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Lenkung, Organisation und Methoden der kommunistischen Infiltration in der Bundesrepublik | APuZ 35/1956 | bpb.de

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APuZ 35/1956 Lenkung, Organisation und Methoden der kommunistischen Infiltration in der Bundesrepublik

Lenkung, Organisation und Methoden der kommunistischen Infiltration in der Bundesrepublik

Einführung Am 17. August 1956 verkündete der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichtes in Karlsruhe die Verfassungswidrigkeit der KPD, die Auflösung dieser Partei und das Verbot, Ersatzorganisationen für die KPD zu schaffen oder schon bestehende Vereinigungen als Ersatzorganisationen vorzuführen. Das Vermögen der KPD wurde beschlagnahmt, alle bestehenden Tarnorganisationen wurden als verfassungswidrig erklärt.

Der seit fünf Jahren laufende Prozeß und das jetzt erfolgte Verbot haben in der Öffentlichkeit eine rege Diskussion ausgelöst darüber, ob der von der Bundesregierung gestellte Antrag außen-und innenpolitisch geschickt und ob es richtig gewesen sei, die Kommunistische Partei Deutschlands für illegal zu erklären. Wichtiger ist sicherlich, sich darüber klar zu werden, daß mit der Urteilsverkündung die etwa 600 000 Kommunisten der Bundesrepublik nicht zu existieren aufgehört haben. Die legalen Apparate der KPD sind zwar zerschlagen, niemand aber, der die Geschichte dieser Partei kennt, kann ernsthaft der Auffassung sein, daß ihre aktiven Funktionäre und Mitglieder die politische Arbeit einstellen werden. Im Gegenteil, aus der Geschichte der KPD und des internationalen Kommunismus ist eindeutig die Schlußfolgerung zu ziehen, daß die KPD mit illegalen Methoden ihre Arbeit fortsetzen wird. Und das Verbot wird neue Fragen für alle aufwerfen, die sich mit Analyse, Beobachtung und Bekämpfung der kommunistischen Partei beschäftigen.

Ausgehend vom 20. Parteitag der KPdSU stellte auch die KPD in den Mittelpunkt ihrer Arbeit die Unterwanderung der Gewerkschaften und der Sozialdemokratischen Partei mit der Losung der sogen. „Aktionseinheit“, die verstärkte Tätigkeit in den Großbetrieben und die „neutralistische“ Infiltration breiter Schichten des Bürgertums, insbesondere der liberalen Wirtschaftskreise. Diese Aufgabenstellung erleichtert es ihr, in die Illegalität zu gehen, da sie schon unter legalen Bedingungen in diesen Organisationen getarnt gearbeitet hatte.

Es ist zu früh, Schlußfolgerungen über die neuen Methoden der Kommunisten für ihre illegale Arbeit zu ziehen. Eines aber ist klar und eindeutig: in internen Kreisen der SED-Führung und der KPdSU kann kein Zweifel darüber bestehen, daß die provokatorische, gegen die Interessen des deutschen Volkes gerichtete Politik Walter Ulbrichts und seiner sowjetischen Auftraggeber, besonders in den Jahren 1950 bis 1954, die Hauptschuld an dem erfolgten Verbot trägt. Die aggressiven Formulierungen des im Auftrage der Sowjets ausgearbeiteten sog. „Programms zur nationalen Wiedervereinigung Deutschlands“, eine sinnlose, die reale Situation der Bundesrepublik mißachtende Putschpolitik der KPD, deren Initiator ebenfalls Ulbricht war, und die eindeutige Abhängigkeit der kommunistischen Organisationen von Pankow und Moskau haben letzten Endes das Verbot ausgelöst. Auch die schon an Zersetzungsarbeit grenzenden Infiltrationsmethoden zur Unterwanderung der politischen und gesellschaftlichen Schlüsselstellungen der Bundesrepublik durch die KPD und ihrer Pankower Auftraggeber haben dem Bundesverfassungsgericht das Material für die juristische Verurteilung der KPD geliefert.

Die Leitung der KPD und ihre Auftraggeber in Ostberlin und Moskau haben die Jahre des Prozesses gründlich dazu ausgenützt, umfangreiche Vorbereitungen für den Fall des Verbots zu treffen. Schon seit 1951 beschäftigt sich das Zentralkomitee der SED mit den Vorbereitungen für die Illegalität. Die SED-Führung hatte offensichtlich nicht damit gerechnet, daß das Bundesverfassungsgericht die Untersuchungen so gründlich durchführen und das Urteil erst fünf Jahre nach der Antragstellung durch die Bundesregierung verkünden werde. Welche Erwägungen auch immer dazu geführt haben mögen, das Urteil erst so spät zu fällen, Tatsache ist, daß die Kommunisten mit einem geschulten und ausgebauten Apparat in die Illegalität gehen, dessen Vorbereitung bereits im Jahre 1951 begonnen hat. Zu dieser Zeit wurden bereits Ersatzleitungen für den Fall der Illegalität gebildet, Stützpunkte innerhalb derSowjetzone, nahe der Zonengrenze für jeden Landesverband der KPD geschaffen und ein kompletter, illegaler, technischer Apparat aufgebaut, der durch die Schaffung von illegalen Arbeitsräumen, Quartieren, einem umfangreichen Kurierapparat und vielem anderen die Weiterarbeit der KPD für den Fall eines Verbotes ermöglichen sollte.

Heute ist das Verbot der KPD eine Realität, aus der sich folgende Fragen ergeben: Wird die illegale KPD weiterhin von der SED-Führung im Auftrage Moskaus geleitet? Welche Rolle wird die sowjetische KP bei der Taktik der KPD in der Bundesrepublik spielen? Welche Methoden wird die KPD in Zukunft anwenden, um trotz des Verbotes ihren Masseneinfluß zu verstärken? • Die SED/KPD — ein Stützpunkt des Zentralkomitees der KPdSU Von größter Bedeutung ist die Abhängigkeit der KPD von der KPdSU, die ohne Zweifel auch in Zukunft bestehen bleibt, wenn auch Chruschtschow auf dem 20. Parteitag den „selbständigen Weg eines jeden Landes zum Sozialismus“ verkündet hat. Gerade in der letzten Zeit gibt es zahlreiche Hinweise, daß in den Grundfragen immer noch eine eindeutige Abhängigkeit aller kommunistischen Parteien von Moskau besteht. Die parteiamtliche „Prawda“ schrieb am 18. Juli 1956 in einem ausführlichen Artikel, „nur die Feinde der Werktätigen* setzen ihre Hoffnung auf bestimmte Kräfte innerhalb der kommunistischen Parteien, und zwar auf jene, die sich für einen nationalen Kommunismus aussprechen. Im gleichen Artikel lobt die „Prawda“ die moskautreuen Parteien von Korea, Albanien und der Sowjetzone und be-zeichnet die Unabhängigkeitsbestrebungen in Polen, Ungarn usw. als „unter Einfluß imperialistischer Kreise von außen" stehend. Geflüchtete SED-Funktionäre berichten, daß auch heute in der Sowjetzone jede Kritik an Moskau unterdrückt und das alte Abhängigkeitsverhältnis aufrechterhalten wird. In einer Anweisung des Zentralkomitees der SED an alle Propagandafunktionäre der Bezirksleitungen heißt es u. a. zur Frage der Kritik an der Sowjetunion: „. . . Gewisse Genossen . . . haben ehrlich geglaubt, das Friedenslager beginne auseinanderzufallen. Diese Genossen haben offenbar niemals die Geschichte der Kowntunistischen Partei der Sowjetunion und die Lehren Lenins studiert, sonst müßten sie wissen, daß jene Erscheinungen . . . nichts anderes als taktisches Manöver der kommunistischen Parteien sind, um das gemeinsame Ziel . . . zu erreichen und die Diktatur des Proletariats zu erriduen. Die Situation verlangt, daß die kommunistischen Parteien des Westens einen anderen Weg einschlagen als die des Ostblocks .. . Deshalb ist es eine unleugbare Tatsache, daß westliche kommunistische Parteien nur dann Regierungen der Volksfront erreichen können, wenn sie ihren eigenen Weg des Sozialismus, unabhängig von der KPdSU, verfolgen. Das allein war der Grund dafür, daß die kommunistischen Parteien in Frankreich, Italien, Großbritannien, den USA und anderen westlichen Ländern die sowjetischen Freunde kritisiert haben. Solche Taktik ist für die SED nicht ratsam gewesen, . . . in Wirklichkeit war die Haltung der westlichen kommunistischen Parteien und die der Länder des Friedenslagers bis zur letzten Einzelheit im voraus aufeinander abgestimmt worden.“

Diese Erklärung entspricht der Erklärung des Politbüros des ZK der SED vom 8. Juli 1956, in der es u. a. heißt: „Ebensowenig vergessen wir, daß die KPdSU der Vortrupp der internationalen revolutionären Arbeiterbewegung auf dem Wege zum Sozialismus und Kommunismus war und ist.“

Die Abhängigkeit der kommunistischen Parteien von der KPdSU ist in keinem Land so deutlich wie in Deutschland. Seit 1945 ist die gesamte Politik der SED und KPD entweder mit den sowjetischen Stellen vereinbart worden, oder auf deren direkte Anweisung hin erfolgt. Daran ändert auch die Tatsache nichts, daß seit 1953 das organisatorische System der Kontrolle durch die Polit-Offiziere der sowjetischen Kontrollkommission (SKK) gelockert wurde, weil die SKK in den Kreisen der Sowjetzone aufgelöst, die sowjetischen Instanzen in den Bezirken und der Zentrale wesentlich verkleinert wurden. Auch nach der Umbildung der SKK in die Hohe Kommission und der weiteren Verkleinerung des sowjetischen Apparates wurde ein Teil der politischen Mitarbeiter von der Sowjetbotschaft in Ostberlin übernommen. Wenn sich die Beauftragten der KPdSU auch heute nicht mehr wie früher um die Details der Zone kümmern, so hat sich das Prinzip der Kontrolle doch nicht geändert. Nach wie vor werden sie vor allen wesentlichen Entscheidungen befragt, nach wie vor haben die sowjetischen Funktionäre die Möglichkeit, die Politik der SED zu bestimmen. Ihre Empfehlungen und Vorschläge sind genau so bindend wie die Direktiven der SMAD in den ersten Besatzungsjahren.

Die Politabteilung der SKK und vorher der SMA kontrollierte das gesamte politische Leben der Zone. Sie instruierte die SED, überwachte die Massenorganisationen, bürgerliche Parteien, staatliche Institutionen, das wirtschaftliche und kulturelle Leben. Semjonow, bis zum Jahre 1953 Leiter der SKK und später der Hohen Kommission, leitete die Moskauer Direktiven unmittelbar an Ulbricht weiter. Offiziere und Funktionäre der SKK bzw.der Hohen Kommission beschränkten sich aber nicht auf Übermittlung von Anweisungen und Entgegennahme von Berichten. Sie nahmen regelmäßig an allen wichtigen Tagungen und Konferenzen der ihnen unterstehenden Organisationen teil und stellten eigene Berichte zusammen. Noch heute ist es üblich, wichtige, dokumentarische Reden führender Politiker vorher mit den zuständigen sowjetischen Funktionären zu beraten und nach ihren Vorschlägen zu ändern.

Es kann gesagt werden, daß die Politik der SED, der Massenorganisationen, des Staatsapparates und aller übrigen Organisationen letztlich von den sowjetischen Stellen in Berlin geleitet wird, die ihre Direktiven aus Moskau erhalten.

Die Abhängigkeit der westdeutschen Kommunisten Neben den offiziellen politischen Abteilungen der Sowjets in Ostberlin, die sich mit der Zone beschäftigen, arbeitet ein gesonderter politischer Apparat, der sich ausschließlich mit den Verhältnissen in der Bundesrepublik befaßt. Er ist unabhängig von dem Apparat für die Zone, aber ähnlich wie dieser gegliedert. Seine Mitarbeiter tragen Tarnnamen, die meist aus deutschen Vornamen bestehen. Der verantwortliche Funktionär dieser Abteilungen für die Westpolitik der SED und damit auch für die KPD überwacht die Abteilung für Gesamtdeutsche Fragen beim ZK der SED und wird laufend über die Westarbeit der SED/KPD unterrichtet. Für Jugendfragen der Bundesrepublik ist ein Funktionär des Komsomol tätig. Er unterhält ständig Verbindung zur Westabteilung des Zentralrates der FDJ und zu leitenden Funktionären des Zentralbüros. Nach den gleichen Methoden wie in der Zone werden alle wichtigen Entscheidungen der Westarbeit gemeinsam mit den Sowjets beraten. Die sowjetischen Funktionäre erhalten alle Berichte aus der Bundesrepublik, sie arbeiten Empfehlungen aus, die aber meist nur dem zuständigen Sekretär oder Abteilungsleiter des SED-Apparates übergeben und den westdeutschen Funktionären vorenthalten werden. Diese Stelle verfügt über eine umfangreiche Personalkartei, in der alle leitenden Funktionäre des KPD, einschließlich der illegalen, der Massenorganisationen, der Tarnverbände und sympathisierenden Personen enthalten sind. Mit der Westarbeit sind andere Funktionäre befaßt als diejenigen, deren Aufgabe die politische Anleitung der Zone ist. Ihre vorgesetzte Behörde ist das Außenministerium der UdSSR und die Ausländsabteilung der KPdSU. Der verantwortliche Funktionär für die SED z. B. war vor seiner Tätigkeit in Berlin Mitarbeiter der internationalen Abteilung des ZK der KPdSU; schon zur Zeit der Komintern hat er sich mit Deutschland-Politik beschäftigt.

Prinzipielle Beschlüsse der KPD werden grundsätzlich mit dem sowjetischen Apparat vereinbart und z. T. sogar unter seiner Mitwirkung ausgearbeitet. Ein typisches Beispiel hierfür ist das „Programm zur nationalen Wiedervereinigung Deutschlands", das im Jahre 1952/53 die Plattform der KPD-Politik bildete. Vor einigen Monaten standen die KPD-Funktionäre Walter Fisch, Fritz Rische, Richard Scheringer u. a. vor den Schranken des Bundesgerichtshofes, weil sie in der Öffentlichkeit als Unterzeichner dieses Dokumentes in Erscheinung getreten waren. In Wirklichkeit war das Programm zur nationalen Wiedervereinigung Deutschlands nicht, wie die KPD behauptet, von einer Kommission der KPD in der Bundesrepublik ausgearbeitet worden. Im Gegenteil, die meisten Mitglieder der später als Verfasser proklamierten Kommission haben von der Existenz dieses Programmes erst erfahren, als es gedruckt in Westdeutschland vertrieben wurde. Auch die Sekretäre der KPD hatten keinen nennenswerten Einfluß auf seine Gestaltung. Die Anweisung, das Programm zu entwickeln, kam von den Sowjets, die in Verbindung mit Ulbricht die Gesamtdeutsche Abteilung beim ZK beauftragten, den Entwurf fertigzustellen. Der Entwurf wurde mehrfach geändert, wörtliche Einfügungen durch die Sowjets wurden vorgenommen. Bei den entscheidenden Beratungen über das Dokument nahmen neben den leitenden Funktionären der Westabteilung des ZK der SED auch sowjetische Funktionäre teil. Erst nach der endgültigen Genehmigung durch die Sowjets wurde das Dokument im Politbüro der SED beraten, verabschiedet und schließlich der KPD als fertiges Material übergeben. Es ist mit Sicherheit anzunehmen, daß die Grundkonzeption des Programms nicht von den sowjetischen Funktionären in Berlin — die nur nach den Direktiven Moskaus arbeiten — herrührt, sondern vom Zentralkomitee in Moskau. Dieses Beispiel ist ein weiterer Beweis dafür, daß die Politik der SED/KPD in der Bundesrepublik und ihrer Nebenorganisationen nicht selbständig war und ist, sondern ein Bestandteil der sowjetischen Deutschlandpolitik ist.

Es erhebt sich die Frage, wie sich das Verhältnis zwischen SED und KPD und vor allem zwischen KPD und Sowjets nach dem Verbot der KPD gestalten wird. Darüber Endgültiges zu sagen, ist heute noch unmöglich, sicher ist jedoch, daß bereits 1951 mit Genehmigung der Sowjets entlang der Zonengrenze auf dem Gebiet der SBZ Emigrationsleitungen für die einzelnen KPD-Leitungen der Bundesrepublik aufgebaut wurden. Tatsache ist weiter, daß das sog. Arbeitsbüro der KPD in Ostberlin neben seinen Koordinierungsaufgaben zwischen KPD, SED und den Sowjets sich schon lange vor dem Verbot mit der Vorbereitung der Illegalität in der Bundesrepublik beschäftigte. Das geschah nicht nur mit Billigung, sondern sogar mit Unterstützung der entsprechenden sowjetischen Stellen. Nicht zuletzt ist die Ausbildung der Ersatzleitungen für die Illegalität mit Unterstützung der Sowjets bereits seit 1951 betrieben worden. Schon damals ist der große Plan für die illegale Arbeit der KPD in der Bundesrepublik von Karlshorst überprüft und gebilligt worden. Die Bestrebungen der Sowjets — die besonders in der letzten Zeit sehr deutlich wurden —, die kommunistischen Parteien im Ausland und besonders die SED/KPD weiterhin zu bevormunden, lassen die Schlußfolgerungen zu, daß die illegale KPD auch in der Zukunft ihre entscheidenden Anweisungen vom Zentralkomitee in Moskau erhalten wird.

Grundlagen der SED-Politik in der Bundesrepublik Schon auf dem VII. Weltkongreß der Komintern und dem KPD-Parteitag in Brüssel 1935 wurden die Grundlagen der bis heute gültigen Politik nach sorgfältiger Analyse der damaligen Fehler der Komintern-politik festgelegt.

So war die ideologische Plattform des sogenannten „Nationalkomitees Freies Deutschland“, die Gründung der großen getarnten Weltorganisationen, wie z. B.des „Weltgewerkschaftsbundes“, der „Internationalen Demokratischen Frauenföderation“, des „Weltbundes der Demokratischen Jugend“ usw. bereits damals der erste Versuch, mit neuen Methoden Einfluß auf die Massen zu gewinnen. Nach 1945 wurde diese politische Linie in Deutschland durch die Gründung einer Vielzahl sogenannter Massenorganisationen, wie „Demokratischer Frauenbund Deutschlands“, „Freie Deutsche Jugend“, „Kulturbund zur demokratischen Erneuerung Deutschlands“, „Deutscher Friedensrat“ usw. konsequent fortgesetzt.

Die Aufgabe dieser Organisationen in Deutschland besteht in erster Linie darin, gutgläubige Menschen durch die Aufstellung plausibler Forderungen für die SED/KPD zu gewinnen und sie dann systematisch, aber getarnt, für die Politik der SED/KPD zu interessieren. Durch diese Manöver glaubten die Sowjets der SED und KPD jene Massenbasis zu schaffen, die mit einer Proklamierung ihrer wahren Ziele in Deutschland nie zu erreichen ist.

Die großen Anstrengungen bei der Volksbefragung 1951/1952, die Bildung der Organisation „Bund der Deutschen“ und des „Deutschen Jugendringes“ und nicht zuletzt der Versuch der FDJ, Zehntausende von westdeutschen Jugendlichen zur Teilnahme am sog. Deutschland-treffen 1950 und 19 54 und zu den Weltfestspielen der Jugend in Berlin 1951 zu gewinnen, sind einige Beispiele dafür.

Heute, nach dem 20. Parteitag werden diese Versuche verstärkt fortgesetzt und durch Chruschtschows Losung vom sogenannten „besonderen Weg zum Sozialismus“ zweifellos erleichtert. Deshalb ist die Kenntnis der Grundlagen, Methoden und Technik der gegenwärtigen Politik der SED/KPD von besonderer Bedeutung. Sie werden sich auch in der Illegalität nach dem Verbot der KPD nicht grundsätzlich ändern, da die meisten „Massenorganisationen“ in der Bundesrepublik schon seit 1952 ausschließlich illegal arbeiten.

Die politischen Grundlagen der Politik der SED/KPD in der Bundesrepublik bestehen im Augenblick in der schrittweisen Annäherung beider Teile Deutschlands im kommunistischen Sinne, in der Anerkennung der Souveränität der „DDR“ und der Theorie von zwei deutschen Staaten, der Verkündung der Koexistenz, des friedlichen Wettbewerbes zwischen kapitalistischen und sozialistischen Staaten, der wirtschaftlichen Offensive des Ostblocks, des Kampfes um die Legalität der KPD im Hinblick auf eine vermeintliche Wiedervereinigung Deutschlands, in der Popularisierung der sog. Errungenschaften der UdSSR und der „Deutschen Demokratischen Republik“, mit dem Ziel, langsam eine breiter werdende Basis in der westdeutschen Bevölkerung zu finden. Parallel dazu laufen die Anstrengungen der SED-Führung, einen ideologischen und organisatorischen Festigungsprozeß ihrer Organisationen in der Bundesrepublik zu erreichen. Besonders in der Illegalität wird der Festigung der illegalen Organisationen große Aufmerksamkeit gewidmet.

AIs wichtigste Methode zur Erreichung dieses Zieles wird die sog. Aktionseinheit zwischen Sozialdemokraten und Kommunisten angesehen. Schon auf dem IV. Parlament der Freien Deutschen Jugend Pfingsten 1952 sagte der Vorsitzende, Erich Honecker, wörtlich: „Die Aktionseinheit ... das ist in dieser entscheidenden Stunde die Aufgabe der gesawten^deutschen Arbeiterklasse und auch der deutsdten Jugend . . . Die Forderung der Zeit ist die Örganisierung des praktisdten Kampfes, die Aktionseinheit der gesamten Jugend Westdeutschlands, die Aktionseinheit der sozialdemokratischen Jugend, der Mitglieder der FDJ, der christlichen und der nichtorganisierten Jugend . . . Dieser Aufgabe der Organisierung der Aktionseinheit müssen jetzt alle anderen Aufgaben in Westdeutschland untergeordnet werden.“

Ulbricht wurde noch deutlicher:

„Es ist notwendig, daß die FDJ noch tiefer in die Massen der Jugend dringt, daß sie in allen Betrieben und Massenorganisationen ihre Arbeit verstärkt . .. Die Jugendlichen müssen lernen, die Waffe der Massendemonstrationen und des politischen Massenstreiks in seinen verschiedensten Formen anzuwenden ... Es ist notwendig, eine systematische Aufklärungsarbeit in den Westberliner und westdeutschen Polizeikorporationen durchzuführen . .. und wenn ihr eine systematische gut organisierte Arbeit in diesen Formationen leistet, dann werdet ihr erreichen, daß man die Waffen umkehrt gegen die Feinde des Volkes.“

In dieser Aufforderung liegt die Plattform der Jugendpolitik der SED begründet: ihr Ziel ist die Zersetzung der großen gesellschaftlichen Jugendorganisationen der Bundesrepublik. Genau so haben die übrigen Massenorganisationen im Rahmen der ihnen adäquaten beruflichen und ideologischen Schichten ihre Aufgabe der Zersetzung und Infiltration. Als positive Lockung benutzt die SED-Führung geschickt die in der Zone geschaffenen sogenannten „sozialen Errungenschaften“, um damit ihre politische Konzeption zu tarnen.

Die „sozialen Errungenschaften“ als Propagandamittel für die Jugend Zur Gewinnung der Jugend z. B. bedient sich die SED-Führung der von ihr für die Jugend der Zone geschaffenen Vergünstigungen. Das „Gesetz zur Förderung der Jugend“ steht dabei im Mittelpunkt. An einigen Beispielen hoher Staatsfunktionäre, die in jungen Jahren bereits eine große Karriere machten, wie des knapp dreißig Jahre alten Staatssekretär für Berufsausbildung, Rudi Wiesner, des 3 5jährigen Generalinspekteurs der Luftwaffe, Heinz Kessler, und des stellvertretenden Verkehrsministers Robert Menzel, sollen die Aufstiegsmöglichkeiten eines jeden jungen Menschen in der Zone bewiesen werden. Im Plan des Ministerrates der Deutschen Demokratischen Republik zur zur Förderung der Jugend für das Jahr 1956 heißt es wörtlich: „Zum Zwedte der weiteren Gewinnung der Jugend bei der Lösung der staatlichen Aufgaben werden alle leitenden Mitarbeiter des Staatsapparates, der volkseigenen und ihr gleichgestellten Industrie, des Handels, des Verkehrs und der Landwirtschaft verpflichtet, regelmäßig mit Jugendlichen Aussprachen durchzuführen und dabei ihre Fragen und Vorschläge zu beantworten und ihnen ihre Erfahrungen zu vermitteln.“

Der Plan sieht weiterhin vor, „in die Aktivsten aller ständigen Kommissionen in verstärktem Maße Jugendliche aufzunehmen, die sich durch besondere gesellschaftliche und berufliche bzw. schulische Leistungen ausgezeichnet haben und von den zuständigen Leitungen der Freien Deutschen Jugend vorgeschlagen werden“. Dadurch soll gewährleistet werden, daß nur linientreue, der SED ergebene junge Menschen diese Entwicklungsmöglichkeiten in Anspruch nehmen können.

Die Fragen des Studiums, die materielle Sicherung der Studenten, die bevorzugte Zulassung von Arbeiterkindern zur Universität, Stipendien, der ständige Ausbau des Mittel-und Landschulwesens sind ebenfall» politische Propagandamittel, um junge Menschen in Westdeutschland für den politischen Kurs der SED zu gewinnen. Allein im Förderungsplan der Jugend für das Jahr 1956 sind über 16 000 Neuzulassungen zum direkten Studium an den Universitäten und Hochschulen und fast 30 000 Neuzulassungen zum Direktstudium an den Fachschulen vorgesehen. Hinzu kommt die durch den Mengel an qualifizierten Fachkräften bedingte günstige Berufsperspektive der sowjetzonalen akademischen Jugend.

Ähnlich verhält es sich in den Fragen der Berufsausbildung, der Freizeitgestaltung, der Unterstützung des Sportes und der Kinderfürsorge. Der Förderungsplan der Jugend des Ministerrates der Sowjetzone sieht allein für das Jahr 1956 vor: die Teilnahme aller Kinder der Zone für die gesamte Ferienzeit an den Ferienspielen, von 60 000 Kindern an Winterferienlagern, von 30 000 Kindern an Schwimmlagern, von 500 000 Kindern an Ferienwanderungen und 670 000 Kindern an den zentralen Pionier-und Betriebsferienkinderlagern. Wenn man vergleicht, auf welche Schwierigkeiten es stößt, einige zehntausend Kinder aus Westberlin in der weitaus größeren und reicheren Bundesrepublik auf privater Basis unterzubringen, so wird verständlich, daß es sich hierbei um politische Fakten handelt, die es den SED-Beauftragten leicht machen, Anhänger für das Prinzip der staatlichen Planung und Lenkung nach dem Vorbild der Zone auch in der Bundesrepublik zu finden. Für den politisch aufgeklärten Menschen ist es klar, daß es sich bei diesen Maßnahmen um Formen und Methoden der politischen Beeinflussung der Bevölkerung in der Zone handelt, und daß in den Kinderlagern der Grundstein für die kommunistische Jugenderziehung gelegt wird. Teile des deutschen Volkes aber, die die politischen Probleme ungenügend beachten, erkennen oft diese Gefahr nicht und sehen in erster Linie die Möglichkeit, ihren Kindern mit geringen Mitteln einen Ferienaufenthalt zu verschaffen. In gleicher Weise ist dieses Prinzip für die Sportler und viele andere Interessengruppen gültig.

Im Zuge der verschärften geistigen Auseinandersetzung, die nach dem 20. Parteitag die Stalinsche Gewaltpolitik ablöste, wird es nicht zu umgehen sein, mehr als bisher die Aufmerksamkeit auf die politischen und sozialen Argumente des Ostens zu legen.

Der Apparat der SED für die Bundesrepublik Die SED-Führung bedient sich zur Verwirklichung ihrer Politik eines differenzierten Apparates, um individuell auf die westdeutsche Bevölkerung einzuwirken. An der Spitze steht das Zentralkomitee der SED, in dessen Auftrag das Politbüro des Zentralkomitees die kommunistische Infiltration der Bundesrepublik leitet. Innerhalb des Politbüros ist Ulbricht für die westdeutsche Arbeit unmittelbar verantwortlich. Das Politbüro leitet die Abteilung des ZK für „Gesamtdeutsche Fragen", die sich ausschließlich mit „Westarbeit“ beschäftigt. Die Aufgaben dieser Westabteilung bestehen in der Anleitung und Kontrolle der Politik der KPD und aller Tarnorgane in der Bundesrepublik. Alle wichtigen Maßnahmen werden von dieser Abteilung erlassen und überprüft. Ihre Tätigkeit besteht in der Durchführung von Untersuchungen, Analysen, in der Auswertung der Berichte aus der Bundesrepublik und der Ausarbeitung von Materialien nach den Instruktionen des Politbüros. Die Gliederung dieser Westabteilung gleicht den Westabteilungen der Massenorganisationen, sie ist den Schwerpunkten ihrer Arbeit angepaßt. Ein wichtiger Sektor dieser Abteilung umfaßt die „operative Arbeit" der Instrukteure, die meist in Westdeutschland tätig sind. Daneben gibt es Sektoren für Fragen der Gewerkschaftsarbeit, der Tätigkeit innerhalb der SPD, Sektoren für Information, Agitation und Propaganda und u. a. einen umfangreichen Sektor für die „Kaderarbeit''in der Bundesrepublik.

Alle übrigen Massenorganisationen unterhalten im Rahmen ihrer Apparate ähnlich aufgebaute Westabteilungen. Auch der Zentralrat der FDJ verfügt über ein solches Organ. Die Tätigkeit der Westabteilung der FDJ besteht in der Hauptsache aus der Beobachtung und Analyse der Arbeit der demokratischen Jugendverbände der Bundesrepublik und aus der Anknüpfung von Kontakten zu ihnen. So gibt es in dieser Abteilung Sachbearbeiter für die katholische und evangelische Jugend, die gewerkschaftlichen und sozialistischen Jugendorganisationen, Pfadfinder, Naturfreunde usw.

Nach vorsichtigen Schätzungen kann man die festangestellten Mitarbeiter in den Zentralen der Westabteilungen der SED und ihrer Massenorganisationen auf ungefähr 600 beziffern.

Neben den Westabteilungen der SED und der Massenorganisationen arbeiten auch Westabteilungen in den sog. bürgerlichen Parteien. Ihre Aufgabe besteht darin, Kontakte zu jenen Parteien der Bundesrepublik zu schaffen, die, zumindest nach außen, der Zielsetzung der ostzonalen Parteien ähnlich sind. Aber auch die Westabteilungen dieser Parteien arbeiten nicht isoliert von der Westabteilung des ZK. Regelmäßig finden zwischen den Leitern dieser Abteilungen und leitenden Mitarbeitern der SED Beratungen statt. Alle wichtigen Informationen der sog. bürgerlichen Parteien sind auch der SED-Führung zugänglich.

Gleichermaßen beschäftigt sich auch der Staatsapparat mit der Schaffung von Verbindungen in der Bundesrepublik und dem gründlichen Studium der Verhältnisse in Westdeutschland. Auch hier werden die Kontakte immer zu jenen Stellen und Institutionen der Bundesrepublik gesucht, die zumindest fachlich mit den Zonenverwaltungen verwandt sind. Auf dem Gebiet der Jugendpolitik z. B. unterstützen das Amt für Jugend-fragen und Leibesübungen, das Staatssekretariat für Berufsausbildung, das Staatssekretariat für Hochschulfragen, das Ministerium für Volks-bildung usw. die FDJ bei ihren Bemühungen, in gesellschaftliche Organisationen der Jugend in der Bundesrepublik einzudringen. Zur Schaffung solcher Kontakte werden nicht nur offizielle staatliche Institutionen der Zone eingesetzt, sondern auch Einzelpersönlichkeiten, wie Lehrer, Berufs-ausbilder, Dozenten, Professoren usw.

Um ein repräsentatives Gremium gesamtdeutschen Charakters für eine möglichst unauffällige Verbindung zwischen solchen Jugendvertretern der Zone und westdeutschen Jugendfunktionären zu schaffen, wurde am 3. und 4. Juni 1954 in Ostberlin der „Deutsche Jugendkongreß für Frieden, Einheit und Freiheit“ durchgeführt, der in die Gründung des „Deutschen Jugendringes" mündete. In ihm sind junge Deutsche aus Ost und West vereinigt, um nach außen hin den Eindruck einer gesamtdeutschen Repräsentation der Jugend zu erwecken. Vorsichtshalber ist bei den Vertretern der Zone nur in wenigen Ausnahmen die Parteizugehörigkeit angegeben worden. Betrachtet man aber diese 40 Mitglieder des „Deutschen Jugendringes" näher, so wird man feststellen, daß allein mindestens 28 sicher offene oder getarnte Mitglieder der FDJ, SED oder KPD sind. Bei den übrigen zwölf handelt es sich mehr oder weniger um gutwillige, aber politisch nicht sehr kluge, untere Funktionäre der verschiedensten Jugendorganisationen der Bundesrepublik, die in materieller oder geistiger Hinsicht von der FDJ abhängig sind. Wenn es noch eines Beweises für den Charakter dieses Jugendringes bedarf, so wird er durch die Tatsache erbracht, daß sein Sekretär, Hasso Zimmermann, ehemaliger Instrukteur und Sektorenleiter der Westabteilung des Zentral-rates der FDJ war, der bis zum Jahre 1952 in dieser Abteilung für die Bearbeitung der bürgerlichen Jugendverbände der Bundesrepublik zuständig war.

Das Sekretariat des Jugendringes hat seinen Sitz in Berlin W 8, Mauerstraße. Die Ausgaben des Jugendringes sind im Staatsetat der FDJ, im Kapitel „Westarbeit“, eingeplant. Wolfgang Schoor, ein junger westdeutscher Komponist, ist gemeinsam mit dem SED-Schriftsteller Stephan Hermlin paritätischer Präsident des deutschen Jugendringes. Die Bedeutung des Jugendringes erschöpft sich nicht nur in der Repräsentation eines gesamtdeutschen Jugendkreises. Die einzelnen Mitglieder und die durch sie vertretenen Gruppen knüpfen viele Einzelkontakte zu Gruppen und Jugendlichen in der Bundesrepublik, die zur Zusammenarbeit mit offen auftretenden FDJlern nicht bereit wären, sich aber auf Grund der vorgetäuschten Ziele des deutschen Jugendringes arglos auf Verbindungen einlassen.

Das Beispiel des deutschen Jugendringes hat Gültigkeit für alle Massenorganisationen. So sind z. B. vom DFD aus ähnliche „bürgerliche“ gesamtdeutsche Frauenausschüsse ins Leben gerufen worden. Durch den „Deutschen Friedensrat“ wurden zahlreiche gesamtdeutsche oder auch nur aus Bürgern der Bundesrepublik bestehende Friedenskartelle geschaffen. Auch der „Kulturbund zur demokratischen Erneuerung Deutschlands“ unterhält zahlreiche Gremien, die häufig nach den einzelnen Kunst-und Kultursparten aufgegliedert sind. Das Ziel all dieser Organe ist in jedem Falle die Schaffung von Verbindungen, die Sammlung von Informationen und die Stützung der in der Bundesrepublik befindlichen Tarnbewegungen und sympathisierenden Gruppen.

Neben diesen offiziellen, politischen und staatlichen Instanzen der Zone, die offen oder getarnt in die Bundesrepublik hineinarbeiten, sind auch direkte Spionageorganisationen tätig. Abgesehen vom „Ministerium für Staatssicherheit“, das sich in erster Linie mit Fragen der Abwehr beschäftigt, wurde 1952 ein sog. „Institut für wirtschaftswissenschaftliche Forschung" geschaffen, das mit dem staatlichen Nachrichtendienst der Zonenregierung identisch ist. Dieses Institut arbeitet völlig getrennt von der politischen Organisationen, da nach den Erfahrungen der KPD vor 1933 jede Verquickung zwischen dem politischen und nachrichtendienstlichen Apparat die politische Entwicklung hemmen und kompromittieren kann. Trotzdem aber stehen diesem Institut die Informationen aus der Westarbeit aller Organisationen zur Verfügung. Das Institut erhält von allen Instanzen Berichte, Analysen und Abschriften, die von Vertrauensleuten übermittelt werden. In den angeführten gesamtdeutschen Gremien sitzen Vertreter dieses Instituts und manch harmlos scheinender Ost-West-Kontakt ist in Wirklichkeit bereits eine Angelegenheit des Geheimdienstes.

Heute sind zahlreiche Beispiele bekannt, in denen z. B. ahnungslose Fachkräfte, vor allem Fachingenieure großer Betriebe aus der Zone, mit Persönlichkeiten in Verbindung gebracht werden, die ihnen als Fachkollegen vorgestellt wurden und mit denen sie gemeinsam an Fachberatungen in der Bundesrepublik teilnahmen und dort Kollegen ihrer Industrie-gruppen kennenlernen. Je weiter diese Kontakte ausgedehnt werden, um so mehr werden sie zu Spionagezwecken benutzt, ohne daß jedoch die eigentlich Beteiligten sich immer über die Hintergründe ihrer Tätigkeit im klaren sind. Mit Sicherheit kann gesagt werden, daß zumindest alle Berichte und auch alle Personen, zu denen ein Kontakt besteht, im „Institut für wirtschaftswissenschaftliche Forschung" zentral registriert und ausgewertet werden.

Zusammengefaßt ergibt sich folgendes Bild: als Träger der Infiltration von der SBZ in die Bundesrepublik werden alle gesellschaftlichen Schichten und beruflichen Gruppen benützt. Sogar Hausfrauen und Schulkinder werden nicht selten durch Briefaktionen der „Nationalen Front des demokratischen Deutschland" usw. zur Schaffung von Kontakten herangezogen. Aus allem darf keinesfalls der Schluß gezogen werden, von vornherein alle Kontakte mit der Bevölkerung der Zone abzulehnen und zu vermeiden. Im Gegenteil: wenn die Gefahren solcher Kontakte bekannt sind und die Kontrahenten aus der Bundesrepublik ideologisch gewappnet eine klare politische Konzeption vertreten, kann jeder Kontakt zum besseren gegenseitig Verständnis, zur ideologischen Klärung und damit zur Wiedervereinigung Deutschlands beitragen. Nur leichtsinnig geschlossene Verbindungen, bei denen der aktive Partner aus dem Osten kommt, müssen vermieden werden. Die Bürger der Bundesrepublik sollten sich bewußt sein, daß di Träger östlicher Infiltration stets Menschen sind, die eine ernsthafte und gründliche Schulung hinter sich haben und zu geschickten Agitatoren ausgebildet wurden.

Die politische Schulung Bei der Beurteilung der politischen Ausbildung von Funktionären der Zone wird häufig der Fehler gemacht, diese als Agentenschulung gering-schätzig abzutun. So entsteht der Eindruck, als würden die Kommunisten, die sich mit der Schaffung von Ost-West-Kontakten beschäftigen, auf bestimmten Schulen für jenen Zweck vorbereitet. Das ist nur bedingt richtig. Es gibt ein einheitliches, glänzend organisiertes, systematisches Internatsschulungssystem der SED, aller Massenorganisationen und auch der bürgerlichen Parteien. Auf diesen Schulen werden alle Funktionäre entsprechend ihrer ideologischen Kenntnisse ausgebildet. Die FDJ z. B. unterhält als zentrales Institut eine Jugendhochschule, auf der in Einjahreslehrgängen 400 zentrale Funktionäre ausgebildet werden. Sie besitzt außerdem 15 Bezirksjugendschulen, auf denen in Halbjahreslehrgängen 3000 bis 4000 Funktionäre der Bezirks-und Kreisebene geschult werden. Dazu kommen ca. 200 Kreisschulen der FDJ, die in Lehrgängen von vier bis acht Wochen durch etwa 360 000 Schüler jährlich besucht werden, die zum Teil aus den unteren Gruppen hervorgehen. Weiterhin unterhält die FDJ eine Reihe von Sonderschulen, auf denen vor allem Industrie-und landwirtschaftliche Spezialisten politisch geschult werden. Der Jahresdurchschnitt ist auch hier ungefähr mit 5000 bis 10 000 Schülern anzunehmen. Etwa 30 000 Jugendfunktionäre besuchen jährlich die verschiedenen Internatsschulen der SED. Es kann also gesagt werden, daß in einem Jahr mehr als 400 000 Jugendliche der Zone eine kürzere oder längere Internatsschulung durchmachen. Dazu kommt das für zwei Millionen Jugendliche obligatorische FDJ-Schulungsjahr, das zwar in letzter Zeit etwas aufgelockert wurde, aber doch eine planmäßige und ideologische Beeinflussung jugendlicher Menschen darstellt. Viele FDJ-Einhei-ten in den Großbetrieben unterhalten daneben noch Betriebsjugendschulen, in denen Jugendliche in 14 Tageslehrgängen geschult werden. Hinzu kommen noch die verschiedensten anderen Schulungsformen wie Wochenendlehrgänge, Vortragszyklen usw. Noch umfangreicher als bei der FDJ ist das Schulungssystem der SED, das sich zwar von der Partei-hochschule Karl-Marx bis zu den Betriebsparteischulen ähnlich wie das System der FDJ aufbaut, aber umfangreicher und gründlicher als das Jugendschulsystem ist. Auf der Parteihochschule werden Lehrgänge von zwei bis drei Jahren durchgeführt, die Lehrgangsdauer auf den Bezirksparteischulen beträgt ein Jahr und auf den Kreisparteischulen werden Halbjahreslehrgänge durchgeführt.

Wenn auch nicht im gleichen Maße wie bei SED und FDJ, so haben doch alle Massenorganisationen, die Gewerkschaften, der DFD, der Kul-tu1 d, die Nationale Front, die Gesellschaft für deutsch-sowjetische Freundschaft, ja selbst die Vereinigung der gegenseitigen Bauernhilfe usw. Zentral-, Bezirks-und Kreisschulen. Auch die bürgerlichen Parteien unterhalten zentrale Schulen und in einigen Bezirken ebenfalls Lehrstätten, deren Lehrpläne im Prinzip an die SED-Lehrpläne angelehnt sind, wenn auch die Themenbenennung und der Aufbau der Lehrpläne äußerlich unterschiedlich sind. Faßt mau alle diese Schultypen zusammen, so kann ohne Übertreibung ein Jahresdurchschnitt von über einer Million Besucher derartiger Schulen angenommen werden. Es ist dabei allerdings zu berücksichtigen, daß häufig dieselben Schüler nacheinander verschiedene Schulen besuchen. Ein SED-Funktionär z. B., der 1950 eine Kreisparteischule besucht hat, kann, um eine höhere Funktion zu erlangen, 1952 die Bezirksparteischule besucht haben und im Jahre 1956 zur Parteihochschule delegiert worden sein.

Trotzdem aber sind die Zahlen der politisch geschulten Menschen in der Zone erdrückend, wenn man sie dem politischen Bildungssystem der Bundesrepublik gegenüberstellt. Außerdem darf nicht übersehen werden. daß die Bevölkerung und insbesondere die Jugend, einer ständigen Beeinflussung im Rahmen des normalen Schulwesens unterliegt. Die Studienpläne von Universitäten, Hoch-und Fachschulen, der überall gleiche zusätzliche gesellschaftspolitische Unterricht an diesen Schulen, ist ebenfalls ein Bestandteil der systematischen Schulungsarbeit, der sich nicht einmal die Hörer der theologischen Fakultäten entziehen können. Hinzu kommen noch die vielen Spezialkurse, auf denen bestimmte Fachleute ideologisch ausgebildet werden.

Di Lehrpläne der politischen Schulen umfassen Fragen der Philosophie, Geschichte und Ökonomie, Probleme der Gegenwart, sowohl aus der sowjetischen wie aus der westlichen Welt, eine Vielzahl praktischer Fragen der Agitation, Propaganda-Arbeit usw. Die Gliederung der Lehrpläne hängt von der Dauer und dem Charakter der jeweiligen Schulen ab. Ein Dreijahreslehrgang der Parteihochschule Karl-Marx z. B. behandelt vor allem die Fragen der Philosophie, der deutschen und sowjetischen Geschichte, des dialektischen und historischen Materialismus, die Geschichte der Arbeiterbewegung und der politischen Ökonomie, während eine Kreisparteischule nur ein Drittel ihres Lehrplanes mit theoretischem Stoff ausfüllt.

Schulen für die KPD Neben diesem weite Kreise der Bevölkerung der Zone umfassenden Schulungssystems, gibt es in der Zone Schulungsinstitute, die nur für westdeutsche Funktionäre und Sympathisierende eingerichtet wurden. Die SED z. B. unterhält noch immer eine Parteihochschule für KPD-Funktionäre in Schmerwitz bei Berlin. Dort werden in Jahreslehrgängen füh-rende KPD-Funktionäre ausgebildet. Für mittlere Funktionäre der KPD steht eine besondere Schule in Döllnkrug bei Berlin und Kamburg bei Jena zur Verfügung. Bei der FDJ ist es ähnlich. Einige besonders ausgebildete westdeutsche Jugendliche nehmen sogar an Lehrgängen der Parteihochschule Karl-Marx und der Jugendhochschule am Bogensee teil. Die Zahl der westdeutschen Kommunisten, die in einem Jahr in der Zone geschult werden, ist nicht genau bekannt. Sie dürfte über 1000 liegen.

In dieser Zahl wären die Schulen der Nationalen Front, der Gewerkschaften und anderer Massenorganisationen, die ebenfalls Westschulen oder -seminare auf ihren normalen Schulen unterhalten, miteingeschlossen.

Die Schulen der FDJ und die Westschulen der SED/KPD behandeln im Rahmen ihrer Lehrpläne die illegale Tätigkeit ihrer Organisation, die Arbeitsmethoden unter den Bedingungen des Verbots und besonders ausführlich die verschiedenen Unterwanderungstaktiken. Auf diesen Schulen lernen die Schüler sehr ausführlich die Sozialgesetzgebung der Bundesrepublik, Statut und Programm der Gewerkschaften usw., um bei ihrem Auftreten in den entsprechenden Organisationen vorbildlich informiert zu sein. Auch die Herstellung illegalen Materials und körperliche Ertüchtigung sind Bestandteile des Lehrplans.

Neben diesen mehr oder weniger offiziellen Schulen existieren Schulen der Nachrichtendienste, des NFS, des vorhin erwähnten „Institutes für wirtschaftswissenschaftliche Forschung" usw., auf denen die Mitarbeiter dieser Dienste ausgebildet werden. Auch diese Schulen haben ein bestimmtes politisches Grundpensum, obwohl das Schwergewicht auf der nachrichtendienstlichen Ausbildung liegt.

Sonderschulungen für Kontakte Angesichts dieses umfassenden Schulungssystems ist es in der Regel nicht notwendig, besondere Schulen zur Ausbildung von Funktionären einzurichten, die sich mit der Schaffung von Ost-West-Kontakten befassen. SED und Massenorganisationen verfügen über einen so breiten Stamm an ausgebildeten Funktionären, daß sie jederzeit Delegationen beliebiger Größe für Zusammenkünfte mit Bürgern der Bundesrepublik zusammenstellen können. Nur in seltenen Fällen werden Spezialschulungen zu solchen Zwecken durchgeführt. Das ist z. B.der Fall, wenn mehrere Kulturensembles der Zone in die Bundesrepublik reisen oder größere Gruppen von Studenten oder Schülern mit Altersgenossen im Westen Zusammentreffen sollen, dann werden besondere Kurzlehrgänge durchgeführt, auf denen die ausgewählten und auf den Grad ihrer Zuverlässigkeit bereits überprüften Teilnehmer einer Spezialschulung unterzogen werden. Im Mittelpunkt dieser Schulung stehen neben Wiederholungsthemen über theoretische Fragen in der Regel aktuelle Probleme und vor allem, wie der aus der Bundesrepublik zu erwartende „Gegner“ in Schwierigkeiten gebracht werden kann. Anläßlich solcher Lehrgänge werden z. B. besondere Fragespiegel ausgearbeitet, durch die westliche Gesprächspartner in die Enge getrieben und alle Schwächen des westlichen Systems demaskiert werden sollen. Gleichfalls werden dort Argumentationen zu heiklen Fragen, die von westlicher Seite zu erwarten sind, ausgearbeitet. Zum Schluß dieser Lehrgänge werden in der Regel genaue Verhaltungsmaßregeln, Disziplinfragen usw. erörtert und die einzelnen Rollen genau festgelegt. Immer wird den Teilnehmern solcher Expeditionen eingeschärft, sich trotz all dieser Festlegungen möglichst ungezwungen zu geben und durch kulturelle und gesellige Darbietungen, die auch einen Bestandteil dieser Schulung bilden, den Eindrude der Freizügigkeit zu erwecken.

Obige Darstellung stützt sich auf vielseitige Informationen von Teilnehmern solcher Gruppen, besonders des Sektors „Jugendaustausch“. Trotzdem war immer wieder festzustellen, daß trotz dieser Schulungen aus vielen dieser Kontakte ein für den Westen positives Ergebnis er-wuchs, besonders dann, wenn die westdeutschen Gesprächspartner gut vorbereitet und mit politischer Sachkenntnis den sowjetzonalen Gruppen offen und freimütig gegenübertraten. Häufig war festzustellen: hatten die sowjetzonalen Jugendlichen gespürt, daß ihre westlichen Partner Menschen wie sie waren, die sogar den Problemen des Westens kritisch gegenüberstanden und dies auch offen aussprechen konnten, war in ihnen das Bild zusammengestürzt, Vertretern des „Monopolkapitalismus“ gegenüberzustehen. Sie sahen sich jungen Arbeitern, Angestellten und Intellektuellen gegenüber, die genau so ernsthaft um die Probleme ringen, so daß häufig alle anerzogene Schulung bei den Zonenvertretern zusammenbrach und das menschliche Gespräch erfolgreich begonnen werden konnte.

Es ist notwendig, den systematischen und gewaltigen Anstrengungen der SED-Führung zur Schulung und Erziehung breiter Teile der Zonen-bevölkerung ernsthaft Beachtung zu schenken. Es ist erforderlich, auch unter den Bedingungen des freiheitlich-individuellen Systems der Bundesrepublik, insbesondere der Jugend, ein größeres Wissen auf gesellschaftlichem Gebiete, vor allem aber in den Fragen des Kommunismus, zu vermitteln. Die Anstrengungen der SED-Führung dürfen im Westen nicht zur Resignation führen, sie sollten im Gegenteil dazu anhalten, über den Rahmen von Propagandareden hinaus ein gründliches, ernsthaftes und systematisches Studium des Kommunismus anzuregen, um die Kräfte zu entwickeln, die den Kadern der SED nicht nur gewachsen, sondern überlegen sind.

Die Schulung der Instrukteure Einen besonderen Raum im Rahmen des Schulungssystems nimmt die Ausbildung der Instrukteure ein, die im Auftrage ihrer sowjetzonalen politischen Organisation in der Bundesrepublik tätig sind. Hierbei handelt es sich um Funktionäre der Westabteilungen der SED, FDJ usw., deren Arbeitsbereich unmittelbar in der Bundesrepublik liegt. Sie sind zwar bei ihren Leitungen in Ostberlin stationiert und erhalten dort auch ihre politischen Aufträge, haben diese aber in der Regel an Ort und Stelle in der Bundesrepublik auszuführen. Die Westabteilung des Zentralkomitees der SED z. B. hat für jedes Verwaltungsgebiet, d. h. für jedes Land der Bundesrepublik einen zentralen Instrukteur, der ständig den Kon-tak+ zwischen der Westabteilung des Zentralkomitees und der jeweiligen illegalen Landesleitung der KPD aufrecht erhält. Der Zentralrat der FDJ verfügt über ca. 25 solcher ständigen zentralen Instrukteure, die ebenfalls Kontakte zu den entsprechenden Stützpunkten der FDJ halten. Diese Instrukteure fahren in die Bundesrepublik mit bestimmten Aufträgen, übermitteln diese den jeweiligen Organen, helfen bei der Verwirklichung des Beschlusses und stellen je nach Auftrag Untersuchungen an Ort und Stelle an. Sie haben sowohl Weisungsals auch Kontrollrecht.

Die FDJ hat in früheren Jahren, vor allem von 1950 bis 1952, größere Gruppen von Instrukteuren in die Bundesrepublik entsandt, besonders zu den Aktionen des Deutschlandtreffens 1950 und der sogenannten Weltfestspiele in Berlin 1951. In diesem Zeitraum waren etwa 800 Instrukteure der FDJ aus der Sowjetzone in der Bundesrepublik tätig. Dieser umfangreiche Einsatz wurde bei sich verschärfender Illegalität eingestellt und auf wenige qualifizierte Kräfte reduziert. Es ist jedoch interessant, nachträglich festzustellen, daß von den 800 Instrukteuren nur wenige mit der kommunistischen Ideologie gebrochen haben, obwohl die Auswahl nicht besonders gründlich vorgenommen wurde, da es sich nur um kurzfristige Aktionen handelte. Die jungen Funktionäre wurden in der Regel nach kurzer Überprüfung aus den Kreisleitungen der FDJ herausgezogen, und nach 8-tägiger Sonderschulung bereits in den Einsatz geschickt. Sie waren monatelang „schutzlos" dem Wirtschaftswunder in der Bundesrepublik preisgegeben, kamen ununterbrochen mit Bürgern der Bundesrepublik zusammen und wurden von ihrer Organisation nur oberflächlich kontrolliert. Trotzdem kehrten sie regelmäßig in die Zone zurück, und nur wenige von ihnen zogen es vor, in der westlichen Freiheit zu bleiben. Offensichtlich halten nicht nur Eiserner Vorhang und mangelnde Informationsmöglichkeiten die jungen Menschen im Kommunismus, vielmehr dürfte der Westen noch nicht die richtige Sprache gefunden haben, um die tatsächlichen Probleme dieser jungen Kommunisten zu verstehen.

Trotz der an sich schwachen Abwanderung von Instrukteuren hat die SED-Führung ihre Folgerungen gezogen. Heute werden nur noch kleine Gruppen von Instrukteuren eingesetzt, die einer gründlichen regelmäßigen Schulung unterzogen werden. Ihr System ist folgendermaßen entwickelt: Die Einsätze der Instrukteure dauern durchschnittlich vier Wochen. Während dieser Zeit befindet sich in jedem Land der Bundes-republik einschließlich Saargebiet und Bremen ein zentraler Instrukteur, d. h. insgesamt sind zehn Instrukteure für eine Organisation im Einsatz. Während ihrer Tätigkeit im Bundesgebiet werden zehn weitere Instrukteure für die gleiche Dauer von vier Wochen in der Zone geschult. Nach Ablauf der vier Wochen kehren die Instrukteure aus ihrem Einsatz zurück nach Berlin, nachdem sie vorher in der Bundesrepublik den anderen Instrukteuren ihre Aufgaben übergeben haben, und unterziehen sich ebenfalls einer vierwöchigen Schulung. So wechseln Einsatz und Schulung in einem festgelegten Turnus, wobei die Schulung ungefähr so lange wie der Einsatz dauert.

Die Schulung der Instrukteure hat mehrere Phasen. Nach ihrer Rückkehr werden die Instrukteure eine Woche lang mit der Auswertung ihres Einsatzes beschäftigt. Sie analysieren im einzelnen die ihnen zugeteilten Verbände, berichten ausführlich über die örtliche Stimmung der Bevölkerung, schätzen die örtliche Presse ein, informieren über alle ihnen bekannt gewordenen Strömungen und Gruppierungen innerhalb der Parteien, charakterisieren alle Personen, mit denen sie in Kontakt traten und geben technisch-organisatorische Berichte über den Stand der illegalen Tätigkeit. Nach Beendigung dieser Analysen werden sie in zwangloser Form von leitenden Funktionären mehrere Tage in mündlicher Berichterstattung ausgefragt, haben Zusammenkünfte mit sowjetischen Funktionären, die sich ebenfalls für Einzelheiten interessieren und haben auch Kontakt zu Nachbardiensten, falls sich auf Grund ihrer schriftlichen oder mündlichen Berichte interessante Tatsachen für diese Stellen ergeben sollten. Einige weitere Tage beschäftigen sich die einzelnen Sachbearbeiter der Westabteilungen mit ihnen, um noch einmal bestimmte Fragen durchzubesprechen. Hat z. B. ein Instrukteur einen Kontakt zu einer Falkengruppe, so unterhält er sich ausführlich mit dem Sachbearbeiter des Zentralrates für die Falkenorganisation, um mit diesem die Verstärkung des Kontaktes im Einzelnen zu besprechen. Den Rest der vier Wochen, also fast zwei Wochen, werden die Istruk-teure ideologisch geschult, wobei sie meist die Kreis-Abendschule oder sonstige Abendkurse über Marxismus-Leninismus besuchen. Zusätzlich müssen sie in dieser Zeit noch alle wichtigen politischen Dokumente studieren, die während ihres Einsatzes herausgekommen sind, die Parteipresse und die theoretischen Parteiorgane. Dieser Plan ist so aufgelockert, daß die Instrukteure während jeder Schulung einige Tage nach Hause fahren können, falls ihre nächsten Angehörigen in der Provinz wohnen. Wohnen die Familien in Berlin, so fällt dieser Urlaub zu Gunsten eines sogenannten Erholungsplanes aus. Er bietet u. a. systematisch Theater-und Kinobesuche, weil auch der kulturelle Sektor einer ideologischen Auffrischung unterzogen wird. Regelmäßig finden gesellige Zusammenkünfte mit Familien, in Gegenwart leitender Funktionäre statt. Sie haben eine doppelte Aufgabe: Einmal sollen durch den zwanglosen Rahmen bestimmte Fragen erörtert werden, die bei der dienstlichen Berichterstattung vielleicht nicht deutlich genug geklärt wurden und von denen die Zeitung den Eindruck hatte, es werde etwas verheimlicht. Darunter fallen besonders die Frage des moralischen Verhaltens der Instrukteure im Einsatz. Auf diesen geselligen Zusammenkünften wird absichtlich viel Alkohol verbraucht, um eine aufgelockerte Atmosphäre zu schaffen und um gleichzeitig festzustellen, ob moralische Defekte oder gar Haltlosigkeit festzustellen sind. Ohne daß die Instrukteure im Einzelnen darum wissen, wird ihr Verhalten während des ganzen Aufenthaltes gründlichst überprüft und über jeden Einzelnen beraten, ob er wieder in den Einsatz gehen kann.

Zusammenfassend kann festgestellt werden, daß ein wichtiger Bestandteil der Offensive des Ostens die permanente ideologische Schulung und Festigung der Funktionäre ist. Das Bestreben der SED-Führung richtet sich auf systematische, alle Schichten der Bevölkerung umfassende, ideologische Beeinflussung und Ausbildung von Kadern für die ideologische und politische Offensive auf die Bundesrepublik.

Die Stützpunkte in der Bundesrepublik Wenn auch die Direktiven für die kommunistische Infiltration der Bundesrepublik von Ostberlin und der SBZ ausgehen, so unterhält die SED/KPD doch zahlreiche Stützpunkte in der Bundesrepublik selbst, ohne die sie niemals in der Lage wäre, ihre politischen Ziele zu verfolgen. Auch nach dem Verbot wird der illegale kommunistische Apparat versuchen, nach wie vor lenkend und kontrollierend die Arbeit der Tarn-und Nebenorganisationen anzuleiten. Das kann mit Sicherheit gesagt werden, da sich schon seit 1951 diese Zusammenarbeit auf illegaler Basis vollzog.

Die KPD Als nach dem Zusammenbruch der Dritten Reiches in den deutschen Ländern kommunistische Parteien gegründet worden waren, wirkten sie alsbald als Stützpunkte und Außenstellen der Berliner Zentrale. Nach dem Zusammenschluß der einzelnen Besatzungszonen und der Genehmigung der Besatzungsmächte, im Westen zentrale Organisationen für das ganze Bundesgebiet aufzubauen, wurde für die Öffentlichkeit die KPD als „selbständige“ Organisation gebildet. Der Parteivorstand der KPD sollte nach außenhin das Führungsorgan der KP in Westdeutschland sein und damit die Unabhängigkeit der Partei von der Zone dokumentieren. Ein besonderes Parteistatut wurde geschaffen, so-genannte Parteitage der KPD wurden durchgeführt und nur zeitweilig offizielle Kontakte mit der SED in der Zone ausgenommen. Das alles aber geschah nur, um nach außenhin die Seltbständigkeit der KPD zu betonen und sie damit den besonderen Bedingungen in der Bundesrepublik anzupassen.

In Wirklichkeit aber wurden Programm, Statut und die Thesen der einzelnen Parteitage im ZK der SED ausgearbeitet. Alle wichtigen Ent-schieidungen fielen in Berlin. Max Reimann ist nur ein Beauftragter des Politbüros, ein Instrukteur des ZK der SED. Selbst der Parteitag der KPD von 1950, nach außen hin als Münchener Parteitag deklariert, fand in Wirklichkeit in Weimar statt.

Die KPD führt die Beschlüsse der SED-Führung durch, kontrolliert sie und ist die westdeutsche Zentrale für alle in der Bundesrepublik arbeitenden Tarnorganisationen. Wenn sie auch der SED-Führung gegenüber für ihre Politik verantwortlich und berichterstattungspflichtig ist, so hat der Parteivorstand der KPD doch andererseits die Verantwortung für jede Aktivität der kommunistischen Politik in der Bundesrepublik. Die KPD gliedert sich in Landes-, Kreis-und Ortsverbände. Allen ihren Verbänden auf den jeweiligen Ebenen sind Tarnorganisationen, Infiltranten usw. angeschlossen, die in den entsprechenden Gebieten operieren. So sind die einzelnen Organe der KPD Kontrollstellen und Weisungsorgane der SED-Führung, sowohl für die Massenorganisationen als auch für die Komitee-Bewegung und alle übrigen Stützpunkte in der Bundesrepublik. Dies wird im Prinzip so bleiben. Schon seit 1952 hat die KPD für jedes Sekretariat in den Ländern und Kreisen der Bundesrepublik Ersatzleitungen gebildet und diese in der Sowjetzone geschult. Die Ersatzleitungen hatten die Aufgabe, sofort beim Verbot die illegale KPD-Tätigkeit aufzunehmen, da die bis zum Verbot legalen Leitungen der Öffentlichkeit bekannt waren und deshalb ihre Tätigkeit nicht mehr würden fortsetzen können. Die Nachricht, daß die KPD nach dem Verbot ihre Agitation mit einem „Freiheitssender 904" von der Zone aus betreiben wird und die Ausführungen des Politbüromitgliedes Schirdewan, die KPD wird „bei jeder Aktion gegen das Adenauer-Regime zugegen sein“, bestätigen diese Absichten.

Die Massenorganisationen Neben der KPD unterhalten die FDJ, der DFD, die Sportbewegung, die „Gesellschaft für deutsch-sowjetische Freundschaft" und viele andere Massenorganisationen ebenfalls zentrale Leitungen in Westdeutschland, die bereits vor dem KPD-Verbot illegal arbeiteten. Sie sind von ihren Ostberliner Zentralen abhängig, die wiederum ihre Anweisungen vom ZK der SED erhalten. So verwirklicht sich die SED-Politik auf verschiedenen Wegen. Einmal gehen die zentralen Anweisungen vom Politbüro der SED unmittelbar an Organe der KPD, zum anderen werden die Beschlüsse des ZK der SED den jeweiligen Führungen der Massenorganisationen in der Zone übergeben, die diese wiederum an ihre zentralen Stäbe in der Bundesrepublik weitergeben.

So unterhalten die Massenorganisationen in der Bundesrepublik konspirativ arbeitende Büros, sowie Landes-und Kreisorganisationen, z. B. die FDJ, der DFD, die „Gesellschaft für deutsch-sowjetische Freundschaft", die „Nationale Front des demokratischen Deutschland", der „Friedensrat“, der „Kulturbund zur demokratischen Erneuerung Deutschlands“ usw. Alle diese Organisationen werden vom ZK der SED mit Finanzmitteln versorgt, sie alle unterhalten illegale Apparate, die den ständigen Kontakt mit der KPD-Führung aufrechterhalten. Die FDJ-Führung in der Bundesrepublik unterhielt zur Sicherung ihrer illegalen Tätigkeit einen technischen Apparat, der durch Kuriere die Verbindung zur KPD und zu den angegliederten FDJ-Leitungen aufrecht erhält, der sämtliche illegalen Materialien herstellt und die technische Absicherung aller Zusammenkünfte gewährleistet.

In der letzten Zeit sind zwar Anzeichen sichtbar geworden, die darauf hindeuten, daß die SED-Führung sich entschlossen hat, ihre sowieso schwachen FDJ-Kader in der Bundesrepublik aufzulösen und die FDJ-Funktionäre mit der Jugendpolitik innerhalb der KPD bzw. in den demokratischen Jugendorganisationen zu betrauen. In Frankreich, Italien und anderen Ländern zeichnen sich ähnliche Bestrebungen ab. Selbst wenn sich die SED-Führung zur Auflösung ihrer illegalen FDJ in der Bundesrepublik entschließen sollte, so wäre dies nur eine Änderung der Organisationsform und eine Konsolidierung der Kräfte, im Prinzip würden die Methoden der Jugendpolitik, die Infiltrationsversuche in den Gewerkschaften und demokratischen Jugendorganisationen bestehen bleiben.

Die Leitungen der Tarnorganisationen haben vor allem die Aufgabe, in die großen demokratischen Organisationen der Bundesrepublik einzudringen und eine Verstärkung der KPD-Politik zu sichern. Zu diesem Zweck unterhalten sie umfangreiche Abteilungen zur Analyse und Beobachtung dieser Organisationen. So unterhält z. B. die FDJ eine eigene Abteilung „Andere Jugendorganisationen“ in der laufend die Politik der einzelnen großen Jugendverbände der Bundesrepublik untersucht wird. In dieser Abteilung gibt es Sachbearbeiter für Gewerkschaftsjugend, Falken, konfessionelle und hündische Jugendverbände, für nationalistische Kreise usw. Von dieser Abteilung wird auch der deutsche Jugendring West geleitet und kontrolliert. Die übrigen Organisationen sind im Prinzip ähnlich organisiert.

Auch nach außenhin neutrale Wirtschaftsbüros, Komitees für „Einheit und Freiheit im deutschen Sport“, Tarnzeitungen, Kulturorganisationen und eine Vielzahl von Ausschüssen und Komitees stellen ebenfalls eine Basis der SED-Politik in der Bundesrepublik dar. Neben diesen politischen Organisationen, die ihre festen Stützpunkte in der Bundesrepublik haben, besitzen auch die Nachrichtendienste ständige Verbindungen in Westdeutschland. Diese Apparate arbeiten völlig getrennt von den politischen Organisationen. Sie verfügen jedoch durch ihre Berliner Zentralen über die Informationen aller politischen Organisationen, die ihrerseits nichts von der Tätigkeit der Nachrichtenapparate erfahren.

Man kann sagen, daß fast alle Organisationen der Zone ihre selbständig arbeitenden Organe in der Bundesrepublik besitzen, die von der Zone aus politisch gelenkt und materiell getragen werden. Wenn diese Stützpunkte auch nicht groß und bedeutungsvoll sind, so dürfen sie doch wegen ihrer Vielseitigkeit nicht ignoriert werden. Die Ausführungen von Max Reimann auf der 23. Tagung des Parteivorstandes der KPD lassen erkennen, daß trotz des neuen Kurses nach dem 20. Parteitag, die Kommunisten in der Bundesrepublik keinesfalls diese Unterwanderungsmethoden aufgeben werden. Im Gegenteil, sie wollen sie erhalten und ausbauen, aber sie beabsichtigen, ihre Arbeit in diesen Organen geschickter und beweglicher zu gestalten.

Die Arbeitsmethoden der Kommunisten in der Bundesrepublik Die Methoden der Organisationen in der Bundesrepublik zerfallen in zwei Teile, der eine dient der innerverbandlichen Festigung der illegalen Organisationen, der andere der Wirksamkeit ihrer Politik nach außen.

In der Erkenntnis, daß besonders in der Illegalität nur dann eine verzweigte und vielseitige Massenpolitik gemacht werden kann, wenn ein innerlich festgefügtes System auserwählter Kader besteht, ist der inneren organisatorischen und ideologischen Festigung große Aufmerksamkeit geschenkt worden. Die KPD und alle ihr nahestehenden Massenorganisationen haben sich um eine systematische ideologische Festigung ihrer Funktionäre bemüht, die sie, ähnlich wie in der Zone, mit der Durchführung von Schulungen und der Beschickung der Schulen in der Zone erreichen wollten.

Es ist damit zu rechnen, daß in der Illegalität die Schulungsarbeit mit getarnten Mitteln durchgeführt wird. Das Schwergewicht der Schulung dürfte auf sogenannten Stubenzirkeln liegen, bei denen wenige Mitglieder der KPD, meist nicht mehr zwei bis drei, sich in Privatwohnungen treffen, wo dann von ihnen die einzelnen ideologischen und politischen Probleme durchdiskutiert werden. Auch die Literatur wird getarnt unter neutralen Titeln herausgegeben werden, wenn auch nicht mehr im gleichen Umfang wie während der Legalität.

Bisher hatte die KPD z. B. in einem Jahr mehr als eine halbe Million Exemplare von Schulungsheften und Agitationsschriften allein für ihre Mitglieder herausgegeben. Die illegalen Massenorganisationen, wie die FDJ, müssen sich dabei besonderer Methoden bedienen. So gibt z. B. die FDJ eine Reihe von Tarnschriften heraus, die mit Titeln wie „Mein Gemüsegarten“ eine nützliche Unterweisung, oder „Grundlagen und Fortschritte im Garten-und Weinbau“ oder auch „Anleitung und Regeln des Skatspieles“ benannt sind. Daneben werden von der FDJ verschiedene neutrale Jugendschriften gedruckt, die ausschließlich der ideologischen Festigung ihrer Mitglieder dienen, z. B. das sogenannte „Junge Deutschland“, das illegale Zentralorgan der FDJ. Daneben die populäre Funktionärzeitschrift „Lernen und Kämpfen“ und die „Bildungshefte für deutsche Jugendarbeit“, die mit den Schulungsheften im Lehrjahr der FDJ der Zone verglichen werden können. In den letzten Jahren hat allein die FDJ mehrere hunderttausend Exemplare Zeitungen und Zeitschriften dieser Art für die Bundesrepublik herausgebracht. Alle Schriften dienten dem Ziel, das ideologische Niveau der Mitglieder zu heben, um die politische Führung in allen sympathisierenden Gruppen zu behalten.

Fraktionsarbeit in anderen Organisationen Das Hauptziel der innerverbandlichen Festigung besteht vor allem in der Schaffung kommunistischer Stützpunkte innerhalb der großen demokratischen Organisationen, um in ihnen einflußreiche Positionen zu ge-winnen. So hat z. B. die FDJ für ihre Tätigkeit in den Gewerkschaften Arbeitsgruppen gebildet, die sich aus den FDJ-Mitgliedern der jeweiligen Gewerkschaftsgruppe zusammensetzen.

Die Aufgabe dieser Arbeitsgruppen besteht in regelmäßigen Zusammenkünften, auf denen fraktionell das politische Auftreten der getarnten FDJler in der Gewerkschaft festgelegt wird. Außerdem schulen sich die Funktionäre in gewerkschaftstechnischen Fragen.

Neben diesen Arbeitsgruppen unterhält die FDJ eine Anzahl von Verbindungsleuten in anderen Jugendorganisationen. Hierbei handelt es sich um einzelne Funktionäre, die im Auftrage der KPD-und FDJ-Leitungen, z. B. in Falkengruppen oder Pfadfindergruppen delegiert werden, um deren Situation zu erforschen und für eine Zusammenarbeit mit der FDJ zu werben. Da in diesem Falle ein ideologisches Bekenntnis Voraussetzung ist, erhalten diese Leute einen Auftrag von ihrer jeweiligen Leitung und werden häufig sogar demonstrativ aus ihren FDJ-Verbänden ausgeschlossen, um ihnen so den Eintritt in andere Jugendgruppen zu erleichtern.

Zur innerverbandlichen Festigung gehört weiterhin die seminaristische Arbeit, die der Qualifizierung und auch der Information dient. Sie erfolgt vor allem auf kulturellem und sportlichem Gebiet. Die kommunistischen Sportler einer Sparte z. B„ finden sich regelmäßig zusammen, um die politischen und auch fachlichen Notwendigkeiten innerhalb ihrer Vereine zu besprechen und sich gleichzeitig mit einem von oben beschlossenen Thema zu beschäftigen. Das Gleiche trifft auch für die vielen Komitees, Ausschüsse, Friedenskartelle usw. zu, die unter kommuni-stischem Einfluß stehen. Die Kommunisten in diesen Organen werden laufend zusammengefaßt und geschult, damit sie die Führung in diesen Bewegungen behalten. So meint auch Max Reimann mit seiner Erklärung auf dem 23. Plenum des Parteivorstandes der KPD, „die Haupt-kraft in der Friedensbewegung kann nur die Arbeiterklasse, gestützt auf ihre großen demokratischen Organisationen, sein“, in erster Linie die KPD und ihre Massenorganisationen.

Ausgehend von dem geschilderten politischen Apparat der SED-Politik in der Zone und seinen Stützpunkten in der Bundesrepublik, entfaltet die SED-Führung eine wachsende Aktivität zur Gewinnung der westdeutschen Bevölkerung. Die SED-Führung weiß genau, daß eindeutige kommunistische Losungen bei der Mehrheit der westdeutschen Bevölkerung auf Ablehnung stoßen. Deshalb versucht sie, getarnt in den großen demokratischen Organisationen in der Bundesrepublik zu arbeiten und diese zu unterwandern. Mit einem gut geschulten, verhältnismäßig kleinen Funktionärsstab ist sie bemüht, in demokratische Organisationen einzudringen, Positionen zu erobern, um so nach und nach, vor allem in der unteren und mittleren Ebene der Verbände, die Führung zu erlangen, Informationen zu sammeln und vielfältige Verbindungsmöglichkeiten zu schaffen. Im Mittelpunkt dieser Versuche steht zur Zeit unter der Losung der sogenannten „Aktionseinheit" das Eindringen in die westdeutschen Gewerkschaften und in die Sozialdemokratische Partei Deutschlands. Max Reiman sagte auf dem 25. Plenum des ZK der SED am 24. Oktober 1955 zur Arbeit der KPD in der SPD und dem DGB u. a. folgendes: „Wenn die Mitglieder der SPD und des DGB in dieser Weise Klarheit erhalten, wenn wir den Schleier den ihnen ihre rechten Führer vor die Augen halten, herunterreißen, dann werden sie diesen Führern nicht folgen . . . Dabei gilt es . . . unsere Argumentation wirklich so dem Verständnis der sozialdemokratischen Genossen anzupassen." „Heute ist es die vordringlichste Aufgabe der FDJ, die Gewerkschaft zu stärken . . . Vor allem jeder FDJ-ler gehört in die Gewerkschaft und soll in der Gewerkschaftsjugend aktiv tätig sein. Helft der Gewerkschaftsjugend beim Aufbau neuer Gruppen und stellt eure Erfahrungen im Kampf für die Rechte der Jugend zur Verfügung. Erarbeitet auch das Vertrauen der Mitglieder der Gewerkschaftsjugend.

Zur Infiltration des DGB Auf einer der letzten Zentralbürotagungen der FDJ erklärte hierzu der 1. Sekretär der FDJ Westdeutschlands, der unter dem Namen „Otto Faust“ arbeitet, folgendes:

Habt ihr das Vertrauen erhalten und wurdet ihr mit Funktionen betraut, dann erweist euch entsprechend dieses Vertrauens als die Besten. Helft der Gewerkschaftsjugend bei der Schaffung von betrieblichen Vertrauensleuten und zeigt stets Bereitschaft, jede gewerkschaftliche Arbeit zu übernehmen. Wir wollen auch den Betriebsjugendvertretungen helfen, entsprechend der Rolle der Betriebsjugendvertretungen.

Sagen wir den Mitgliedern unseres Verbandes: Bildet in Gemeinsamkeit mit den Jugendbelegschaften Betriebsjugendvertretungen und wählt die Besten hinein. Helft bei den im Frühjahr bevorstehenden Wahlen zu den Betriebsjugendvertretungen. Habt ihr das Vertrauen der Betriebsjugendbelegschaft erhalten, dann erweist euch als die besten Vertreter der Interessen der Jugendbelegschaften.“

So deutlich wie hier sind selten in kurzen Sätzen die Methoden des Eindringens in die Gewerkschaft wörtlich dargelegt worden. Zusammengefaßt sagt „Otto Faust“: Geht hinein in die Gewerkschaften, arbeitet dort gut, damit ihr möglichst schnell Positionen bekommt und benützt diese dann im Interesse der Politik von SED und KPD.

Die bisherige Tätigkeit auf diesem Gebiet hat gezeigt, daß diese Methode außerordentlich erfolgreich war. Eine ganze Reihe von Funktionen in den Gewerkschaften und besonders in der Gewerkschaftsjugend ist, da mit ehrenamtlicher Arbeit verbunden, bei den Mitgliedern nicht beliebt. Dies betrifft z. B. die Funktion des Gruppenkassierers und des Schriftführers. Diese Arbeit wird selten gern von jungen Arbeitern übernommen, da sie damit ihre Freizeit belasten. Die Leitung ist häufig froh, wenn sich freiwillig Mitglieder finden um diese Funktionen zu übernehmen, ohne sich dabei darüber klar zu werden, daß diese „freiwilligen“ Helfer einen Parteiauftrag haben und eine bestimmte Absicht mit ihrem Angebot verbinden. Die Kommunisten wissen genau, daß niemand so gut wie ein Kassierer die Möglichkeit hat, die einzelnen Mitglieder aufzusuchen und sie unter dem Vorwand, ihre Beiträge entgegenzunehmen, in politische Diskussionen zu verwickeln.

Häufig werden gerade diese Leute für Delegiertenkonferenzen gewählt, da ein Teil der Gewerkschaftsjugend selten Interesse zur Teilnahme an solchen Veranstaltungen zeigt. Diese häufig unbeachteten Funktionen bieten aber KPD-oder FDJ-Beauftragten große technische Möglichkeiten. Dies sei hier an einem Beispiel aus der Praxis erläutert:

Eine Gewerkschaftsjugendgruppe aus dem niedersächsischen Industriegebiet faßte vor einiger Zeit eine Entschließung zur Frage des Wehr-beitrages, der Verbesserung des Arbeitsschutzes und einiger sozialer Fragen, die mehr oder weniger örtlich bedingt waren. Sie vervielfältigte die Entschließung in einigen Exemplaren für die Mitglieder ihrer Gruppe, womit für sie das eigentliche politische Ziel erreicht war. Da die Formulierungen dieser Entschließung sehr weitgehend und der KPD äußerst genehm waren, wurde ein getarnter Jungkommunist der Gruppe, der dort die Funktion des Kassierers bekleidete, beauftragt, im Namen dieser Gruppe die Entschließung als ein Flugblatt in 10 000 Exemplaren herstellen zu lassen und sie unter der gesamten Arbeiterjugend von Niedersachsen zu verteilen. Er unterbreitete der Gruppe diesen Vorschlag, die damit einverstanden war. Es erhob sich allerdings sofort die Frage nach den Unkosten für ein solches Flugblatt, da bekannt war, daß die Gewerkschaftsleitung eine Unterstützung abgelehnt hatte. Darauf war der Kassierer vorbereitet. Er erzählte von eingegangenen Spenden, von einem Onkel, der aus Sympathie das Flugblatt zum Selbstkostenpreis drucken werde. Die jungen Gewerkschaftler gingen darauf ein, ohne diese Angaben zu überprüfen. In Wirklichkeit kam das Geld für den Druck des Flugblattes natürlich von der KPD. Nachdem das Flugblatt an alle Gruppen in Niedersachsen verschickt war, gelangt es, an anderen Stellen die gleiche, bereits einmal bewährte Methode, anzuwenden. Auf diese Weise war das Flugblatt in kurzer Zeit im gesamten Bundesgebiet verteilt. Die Mitglieder der niedersächsischen Gewerkschaftsgruppe waren stolz auf ihren findigen Kassierer, durch den ihre Formulierungen zum Mittelpunkt des Gespräches in ganz. Niedersachsen geworden waren.

Diese Methoden beschränken sich nicht auf die Gewerkschaftsjugend, sie gelten genau so für die Gewerkschaften selbst und für alle anderen demokratischen Organisationen der Bundesrepublik. Wenn Ulbricht erst vor kurzem, anläßlich eines Festaktes in Berlin erklärte, „die Aktionseinheit zwischen Sozialdemokraten und Kommunisten ist die Hauptaufgabe" und Max Reimann das gemeinsame Handeln zwischen Sozialdemokraten und Kommunisten als den „Schlüssel zur Lösung aller Aufgaben“ bezeichnete, so meinte er damit nichts anderes, als die am Beispiel der Gewerkschaftsjugend dargestellten Methoden, wobei ihnen in der SPD und unter den alten Gewerkschaftlern bestimmte linke Strömungen gegenwärtig sehr gelegen kommen.

Das Ziel der Arbeit der KPD-Funktionäre und der Massenorganisationen in den Gewerkschaften und in den Betrieben besteht in der Ausnützung jeder Unzufriedenheit der Arbeiterschaft. Es ist ein Trugschluß, den Einfluß der Kommunisten nach ihrem prozentualen Stimmenanteil bei den Wahlen zu beurteilen. Einige wenige Funktionäre sind bei geschickter politischer Arbeit in der Lage, durch die Ausnützung der Unzufriedenheit der Arbeiter eines Großbetriebes Zehntausende von Arbeitern in Bewegung zu bringen und sogar zu Streiks zu veranlassen. Das Beispiel von Jürgen Bartum in Hamburg und Gerd Lieberun in Bremen (beide ehemalige FDJ-Funktionäre), bei den Streik-aktionen der Werftarbeiter im vergangenen Jahr, sind Beweis dafür. Hinzu kommt, daß die SED-Politik auf diesem Gebiete beweglicher und geschickter geworden ist. Früher waren die unteren Funktionäre gezwungen, in Verbindung mit den sozialen Forderungen politische Losungen aufzustellen, um die Arbeiter für die KPD-Ziele zu interessie-ren. Inzwischen hat die SED-Führung gelernt, daß damit ihre wahren Absichten zu schnell entlarvt werden. Die kommunistischen Agitatoren haben heute die Anweisung, nur bis zu der Grenze zu gehen, die das politische Interesse der jeweiligen Arbeiterschaft ihnen zieht. Ihre Hauptaufgabe besteht darin, die Unzufriedenheit um jeden Preis zu schüren, Bewegungen und Diskussionen auf der Basis örtlicher Probleme zu entfachen. Sie haben heute den Spielraum — wenn nicht anders möglich —, auf die Propagierung politischer Losungen vollkommen zu verzichten und nur die Argumente der Arbeiter selbst zu verbreiten. Vor Jahren wären Betriebsfunktionäre, die so gehandelt hätten, als sogenannte „Ökonomisten" von der KPD gemaßregelt worden. Heute gehört dies zur Parteilinie und erschwert selbstverständlich die Entlarvung ihrer wahren Absichten.

Es wird z. Zt.den kommunistischen Agitatoren zur Aufgabe gemacht, zum Ausgangspunkt ihrer Arbeit die Beschlüsse des DGB-Vorstandes und der Verbandstage der Industriegewerkschaften zu machen, und nach Möglichkeit keine bekannten kommunistischen Forderungen unter die Arbeiterschaft zu tragen. Zu diesem Zwecke werden in der Regel Beschlüsse des DGB, z. B.des 3. DGB-Kongresses, benutzt, soweit sie der Politik der SED/KPD genehm sind. Auf dem Boden der Dokumentation des DGB ist es leichter, innerhalb der Gewerkschaften getarnt und illegal zu arbeiten. Trotz allem wäre eine Schlußfolgerung bedenklich, jede soziale Forderung in der Arbeiterschaft, den Gewerkschaften oder der Sozialdemokratie automatisch als kommunistische Infiltration zu bezeichnen. Diese Interpretation würde zwangsläufig restaurativen Tendenzen Auftrieb geben und zur Einschüchterung der gewerkschaftlichen Interessenvertretungen führen. Mehr noch, eine solche Schwarz-Weiß-Färberei kann den in den Arbeiterorganisationen vorhandenen kommunistischen Stützpunkten nur Auftrieb geben und die Fronten versteifen. Die Aufgabe liegt vielmehr für die Gewerkschaften darin, bei allen sozialen und politischen Auseinandersetzungen sich der möglichen Gefahr bewußt zu sein, sich offen und klar von den Bestrebungen der Kommunisten zu distanzieren, um von vornherein zu verhindern, daß die berechtigten Forderungen und Interessen der Arbeiter von den Agitatoren der KPD mißbraucht werden.

Die Rolle der Einzelkontakte Es Wäre einseitig anzunehmen, daß sich die Methoden der SED-Pol" auf Gewerkschaften und SPD beschränken. Im Gegenteil, die Taktik der SED ist heute beweglicher denn je und benützt für ihre Tätigkeit in der Bundesrepublik alle Erscheinungsformen des öffentlichen Lebens.

Im Vordergrund dieser Tätigkeit stehen die Einzelkontakte. Die SED-Führung hat erkannt, daß der Kontakt am Arbeitsplatz, von Freunden untereinander, die Bekanntschaft von Nachbarn, ja selbst das Zusammengehörigkeitsgefühl ehemaliger Schulfreunde die beste Grundlage zur politischen Agitationsarbeit bildet. Die sogenannte individuelle Agitation stellt die Hauptbasis der SED-Arbeit dar. Alle Mitglieder der KPD wurden bereits vor geraumer Zeit angewiesen, besondere Aufmerksamkeit auf ihre persönlichen und privaten Verbindungen zu richten, mit Kollegen am Arbeitsplatz, mit ihren Angehörigen und Nachbarn unauffällig Kontakt aufzunehmen und alle diese Verbindungen den übergeordneten Leitungen zu melden. Auch wurde vom Parteivorstand der KPD immer wieder darauf hingewiesen, daß die KPD-Mitglieder, die solche Kontakte unterhalten, laufend genaueste Informationen an ihre zuständigen Leitungen zu geben haben. Diese Maßnahmen werden jetzt von der illegalen KP verstärkt zur Ausübung ihrer Arbeit verwertet werden.

Die Schaffung von privaten Einzelkontakten wird aber nicht nur von der KPD in der Bundesrepublik betrieben. Alle politischen Organisationen der SBZ, insbesondere der FDGB, die FDJ, der DFD und die offiziellen Regierungsstellen werden immer wieder angehalten, durch den Einsatz gut getarnter Funktionäre bei der Schaffung vielseitiger Kontakte mitzuwirken. Die Methoden hierzu sind sehr vielfältig. Sie gewinnen nach dem KPD-Verbot außerordentlich an Bedeutung, da die Zonenorgane in vieler Hinsicht jetzt offener arbeiten können als die Vertreter der KPD.

Der Sport als Mittel der Infiltration Der deutsche Sportausschuß z. B., das Zonenorgan für die sportliche Tätigkeit im gesamtdeutschen Rahmen, unterhält in der Bundesrepublik sogenannte Sportbüros, die sich mit der Organisierung des Spielaustausches und der politischen Beeinflussung der Sportler beschäftigen. Die Aufgabe dieser Sportbüros besteht in der Kontaktaufnahme zu Sportvereinen, Sportverbänden und sogenannten Dachvereinen in der Bundesrepublik. Neben diesen getarnten sportlichen Einrichtungen gibt es aber auch in der Bundesrepublik die Ausschüsse für „Frieden und Freiheit im deutschen Sport", in denen sich kommunistische Funktionäre mit sympathisierenden Sportlern zusammenfinden, um eine planmäßige politische Beeinflussung der Sportler durchzuführen. Die schwa-ehe materielle Situation einzelner Sportarten und -vereine in der Bundesrepublik kommt ihnen dabei sehr gelegen. Es ist leider eine Tatsache, daß in der Bundesrepublik besonders die leichtathletischen Sportarten und auch viele andere Sparten, wie z. B.der Radfahrsport, mit großen materiellen Schwierigkeiten zu kämpfen haben. Diese Situation wird ausgenützt. Durch die Komitees für „Frieden und Freiheit im deutschen Sport“ sowie die Sportbüros werden Freundschaftsspiele organisiert, die zum Teil in der SBZ ausgetragen werden. Sie tragen dazu bei, die westdeutschen Sportler mit den Unterstützungsmaßnahmen der Regierung der SBZ auf sportlichem Gebiete in unverfänglicher Weise vertraut zu machen. Dies geschieht zur Zeit ohne aufdringliche politische Beeinflussung, so daß die zum Teil politisch naiven Sportler die wahre Absicht kaum bemerken. Während in den ersten Jahren der gesamtdeutsche Spielaustausch mit großen politischen Demonstrationen verbunden war, hat die SED in der letzten Zeit solche Kundgebungen geschickt vermieden, um viel eindrucksvoller als bisher die breite staatliche Subventionierung des Sportes in der Zone zur Geltung zu bringen. Anläßlich solcher Freundschaftstreffen in der SBZ werden dann weitere Einladungen meist in der Bundesrepublik vereinbart. Diese Rückspiele haben eine zweiseitige Bedeutung. Einmal wird ein verstärkter Kontakt zwischen den westdeutschen und sowjetzonalen Sportlern erreicht, wobei besonders die Sportfunktionäre profitieren, zum anderen fühlen sich die westdeutschen Vereine häufig beschämt, weil sie den Sportlern aus der SBZ auf Grund ihrer materiellen Situation lange nicht jene Bewirtung bieten können, die sie in der Zone erlebt haben. So wird nicht nur der Eindruck von der materiellen Besserstellung der Zonensportler bei den Sportlern der Bundesrepublik verstärkt, sondern es entsteht gleichzeitig bei ihnen ein Gefühl der Unterlegenheit, das im Laufe der Zeit zur materiellen Abhängigkeit führen kann. Auch die Verhandlungen des sogenannten Nationalen Olympischen Komitees der „DDR“ und des Olympischen Komitees der Bundesrepublik werden zur Schaffung solcher Verbindungen ausgenützt.

Der Spiel-und Sportaustausch erstreckt sich aber nicht nur auf das Gebiet der SBZ. Bei den verschiedensten sportlichen Begegnungen in der Zone werden häufig auch Vereinbarungen über den internationalen Spielaustausch mit verschiedenen Ländern des Ostblocks besprochen und Vereine der Bundesrepublik zu Delegationsreisen in sogenannte volksdemokratische Länder eingeladen.

Kontakte durch Fachberatungen Genau wie auf dem Gebiete des Sportes versuchen auch alle anderen politischen Organisationen der Zone, Kontakte zu Persönlichkeiten und Organisationen in der Bundesrepublik zu schaffen. Eine große Rolle spielen dabei Fachkonferenzen und Erfahrungsaustausch, die von offiziellen Organen der Regierung der SBZ mit gleichartigen Stellen der Bundesrepublik durchgeführt werden. Alle Ministerien, Staatssekretariate, Bezirks-, Kreis-, Gemeindeparlamente, Verwaltungen, Fach-institute, Schulen und Hochschulen, einschließlich der staatlichen Kirchenstellen der SBZ beteiligen sich an der Schaffung von Verbindungen zur Bundesrepublik. Viele technische Beratungen, Fachkonferenzen, Zusammenkünfte zur Vorbereitung und Durchführung von Wirtschaftsabkommen, wirtschaftliche Messen, vor allem die Leipziger Messe, werden dabei benutzt. Die Stadtverwaltungen von Städten in der SBZ nehmen unter’dem Vorwand des Erfahrungsaustausches Verbindungen zu ökonomisch ähnlichen Städten in der Bundesrepublik auf, entsenden Delegationen und treten in Briefwechsel. Theaterensembles und Chöre, wie z. B. die Gruppen des Staatlichen Komitees für Volkskunst, unternehmen Gastspielreisen in die Bundesrepublik und laden dabei ähnliche künstlerische Gruppen aus der Bundesrepublik in die SBZ ein. In letzter Zeit ist man auch dazu übergegangen, durch öffentliche Veranstaltungen in der Bundesrepublik, auf denen führende staatliche Funktionäre der Zone auftreten, Kontakte zu Intellektuellen der Bundesrepublik zu schaffen. Das gleiche trifft auf die Filmschaffenden und die Filmindustrie im Allgemeinen zu. Durch die Verbindung der DEFA und dem staatlichen Komitee für Filmkunst zu Filmproduzenten und Verleihern in der Bundesrepublik, werden ständig enge Kontakte und Verbindungen geknüpft.

Der Hintergrund der „neutralen“ Zusammenkünfte Bei einer solchen Darstellung liegt der Einwand nahe, daß hier schematisch alle mehr oder weniger notwendigen Kontakte im gesamtdeutschen Maßstab als Versuche der Unterwanderung von Seiten der politischen und staatlichen Stellen der SBZ hingestellt werden, um damit von vornherein diese Kontakte zu unterbinden. Es erhebt sich weiter die Frage, ob diese Schilderung nicht überspitzt und wodurch denn bewiesen sei, daß auch wirklich diese häufig sehr neutral wirkenden und sich auf fachlicher Ebene vollziehenden Zusammenkünfte der Infiltration dienen. Der Nachweis soll an Hand zweier Beispiele geführt werden:

An den Wintersportmeisterschaften der SBZ in Oberhof und Schierke in den Jahren 1952— 1956 haben mehr als 20 000 westdeutsche Sportler als Gäste teilgenommen. Gegen die Teilnahme an einem rein sport-lichen Ereignis wäre nichts einzuwenden. Wer aber die politische Vorbereitung der Wintersportmeisterschaften kennt, die Betreuung und den Beeinflussungsplan in bezug auf die westdeutschen Sportler, für den verliert das harmlos scheinende Sportereignis sehr schnell seinen neutral erscheinenden Charakter, es wird zur eminent politischen Aktion. Vor der Durchführung der Wintersportmeisterschaften schult die SED, der FDGB, die FDJ und der Deutsche Sportausschuß in jedem Jahr auf dafür eingerichteten Spezialschulen eine Anzahl von sogenannten Betreuern, und zwar im Verhältnis 1: 10 (auf je 10 zu erwartende westdeutsche Gäste entfällt ein sowjetzonaler Betreuer). Auf diesen Schulen werden in vierzehntägigen Lehrgängen abkommandierte Funktionäre, Lehrer, Studenten usw. mit den speziellen Fragen der westdeutschen Sportler vertraut gemacht. Es werden u. a. Lektionen gelesen über „Die Rolle des deutschen Sportes in der DDR und der Bundesrepublik", „Die Errungenschaften der DDR", „Die Außenpolitik der Sowjetunion“, „Der Fünfjahresplan der UdSSR und der DDR“. Das Ziel dieser Lehrgänge besteht in der Qualifizierung der Betreuer für die Auseinandersetzung mit den westdeutschen Gästen. Gleichzeitig werden die „Betreuer" mit einem umfangreichen Katalog von Fragen versehen, die sie den westdeutschen Sportlern vorlegen sollen, um überzeugend die politischen und staatlichen Schwächen im System der Bundesrepublik nachzuweisen und den westdeutschen Sportlern die Überlegenheit des Systems der DDR zu demonstrieren. Es ergehen genaue Anweisungen, was den westdeutschen Sportlern zu zeigen ist, wie auf bestimmte bekannte Schwächen in der „DDR“ reagiert werden soll. Die Betreuer werden genau darüber unterrichtet, welche komplizierten Fragen von Seiten der Westdeutschen gestellt werden könnten und wie sie diese zu beantworten haben. Darüber hinaus lernen die Betreuer, wie von jedem einzelnen Betreuten eine genaue politische und charakterliche Beurteilung anzufertigen ist, die nach der Durchführung der sportlichen Zusammenkunft bei den entsprechenden Stellen ausgewertet werden. Sie sind verpflichtet, z. B. Adressen, Einkommensverhältnisse, Familienverhältnisse, politische und moralische Haltung und vieles andere zu eruieren und in ihren schriftlichen Berichten festzuhalten. Auch erhalten die Betreuer genaue Anweisungen, wie sie die Voraussetzungen zur Weiterführung der Kontakte schaffen sollen. Dazu gehören u. a. folgende Methoden: Fortsetzung des Briefverkehrs, erneute Einladungen, Vorbereitung von Spielabschlüssen, Einladung zu Delegationen und Vorschläge, einen längeren Erholungsaufenthalt in der „DDR“ zu nehmen. Dies sind die üblichen Formen zur Fortsetzung der bei solchen Gelegenheiten geschlossenen Verbindungen.

So geschult, ist jeder Betreuer ein Kontaktmann der SED-Führung, der seine Hauptaufgabe während dieser vierzehntägigen Besuche der westdeutschen Sportler darin sieht, sie kennenzulernen, geschaffene Kontakte zu festigen und auszubauen, und letztlich eine politische Abhängigkeit zu schaffen. Während der Meisterschaften werden vielseitige Zusammentreffen auf freundschaftlicher und geselliger Basis durchgeführt. Während jeder Wintersportmeisterschaft wurden bisher Empfänge für westdeutsche Sportler, „zwanglose“ Aussprachen in den verschiedensten Hotels mit Funktionären aus der SBZ durchgeführt, Pressekonferenzen, gesellige Zusammenkünfte mit Essen und Trinken, Tanz und Kulturvorführungen organisiert und „freimütige“ Fragestunden vor westdeutschen Sportlern abgehalten, auf denen Spitzen-funktionäre der SED angeblich loyal Rede und Antwort standen. Während dieser vielseitigen Zusammenkünfte werden ebenfalls Kontakte geschaffen, politische Agitation betrieben und häufig bindende Vereinbarungen in Form von Entschließungen über weitere Zusammenarbeit getroffen. Dazu kommt die vorbildliche materielle Betreuung der Sportler, die ebenfalls nicht ohne Eindruck bleibt, und die in keinem Verhältnis zum normalen Lebensstandard der Zonenbevölkerung steht. Die Sportler nehmen das Gegenteil eines realen Bildes von der Lage der Zone mit nach Hause. Die nach außenhin so harmlos scheinenden Wintersportmeisterschaften gewinnen auf diese Weise einen demagogischen und irreführenden politischen Charakter.

Dieses Beispiel trifft auch für alle anderen Großveranstaltungen der Zone zu. Besonders deutlich ist dies bei den großen Jugendtreffen, den sogenannten Deutschlandtreffen 1950 und 1954, bei den Weltfestspielen der Jugend und Studenten in Berlin 1951 und beim Deutschen Turnund Sportfest in Leipzig der Fall gewesen.

Die gleichen Methoden finden aber auch ihre Anwendung bei kleineren Zusammenkünften, wie z. B. bei Fachberatungen, Erfahrungskonferenzen der verschiedensten Spezialisten aus Ost und West. Für diese Form der politischen Methodik ein anderes Beispiel:

Vor nicht allzu langer Zeit trafen sich in Leipzig Mediziner der Zone um einen medizinischen Fachkongreß durchzuführen. Sie hatten zu diesem Zweck zahlreiche Kollegen aus der Bundesrepublik eingeladen. Die fachlichen Beratungen waren interessant und für alle Beteiligten lehrreich. Im Anschluß an die offizielle Tagung aber fanden zahlreiche Zusammenkünfte auf geselliger Basis statt. Dort wurden Erfahrungen ausgetauscht und Kontakte geschaffen. Nur wenigen westdeutschen Medizinern war bewußt, daß bei diesen Zusammenkünften eine Anzahl gut geschulter SED-Funktionäre anwesend war, die z. T. ebenfalls in ihrem Zivilberuf Mediziner waren. Diese SED-Funktionäre hatten die Aufgabe, die politische Haltung ihrer westdeutschen Kollegen zu ermitteln, feste Kontakte zu ihnen zu schaffen, Informationen über ihre nähere Umgebung zu sammeln und mit ihnen zu bindenden Vereinbarungen für spätere Zusammenkünfte zu kommen. Einige dieser Funktionäre waren nebenbei noch Verbindungsleute zum „Institut für wirtschaftswissenschaftliche Forschung“, einer Spionageorganisation der Zonenregierung, und von vielen dieser westdeutschen Mediziner existiert heute eine entsprechende Charakteristik in der Kartei dieses Institutes, ohne daß sie selbst etwas davon ahnen. Ähnlich vollziehen sich die Verbindungen auf anderen Konferenzen und Fachberatungen, insbesondere auf dem Gebiet der Wirtschaft, Technik und Kultur. Das Ergebnis besteht in den meisten Fällen in erneuten Zusammenkünften, politischen Diskussionen, Vereinbarungen zur Aufklärung „über das wirkliche Leben in der DDR“ in entsprechenden Fachkreisen der Bundesrepublik und in großzügigen Einladungen zu Delegationen.

Heißt das nun, solche Kontakte generell zu meiden? Dieser Gefahr auf jeden Fall aus dem Wege zu gehen? Es scheint aber wichtig, daß alle Bürger der Bundesrepublik, die an solchen Treffen teilnehmen, sich über die möglichen Folgen klar sind, durch wachsames Beobachten, angemessene Zurückhaltung und politisches Feingefühl die Kontakte in ihrem notwendigen Rahmen belassen, feste politisch. Verbindungen vermeiden und durch gründliches Studium der Ideologie des Kommunismus und der wirklichen Lage der Zone auf diesen Konferenzen offensiver und kritischer als bisher in Erscheinung treten. Deshalb müssen die zuständigen Organe der Bundesrepublik planmäßiger und besser als bisher die westlichen Teilnehmer über die Lage in der Zone informieren, damit sie ihren geschulten Gegnern gewachsen sind. Ähnlich wie bei den Wintersportmeisterschaften und der medizinischen Fachkonferenz sind auch die Methoden aller übrigen Organisationen zur Aufnahme von Verbindungen zu Organen der Bundesrepublik. Wenn sich auch die Formen nicht immer gleichen, so ist das Ziel doch dasselbe. Das Präsidium und die Organe der „Gesellschaft für deutsch-sowjetische Freundschaft“ z. B. versuchen, Kontakte durch Vorträge, Ausstellungen, Beratungen, Konferenzen und Kongressen zu schaffen, westdeutsche Persönlichkeiten zum Besuch der Sowjetunion einzuladen, Literatur und Zeitschriften über das Leben in der UdSSR zu vertreiben. Sie vermitteln Kulturensembles aus der Sowjetunion und den volksdemokratischen Ländern in die Bundesrepublik und umgekehrt.

Die sogenannte „Nationale Front des demokratischen Deutschland", schafft ebenfalls Verbindungen zu westdeutschen Bürgern durch Vorträge, Diskussionsforen, Organisation von Tagungen und Delegationen, Fachberatungen, Ausstellungen und Versendung von Propagandamaterial, sowie nicht zuletzt durch einen umfangreichen organisierten Brief-verkehr von Schulen und Betrieben der SBZ in die Bundesrepublik. Fast alle wichtigen Personen, die zu Privatreisen in die SBZ fahren, um Verwandte zu besuchen oder familiäre Angelegenheiten zu regeln, werden, wenn sie die Grenzkontrollstellen passieren, automatisch an die Orte weitergemeldet, die sie als Reiseziel angegeben haben. Dort besorgen sich die Funktionäre der „Nationalen Front“ die entsprechenden Anschriften und der westdeutsche Privatbesucher erhält wenige Tage nach seiner Ankunft z. B. in Leipzig, wo er doch eigentlich nur eine Tante besuchen wollte, ein nett aufgemachtes Kärtchen, mit dem er zu einer zwanglosen Zusammenkunft im Hause der „Nationalen Front“ eingeladen wird. Dort wird er mit Kaffee, Kuchen und anderen Dingen bewirtet. Er findet gleichermaßen andere westdeutsche Interzonen-reisende und Funktionäre der „Nationalen Front" versammelt. Es entsteht eine „zwanglose“ Unterhaltung über die Lebensbedingungen in der Zone und der Bundesrepublik, um, wie die anwesenden Funktionäre behaupten, „das gegenseitige Mißtrauen abzubauen, um zur Wiedervereinigung Deutschlands beizutragen“. Den unvoreingenommenen Interzonenreisenden imponiert die Aufmachung, der neutrale Ton und die Form dieser Zusammenkünfte. In Wirklichkeit aber haben die Vertreter der „Nationalen Front“ genaue Anweisungen, Kontakte zu schaffen, möglichst viele Namen und soweit als möglich die Lebensbedingungen der einzelnen Gäste festzustellen. Das Ziel dieser Zusammenkünfte besteht in der Schaffung von dauerhaften Kontakten zu westdeutschen Interzonenreisenden und in der politischen Beeinflussung der Bürger der Bundesrepublik.

Unaufdringlich liegen in diesen Räumen Broschüren und Literatur aus, die großzügig und kostenlos je nach Wunsch unter den westdeutschen Gästen verteilt werden. So werden selbst harmlose Interzonen-reisende benutzt, um Kontakte und Verbindungen zu schaffen. Natürlich erstredet sich diese Methode nicht auf alle Interzonenreisende. Sicher werden aber alle interessanten Berufe, z. B. Ingenieure, Techniker, Journalisten, Facharbeiter, Künstler, ausgesucht, weil diese zur Schaffung von Kontakten besonders wichtig sind.

Auch der „Kulturbund zur demokratischen Erneuerung Deutschlands" der „Deutsche Friedensrat", der „Bundesvorstand des DFD" u. a. benutzen ähnliche Methoden. Dabei konzentriert sich der Kulturbund bei den Zusammenkünften in erster Linie auf Schriftsteller, Musiker, Maler, Schauspieler und Angehörige der verschiedensten intellektuellen Berufe. Sein Material, seine Zeitschriften beschäftigen sich mit kulturellen Problemen und auch seine Ausstellungen und Vorträge bewegen sich in kultureller Sphäre. Ähnlich wie beim Sport, spielen in der Argumentation auch beim Kulturbund die materiellen Unterstützungsmaßnah-men für die Kulturschaffenden in der SBZ wie z. B. die Altersversorgung für die Künstler, eine beachtliche Rolle, weil diese Fragen in der Bundesrepublik bisher nur ungenügend geregelt sind.

Eine besondere Rolle spielen die Akademie der Wissenschaften, Universitäten und Fachinstitute. Auch sie organisieren Zusammenkünfte zwischen Professoren, Studenten und Fachwissenschaftlern auf ähnlicher Basis, sie entsenden Delegationen an westdeutsche Universitäten, laden Studenten aus der Bundesrepublik in die Zone ein und benutzen diese häufig auf wissenschaftlicher Basis zustande gekommenen Verbindungen zur planmäßigen politischen Beeinflussung der jungen westdeut-shen Akademiker. Das Kriterium der westdeutschen Teilnehmer besteht häufig darin, daß sie unvorbereitet und gutgläubig an diesen Zusammenkünften teilnehmen, während die Gesprächspartner aus der SBZ vorbereitet geschult und straff gelenkt die Diskussionen führen.

Politische Reisende Viele Verbindungen werden aber auch durch Einzelpersonen aus der SBZ geknüpft. Fast jede Organisation verfügt über eine Anzahl so-genannter „Politischer Reisender". Hierbei handelt es sich z. T. um politische Funktionäre, die in der Öffentlichkeit nicht besonders hervorgetreten sind. Der Zentralrat der FDJ stützt sich z. B. auf einige Mitglieder des Zentralrates und der Volkskammerfraktion der FDJ, die zum Teil außerdem noch Mitglieder der sogenannten bürgerlichen Parteien unter anderem der Ost-CDU, LDP und NDP sind. In Wahrheit handelt es sich um gutgeschulte Kommunisten, die im Auftrage der FDJ und SED in den anderen Parteien wirken. Diese Funktionäre werden mit konkreten Aufträgen in die Bundesrepublik geschickt. Sie suchen Personen auf, die ihnen entweder persönlich bekannt sind oder zu denen sie aufgrund ihrer Parteimitgliedschaft leicht Kontakt finden können. So erhalten z. B. Mitglieder des Zentralrates, die gleichzeitig Funktionen in einer bürgerlichen Partei der SBZ bekleiden, den Auftrag, als oppositionell oder schwankend bekannte Mitglieder bürgerlicher Parteien der Bundesrepublik, Bundestags-und Landtagsabgeordnete solcher Parteien sowie leitende Funktionäre kirchlicher Organisationen aufzusuchen und politisch zu bearbeiten. Sie kommen aber zu diesen Persönlichkeiten nicht etwa als Vertreter der FDJ oder CDU, sondern sie geben vor, rein zufällig als Privatreisende in die Bundesrepublik gekommen zu sein, wobei sie die Gelegenheit benutzen, die entsprechenden Persönlichkeiten aufzusuchen. Teilweise merken die westdeutschen Gesprächspartner nicht einmal, daß die Diskussionen nach einer vorher festgelegten Disposition erfolgen. Noch vor wenigen Monaten besuchten zwei Funktionäre eine Anzahl von Bundestagsabgeordneten, die von der SED-Führung der Zone offensichtlich als oppositionell angesehen werden. Ihre Aufgabe bestand darin, möglichst viele dieser vermeintlich oppositionellen Abgeordneten von der Notwendigkeit der Aufnahme von Kontakten mit der Zonenregierung zu überzeugen, Informationen über den Stand der Spannungen innerhalb der Parteien zu sammeln und die politischen Hintergründe dieser Spannungen zu erforschen. Bei allen Einsätzen haben die Funktionäre regelmäßig den Auftrag, die bereits bestehenden Verbindungen zu vertiefen und möglichst zu Vereinbarungen über gemeinsames Handeln zu kommen. Diese Reisenden in politischen Kontakten gehen nach einem genau festgelegten Aktionsplan vor. Er sieht u. a. vor, die Lebensbedingungen, die politische Haltung, die Argumentation zu vielen aktuellen politischen Fragen, charakterliche und menschliche Schwächen bei den entsprechenden westdeutschen Persönlichkeiten festzustellen. Daneben haben sie die Aufgabe, soweit als möglich Vorschläge zur Aufnahme von Kontakten und zur Zusammenarbeit mit den Zonen-stellen zu unterbreiten, wobei ihnen ausdrücklich eingeschärft wird, nicht weiterzugehen, als es aufgrund der politischen Haltung der Befragten erforderlich scheint. Sie sind strikt angewiesen, auf keinen Fall bestehende politische Kontakte einschlafen zu lassen oder gar abzubrechen, nur weil die westdeutschen Gesprächspartner vielleicht nicht immer ihrer Meinung sind. Im Gegenteil, sie müssen sich in jedem Fall die Möglichkeit eines erneuten Gesprches als das Mindestergebnis solcher Begegnungen sichern.

Zur Schaffung solcher Verbindungen werden immer stärker die pseudo-demokratischen Parteien der Zone eingesetzt. So werden die Vertreter der NDPD z. B. häufig zu ehemaligen Offizieren, oder ehemaligen Funktionären der NSDAP in der Bundesrepublik geschickt; die Vertreter der CDU konzentrieren sich auf die christlichen Organisationen und Kirchenstellen. Die LDP beschäftigt sich mit den Parlaments-abgeordneten und leitenden Funktionären der FDP. Alle Kontakte sind geplant und systematisch vorbereitet. Wenn die Zonenreisenden zu ihren Dienststellen zurückkehren, so fertigen sie umfangreiche Berichte über das Ergebnis ihrer Reisen an. Diese Berichte enthalten die Lebens-und Arbeitsbedingungen, die familiären Umstände und alle privaten Angelegenheiten, die zu erforschen waren. Als zweites wird ausführlich der Inhalt der politischen Diskussionen wiedergegeben; drittens werden alle Vorschläge und Vereinbarungen festgehalten, die zur Vertiefung der Kontakte bei den Gesprächen festgelegt wurden. Kopien dieser Berichte erhalten 1. jene Stellen, von denen die Funktionäre eingesetzt wurden, 2. das ZK der SED, Abteilung für gesamtdeutsche Fragen, 3. sowjetische Dienststellen in Karlshorst, 4. Nachrichtendienste der Zone und der UdSSR, ohne daß die einzelnen Kontaktfunktionäre dies oft wissen. Wenn die Nachrichtendienste aufgrund der Berichte Interesse an einzelnen Funktionären haben, weil dessen Haltung einen nachrichtendienstlichen Erfolg verspricht, so werden diese Funktionäre aus der bisherigen politischen Verbindung herausgeklammert und besonderen Funktionären, die im Nachrichtendienst tätig sind, übergeben. So ist ein gut abgestimmtes Zusammenspiel zwischen der politischen Zersetzungsarbeit, die durch die Organisationen und Parteien der SBZ durchgeführt wird und der nachrichtendienstlichen Tätigkeit der Spionageorganisationen gewährleistet, ohne daß die politischen Organisationen und die Nachrichtendienste eine organisatorische Einheit bilden.

Die Kontakte der kommunistischen Stützpunkte in der Bundesrepublik Außer den politischen, staatlichen und gesellschaftlichen Organisationen der Zone, schaffen die politischen Stützpunkte der SED/KPD in der Bundesrepublik ebenfalls Kontakte. Das Zentralbüro der FDJ, die Außenstelle der FDJ in der Bundesrepublik, der Vorstand des DFD in Westdeutschland und die übrigen Tarnorganisationen in Westdeutschland beschäftigen sich ebenfalls damit, durch ihre Landes-, Kreis-, Betriebs-und Ortsorganisationen, durch getarnte Ausschüsse und Komitee; einen möglichst umfangreichen Kontakt zu Einzelpersonen und politischen Gruppen zu unterhalten. Die FDJ hat zu diesem Zweck, wie ber-'• erwähnt, den „Deutschen Jugendring“ geschaffen. Der DFD stützt sich auf Frauenausschüsse, der FDGB besitzt in der Bundesrepublik Stützpunkte und Zellen im DGB. Neben diesen, heute z. T. entlarvten und verbotenen Tarnorganisationen, gibt es eine Vielzahl, meist örtlicher Komitees, die von den Tarnorganisationen geschaffen wurden. So beschäftigten sich FDJ und KPD seit Jahren damit, Komitees gegen die Remilitarisierung in der Bundesrepublik zu bilden, wobei sie selbst mit Pazifisten und Kriegsdienstverweigerern zusammenarbeiteten, obwohl sie den Pazifismus im Prinzip verachten. Daneben gab oder gibt es Komitees gegen Landbeschlagnahme, gegen Schundliteratur, Komitees zum Schutze des Kindes. Häufig sind es örtliche Probleme, die von der KPD, FDJ und den übrigen Organisationen geschickt aufgegriffen wurden und nach dem Beispiel der französischen Kommunisten zur Bildung solcher Ausschüsse führten. Diese Komitees entwickeln meist örtliche Aktionsprogramme in denen die Forderungen der jeweiligen Bevölkerungsschicht formuliert sind, ohne daß die kommunistische Zielsetzung dabei in Erscheinung trat. Die Kommunisten beschränken sich darauf, aus dem Untergrund die Komitees zu leiten und die Unzufriedenheit gegenüber den örtlichen Verhältnissen zu schüren. Die materiellen Mittel fließen diesen Ausschüssen auf Umwegen zu und werden dort als Spenden und Sammelergebnisse deklariert. Das Ziel dieser Komitees ist es, den Rahmen der Partei und der bereits kompromittierten Massenorganisationen zu sprengen, um die Massenbasis der kommu-

nistischen Bewegung zu verbreitern. Die Zielsetzung dieser Komitees richtet sich nach ihrem Charakter.

In den Komitees gegen Remilitarisierung wird der Hauptstoß gegen die westdeutsche Wiederaufrüstung, die Rekrutiereng. die Wehrgesetze und die Wehrpflicht geführt. In den Komitees gegen Landbeschlagrahme geht es allein darum, das Land, das für den Bau von Flugplätzen oder anderen militärischen Anlagen enteignet wurde, durch Protestaktionen zurückzuerobern. Die Betroffenen eines solchen Ortes, pflegen sich mit Interesse für diese Aufgaben einzusetzen, ohne zu begreifen, daß das eigentliche Ziel nicht so sehr die Zurückgewinnung des Landes, sondern die Verschärfung der Gegensätze sein soll. Durch ihre negativen Erfahrungen klug geworden, bemühen sich die getarnten Kommunisten, in diesen Komitees Parteipropaganda zu vermeiden. Aus einer von Walter Ulbricht erlassenen Anweisung geht hervor, daß diese Ausschüsse in erster Linie örtlich gebundene, differenzierte Forderungsprogramme aufstellen sollen, die sich allein nach den Interessen und nach der Kritik der entsprechenden Bevölkerungsgruppe richten.

Die Unterwanderung einer ganzen Jugendorganisation Die Methoden einer solchen indirekten Führung, einer Tarnorganisation sollen hier am Beispiel einer bürgerlichen Jugendorganisation erläutert werden, die in wenigen Monaten von einem unabhängigen Jugendverband zu einer politischen und materiell von der FDJ abhängigen Organisation geworden ist.

Im Jahre 1950 gab es in der Bundesrepublik mehrere Gruppen des DJ 1/11 (Deutsche Jungenschaft 1911) einer hündischen Jugendorganisation, die durchaus demokratisch ihre hündische Tradition pflegte. Von dieser Organisation bestanden eine Reihe von Kontakten zu Kommunisten und FDJlern. Natürlich verstanden diese sehr schnell, sich mit einigen führenden Funktionären der Gruppe des DJ 1/11 anzufreunden. Diese Funktionäre nahmen verschiedentlich an Aussprachen im Zentralrat der FDJ teil, man versprach ihnen dort eine große materielle Unterstützung. Dadurch wurde der Kontakt zur FDJ immer stärker. Im Sekretariat des Zentralrates der FDJ beschäftigte man sich mit der Frage, wie diese Organisation für die Interessen der FDJ eingesetzt werden könnte. Die FDJ war gerade offiziell in Westdeutschland verboten worden. Schon 1949 hatte sie der Bundesjugendring ausgeschlossen. Dadurch besaß die FDJ keinen Kontakt mehr zu den Führungen der demokratischen Jugendorganisationen und erhielt auch keine Informationen mehr aus dem Führungsgremium der westdeutschen Jugendverbände. Deshalb beschloß das Sekretariat des Zentralrates, den DJ 1/11 mit großzügigen Mitteln materiell zu unterstützen, eine Anzahl FDJler ais Pfadfinder getarnt in die Gruppen der Jungenschaft zu entsenden, bis sie die Mitgliederzahl aufwies (5 000), die zur Aufnahme eines Jugendverbandes in den Bundesjugendring erforderlich ist. Dieser Beschluß wurde planmäßig verwirklicht. Die Funktionäre dieser Organisation erhielten größere Geldbeträge für Fahrten und Propagandamaterial, ihnen wurden Musikinstrumente und Wanderausrüstungen übergeben, die sie sich bis dahin niemals leisten konnten. Delegationen dieser Organisation wurden in die Zone eingeladen, ein immer festerer Kontakt entstand.

Allein eine Reihe von Fehlern der FDJ-Führung, hervorgerufen durch Ungeduld und Ehrgeiz des 1. Sekretärs Erich Honecker, war die Ursache für das Scheitern des Planes, so daß es den Organen der Bundesrepublik ge’ ig, diese Organisation zu entlarven und ihren Eintritt in den Bundesjugendring, der bereits beantragt war, zu verhindern. Viele Mitglieder dieser Organisation, hatten bis zum Schluß die Absichten der FDJ nicht erkannt und nur einer kleinen Gruppe von Funktionären, die aus mehr oder weniger karrieristischen Gründen handelten, war von vor-herein klar, daß sie nichts als Marionetten der getarnten FDJ-Politik waren. So wurde eine unabhängige Organisation in einem halben Jahr zu einem Tamverband der FDJ. Die FDJ-Führung hat ihre Verbindungsleute in der Organisation bis heute nicht fallen lassen. Nach dem Scheitern des Planes wurden sie in der Abteilung „Andere Organisationen“ des Zentralbüros der FDJ eingesetzt. Ihre Aufgabe bestand nur darin, als Pfadfinder und geheime FDJ-und KPD-Mitglieder ihrerseits nun Kontakte zu Mitgliedern demokratischer Jugendverbände zu schaffen. An diesem Beispiel des DJ 1/11 wird deutlich gezeigt, daß die SED-Politik alle Mittel benutzt, um polirischen Einfluß zu gewinnen.

Die Infiltrationsbestrebungen der SED/KPD erstrecken sich auch auf die Institutionen der Kirche. Bei der SED-Führung in Berlin gibt es in der Abteilung Staatliche Verwaltung einen besonderen Sektor für Kirchenfragen, den lange Zeit der SED-Funktionär Willi Barth leitete. Die einzelnen Organisationen, die FDJ und vor allem die Ost-CDU unterhalten umfangreiche Kontakte zu kirchlichen Stellen der Bundesrepublik. Man denke an das Beispiel der ehrlich um das Schicksal Deutschlands ringenden Studentenkreise der evangelischen Kirche in Darmstadt, die unter Pfarrer Mochalski im Jahre 1952 von der FDJ-Führung mißbraucht wurden. Unter dem Deckmantel der Darmstädter Arbeitskreise wurde damals das bekannte Darmstädter Treffen organisiert und die sogenannte Essener Friedenskarawane durchgeführt, die mit dem Tod des jungen Kommunisten Philipp Müller endete.

Es begann ganz harmlos: Anfang 1952 trafen sich in Berlin Vertreter dieser evangelischen Studentengruppen mit Sekretären des Zentralrates der FDJ, weil sie den vertretbaren Standpunkt einnahmen, man müsse, wenn es um die Frage der Wiedervereinigung Deutschlands geht, mit jedem sprechen und Fühlung aufnehmen. Nach außen hin vollzog sich alles auf einer völlig gleichberechtigten Basis. Selbst der Tagungsort — darauf legten die westlichen Vertreter viel Wert — wechselte zwischen Ost-Berlin und West-Berlin. Die FDJ-Führung war mit all diesen Äußerlichkeiten einverstanden. Sie wußte, daß sie bei einer gemeinsamen Aktion mit ihren großen Mitteln und ihrer straffen Organisation leicht den entscheidenden Einfluß erhalten und die Führung übernehmen würde.

Man vereinbarte ein überparteiliches Jugendtreffen in Darmstadt für den März 1952 und beabsichtigte die verschiedenen Jugendgruppen unabhängig von Weltanschauung und Konfession zu diesem Treffen einzuladen. Neben den zahlreichen Mitgliedern und Jugendgruppen der katholischen und evangelischen Organisationen, z. B.des Kolping-

bundes, der Pfadfinderorganisationen usw., nahm eine unerwartet große Anzahl FDJ-Mitglieder aus dem ganzen Bundesgebiet teil, die zu diesem Zweck von der FDJ-Führung mobilisiert worden waren. Auch sie traten in der Mehrheit nicht als FDJler auf, sondern gaben lediglich ihre Namen und Berufe bekannt, um den Eindruck zu erwecken, sie seien als Angestellte und Arbeiter, nicht aber als FDJler erschienen. Da man sich über bestimmte Kernfragen, wie z. B. die Ablehnung der westdeutschen Wiederaufrüstung von Anfang an einig war, wurde das Verbindende in den Vordergrund gestellt und nicht über die kritischen Fragen des Ostens gesprochen. Die wenigsten merkten dabei, daß es sich hier zufällig um Probleme handelte, die auch von der KPD-Führung propagiert wurden. Erst als einige Tagungsteilnehmer in die Entschließung die Ablehnung der Remilitarisierung, sowohl im Westen als auch im Osten forderten, wurden die linientreuen FDJler aktiv und versuchten, die Aufnahme dieser Formulierung zu verhindern. Dies hätte den Hellhörigen Klarheit über die wirklichen Absichten des Kongresses geben müssen. Die FDJ-Führung gab in letzter Minute nach mit der Begründung, im Osten werde nicht remilitarisiert, es würden nur notwendige Verteidigungsmaßnahmen gegenüber dem Westen getroffen. Die FDJ-Führung konnte großzügig sein, da sie bei dieser Konferenz ganz andere Ziele verfolgte. Die in Darmstadt begonnene Bewegung sollte ausgebaut und zum Ausgangspunkt einer breiten, sog. überparteilichen Jugendbewegung gegen die Remilitarisierung gemacht werden. Nur wenigen Teilnehmern war bekannt, daß sich die eigentliche Konferenzleitung aus höchsten Zentralratsfunktionären der FDJ zusammensetzte, die von einem illegalen Quartier aus den Verlauf der Konferenz lenkte.

Ununterbrochen kamen Kuriere zur zentralen Leitung und berichteten über den Stand der Beratungen. Sie erhielten genaue Aufträge für den weiteren Verlauf der Tagung, übermittelten Abänderungsvorschläge zu den Entschließungen, Vorschläge für Diskussionsreden usw., die sie den einzelnen FDJ-Funktionären auf der Tagung übergaben. Zu diesen Vorschlägen gehörte u. a. auch die Anweisung, im Mai in Essen ein großes Friedenstreffen durchzuführen, an dem in Form einer „Friedenskarawane Zehntausende Jugendliche aus verschiedenen Jugendorganisationen teilnehmen sollten. Die FDJ-Führung wählte geschickt den Namen „Friedenskarawane", um einen neuen Begriff in die Diskussion zu werfen und bewußt von den abgestempelten Ausdrücken wie Demon-station, Kundgebung, Treffen abzulenken. Die „Friedenskarawane wurde für den 5. Mai vorgeschlagen und von der überwiegenden Mehrheit der Anwesenden beschlossen. Die in Darmstadt anwesenden

Gruppen fuhren mit der Anweisung in ihre Heimatorte zurück, in ihren Kreisen das Treffen vorzubereiten und alle örtlichen Gruppen für die Teilnahme daran zu gewinnen. Damit war ein nächster Schritt für die Schaffung einer breiten Bewegung gegen die Wiederaufrüstung getan. Die FDJ-Führung war sich von vornherein darüber klar, daß die kleinen, ohne Mittel dastehenden isolierten Jugendgruppen nur wenige neue Anhänger für die Essener Karawane zusammenbringen konnten. Den Hauptanteil stellte die zentral straff organisierte FDJ des ganzen Bundesgebietes. So kam es, daß in Essen unter dem Deckmantel des Initia-tiv-Komitees der Darmstädter Konferenz mehr als 10 000 Jugendliche zusammenkamen, trotz staatlicher Verbotsmaßnahmen demonstrierten, und durch ihre aggressive Haltung den Tod Philipp Müllers verschuldeten.

Mit der Legitimation der Darmstädter Konferenz mobilisierte die FDJ ihre Organisation und andere Jugendgruppen, die von ihr abhängig waren, indem sie diese mit finanziellen Mitteln, z. B. als Fahrgelder getarnt, ausrüstete. Erst nach der Essener Jugenddemonstration erkannten viele ehrliche Mitglieder der anderen Jugendverbände, auch der Darmstädter Gruppen, die wirklichen Absichten der FDJ und distanzierten sich von ihr. In der entscheidenden Phase hatten die FDJler in der Organisationsleitung der „Friedenskarawane“ die Gewalt an sich gerissen und trotz Protestes der Darmstädter Studenten die verbotene Demonstration durchgeführt. Die Essener Demonstration aber und der Tod Philipp Müllers wurde in der Zone für eine gewaltige Propaganda ausgenützt. Kurz nach den Ereignissenen in Essen gab Wilhelm Pieck ein Interview, in dem er den jungen bayerischen Kommunisten als den „ersten Toten des Generalkriegsvertrages“ bezeichnete. Die gesamte Volkspolizeiwerbung im Jahr 1952, begonnen mit dem IV. Parlament der FDJ, Pfingsten 1952, und verstärkt fortgesetzt nach der 2. Parteikonferenz der SED im Juli desselben Jahres, wurde im Zeichen der Essener „Friedenskarawane“ und des Todes von Philipp Müller durchgeführt. Etwa 80 000 junge Einwohner der Zone wurden in diesem Zeitraum für die Volkspolizei angeworben. Der „Essener Blutsonntag", wie die Friedenskarawane in der SED-Terminologie genannt wurde, hat in der Agitation zur Werbung dieser jungen Menschen eine bedeutende Rolle gespielt.

Die Infiltration ehemaliger Offizierskreise Der Einfluß der kommunistischen Politik erstreckt sich aber nicht nur auf die Jugend, die Gewerkschaften, die politischen Parteien und gesellschaftlichen Organisationen. In verstärktem Maße bemüht sich die kommunistische Führung in Verbindung mit ihren Außenstellen in der Bundesrepublik, in Kreise ehemaliger Offiziere einzudringen, um jene Kräfte zu gewinnen, aus denen sich zwangsläufig das neue Offizierskorps der Bundeswehr zusammensetzen wird. Vor mehr als zwei Jahren äußerte auch Ulbricht in einer internen Aussprache im ZK der SED, an der Vertreter des Zentralrates der FDJ und Mitarbeiter der Abteilung für Gesamtdeutsche Fragen beim ZK der SED teilnahmen, man müsse sich mehr Gedanken darüber machen, wie in den künftigen westdeutschen Streitkräften die Arbeit organisiert werden könne. Er sagte damals wörtlich: „Ihr müßt damit redtnett, Genossen, daß die Kampagne gegen die Remilitarisierung sidt eines Tages totlaufen wird. Unsere Erfahrungen besagen, daß auch die beste Aktion eines Tages auf Gleichgültigkeit stößt, wenn sie auf lange Zeit ohne Erfolg geführt wird. Unsere Aktionen werden nur so lange von Bedeutung sein, bis die westdeutsdte Armee zur Tatsache geworden ist. In dem Moment, wo die ersten Gestellungsbefehle ausgeschrieben werden und die Verbände aufgestellt sind, kommt es nicht mehr so sehr darauf an, gegen die Remilitarisierung zu reden, sondern es ist dann viel wichtiger, gut ausgebildete Kader in die westdeutschen Streitkräfte zu senden, um von innen heraus in ihnen zu arbeiten."

Er wies darauf hin, daß dazu umfangreiche Vorbereitungen erforderlich seien, die schon jetzt (1953) begonnen werden müßten. Bereits einige Jahre zuvor, im Herbst 1950, hatte die SED versucht, über einige Gruppen von Hitler-Jugend-Führern und ehemaligen Offizieren der Nazi-Wehrmacht, in Hamburg, Hannover und Nordrhein-Westfalen Einfluß in ehemalige Offizierskreise zu gewinnen, die damals mit ihrer Situation sehr unzufrieden waren. So gelang die Bildung verschiedener Offizierskreise, deren sichtbarster Ausdruck die im Sommer 1951 in Ülzen durchgeführte Offizierstagung war. Auf dieser Tagung wurde eine, den Kommunisten sehr gelegene Entschließung gegen den sog. Generalvertrag gefaßt. Die in Ülzen geschaffenen Verbindungen wurden ausgebaut, Gruppen in Bayern geschaffen, um immer größere Kreise ehemaliger Offiziere zu beeinflussen. Die SED-Politik verfolgte die Absicht, einen Teil der ehemaligen Offiziere gegen Aufstellung westdeutscher Truppen-Kontingente zu gewinnen und einen anderen als stille Reserve in die aufzustellenden Verbände der Bundesrepublik zu schleusen.

Die Spionageorganisationen der SED An solchen Verbindungen waren nicht nur die politischen Organisationen interessiert, sondern vor allem die Nachrichtendienste der Sowjetunion und das „Institut für wirtschaftswissenschaftliche Forschung" der Zone. Wenn auch durch die letzten Ereignisse die damalige Entwicklung z. T. überholt ist, und viele der in Ülzen anwesenden Offiziere inzwischen die wahren Absichten der Kommunisten erkannt haben, so ist das Beispiel von Ülzen auch heute noch aktuell, da die Bemühungen der SED/KPD, durch ehemalige Offiziere, die auf Antifa-Schulen in der SU umgeschult wurden, Kontakt zu Offizierskreisen in der Bundesrepublik zu bekommen, auch heute weitergehen.

Da das Schwergewicht der gegenwärtigen Politik der verbotenen KPD auf der getarnten Arbeit innerhalb der großen politischen Organisationen der Bundesrepublik liegt, erhebt sich die berechtigte Frage, ob es sich hierbei nur noch um eine politische Wühlarbeit handelt, oder ob nicht diese Tätigkeit sehr nahe an Spionage heranreicht. Der Bundesvorstand des FDGB, genauer gesagt, die Abteilung für Gewerkschaftseinheit beim Bundesvorstand des FDGB, und das „Institut für wirtschaftswissenschaftliche Forschung“ haben seit dem Jahre 1952 regelmäßig qualifizierte Facharbeiter, vor allem der Metallindustrie, politisch ausgebildet, sie dann als „Flüchtlinge“ in die Bundesrepublik geschickt. Sie erhielten Arbeit in Großbetrieben, gewannen Ansehen und Vertrauen und arbeiteten später als Infiltranten oder Agenten. Der Unterschied zu den Spionagediensten besteht allein darin, daß die vom Bundesvorstand des FDGB ausgebildeten Spezialistenkader politische Aufträge erhalten, wenn sie sich erst einmal im Westen eine neue Heimat geschaffen haben, während die Residenten der Spionagedienste nicht für politische Arbeit herangezogen, sondern als Informatoren wirksam werden. Im Grunde aber handelt es sich um zwei Seiten der gleichen Medaille, wobei rein organisatorisch die nachrichtendienstlichen Organe aus Sicherheitsgründen von den politischen getrennt sind. Die Informationen der politischen Organisationen aber stehen den Nachrichtendiensten vollinhaltlich zur Verfügung, so daß von einer indirekten Spionagearbeit auch der politischen Funktionäre gesprochen werden kann, wenn diese huch teilweise ohne deren Kenntnis verläuft.

Die Industriespionage Der Spionageapparat der SBZ legt besonderes Gewicht auf die industrielle Spionage in der Bundesrepublik, um so zum Ziel des zweiten Fünfjahresplanes der Zone beizutragen, auf wirtschaftlichem Gebiet die „westlichen Länder einzuholen und zu überholen“. In letzter Zeit wurden häufig Mitglieder der ehemaligen KPD-Betriebsgruppen der Großbetriebe zur Beschaffung von Industrienachrichten für den Nachrichtendienst der Zone eingesetzt. Besonders zuverlässigen Mitgliedern werden Fragebogen ausgehändigt, auf denen sie Rohstoffbedarf, Zulieferungsfirmen, neue Rationierungsmethoden und neue Produktionsformen laufend eintragen und ergänzen sollen. Im letzten Jahr begann das ZK der SED auf einer Sonderschule in der Mark Brandenburg, politisch zuverlässige Funktionäre in Schnellkursen von mehreren Monaten als Schweißer auszubilden, um sie dann als gelernte Schweißer unter der Tarnung „politische Flüchtlinge" in die Schlüsselbetriebe des Westens zu entsenden.

Vor kurzem wurde das Beispiel aus einer großen Maschinenfabrik des Ruhrgebietes bekannt, in der ein junger Zonenflüchtling Anstellung fand und, nachdem er sich das Vertrauen erarbeitet hatte, in kurzer Zeit mit Spezialplänen eines neuen Motors verschwand, der nach westlichen Informationen heute bereits in einer großen Motorenfabrik der Zone auf Band produziert wird.

Die Finanzierung der Westarbeit Alle Organisationen der SBZ haben für ihre Westarbeit einen Finanz-fonds mit Westmitteln, der als interner Anhang ihrem offiziellen Etat angegliedert ist. Das Geld aus dem Ertrag des Ost-West-Handels und den Einkünften der Berliner Verkehrsgesellschaften und der Berliner S-Bahn wird in einem Sonderfonds des Ministeriums für Finanzen der DDR von Staatssekretär Rumpf verwaltet. Verfügungsberechtigt aber ist der Leiter der Abteilung für Gesamtdeutsche Fragen im ZK der SED, Paul Verner, der die Aufteilung der Etatmittel gemeinsam mit Ulbricht festlegt. Er fordert dann nach seinen Festlegungen mit den einzelnen Organisationen die Summen über den Abteilungsleiter für Finanzen des Zentralkomitees, Karl Raab, an. Dieser zahlt die festgelegten Gelder an die einzelnen Organisationen aus. Die FDJ z. B. hat einen dreigegliederten West-Etat Der erste Teil des Etats umfaßt jene Westmittel, die zum Einsatz aller Instrukteure zur Verfügung stehen, die von der Zone in die Bundesrepublik hineinarbeiten. Der zweite Teil des Etats bezeichnet die West-Mittel, die dem Zentralbüro der FDJ laufend monatlich für politische, personelle und wirtschaftliche Ausgaben der Westarbeit zur Verfügung stehen. Der dritte Teil des Etats steht für illegale Aufgaben zur Verfügung, die sich aus den politischen Aktionen ergeben. (Einsatz von getarnten Autos, Druck illegalen Materials, Finanzierung illegaler Arbeitsräume, Quartiere usw.). Der Gesamtetat der FDJ in Westdeutschland hat in einem Monat ohne Berücksichtigung der Westgelder, die für Einsätze aus der Zone zur Verfügung stehen, etwa 150 000 bis 200 000 Westmark betragen. Dazu kommen noch große Beträge für Sondereinsätze, z. B. bei Großaktionen wie das Deutschlandtreffen 1954, für das allein mehrere Millionen Westmark für die Fahrgelder der westdeutschen Teilnehmer gezahlt wurden. Die Summen der übrigen Organisationen (FDGB, DFD, Kulturbund usw.) sind wesentlich höher. Die KPD selbst hat einen Etat von mehreren Millionen Westmark monatlich erhalten. Es ist schwierig, die Gesamtsumme zu errechnen, die monatlich von der SED für die kommunistische Infiltration der Bundesrepublik ausgeworfen wird, da die Beträge entsprechend den Aufgaben ständig wechseln. Dazu kommen die bedeutenden Westgeldbeträge, die vom Staatsapparat der SBZ für Spionage-, Diversionsund Informationstätigkeit benötigt werden.

Die KPD/SED — Asyl der Stalinisten Nach dem 20. Parteitag der KPdSU, der zweifellos für die kommunistische Bewegung in der ganzen Welt eine neue Entwicklung eingeleitet hat, erhebt sich die Frage, ob die bisher geschilderten Methoden und die Politik der SED/KPD aufrecht erhalten oder ob auch hier neue, unabhängige Formen gesucht werden. Nicht umsonst werden in den letzten Monaten SED und KPD als das Asyl für die Stalinisten bezeichnet. Dies wird besonders deutlich in der Rede Max Reimanns, des Ersten Sekretärs der KPD und internen Mitglieds des Politbüros der SED, auf der 23. Tagung des Parteivorstandes der KPD, in der die Auswertung des 20. Parteitages der KPdSU für die Arbeit der KPD für die Bundesrepublik enthalten ist. Im Mittelpunkt seiner Ausführungen standen neben den bekannten Losungen über die Erhaltung des Friedens, dem Kampf gegen die „NATO-Kriegspolitik“ und internen Parteifragen, vor allem die auf dem 20. Parteitag verkündete Schaffung der „Aktionseinheit" zwischen Sozialdemokraten und Kommunisten.

In seiner Rede kam deutlich zum Ausdruck, daß die KPD zwar formal die Beschlüsse des 20. Parteitages würdigen will, in der Praxis aber vom ZK der SED keinesfalls zu einer grundsätzlichen Änderung ihrer Politik autorisiert wurde. Das trifft z. B. auf den Abschnitt seiner Ausführungen in bezug auf die sog. Friedensbewegung zu, deren Selbständigkeit Reimann besonders hervorhob. Er sagte wörtlich: „Kein Kommunist hat künftig das Recht, in die Friedensbewegung Losungen hineinzutragen, die nicht dem speziellen Charakter der Friedensbewegung entsprechen. Niemand darf die überparteilichen Ausschüsse und Führungsorgane . . . kommandieren.“

Damit hat Reimann nicht nur die bisherige Abhäng'gkeit dieser Organisationen von der kommunistischen Partei indirekt bestätigt, sondern auch zum Ausdruck gebracht, daß er diesen Zustand erhalten will, wenn auch in geschickterer und besser getarnter Form. Anschließend fährt er fort: „die Hauptkraft der Friedensbewegung kann aber nur die Arbeiterklasse, gestützt auf ihre großen Organisationen, sein.“

Die gleiche Stellungnahme bezog Reimann zu den Fragen der sog. Aktionseinheit zwischen Kommunisten und Sozialdemokraten. Die Schaffung der Aktionseinheit bezeichnete er als „den Schlüssel zur Lösung aller Aufgaben" und beschwört die KPD-Mitglieder, „den Kampf gegen das Sektierertum in unserer Partei mit aller Entschiedenheit zu führen“. Reimann machte einige Scheinzugeständnisse an die Sozialdemokraten, indem er von freimütiger Diskussion und Zusammenarbeit spricht. Das Ziel dieser Politik aber spricht er an anderer Stelle offen aus, indem er den Sturz des Kapitalismus verkündete und „die Machtergreifung der Arbeiterklasse unter Führung ihrer revolutionären Vorhut“ (gemeint ist die KPD) als die Hauptaufgabe hinstellte. Alle andersdenkenden Sozialisten bezeichnete er in diesem Zusammenhang als Reformisten. Er erhob also nach wie vor den Führungsanspruch für die kommunistische Partei, proklamierte nach wie vor den Sturz der freiheitlichen demokratischen Ordnung und suchte nur nach besseren taktischen Mitteln, um erfolgreicher als bisher in die sozialdemokratische Bewegung eindringen zu können.

Hauptsächlich beschäftigte er sich aber mit dem Verhältnis der KPD zur demokratischen Ordnung der Bundesrepublik. Hier überbot er sich in Loyalitätserklärungen und spielte sich als Verteidiger des Grundgesetzes auf. Er ließ sich sogar zu dem Eingeständnis herab, daß die Forderung nach dem „revolutionären Sturz der Adenauer-Regierung" im Programm der „Nationalen Wiedervereinigung Deutschlands falsch sei“, denn, so sagte Reimann wörtlich: „sie entspricht nicht der Lage und den Bedingungen in der Bundesrepublik“. Er verurteilte also den gewaltsamen Sturz der Regierung Adenauer nicht etwa aus prinzipiellen, rechtsstaatlichen Erwägungen heraus, sondern nur deshalb, weil die politische Kraft der KPD in keinem Verhältnis zu dieser, für die Kommunisten nach wie vor gültigen Losung steht. Auch hier keine prinzipielle Abkehr von revolutionären Methoden, sondern nur eine realistische Einschätzung der Lage und die sich daraus ergebende praktische Wandlung, nicht zuletzt unter dem Aspekt des zu diesem Zeitpunkt in Karlsruhe laufenden Verbotsverfahrens gegen die KPD.

Max Reimann wird noch deutlicher, wenn er an anderer Stelle seiner Ausführungen von dem Verhältnis der KPD zum demokratischen Parlamentarismus spricht. Hier erklärt er wörtlich, daß „die Aufgabe der KPD“ darin bestehen müsse, „die Rechte des Parlaments als Organ der Staatsführung und der Kontrolle über die Exekutivgewalt zu entwik-keln“. Mit diesen Ausführungen sollte der Versuch gemacht werden, wieder Eingang in die Parlamente zu schaffen, wobei er gleichzeitig zur Beruhigung vieler Sozialdemokraten ausführt, daß „in Westdeutschland die Fragen des Übergangs zum Sozialismus nicht auf der Tagesordnung stehen“. Damit wollte er zum Ausdrude bringen, daß vorläufig die Voraussetzungen für den Übergang zur Diktatur des Proletariats nicht gegeben sind.

Sollte es noch einer Erklärung der KPD-Taktik im Auftrage der SED-Führung bedürfen, so wird sie eindeutig durch folgende Ausführungen Reimanns erhärtet. Zum Abschluß dieses ganzen Komplexes sagt er: „Sorgen wir zunächst dafür, daß die Legalität unserer Partei erhalten bleibt . . . daß wir bis 1957 durch unsere politische Aktivität in den Massen . . . Hunderttausende und Millionen davon überzeugen, daß unser Volk eine starke kommunistische Partei und eine starke Vertretung im Bundestag und in allen Parlamenten braucht.“

Wozu Reimann dann diese parlamentarische Mehrheit benutzen will, wird deutlich, wenn er anschließend erklärt:

„Die unabdingbaren Voraussetzungen für den Sturz des Kapitalismus und den Übergang zum Sozialismus . . . bestehen darin, daß die Arbeiterklasse, geführt von ihrer revolutionären Vorhut, die Macht im Staat ergreift und sie gebraucht ... Es kann keinerlei friedliche Koexistenz auf ideologischem Gebiete geben.“

Aus diesen Kernthesen läßt sich eindeutig beweisen, daß die Deutschlandpolitik der UdSSR — denn ohne das Einverständnis des Zentral-komitees der KPdSU konnten solche prinzipiellen Ausführungen nicht gemacht werden — zwar beweglicher geworden ist, in ihrer prinzipiellen Zielsetzung aber unverändert auf die Bolschewisierung Deutschlands hinarbeitet.

Schlußfolgerungen Die Ausführungen Reimanns geben auch Hinweise auf die zu erwartenden Methoden der KPD für die Illegalität. Die KPD wird sich mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln mit Unterstützung der SED-Führung bemühen, Positionen in den großen demokratischen Organisationen zu erringen, noch geschickter als bisher neutrale getarnte Körperschaften ins Leben zu rufen und ihre Werbung im wesentlichen auf individuelle persönliche Kontakte, vor allem in den Großbetrieben, abstellen. Die junge Demokratie der Bundesrepublik sieht sich einem kompakten Angriff mit getarnten beweglichen Mitteln gegenüber, deshalb gefährlich, weil er durch seine illegalen, auf Organisationen und Industriebetriebe konzentrierten Methoden schwer abzuwehren ist. Die Losung des 20. Parteitages vom sog. besonderen Weg zum Sozialismus, die Erklärung Togliattis über eine selbständige, von der Sowjetunion losgelöste Politik trägt dazu bei, gläubige Elemente noch mehr als bisher in Sorglosigkeit zu wiegen. Sie macht es den Kommunisten auch in der Illegalität leichter, in Schlüsselpositionen des gesellschaftlichen Lebens der Bundesrepublik einzudringen.

Mehr denn je kommt es deshalb darauf an, durch gründliches Studium die Lage, Politik und Methoden der Kommunisten zu analysieren und die gesunden Abwehrkräfte unseres Volkes zu entwickeln. Der Bürger der Bundesrepublik muß sich von der Vorstellung befreien, Kommunisten seien von außen zu erkennen, ihre Methoden seien primitiv. Er muß sich daran gewöhnen, daß die Kommunisten heute hinter jeder Maske auftreten und sich aller Erscheinungsformen des öffentlichen Lebens, aller gesellschaftlichen Schichten und Personen bedienen. Das Verbot der KPD allein ist keinesfalls geeignet, die Gefahr zu bannen.

Es gilt vielmehr, eine gründliche ideologische Auseinandersetzung mit dem Kommunismus zu führen, durch wissenschaftliche Tätigkeit und breite Information das deutsche Volk gegen die kommunistische Ideologie zu immunisieren, die Interessen der Arbeiterschaft stärker zu berücksichtigen, von der oberflächlichen Einschätzung und billigen Schwarz-Weiß-Agitation abzukommen und eine gründlich differenzierte Erziehungsarbeit, vor allem unter der Jugend, zu leisten. Es wird viel davon abhängen, durch Presse, Funk und Fernsehen wirkliche Sachkenntnis über die Politik der KPdSU und ihr System zu verbreiten und mehr als bisher die positiven Seiten der westlichen Demokratie ins Bewußtsein der Öffentlichkeit zu bringen. Demokratie und Freiheit haben viele Aktiva, die sich lohnen, die dem Kommunismus entgegengesetzt werden können und die fähig sind, ihn zu überwinden.

Fussnoten

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