Juni 1934“ gekauft habe. Dieses Buch sei (und deshalb scheint mir die Erwähnung der Vorbemerkung der Redaktion der Bonner Zeitung doch von einiger Beachtung) nur noch in wenigen Exemplaren vorhanden und der „Inhalt sei in Deutschland nie bekannt geworden“

Der Brief, oder richtiger gesagt, das „Geständnis" geht in seinem Inhalt an den Kern der Dinge heran. Wir könnten sagen, daß, wenn er echt wäre, die dort mitgeteilten Einzelheiten, die Technik der Vorbereitungen, die Vorberatungen zwischen Goebbels, Göring, Helldorf, Heines, Ernst und eventuell auch Röhm, durchaus so gewesen sein mögen; aber andererseits ist es unwahrscheinlich, daß Ernst —der gewiß von keinen Skrupeln belastet war — es für nötig hielt, am 3. Juni 1934, einer Zeit, wo die Spannung zwischen der SA und Parteiführung schon sehr intensiv gewesen ist, eine derartige Selbstbezichtigung aufgesetzt haben sollte, nur um damit seine Widersacher im Ringen um die Macht, nämlich Goebbels und Göring, zu kompromittieren und sie dadurch von Gewalt-taten gegen ihn zurüzuhalten.

Schulze-Wilde teilte mir mit, daß Otto Strasser ihm in der Exilzeit in Prag erzählt habe, daß der im Münzenberg-Kreis in Paris unter dem Decknamen „Koni" wirkende Emigrant identisch sei mit dem bekannten kommunistischen Politiker Albert Norden, der heute als Pressechef der Pankower Regierung tätig ist. Dieser „Koni", alias Albert Norden, sei der Verfasser des Testamentes und Briefes des SA-Führers Ernst. Als Quelle habe Strasser ihm in Prag den Oberkellner Franz eines Cafe Boulevard angegeben.

Meiner Ansicht nach ist das Ernstsche Schriftstück auf jeden Fall nur mit äußerster Vorsicht zu benutzen. Auch hier wird absichtlich Wahres und Falsches zusammengeworfen. Die Denkschrift ist im Anhang III im vollen Wortlaut wiedergegeben. Es erübrigt sich deshalb, auf seinen Inhalt des Näheren einzugehen.

Sonstige Informationen

Der französische Botschafter Andre Franeois-Poncet dieser kluge, kenntnisreiche und vorzüglich beobachtende Diplomat, gibt einige interessante Glossen in seinem Memoirenwerk, die verdient werden, festgehalten zu werden. So schreibt er u. a.: „Die Mehrzahl meiner Kollegen und der französischen und englischen Journalisten sind sich darin einig, die offizielle Darstellung abzulehnen und eine Machenschaft der Nazis für möglich zu halten. Am 28. Februar um 8 Uhr abends frage ich Baron von Neurath nach seiner Ansicht. Er meint, der Schuldige sei wohl van der Lubbe, den man festgenommen habe; er sei von dem kommunistischen Abgeordneten Torgier in das Reichstagsgebäude mitgenommen worden. Der Minister wiederholte offenbar seine eingelernte Lektion.“ Poncet fährt dann später fort: „Ich verstehe, daß die Urheber des Attentates van der Lubbe opferten, indem sie ihn zurückließen, um so den Anschein zu erwecken, als sei er der einzige Schuldige, und um zu ermöglichen, daß in seiner unglücklichen Person die kommunistische Partei für schuldig befunden werde. Aber ich verstehe nicht, wie die zehn oder zwölf Männer, die nötig waren, in verhältnismäßig kurzer Zeit einen solchen Brand zu entfachen, das Parlamentsgebäude unbemerkt betreten und verlassen konnten, zumal sie doch so beträchtliches Material mit sich führten.

Eine Nachricht, die am 4. März von der sowjetischen Botschaft an mich gelangte, sollte mich die Spur der Wahrheit erkennen lassen. Die russische Botschaft glaubte in der Tat zu wissen, daß ein unterirdischer Gang den Reichstag mit dem Palais des Reichstagspräsidenten, d. h, mit der Wohnung Göring, verbinde. Diesen Weg mußten die Brandstifter genommen haben. Die Nachrichtenquelle ist nicht weniger interessant als die Nachricht selbst. Sie stammt von einem „Mitglied der Reichswehr das die sowjetische Vertretung davon in Kenntnis setzen wollte, weil man fürchtete, der Reichstagsbrand könnte als Anlaß dienen, die diplomatischen Beziehungen zu Rußland abzubrechen. Und in der Reichswehr sind viele höhere Offiziere Anhänger der Tradition guter Beziehungen zwischen Deutschland und Rußland. ... Heute zweifelt — außer in Deutschland — niemand daran, daß der Reichstag von einem Dutzend Leute der braunen Miliz angezündet wurde."

Das Ausland war schockiert. Franz von Papen versuchte in Italien — es war kurz vor dem 30. Juni 1934 — Mussolini zu beeinflussen, auf Hitler, mit dem er sich bald darauf in Venedig zu treffen beabsichtigte, einen moralischen Druck auszuüben 75a).

Die Vereinigten Staaten von Amerika bereiteten dem als Botschafter dorthin übersiedelnden Altreichskanzler Luther einen eisigen Empfang. Die Tochter des Berliner Botschafters Professor Dodd, Miß Martha Dodd läßt es in ihrem Buch über ihre Erlebnisse in Deutschland an beißender Kritik nicht fehlen.

Von Interesse ist, daß ihr als die besten Kenner der Vorgeschichte des Reichstagsbrandes zwei Männer zu sein scheinen, „whom she knew rather intimately": nämlich Diels und Ernst Hanfstaengl Letzterer, unter seinem Spitznamen „Putzi“ im In-und Auslande damals weitestgehend bekannt, wird in fast jeder sich damals mit dem Reichstagsbrand beschäftigenden Veröffentlichung als einer der wenigen überlebenden genauesten Kenner des Verbrechens bezeichnet. Er war damals Hitlers Referent für die auswärtige Presse und begleitete ihn ständig auf seinen Wahlreisen, wie er überhaupt auch durch die große gesellschaftliche Stellung seiner Familie und sein hervorragendes Klavierspiel in jener Zeit ständig in seiner Umgebung war. Er wohnte damals im Palais des Reichstagspräsidenten. In einem Gespräch mit ihm erzählte er mir, wie er den ersten Feuerschein gesehen und die bekannten Anrufe-an Goebbels, bei dem Hitler damals zu Besuch war, gemacht habe. Dann habe er aber von einem Grippefieber geplagt, sich ins Bett gelegt. Er wisse von nichts. Die Art und Weise, wie das Reichsgericht den Prozeß van der Lubbe führte, habe ihn dann eines besseren belehrt und von da an glaubte er nicht mehr an die offizielle Version der Alleinschuld van der Lübbes oder seiner kommunistischen Mittäter. Bekanntlich ist ja Hanfstaengl sehr bald aus Deutschland geflohen und nach den Vereinigten Staaten gegangen.

Schließlich möchte ich noch auf eine interessante Mitteilung hinweisen, die mir der schon eingangs erwähnte in Amerika lebende Professor Carl Misch mitteilte und zur Veröffentlichung freigab. In seinem Schreiben an mich heißt es: „Im Sommer 1933 zeigte mir in Schloß Molchow am Molchow-See bei Neu-Ruppin, der Maler Franz Heckendorf ein Gemälde, das den brennenden Reichstag vom Platz der Republik aus zeigte. Meine Frage, ob er das Bild nach Photographien gemalt habe, verneinte er entrüstet; er sei dabei gewesen und habe an Ort und Stelle skizziert. Ich entgegnete, die Absperrung sei ungemein strikt gewesen und niemand zur Brandstelle zugelassen worden. Darauf er: , Ich war schon vorher das Er wurde rot und brach verlegen ab, und auch ich zog es vor, das Thema fallen zu lassen.“

Misch schreibt dann noch weiter: „Heckendorf hatte Verbindungen zu führenden Parteikreisen. Insbesondere hatte er Zugang zu Hitler durch den Restaurateur Kannenberg, der auch einen Besuch Hitlers bei Heckendorf in Molchow vermittelte.“

Goebbels und Hitler

Es gibt nur eine wirklich zuverlässige Quelle über Goebbels Stellung zum Reichstagsbrand; das ist der Bericht von Görings Pressereferenten 'Preußischen Innenministerium Martin H. Sommerfeldt Dieser ist brennenden Reichstag von Göring beauftragt worden, den für Amtlichen Preußischen Pressedienst und somit für die gesamte Presse bestimmten ersten Bericht aufzusetzen. Er beschaffte sich noch in Reichtag die nötigen Unterlagen, erste Informationen der Polizei und der Feuerwehr, und machte daraus einen Bericht von etwa 20 Zeilen, in dem keine irgendwie gearteten politischen Kombinationen enthalten waren.

Göring vom Reichstag in sein Dienstzimmer ins Ministerium zurückgekehrt, war in äußerster Erregung: „ , Das ist Mist', schrie er ihn in neuer ministerieller Tonart an, , das ist ein Polizeibericht vom Alex, aber das ist kein politisches Kommunique'," und den an Sommerfeldt gerichteten Vorwurf, er habe nur von einem Zentner Brandmaterial, das man gefunden l abe, gesprochen, begleitete er mit neuem Geschrei: „ , Das ist Quatsch'. Er ergreift einen überdimensionalen Farbstift. , Ein Zentner Brandmaterial? Zehn, hundert Zentner!'Und er malte eine dicke Hundert über meine brave Eins.“ Sommerfeldt weigerte sich den Bericht weiterzugeben; Göring diktierte ihn daraufhin seiner Sekretärin selbst. „In einem Zuge diktiert er nun der Sekretärin einen Bericht, ab und zu einen Blick in ein Schriftstück werfend. Dieser Bericht unterstellte als erwiesen, daß mit dem . Fanal'des angezündeten Reichstags Mord und Brand ausbrechen sollte. Die in Schutzhaftnahme der kommunistischen Funktionäre und das Verbot der „marxistischen“ Presse wurde verkündet. Meine Zahlen multiplizierte Göring, mit einem schiefen Blick zu mir hin, mit zehn." Bevor Sommerfeldt mit diesem „Bericht" zum Wolffschen Telegraphenbüro fuhr, legte er ihn dem Minister noch einmal vor mit der Bitte, ihn mit seinem Namen abzuzeichnen: „ . Warum denn das', fragte dieser erstaunt, . weil dies kein amtlicher Bericht über einen Großbrand ist, Herr Minister, sondern ein politisches Dokument. Die Nachrichtenbüros werden es nur übernehmen, wenn Sie verantwortlich dafür zeichnen.'Schweigend schrieb Göring sein markantes großes , G‘ unter die letzte Seite.“

Sommerfeld begab sich nun eilends mit diesem, nachher so berühmt gewordenen Pressebericht in die Kochstraße, wo er von ungeduldig wartenden Pressevertretern empfangen wurde. Diese warteten schon dringend auf die amtliche Begründung dessen, was sie bereits vor zwei Stunden an ihre Zeitungen und Agenturen im Ausland weitergegeben hatten; nämlich über die Verhaftungen, Presseverbote usw.! Sommerfeldt, aufs höchste erstaunt, von wem denn dies Material stamme, erhielt zur Antwort: von Herrn Alfred Ingmar Berndt dem „kommissarischen Beauftragten von Dr. Goebbels" beim amtlichen Depeschenbüro (d. h.dem früheren Wolffschen Telegraphenbüro), der sich ihm dann auch vorstellte. Allmählich entwirrten sich für Sommerfeldt die Fäden. Ihm wurde klar, daß Göring mit Goebbels und Hitler unmittelbar nach der Brandbesichtigung eine Unterredung gehabt haben müsse und daß Hitler dem preußischen Innenminister alle Vollmachten „zur Niederschlagung des kommunistischen Aufstandes" gegeben hatte. „Während ich mit Göring im Reichtage sprach,“ so legt Sommerfeldt das zurecht, „die Sachverständigen interviewte und meinen Entwurf schrieb, mußte ein Ereignis eingetreten sein, das aus einer Brandstiftung des Reichstagsgebäudes ein Politikum ersten Ranges machte." So wurde Sommerfeldt der groteske Meinungswechsel Görings innerhalb weniger Stunden klar.

Was ist aus diesen Angaben hinsichtlich Goebbels'Anteil am Reichstagsbrand zu schließen? Zunächst, daß Goebbels blitzartig die ungeheure propagandistische Chance für seine Partei etkannte und mit diabolischer Geschicklichkeit auszunutzen verstand. Dem verängstigten und gehorsamsfreudigen Durchschnittsbürger wurde eingeredet, daß der Führer ihn in letzter Minute vor der furchtbaren Gefahr kommunistischen Terrors bewahrt habe.

Sommerfeldt schreibt an mich wie folgt: „Ich bin seit jener Brandnacht bis heute der Überzeugung, daß der Reichstag weder von den Kommunisten noch mit Wissen oder gar auf Veranlassung Hermann Görings in Brand gesteckt worden ist, sondern als , das Meisterstück seiner Agitation'eine Woche vor den Märzwahlen von Dr. Goebbels in Szene gesetzt wurde durch eine Handvoll von SA-Männern, die kurze Zeit darauf durch ein SS-Kommando in der Nähe Berlins erschossen worden sind. Man sprach von zehn Mann, und die Aufklärung dieses Mordes oblag der Geheimen Staatspolizei. Diese Mitteilung ist mir einmal gemacht worden durch den Führer der Berliner SA, Gruppenführer Ernst, der von einer gefährlichen Wut gegen Goebbels geradezu besessen war. Diese Mitteilung ist mir zum andern von Dr. Diels gemacht worden, der mir damals — ich spreche in beiden Fällen von dem Frühjahr 1934 — genaue Einzelheiten über den Tatort und die Identifizierung der zehn Ermordeten gab."

Wie bereits erwähnt, erzählt der Göring-Biograph Willi Frischauer, der als seine Gewährsmänner „berüchtigte und habgierige Mitglieder der Nazi-Unterwelt" nennt, wie van der Lubbe in Hennigsdorf von SA-Mitgliedern, nachdem er sich durch seltsame Reden vom . Reichstag niederbrennen'verdächtig gemacht habe, in deren Sturmlokal gebracht worden sei Der Vorfall sei dann Ernst gemeldet worden. Dieser gab es Graf Helldorf weiter und „beide erwähnten den Vorfall an Görings Mittagstisch. . Laßt ihn den Reichstag abbrennen, wenn es ihm Spaß macht!'sagte Göring und wandte sich anderen, wichtigeren Dingen zu. Da hatte Ernst einen Gedankenblitz. Er befahl dem Sturm 17, van der Lubbe freizulassen, ihn aber zu beobachten. Dann besprach er seinen Plan mit Goebbels, dem er gut gefiel. Wenn Göring sagt: Laßt ihn den Reichstag abbrennen! und wenn der Plan Goebbels gefällt, dann soll van der Lubbe eben die alte kommunistische Festung abbrennen, und wir werden ihm dabei helfen!“ •

Von größerem Interesse ist die Mitteilung Frischauers, der bekannteDiener Görings, Robert Kropp habe ihm erzählt, „daß die beiden SA-Führer Helldorf und Ernst in den dem Brand vorhergehenden Wochen regelmäßige Besucher im Palais Göring waren"; woraus nicht gefolgert werden kann, daß sie Besprechungen mit Göring gehabt haben; denn dieser wohnte* damals am Kaiserdamm. Wohl aber kann es darauf hindeuten, daß beide SA-Führer vom Palais aus ihre Lokalstudien und Vorbereitungen machten. Außerdem unterstand Ernst eine vor dem Palais des Präsidenten aufgezogene SA-Ehrenwache.

Ein Biograph von Goebbels, Curt Rieß stützt sich auf den im Anhang III wiedergegebenen Brief Ernsts an Heines. Er sagt folgendes: „Zahlreiche Gerüchte breiten sich über ganz Deutschland aus. Wo immer vom Reichstagsbrand gesprochen wird, fällt der Name Hermann Göring Dabei ist es gar nicht Göring, sondern Goebbels, der hinter dem ganzen Plan steckt. Beamte der Berliner Polizei lernten die Wahrheit schon ein paar Monate später kennen und die sieht wie folgt aus: Mitte Februar befiehlt Brigadeführer Karl Ernst, der wichtigste Mitarbeiter des Berliner SA-Führers Graf Helldorf, einige seiner Getreuen zu einer geheimen Besprechung zu sich nach Hause; er sagt ihnen, daß sie ein , Ding drehen'müßten, das für allemal die Marxisten erledigen würde; sie sollten den Reichstag in Brand setzen, den Ernst nur als , Quasselbude'bezeichnete. Später würde man die Schuld den Kommunisten in die Schuhe schieben.“

Sehr viel zurückhaltender schreibt ein anderer Biograph von Goebbels, Werner Stephan der aus seiner Tätigkeit im Propagandaministerium eine gute Kenntnis hatte: „Daß Goebbels die Idee gehabt hat, ist wahrscheinlich. Ein aktenmäßiger Beweis dafür liegt freilich nicht vor. Jedenfalls diente das brennende Parlamentsgebäude ihm als Haupt-schlager für den Wahlkampf."

Gisevius der sich am eingehendsten mit dem Reichstagsbrand befaßt hat, verteilt die Schuldanteile Görings und Goebbels’ wie folgt:

„Das für uns Sensationellste war, daß nicht Göring, sondern Goebbels der eigentliche Reichstagsbrandstifter war. Goebbels hatte den ersten Gedanken gehabt. Goebbels hatte die Vorbesprechungen mit »Karl Ernst geführt. Goebbels hatte die Durchführung der Tat . vereinfacht', indem er darauf bestand, etwaige Tatzeugen sollten kurzerhand nicdergeknallt werden. Goebbels hatte sich verbürgt, jedes Vorgehen gegen die eigenen Leute würde als verleumderischer Anschlag gegen die Bewegung gebrandmarkt werden. Goebbels hatte folgerichtig die Idee vertreten, bei dieser . Rechtslage'könne man die Aufklärung des Verbrechens der Polizei übergeben.

Goebbels hatte klar erkannt, was in diesem Zusammenhang die Mundtotmachung der Linkspresse bedeutete. Goebbels hatte deshalb schroff auf diese Notverordnung hingedrungen. Goebbels hatte hierüber eingehend mit Göring verhandelt. Goebbels hatte dabei geheimnisvoll angedeutet, der Führer sehe ein, es müsse irgendetwas Durchschlagendes geschehen, vielleicht ein Attentatsversuch, vielleicht ein Brand, doch Hitler wünsche überrascht zu werden. Und Goebbels hatte es alsdann übernommen, .seinen Führer für diese Posse samt dem unausbleiblichen Wutanfall zu präparieren'. Göring hatte lediglich sein Placet gegeben."

Der englische Historiker Alan Bullock schreibt in seiner Hitler-Biographie (Deutsche Ausgabe): „Obwohl es unter den Ereignissen dieser Nacht noch ungelöste Rätsel gibt — insbesondere das, wie die Nazis die seltsame Gestalt des holländischen Kommunisten van der Lubbe in ihre Hände bekamen —, so sind doch die wichtigsten Tatbestände ziemlich geklärt, Göring und Goebbels suchten nach einem Vorwand, um die kommunistische Partei zu zerschlagen. Nachdem verschiedene Pläne verworfen worden waren, so auch ein Attentat auf Hitler, kamen sie auf die Idee, das Reichstagsgebäude in Brand zu stecken.

Schließlich muß ich noch auf die deutsche Biographie Hitlers der Autoren Görlitz und Quint hinweisen, die sich darauf beschränken, daß eine Verdachtsmöglichkeit gegen den SA-Führer Ernst und seine Gruppe neben der unbestreitbaren Tatsache, daß van der Lubbe den Reichstag angezündet habe, bestünde.

Zusammenfassend möchte ich sagen, daß Goebbels die primäre Schuld gehabt und Göring durch sein Einverständnis sich zumindest mitschuldig gemacht hat. Aber stand nicht hinter beiden, die sich im Kampf um die Sonne tagtäglich grimmig befehdeten, Hitler selbst? Er wird nicht die Anregung gegeben haben: aber es genügte beiden Paladinen zu wissen, daß es ihm genehm sein könne, daß er dringend zur Auspeitschung der etwas lahm gewordenen Volksstimmung für den 5. März eines großen Knalleffektes bedürfe. Wir wissen aus der großen Befragung Görings durch Kempner, auf die im nächsten Abschnitt eingehend eingegangen wird, daß Göring immer wieder und wieder, wenn es für ihn etwas brenzlig wurde, sich hinter den Willen des Führers verschanzte.

Hermann Rauschning der bekannte Politiker und ehemalige Senats-präsident der früheren freien Reichsstadt Danzig, antwortete mir auf meine Frage, wen er für den eigentlichen Schuldigen halte, „Hitler!“ — Und schließlich noch eine andere Stimme. Ein Hugenberg nahestehender Politiker schrieb: „Da die Wahlen aller Voraussicht nach der NSDAP die für Hitlers Vorhaben notwendige alleinige Mehrheit nicht bringen, sondern nur die bisherige für eine Mehrheitsbildung ausschlaggebende Position vom Zentrum zur Deutschnationalen Volkspartei verlagern konnte, „korrigierte“ Hitler dies durch Methoden, die bis dahin in Deutschland niemand für möglich gehalten hätte. Er ließ am 27. Februar den Reichstag anzünden und benutzte diesen Vorgang zum Erlaß der Notverordnung vom 28. Februar 1933, durch die praktisch alle verfassungsmäßigen Rechte aufgehoben wurden und alle Schranken fielen, die die von Hitler durch Göring gehandhabte Staatsgewalt hemmen konnten. Die Verordnung trat noch in der Nacht des Brandtages in Wirksamkeit.“

Und noch ein Hinweis auf einen allen Zweiflern von vornherein verdächtig erschienenen Umstand. In der Nacht vom 27. zum 28. Februar befanden sich die Großen des Reiches, Hitler, Göring und Goebbels, alle in Berlin und waren nicht auf Wahlreisen unterwegs. Der „Völkische Beobachter“ (zitiert nach der Münchner Ausgabe) veröffentlicht vom 23. Februar an jedem Tag eine Voranzeige über „die weiteren Kundgebungen des Führers“ und schreibt dazu — von Dr. Goebbels unterzeichnet — „über die Termine der Kundgebungen Adolf Hitlers sind Unklarheiten entstanden. Wir veröffentlichen daher die endgültigen Termine". Und dann folgen bis zum 4. März Tag für Tag die Daten, wo der Führer zu sprechen beabsichtigte. Seltsamerweise war zwischen Samstag, dem 25. Februar, wo Adolf Hitler für Nürnberg angesetzt war, und für Dienstag, den 28. Februar, wo er in Leipzig zu sprechen hatte, eine Lücke. Es lag bestimmt nicht in der Natur Adolf Hitlers, auf dem Höhepunkt seines durchaus schwierigen Wahlkampfes für den 26. und 27. Februar eine Ruhepause einzulegen. Hitler und seine Genossen, Göring und Goebbels hatten eben in jenen Tagen in Berlin etwas Wichtigeres zu tun: nämlich den Reichstag anzuzünden. Die maßgeblichen Verhandlungen über diesen teuflischen Plan dürften demzufolge spätestens am 22. Februar stattgefunden haben.

Göring

Der Biograph Hermann Görings: Willi Frischauer der am Brand-tag in Berlin als Korrespondent der „Wiener Allgemeinen Zeitung“ anwesend war, meldete seinem Blatte schon zwei Stunden nach Ausbruch des Brandes: „Es kann kaum zweifelhaft sein, daß das Feuer, das in diesem Augenblick den Reichstag zerstört, von Söldnern der Hitlerregierung entfacht worden ist. Allen Anschein nach haben die Brandstifter einen unterirdischen Gang benutzt, der den Reichstag mit dem Palast seines Präsidenten, des Ministers und Reichskommissars der preußischen Polizei, Hermann Göring, verbindet". „Binnen weniger Tage", — so fährt Frischauer fort — „war diese Ansicht über den Ursprung des Feuers Gemeingut der ganzen Welt". Dieser letzte lapidare Satz veranlaßte mich den jetzt in London lebenden Autor zu befragen, ob er diese Ansicht näher begründen könne. Er schrieb zurück: „Ich war damals in Berlin und alle meine Freunde erwarteten einen aufsehenerregenden Handstreich der Nazis, um die alte , Quatschbude‘ zu beseitigen. Doch wir konnten nicht voraus-ahnen, was für eine Barbarei dies gegen Kommunisten und Sozialdemokraten zur Folge hatte. Zu keiner Stunde in diesen Tagen hatte irgend jemand zu dem ich darüber sprach, auch nur den leisesten Zweifel, daß die Nazis die Brandstifter gewesen seien".

In verschiedenen Befragungen nach seiner Verhaftung hat Göring sich stets auf den Standpunkt gestellt, er habe nichts mit dem Reichstagsbrand zu tun und wisse auch nichts darüber. Selbst ein ihm so nahe stehender Mitarbeiter und Freund wie der ehemalige Staatssekretär E. Körner, mit dem ich eine eingehende Unterredung hatte, behauptet, daß Göring niemals mit ihm über den Reichstagsbrand gesprochen und daß sein Chef wohl auch nichts davon gewußt habe. Allerdings hielt er den gegen Emst erhobenen Vorwurf der Brandstiftung für durchaus möglich. Verschiedene Aussagen anderer, durchaus ernst zu nehmender Persönlichkeiten, lassen jedoch bis zur unwiderlegbaren Gewißheit darauf schließen, daß Göring von der Brandstiftung gewußt hat.

Da ist zunächst die durch den Nürnberger-Prozeß bekannt gewordene eidesstattliche Erklärung des Generalobersten Franz Halde

„Anläßlich eines gemeinsamen Mittagmahles am Geburtstag des Führers 1942 kam in der LImgebung des Führers das Gespräch auf das Reichstagsgebäude und seinen künstlerischen Wert. Ich habe mit eigenen Ohren gehört wie Göring in das Gespräch hineinrief: , Der Einzige, der den Reichstag wirklich kennt, bin ich, ich habe ihn ja angezündet! Dabei schlug er sich mit der flachen Hand auf die Schenkel.“ Bei der Befragung durch den Hauptankläger der Vereinigten Staaten, Justice Jackson, der ihm das Affidavit des ehemaligen Generalstabschef des Heeres vorgelesen hatte, leugnete Göring aufs entschiedenste die Richtigkeit der Aussage ab; es ist, wenn man Görings Eitelkeit und Verlogenheit in Betracht zieht, durchaus möglich, daß er mit einigem Schein von Recht sagen konnte, er habe den Reichstag nicht angezündet, d. h. er habe sich nicht mit eigener Hand an dem verbrecherischen Zerstörungswerk beteiligt. Aber das schließt natürlich nicht aus, daß er von dem Verbrechen, sowohl vorher gewußt als auch an seinem Zustandekommen maßgeblich beteiligt war.

Ich habe Generaloberst Halder um schriftliche Stellungnahme gebeten. Sie lautet: „Die von mir damals (d. i. in Nürnberg) geschilderte Situation bei dem Geburtstagsfrühstück Hitlers in seinem Hauptquartier steht in allen Einzelheiten in meiner Erinnerung so deutlich fest, daß ich sie auch heute noch in vollem Umfang aufrecht erhalte . . . Ein Mißverstehen meinerseits halte ich für ausgeschlossen. Ich saß in der nächsten Nähe Hitlers, auf dessen rechter Seite Göring saß. Die Tischgesellschaft war angesichts der ungewöhnlich lauten Unterhaltung im Zentrum der Tafelrunde um Hitler in der übrigen Tischgesellschaft verstummt. Jedes Wort war klar und deutlich zu verstehen. Auch die Wirkung des Göringschen Wortes bewies die Bedeutung seiner Erklärung. Völlige Stille verbreitete sich über die Tafelrunde. Hitler war sichtlich von dieser Äußerung sehr unangenehm berührt. Erst nach Minuten kam die Unterhaltung der Tischgesellschaft wieder zögernd in Gang." Ein zweiter nicht minder belastender Zeuge, Hermann Rausch-n i n g , schildert in seinem vielgelesenen und viel zitierten Buch „Gespräche mit Hitler“, wie er Zeuge eines Gespräches der Hitler-Größen Himmler, Göring, Frick und einiger Gauleiter Westdeutschlands wurde, als er kurz nach dem Reichstagsbrand mit dem Danziger Gauleiter Forster zur Berichterstattung beim Führer befohlen, antichambrieren mußte. „Göring erzählte Details über den Reichstagsbrand" — so schreibt Rauschning und fährt dann fort — „in der Partei wurde damals das Geheimnis dieses Brandes noch streng gehütet. Ich hatte selbst nichts anderes angenommen, als daß in der Tat kommunistische oder doch mindestens von der Komintern angestiftete Personen den Brand angelegt hätten. Erst aus dem Gespräch erfuhr ich, daß der Reichstag ausschließlich von der nationalsozialistischen Führung angezündet war. Die Selbstverständlichkeit, mit der man sich in diesem Kreise engster Eingeweihter über diesen Akt unterhielt, war erschütternd. Gelächter der Befriedigung, zynische Witze, Renommiererei: das war die Reaktion dieser . Verschworenen'. Göring schilderte, wie .seine Jungens durch einen unterirdischen Gang aus dem Präsidentenpalais in den Reichstag gelangten. Wie sie wenige Minuten Zeit gehabt und fast entdeckt worden wären. Er bedauerte, daß nicht , die ganze Bude'niedergebrannt sei. In der Eile hätten sie keine . ganze Arbeit'leisten können. Göring, der das große Wort führte, schloß den Bericht mit dem wahrhaft bedeutungsvollen Wort: , Ich habe kein Gewissen! Mein Gewissen heißt Adolf Hitler!'“

Idi habe Hermann Rauschning über diese eminent wichtige Belastung Görings persönlich befragt. Er gab zunächst eine eingehende Schilderung der von politischen Gegnern aufgeworfenen Kritik an der Zuverlässigkeit seiner „Gespräche mit Hitler" und erzählte, daß er jeweils unmittelbar nach solchen Unterredungen sich Notizen gemacht habe und daß an der-Richtigkeit des Inhalts dieser Gespräche — wenn auch nicht immer des genauen Wortlautes — kein Zweifel bestehen könne. Das Gespräch sei hauptsächlich von Göring, und zwar sehr laut und ungeniertgeführt worden. Jedoch als er (Rauschning) sich diesem Kreise näherte, habe Gauleiter Forster ein Zeichen gegeben und das Gespräch sei verstummt.

Göring selbst lehnte auf Befragen durch Justice Jackson auch dieses Gespräch als Fälschung ab.

Der ehemalige Reichskanzler Franz von Papen der zweifellos Bescheid wußte, hält sich in seinen Memoiren sehr vorsichtig zurück und schreibt zu der Beschuldigung Görings: „Die Ankläger der IMT in Nürnberg haben alles in Bewegung gesetzt, um Göring eine Beteiligung nachzuweisen, das ist nicht gelungen. Alles was wir wissen, ist eine Bemerkung zu General Donovan, dem Chef des Strategischen Dienstes der LISA, dem er sagte: „Sie dürfen voll und ganz überzeugt sein, daß ich im Angesicht des Todes nicht zu Lügen meine Zuflucht nehme. So versichere ich ihnen, daß ich mit dem Reichstags-brand nicht das Geringste zu schaffen habe'." Bei Gisevius liest man's anders. „Wie schön das klingt!“ — so schreibt er — „Nur ist, wie Donovan mir auf Anfrage mitteilt, an dieser rührseligen Geschichte kein wahres Wort."

Göring selbst, der bekanntlich auch „angesichts des Todes“ es in Nürnberg mit der Wahrheit nicht immer sehr genau nahm, hat doch gelegentlich den Schleier etwas gelüftet. In wenigstens indirekter Form hat Göring zweimal, soweit ich es in der Literatur habe verfolgen können, zugegeben, daß er doch etwas gewußt habe. Er war in Nürnberg während des Hauptprozesses eines Tages durch die niederschmetternde Zeugenaussage von Gisevius sehr verstimmt. Rechtanswalt Bross der den Haupt-anwalt Görings, Otto Stahmer, unterstützte, teilte Göring bei seinen allabendlichen Unterhaltungen im Gefängnis mit, es sei ihm gelungen festzustellen, daß der von Gisevius als tot oder verschollen genannte Heini Gewehr, über den wir bereits berichtet haben, noch lebe, und zwar befände er sich im amerikanischen Gefangenenlager in Hammelburg bei Kissingen. Bross wollte, um Göring hoffnungsfreudig zu stimmen, diesen als Zeugen anfordern. Aber Göring lehnte dies bezeichnenderweise ab.

Bross hat dies in seinem Buche: „Gespräche mit Hermann Göring“ wie folgt erzählt: „Göring war weit davon entfernt erfreut zu sein, wurde sehr unsicher und meinte, diese Angelegenheit müsse äußerst vorsichtig behandelt werden. , Mit solchen Zeugen muß man sehr aufpassen!', sagte er wörtlich. . Selbst wenn die SA wirklich den Reichstag angezündet hätte, so ist damit ja nicht gesagt, daß ich davon etwas wußte. Und wer garantiert, daß nicht dieser Zeuge mit einer Aussage, die mich belastet, seine Freiheit erkaufen will!'Er zeigte keine Neigung, dieser neuen Spur nadizugehen, noch auch die Angelegenheit im Gespräch weiter zu behandeln.“ Ich habe den in Flensburg lebenden Anwalt Herrn Werner Bross schriftlich gebeten, mir noch Näheres darüber zu berichten; aber er konnte über das hinaus, was er in seinem Buche mitgeteilt hatte, nichts weiter sagen. „Eine weitere Nachsuche“, so schrieb er mir am 31. Mai 1955, „hat nicht stattgefunden, da Göring kein Interesse an diesem Zeugen hatte.“ Angesichts der hoffnungslosen Lage Görings ist dieser Verzicht auf einen Zeugen, der etwas über den wahren Hergang beim Reichstagsbrand hätte berichten können, außerordentlich aufschlußreich!

Beinahe noch mehr kann aus einer Unterredung gefolgert werden, die zwischen Göring und dem Staatssekretär der Präsidialkanzlei Otto Meißner im Internierungslager Bad Mondors unmittelbar nach der Kapitulation stattgefunden hat. In diesem Gespräch „versicherte (er) mir", so schreibt Meißner, „auf sein Wort, daß er daran völlig unbeteiligt gewesen sei, (er) gab aber die Möglichkeit zu, daß ein . wildes Kommando’ einer nationalsozialistischen Organisation, vielleicht auch die Berliner SA-Führer Graf Helldorf und Ernst, Urheber und Anstifter des Reichstagsbrandes gewesen seien und sich des van der Lubbe hierbei als Werkzeug bedient hätten.“

Es ist ein weiter Weg von jenem in der Brandnacht von Göring aufgesetzten orgiastischen Kommunique im amtlichen preußischen Pressedienst und von den phantastischen „Funden“ im Liebknecht-Haus bis zu diesem müden, halben Eingeständnis der Mitwisserschaft. Nur ein Narr oder politisch Blinder kann sich einreden lassen, daß ein „wildes Kommando“ und Männer wie Helldorf und Ernst eine so folgenschwere Tat auf ihre Schultern allein hätten nehmen können, ohne Vorwissen, Einverständnis und Mitarbeit der allgewaltigen Chefs der Polizei, des preußischen Ministerpräsidenten und Präsidenten des Deutschen Reichstags, Hermann Göring, zumal, wenn die Vorbereitungen und Ausführungen in der Dienstwohnung des Präsidenten selbst und unter Benutzung des unterirdischen Verbindungsganges zwischen Präsidentenhaus und Reichstag ihren Ausgang nehmen mußten.

Aber alle Indizienbeweise über Görings Kenntnis oder Mitarbeit verschwinden hinter dem absolut schlüssigen Beweis, den ein Dokument erbringt, das der Forschung und der allgemeinen Kenntnis bisher so gut wie unbekannt geblieben ist

In den Voruntersuchungen zum Nürnberger Hauptprozeß haf der ehemalige Oberregierungsrat im Preußischen Innenministerium R. M. W. K e m p n e r, der später bekanntlich zu einer maßgeblichen Stütze der amerikanischen Anklagebehörde wurde, Göring, seinen früheren Chef, der ihn 1933 sofort nach der Machtübernahme zur Disposition gestellt hatte, eingehend vernommen. Dieses Dokument Nr. 3593/PS umfaßt im englischen Original 23 Textseiten. Die Vernehmung war in deutscher Sprache. Das zu den Akten des IMT übergebene Original ist in englischer Sprache. Die Vernehmung fand am 13. Oktober 1945 statt und umfaßte ausschließlich den Reichstagsbrand, die Vorgeschichte der in der Brandnacht erfolgten Verhaftung von system-feindlichen Persönlichkeiten und Vorbereitung der berüchtigten, die Freiheit des deutschen Menschen außer Kraft setzenden „Verordnung zum Schutz für Volk und Staat“ vom 28. Februar 1933.

Diese große Befragung Görings durch Kempner ist von der Anklage-vertretung im Nürnberger Hauptprozeß erstaunlicherweise nur wenig benutzt worden. Kempner selbst verlas aus ihr gelegentlich seiner Vernehmung des Angeklagten Frick nur eine kurze Stelle, in der Göring sich hinter den Führer verschanzte, der ohne Untersuchung die Kommunisten sofort als die Schuldigen in der Öffentlichkeit erklärt wissen wollte, um dadurch die Stimmung für die zur gleichen Stunde in Kraft tretende Verordnung zum Schutze von Volk und Staat vorzubereiten.

Für den Zusammenhang dieser Untersuchung sind die folgenden Tatsachen besonders interessant:

Kemper teilte Göring mit, daß er Paul Körner und Diels befragt habe. Letzterer habe ihm gesagt, daß er (Göring) „genau wußte, daß das Feuer in irgendeiner Weise ausbrechen würde und daß er (Diels) die Listen schon im voraus vorbereitet hätte von denjenigen, die unmittelbar in der Brand-nacht verhaftet werden sollten“. — Von Göring befragt, wann Diels dies gesagt habe, bekam er von Kempner zur Antwort: „zum erstenmal zwei Tage nach dem Feuer und später wiederholte er es“. „Wem sagte Diels dies, zwei Tage nach dem Feuer?“, wollte Göring wissen. — „Einigen Beamten des Innenministeriums“ — gab Kempner zurück — hierbei ist zu beachten, daß Kempner, wie er mir schrieb, „zur Zeit des Reichstagsbrandes bereits zehn Tage suspendiert war, aber noch immer sehr gute persönliche Verbindung mit Kollegen im Innenministerium" hatte. Kempner war, wie er mir mitteilte, bereits eine halbe Stunde nach Ausbruch des Feuers an der Brandstätte.

Gritzbach, Görings späterer Staatssekretär und Biograph, teilte wenige Wochen vor der Göringschen Befragung Kempner mit, daß Göring über den Reichstagsbrand schonimvoraus Bescheid gewußt hatte. — Während Göring über die ihm durch Kempner mitgeteilte Äußerung von Diels schweigend hinwegging, wies er die Aussage Gritzbachs als unmöglich zurück, da letzterer ja damals noch nicht zu seiner „Umgebung" (entourage) gehört habe. Kempner ließ den Namen des Berliner SA-Führers Karl Ernst fallen. Göring, sichtlich erleichtert, daß die Schuldfrage von ihm abgelenkt wurde, sagte emphatisch: „Ja. Das ist der Mann, an den ich dachte. Wenn überhaupt noch eine andere Hand (als van der Lubbe) im Spiel war. ... Soweit Ernst in Frage kommt, scheint mir alles möglich.“ Kempner erzählte ihm, er wisse von einem von Görings Freunden, (an einer späteren Stelle, wo Kempner noch einmal auf diese Unterhaltung in Görings-Wohnung zurückkommt, gibt er Körner als Quelle an), daß in seinem Kreise, u. zw. in seiner eigenen Wohnung darüber gesprochen worden sei, daß Ernst bei dieser Angelegenheit beteiligt wäre. Göring wich aus und erwiderte, die Angelegenheit sei nur ganz kurz gestreift worden. Van der Lubbe habe ja gestanden, daß er „diese Dinge (d. i. die Brennmaterialien) in den Reichstag gebracht habe und deshalb sei die ganze Angelegenheit nicht weiter erörtert worden. Kempner ließ nicht locker. Er will nun wissen, warum der Name Ernsts und die SA im Zusammenhang mit dem Brande überhaupt erörtert worden waren. Und jetzt läßt sich Göring völlig gehen. „Ernst“, so erklärte er, „spielte dabei eine Rolle. Ich kann mich nicht mehr erinnern, wer mir das gesagt hat. Von Anfang an dachte ich, daß Ernst der Mann sein würde, der uns in die größten'Schwierigkeiten bringen würde. Denn er war verantwortlich für die wilden K. Z. s, in denen er die Gefangenen grausam mißhandelte.“

Im späteren Verlauf dieser denkwürdigen Befragung kommt Kempner noch einmal auf die Unterhaltung über SA und Reichstagsbrand zurück und erwähnt die Aussagen Diels, daß er Göring über die Anschuldigung, die man gegen die SA erhöbe, die SA hätte den Brand angelegt und Leute von Ernsts „Gang“ seien wiederholt durch den unterirdischen Gang gegangen, berichtet habe. Diels, so kommentierte Kempner, wäre sichtlich aufgeregt gewesen. Göring versuchte mit einigen Spitzfindigkeiten diesen Vorgang zu verharmlosen, konnte aber nicht umhin, die Tatsache als solche zuzugeben.

Auf meine Mitteilung an Herrn Dr. Kempner, daß ich diese große Befragung gefunden hätte, schrieb er mir am 10. Oktober folgendes: „Wenn Sie dieser verhältnismäßig langen Vernehmung beigewohnt hätten, würden Sie, was vielleicht im Protokoll nicht völlig zum Ausdruck kommt, in Görings Antwort ein, wenn auch sehr verklausuliertes Geständnis sehen — daß er in irgendeiner Form an den Vorbereitungen des Reichstagsbrandes beteiligt war. Die Äußerungen anderer Prominenter gehen in die gleiche Richtung.“

Aufgrund dieses Dokumentes steht es m. E. fest, daß der Reichstag von der SA angezündet worden ist unter Mitwissen und der Mitarbeit des ganzen Führer-Kreises. Um alle Spuren zu verwischen, mußten am 30. Juni 1934 neue Ströme von Blut Schuldiger und Unschuldiger fließen. Während das Ausland von der ersten Stunde an auf Göring als den Schuldigen wies, glaubte das deutsche Volk unter dem Einfluß der Goebbelssehen Propagandavernebelung bis in die Kreise der höchsten Beamtenschaft hinein, was man ihm zu glauben befahl.

Ergebnis

Es ist erwiesen, daß van der Lubbe im Reichstag mit gänzlich unzulänglichen Mitteln Feuer legte. Zur gleichen Zeit waren auf Grund eingehender Vorbereitungen andere am Werk, den Reichstag, vor allem den Plenarsaal, durch Feuer gründlichst zu zerstören. Diese anderen sind nicht die Kommunisten, sondern die Nationalsozialisten gewesen.

Für die Führung der NSDAP schien es eine taktische Notwendigkeit zu sein, einen Gewaltakt den Kommunisten in die Schuhe schieben zu können, um einmal für die kommende, jeglichem Rechtsgefühl widersprechende Gewaltregierung eine legale Grundlage zu erhalten, zum anderen im Hinblick auf die bevorstehenden Wahlen auf diese Weise das verängstigte deutsche Volk in ihre Reihen zu treiben und die erforderliche parlamentarische Mehrheit zu erhalten.

Spätestens etwa um den 22. Februar herum muß — höchstwahrscheinlich mit Wissen und Zustimmung Hitlers — die Vorbereitung hierfür im höchsten Kreise begonnen haben. Man wird Goebbels als den eigentlichen Anreger und dank seiner überragenden Intelligenz als Vorbereiter dieses teuflischen Werkes bezeichnen können. Göring hat bestimmt ebenfalls vorher davon gewußt. Er muß sein Einverständnis dazu gegeben haben, daß der mit der Durchführung der Brandlegung beauftragte SA-Führer Karl Ernst und die ihm für besondere Zwecke zur Verfügung stehende Gruppe die Vorbereitungen auf dem Grundstück des Reichstagspräsidentenpalais trafen und den unterirdischen Verbindungsgang zwischen dem Palais und dem Reichstag mehrfach benutzten. Halbwahrheiten allerorts vergifteten den klaren Blick und die richtige Urteilsfähigkeit, so daß noch heute von vielen, die es besser wissen könnten und müßten, die Wahrheit nicht geglaubt oder gegen sie verstoßen wird.

Es ist nicht restlos zu klären gewesen, wie die Verbindung van der Lübbes mit der nationalsozialistischen Partei zustande gekommen ist. Die Wahrscheinlichkeit spricht dafür, daß der Zufall Goebbels hier geholfen hat, nämlich, daß van der Lubbe sich selbst — ohne es zu wissen — in die Hand der SA gespielt hat und diese dann den höchsten Stellen davon Kenntnis gab.

Die Führung des Reichsgerichtsprozesses entsprach nicht mehr dem bisherigen Streben nach absoluter Wahrheitsfindung. Voruntersuchung, Anklage und Verhandlungsführung waren einseitig darauf gerichtet, sich nicht von dem gewünschten Kurs — nämlich die Täter nur auf kommunistischer Seite zu suchen — abdrängen zu lassen.

Der Bericht der Berliner Feuerwehr und die große Befragung Görings durch Kempner, die erstmalig in vollem Wortlaut mitzuteilen und zu verarbeiten ich in der glücklichen Lage bin, stützen mein Urteil in vollem Umfange.

Anhang

ANLAGE I DOCUMENT NO. 3593 PS OFFICE OF U. S. CHIEF OF COUNSEL INTERROGATION OF HERMANN GOERING (taken at Nürnberg, Germany on 13 October 1945 at 1045 by Dr. R. M. Kempner)

INTERNATIONAL MILITARY TRIBUNAL NÜRNBERG, GERMANY USA Exhibit 712 -------Filed Jan. 16, 1946 3 5 9 3 P — S Testimony of HERMANN GOERING, taken at Nürnberg, Germany on 13. October 1945, 1045 — 1200, by Dr. R. M.

Kempner, OUSCC.

Also present: Pfc. Richard W.

Sonnenfeldt, Interpreter; and S/Sgt.

William A. Weigel, Court Reporter.

DR. KEMPNER TO THE WITNESS IN GERMAN:

Q Do you know Rolf Diels?

A (In German) Yes, of course; he was the leader of the Gestapo.

Q Do you believe that he is reliable if he teils something?

A That depends on what period you are talking about, especially in the last years. He has not been able to, let’s say, concentrate very well, and he talked a lot of nonsense in the last years especially.

Early he was very reliable.

Q He was your brother-in-law?

A Only for a short time.

Q You know Paul Koerner?

A Yes.

Q Is he reliable in his Statements?

A I believe that absolutely.

Q How about Gritzbach. Is he reliable in his Statements?

A I believe so.

Q When did you see Gritzbach for the last time?

A In March, I believe, shortly.

Q Where was it?

A I returned from Berchtesgaden to Berlin and while traveling I stopped * and I saw him then, but only for a few minutes.

Q I talked to Paul Koerner and the other people a few days ago, and I talked to Diels in an earlier period. Now I want to teil you what Diels told me, and I would like to hear your opinion about that.

Diels says that you know exactly that the fire was to be started in some männer, and that he had prepared the arrest lists already previously, the lists of people that were to be arrested immediately the night after the fire.

A When did he say that?

Q He told that for the first time two days after the fire and he later repeated it.

A To whom did he say that two days after the fire?

Q To certain officials of the Ministry of the Interior.

A It is true that lists for the arrest of Communists quite independent of the Reichstag fire had already been prepared. The fire did not have to start for that. They would have been arrested anyway. If Diels said that I knew about the fire, then for some reason he must have told nonsense, and I can’t explain it in any way, and it would be very interesting to me to be confronted with Diels so that he can teil it to my face.

Q When did the people start to prepare the lists of arrests?

A According to my opinion, that was already quite a long time before, when the Communist unrest, murders, clashes and so on did net cease. Then the destruction of the Communist Party was to be effected anyway. Whether the fire came or not, this would have happened in any event. The Reichstag fire only accelerated the thing in that männer, because the Fuehrer ordered in the night that ehe arrests were to be made immediately. * Q On that list there were not only Communists, but also a number of other people, also Social Democrats, Catholics, and so on?

A I already said once before, you must differentiate between the lists that were put up in Prussia and other German States.

Q No. I am talking about the Prussian list.

A I cannot imagine anyone on the list who was a Catholic. I said already before Social Democrats were listed in Prussia, but not Catholics. I even used Catholics as district presidents.

Q Whom, for instance?

A Both brothers von Luening.

Q Gritzbach also told that you know about the Reichstag fire beforehand. He does not state it as precisely as Diels, but he says the same. A But when did he say that?

Q It is a few weeks ago.

A 1 can’t judge about what people say now, but I would like to be confronted with Gritzbach and have him teil me tö my face that I knew about that.

Q Neither one of them said that you started the fire, but they both say that you knew of it.

A I did not know about it and they cannot know about it. Gritzbach did not even belong to my personal entourage at that time.

Q Do you go as far in saying that you did not even sense that something would happen from another side but that you had nothing to do with it?

A I did not sense anything like that, because I emphasize again that it would have been lunacy to put us out of the house, which was very important to us, and afterwards I had a very great difficulty to find a substitute for the ** Reichstag building.

Q Did you not hear at the time by rumor that some large building was to be burned in Berlin, and then the Reichstag was chosen as a Symbol, so to speak?

A This Conception only came into being very strongly later, and that was because we believed that the Reichstag fire was to be a finale to be used by the Communists. I was-very sceptical in this direction already in the beginning and that the Communists would have chosen the Reichstag for that. When I was asked in the cell whether I thought that possibly the Communists did all that, then I negated it.

Q But one hour after the Reichstag started burning, your press advisor told me on the Reichstagplatz, told myself personally, that according to an investigation, „the Communists have put fire to the Reichstag."

A Right. That was already before an investigation started. It was supposed at once that the Communists had burned it.

Q How could you teil your press agent, one hour after the Reichstag caught fire, that the Communists did that, without any investigation?

A Did the public relation officer say that I said that?

Q Yes. He said you said it.

A It is possible when I came to the Reichstag the Fuehrer and his gentlemen were there. I was doubtful at the time, but it was theil opinion that the Communists had started the fire.

Q But you were the highest law enforcement official in a certain sense.

Daluege was your subordinate. Looking bade at it now and not in the excitement " * that was there once, wasn't it too early to Sav without any investigation that the Communists started that fire'A Yes, that is possible, but the Fuehrer wanted it this way.

Q Why did the Fuehrer want to issue at once a Statement that the Communists had started the fire?

A He was convinced of it.

Q It is right if I say that he was convinced without having any evidence or any proof of that at this moment?

A That ist right, but you must take into account that at that time the Communist activity was extremely Strong, that our new government as such was not very secure.

Q At what time did the Conference take place about the law of the 28th of February, 1933?

A A Conference in that sense did not take place. Right at the spot the Situation was discussed. It was decided that the sharpest measures should be used. I don’t remember exactly how this law came into existence. But the fact is clear that an emergency Status had to be declared.

Q Did Diels have his hands in the Reichstag fire and did he appear at the scene trying to shift the guilt?

A No. I don’t think that is possible. If I think anything eise possible — but after all, I still think that it is right that Van Der Lubbe put all these things in the Reichstag.

Q But you started a sentence you have not completed, go on with the idea you had in mind.

A If at all something eise was done in this matter or intended, then * I can only imagine it must have come from a side that wanted to create difficulties for us.

Q What do you think in this direction, for instance, about Police President Ernst? Let’s talk frankly about Ernst.

A Yes. That is the man who I thought of, if at all another hand was in the game. But I think the letter which I saw the other day is absolute nonsense. Diels and his men had nothing to do with it, but as far as Ernst is concerned, I think anything is possible.

Q One of your friends told me that the activity of Ernst was discussed in this connection in your circle, and other people were there too.

Would you teil us what was said then? It was discussed in your house that Ernst and the SA played a part in it. Would you report to us on that conversation?

A It was only mentioned very briefly. There was no evidence there.

Van Der Lubbe had stated that he placed these things in the Reichstag, and, therefore, it was not discussed any more.

Q Why did you discuss the name of Ernst and the SA in connection with the fire?

A Ernst played a part in it; I don’t remember who told me that. From the beginning I thought that Ernst was a man who would like to create the greatest difficulties for us, because he was responsible for wild concentration camps and he tortured people there. He was also a „driving" power. He once was very important to Hitler.

Q We have certain proof that Goebbels and Ernst got along very well at this time, and that Goebbels knew something about the Reichstag fire, and that you talked about it to others A I don’t believe so. Emst was the SA leader and Goebbels did not have any good relationships with him. Goebbels always had a certain mistrust of the Berlin SA, because they tried to do a putch in 1930, and made the position very, very difficult.

Q Why wasn’t the passage locked between your house and the Reichstag building?

A It was never locked. That is a passage that is used for the heating of the place. I did not even live in that house at that time.

Q Where did you live at that time?

A In the Kaiserdamm. .

Q Is that the place that Thyssen told me about that he helped to furnish it, and he gave 150, 000 marks to you?

A He did not give 150, 000 marks to me. He gave 20, 000, but not for this purpose. I received the money from the Fuehrer.

Q Is Thyssen lying?

A Thyssen never gave me 150, 000.

Q Thyssen told me yesterday that he gave you 150, 000 in 1932.

A No. He gave me 20, 000 Dutch guilders in that year, but they were not used for that purpose.

Q He did not give 150, 000?

A No.

Q In 1932?

A No. He gave me 20, 000 guilders in Holland.

Q He stated that under oath.

A No. He was wrong.

Q He was wrong? * A No. He actually gave much more.

Q When, for instance?

A What money are you talking about now? It is in my opinion that he gave more than 150, 000 marks. Yes.

Q At that time, you were the Chief of the Prussian Police. Did you give any directions that the Reichstag fire also was to be investigated in the direction of these Stormtrooper (SA) people, or did you limit yourself to an investigation of the liberals and the Communist Party?

A I enlarged the Daluege investigation into who started the fire. Then by order of the Fuehrer, the investigation, which as such was not within the Jurisdiction of the Reich Supreme Court, was given to the Reich Supreme Court, and I had nothing to do with it. The Reich Supreme Court at that time was still the old court.

Q Who did you teil to investigate the thing correctly in Berlin? Who did you give direction to for that.

A I only could give directions to the police.

Q Who did you talk to? Daluege?

A No. Daluege was concerned with the Order Police.

Q But he was your Ministerial Director?

A I don’t remember the details any more.

Q Did you talk to Diels?

A Yes, certainly to Diels.

Q Did you talk to Volk, the deputy of Diels?

A I don’t know that, but Diels — that is decisive.

Q Did you talk to him?

A Yes, of course, that he was to make a police investigation, and then“

things happened very fast. A few days later the whole thing was transferred to the Reich court.

Q Is it right if Diels says you expressly gave directions on this to follow the Communist line and not to make any investigations in the SA, and Ernst not to draw in anybody eise?

A That is not right, because Ernst was not even mentioned at that time.

Q How do you explain that all people say that you did it?

A Well, that was said at once then. They knew that. All the press abroad said two days later that I had started the fire.

Q Why wasn’t it said at that time that it was Ernst and those people? A They were not well known to the foreign countries. I was the President of the Reichstag, and, as a consequence, it was rather obvious for those people to name me.

Q Who were the friends of Ernst, or who would you say was the group that was connected with him at that time?

A I don’t know who was closely connected with Ernst. I don’t know those people. I did not like Ernst at all, and I did not like his inclinations.

Q Are you talking of his homo-sexual inclinations, are you?

A Yes, but as a politician.

Q But as a politician and a Prussian Chief, you know that those people who always created difficulties for you were Ernst’s men?

A That was Ernst, but the names of his people — there were a few more SA leaders who were not in Berlin. There was Heidebreck in Pomerania, who made difficulties. Ernst also put this funny SA honour guard on me, who were to arrest me one day, and I got rid of them by some excuse. I disbanded it Q If the Reichstag fire had not happened, when would you have arrested those people that were then on the lists?

A It is my conviction, eight or ten days later.

Q Also the Social Democrats and the Catholics?

A I emphasize again that I am not conscious of any Catholics being on that list. 1 would have to know their names.

Q Wirth, for instance.

A Wirth was not in Prussia. He was not in Berlin at the time.

Q But he was in Berlin.

A I don’t remember giving that Order.

Q It ist possible that Diels and his people did that on their own initiative; that they put people on the lists?

A Yes.

Q They could have done that if they had the conviction that there were people who had some connection with the unrest and that they would be dangerous?

A No. No list was submitted to me.

Q Did you only give the general direction that people were to be arrested?

A I only gave the general directions, already before the Reichstag fire, that all the Communist leaders were to be registered, and that preparations were to be made to arrest them at once if necessary.

Q Which directions did you give about the Social Democrats?

A I did not give any directions about the Social Democrats, no general direction, but at that time I still paid pensions to Social Democrats. I allowed Braun to go to Switzerland, and I sent his money to him. * Q Braun was in Switzerland before the 20th of July, 1932.

A Yes, but he still received his pension.

Q Until when?

A Until the great difficulties came up with foreign currency.

Q I believe that you are also wrong in this respect.

A They wrote a letter to me, and I remember it very well. I remember it exactly. Was Wirth arrested at the time?

Q No. He went to Switzerland. Let’s talk of something eise now.

Besides the Communists and the Democrats, there were a number of other people who were so-called friends of peace, or pacifists? A On the Prussian list?

Q Yes; on the Prussian list.

A Did you see the list?

Q Yes, I saw the list. Kurt Grossman, Lehmann, Russbueldt and similar people.

A Those are people that I don’t even know.

Q Who gave the directions that the pacifists were to be arrested?

A You must ask Diels about that.

Q Did Diels have some kind of plenipotentiary powers from you? A No. He did not have that. He only had the Orders to arrest the Communist leaders and only such people who were in some connection with the intention to exploit the Situation to pull something. The pacifists were not mentioned at the time.

Q Then you heard only afterwards that Social Democrats and pacifists were arrested and had been put in concentration camps? ** A Yes.

Q Why didn’t you release them at once?

A I did not receive any lists about arrested people except those concerning Communists. It was reported to me that a number of Communist leaders, the number I don’t remember, but I belive that there were thousands of them, were arrested.

Q But a number of people, even lawyers, addressed themselves to you because they wanted to have their clients released.

A I want to know who was that?

Q Even through your wife they tried to get your Intervention.

A That was in 1933?

Q Yes, and cases were investigated constantly. Why did those people address themselves to your wife?

A Probably because they had the conviction that in this männer the thing could come to my knowledge, which otherwise it wouldn’t have done.

Q But in this männer you heard that people had been arrested who were not Communists and not Social Democrats?

A I am telling you again at that time they did not address themselves to my wife in this connection. That was in the later years that people addressed themselves to me in such a männer, people who wanted to get out of concentration camps and so on, but not at that time.

Q But at that time, in the year 1933, there was a Ministerialdirector Herrmann, who was arrested. He belonged to the Ministry of Justice, and he was released through the help of your wife.

A It may be so for single cases.

Q For instance, Ministerialdirektor Carl Falk tried to get released * by addressing himself to your wife.

A I don’t remember him. He was in the Federal Office for Coordinating Relief Claims.

Q A certain Felix Boenheim, a Doctor, who got released with your help and with the help of your wife.

A I don’t remember that name either.

Q That was in 1933.

A In any event, they addressed themselves to my wife, because they had the conviction that thus it would come to my notice.

Q If I understand you right, those arrests would have taken place even without the Reichstag fire?

A Yes, those Communists would have been affected even without the Reichstag fire.

Q Also the arrest of Social Democrats, as far as those people were affected?

A Yes, that is true, for Social Democrats who were on the extreme lest.

Q Was Ernst Heilmann, who had been arrested, on the Right or on the Left? Ernst Heilmann, whom you knew very well?

A 1 can’t say that today any more.

Q Do you know that the Communists attacked him very sharply because he was on the Right side of the Social Democrate?

A No, I don’t know that, and I don’t even know that he was arrested.

There were several who had formerly belonged to the Lefts Independent Social Democratie Party Q Now I am speaking of those people who were on the Right, for instance, the Police President Eggerstedt of Altona.

A Eggerstedt was among several other police presidents who were arrested for other reasons. Our police thought it necessary because the Prussian Police was very strongly influenced by the Social Democrats, but that has nothing to do with this matter.

Q Is that really your conviction that this had nothing to do with this matter?

A No, it is independent. But, for instance, I received personally the Social Democrats Oberpraesidents, and I told them that those people would have to leave their jobs.

Q You did?

A Yes. Afterwards I even gave express directions for several leading Social Democrats.

Q Why has the Catholic Ministerial Director Erich Klausener been killed?

A That happened quite some time after.

Q That was in 1934.

A That was absolutely a wildcat act on the part of Heydrich.

Q You know that you are made responsible for that by certain people? A Yes, I am only telling you that, but I had nothing to do with him, even distantly. I kept him in the ministry.

Q But that is not correct, Klausener was transferred by you to the Traffic Ministry on the 13th of February 1933.

A I arranged for that, because I couldn’t keep him in the Ministry of the Inferior. I didn’t push him out. I got him another Job. His killing, which took place on the 30th of June 1934, along with a whole number of wild * actions, without any authorisation or knowledge by me.

Q What did you do in the case of the assassination of Klausener when you heard that? Did you have those people punished?

A No. The Fuehrer declared the amnesty, the same as for Kahr’s murder. The Fuehrer did not allow any prosecution in these cases.

That was by decision of the Reichstag that no measures should be taken by the State, and it was quite impossible to do anything about it.

Q What was discussed about the activities of Ernst? While they perhaps might have started the Reichstag fire, what kind of interest could they have had? In a criminal case, we always ask: Whose interest?

A It was only discussed once, not immediately then, but later when those Statements about me were made, it was discussed whether the SA might have been some connection within, because that was discussed in the investigation.

Q At what occasion was that discussion about which I learned of from Paul Koerner?

A It was only very briefly discussed, and I myself did not believe it possible, because Van Der Lubbe himself had admitted that he had started the fire.

Q Who in your circle thought it might be possible?

A I don’t know that. I don’t know. At any rate, Koerner did not discuss it with me.

Q How about Diels?

A Diels possibly thought it possible;

Q Diels reported to you on that topic. Don’t you remember that any ** more? He was rather excited about it, wasn't he?

A What did he report on to me?

Q About the accusations about the SA, and that the SA had started the fire in the Reichstag, and that the people had reportedly f“ gone through your passage.

A He did not say people went through the passage. He said that there were Statements that the SA people told him.

Q What did you teil him? Shut up or sorget it?

A No.

Q What were the directions you gave him?

A I did not give any directions. I did not think it was possible, because Van Der Lubbe admitted that he had done it.

Q Then you know positively that information about the Communists was given to the press and that the order came out at the desire of the Fuehrer that the Communists did it before any investigation was launched?

A Yes, that was the general conviction, and it was before any great investigation had been completed.

Q You dare to say great investigation? In one hour you can't make any investigation at all.

A But what I mean is, before the investigation took place at all. Q These are the main questions about that.

Q Do you want to add anything to this chapter?

A The Thing that became known very soon even im the first hour was that the last person who had been seen in the Reichstag was Torgier.

Those things came up in this connection **“.

Q But this allegation was made later than the Statement about the Communists?

A No. What was later? What do you mean was later?

Q I mean at ten or eleven o’clock your press officer, a Catholic official, said in my presence that he was ordered by you, Goering, to state that the Communists had done it.

A I think it is quite out of the question that the press expert said something like that.

Q Well, in substance, not in this form.

A Well, it would have been idiotic and I just wanted to mention that.

As far as I remember, one guard of the Reichstag told the Fuehrer that the last deputy who lest the Reichstag was Torgier. That was already known at the time.

Q Then this covers this topic. You had nothing to do with it and the rumor was that it was the SA.

A No, I had nothing to do with it. I deny it absolutely, and I am looking forward to any people that you will confront me with.

Q In conclusion, the possibilities on it are, one, that if [? ] Van Der Lubbe did it, and the other that the SA did it for some political reasons?

A On all conditions Van Der Lubbe was concerned with it, because he was caught.

Q But Van Der Lubbe was half lunatic, wasn’t he? You know that.

A Yes.

Q Isn’t it possible that Van Der Lubbe was engaged by the SA and those people? * A Yes. Well, I read the letter. As far as I know, Lubbe could not speak a word of German.

Q Well, there are Interpreters who could have told him.

A How could they have gölten together with Van Der Lubbe? But everything is possible.

Q Everything is possible, yes. But could you go as far to say — I am not talking about your personal position — that the Reichstag fire came at a very opportune moment?

A I can really teil you frankly that the Reichstag fire was very inopportune for us.

Q To whom?

A To the Fuehrer as well as to me as the President of the Reichstag.

If such a finale had to be given, then, there would have been buildings which could have been bester used which were not as essential. Q Which building, for instance, could have been a bester finale than the Reichstag? The Castle of Berlin?

A Yes. The Castle or some other building. After the fire, I had to choose the Kroll Opera House for the use of the Reichstag. You will know that I had a very great interest in my State Theatre and that was very hard on me, because the Kroll Building was the second place where the smaller opera performances were given.

Q But . you know that there were the differences between Goebbels opera in Charlottenburg and your own?

A But that only happened very much later, very much later. That must have been towards the end of 1933 Q You don’t believe that Goebbels had anything to do with the SA in this matter?

A I really can’t imagine that.

Q You can’t imagine that?

A No, I really can’t.

Q If you don’t think about this case we have today on you, but merely think historically, who were the people who were interested in something like that, generally? I ask you as a politician, as the Prussian Prime Minister at that time.

A I have to reiterate that there was no reason necessary for the actions to be taken against the Communists. I already had some valid reasons in the form of assassinations and so on. That arson was to be used, or should be used, or could, well — I am really thinking what interest Ernst could have had. Suppose that he said, „Let us put fire to it and then give out the information that it was the Communists.“

Then I can only think that the SA believed in this connection to be able to play a strenger part in the government.

Q Yes. Now we are really getting some place.

A Yes, to have a free hand and to really take stronger action against the Communists. That is what I can now say, looking bade, if I can reconstruct any reason at all. They did not believe that the measures should be taken by the police as regulär police measures, and that the SA would be called as an emergency force, and that they could at this moment get a strenger control of the State.

Q Isn’t there also the fact that the old gentleman, Hindenburg, would not have given his signature to the law of February 28 without such a finale? * That is was Meisner told me. Since you had the opportunity to teil him about the alleged crime of the Communists, he would throw up his hands and say, „Ah“, but if the Reichstag has burned, he would have signed it?

A I don’t believe that, because at that time he even signed quite different things.

Q What did he sign?

A It was much harder for him to Sign his name to the law on the Swastika Flag, to the use of the Swastika Flag.

Q Who submitted that February 28 decree to him?

A The decree for the protection of People and State which enabled the police to arrest anybody, only the Reichs Chancellor could have submitted it to him.

Q Did he go there alone?

A No. As far as 1 remember, he sent von Papen there.

Q Was Papen with him, or did he send Papen?

A I don’t know that.

Q All right.

A I was not involved in this decree at all. I know that this had to be submitted by the Chancellor.

Q Who worked it out?

A This had not been worked out. This is something that is contained in the Constitution. If emergency conditions are published, then such a decree is applicable.

Q No. That’s wrong. Somebody drafted the emergency decree, which appeared on the 28th of February in the Reichsgesetzblatt. Who worket it out?

A I don’t know. We will have to ask the people “.

Q Was it in the Prussian Ministry of Interior?

A No, it wasn’t.

Q Was it in the Reichsministry of Interior?

A It is possible that it es in the Reichsministry. Probably. I believe that it wasn’t even worked out there. I believe it was worked out in the Reichschancellery.

Q Who was at that time the State Secretary in the Reichschancellary? A It was Lammers.

Q You believe that it was worked out there?

A It is probable. I can’t say for certain. Ismay have been collaboration between the Reichschancellery and the Reichsministry of the Interior, but as such it has a wording which had already been repeatedly used for emergency conditions.

Q For this emergency condition?

A This was not used for the first time, but it had already been given repeatedly from other governments.

Q There is one other question. Some of the generals told that you bragged to have been in connection with the Reichstag fire.

A Those generals talk absolute nonsense. In the strongest way I protest against this, because people say I did it. Only in fun I said it once. The next time I don’t even believe any more that Nero burned Rome, because the next time they will say that I stood there with a toga and played violin.

Q It was only a joke when you said it?

A You mean that what the generals said was fun? Oh, I didn’t teil that ’ to the generals, but I told that to some other people. After the attack on me, I said I don’t believe any more that Nero burned Rome, because the next time the people will state that I had a blue toga on and was playing a violin, watching the Reichstag fire. Thus I was informed in the hotel where I spent the evening.

Q But you were at the Reichstag at a rather early time. I saw you walking downstairs. Didn’t you?

A Yes. When I came, the hall burned. I almost lost my life in there.

It was only fortunate coincident. If I hadn’t been caught by my belt on the telephone booth, I would have been scorched rather badly.

Q Didn’t you stand in front of the place on the bigstairs?

A I stayed there for hours, of course, but when I first came there, the big hall was burning by flames and the lest cupola was collapsing.

But what the general has told is not true. I would like to see him and have him teil that to my face. That is lunacy. Even if I started the fire, I wouldn’t brag about it.

Q Thank you.

A If I started the fire, then I would have burned it for a completely different reason.

Q For what reason?

A Because the big congress hall was so ugly. It had plaster walls.

I must reiterate again that the arrests would have taken place under all circomstances.

Q The arrests of the opponents of the State?

A Yes. In first line, the Communists. ** APPROVED:

R. Al. W. Ketnpner (Interrogator)

R. W. Sonnenfelds (Interpreter)

William A. Weigel (Reporter)

ANLAGE II „DIE OBERFOHREN-DENKSCHRIFT“

In deutscher Sprache gedr. in „Die neue Weltbühne" II. 28 (13. Juli 1933), Prag/Zürich S. 863 ff.

Goebbels hielt es für notwendig, daß man im Karl-Licbknecht-Haus Material fände, durch das verbrecherische Absichten der Kommunisten belegt, ein kommunistischer Aufstand als unmittelbar bevorstehend und dadurch unmittelbare Gefahr im Verzüge beweisbar waren.

Da aber unter Melchers Polizei . im Karl-Liebknecht-Haus wieder nichts gefunden worden war, mußte ein neuer Polizeipräsident für Berlin, und zwar aus den Reihen der Nationalsozialisten, genommen werden. Nur ungern ließ Herr von Papen seinen Beauftragten Melcher aus dem Polizeipräsidium scheiden Der Vorschlag der NSDAP, den Führer der Berliner SA, den Grafen Helldorf, zum Polizeipräsidenten zu ernennen, wurde abgeschlagen. Man einigte sich schließlich auf den gemäßigteren Admiral von Levetzow, der zwar der NSDAP angehörte, dessen Bindungen an den deutschnationalen Kreis aber immer noch vorhanden waren. Material in das leerstehende Karl-Liebknecht-Haus einzuschmuggeln, war ein leichtes.'Die Polizei hat die Baupläne des Bürohauses und kennt auch die Lage seiner Keller. Die notwendigen Dokumente konnten dort also leicht hineingebracht werden.

Goebbels war sich von vornherein klar, daß es notwendig sei, den Ernst und die Glaubwürdigkeit der „aufgefundenen“ Papiere durch die eine oder andere, wenn auch nur angedeutete Handlung zu unterstreichen. Man hatte auch in dieser Richtung hin vorgesorgt.

Am 24. Februar drang die Polizei in das seit Wochen leerstehende Karl-Liebknedit-Haus ein, durchsuchte und versiegelte es. Am gleichen Tage wurde amtlich bekanntgegeben, daß eine Fülle von hochverräterischem Material gefunden sei.

Am 26. Februar veröffentlichte der Conti, ein Nachrichtenbüro der Regierung, sehr ausführlich über das Ergebnis der Aktion. Es verlohnt sich nicht, diese genaue Meldung wiederzugeben. Der Hintertreppenstil dieser Meldungen fiel auch dem unbefangenen Leser auf. Es wurde ausführlich von geheimen Gängen, geheimen Sperrvorrichtungen, Schlupf-kanälen, Katakomben, unterirdischen Gewölben und dergleichen mehr berichtet. Die ganze Art der Aufmachung des Berichtes mußte um so mehr lächerlich wirken, da zum Beispiel die Keller eines Bureauhauses mit phantastischen Ausdrücken wie „unterirdische Gewölbe" und „Katakomben" bezeichnet wurden. — Es mußte auffallen, daß in angeblich gut abgedeckten Nebenräumen der Keller mehrere hundert Zentner genaueste Anweisungen für die Durchführung der bevorstehenden Revolution der Polizei in die Hände gefallen seien. Besonders lächerlich war die Mitteilung, „daß durch die Funde in diesen geheimen Gewölben die Beweise gefunden worden waren, daß die Kommunistisch Partei und ihre Unterverbände ein zweites illegales Dasein unter der Oberfläche führten“.

Admiral von Levetzow, Polizeipräsident von Berlin, erstattete am Sonntag, dem 26. Februar, nadimittags, dem kommissarischen Innenminister, Herrn Göring, Bericht über die Funde im Karl-Liebknecht-Haus. So weit die Zeitungsmeldungen.

Innerhalb der Regierungskoalition gab es auf Grund des Ereignisses der Durchsuchung des Karl-Liebknecht-Hauses lebhafte Auseinandersetzungen. v. Papen, Hugenberg und Seldte machten Herrn Göring die lebhaftesten Vorwürfe, daß man mit solchen Gaunertricks arbeite. Man wies darauf hin, daß die angeblich vorgefundenen Dokumente so ungeschickt gefälscht seien, daß man sie der Öffentlichkeit unter keinen Umständen übergeben könne. Man verwies darauf, daß man geschickter hätte vorgehen müssen, etwa in der Art, wie seinerzeit die englischen Konservativen bei der Fälschung des „Sinowjew-Briefes“. Deutschnationale und Stahlhelm wiesen darauf hin, daß kein Mensch glauben werde, daß die Kommunisten ausgerechnet im Karl-Liebknecht-Haus ihr illegales Quartier aufschlagen würden. Man hätte schon geschickter fälschen müssen und die illegalen Räume in irgendeinem andern Stadtteil ausheben müssen.

Nachdem jedoch die ganze Angelegenheit der Öffentlichkeit übergeben war, blieb auch den Deutschnationalen nichts weiter übrig, als weiteren Verschärfungen der Verordnungen gegen die Kommunisten auf Grund des vorgefundenen Materials zuzustimmen. Doch hatte man außerdem den Wunsch, die Kommunistische Partei unter allen Umständen an den Wahlen teilnehmen zu lassen. Man wollte verhindern, daß die Nationalsozialisten allein die absolute Mehrheit im Reichstag bekommen könnten durch Ausschaltung der Kommunistischen Partei ...

Goebbels und Göring waren über die Zähigkeit ihrer deutschnationalen Partner empört. Sie wollten unter allen Umständen das Verbot der Kommunistischen Partei erzwingen. Um die Glaubwürdigkeit des aufgefundenen Materials belegen zu können, waren bereits an einigen Stellen der Stadt durch ergebene Subjekte Brandstiftungen vorgenommen worden. So meldete am 25. Februar die Berliner Abendzeitung „Tempo“ (Nr. 43) mit vierzeiliger Riesenüberschrift von einer Brandstiftung im Schloß. In den Auseinandersetzungen mit ihren deutsch-nationalen Partnern bekamen die Nationalsozialisten jedoch deutlich zu spüren, daß das Verbot der Kommunistischen Partei einfach nicht zu erreichen war.

Es mußten deshalb die geplanten Brände an einer auffallenderen Stelle durchgeführt werden. Ein Schlag gegen die Kommunisten und Sozialdemokraten mußte dann in aller Eile inszeniert werden.

Alles war vorbereitet. Montag, den 27. Februar, war der ganze Propagandastab der Nationalsozialisten merkwürdigerweise nicht auf Wahlagitation. Herr Hitler, der unermüdliche Redner, Herr Goebbels, Herr Göring befanden sich in Berlin. Bei ihnen war der Berichterstatter der „Daily Express", Sefton Delmar. So warteten in trautem Kreise die Herren auf ihren Brand.

Unterdessen gingen die Beauftragten der NSDAP unter Führung des SA-Führers von Schlesien, des Reichstagsabgeordneten, Heines, durch die Heizungsgänge vom Palais des Reichstagspräsidenten Göring in den Reichstag. Für jeden einzelnen der ausgesuchten SA-und SS-Führer war die Stelle genau bezeichnet, wo er anzusetzen hatte. Als der Beobachtungsposten im Reichstag meldete, daß die kommunistischen Abgeordneten Torgier und Koenen das Haus verlassen hatten, begab sich der SA-Trupp an die Arbeit. Bei der genügenden Anzahl war die Brandlegung in wenigen Minuten vollendet. Alle begaben sich daraufhin zurück in das Präsidentenpalais, wo sie ihre SA-Uniform wieder anlegten und von wo sie ungehindert entkommen konnten. Zurück blieb lediglich das Subjekt van der Lubbe, das sich vorsichtshalber gleich seinen holländischen Paß, ein kommunistisches Flugblatt zur Einheitsfront, einige Photographien seiner Person und angeblich auch noch den Ausweis einer holländischen kommunistischen Splitterorganisation in die hintere Hosentasche gesteckt hatte. Der bestellte Brand war da.

Alles hatten die Brandstifter der NSDAP ausgedacht, aber sie hatten doch zuviel Fehler dabei gemacht, Fehler, die bei ihrer Geschicklichkeit und Gewandtheit für Propaganda kaum zu verstehen sind. Gehen wir zuerst auf einige der Ungeschicklichkeiten ein, die den Herren passiert sind. — In der amtlichen Mitteilung vom 28. Februar (Preußischer Pressedienst), die noch in der Nacht herausgegeben wurde, heißt es u. a.: „Diese Brandstiftung ist der bisher ungeheuerlichste Terrorakt des Bolschewismus in Deutschland. Unter den Hunderten von Zentnern Zersetzungsmaterial, das die Polizei bei der Durchsuchung des Karl-Liebknecht-Hauses entdeckte, fanden sich die Anweisungen zur Durchführung des kommunistischen Terrors nach bolschewistischem Muster. Hiernach sollen Regierungsgebäude, Museen, Schlösser und lebenswichtige Betriebe in Brand gesteckt werden. Es wird ferner die Anweisung gegeben, bei Unruhen und Zusammenstößen vor den Terror-gruppen Frauen und Kinder herzuschicken, nach Möglichkeit sogar solche von Beamten der Polizei. Durch die Auffindung dieses Materials ist die planmäßige Durchführung der bolschewistischen Revolution zerstört worden. Trotzdem sollte der Brand des Reichstags das Fanal zum blutigen Aufruhr und zum Bürgerkrieg sein. Schon für Dienstag früh vier Uhr waren für Berlin große Plünderungen angesetzt. Es steht fest, daß an diesem Tag (28. Februar) in ganz Deutschland die Terrorakte gegen einzelne Persönlichkeiten, gegen das Privateigentum, gegen Leib und Leben der friedlichen Bevölkerung beginnen und den allgemeinen Bürgerkrieg entfesseln sollten.“

Der erstaunte Leser fragt mit Recht, warum eigentlich der Herr Reichsinnenminister und der Herr Polizeipräsident von Berlin erst nach dem Reichstagsbrand, am 27. Februar nachts, Maßnahmen ergriffen haben, um den „Ausbruch der bolschewistischen Revolution" zu verhindern. Bereits am 24. Februar — also vier Tage vorher — waren die Aufstandspläne gefunden und schon spätestens am Sonntag, dem 26. Februar, mußte der Polizeipräsident über diese Pläne genau Bescheid wissen, denn an diesem Tage erstattete er Herrn Göring Bericht. Ja, schon am Samstag, dem 25. Februar, hatte man eine Brandstiftung im Schlosse festgestellt.

Herr Göring und Herr von Levetzow aber unternahmen nichts. Sie bewachten weder die Regierungsgebäude, noch die Schlösser, noch-die Museen.

Das ist einer der Fehler, in die sich diese Herren verrannt haben.

Aber es ist wirklich nicht der einzige. Wer in der Welt nur ein bißchen darüber nachdachte, — sollte er wohl an das Märchen des Brandstifters van der Lubbe glauben? Kommt da ein Wanderbursche angeblich aus Holland an. Noch am 17. auf den 18. Februar hat er als Wanderbursche in Glindow bei Potsdam übernachtet. Im Gasthaus „Zum grünen Baum“ hat er seinen „holländischen“ Reisepaß vorgelegt und ins Herbergsbuch hat er sich mit vollem Namen, Geburtsort und Heimatort eingetragen . . .

Am 19. Februar kommt er vielleicht in Berlin an und siehe da, es glückt ihm sofort in den obersten Aktionsausschuß zur Vorbereitung der Revolution einzutreten und eine führende Rolle zu spielen, so daß man ihn schon knapp zehn Tage danach mit in den Reichstag zur Brandstiftung nimmt. . .

Herr Goebbels und Herr Göring haben die Einsichtslosigkeit der Weltöffentlichkeit doch überschätzt. Noch schöner ist, daß dieser van der Lubbe auch gleich seine Verbindung zur SPD bekannt gibt. In der oben genannten Mitteilung des Pressedienstes heißt es: „Der Brandstifter aus dem Reichstag hat in seinem Geständnis die Verbindung mit der SPD zugegeben. Durch dieses Geständnis ist die kommunistisch-sozialdemokratische Einheitsfront offenbar Tatsache geworden."

Goebbels und Göring haben auch sonst vorgesorgt. Allerdings ein bißchen zu plump. Es haben sich dann gleich, wie amtlich mitgeteilt wird, drei Leute gemeldet, die die Abgeordneten Torgier und Koenen im Reichstag zusammen mit van der Lubbe gesehen haben. Die „Deutsche Allgemeine Zeitung" meldet darüber, daß sich „Herr Torgier am Montag mehrere Stunden im Reichstag aufgehalten hat zusammen mit dem Brandstifter, der Montag abends verhaftet werden konnte; dann sind in seiner Umgebung mehrere andere Personen gesehen worden, die zum Teil mit Fackeln versehen waren. Diese Personen seien nur dadurch nicht ergriffen worden, daß sie sich, *wie jetzt von unterrichteter Seite erklärt wurde, durch die unterirdischen Heizungsgänge, die zum Reichstagspräsidenten-Palais hinüberführen, entfernen konnten".

Der erstaunte Leser fragt wiederum, warum man denn Herrn Torgier mit mehreren Personen mehrere Stunden lang mit Fackeln im Reichstag hat herumlaufen lassen. Und er bewundert außerdem die Fixigkeit des Herrn Göring oder doch seiner Polizei, die sofort herausfindet, noch bevor der Brand richtig gelöscht ist, daß die Brandstifter durch die unterirdischen Heizungsgänge entkommen sind.

Soll man noch erwähnen, daß durch die Absperrung am Reichstag noch zwei vom „Vorwärts" geschickte Berichterstatter hindurch-schlüpfen, in eine Telephonzelle des Reichstags eilen und von dort aus den „Vorwärts" anrufen, Herr Göring habe den Reichstag angezündet. Natürlich werden sie sofort in der Telephonzelle geschnappt, wie das der Bestellung nach ja auch sein sollte, damit man auf alle Fälle zwei Leute an der Hand hat, die beweisen, daß eben von der Sozialdemokratischen Partei das Gerücht in die Welt gesetzt wurde, Herr Göring habe den Reichstag anzünden lassen. — Es gibt aber noch mehr Ungeschicklichkeiten, die den großen Propagandisten in der Eile passierten. Herr Sefton Delmar vom „Daily Express", der mit Göring, Hitler und Goebbels auf den Ausbruch des Brandes wartete, drahtete seiner Zeitung, daß er kurz nach der Nachricht vom Brand seine Freunde im Reichstag angetroffen habe. — Als Hitler dort v. Papen getroffen habe, habe er zu Papen gesagt: „Wenn dieses Feuer, wie ich glaube, das Werk von Kommunisten ist, dann soll uns nichts mehr daran hindern, diese Mörderpest mit eiserner Faust auszurotten.“ Etwas später sei auch Herr Göring dazugekommen und habe Herrn Hitler gesagt: „Das ist zweifellos Diktat von Kommunisten. Eine Anzahl von kommunistischen Abgeordneten ist 20 Minuten, bevor das Feuer ausbrach, im Reichstag gewesen. Es ist uns gelungen, einen der Brandstifter festzuhalten." Ach, wie deutlich geht doch aus diesen Nachrichten des Herrn Sefton Delmar hervor, wozu man den Reichstag angezündet hat. ..

So sehr die Deutschnationale Partei mit den schärfsten Maßnahmen gegen die Kommunisten einverstanden ist, so wenig billigt sie die Brandstiftung durch die Koalitionsfreunde. In der Kabinettssitzung am bekannten Dienstag wurde zwar den schärfsten Maßnahmen gegen die Kommunisten und zum Teil auch gegen die Sozialdemokraten zugestimmt. Es wurde jedoch kein Zweifel daran gelassen, daß die Brandstiftung das Ansehen der nationalen Front im Ausland aufs schärfste schädigen würde. In der Verurteilung wurde bei dieser Kabinettssitzung mit den schärfsten Ausdrücken nicht gespart. Es gelang den nationalsozialistischen Ministern nicht, das Verbot der Kommunistischen Partei durchzudrücken. Sie (die Deutschnationalen) brauchten, wie bereits gesagt, die kommunistischen Abgeordneten, um den Nationalsozialisten nicht die absolute Mehrheit im Parlament zu ermöglichen. In der Kabinettssitzung wurde gleichzeitig Herrn Göring auf das strengste untersagt, die im Karl-Liebknecht-Haus gefundenen Fälschungen der Öffentlichkeit zu übergeben. Es wurde darauf hingewiesen, daß die Veröffentlichung dieser plumpen Fälschungen die Regierung nur noch mehr belasten würde. Besonders ungelegen war der Regierung auch gekommen, daß der kommunistische Abgeordnete Torgier, Vorsitzender der kommunistischen Reichstagsfraktion, sich am Dienstag morgen der Polizei zur Verfügung stellte; seine Flucht wäre wünschenswerter gewesen. Herr Göring wurde beauftragt, zu dementieren, daß sich Torgier freiwillig gestellt habe.

Das Echo der Weltpresse aber, das dem Reichstagsbrand folgte, war so unerwartet einmütig in der Zuschiebung der Brandstiftung auf führende Regierungsmitglieder, daß das Ansehen der nationalen Regierung aufs schwerste erschüttert wurde.

So sehr Göring und Goebbels die Stillegung der kommunistischen und sozialdemokratischen Wahlpropaganda gelegen kam, so sehr sie wußten, daß breite Massen der Kleinbürger, Angestellten und Bauern das Gerücht vom Reichstagsbrand glauben würden und demgemäß der NSDAP als der Vorkämpferin gegen den Bolschewismus ihre Stimme geben würden, so wenig waren sie erbaut über die Stellungnahme der deutsch-nationalen Minister im Kabinett. Das Verbot der Kommunistischen Partei war ihnen wieder nicht zugebilligt worden. Mit Verbitterung fühlten sie sich mit ihren maßlosen Ansprüchen in der damals noch eisernen Umklammerung der Deutschnationalen, des Stahlhelms und der Reichswehr. Es war ihnen klar, daß man so rasch wie möglich aus dieser LImklammerung herauskommen müsse. Es wurde hin und her beraten ...

Schließlich entschlossen sich die Nazis zu dem Gewaltstreich in der Nacht vom 5. auf den 6. März. Es wurde geplant, das Regierungsviertel zu besetzen und von Hindenburg die LImbildung der Regierung, wenn er dem nicht zustimme, von ihm die Abdankung zu verlangen. In diesem Fall sollte Hindenburg die Vertretung der Reichspräsidentenschaft auf Hitler übertragen und Hitler im gleichen Augenblick Herrn Göring zum Reichskanzler ernennen. Die Beratungen gingen auch dahin, die Aktion gegebenenfalls anläßlich eines großen Propaganda-Umzuges der SA und SS durch Berlin, verbunden mit einer Huldigung vor Hitler, am Freitag, 3. März, durchzuführen . . .

Da sich die Gerüchte verdichtet hatten, daß bei diesem Marsch das Regierungsviertel besetzt werden sollte, wurde im letzten Augenblick von den deutschnationalen Ministern durchgesetzt, daß Hitler auf den Vorbeimarsch in der Wilhelmstraße verzichte. Den Tausenden in der Wilhelmstraße wurde plötzlich zu ihrer Verwunderung mitgeteilt, daß der Zug der SA einen anderen Weg nähme und die Wilhelmstraße nicht berühre, sondern durch die Prinz-Albrecht-Straße nach dem Westen geleitet werde. Die Deutschnationalen müssen sich verpflichten, auch auf den Durchzug des Stahlhelms durch das Regierungsviertel zu verzichten. Dieser Marsch des Stahlhelms war für den Wahltag als Huldigungsmarsch vor Hindenburg angekündigt. In diese Änderung willigten die Stahlhelmführer ein.

Die Lage für die deutschnationalen Minister war außerordentlich ernst. Das Wahlergebnis in Lippe-Detmold hatte gezeigt, wie groß die Gefahr war, daß deutschnationale Wähler mit fliegenden Fahnen zu den Nazis übergingen. Der ungehemmten Propaganda der Nazis war ihre Propaganda nicht gewachsen. Der Herrenklub, die Gruppen um den Stahlhelm, die deutschnationalen Führer berieten. Nach der gerade noch am Freitagmittag abgewendeten Besetzung des Regierungsviertels mußte man sich für die drohende Gefahr der Nacht vom 5. auf den 6 März nicht nur mit Reichswehr und Stahlhelm rüsten. Es war klar, daß die Massen nicht mehr hinter Hindenburg, sondern hinter ihrem Abgott Hitler standen. Gegen diese Massen und diese Massenstimmung nur Waffen einzusetzen, wäre vergeblich gewesen. Es war notwendig, ebenso rücksichtslos wie Göring und Goebbels bei dem Reichstagsbrand vorzugehen.

Folgender Plan wurde festgelegt:

Die Öffentlichkeit erhält eine amtliche Mitteilung über das bisherige Ergebnis der Untersuchung gegen den Brandstifter. Diese Mitteilung wird so abgefaßt, daß man im Notfall jederzeit auf sie hinweisen kann mit der Feststellung, daß man schon damals den nationalsozialistischen Attentätern auf der Spur gewesen sei. Eine solche amtliche Mitteilung konnte man dann in der Nacht vom 5. auf den 6. März als Druckmittel gegen die Nazi-Minister benutzen, wenn diese wirklich ihren Plan der Besetzung des Regierungsviertels durchführen wollten.

Man beabsichtigte dadurch, die Nazi-Massen zu verwirren und nach Mäglichkeit für die nationale Front unter Führung der Deutschnationalen und für Hindenburg zu gewinnen. Man bereitete einen Aufruf an das nationale Deutschland vor, in dem Hindenburg den Plan der gewaltsamen Machtergreifung enthüllte, Göring, Goebbels und Hitler der Brandstiftung bezichtigte unter Hinweis auf das früher herausgegebene Kommunique und die Millionen Nazis aufforderte, sich geschlossen hinter Hindenburgs Führung zu stellen, um die nationale Front vor dem Marxismus zu retten. Dadurch hoffte man, die nationalen Massen bereitzumachen, eine Militärdiktatur unter Hindenburgs Führung zu unterstützen.

Hindenburg selbst sollte der Huldigung des Stahlhelms fembleiben, die Nacht vom 5. zum 6. außerhalb Berlins im Schutze der Reichswehr verweilen und die Reichswehr selbst marschbereit stehn ...

ANLAGE III EIN BRIEF DES SA-GRUPPENFÜHRERS KARL ERNST AN SA-OBERGRUPPENFÜHRER EDMUND HEINES Aus: „Weißbuch über die Erschießungen des 30. Juni“, Editions du Carrefour, Paris 1934, S. 111 ff.

Ich, Endesunterzeichneter Karl Emst, SA-Gruppenführer Berlin-Brandenburg, Preußischer Staatsrat, geboren 1. 9. 1904 Berlin-Wilmersdorf, gebe hiermit eine Darstellung des Reichstagsbrandes, an dem ich beteiligt war. Ich tue dies auf Anraten meiner Freunde, weil Nachrichten darüber vorliegen, daß Göring und Goebbels einen Schurkenstreich gegen mich planen. Wenn ich verhaftet werde, sind Göring und Goebbels umgehend zu verständigen, daß dieses Dokument sich im Ausland befindet. Das Dokument selbst darf nur veröffentlicht werden, wenn ich oder einer meiner beiden Freunde, die in der Beilage zu diesem Dokument genannt sind, es anordnen, oder wenn ich eines gewaltsamen Todes sterbe.

Ich erkläre, daß ich am 27. Februar 1933 gemeinsam mit meinen beiden in der Beilage bezeichneten Unterführern den deutschen Reichstag in Brand gesetzt habe. Wir haben diese Tat vollbracht in der Über-zeugung, dem Führer und der Bewegung dienstbar zu sein. Wir haben sie vollbracht, um dem Führer das Losschlagen gegen den Marxismus, den schlimmsten Feind des deutschen Volkes, zu ermöglichen. Bevor diese Pestbeule nicht völlig ausgerottet ist, kann Deutschland nicht gesunden. Ich bereue meine Handlung nicht. Ich würde sie heute ein zweites Mal begehen. Ich bedaure nur aufs tiefste, daß sie Kreaturen wie Göring und Goebbels ermöglicht hat, hochzukommen, die die SA verraten haben, den Führer täglich verraten und ihm durch Lug und Trug in die Netze ihres Kampfes gegen den Stabschef und die SA zu ziehen versuchen. Die SA ist die schärfste Waffe der Bewegung Ich bin Nationalsozialist. Ich bin überzeugt, daß der Nationalsozialismus mit der SA lebt und stirbt.

Wenige Tage nach unserer Machtergreifung berief mich Helldorf zu sich, der mir mitteilte, daß am Abend eine Besprechung bei Göring stattfinden würde. Ich fuhr mit Helldorf zu Göring. Unterwegs informierte mich Helldorf darüber, daß etwas unternommen werden müsse, um dem Führer die Möglichkeit zu geben, gegen die Marxisten loszuschlagen. Zu meiner Überraschung war außer Göring auch Goebbels anwesend, der uns seinen Plan entwickelte. Anläßlich der Wahlversammlung des Führers in Breslau sollte bei der Landung des Führers ein Scheinattentat von zwei Kommunisten gegen ihn begangen werden. Dieses Attentat sollte das Zeichen zum Losschlagen gegen die Marxisten sein. Heines sei nach Berlin berufen, um mit ihm die Details zu besprechen. Die Gruppe Berlin-Brandenburg müßte alle Vorbereitungen treffen. Innerhalb von zwei Tagen würde Helldorf detaillierte Befehle über die Aufgaben seiner Gruppe erhalten.

Wir trafen uns zwei Tage darauf wieder bei Göring, diesmal onne Goebbels. Göring sprach sich heftig gegen den Attentatsplan aus, weil er fürchtete, daß dies zur Nachahmung reizen könnte. Er sagte auch, daß Goebbels starrköpfig am Attentatsplan festhalte, und bat uns, bei der nächsten Unterredung Goebbels von diesem Plan abzubringen. Er habe Heines verständigt, seine Berliner Reise noch etwas aufzuschieben.

Am nächsten Tage wurde ich telephonisch in Goebbels Wohnung bestellt. Ich kam als letzter an, die anderen hatten sich inzwischen schon geeinigt, den Attentatsplan fallen zu lassen. Göring meinte, man müßte etwas anderes durchführen, vielleicht das Schloß in Brand setzen, oder einen Sprengkörper im Innenministerium explodieren lassen. Goebbels antwortete lächelnd, dann sei es vielleicht besser, den Reichstag anzuzünden, dann könnten wir uns den Parlamentariern noch als Verteidiger der Schwatzbude präsentieren. Göring stimmte sofort zu. Helldorf und ich waren dagegen, weil uns die technischen Schwierigkeiten zu groß erschienen. Wir wiesen darauf hin, daß ein Brand im Schloß leichter zu machen sei, weil dort so gut wie keine Bewachung ist. Wir ließen uns von Göring und Goebbels überzeugen. Wir legten dann nach gründlicher Überlegung die Details fest. Unser Plan war, daß Heines, Helldorf und ich am 25. Februar, acht Tage vor der Wahl, den Brand legen sollten. Göring erklärte, daß er Brandmaterial stellen könnte, das außerordentlich wirksam sei und wenig Raum einnehme. Wir sollten uns am 25. Februar bis zum Abend im Fraktionszimmer aufhalten und, wenn der Betrieb im Reichstag zu Ende war, ans Werk gehen. Die technischen Vorbereitungen wurden mir übertragen. Ich suchte Göring am nächsten Tage auf. Ihm waren inzwischen Bedenken gekommen. Er fürchtete, daß es am Sonnabend, wo früher Schluß gemacht wird, auffallen könnte, wenn wir drei uns solange im Reichstag aufhalten würden. Dann meinte er auch, es wäre falsch, bekannte SA-Führer an der direkten Arbeit teilnehmen zu lassen. Wenn einer entdeckt würde, wäre alles verloren. Wir telefonierten Goebbels, der nach kurzer Zeit erschien. Wir machten ihn mit unseren Bedenken bekannt. Er fan. d sie nicht stichhaltig.

Unser Plan mußte aber trotzdem aufgegeben werden, weil die Beobachtungen, die ich anstellte, ergaben, daß die Kommunisten, deren Fraktionszimmer dem unsern gegenüberlag, immer sehr lange, mitunter bis nach 10 Uhr abends, im Reichstag arbeiteten. Es bestand die Gefahr, daß sie etwas beobachten konnten.

In der Zwischenzeit war der Stabschef nach Berlin gekommen und bei einem gemeinsamen Abendessen mit ihm, Heines und Killinger besprachen Helldorf und ich die ganze Frage mit ihnen. Sie waren völlig einverstanden. Sie rieten uns auch, keinesfalls selbst an der Brandlegung mitzuwirken, weil die Gefahr zu groß sei. Killinger empfahl, die Schmutzarbeit durch einige SA-Leute machen zu lassen, die man dann verschwinden lassen könnte. Der Stabschef meinte zum Schluß, daß er vorarbeiten würde, um noch vor dem Brande zum Sicherheitskommissar für das ganze Reich ernannt zu werden.

In der nächsten Besprechung, die, wie ich glaube, wieder in Goebbels Wohnung stattfand und wo Helldorf fehlte, da er in einer Wahlversammlung sprach, schlug Göring vor, den unterirdischen Gang zu benutzen, der von seinem Hause zum Reichstag führt. Das wäre der einfachste Weg mit dem geringsten Risiko. Ich wurde beauftragt, geeignete Leute zu finden. Goebbels beantragte, den Brand nicht am 25. Februar, sondern am 27. Februar steigen zu lassen, da der 26. Februar ein Sonntag war, wo nur Morgenblätter erscheinen, und der Brand propagandistisch nicht genügend ausgewertet werden könne. Wir beschlossen, den Brand gegen 9 Uhr abends beginnen zu lassen, damit das Radio noch ausgenützt werden könnte. Göring und Goebbels einigten sich dann über verschiedene Maßnahmen, die den Verdacht auf die Kommunisten lenken sollten.

Ich habe mit Helldorf den unterirdischen Gang dreimal begangen, um mich genau zu orientieren. Außerdem hat mir Göring den Grundriß gegeben, sowie die Diensteinteilung der Beamten, und eine Aufstellung, wann und über welche Wege Kontrollgänge gemacht werden. Bei einem Besuch im unterirdischen Gang wären wir beinahe erwischt worden. Der Wächter, der vielleicht unsere Schritte gehört hatte, machte einen außerordentlichen Kontrollgang. Wir verbargen uns in einer toten Abzweigung, die der Wächter zu seinem Glück nicht untersuchte. Sonst wäre er heute nicht mehr am Leben. Zwei Tage vor der Tat haben wir in diesem Nebengang das Brandmaterial deponiert, das Göring besorgt hatte. Es bestand aus kleinen Tanks, in denen selbstentzündlicher Phosphorstoff enthalten war, sowie einigen Litern Petroleum. Bei unseren Besuchen im Gang nahmen wir stets den Weg durch das Maschinenhaus, zu dem wir den Schlüssel hatten. Göring hat zu bestimmten Zeiten den Wächter abgelenkt, damit wir unbemerkt kommen und gehen konnten.

Ich habe lange überlegt, wen ich mit der Ausführung betrauen könnte. Ich kam zu dem Schluß, daß ich doch selbst mitmachen müßte, und daß ich nur Männer aus meinem engsten Kreise nehmen könnte. Ich habe Göring und Goebbels davon überzeugt, und sie stimmten zu. Heute nehme ich an, daß sie sich einverstanden erklärten, weil sie glaubten, midi in ihre Hände zu bekommen. Meine Wahl fiel auf zwei Männer, zu denen ich volles Vertrauen hatte. Idi danke ihnen, daß sie mir bei meiner schweren Aufgabe geholfen haben. Ich habe sie auf mich vereidigt. Sie haben ihren Eid gehalten. Ich wußte, daß ich midi auf sie verlassen kann. Sie sollen selbst entscheiden, ob ihr Name, der auf der Beilage vermerkt ist, veröffentlicht werden darf.

Bei einer unserer Besprechungen teilte Göring mit, daß er Hanfstaengl ins Vertrauen gezogen habe. Hanfstaengl, der in Görings Haus wohnte, sollte am 27. Februar den Wächter irgendwie beschäftigen, damit wir ungesehen ins Haus konnten. Wir besaßen Schlüssel zu allen Türen. Göring sollte sich zur angesetzten Zeit nicht zu Hause sondern im Innenministerium aufhalten.

Wenige Tage vor dem angesetzten Termin erzählte uns Helldorf, daß in Berlin ein Junge aufgetaucht sei, den man sicher dazu bewegen könnte, den Brand mitzumachen. Der Bursche war ein holländischer Kommunist. Die Welt hat nachher seinen Namen erfahren: van der Lubbe. Idi habe ihn vor der Aktion nicht gesehen. Helldorf und ich legten alle Details fest. Der Holländer sollte allein und mit primitiven Mitteln im Umgang arbeiten. Ich übernahm mit meinen Leuten den Plenarsaal und einen Teil der Wandelhalle. Der Holländer sollte um 9 Llhr beginnen, wir eine halbe Stunde vorher.

Die Schwierigkeit bestand darin, die Zeiten genau einzuhalten. Der Holländer mußte zu einer Zeit in den Reichstag eindringen, wo wir ihn bereits verlassen und der Brand bereits begonnen hatte. Damit sich der Holländer mit den Örtlichkeiten vertraut machte, schickte ihn Hell-dorf einmal mit einer Besichtigung in den Reichstag. Außerdem prägte er sich an Hand einer genauen Zeichnung mit Hilfe von Sander, der ihn abhörte, den Lageplan des Reichstags ein. Wir beschlossen, daß van der Lubbe durch das Fenster des Reichstags-Restaurants einsteigen sollte, weil dort der Einstieg am leichtesten zu bewerkstelligen war. Wurde er dabei erwischt, so kamen wir nicht in Gefahr, auch wenn wir uns um einige Minuten verspäten sollten. Um sicher zu sein, daß van der Lubbe nicht in letzter Minute zurückschrecken und den Plan aufgeben würde, wich Sander ihm den ganzen Nachmittag vor der Aktion nicht von der Seite. Er brachte ihn an den Reichstag und beobachtete aus angemessener Entfernung das Einsteigen. Sobald Sander festgestellt hatte, daß van der Lübbes Einstieg geglückt war, sollte er Hanfstaengl in Görings Palais telefonisch verständigen. Van der Lubbe sollte bis zur letzten Minute vor der Tat in dem Glauben gelassen werden, daß er allein arbeite.

Ich traf meine beiden Gehilfen punkt 8 Uhr abends an der Ecke Neue Wilhelm-und Dorotheenstraße. Unsere Uhren stimmten mit Sanders Uhr genau überein. Wir waren in Zivil gekleidet. Wenige Minuten später waren wir am Eingang vom Palais. Wir kamen unbemerkt hinein. Hanfstaengl hatte den Wächter beschäftigt. Wir gingen ins Maschinenbaus und stiegen in den unterirdischen Gang. Gegen 8 Uhr 20 Minuten erreichten wir den toten Nebengang. Hier mußten wir bis 8 Uhr 40 warten, denn erst um diese Zeit war der fällige Kontrollgang beendet. Um 8 Uhr 40 setzten wir uns in Bewegung. Wir hatten Gummischuhe über die Schuhe gezogen, so daß wir uns fast unhörbar bewegen konnten. Um dreiviertel neun waren wir im Plenarsaal. Einer meiner Gehilfen ging noch einmal zum Nebengang zurück, um den Rest des Brennmaterials heranzuholen. Ich begann mit den anderen im Kaiser-Wilhelm-Saal die Arbeit. Wir legten mehrere Brandherde zwischen Kaiser-Wilhelm-Saal und Plenarsaal, derart, daß wir Stühle und Tische mit dem Phosphor bestrichen, während Vorhänge und Teppiche mit Petroleum getränkt wurden. Kurz vor neun waren wir im Plenarsaal zurück Punkt 9 Uhr 5 waren wir fertig und traten den Rüdeweg an. Es war höchste Zeit, die Entzündung des Phosphorstoffs war auf 80 Minuten reguliert. Um 9 Uhr 12 waren wir im Maschinenbaus. Um 9 Uhr 15 kletterten wir über die Mauer.

Die Beschuldigungen, die in der Weltpresse gegen andere erschienen, sind falsch. Wir drei haben das Werk allein vollbracht. Außer Göring, Goebbels, Röhm, Heines, Killinger und Hanfstaengl und Sandner hat niemand von unserem Vorhaben gewußt.

Der Führer hat angeblich erst nachträglich erfahren, daß seine SA den Reichstag in Brand gesteckt hat. Mir ist darüber nichts Sicheres bekannt. Idi diene dem Führer seit elf Jahren. Ich werde ihm treu bleiben bis zum Tode. Was ich getan habe, würde jeder SA-Führer für den Führer tun. Aber der Gedanke ist unerträglich, daß die SA von denen verraten wird, die sie zur Macht getragen hat. Ich glaube zuversichtlich, daß der Führer die dunklen Machenschaften gegen die SA zunichte machen wird. Ich schreibe dieses Dokument zu meinem Schutz gegen die Pläne von Göring und Goebbels. Ich werde es vernichten, wenn die Verräter den gebührenden Lohn empfangen haben.

Berlin, den 3. Juni 1934.

(gez.) Karl Ernst, SA-Gruppenführer.

ANLAGE IV Schweitz, den 10. Juli 1934 An den Reichspräsidenten Ceneralfeldiuarschall von Hindenburg Neudeck (Schloß)

Exzelenz!

Mein Schreiben wird Sie zweifelsohne in Erstaunen setzen, vorausgesetzt, daß Sie solches überhaupt erhalten. Ich schreibe Ihnen als bisheriger S. A. Mann, teils aus mir selbst, teils im Auftrage meines bisherigen Stabsschef Ernst Röhm, der leider durch den Kanzler Hitler ermordet wurde.

Gehetzt und verfolgt durch die Geheimestaatzp ... so auch hier noch nicht in Sicherheit... das aber kann ich nicht unterlassen, ich werde Kopieen dieses Schreibens gleichzeitig an drei verschiedene Zeitungen neutraler Länder senden... Die Stunde ist nun gekommen, wo jede Rücksicht auf mein Vaterland aufhört, wo nur die Wahrheit gesagt werden darf, und wo endlich an den Tag kommen soll, was vor dem 30. Juli alles passiert ist, u. wie der Reichstag angezündet wurde. Ich schwöre Ihnen, daß es die volle Wahrheit ist. .. dann werde ich die Akten, die mir mein Stabsschef Röhm übergeben hat, der englischen Regierung überreichen. Mein Name ist Ernst Kruse S. A. Mann No 134522, zugeteilt zum Stabe des Stabsschef Röhm und sein persönlicher Diener. . . Nun ganz kurz die Beschreibung der Vorgänge vor dem 30. Juni... Als alles nichts nützte, drohte Röhm Hitler, daß, wenn die S. A. aufgelöst oder zersplittert würde, er sich mit Militär in Verbindung setzen würde. Er werde die Vorgänge beim Reichstagsbrand veröffentlichen und damit den Sturz Görings, Göbbels und damit Hitlers herbeiführen. General Schleicher wurde auch befragt darüber, er lies aber den Vermittler strickte erklären, daß er mit der ganzen Sache, und mit einer Regierung von Brandstiftern nichts zu tun haben will. Diese Bemerkung wurde auch Hitler u. Göring hinterbracht, worauf Hitler an Röhm ein heftiges Telefon loslies, das man auch im Nebenzimmer hören konnte, so tobte der dieser edle Kanzler . . . alles weitere werden die Akten ergeben, die ich hier bei mir trage u. auf Umwegen der englischen Regierung übergeben werde.

Nun zu etwas anderem: Der Reichtag ist nicht von Kommunisten sondern von S. A. Männern mit Hilfe von der Lübbe angezündet worden. ich werde Namen nennen. Am 10. Februar 1933 wurde [von] Röhm, Heines u. Ernst eine Gruppe von 10 Mann ausgesucht, darunter auch ich; zu einer vertrauensvollen Sitzung. Der Plan des Brandes wurde genau besprochen und jeder gefragt, ob er mitmache, d. h. er wurde unter Eid gelegt zu schweigen und weitere Befehle abzuwarten. Ein Mann namen Lobicke lehnte ab, er könne es mit seinem Gewissen nicht vereinbaren, das zu tun, er wurde abgeführt. Wir haben ihn nie mehr, gesehen, wir anderen ahnten, wohin er kam u. schwiegen, wir wüßten, daß wir sonst die Sonne nicht mehr lange scheinen sehen würden.

V. D. Lübbe war dem Stabsschef hörig u. weil er ein ganz verrückter Streber war und sich überall groß machen wollte, wurde er mit bestimmt, , den Reichstag anzuzünden, d. h. ihm wurde nichts gesagt und, er sollte ganz alleine einsteigen mit Fackeln die ihm geliefert wurden; die Neben-räume anzünden nach ganz bestimmter Vorschrift, wir aber sollten im genau gleichen Zeitpunkt den großen Saal anzünden mit Explosivstoff.

Wir mußten zweimal nachts Übung abhalten u. vom Präsidentenpalis aus durch den Kellergang hinstürmen u. wieder forteilen. Ich will mich nicht mit den Vorarbeiten aufhalten, jetzt Namen nennen, die direkt beteiligt waren: Heines u. Ernst als Führer jeder Gruppe von 5 Mann, dann Brähm, Stettmann, Nagel, Sirop, Rumelsbach, Heringer, Bratschke, Lehmann, Schmitz und ich. Ich kann heute die genaue Zeit auf die Minute nicht mehr angeben, als der Befehl kam in der Nacht des 27. Februar 33, als wir im Keller des Präsidentenpalis von Göring versammelt waren, daß v. d. Lubbe bereits am Hause angekommen sei. Jeder von uns hatte einen Zellofansack mit einem leichten Pulver darin u. einen Zellofanstreifen. Was für Pulver, wurde uns nicht gasagt. Wir hatte jeder Befehl, die Säcke an ganz bestimmte Orten aufstellen mit den Streifen zu verbinden u.den Streifen gegen den Kellerausgang aus-zuziehen. Dort standen Ernst an einem Streifenbündel, am anderen Heines, und als [wir] uns zurückgezogen zum Kellereingang,: zündeten diese auf Befehl Röhms, der sich inzwischen überzeugte, daß v. d. Lubbe im Nebensaal herumsprang, die Streifen an. Feuerschlangen nach allen Seiten, wo der Sack getroffen wurde, ein dumpfer Ton u. wie brennendes Mehl war die Luft voll und sofort war alles in einen brennenden Dunst eingehüllt. Wir flohen sofort, v. d. Lubbe wurde, wie verabredet, getroffen, dies sollte ja so sein, mann hatte ihm versprochen, daß er nach der vieleicht ziemlich langen Haft, die man vermeiden könne, dem Volk gegenüber, ihm wohl verurteilen würde, aber man ihm dann heimlich entlassen würde und mit viel Geld nach Amerika spedieren. Was diese Leute gehalten haben? Mich schaudert, wenn ich daran denke, daß meine Kameraden, unter Todesandrohung die Tat abverlangt wurde, alle nach u. nach verschwanden, der eine früher, der ändere später. Nur Röhm, Heines, Ernst u. Nagel waren neben mir noch am Leben in der letzten Zeit. Nagel ist aber auch am 30. Juni mit Enrst erschossen worden. Uns Kameraden hat man gesagt, daß die Entscheidung der Wahl vom März auf dem Spiel stehe, es sei zubefürchten, daß die Kommunisten u. Sozialisten doch eine zu große Mehrheit bekämen und dann sei alles umsonst gewesen u. alle Kameraden hatten umsonst auf ihre Posten gewartet. Es gelte die Abrechnung mit den Kommunisten

Herr Reichspräsident Ich weiß, ich selbst verdiene nichts anderes als eine Kugel, wenn ich an die Folgen der Brandnacht denke, wenn ich auch unter Todes-androhung dazu gezwungen wurde, aber das eine sollten die großen Hallunken doch noch erleben, daß diese grausige Brandnacht der Wahrheit gemäß an die Öfefntlichkeit kommt, daß alles klar wird und dieser Schandfleck der deutschen Nation. Heute weiß ich, daß Deutschland zugrunde geht, wenn nicht eine andere Regierung kommt, heute würde ich alles tausendmal zurücknehmen, was ich getan, wenn ich nur könnte, aber gutmachen will ich vor Gott u.den Menschen alles sagen, dann wird mein Gewissen leichter. Mögen sie dann kommen, die Spürhunde, die mich verfolgen seit dem 30. Juni, um derentwillen ich gehungert und gedurstet, halb verreckt im Drecke der Viehställe um mich zu verbergen.

Die S. A. Führer haben auf ein offenes Wort gerechnet auf dem 1. Julie im Vertrauen auf dem Führer, dieser aber hat besser gefunden, die Zeugen seiner Schande zu verderben. Göring und Göbbels waren die Anstifter des Brandes, in ihrem Auftrage wurde alles getan u. besonders Goebbels wollte alles propagandistisch auswerten, daß das Volk alles glauben und dann schon entsprechend stimmen.

Das ist dre Wahrheit über alles.. . . Gott ist mein Zeuge, daß ich hier die Wahrheit gesprochen ... Ich werde jederzeit und jeder Regierung stehen dafür, wenn man mich schützt vor den Mördern da draußen im lieben deutschen Reich.

Mit tiefster Verehrung Ihrer allzeit getreuer deutscher Soldat u. S. A. Mann a. D.

ANLAGE Va Der Bericht des Amtlichen Preußischen Pressedienstes vom 28. Februar 1933 Berlin, 28. Februar (Wolff.) Der Amtliche Preußische Pressedienst meldet: „Am Montag abend brannte der Deutsche Reichstag. Der Reichs-kommissar für das preußische Ministerium des Innern, Reichsminister Göring, verfügte sofort nach seinem Eintreffen an der Brandstelle sämtliche Maßnahmen und übernahm die Leitung aller Aktionen. Auf die ersten Meldungen von dem Brande trafen auch Reichskanzler Hitler und Vizekanzler v. Papen ein.

Es liegt zweifelsfrei die schwerste bisher in Deutschland erlebte Brandstiftung vor. Die polizeiliche Untersuchung hat ergeben, daß im gesamten Reichstagsgebäude vom Erdgeschoß bis zur Kuppel Brandherde angelegt waren. Sie bestanden aus Teerpräparaten und Brandfackeln, die man in Ledersessel, unter Reichstagsdrucksachen, an Türen, Vorhängen, Holzverkleidungen und anderen leicht brennbaren Stellen gelegt hatte. Ein Polizeibeamter hat in dem dunklen Gebäude Personen mit brennenden Fackeln beobachtet. Er hat sofort geschossen. Es ist gelungen, einen der Täter zu fassen. Es handelt sich um den 24jährigen Maurer van der Lobbe aus Leyden in Holland, der einen ordnungmäßigen holländischen Paß bei sich hatte und sich als Mitglied der holländischen kommunistischen Partei bekannte.

Der Mittelbau des Reichstages ist völlig ausgebrannt, der Sitzungssaal mit sämtlichen Tribünen und Umgängen ist vernichtet. Der Schaden geht in die Millionen.

Diese Brandstiftung ist der bisher ungeheuerlichste Terrorakt des Bolschewismus in Deutschland. Unter den Hunderten von Zentnern Zersetzungsmaterial, das die Polizei bei der Durchsuchung des Karl-Liebknecht-Hauses entdeckt hat, fanden sich die Anweisungen zur Durchführung des kommunistischen Terrors nach bolschewistischem Muster.

Hiernach sollen Regierungsgobäude, Schlösser, Museen und lebenswichtige Betriebe in Brand gesteckt werden. Es wird ferner die Anweisung gegeben, bei Unruhen und Zusammenstößen vor den Terror-gruppen Frauen und Kinder herzuschicken, nach Möglichkeit sogar solche von Beamten der Polizei. Durch die Auffindung dieses Materials ist die planmäßige Durchführung der bolschewistischen Revolution gestört worden. Trotzdem sollte der Brand des Reichstags das Fanal zum blutigen Aufruhr und zum Bürgerkrieg sein. Schon für Dienstag 4 Uhr waren in Berlin große Plünderungen angesetzt. Es steht fest, daß mit diesem heutigen Tage in ganz Deutschland die Terrorakte gegen einzelne Persönlichkeiten, gegen das Privateigentum, gegen Leib und Leben der friedlichen Bevölkerung beginnen und den allgemeinen Bürgerkrieg entfesseln sollten.

Der Kommissar des Reiches im preußischen Ministerium des Innern, Reichsminister Göring, ist dieser ungeheuren Gefahr mit den schärfsten Maßnahmen entgegengetreten. Er wird die Staatsautorität unter allen Umständen und mit allen Mitteln aufrecht erhalten. Es kann festgestellt werden, daß der erste Angriff der verbrecherischen Kräfte zunächst abgeschlagen worden ist.

Zum Schutze der öffentlichen Sicherheit wurden noch am Montag abend sämtliche öffentlichen Gebäude und lebenswichtigen Betriebe unter Polizeischutz gestellt. Sonderwagen der Polizei durchstreiften ständig die hauptsächlich gefährdeten Stadtteile. Die gesamte Schutzpolizei und Kriminalpolizei in Preußen ist sofort auf höchste Alarmstufe gesetzt worden. Die Hilfspolizei ist einberufen.

Gegen zwei führende kommunistische Reichstagsabgeordnete ist wegen dringenden Tatverdachtes Haftbefehl erlassen. Die übrigen Abgeordneten und Funktionäre der Kommunistischen Partei werden in Schutzhaft genommen. Die kommunistischen Zeitungen, Flugblätter und Plakate sind auf vier Wochen für ganz Preußen verboten. Auf vierzehn Tage verboten sind sämtliche Zeitungen, Zeitschriften, Flugblätter und Plakate der Sozialdemokratischen Partei, da der Brandstifter aus dem Reichstag in seinem Geständnis die Verbindung mit der SPD zugegeben hat. Durch dieses Geständnis ist die kommunistisch-sozialdemokratische Einheitsfront offenbare Tatsache geworden.

Sie verlangt von dem verantwortlichen Hüter der Sicherheit Preußens ein Durchgreifen, das von seiner Pflicht bestimmt wird, die Staatsautorität in diesem Augenblick der Gefahr aufrecht zu erhalten. Die Notwendigkeit der schon früher eingeleiteten besonderen Maßnahmen (SchießErlaß, Hilfspolizei usw.) ist durch die letzten Vorgänge in vollem Umfange bewiesen. Durch sie steht die Staatsmacht ausreichend gerüstet da, um jeden weiteren Anschlag auf den Frieden Deutschlands und damit Europas zu verhindern und das Feuer dieses Aufstandes im Keime zu ersticken.

Reichsminister Göring fordert in dieser ernsten Stunde von der deutschen Nation äußerste Disziplin. Er erwartet die restlose Unterstützung der Bevölkerung, für deren Schutz und Sicherheit er sich mit eigener Person verbürgt hat."

ANLAGE Vb Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutz von Volk und Staat Vom 28. Februar 1933

Reidisgesetzblatt, Teil 1, 1933, Nr. 17.

Auf Grund des Artikels 48 Abs. 2 der Reichsverfassung wird zur Abwehr kommunistischer staatsgefährdender Gewaltakte folgendes verordnet: § 1 Die Artikel 114, 115, 117, 118, 123, 124 und 153 der Verfassung des Deutschen Reichs werden bis auf weiteres außer Kraft gesetzt. Es sind daher Beschränkungen der persönlichen Freiheit, des Rechts der freien Meinungsäußerung, einschließlich der Pressefreiheit, des Vereins-und Versammlungsrechts, Eingriffe in das Brief-, Post-, Telegraphen-und Fernsprechgeheimnis, Anordnungen von Haussuchungen und von Beschlagnahmen sowie Beschränkungen des Eigentums auch außerhalb der sonst hierfür bestimmten gesetzlichen Grenzen zulässig. § 2 Werden in einem Lande die zur Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung nötigen Maßnahmen nicht getroffen, so kann die Reichsregierung insoweit die Befugnisse der obersten Landesbehörde vorübergehend wahrnehmen. § 3 Die Behörden der Länder und Gemeinden (Gemeindeverbände) haben den auf Grund des § 2 erlassenen Anordnungen der Reichsregierung im Rahmen ihrer Zuständigkeit Folge zu leisten. § 4 Wer den von den obersten Landesbehörden oder den ihnen nachgeordneten Behörden zur Durchführung dieser Verordnung erlassenen Anordnungen oder den von der Reichsregierung gemäß § 2 erlassenen Anordnungen zuwiderhandelt oder wer zu solcher Zuwiderhandlung auffordert oder anreizt, wird, soweit nicht die Tat nach anderen Vorschriften mit einer schwereren Strafe bedroht ist, mit Gefängnis nicht unter einem Monat oder mit Geldstrafe von 150 bis zu 15 000 Reichsmark bestraft.

Wer durch Zuwiderhandlung nach Abs. 1 eine gemeine Gefahr für Menschenleben herbeiführt, wird mit Zuchthaus, bei mildernden Umständen mit Gefängnis nicht unter sechs Monaten und, wenn die Zuwiderhandlung den Tod eines Menschen verursacht, mit dem Tode, bei mildernden Umständen mit Zuchthaus nicht unter zwei Jahren bestraft. Daneben kann auf Vermögenseinziehung erkannt werden.

Wer zu einer gemeingefährlichen Zuwiderhandlung (Abs. 2) auffordert oder anreizt, wird mit Zuchthaus, bei mildernden Umständen mit Gefängnis nicht unter drei Monaten bestraft. § 5 Mit dem Tode sind die Verbrechen zu bestrafen, die das Strafgesetzbuch in den §§ 81 (Hochverrat), 229 (Giftbeibringung), 307 (Brandstiftung), 311 (Explosion), 312 (Überschwemmung), 315 Abs. 2 (Beschädigung von Eisenbahnanlagen), 324 (gemeingefährliche Vergiftung) mit lebenslangem Zuchthaus bedroht.

Mit dem Tode oder, soweit nicht bisher eine schwerere Strafe angedroht ist, mit lebenslangem Zuchthaus oder mit Zuchthaus bis zu 15 Jahren wird bestraft:

1. Wer es unternimmt, den Reichspräsidenten oder ein Mitglied oder einen Kommissar der Reichsregierung oder einer Landesregierung zu töten und wer zu einer solchen Tötung auffordert’, sich erbietet, ein solches Erbieten annimmt oder eine solche Tötung mit einem anderen verabredet;

2. wer in den Fällen des § 115 Abs. 2 des Strafgesetzbuchs (schwerer Aufruhr) oder des § 125 Abs. 2 des Strafgesetzbuchs (schwerer Land-friedensbruch) die Tat mit Waffen oder in bewußtem und gewolltem Zusammenwirken mit einem Bewaffneten begeht;

3. wer eine Freiheitsberaubung (§ 239) des Strafgesetzbuchs in der Absicht begeht, sich des der Freiheit Beraubten als Geisel im politischen Kampfe zu bedienen. § 6

Diese Verordnung tritt mit dem Tage der Verkündung in Kraft. Berlin, den 28. Februar 193 3.

Der Reichspräsident von Hindenburg Der Reichskanzler Adolf Hitler Der Reichsminister des Inneren Frick Der Reichsminister der Justiz Dr. Gürtner

Fussnoten

Fußnoten

  1. Über das Fehlen von einschlägigen Archivalien im Bundesarchiv in Koblenz hat midi freundlicherweise das Institut für Zeitgeschichte in München informiert. Über die derzeitige Lage in der Sowjetzone — hinsichtlich der Archivalien — bin ich durch Privat-korrespondenz mit meinem früheren Staatsarchivarkollegen und jetzigen Leiters de« ostdeutschen Zentralarchivs in Potsdam, Professor Dr. Heinrich Otto Meisner in Kenntnis gesetzt.

  2. Joseph Schmidt in: „Süddeutsche Zeitung" Nr. 296 vom 23. Dezember 1953.

  3. Näheres siehe unten.

  4. Ich denke vor allem an meine Korrespondenzen mit dem ersten Gestapochef Rudolf Diels und dem damals unter ihm arbeitenden Kriminalkommissar Walter Zirpins, worauf ich später noch zurückkommen werde.

  5. Es gibt keine amtlichen Darstellungen oder Veröffentlichungen über den Reichsgerichtsprozeß, wie ich unter Zuhilfenahme sämtlicher mir zur Verfügung stehenden bibliographischen Hilfsmittel feststellen mußte. Man ist lediglich auf Veröffentlichungen in der Tagespresse angewiesen. Diese sind naturgemäß tendenziös; in Deutschland völlig unter Druck des Propagandaministeriums lediglich den nationalsozialistischen Interessen dienend, im Ausland vielfach der kommunistischen Propaganda folgend. Sehr gut sind Buchveröffentlichungen zweier dem Prozeß beiwohnender Journalisten: Ferd. Kugler: •Das Geheimnis des Reichstagsbrandes" (Amsterdam, o. J.) und von dem Spezialkorrespondenten der Londoner Times: Douglas Reed: . The Burning of the Reichstag" (London 1934).

  6. Dr. Alfon Sack ist mit seiner Frau östlich von Berlin im letzten Kriegswinter in 'einem Bombenangriff umgekommen. Seine Papiere hatte er in einer Kiste verpackt in einem Bunker am Lietzensee in Berlin-Charlottenburg in Sicherheit gebracht; doch wurden diese von den Russen gefunden und mitgenommen. Sade war kinderlos und hatte keine Verwandten. (Nadi Mitteilung von Frau Dr. Balog. Berlin, die als Steuerberater dem Ehepaar Sack nahestand.) Dr. A. Sack ist nicht, wie das gelegentlich geschehen ist, zu verwechseln mit dem bekannten Opfer des 20. Juli 1944 Dr. Karl Sack, der zuletzt Chef-richter des Heeres war.

  7. Dr. Horst Pelckmann war 193 3 Sozius des Rechtsanwaltes Dr. Sack, der Torgier verteidigte (Sack a. a O. 96). Im Nürnberger Hauptprozeß war er der Hauptverteidiger der angeklagten SS. Jetzt ist er Legationsrat bei der Deutschen Botschaft in Washington.

  8. Über Willy Münzenberg, der 1941 bei dem Einrücken der Deutschen in das bis dahin noch unbesetzt gewesene Frankreich den Tod fand, und über seine Pariser Tätigkeit wissen wir jetzt Genaueres durch drei Mitteilungen ehemaliger Mitarbeiter bzw. Kampfgenossen. Da ist zunächst zu nennen Arthur Koestler: „Die Geheimschrift. Bericht eines Lebens 1932 bis 1940" (München 1954). Er gehörte selbst, wenn auch nur für wenige Wochen, dem Pariser Büro Münzenbergs an. Seine Angaben decken sich mit dem. was mir der Münchner Journalist Schulze-Wilde, auf den ich noch öfters zurückkommen werde, in wiederholten Gesprächen ebenfalls aus eigener Erfahrung mitgeteilt hatte. Als dritter ehemaliger Kommunist, der sich zu diesem Thema äußerte, ist Erich Wollenberg zu nennen. Er schreibt im März 1953 auf Seite 20 in der in Berlin erscheinenden Zeitung „Freies Wort" u. a.: „Die illegalen Führer der KPD versuchten in aller Eile echtes und erfundenes Material zusammenzutragen, um die Täterschaft der Nazis zu beweisen. Zu dem frei erfundenen Material gehörte auch die angebliche Verbindung zwischen van der Lubbe und Ernst Röhm, dem damaligen Stabschef der SA. Aus diesen Materialien entstand später das Braunbuch, das seinen Weg durch die Welt machte.“

  9. „Braunbuch (I) über Reichstagsbrand und Hitler-Terror“. Vorwort von Lord Marley (1933). — „Braunbuch (11) Dimitroff contra Göring“. Enthüllungen über die wahren Brandstifter (1934). — „Weißbuch über die Erschießungen des 30. Juni". Das vom 10. April 1934 aus London datierte Vorwort für Braunbuch (II) stammt von D. N. Pritt „Vorsitzenden des Untersuchungsausschusses zur Aufklärung des Reichstagsbrandes“.

  10. Das „German Information Bureau“ (London) veröffentlichte den übrigens auch sofort der Presse mitgeteilten Beschluß dieses internationalen Juristengremiums in einer Broschüre „The Oberfohren Memorandum“. Dort werden die Namen der Mitglieder der Kommission genannt: Es waren: Madame Dr. Bakker-Nort (Holland) Maitre Gaston Bergery (Frankreich), Mr. Georg Branting (Schweden). Mr. Arthur Garfield Hays (U. S. A.), Mr. Vald-Hvidt (Dänemark), Maitre Moro Gaffieri (Frankreich), Mr. D. N. Pritt K. C. (England) als Vorsitzender und Maitre Pierre Vermeylen (Belgien). Mr. Pritt, der seine Akten durch einen Bombenangriff verloren hat, schreibt mir am 25. Oktober 1955: „With regards to Mr. Albert Norden, I have no recollection of this gentleman, or of anyone eise, acting as a „Nazi high official“ at the Enquiry. or being present in any capacity. -There war one German newspaper correspondent who was unterstood to be a Nazi, and one German advocate who was said to have been appointed by the court as advocate for Dimitroff at his trial (sicherlich A. Sack für Torgier) —, was also there. But nobody covered his face with a mask or cloth.“

  11. K. Bonhoeffer und I. Zutt: „Über den Geisteszustand des Reichstagsbrandstifters Marinus van der Lubbe" (Monatsschrift für Psychiatrie und Neurologie, Bd. LXXXIX, Berlin 1934. S. 185— 213).

  12. Charles Reber: „Toxikologisches zum Fall van der Lubbe" (Leopold Schwarz-schilds , Das neue Tagebuch', Paris—Amsterdam, Nr. 18, 28. Oktober 1933; S. 424— 426).

  13. Ernst Fischer: „Das Fanal. Der Kampf Dimitroffs gegen die Kriegsbrandstifter". Wien 1946; (S. 231). Das Buch Fischers ist ein einseitiger Lobeshymnus auf Dimitroff; aber doch — wenn auch mit Vorsicht — wegen seiner guten Kenntnis des Prozeßverlaufes benutzbar.

  14. Braunbuch (1), S. 51— 53.

  15. Siehe Anm. 8).

  16. Frischauer, a. a. O., S. 99, (Siehe auch Anm. 30).

  17. Zitiert nach Sack, a. a. O., S. 327.

  18. Um mich nicht zu wiederholen, verweise ich für Scranowitz auf Anm. 36.

  19. Oberregierungs-und -kriminalrat Dr. Walter Zirpins lehnt mir mit Antwortsschreiben vom 28. Juli 1955 auf mein Schreiben „auf Grund der in der Sache van der Lubbe gemachten Erfahrungen jede Erklärung ab". — Zirpins hatte damals von, seinem Chef Diels den Auftrag der Vernehmung van der Lübbes noch in der Brandnacht erhalten. Es war die erste polizeiliche Vernehmung und darum " die allerwichtigste überhaupt! — Herr Zirpius hat für eine Tageszeitung unter dem Pseudonym des Kriminalbeamten X den Schleier gelüftet. Der journalist Josef Schmidt (Hannover) veröffentlichte am 23. Dezember 1953 in der in München erscheinenden „Süddeutschen Zeitung" (Nr. 296) einen sehr aufschlußreichen Aufsatz über van der Lubbe. Seine drei Quellen waren die bekannten Mitteilungen von Diels und Torgler und schließlich eines „Kriminalbeamten X". Ich fragte Herrn Schmidt (24. August), ob er mir sagen könne, wer dieser Kriminalbeamte X sei und erhielt umgehend (31. August) die Antwort, „der Kriminalbeamte X ist Zirpins.“ Die Adressen der ebenfalls mit der (späteren) Untersuchung befaßten Kommissare: Heller, Braschwitz und Heissig konnte ich nicht in Erfahrung bringen. Herr Kriminalrat Wandel (Berlin) teilte mir auf meine Anfrage mit: „Kriminalrat Heller hat sich 1945 beim Einmarsch der Russen auf seinem Grundstück in Babelsberg erschossen.“

  20. Der kürzlich öfter genannte Dr. Taubert, damals Referent bei Goebbels zur Abwehr kommunistischer Propaganda — hatte von Goebbels den Auftrag erhalten, dem Untersuchungsrichter in Leipzig Material darüber zu liefern, daß die Kommunisten schon seit längerer Zeit einen bewaffneten Aufstand geplant hätten — Curt Riess in seiner Biographie „Joseph Goebbels" (Baden-Baden 1950; S. 134/5) erwähnt dies. Ich hatte Gelegenheit, Riess darüber mündlich zu befragen. Nunmehr wandte ich mich an Taubert selbst und erhielt von ihm am 9. August als Ergebnis eines Telephongespräches die mich erstaunende Mitteilung, daß seiner Meinung nach van der Lubbe den Reichstag allein angezündet habe u. zw. als Agent Dimitroffs!

  21. Diels, a. a. O., S. 196 ff. Diels hat in seinem ersten Schreiben an mich (6. Juni) die etwas sybillinische Äußerung getan: „Was midi schon frühzeitig an der Sache interessiert hat, war die Entstehung und Entwicklung des Propagandaphänomens, daß die Nazis die Brandstifter gewesen seien, — als ein Beitrag zu der „Lehre“ von dem Gerücht als geschichtsbildenden Faktum. Sie werden die Vorstellung verteidigen müssen und allen Hinweisen nachgehen, die Göring und die SA als Brandstifter sehen möchten. Sie werden sehen, daß das eine sehr schwierige Aufgabe ist.“ — In dem gleichen Brief verweist Diels mich auf den öfters in seinem Buch genannten Referenten Herrn „Schneider“; dieser heißt zwar anders und sei heute als Ministerialrat in einem Länderministerium tätig. Ich schrieb an diesen Herrn „Schneider“ und erhielt umgehend ein Paket mit Broschüren und Fotokopien von Flugblättern über die kommunistische Gottlosen-Propaganda bis 19321 — „Difficile est satiram non scriberet"

  22. Gisevius, a. a. O., (Deutsche Ausgabe 1954, S. 17— 8). Meine Korrespondenz mit dem in den Vereinigten Staaten lebenden Autor hat zu keinen greifbaren Resultaten geführt.

  23. Daß alle meine Angaben über Schulze-Wildes unermüdliche Beschäftigung mit dem Gegenstand von ihm selbst stammen, ist bereits erwähnt worden.

  24. Siehe u. a. Kugler, a. a. O., S. 87- 89, 107, 161, 206. - Sack, a. a. O., S. 15- 16. - Braunbuch (II), S. 314 ff.

  25. Gisevius, a. a. O., S. 55. gibt über diesen SA-Rabauken eine Beurteilung von Diels wieder, die folgendermaßen lautet: „Täglich gebe es neue mörderische Zwischenfälle. Schaue man genau hin, so handle es sich fast immer um dieselben Totschläger Doch wenn man einem so notorischen Halunken wie dem Schweinebacke - dies war der Spitzname für einen der übelsten Kerle aus dem Gruppenstabe von Karl Ernst - den Auftrag gebe, genau zu zielen, dann schieße der Jämmerling zweimal daneben. Schweinebacke habe hinterher das richtige Heulen gekriegt.“

  26. Idi bin dem Amtsgericht „Au" in München zu besonderem Dank verpflichtet, daß sie mir den Zugang zu diesen als Depot niedergelegten Aktenstücken des aufgelösten Sonderministeriums, das sich mit den Personalien der in amerikanischen Gefangenen-lagern befindlichen Persönlichkeiten befaßt, gewährt hat.

  27. Frischauer, a. a. O., S. 99. Vgl. auch Anm. 16.

  28. Dr. Bradier gab mir die Anschrift des Oberbranddirektors Ludwig Wissell (Zentralamt der Feuerwehr, Berlin SW 68, Lindenstraße 40— 41).

  29. Es ist interessant, auch diesen Teil des Berichtes wiederzugeben, da er ebenfalls Schlüsse auf die wohlbedachte Vorbereitung der Brandstiftung zuläßt. Es heißt dort: „Am 27. Februar 1933 um 21. 14 Uhr lief auf der Feuerwache . Stettin'in Berlin N 4, Linienstraße Nr. 128, über die Amtsnummer dieser Feuerwache die Feuermeldung ein, daß der Reichstag brennt. Diese Meldung erfolgte — wie festgestellt wurde — aus dem Hause des Verbandes der Deutschen Ingenieure (VDI), welches sich in der damaligen Sommerstraße gegenüber dem Reichstagsgebäude befand. Als die Feuerwehr zwecks Aufstellung ihres Brandberichtes den Meldenden ermitteln wollte, mußte sie leider feststellen, daß sich keine der dort anwesenden Personen dazu bekannte.

  30. Auf Scranowitz’s im Frühjahr 1955 erfolgtes Ableben bin ich von dem letzten Reichstagsbibliotheksdirektor Prof. Dr. Eugen Fischer-Baling aufmerksam gemacht worden. „Ich habe", so schreibt mir Eugen Fischer am 6. Mai 195 5 — bei seiner Vernehmung (d. h. Scranowitz im Reichsgerichtsprozeß) beigewohnt und nicht den Eindruck bekommen, daß er alles sagte, was er wußte." — Über Scranowitz’s Vernehmungen, in denen er u. a. genau beschreibt, daß in der Brandnacht die Nachtwache wie üblich funktionierte, siehe Braunbuch (11), S. 262 und Sack, a. a. O., S. 133 noch kurz vor seinem Tode hatte Scranowitz zwei Zeitungsartikel veröffentlicht, in denen er ganz offen erklärte, daß van der Lubbe keine Mithelfer gehabt habe und die Brandstiftung ganz alleine gemacht habe.'Vgl. Lübecker Nachrichten vom 21. Juni 1954 und Norddeutsche Nachrichten vom 29. Juli 1954.

  31. Paul Heßlein in „Das freie Wort", Düsseldorf, 21. Februar 1953 und „Stutt-'garter Zeitung" vom 27. Februar 1953.

  32. Der Briefwechsel fand Juni 1955 statt.

  33. Hauptquelle sind die in Fotokopie im Institut für Zeitgeschichte vorhandenen Gerichtsakten des Landgerichts Traunstein über den Mordprozeß Ludwig Küchler und Genossen, die des Fememordes an Georg Bell am 3. 4. 1933 angeklagt waren. Die Verhandlungen fanden am 2S. /29. Juli 1948 und am 30. März 1949 statt. — Die wütigste gedruckte Quelle ist das Buch des kürzlich verstorbenen Dr. Erwin Freiherr von Aretin: »Fritz Michael Gerlich. Ein Märtyrer unserer Tage" (München 1949). — Zu nennen ist schließlich noch ein kleines Pamphlet: „Von der Brandstiftung zum Fememord. Glück und Ende des Nationalsozialisten Bell“ (gedruckt Prometheus-Verlag, Saarbrücken o. J.).

  34. „Frankfurter Zeitung“ 14. Oktober 1932 und „Augsburger Post -Zeitung“ vom 7. Oktober 1932.

  35. Aus diesem Anlaß des Gildisch-Prozesses (Mord an Klausener am 30. Juni 1934) in dem von ihm herausgegebenen „Regensburger Tagesanzeiger" veröffentlichte Dr. Dr. Held einen Artikel, in dem er auf die von der „Neuen Züricher Zeitung“ mitgeteilten Vorgänge hinwies.

  36. Siehe Aretin, a. a. O., S. 118 ff. Der sehr anschauliche Bericht, den Fräulein Breit, die Sekretärin Gerlichs, unmittelbar nach den Ereignissen am 9. März 1933 niederschrieb und von Aretin vollständig wiedergegeben ist, ist mir von Fräulein Breit persönlich vollinhaltlich bestätigt worden.

  37. Dr. Weitmann wurde später Polizeivizipräsident von München und ist heute als Oberrechtsrat in der Rechtsabteilung der Münchener Stadtverwaltung tätig.

  38. Eugen Anton Bolz geb. 15. 12. 1881 in Rottenburg am Neckar, war von 1928 bis 193 3 Staatspräsident Württembergs. Als Opfer des 20. Juli wurde er am 12. August 1944 verhaftet und am 23. Januar 1945 hingerichtet.

  39. Eingehende Schilderung des Major a. D. Hell in den Akten des Kuchler-Prozesses.

  40. Weitere Einzelheiten in den Akten des uchler-Prozesses.

  41. Kuchler-Prozeß. Aussage des Angeklagten Küchler, Rosenheim, 24. Mai 1947. Siehe auch Weißbuch über die Erschießungen des 30. Juni, S. 90. Daselbst auch das Bild des Mörders.

  42. Aussage Konrads im Kuchler-Prozeß.

  43. Besuchbei Dr. Klein in Rosenheim am 14. September 1955. Bei dieser Gelegenheit bestätigte er vollinhaltlich die Richtigkeit dessen, was er im Kuchler-Prozeß über Bell ausgesagt batte.

  44. Aretin, a. a. O., S. 127.

  45. Die „Wiener Library" in London wies mich darauf hin, daß der Schriftsteller und Journalist A. Voigt vermutlich der damalige Korrespondent des „Manchester Guardian“ und jedenfalls ein vorzüglicher Kenner der Ereignisse gewesen sei.

  46. Z. B. Dr. Schützinger in „Badische Neueste Nachrichten" (Karlsruhe vom 27. Februar 1953), schreibt einen Jubiläumsartikel, dem er im Titel den Satz beifügt: „Es gibt drei Lesarten über die Brandstiftung".

  47. Der volle Text ist in Anlage IV wiedergegeben worden.

  48. Schützinger, a. a. O. •

  49. Die Korrespondenz mit General von Hindenburg fand Ende Mai 1955 statt

  50. Dr. Heinrich Doehle beantwortete meinen Brief am 3. Juni 5 5.

  51. Auskunft von Herrn Dr. Klucke, Generalsekretär des Instituts für Zeitgeschichte, der beim „Documerit Center" in Berlin vorsprach Die Antwort an ihn erging am 10. Juni 1955. Eine weitere Anfrage von mir vom 28. Juni wurde am 23. August 1955 beantwortet.

  52. Herr W. B. France, seit 1930 dem Mitarbeiterstab der „Münchener Neuesten Nachrichten" bzw. Süddeutschen Zeitung angehörend, erzählte mir, daß er in jenen Jahren sich an der Verteilung von Handzetteln und Materialien gegen die Nazis beteiligte und so auch in den Besitz eines „Kruse-Briefes" kam.

  53. Die „Wiener Library" schrieb mir am 3. August 1955: „In der Angelegenheit der angeblichen Aktenzuleitung an die englische Regierung seitens des sogenannten SA-Mannes Kruse haben weitere Versuche nicht zu dem gewünschten Erfolg geführt. Es war auch an einer dafür zuständigen hohen englischen Stelle nichts von derartigem Material bekannt.“

  54. Der nunmehr in den Ruhestand getretene Andre Francois Poncet erwähnt in seinen Memoiren („Als Botschafter in Berlin" 1931 bis 193 8; Deutsche Ausgabe, 2. Auflage, Mainz 1949; S. 100 Anm.) den Kruse-Brief, scheint ihn für echt zu halten und vertritt die Ansicht, daß er „vom englischen oder amerikanischen Informationsdienst aufgefunden wurde“.

  55. Walter Hensel: „Wechselnde Pfade. Erinnerungen aus den Jahren 1937 bis 1939. Herbst 1941. Als Manuskript gedruckt." - Hensel, jetzt Oberstadtdirektor in Düsseldorf, wurde 1937, als er bereits in der Stadtverwaltung tätig war, verhaftet und fast zwei Jahre in schwerer Haft gehalten. Auf Seite 23 seines oben genannten Buches schildert er, wie er in einer Vernehmung gefragt wurde, ob er den Inhalt des Kruse-Briefes. von dem ihm eine Abschrift vorgelegt wurde, kenne. Er konnte es nicht leugnen.

  56. Ich verdanke der „Wiener Library" in London die Anfertigung und Übersendung von Fotokopien der wichtigsten englischen Zeitungsausschnitte zum Reichstagsbrand, zum Oberfohren-Dokument, zum Londoner Gegenprozeß und zu den Reichsgerichts-Verhandlungen.

  57. Eine solcher Ungenauigkeiten, die hernach auch vom Braunbuch (I), S. 119, und anderen Anti-Nazi-Mitteilungen übernommen wurde, ist die Angabe, daß der Trupp von dem berüchtigten SA-Führer Schlesiens Heines, der zweifellos zu jeder Schurkentat fähig und bereit gewesen wäre, angeführt worden sei. Heines war ur Stunde des Brandes. wie er vor dem Reichsgericht einwandfrei feststellen konnte, in einer Wahlversammlung in Gleiwitz anwesend.

  58. Der volle Titel dieser Broschüre lautet: „The Oberfohren-Memorandum" (For the first time in English. A fulltext with an introduction and the Undings of the legal Commission of inquiry on its authenticity.) — Als Nebentitel war auf Umschlag und Titelblatt an den Kopf der Seite der Satz gestellt: „What German Conservatives thought about the Reichstag Fire.

  59. Braunbuch (II), S. 426.

  60. Paul Loebe: „Der Weg war lang. Lebenserinnerungen." (2. Auflage Berlin 1954); S. 216.

  61. Der Nachfolger Oberfohrens als Vorsitzender der Deutschnationalen Reichstags-fraktion, Herr Otto Schmidt/Hannover, ist, wie er mir schrieb, zur Zeit mit der Abfassung eines Buches über die Politik der Deutschnationalen in jener Zeit beschäftigt und vermag deshalb mir noch nicht die erbetenen Informationen zu geben. Das Ende Oberfohrens bezeichnet er als ein „wohl gewaltsames".

  62. Herr Dr. Ritthaler, München, führte für mich die Korrespondenz mit der Witwe Oberfohrens.

  63. Sade, a. a. O., S. 46 ff.

  64. Weißbuch über die Erschießungen des 30. Juni, S. 111— 117.

  65. . Bonner Rundschau" Nr. SO vom 28. Februar 1950.

  66. Schulze-Wilde hat mir obige Angaben wiederholt mündlich bestätigt.

  67. Francois Poncet, a. a. O., S. 98.

  68. Beziehungen der hohen Militärs zu Stellen der Rüssischien Botschaft in Berlin sind bekannt.

  69. Der Bibliothekar des Instituts für Zeitgeschichte hatte gelegentlich einer Unterredung mit Herrn Franz von Papen, die Mitte Oktober in München stattfand, auf meine Bitte eine diesbezügliche Anfrage gestellt.

  70. Braunbuch (II), S. 32.

  71. Martha Dodd: „Through Embassy Eyes" (Harcourt, Brace & Company, New York, 1939), S. 57— 63.

  72. Vgl. u. a.: Frederick L. Schuman: „Hitler and the Nazi Dictatorship (Londou 1936): S. 279 u. ö.: Sack. a. a. O.; Dodd. a. a. O.: Braunbuch (II), S. 271, 328/9, 347.

  73. Franz Heckendorf war ein bekannter expressionistischer Maler (geb. in Berlin am 5. Nov. 1888). Er bevorzugte Milieuschilderungen des Berliner Tiergartens. Vgl 1 Thieme-Becker: Allgemeines Lexikon der Bildenden Künstler; Bd. 16 (1923) und Nachtragsband für das 20. Jahrhundert (195 5). Ob der Maler in Berlin oder in der Mark Brandenburg lebt, habe ich nicht feststellen können.

  74. Martin H. Sommerfeldt: „Ich war dabei". - Die Verschwörung der Dämonen 193 3- 1939. - Ein Augenzeugenbericht" (Darmstadt 1949); S. 23- 32.

  75. Abgedruckt als Anhang Va.

  76. Idi war in den Tagen des Reichstagsbrandes noch im W. T. B. als Mitarbeiter tätig. Berndt war ein jungenhafter Draufgänger, dem hinsichtlich taktloser Entgleisungen alles zuzutrauen war. Für mich und wohl die meisten meiner damaligen Kollegen war es eine Überraschung, daß er während der „Systemzeit" seine damals bereits angeknüpften Beziehungen zu Hitler und Goebbels, bei denen er im Kaiserhof ein täglicher Gast war, so vorzüglich zu tarnen verstand. Nachdem er es bis zum Ministerialdirektor bei Goebbels gebracht hatte, fiel er dort bald in Ungnade und soll im Kriege im Afrika-korps gefallen sein.

  77. Schreiben Sommerfeldts an midi vom 23. September 1955.

  78. Willi Frischauer, a. a. O., (Deutsche Ausgabe), S. 99.

  79. Curt Riess: „Joseph Goebbels. — Eine Biographie" (Baden-Baden, 1950): S. 132. — Idi habe mit Ries korrespondiert und auch gelegentlich seiner Durchreise durch München mit ihm gesprochen. Er-wußte aber über das hinaus, was er im Buch geschrieben hatte, nichts Neues; versicherte mir aber, daß seine Informationen damals alle geprüft worden seien.

  80. Werner Stephan: „Joseph Goebbels — Dämon einer Diktatur" (Stuttgart. Union Deutsche Verlagsgesellschaft. 1949). Rudolf Semmlers vorzügliche Biographie: „Goebbels, the Man next to Hitler" (London 1947) habe ich zwar gelesen, er bringt jedoch nichts zu meinem Thema. — Schließlich sei noch hingewiesen auf das Buch von Erich Ebermayer und Hans Roos: „Gefährtin des Teufels. Leben und Tod der Magda Goebbels" (Hamburg 1952). Beide Verfassernamen sind Decknamen. Der richtige und alleinige Verfasser ist der Sohn Otto Meissners.

  81. Gisevius. a. a. O.. S. 69. N

  82. Alan Bullock: „Hitler. Eine Studie über Tyrannei" (Deutsche Ausgabe, Düsseldorf 1953): Kap. V.

  83. Walter Görlitz und Herbert A Ouint: Fhe Adolf-Hitler-Biographie" (Stuttgart 1952); S. 376.

  84. Die Unterredung fand am 21. Juni 1955 in München statt.

  85. „Hugenbergs Ringen in deutschen Schicksalsstunden". Für die Verfahren in Detmold und Düsseldorf 1949/50. Herausgegeben von Dr. Borchmeyer (Detmold 1951); S. 29.

  86. Willi Frischauer, a. a. O., S. 100

  87. IMT (Deutsche Ausgabe), Bd. IX, S. 481 ff. Vergleiche die im Anhang 1 wiedergegebene Äußerung Görings, die etwas anders formuliert ist. .

  88. IMT (Deutsche Ausgabe). Bd. IX, S. 484 — Schreiben des Herrn Generaloberst Franz Halder an mich vom 13. Juni 1955.

  89. Hermann Rauschning, „Gespräche mit Hiv-r". a. a. O., S. 76/7.

  90. Franz von Papen: „Der Wahrheit eine Gasse", (München 1952); S. 304 — Papen stützt sich im wesentlichen auf Diels, a. a. O., S. 199. — Vgl. Anm. 45.

  91. Gisevius, a. a. O., S. 99.

  92. Werner Bross: „Gespräche mit Göring während des Nürnberger Prozesses* (Flensburg 1950); S. 196.

  93. Otto Meißner: „Staatssekretär unter Ebert — Hindenburg — Hitler“ (Hamburg 1950); S. 28 3 — Der Sohn des inzwischen verstorbenen Staatssekretärs lebt als Schriftsteller in München. Er erzählte mir, daß in den Papieren seines Vaters sich nichts über den Reichstagsbrand befände.

  94. Der volle Text in englischer Sprache ist im Anhang 1 veröffentlicht worden. — Allerdings hat der amerikanische Hauptanklagevertreter in seiner Vernehmung Görings in Nürnberg am 16. März 1946 auf Kempners Vorarbeit fußend einige ähnliche Fragen an Göring gerichtet, doch verhielt sich hier Göring viel geschickter und zurückhaltender. -(IML Bd. IX, S. 481 ff.).

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