Meine Merkliste Geteilte Merkliste PDF oder EPUB erstellen

Der Faktor Amerika in Hitlers Strategie 1938-1941 | APuZ 19/1966 | bpb.de

Archiv Ausgaben ab 1953

APuZ 19/1966 Artikel 1 Der Faktor Amerika in Hitlers Strategie 1938-1941

Der Faktor Amerika in Hitlers Strategie 1938-1941

Andreas Hillgruber

Eine historische Betrachtung der Rolle, die der Faktor Amerika in der Strategie Hitlers vom Beginn seiner offenen Expansionspolitik in Europa 1938 bis zum Kriegseintritt der USA im Dezember 1941 spielte, setzt die Klärung zweier Vorfragen voraus: 1. Welches große, „letzte" Ziel hatte sich Hitler als eigene Lebensaufgabe gesetzt, und in welcher Stufenfolge und mit welcher Methode sollte dieses Ziel erreicht werden?

Unter Strategie — dies sei noch vorausgeschickt — wird hier die Integration von Innenund Außenpolitik, von militärischer und psychologischer Kriegsplanung und Kriegführung, von Wehrwirtschaft und Rüstung durch die Führungsspitze eines Staates zur Verwirklichung einer ideologisch-machtpolitischen Gesamtkonzeption verstanden.

Fernziel: Deutschland als Weltmacht

über Hitlers „letztes" Ziel ist viel gerätselt worden. Lag es in der Aufrichtung eines Kontinentalimperiums in Europa (nach der militärischen Niederwerfung Frankreichs und nach der Zerschlagung der Sowjetunion sowie der damit verbundenen Eroberung des europäischen Rußland), oder hat Hitler letztlich darüber hinaus die „Weltherrschaft" angestrebt? Zwischen diesen beiden Auffassungen schwankte in den ersten Jahren nach 1945 die historische Deutung seiner Intentionen, wenn man von den verschiedenen nicht ernst zu nehmenden verharmlosenden Interpretationen seiner Zielsetzung einmal absieht. Spätestens 1961, nach der Veröffentlichung des „Zweiten Buches" Hitlers aus dem Jahre 1928 2), das gleichsam den Abschluß in der Herausbildung seiner großen, durch die Verknüpfung rassenideologischer Prämissen mit weitgespannten machtpolitischen Zielen kurz zu charakterisierenden Konzeption in der Mitte der zwanziger Jahre darstellt wurde indessen erkennbar, daß weder das eine noch das andere das Fernziel war, das sich Hitler als Lebensaufgabe gesteckt hatte, daß vielmehr der gesperrt gedruckte Satz in seinem „Kampf" -Buch, „Deutschland wird entweder Weltmacht oder überhaupt nicht sein" in einem ganz wörtlichen Sinne sein „Programm" umfaßte. Anders und zugleich konkreter formuliert: Es war sein Ziel, Deutschland über die Errichtung eines Kontinentalimperiums in Europa hinaus durch die Gewinnung eines kolonialen Ergänzungsraums in Afrika und die Schaffung einer starken Flotte mit Stützpunkten im Atlantik zu einer der vier — nach dem Ausfall Frankreichs und Rußlands — verbleibenden „Weltmächte" neben dem Britischen Empire, dem „Großraum" Japans in Ostasien und — von seiner Perspektive entscheidend — den USA zu machen. Erst für die folgende Generation erwartete Hitler einen Entscheidungskampf zwischen der „Weltmacht" Deutschland und der „Weltmacht" Amerika. Für diese künftige Auseinandersetzung — hier könnte man dann mit gewisser Berechtigung sagen: um die „Weltherrschaft", obwohl Hitler diesen Ausdruck nicht gebrauchte — wollte er in seiner Zeit dem zu errichtenden „Germanischen Reich deutscher Nation" die notwendige „großräumige" Basis schaffen, ohne die es — wie Hitler mit seiner Alternativformel meinte — unvermeidlich zur Bedeutungslosigkeit verurteilt sei.

„Nordamerika wird in der Zukunft nur der Staat die Stirne zu bieten vermögen, der es verstanden hat, durch das Wesen seines inneren Lebens sowohl als durch den Sinn seiner äußeren Politik den Wert des Volkstums rassisch zu heben und staatlich in die hierfür zweckmäßigste Form zu bringen . .. Es ist .. . die Aufgabe der nationalsozialistischen Bewegung, das eigene Vaterland selbst für diese Aufgabe auf das äußerste zu stärken und vorzubereiten" — so hieß es an zentraler Stelle des „Zweiten Buches" in rassenideologischer Phraseologie, aber deutlich die weitgespannte Zielsetzung markierend, zumal Hitler in diesem Zusammenhang betonte, daß nicht eine Vereinigung Europas im Stile der pan-europäischen Bewegung, sondern nur die Erkämpfung der Herrschaft über Europa durch das von ihm geführte Deutschland „einer drohenden Welthegemonie des nordamerikanischen Kontinents" vorbeugen könnte.

Daß Hitler an diesem zukunftgerichteten Ziel bis in den Spätherbst 1941, also bis wenige Wochen vor dem Kriegseintritt der USA, ebenso konsequent festhielt wie an der — wenn man so will — die eigene Zielsetzung „eingrenzenden" Vorstellung, daß der Entscheidungskampf zwischen der „Weltmacht“ Deutschland und der „Weltmacht" USA erst nach seiner Zeit ausgetragen werde, geht sowohl aus seinen Ausführungen vor seiner Tafelrunde am 10. 9. 1941 als auch gegenüber dem italienischen Außenminister Graf Ciano sechs Wochen später hervor. „Ich werde es nicht mehr erleben, aber ich freue mich für das deutsche Volk", so erklärte Hitler im vertrauten Kreise seines Hauptquartiers (in einer Zeit, in der sich mit der großen Kesselschlacht ostwärts Kiew in Hitlers Sicht der feldzugentscheidende Höhepunkt der Ost-Operation 1941 anbahnte), „daß es eines Tages mit ansehen wird, wie England und Deutschland vereint gegen Amerika antreten. Deutschland und England werden wissen, was eines vom anderen zu erwarten hat. Und wir haben dann endlich den rechten Bundesgenossen gefunden." Und zu Graf Ciano meinte Hitler am 25. 10. 1941, während die deutschen Armeen auf Moskau vorrückten und er mit Ciano bereits über einen Einsatz italienischer Truppen im Kaukasus und anschließend in einem Feldzug über Iran und Afghanistan gegen Indien sprach: „Eine spätere Generation würde sich mit dem Problem Europa—Amerika auseinanderzusetzen haben. Es würde sich (dann) nicht mehr um Deutschland oder England, um Faschismus, Nationalsozialismus oder entgegengesetzte Systeme handeln, sondern um die gemeinsamen Interessen Gesamteuropas innerhalb des europäischen Wirtschaftsgebietes mit seinen afrikanischen Ergänzungen." Nur einmal, in* einer ganz bestimmten Situation, ist Hitler für einen Moment über diese beharrlich eingehaltene Grundlinie seiner weltpolitischen Zielsetzung hinausgegangen. Darauf ist später, bei der Darlegung der verschiedenen Etappen seiner Strategie in der Auseinandersetzung mit den Gegenmächten und im Blick auf die USA, einzugehen

Stufenfolge zur Erreichung des „Fernziels"

Mit welcher Methode sollte nun aber dieses, aus der Sicht des Jahres 1928 betrachtet, phantastisch anmutende und doch in einem stürmischen Anlauf in wenigen Jahren von 1938 bis zum Herbst 1941 der Realisierung recht nahe gebrachte Ziel erreicht werden? Man muß, um Hitlers Methode zu „verstehen", davon ausgehen, daß er sich schon bei der Herausbildung seiner großen Konzeption wie später bei ihrer Verwirklichung in vielfacher Weise mit tat-tatsächlichen wie vermeintlichen Erfahrungen des Weltkrieges 1914/18 auseinandersetzte. Verlauf und Ausgang dieses Krieges hatten Hitler die Aussichtslosigkeit eines deutschen Sieges in einem Kriege gleichzeitig gegen das britische Empire oder gar gegen die beiden angelsächsischen Seemächte und die Hoffnungslosigkeit der Lage Deutschlands in einer — selbst durch Vorfelder nach West und Ost in begrenztem Maße erweiterten — von den Gegnern umschlossenen Bastion in einem „Weltkrieg" erkennen lassen, der schließlich durch das überlegene Wirtschaftsund Rüstungspotential der feindlichen Koalition in einem Material-und Abnutzungskrieg großen Stils entschieden wurde.

Um sein weitgespanntes Ziel dennoch zu erreichen, das an die expansiven Grundgedanken extremer deutscher Kriegszielkonzeptionen aus der Zeit des Ersten Weltkrieges anknüpfte und insofern durchaus in einem geschichtlichen Zusammenhang zu sehen ist, auch wenn es durch die rassenideologische Komponente der Konzeption Hitlers qualitativ etwas anderes darstellte, folgerte Hitler in einer für sein Denken charakteristischen Verknüpfung von machtpolitischen Kalkulationen, geopolitischen Gesichtspunkten und rassenideologischen Grundüberzeugungen, daß das Ziel nur im Verfolg einer systematisierten, innen-und außenpolitisch in den einzelnen Etappen verschieden akzentuierten, taktisch und propagandistisch abgeschirmten Gesamtpolitik Zug um Zug erreicht werden konnte. Dabei mußte sich die Stoßrichtung in jeder Stufe streng auf ein klar abgegrenztes Teilziel beschränken. Das angestrebte Ziel sollte im Endeffekt in wehr-wirtschaftlicher wie militärstrategischer Hinsicht im Blick auf die in fernerer Zukunft erwarteten Großkriege eine Wiederholung der „Weltkriegssituation" Deutschlands für immer ausschließen. Dieses „Programm" war für die (in machtpolitischer wie rassenideologischer Hinsicht gleich entscheidende) zentrale Phase des deutschen „Ausbruchs" nach Osten auf der Grundhypothese aufgebaut, daß bei Zurückstellung einer deutschen Kolonial-und Überseepolitik ein „Ausgleich" mit Großbritannien auf der Basis der Anerkennung der deutschen Herrschaft über Kontinentaleuropa (einschließlich des europäischen Rußland) möglich sei, damit zugleich auch ein Abseitsstehen der USA, da Hitler bei der für sein politisches Denken kennzeichnenden Gleichsetzung von politischen und territorialen Interessen in jeder Großmachtpolitik (die für ihn gleichbedeutend mit „Großraum" -Politik war) für diese Phase seines Expansions-„Pro-gramms" keine Überschneidung deutscher mit britischen und amerikanischen Interessen zu erkennen vermochte.

Die einmal gewonnene deutsche Herrschaft über Kontinentaleuropa ergab dann nach Hitlers Auffassung allerdings bereits auch die Ba-sis für eine deutsche „Weltmacht" -Stellung, die mit Blick auf den zu erwartenden späteren großen Krieg gegen Amerika in einer neuen Stufe imperialen Ausgreifens durch ein weiträumiges Kolonialreich in Afrika und durch eine starke deutsche Flotte auszubauen war — nach Möglichkeit im Einverständnis mit Großbritannien auf Kosten (des noch vor der Verwirklichung des Eroberungszuges nach Osten militärisch niederzuwerfenden) Frankreichs, notfalls aber auch im Gegensatz zu England Die ersten Vorstufen zur Realisierung des „Programms", die Gewinnung einer breiteren Ausgangsbasis in Mitteleuropa, sollten durch schrittweise Ausweitung des deutschen Raumes — zunächst durch „friedliche" Mittel und, wenn diese erschöpft waren, durch lokalisierte „Feldzüge" mit einer qualitativ überlegenen Wehrmacht jeweils nur gegen einen einzigen Gegner — erreicht werden. Auf diese Weise sollte zugleich die wehrwirtschaftliche Grundlage Deutschlands so lange verbreitert werden, bis der deutsch-beherrschte „Großraum" schließlich auch einem neuen „Weltkrieg" mit umfassender Wirtschaftsblockade durch die Seemächte gewachsen war während bis dahin ein großer, langer Krieg mit ihnen wegen dieser drohenden Möglichkeit unbedingt zu vermeiden war.

Erst wenn alle diese Stufen durchschritten waren, brauchte Deutschland die überlegene wehrwirtschaftliche und rüstungsmäßige Quantität der etablierten „Weltmächte“, auch das Potential der USA, nicht mehr zu fürchten. Die militärgeographische und wehrwirtschaftliche Ausgangsposition Deutschlands, das auf überlegene Qualität statt auf Quantität abgestellte Rüstungsprogramm und Hitlers „Blitzkriegs" -Konzeption als Kern seiner Methode gehören eng zusammen. Wenn alle Prämissen stimmten, mußte nach Hitlers Auffassung auf diesem Wege — trotz offensichtlich so ungünstiger Voraussetzungen — die Aufrichtung eines autarken, blockadefesten, verteidigungsfähigen und der deutschen Führungsmacht für alle Zukunft eine „reale" Unabhängigkeit (nicht mehr nur formale „Souveränität") gewährenden „Großraums" — kurz: die Schaffung einer „Weltmacht Deutschland" neben den anderen „Weltmächten" — gelingen.

Entscheidend war nun, daß dieses Ziel mit Hilfe einer wendigen, skrupellosen außenpolitischen Taktik unter Ausnutzung der Spannungen zwischen den übrigen Mächten erreicht werden mußte, ohne daß der fixierte Hauptgegner der ferneren Zukunft, die nach Auffassung Hitlers im Aufstieg begriffene, aber ihrem machtpolitischen Höhepunkt erst etwa 1980 zustrebende „Weltmacht" Amerika, den Ablauf der verschiedenen Etappen in der Realisierung des „Programms" durch den Einsatz seines von Hitler zwar nicht aktuell, aber doch potentiell hoch eingeschätzten Kräftereservoirs hemmte und damit das Ganze in Frage stellte. Von dieser Warte aus ergibt sich, daß das Tempo in der Aufeinanderfolge der einzelnen Aktionen und „Feldzüge" Hitlers (natürlich nicht allein, jedoch stark) von dem ihm mehr oder weniger drohend erscheinenden Eingreifen der USA in die europäische Auseinandersetzung bestimmt wurde. Dies ist nun im einzelnen genauer zu betrachten, wobei unser Hauptaugenmerk auf der Beziehung zwischen dem tatsächlichen Gang des Geschehens und der Verwirklichung des „Programms" unter dem leitenden Gesichtspunkt der doppelten Rolle des Faktors Amerika in der Realität und in Hitlers Lagebeurteilung liegt.

Realisierung des „Programms" ab 1938

Noch vor dem „Anschluß" Österreichs im März 1938, der den Übergang zur offenen Expansionspolitik Hitlers markierte, hatte Präsident Roosevelt in seiner berühmten „Quarantäne" -Rede in Chikago am 5. 1937 zum erstenmal zu erkennen gegeben, daß seine schon immer klar ausgesprochene moralische Ablehnung der totalitären und autoritären Regime in Europa und Ostasien zu politischen Konsequenzen drängte. Wenn sich die außenpolitische Spitze in dieser Rede auch vordergründig mehr gegen Japan richtete, das im Juli 1937 zum großen Eroberungszug in China angesetzt hatte, so wies der deutsche Botschafter in Washington, Dieckhoff, doch in seinem grundlegenden Bericht vom 7. 12. 1937 über das Problem „Amerikanische Außenpolitik — Isolation oder Aktivität?" 11) bereits klar auf die Gefahren einer rigorosen Veränderung der machtpolitischen Situation in Europa hin: „Aller Voraussicht nach werden die Vereinigten Staaten zunächst noch eine im wesentlichen passive Außenpolitik treiben, solange nicht England bereit ist, selbst aktiv zu werden, oder solange die Vereinigten Staaten nicht unerträglich provoziert werden bzw. Werte auf dem Spiele stehen, an deren Erhaltung die Vereinigten Staaten vital interessiert sind. Sollten diese Fälle eintreten, so werden die Vereinigten Staaten trotz aller Widerstände im Lande ihre jetzige Passivität aufgeben. In einem Konflikt, in dem es um die Existenz Großbritanniens geht, werden sie ihr Schwergewicht in die englische Waagschale legen."

Die für Hitler vordringliche Frage war demgemäß, ob England tatsächlich, wie er es einkalkuliert hatte und trotz einer stärker ambivalenten Haltung seit Ende 1937 weiterhin hoffte, sein expansives Vorgehen in Europa hinnehmen würde, also die Grundlage der eigenen „Existenz" nicht durch die ständige Verbreiterung des deutschen Herrschaftsraumes in Kontinentaleuropa als gefährdet ansah — eine Entwicklung, die der traditionellen, von Hitler allerdings (im Gegensatz zu den von ihm allein anerkannten maritimen und imperialen Traditionen Großbritanniens) nicht als Realität angesehenen bzw. nicht mehr als zeitgemäß und daher nicht ernst genommenen britischen Europa-Politik zuwiderlief. Auf dem Höhepunkt der sogenannten „Sudetenkrise" wiederholte und präzisierte der deutsche Geschäftsträger in Washington, Thomsen, am 12. 9. 1938 den von Dieckhoff schon dreiviertel Jahr zuvor dargelegten weltpolitischen Gefahrenpunkt für die deutsche Expansionspolitik in Europa „Die Beziehungen Amerikas zu England sind heute viel klarer als 1914, nachdem Amerika bewußt auf die Rechte der Neutralen verzichtet und England die unumschränkte Beherrschung der Meere zugestanden hat. (Gemeint war die Sicherung des Atlantik und damit der amerikanischen Ostküste durch die britische Flotte, während die amerikanische Flotte im Pazifik gegen Japan konzentriert war. Der Vers.) Damit tritt die englisch-amerikanische Interessengemeinschaft eindeutig zutage. . .. Wenn England in einen Krieg auf Leben und Tod verwickelt wird, so wird Amerika — wie 1917 — eine Niederlage Englands mit allen Mitteln zu verhindern suchen; denn sie würde eine Verschiebung der Machtverhältnisse in Europa und Asien zur Folge haben, die Amerika unmittelbar trifft. Hierin liegt das vitale Interesse Amerikas, das es heute schon durch den Ausdehnungsdrang und Machtwillen der totalitären Staaten für bedroht hält." Bis in den August 1939 hielt Hitler dennoch, durch den schwankenden Kurs der britischen Politik (auch nach „Prag") in seiner Meinung bestärkt, an der Überzeugung fest, daß Großbritannien weiterhin abseits bleiben werde.

Die Zäsur des 3. September 1939

Der durch die Politik des Präsidenten Roosevelt geförderte Entschluß der britischen Regierung, nach der Hinnahme der „friedlichen" Annexionen in den Jahren 1938/39 schon dem ersten der von Hitler vorgesehenen, dem großen Eroberungszug nach Osten zeitlich weit vorgestaffelten lokalisierten „Feldzüge" und damit der weiteren Abwicklung seines „Programms" entgegenzutreten, das heißt Englands und Frankreichs Kriegserklärung vom 3. 9. 1939, zwei Tage nach Beginn des deutschen Angriffs auf Polen, traf daher Hitlers außenpolitische Grundvorstellungen und die darauf aufbauenden Kriegsvorbereitungen (in der Stufenfolge von Kontinental-„Feldzügen" und — erst danach — See-und Luftkrieg in ozeanischen Weiten) in einem zentralen Axiom. Damit geriet er mit der nun gegebenen Notwendigkeit, sich gegen die britisch-französische Koalition im Westen zu wenden, schon im Hinblick auf den noch keineswegs abgeschlossenen Aufbau der Wehrmacht, speziell auf die Schwäche der deutschen Kriegsmarine, bereits in einer sehr frühen Phase der Realisierung seines „Programms" in eine

Zwangslage, aus der er nur durch schnelles, risikovolles militärisches Handeln wieder herauskommen konnte. In jedem Falle mußte er nun die Weiterverfolgung der eigenen Fernziele viel stärker noch als bisher mit den politischen und militärstrategischen Möglichkeiten der tatsächlichen und potentiellen Gegenmächte, voran der USA, in Einklang bringen, wenn er nicht in immer größere Schwierigkeiten geraten und schließlich — was für ihn allerdings undenkbar und unvollziehbar war — aufgeben und „kapitulieren" wollte. Wie sehr er sich schon jetzt in Zeitnot befand, wurde nicht zuletzt durch eine Analyse des Wirtschaftsstabes des OKW unter General Thomas über die amerikanische Rüstungskapazität vom Herbst 1939 deutlich, in der es hieß daß Amerika bei einem unerwarteten „überraschenden Kriegsausbruch nur gerade in der Lage sei, seine Wehrmacht zu versorgen“, es „zur Umstellung seiner Industrie etwa ein Jahr benötige, um große Mengen von Kriegsgerät, vor allem an Flugzeugen, Panzern und Kraftfahrzeugen zu erzeugen", es dann aber „nach 1— 11/2jährigem Anlauf auf fast allen Rüstungsgebieten eine Leistungsfähigkeit erreichen könne, die alle Länder weit übertrifft." Der deutsche Militärattache in Washington, General von Boetticher, meldete so-gar am 1. 10. und erneut am 1. 12. 1939 daß zwar vor dem Spätsommer 1940 wegen der unzureichenden Land-und Luftrüstung nicht mit einem Eingreifen der USA in den Krieg zu rechnen sei, dann aber ein volles amerikanisches Kriegsengagement möglich werde.

Vor dem Hintergrund dieser Lagebeurteilung wie auch bei Berücksichtigung von Hitlers Zweifeln an einer längeren Fortdauer der wohlwollenden, die deutschen Kriegsanstrengungen fördernden „neutralen" Haltung der Sowjetunion wird erst richtig verständlich, wa-rum er nach dem erfolgreichen Abschluß des Polen-Feldzuges alles daran setzte, um den ihm zur Unzeit „aufgezwungenen" Krieg im Westen durch eine militärische Niederwerfung Frankreichs und einen „Ausgleich" mit England auf der Grundlage der alten Zielvorstellung der Anerkennung seiner Herrschaft über Kontinentaleuropa sowie der für später wichtigen Rückgabe der deutschen Kolonien in Afrika so schnell wie möglich zu einem Ende zu bringen, und bestrebt war, die Westoffensive gegen alle militärtechnischen Bedenken möglichst schon im Herbst 1939 beginnen zu lassen. Am 27. 9. 1939, bei Bekanntgabe seines Angriffsentschlusses, erklärte Hitler gegenüber den Spitzen des OKH, v. Brauchitsch und Hal-der, in mehrfach wiederholten Wendungen, warum die Zeit militärisch und vor allem wehrwirtschaftlich gegen ihn arbeite und in seiner umfangreichen Denkschrift vom 9. 10. 1939 begründete er diese seine Auffassung im Blick auf Amerika und Rußland ausführlich Noch unmittelbar vor dem tatsächlichen Beginn der Westoffensive (10. 5. 1940) betonte er in einem Brief an Mussolini, daß „der immer wieder anklingende drohende Ton der Telegramme, Noten und Anfragen des Herrn Roosevelt Grund genug ist, um vorsorglicherweise so schnell wie möglich das Ende des Krieges herbeizuführen."

Das „große Spiel" des Frühjahrs 1940

Bei dem großen Spiel, das mit der Westoffensive im Mai/Juni 1940 von Hitler gewagt wurde, ging es um drei eng miteinander verknüpfte Ziele: 1. Frankreich militärisch aus dem Felde zu schlagen, zugleich aber mit der französischen Regierung zu einem Arrangement zu gelangen, so daß die von den deutschen Waffen nicht erreichbare Flotte und nach Möglichkeit auch das Kolonialreich Frankreichs aus dem Kampf ausschieden; 2.frühzeitig, schon während des Feldzugs-ablaufs, Fühler nach England auszustrek-

ken, um mit diesem unter dem unmittelbaren Eindruck der Niederlage Frankreichs zu einem „Ausgleich" zu kommen, wobei das britische Empire und die britische Seemacht unangetastet bleiben sollten; schließlich 3. durch die Art der Niederwerfung und des Waffenstillstandes mit Frankreich wie durch den „Ausgleich“ mit England, auch durch propagandistische Beeinflussung der amerikanischen Öffentlichkeit (Ausdeutung der Monroe-Doktrin unter der Parole „Amerika den Amerikanern, Europa den Europäern" in seinem Sinne) in den USA den Kräften das Übergewicht zu verschaffen, die sich für eine Beschränkung des außen-und militärpolitischen Engagements der USA auf dem amerikanischen Doppel-kontinent einsetzten.

Alle drei Einzelziele zusammen sollten jene politisch-strategische Ausgangssituation in Europa herbeiführen, die Hitler bisher immer für seinen Eroberungszug nach Osten, das heißt für die Vollendung seines Kontinental-imperiums, als Voraussetzung angesehen hatte; denn um diese Etappe seines „Programms" handelte es sich jetzt. Um das Wesentliche kurz zusammenzufassen: Das erste Ziel (hinsichtlich Frankreichs) wurde bekanntlich voll erreicht, das Gelingen des zweiten und dritten (also hinsichtlich Großbritanniens und der USA) lag einige Wochen lang, und zwar noch während des Feldzuges im Mai/Juni, im Bereich des Möglichen.

Schon während der ersten Phase der Westoperation, als sich der durchschlagende Erfolg des „Sichelschnittes" abzeichnete, erklärte Hitler am 20. 5., „die Engländer könnten jederzeit Sonderfrieden haben nach Rückgabe der Kolonien 5., „die Engländer könnten jederzeit Sonderfrieden haben nach Rückgabe der Kolonien" 19). „Wir suchen Fühlung mit England auf der Basis der Teilung der Welt" 20), das heißt unter Absteckung großer Interessen-räume, so faßte v. Etzdorf (der Vertreter des Auswärtigen Amtes beim OKH) Hitlers Erläuterungen am folgenden Tage zusammen, und am 2. 6. drückte Hitler im Stabsquartier der Heeresgruppe A (v. Rundstedt) in Charleville seine Erwartung aus, daß Großbritannien nun wohl zu einem „vernünftigen Friedensschluß“ bereit sein werde, so daß er „endlich die Hände frei" habe für seine „große und eigentliche Aufgabe: die Auseinandersetzung mit dem Bolschewismus" das heißt ins Konkrete übersetzt: für die Eroberung des europäischen Rußland. In dem Interview, das Hitler am 13. 6. 1940 dem Chefkorrespondenten der amerikanischen Hearst-Presse in Europa, Karl von Wiegand, gewährte, warb er offen um England und suchte zugleich auf die amerikanische öffentliche Meinung im Sinne seiner Deutung der Monroe-Doktrin einzuwirken. Der über Schweden laufende offizielle deutsche „Fühler" ergab, daß in der am 10. 5. 1940 gebildeten Koalitionsregierung Churchill — entgegen dessen späterer Darstellung in seinen Memoiren — durchaus eine Gruppe um den Außenminister Lord Halifax und auch außerhalb der Regierung einige bedeutende Persönlichkeiten zunächst, unter dem unmittelbaren Eindruck des Zusammenbruchs Frankreichs, zum „Ausgleich" mit Hitler unter bestimmten Voraussetzungen bereit waren Erst Mitte Juli wurde es Hitler klar, daß diese Gruppe sich gegenüber Churchill nicht durchsetzen konnte, so daß er nach neuen politischen und militärischen Mitteln und Wegen suchen mußte, um aus dem damit offenkundig gewordenen Dilemma des Krieges im Westen herauszukommen. Zunächst aber war er überzeugt, daß das Spiel auch gegenüber England gewonnen sei. Wie weit in dieser Zeit die Gedanken Hitlers, das Erreichen des Erstrebten vorwegnehmend, schon in die Ferne gingen, zeigte seine Zustimmung zur sofortigen Wiederaufnahme des großen Flottenbauprogramms, das er im Januar 1939 im Blick auf die „letzte" Etappe seines „Programms" (nach Abschluß der kontinentaleuropäischen Phasen) eingeleitet, nach Ausbruch des „aufgezwungenen", das heißt „Programm" -widrigen Krieges im September 1939 aber gestoppt hatte. Hierzu seien einige Sätze aus der von Hitler gebilligten Denkschrift der Seekriegsleitung vom 6. 7. 1940 unter dem Titel „Gedanken zum Aufbau der Flotte nach dem Kriege" zitiert „Das Schicksal des britischen Weltreiches nach diesem Kriege ist ungewiß. Es kann jedoch angenommen werden, daß Großbritannien auf jede europäische Einmischung verzichten und die deutsche europäische Herrschaft anerkennen muß. Großbritannien wird in seiner Schwäche Anlehnung bei den Vereinigten Staaten suchen, die wiederum großes Interesse an einem starken europäischen England haben, wodurch die USA zwangsläufig zum Gegner Deutschlands werden. Die beiden angelsächsischen Mächte werden ihre große Seemacht zum Schutze ihres Weltreiches erhalten bzw. wieder aufbauen und werden damit zu den zunächst zu berücksichtigenden natürlichen Gegnern Deutschlands". Hier wird die Zielsetzung für die Zeit nach dem Aufbau der deutschen „Weltmacht" -Position, die hinsichtlich des Kolonial-und Stützpunktsystems in der Denkschrift näher analysiert wurde, ganz deutlich.

Daß sich Churchill, der nicht nur auf der vorgeschlagenen Basis einer Teilung der Welt, sondern prinzipiell jeden Frieden mit Hitler ablehnte, in England gegenüber der „Friedensgruppe" durchsetzen konnte, hing wesentlich mit der Grundentscheidung des Präsidenten Roosevelt in der großen Krise des „Westens" im Mai/Juni 1940 zusammen. Wie schon angedeutet, hatte auch in den USA die Waage zunächst geschwankt. Am 22. 5. hatte General Marshall, der Chef des amerikanischen Armee-Generalstabes, auf Grund einer Lagebeurteilung des Planungsstabes gefordert, daß angesichts der Schwäche des gegenwärtigen amerikanischen Rüstungsstandes und der geringen Schlagkraft des amerikanischen Heeres alle Verteidigungsanstrengungen auf den Bereich der „westlichen Hemisphäre" (also den amerikanischen Doppelkontinent mit einem weiteren Seeraum) beschränkt werden sollten Eine Übernahme weitergehender Verpflichtungen, insbesondere auch gegenüber Großbritannien, sei abzulehnen. Roosevelt stimmte zwar zu, daß ein Plan für die Verteidigung der „westlichen Hemisphäre" jetzt vordringlich bearbeitet werden sollte. Jedoch — und dies wurde entscheidend für den ganzen weiteren Verlauf und den Ausgang des Krieges — lehnte er es ab, alles nur auf diesen einen schlimmsten Fall abzustellen, bei dem Großbritannien praktisch bereits aufgegeben war. Anders als die meisten amerikanischen Militärs, die ihren Blick allein auf die zur Zeit geringen Möglichkeiten ihrer Streitkräfte richteten, erkannte Roosevelt die im Interesse der amerikanischen Sicherheit liegende Notwendigkeit, Großbritannien im Kampfe zu halten und es nicht nur moralisch, sondern auch materiell so intensiv zu unterstützen, daß es effektiv in der Lage blieb, weiterzukämpfen, selbst wenn dadurch die Verstärkung der eigenen Verteidigungskräfte verzögert würde. Seine Grundentscheidung deutete Roosevelt der Öffentlichkeit erstmals in einer Rede am 10. 6., am Tage des Kriegseintritts Italiens, an: „Wir werden denjenigen, die der Gewalt Widerstand leisten, die materiellen Reichtümer unseres Landes zur Verfügung stellen" Roosevelt hielt hieran fest, als der Chef des Kriegsplanungsamtes, General Strong, am 17. 6., am Tage des Waffenstillstandsersuchens Marschall Petains, vortrug, daß seiner und der Armeeführung Auffassung nach nun sehr schnell auch eine Niederlage Großbritanniens zu erwarten sei. Ersten Ausdruck fand die Entschlossenheit des Präsidenten in der Zustimmung zu amerikanisch-britischen Stabsbesprechungen und in der Einbringung einer Gesetzesvorlage im Kongreß zum Bau einer Zwei-Ozean-Flotte bis 1945 am gleichen Tage. Die Beziehung dieser am 19. 7. vom Kongreß gebilligten Flottenvorlage zu dem erwähnten Flottenbauplan der deutschen Seekriegsleitung liegt auf der Hand.

Wann ist sich Hitler über diese Grundentscheidung Roosevelts mit allen Konsequenzen für die eigene Position in Europa klar geworden? Der deutsche Militärattache in Washington, General v. Boetticher, der über gute Kontakte zum amerikanischen Generalstab verfügte, hatte über die Schwankungen in der Lagebeurteilung in den Monaten Mai/Juni 1940 berichtet, wobei er nach seiner pessimistischen Voraussage im Herbst 1939, die sich offensichtlich nicht bewahrheitet hatte, nun zu einer optimistischen, zeitweilig sogar zu einer illusionären Deutung der Situation überging. In Überschätzung des Einflusses des Generalstabes auf die Entscheidungen des Präsidenten meldete er am 24. 5., daß „man" sich bereits „mit einer Niederlage Frankreichs und einer Niederwerfung Englands, ja vielleicht einer Zertrümmerung des englischen Reiches" abzufinden beginne Wenn auch die Berichte des Geschäftsträgers Thomsen realistischer gehalten waren, so war Hitler sich doch noch am 21. 7. 1940, als es jn einer Besprechung mit den Oberbefehlshabern der Wehrmachtteile um die strategischen Planungen für die nächsten Monate ging, im unklaren, ob sein großes Spiel gegenüber den USA schließlich nicht doch zum Erfolg geführt hatte. Auch hinsichtlich Englands waren seine Hoffnungen nach seiner Reichstagsrede vom 19. 7. 1940 mit dem vagen „Friedensappell" noch einmal aufgelebt, so daß er an diesem Tage (21. 7.) dem Oberbefehlshaber des Heeres v. Brauchitsch den Auftrag erteilte, die Möglichkeiten eines Ostfeldzuges im Herbst 1940 zu prüfen um die vermeintliche Gunst des Moments zur schnellen Vollendung seines Kontinentalimperiums zu nutzen.

Erst ein paar Tage später lag Hitler die Analyse der großen Rede Roosevelts vom 19. 7. (also vom selben Tage, an dem er seinen „Friedensappell" an England gerichtet hatte) durch den seit seiner Rückberufung nach Berlin im Dezember 1938 im Auswärtigen Amt als Amerika-Experte tätigen Botschafter Dieckhoff vor. Dieser bezeichnete die Rede des Präsidenten als „klare Kampfansage" an Deutschland „Noch nie hat Roosevelt in einer Rede oder sonstigen Verlautbarung so nackt und unverhüllt über die Ziele und Absichten seiner Außenpolitik gesprochen. . . Mit fanatischem Haß erklärt der Präsident die totalitären Staaten als , den Feind'. . . Es soll verhütet werden, daß England einlenkt; der Widerstand Englands soll gestärkt und der Krieg soll weitergeführt werden." Dieckhoffs weitere für Hitler bestimmte umfassende Aufzeichnung über die amerikanische Politik in den Jahren 1933 bis 1940 vom 7. 1940 mündete in die Feststellung, daß es Roosevelts „letztes Ziel" sei, „die Führung der .demokratischen Kräfte im Kampf gegen Deutschland zu übernehmen" 29).

Eroberung Rußlands als Ausweg aus dem Dilemma im Westen

Hitler war sich nun darüber im klaren, daß, wenn der Krieg im Westen fortdauerte — und er zweifelte mit Recht daran, daß es mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln aus der durch die erfolgreichen „Feldzüge" gewonnenen, aber für einen langen Krieg zu schmalen wehrwirtschaftlichen Basis in Mittel-und Westeuropa möglich sein werde, England „mit Gewalt zum Frieden zu zwingen" —, Roosevelt zu einem ihm psychologisch wie militärisch möglichen Zeitpunkt Amerika voll an die Seite Großbritanniens führen würde, das seine stärksten Hoffnungen auf die USA richtete und seine strategische Konzeption und seine Rüstung bereits ganz auf die Koorperation mit Amerika hin abstellte. Als Fazit mußte Hitler Ende Juli 1940 erkennen: Die Zeit arbeitete im Westkrieg weiter gegen ihn, und der so erfolgreiche Frankreich-Feldzug hatte nicht mehr als nur eine Atempause eingebracht. Da die USA für ihn selbst unerreichbar waren, blieb Hitler nur die Lösung einer indirekten Ausschaltung des wichtigsten britischen Hoffnungsfaktors, Amerika. Den einzigen Weg hierzu meinte er in der (ihm wie seinen Beratern militärisch möglich erscheinenden) Ausschaltung des zweiten britischen Hoffnungsfaktors, Rußland, zu sehen das seiner Auffassung nach im weiteren Verlauf des Krieges von den Seemächten Großbritannien und USA als „Festlanddegen" sowohl gegen Deutschland als auch gegen Japan ins Spiel gebracht werden konnte, zumal die Sowjetunion nach Über-windung der Verluste der „Großen Säuberung" in der Roten Armee 1937/38 wieder an Stärke zunahm.

Die Zertrümmerung der Sowjetunion — so kalkulierte Hitler — würde Großbritannien die „letzte Hoffnung" in Kontinentaleuropa nehmen, der eigenen strategischen und wehr-wirtschaftlichen Basis die nötige Breite geben und zugleich eine machtpolitische „Aufwertung" Japans in Ostasien herbeiführen, so daß die USA durch die Bedrohung von der pazifischen Seite her angesichts der Gefahr eines Zwei-Ozean-Krieges in ihrer Handlungsfreiheit im Atlantik paralysiert würden und sich mit der neuen durch Deutschland und Japan beherrschten Situation in der „östlichen Hemisphäre" abfinden müßten. Damit gewann für Hitler Ende Juli 1940 der Krieg, der bisher in seiner Vorstellung (trotz der für ihn überraschenden Konstellation bei Beginn im September 1939) den Charakter einzelner, möglichst durch „Pausen" voneinander getrennter europäischer „Feldzüge" gehabt hatte, weltweite Dimensionen. Der bis dahin ausschließlich unter dem Gesichtspunkt der alten Zielvorstellung eines Eroberungszuges zur Vollendung seiner Herrschaft über Kontinental-europa betrachtete Feldzug gegen die Sowjetunion erhielt nun zugleich eine wesentliche — oder wie Hitler meinte: entscheidende — Bedeutung als Etappe auf dem Wege, Großbritannien friedensbereit zu machen, die USA aus dem Kriege herauszuhalten und den Gesamtkrieg zu seinen Gunsten zu beenden — ein Ziel, das auf andere Weise — wie es ihm schon zu diesem Zeitpunkt, in der bedeutsamen Besprechung am 31. 7. 1940, schien — kaum noch erreicht werden konnte. Dies stellte eine durch den hartnäckigen Widerstand Großbritanniens und seine Unterstützung durch die USA herbeigeführte Umkehrung der bisherigen Zielvorstellungen Hitlers dar. Nun wurde die bisherige zentrale Etappe seines „Programms", die Eroberung des europäischen Ost-raums, zugleich zum Mittel, mit den angelsächsischen Seemächten fertig zu werden, die nicht bereit waren, sich mit seiner Herrschaft über die mittleren und westlichen Teile Kontinentaleuropas abzufinden, sondern sie ihm streitig machten.

Da sich inzwischen herausgestellt hatte, daß der Feldzug gegen die Sowjetunion aus militärtechnischen Gründen nicht im Herbst 1940, sondern frühestens im Mai 1941 durchführbar war, bestand die Gefahr, daß in der Zwischen-zeit das amerikanische Engagement zugunsten Englands bereits wesentlich stärker wurde, ja bedrohliche Ausmaße annahm. Um dieser als gefährlich angesehenen Entwicklung entgegenzuwirken, entschloß sich Hitler Mitte August 1940, durch den Abschluß eines möglichst spektakulär erscheinenden Bündnisses mit Japan und die Einfügung möglichst vieler europäischer und asiatischer Staaten in dieses soge-nannte „Dreimächtepakt" -System (Deutschland — Italien — Japan) einen „Kontinentalblock" mit Spitze gegen die Seemächte aufzubauen. Durch das Gewicht der darin zusammengefaßten Potenzen sollte auf diplomatisch-politischem Wege das gleiche „Nahziel" gegenüber dem „Westen" erreicht werden, das eigentlich in anderer, radikal wirksamer Weise, durch die im Herbst 1940 nun nicht mögliche militärische Ost-Lösung, hatte erreicht werden sollen: die USA zu „re-neutralisieren" und England durch die Trennung von Amerika doch noch „friedensbereit" zu machen.

Wohl gelang der Abschluß des „Dreimächtepaktes" mit der angestrebten Schnelligkeit schon am 27. 9. 1940, das heißt zeitgerecht vor den amerikanischen Präsidentschaftswahlen am 5. 11., auf die der Pakt zusammen mit den angestrebten Erweiterungen im Sinne Hitlers wirken sollte. Aber die Ausweitung zum „Kontinentalblock" scheiterte sowohl in der größeren eurasischen Variante, der beabsichtigten Einbeziehung der Sowjetunion, als auch in der kleineren, anfangs nur eine Teilkomponente darstellenden westeuropäischen Variante. Letztere hatte über einen Interessenausgleich zwischen Deutschland, Italien, Spanien und Vichy-Frankreich über den Kolonial-besitz in Afrika zur Eroberung Gibraltars und zum Aufbau einer deutschen Bastion in Nord-westafrika einschließlich der vorgelagerten spanischen und portugiesischen Atlantikinseln mit Blick auf Amerika im Spätherbst 1940 oder im Winter 1940/41 führen sollen. Daher sah sich Hitler schließlich unter ungünstigeren Bedingungen als im Sommer 1940 zur Rückkehr zur militärischen Ost-Lösung ohne vorherige Klärung im Westkrieg im Sommer 1941 als der letzten im Sinne seiner großen Zielsetzung überhaupt erfolgverheißenden Lösung genötigt. Sie schien auch der einzige Weg, um Japan, das im Winter 1940/41 vom „Dreimächtepakt " -Kurs abzuweichen drohte und einen zweiseitigen modus vivendi mit den USA ansteuerte, auf die Bahn einer gewaltsamen Expansion nach Süden vorwärtszustoßen, wenn durch die (nach Hitlers Planung allein von der deutschen Wehrmacht in einem „kurzen Feldzug" zu erzwingende) Niederwerfung der Sowjetunion die Rückenbedrohung für Japan fortfallen würde.

„Blitzkriegs" -Planung im Weltmaßstab

Der im Spätherbst 1940 nach der Aufgabe der (als Zwischenlösung gedachten) „Kontinental-block" -Konzeption von Hitler improvisierte Kriegsplan sah für 1941 einen — so könnte man ihn nennen — „Weltblitzkrieg" in der „östlichen Hemisphäre" mit folgenden Etappen vor:

1. Niederwerfung der Sowjetunion in einem Feldzug von drei, höchstens vier Monaten, wobei die eigentliche Entscheidung schon im ersten Monat erwartet wurde (Unternehmen „Barbarossa"). Daher war bereits für Anfang August der Abtransport der Masse der Infanterie-Divisionen des Ostheeres, für Anfang September der Abtransport der motorisierten Verbände und der Panzerdivisionen für die weiteren Aufgaben in neue Aufmarschräume vorgesehen. Im Osten sollten dann nur 50— 60 Divisionen für Besatzungsaufgaben im Raum bis zur Astrachan-Archangelsk-Linie verbleiben, die auch für raidartige Vorstöße bis an und über den Ural vorgesehen waren. 2. Im Herbst 1941 eine Zangenoperation mit drei Stoßkeilen, einer über den Kaukasus nach Iran hinein, einer von Bulgarien über die Türkei in Richtung Syrien—Irak und der dritte aus Libyen über Ägypten—SuezKanal—Palästina ebenfalls in den britischen Nahost-Raum. Anschließend Aufbau einer deutschen Operationsbasis in Afghanistan, von wo aus Indien, das „Herz des britischen Empire", bedroht werden sollte. 3. Möglichst schon im Mai 1941 Vorstoß der Japaner nach Süden zur Eroberung Singapurs und damit zur Bedrohung Indiens von Osten. Dabei Umgehen der Philippinen, um Amerikas Eingreifen in diesen britisch-japanischen Krieg zu verhindern. Diese Planung wurde von Hitler im Februar/März 1941 mit dem japanischen Botschafter in Berlin, Oshima, und dann auch mit dem zum Besuch in Deutschland weilenden Außenminister Matsuoka besprochen, ohne daß der Zusammenhang mit dem Unternehmen „Barbarossa" und den anschließend geplanten Operationen in den Nahen und Mittleren Osten enthüllt wurde. Daß diese Anregung von den japanischen Führungsgremien abgelehnt wurde, erfuhr Hitler auf offiziellem Wege nicht. Darauf ist noch zurückzukommen. 4. Ebenfalls im Herbst 1941 Eroberung Gibraltars mit oder ohne Zustimmung Francos, auf diese Weise Abschließung des Mittel-meeres auch von Westen, anschließend Aufbau einer deutschen Bastion in Nord-westafrika mit vichy-französischer Unterstützung (Marokko, eventuell Dakar) in Frontstellung gegen Amerika.

Diese ganze weitgespannte „Weltblitzkriegs" -Planung für 1941 stand unter dem einen großen Gesichtspunkt, den Hitler am 17. 12. 1940 gegenüber Jodl in der Formel zusammenfaßte, „daß wir 1941 alle kontinental-europäischen Probleme lösen müßten, da ab 1942 (die) USA in der Lage wären, einzugreifen" Die Lagebeurteilung, daß 1942 mit einem Eingreifen der USA in den Krieg zu rechnen sei, entsprach den Voraussagen, die die deutsche Vertretung in Washington seit Herbst 1940, gestützt auf gute Informationen aus dem Generalstab und der Rüstungsindustrie, in regelmäßigen Abständen abgab. Diese Meldungen enthielten im großen konstant die gleichen Daten über eine fortgesetzte Steigerung der Rüstungsproduktion und der Kriegsbereitschaft Amerikas. Hitlers (für seine Hörer zum damaligen Zeitpunkt noch unverständliche) Reichstagserklärung vom 4. 5. 1941, daß Deutschland und seine Verbündeten „militärisch, wirtschaftlich und vor allem moralisch" eine Macht darstellten, „die jeder denkbaren Koalition der Welt überlegen sei“ nahm die von ihm nach Abschluß des „Weltblitzkrieges" für Ende 1941 erwartete weltpolitische Situation vorweg.

Die Zeit der großen Illusionen: Juli 1941

In der Tat schien der Verlauf der ersten Wochen des Feldzuges gegen die Sowjetunion (seit dem 22. 6. 1941) Hitlers hochgespannte Erwartungen nicht nur zu erfüllen, sondern noch zu übertreffen. Bereits am 3. 7. notierte der Chef des Generalstabes des Heeres, Generaloberst Halder, in sein Tagebuch: „Es ist wohl nicht zu viel gesagt, wenn ich behaupte, daß der Feldzug gegen Rußland innerhalb von 14 Tagen gewonnen wurde" Daher könnten schon bald die Operationen gegen die britische Nahost-Stellung „in den Vordergrund" treten. Mitte Juli 1941 sah sich Hitler am Ziel des Ostfeldzuges, so daß er seine Strategie schon auf die nächste große Etappe, die Ausweitung und Absicherung des deutsch-beherrschten „Großraums" nach Südosten (Naher und Mittlerer Osten) und Südwest (Nord-westafrika) mit Blick gegen die angelsächsischen Seemächte, einstellte und am 14. 7.den Schwerpunkt der deutschen Rüstung vom Heer weg zum Aufbau einer gewaltigen Luftarmada und einer starken U-Boot-Waffe zur Absicherung des riesigen dann von Deutschland beherrschten Raumes gegen die Seemächte (vom Nordkap bis Marokko bzw. Dakar) verlagern ließ da die ursprünglich hierfür vorgesehene starke Uberwasserflotte, zu deren Aufbau er sich noch am 30. 3. 1941 bekannt hatte durch die jüngsten Kriegserfahrungen (Versenkung schwerer britischer Einheiten im Mittelmeer durch die deutsche Luftwaffe, gleichzeitig Verlust des deutschen Schlacht-schiffes „Bismarck" im Atlantik am 27. 5. 1941) ihm in ihrem Wert problematisch geworden schien.

Doch nicht nur der anfängliche militärische Verlauf wurde von Hitler optimistisch beurteilt, sondern auch die von ihm erwarteten und einkalkulierten Auswirkungen des Ost-feldzuges auf die USA wie auf Japan trafen zunächst ein oder schienen doch zumindest einzutreten. Hatte Roosevelts Politik der immer stärkeren Unterstützung Großbritanniens seit dem Sommer 1940 eine allmählich recht breite Basis in der amerikanischen öffentlichen Meinung wie im Kongreß gefunden, so löste der deutsch-sowjetische Krieg eine aus verschiedenen Quellen zusammenfließende neue isolationistische Welle aus, die sich in zunehmender Opposition gegen Roosevelts Kurs „short of war" (am Rande des Krieges) äußerte — eine Entwicklung, die den Präsidenten in seiner Entscheidungsfreiheit beträchtlich hemmte, zumal Hitler während des Ablaufs des „Barbarossa" -Unternehmens bestrebt war, unter allen Umständen, auch unter Hinnahme eines Prestigeverlustes und unter Verzicht auf Ausnutzung von Chancen im Seekrieg, Zwischenfälle mit den USA im Atlantik zu vermeiden. Unklarer im Sinne Hitlers waren hingegen die Absichten Japans. Wohl entsprach der (ihm nicht bekannt gewordene) Entschluß der japanischen Führungsspitzen vom 2. 7. 1941, gegen die Sowjetunion nicht militärisch vorzugehen (jedenfalls so lange nicht, wie sie noch als ernst zu nehmender Faktor zu gelten hatte), sondern mit der Besetzung Süd-Indochinas die südliche Expansionsstoßrichtung fortzusetzen, Hitlers Zielvorstellungen. Die Verwirklichung dieses Schrittes Ende Juli 1941 löste auch die erwünschte Verschärfung der Spannungen im Pazifik aus. Entscheidend war aber die (Hitler ebenfalls verborgen bleibende) Auffassung der jetzt in einer Schlüsselstellung befindlichen und sich in den Führungsgremien durchsetzenden japanischen Marineleitung, daß England und Amerika politisch und militärisch nicht zu trennen seien, daß daher ein japanischer Angriff allein gegen Singapur ausgeschlossen sei, es vielmehr im Sinne des Staatsinteresses Japans das Ziel der Politik der kommenden Monate sein müsse, aus einer durch die gewonnene Rückenfreiheit erreichten „Position der Stärke" nach Möglichkeit zu einem zweiseitigen „modus vivendi" mit den USA unter Anerkennung der japanischen Führung im „Großraum" Ostasien zu gelangen, notfalls aber — wenn sich dieses als unerreichbar herausstellen sollte — unter Ausnutzung einer günstigen weltpolitischen Situation, aber ohne Rücksicht auf die Interessen des verbündeten Deutschland den Krieg gegen die USA und Großbritannien zu wagen.

Vor diesem Hintergrund war ein Scheitern der zunächst ohne Billigung Hitlers eingeleiteten Bemühungen Ribbentrops seit dem 28. 6. 1941, Japan zu einem Kriegseintritt gegen die Sowjetunion zu bewegen, unvermeidlich. Das Drängen Ribbentrops steigerte sich indessen in Unkenntnis der bereits gefallenen gegenteiligen Entscheidung bis zum 10. 7. 1941 immer mehr: Botschafter Ott sollte in Tokio — so hieß es in dem Telegramm dieses Tages — „weiter auf den schnellstmöglichen Kriegseintritt Japans gegen Rußland“ hinwirken. „Natürliches Ziel muß weiterhin bleiben, daß Japan und wir uns vor Eintritt des Winters auf der Transsibirischen Bahn die Hand reichen." „Mit dem Zusammenbruch Rußlands aber wird“, so schloß Ribbentrop, „die Position der Dreierpaktstaaten in der Welt so gigantisch sein, daß die Frage des Zusammenbruchs Englands bzw.der absoluten Vernichtung der englischen Inseln nur eine Frage der Zeit ist. Der Inbesitznahme der für die Dreierpaktmächte wichtigen restlichen Positionen des britischen Imperiums wird aber ein von der ganzen übrigen Welt isoliertes Amerika gegenüberstehen.“

„Vernichtung" der USA als neues Ziel?

In dieser vom scheinbaren Triumph im Osten bestimmten Situation und ihrer optimistischen Ausdeutung ist Hitler — wie einleitend angedeutet — für einen Moment über die Grundlinie seiner Zielsetzung im großen Zusammenhang seiner Konzeption hinausgegangen. Am 15. 7. 1941 empfing er in seinem Hauptquartier in Ostpreußen den japanischen Botschafter Oshima und machte ihm in knappster Form das Angebot eines umfassenden Kriegsbündnisses zwischen Deutschland und Japan „Amerika drücke in seinem imperialistischen Geist mal auf den europäischen, mal auf den asiatischen Lebensraum. Von uns aus gesehen drohe im Osten Rußland, im Westen Amerika, von Japan aus gesehen im Westen Rußland, im Osten Amerika. Daher sei er der Meinung, daß wir sie gemeinsam vernichten müßten.“ Die gegenwärtige Situation sei einmalig günstig: „Er glaube nicht, daß er bis September (im Osten) noch kämpfen müsse, in sechs Wochen sei er so ziemlich fertig." Japan solle zur Beschleunigung des russischen Zusammenbruchs in einer Art Besetzungsaktion den östlichen Teil der Sowjetunion bis in die Gegend von Omsk in Besitz nehmen. Bis dahin etwa würden die deutschen Truppen vorstoßen.

Dann aber, nach Abschluß dieser Besetzungsunternehmung, müßten sich Deutschland und Japan gemeinsam gegen die USA wenden. Indessen, solange der Feldzug gegen die Sowjetunion noch lief, wollte Hitler einen Konflikt mit den USA unbedingt vermeiden. Nach Besetzung der innerhalb des deutschen Operationsgebietes liegenden Insel Island durch amerikanische Streitkräfte am 7. 7. 1941 erbat der Oberbefehlshaber der Kriegsmarine, Großadmiral Raeder, von Hitler die „politische Entscheidung, ob (dies) als Kriegseintritt (der USA) zu betrachten oder (nur) als Provokation aufzufassen sei, die ignoriert werden solle“ Hitler entschied sich zu letzterem, da „ihm alles daran liege, den Kriegseintritt der USA noch 1— 2 Monate hinauszuschieben, . . . da . . . die Wirkung des siegreichen Ostfeldzuges auf die Gesamtlage, wahrscheinlich auch auf die Haltung der USA, ungeheuer groß sein werde". Am 25. 7. 1941 präzisierte er gegenüber Rae-der, daß er sich nach Abschluß des Ostfeldzuges ein „scharfes Vorgehen auch gegen die USA vorbehalte" Aus Island — so erklärte er am 15. 7.dem japanischen Botschafter Oshima — müßten die Amerikaner „wieder hinaus, und wenn er Jahre kämpfen müsse". Schon vor Beginn des Ostfeldzuges hatte er am 22. 5. 1941 — wie übrigens schon im Herbst 1940 — von einer Besetzung der Azoren gesprochen, die er anstrebe, um von dort aus „die Langstreckenbomber gegen die USA einsetzen zu können, was im Herbst (1941) in Frage käme"

Noch am 23. 7. 1941 hielt die optimistische Beurteilung der Ostlage an. „Etwa in einem Monat (25. 8.)", so formulierte Halder für den Vortrag bei Hitler an diesem Tage „kann man unsere Truppen annehmen um Leningrad, um Moskau, in der Linie Orel—Krim, Anfang Oktober an der Wolga, im November im Kaukasus um Baku—Batum".

Dann erforderte die Versteifung des sowjetischen Widerstandes aber Ende Juli ein erstes Zurückstecken des Zeitplans im Osten, das sich sogleich auf die weitere strategische Planung auswirkte, indem auf die Vorstöße von Libyen und von Bulgarien—Türkei aus gegen die britische Nahost-Stellung für 1941 verzichtet werden mußte. Der langsame Fortgang des Ostkrieges im August machte weitere Abstriche notwendig. In der „Denkschrift des OKW über die strategische Lage im Spätsommer 1941" vom 27. 8. 1941 kam erstmals klar zum Ausdruck, daß mit einem Einsatz der deutschen Ost-Verbände im Herbst 1941 in anderen Räumen nicht mehr zu rechnen sei, das heißt, es wurde jetzt auch die geplante Eroberung Gibraltars und die Gewinnung einer deutschen Bastion in Nordwestafrika (einschließlich der vorgelagerten portugiesischen und spanischen Inseln) aufgegeben. Von dieser bereits erheblich, wenn auch noch nicht entscheidend veränderten Lagebeurteilung ist die in den einleitend zitierten Äußerungen Hitlers gegenüber seiner Tafelrunde vom 10. 9.

1941 und gegenüber dem italienischen Außenminister Graf Ciano am 25. 10. 1941 zum Ausdruck kommende Rückkehr zu der Grundlinie seiner Zielsetzung im großen, den Entscheidungskampf der „Weltmacht" Deutschland gegen die „Weltmacht" USA erst in der nächsten Generation auskämpfen zu lassen, zu verstehen.

Auch die durch den Erfolg der Kesselschlacht von Brjansk und Wjasma Anfang Oktober 1941 noch einmal aufgeflammte optimistische Erwartung Hitlers, daß er die Hauptetappe seines großen „Programms" für 1941, die Sowjetunion zu zerschlagen, um auf ihren Trümmern ein deutsches Ost-Imperium aufzurichten („Europa autark, daß uns Amerika gestohlen bleiben kann" — wie es der Generalquartiermeister des Heeres, General Wagner, in einem Privatbrief vom 20. 9. 1941 drastisch ausdrückte), doch noch erreicht habe, vermochte nicht mehr, Hitler noch einmal über die Grundlinie seiner Zielsetzung im großen hinauszuführen, wie die Äußerungen zu Ciano in dieser Zeit erweisen. Ihn bestimmte jedoch die Über-zeugung, daß, wenn das Ost-Ziel erreicht würde, der von ihm beherrschte Raum in Europa dann auch einem längeren Krieg gegen die beiden angelsächsischen Mächte gewachsen sei, falls er sich nicht vermeiden lasse.

Das Scheitern des Kriegsplans

Im November 1941 kündigte sich mit dem Steckenbleiben der Ostoperationen indessen erstmals eine spürbare Resignation bei Hitler an. Am 11. 11. hatte er noch gefordert, daß „vor Eintreten starken Schneefalles ... es einen äußersten Einsatz rechtfertigen (würde), im Süden durch einen Vorstoß auf Stalingrad bzw. durch baldiges Gewinnen von Maikop und im Norden durch die Besitznahme von Wologda die beiden Einfuhrlinien für englischamerikanisches Kriegsmaterial zu durchschneiden bzw. unsere beschränkte Erdölversorgung zu verbessern und zu sichern" womit erstmals ein völlig neues Motiv für den Operationsansatz auftauchte, das die veränderte Gesamtkriegssituation widerspiegelte. Am 19. 11.

1941 kam dann aber in Hitlers Ausführungen im kleinen Kreise — wie Halder notierte — die für die Teilnehmer dieser Besprechung überraschende „Erwartung" Hitlers „zum Ausdruck, daß die Erkenntnis, daß die beiden Feindgruppen sich nicht vernichten können, zu einem Verhandlungsfrieden führt" „Wir müssen der Möglichkeit ins Auge sehen", so folgerte Halder „daß es keinem der beiden Hauptgegner (das heißt Deutschland und England) gelingt, den anderen vernichtend zu schlagen oder entscheidend niederzuringen". (Es war damit in der Lagebeurteilung der deutschen Führungsspitze im Zweiten Weltkrieg ein Punkt erreicht, der mit der Beurteilung der Gesamtkriegslage durch Falkenhayn und Bethmann Hollweg am 18. /19. 11. 1914 im Ersten Weltkrieg in Parallele gesetzt werden kann Bei Hitler sprach aus seiner Er-kenntnis noch die nie erloschene, nun wieder hervortretende illusionäre Erwartung, unter Verzicht auf die Gewinnung der angestrebten Positionen gegen den Westen (britische Nahost-Stellung, Nordwestafrika) doch noch zu einem „Ausgleich" mit Großbritannien zu gelangen, wobei er sich jetzt aus vermeintlichen sozialen Spannungen in England eine Bereitschaft der konservativen britischen Führungsschicht zu einem Friedensschluß mit ihm versprach Am 7. 12. 1941, während die japanischen Torpedoflugzeuge bereits gegen die amerikanische Pazifikflotte in Pearl Harber starteten, sprach Hitler noch von der Hoffnung, „auf Kosten Frankreichs mit England ins Gespräch zu kommen"

Dabei hatte er schon Ende November erfahren, daß die japanisch-amerikanischen Verhandlungen gescheitert waren, ein Kriegsausbruch im Pazifik, in den die USA von vornherein einbezogen waren, also mit höchster Wahrscheinlichkeit bevorstand. Hitler hatte auch hier resigniert und sich mit der Unvermeidbarkeit eines Kriegseintritts der USA auf dem Wege über Japan zu einem unerwünschten Zeitpunkt (von der deutschen Situation aus betrachtet) abgefunden. Diese Form des Kriegseintritts Amerikas war, weil sie die USA in einen Zwei-Ozean-Krieg zwang, für ihn in der gegebenen Lage — das Scheitern nicht nur des „Barbarossa" -Plans, sondern des gan-zen improvisierten Kriegsplans vom Herbst 1940 stand jetzt unumstößlich fest — immer noch das kleinere Übel gegenüber dem mehrere Wochen lang im Bereich des Möglichen liegenden zweiseitigen japanisch-amerikanischen Arrangement, das eine Verlagerung des Schwerpunktes der amerikanischen Macht nach dem Atlantik und nach Europa zur Folge gehabt hätte. Die Kriegserklärung Hitlers an die USA am 11. 12. 1941, die dem japanischen Angriff auf die pazifischen Besitzungen der USA und Großbritanniens folgte, entsprach dennoch nicht einer zielbewußten außenpolitischen Entscheidung Hitlers, war kein frei gefaßter großer Entschluß, der irgendwie mit seiner Entscheidung zum Ostkrieg verglichen werden könnte, sondern eine Geste, die verschleiern sollte, daß er die Entwicklung des Krieges, die seine Pläne zerstört hatte, nicht mehr steuern konnte, daß die Initiative für alle folgenden großen Entscheidungen auf die Gegenseite übergegangen war. Das Eingeständnis gegenüber dem japanischen Botschafter Oshima vom 3. 1. 1942, er wisse „noch nicht", „wie man die USA besiegen könne" spricht für sich.

Die einzige noch verbliebene „Chance", die militärstrategische Initiative wenigstens in der „östlichen Hemisphäre" doch noch wiederzugewinnen, ein in den ersten Monaten des Jahres 1942 möglich scheinendes Zusammenwirken mit Japan im Raume Indien—Mittlerer Osten nach Abdrängen der Roten Armee aus dem Don-Wolga-Gebiet und Vorstoß über den Kaukasus, ging vorüber, da Hitler nach den verlustreichen Winterschlachten im Osten erst Ende Juni 1942 im Südabschnitt der Ostfront und in Ägypten zur erneuten Offensive in der Lage war, zu einem Zeitpunkt, in dem die japanische Offensivkraft im großen schon gebrochen war (See-Luft-Schlacht bei Midway Anfang Juni 1942).

Hitlers Alternative zur deutschen „Weltmacht": der Untergang des Reiches

Schon in der tiefen Resignation im November 1941 hatte Hitler erstmals die letzten Konsequenzen eines Scheiterns seines großen improvisierten Kriegsplans angedeutet, als er während des Empfangs der Außenminister der „Antikominternpaktstaaten" in Berlin am 27. 11. 1941 — einer Schau glanzvollen Scheins, die nur dürftig den Ernst der Situation verschleiern konnte — dem dänischen Außenminister Scavenius erklärte „Wenn das deutsche Volk einmal nicht mehr stark und opferbereit genug sei, sein eigenes Blut für seine Existenz einzusetzen, so soll es vergehen und von einer anderen, stärkeren Macht vernichtet werden. Es verdiene dann nicht mehr diesen Platz, den es sich heute errungen habe." Und während der schwersten Winterkämpfe des Ostheeres meinte er am 27. 1. 1942 vor der Tafelrunde „Ich bin auch hier eiskalt: Wenn das deutsche Volk nicht bereit ist, für seine Selbsterhaltung sich einzusetzen, gut: dann soll es verschwinden."

Mochten auch im Sommer 1942 während des Vormarsches in Richtung Stalingrad und Kaukasus noch einmal illusionäre Erwartungen auftauchen, so sah sich Hitler doch im Grunde bereits seit Dezember 1941, dem Beginn des „Weltkrieges" sowohl im Wortsinne als auch der von ihm befürchteten, für Deutschland katastrophalen Kriegsform, in einer Situation, die ihn vor eine — ihm selbst nach innerster Überzeugung unlösbar erscheinende — Doppelaufgabe stellte, wie er am 26. 8. 1942 gegenüber Raeder ausführte „durch vordringliche akute Bekämpfung Rußlands" einen „möglichst blockadefesten, nach außen hin si-eher zu verteidigenden Lebensraum, von dem aus der Krieg noch jahrelang fortgeführt werden“

könne, zu erobern und gleichzeitig den „Ausgang und Dauer" des Gesamtkrieges bestimmenden „Kampf gegen die angelsächsischen Seemächte" zu führen, um Großbritannien und die USA „friedensbereit" zu machen. Es war eine Folge des Scheiterns des Unternehmens „Barbarossa", daß die in den Planungen und Erwägungen des Herbstes 1940 und des Winters 1940/41 erkennbare Offensivkonzeption im Westkrieg, die dem Aufbau einer deutschen „Weltmacht" -Stellung mit Schwerpunkten im Nahen Osten und in Nordwestafrika dienen sollte, nun nicht mehr heraustrat, sondern latent blieb, so daß der Defensivcharakter des Krieges Deutschland ge-gen die angelsächsischen Mächte für den tatsächlichen weiteren Ablauf des Geschehens bestimmend blieb. Hitler gewann nicht die mit der erstrebten erfolgreichen, zeitgerechten Beendigung des Ostkrieges erhoffte Entscheidungsfreiheit für die Realisierung seiner weiträumig angelegten Strategie und mußte daher — statt, wie geplant, aus einer festgefügten „Großraum" -und „Weltmacht" -Position in Europa—Nordafrika—Vorderasien einer nach schnellen Niederwerfung der Sowjetunion — aus der Enge der nur lückenhaft abgesicherten improvisierten „Festung" Kerneuropas den Kampf gegen die vereinigten angelsächsischen Mächte im Westen neben dem von ihm ausgelösten, auf Deutschland zu-rückschlagenden Vernichtungskrieg im Osten führen.

Endgültig ab September 1942, nachdem sein letzter Versuch, „das Schicksal zu wenden" — um diese Formulierung Jodls hier zu gebrauchen —, seine Sommeroffensive im Osten 1942, gescheitert war, sah sich Hitler in der Rolle der 3. OHL des Ersten Weltkrieges — wie er es selbst in dem Befehl über die „grundlegenden Aufgaben der Verteidigung" vom 8. 9. 1942 aussprach —, und Reminiszenzen an den Materialkriegscharakter des Ringens an der Westfront 1914/18 bestimmten die starre Halte-Konzeption einer Strategie im großen wie die militärische Taktik im einzelnen. Schon von dem „Kulminationspunkt des beginnenden Jahres 1942 an" war, wie Jodl kurz nach der Kapitulation 1945 gestand, Hitler klar, daß „kein Sieg mehr errungen werden konnte"

Die Alternative „Weltmacht oder Untergang", die sein großes, „letztes" Lebensziel schon im „Kampf" -Buch bezeichnet hatte, blieb aber auch jetzt im wörtlichen Sinne für ihn gültig. Da selbst durch extreme, „fanatische" Anstrengungen in politischer, militärischer, technischer, wehrwirtschaftlicher wie kriegspsychologisch-propagandistischer Hinsicht in den Jahren ab 1942 innerhalb des allmählich schrumpfenden Machtbereichs Hitlers das erstere nicht mehr zu erreichen war, führte die Konsequenz des letzteren zu jenem Inferno des Krieges in Europa, das seinen Charakter in der Schlußphase von 1943 bis 1945 kennzeichnete.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Zum Gesamtproblem der Strategie Hitlers in dieser Zeit vgl. die Studie des Vers.: Hitlers Strategie — Politik und Kriegführung 1940— 1941, Frankfurt a. M. 1965, an die sich dieser Aufsatz z. T. anlehnt. Neue Quellenfunde ermöglichten es, den Aspekt des „Faktors Amerika“ noch schärfer zu beleuchten.

  2. Hitlers zweites Buch. Ein Dokument aus dem Jahre 1928, eingeleitet und kommentiert von G. L. Weinberg, mit einem Vorwort von H. Rothfels, Stuttgart 1961.

  3. Hierzu vor allem die (die Forschungsergebnisse der letzten Jahre zusammenfassende) Studie von F. Dickmann, Machtwille und Ideologie in Hitlers außenpolitischen Zielsetzungen vor 1933, in: Spiegel der Geschichte. Festgabe für M. Braubach zum 10. April 1964, Münster/Westf. 1964, S. 915— 41.

  4. A. Hitler: Mein Kampf, München 1933 43, S. 741 f.

  5. Hitlers zweites Buch, a. a. O., S. 123 ff.; Zitat S. 125 und S. 130.

  6. H. Picker, Hitlers Tischgespräche im Führerhauptquartier 1941— 1942, neu hrsg. von P. E. Schramm in Zusammenarbeit mit A. Hillgruber und M. Vogt, Stuttgart 1965 2, S. 145. Ähnlich äußerte sich Hitler auch gegenüber dem bulgarischen Außenminister Popoff am 27. 11. 1941.

  7. Staatsmänner und Diplomaten bei Hitler. Vertrauliche Aufzeichnungen über die Unterredungen mit Vertretern des Auslandes 1939— 1941, hrsg. und erläutert von A. Hillgruber, Frankfurt a. M. 1966, Aufz. Nr. 87; künftig zit.: Staatsmänner und Diplomaten bei Hitler.

  8. Vgl. unten S. 17 f.

  9. Schon in seinem „Kampf" -Buch schließt Hitler die Möglichkeit eines späteren kriegerischen Konflikts mit Großbritannien nicht aus. Die Stufenfolge seiner großen Konzeption läßt sich aus seinen nicht immer ganz klaren Ausführungen durchaus ablesen. Zusammenzusehen sind dabei folgende zwei Stellen: „England wünscht kein Deutschland als Weltmacht, Frankreich aber keine Macht, die Deutschland heißt. . . Heute (Hervorhebung durch Vers.) aber kämpften wir nicht für eine Weltmacht-stellung. . ." („Mein Kampf", S. 699). Daher sei für die Zeit des Kampfes „um den Bestand des Vater-landes" wie auch für die Periode des Ausgreifens Deutschlands auf dem Kontinent ein Bündnis mit Großbritannien möglich und anzustreben. Andererseits heißt ein gesperrt gedruckter Kernsatz in „Mein Kampf": „Deutschland wird entweder Welt-macht oder überhaupt nicht sein“ (S. 741 f.), ohne daß Hitler klar ausspricht, wie die — über Kontinentaleuropa hinausreichende — „Weltmachtstellung" gewonnen werden soll. Die zitierte Stelle aus dem „Zweiten Buch" ergänzt die Darlegungen Hitlers im Blick auf Amerika.

  10. Nur wenn man sich Hitlers weit in die Zukunft gerichtete Konzeption vor Augen hält, gewinnt auch der „allermerkwürdigste Ausspruch“ Hitlers vom August 1939, seine Äußerung gegenüber C. J. Burckhardt vom 11. 8. 1939, einen Sinn: „Alles was ich unternehme, ist gegen Rußland gerichtet; wenn der Westen zu dumm und zu blind ist, um dies zu begreifen, werde ich gezwungen sein, midi mit den Russen zu verständigen, den Westen zu sdilagen und dann nach seiner Niederlage midi mit meinen versammelten Kräften gegen die Sowjetunion zu wenden. Ich brauche die Ukraine, damit man uns nicht wieder wie im letzten Krieg aushungern kann" (C. J. Burckhardt: Meine Danziger Mission 1937— 1939, München 1960, S. 348). — Unter „Kampf gegen den Westen" dürfte dabei die Niederwerfung Frankreichs und die Vertreibung der Engländer vom europäischen Kontinent gemeint sein. Auf die spätere Auseinandersetzung mit den Seemächten deutet die Begründung im letzten Satz hin: die „Notwendigkeit", einen blok-kadefesten Raum zu beherrschen.

  11. Akten zur deutschen auswärtigen Politik 1918— 1945. Aus dem Archiv des Auswärtigen Amts, Serie D (1937— 1945), 11 Bde., Baden-Baden — Frankfurt a. M. — Bonn 1950— 65; künftig zit.: ADAP D. Hier Bd. I, Dok. 423: Der dt. Botschafter in Washington an das Auswärtige Amt, 7. 12. 1937, S. 533 ff.; Zitat S. 535.

  12. ADAP D, Bd. I, Dok. 462: Der dt. Geschäfts-träger in Washington an das Auswärtige Amt, 12. 9. 1938. S 501 ff : Zitat S. 594.

  13. Kriegstagebuch des Oberkommandos der Wehrmacht (Wehrmachtführungsstab), hrsg. von P. E. Schramm, 4 Bde., Frankfurt a. M. 1961— 65; künftig zit.: KTB OKW. Hier Bd. I (1940/41), bearbeitet von H. -A. Jacobsen, S. 107 E f.

  14. Am 28. 8. 1939 hatte der deutsche Geschäftsträger in Washington, Thomsen, folgende Lagebeurteilung an das Auswärtige Amt gemeldet (ADAP D, Bd. VII, Dok. 378, S. 314 f.): „Roosevelt hält .. . Neutralität für verwerflich. Er wird alles tun, um Niederlage Englands und Frankreichs zu verhindern und totalitäre Regierungssysteme, besonders deutsches, zu Fall zu bringen. Er und amerikanische Regierung halten es nicht für wahrscheinlich, daß sofortige Niederringung Englands und Frankreichs durch Deutschland gelingen wird. Man erwartet vielmehr nach erstem Schock Einsetzen langen Zermürbungskrieges, dessen Ausgang als ungewiß angesehen wird. ... 2. Amerika will militärisch intervenieren a) falls England und Frankreich in Gefahr einer Niederlage geraten, b) voraussichtlich auch, falls sichere Aussicht auf englisch-französischen Endsieg besteht. 3. Entsen

  15. ADAP D, Bd. VIII, Dok. 172, S. 140, und Dok. 408, S. 369.

  16. Generaloberst Halder: Kriegstagebuch. Tägliche Aufzeichungen des Chefs des Generalstabes des Heeres 1939— 1942, bearbeitet von H. -A. Jacobsen, 3 Bde., Stuttgart 1962— 64; künftig zit.: KTB Halder. Hier Bd. I, S. 86 f.

  17. H. -A. Jacobsen, Dokumente zur Vorgeschichte des Westfeldzuges 1939— 1940, Göttingen 1956, S. 5 ff.

  18. ADAP D, Bd. IX, Dok. 192, S. 224.

  19. KTB Halder, Bd. I, S. 305.

  20. K. Klee, Das Unternehmen „Seelöwe". Die geplante deutsche Landung in England 1940, Göttingen 1958, S. 189 f

  21. über die deutsche Kontaktsuche mit England im Juni/Juli 1940 bereitet der Vers, eine Miszelle vor.

  22. Aufzeichnungen über die Lagevorträge des Oberbefehlshabers der Kriegsmarine vor Hitler, 1939— 1945 (Edition u. d. T. „Die Lagebesprechungen der Seekriegsleitung mit Hitler 1939— 1945" durch G. Wagner und G. Hümmelchen in Vorbereitung); künftig zit.: Lagevorträge des Ob. d. M.

  23. M. Matloff — E. M. Snell, Strategie Planning for Coalition Warfare 1941— 1942 (United States Army in World War II — The War Department), Washington, D. C., 1953, S. 20.

  24. The Public Papers and Addresses of F. D. Roosevelt, ed by S. I. Rosenman, Vol. IX (1940), New York 1941, S. 259 ff.

  25. ADAP D, Bd. IX, Dok. 311, S. 347 ff.

  26. KTB Halder, Bd. II, S. 31.

  27. ADAP D, Bd. X, Dok. 199, S. 213 f.

  28. ADAP D, Bd. X, Dok. 252, S. 287 ff.

  29. KTB Halder, Bd. II, S. 46 ff. (31. 7. 1940).

  30. KTB OKW, Bd. I, S. 996.

  31. M. Domarus; Hitler — Reden und Proklamationen 1932— 1945, II. Bd.: Untergang (1939— 1945), Würzburg 1963, S. 1708.

  32. KTB Halder, Bd. III, S. 38.

  33. W. Hubatsch, Hitlers Weisungen für die Krieg-führung 1939— 1945. Dokumente des OKW, Frankfurt a. M. 1962, S. 136 ff.

  34. Kriegstagebuch der Seekriegsleitung, Teil A, 30. 3. 1941 (Dokumentenzentrale des Militärgeschichtlichen Forschungsamtes Freiburg i. Br.).

  35. Documents on German Foreign Policy 1918— 1945, Series D., Vol. XIII (June 23, 1941 — December 11, 1941), London 1964, S. 110— 13; künftig zit.. -DGFP.

  36. Staatsmänner und Diplomaten bei Hitler, a. a. O., Aufz. Nr. 83.

  37. Lagevorträge des Ob. d. M., a. a. O., Hitler — Raeder, 9. 7. 1941.

  38. Lagevorträge des Ob. d. M., a. a. O., Hitler _ Raeder, 25. 7. 1941.

  39. Staatsmänner und Diplomaten bei Hitler, a. a. O., Aufz. Nr. 83.

  40. Lagevorträge des Ob. d. M., a. a. O., Hitler Raeder, 22. 5. 1941.

  41. KTB Halder, Bd. III, S. 106 f.

  42. DGFP D, Vol. XIII, Dok. 265, S. 423 ff.

  43. Vgl. oben S. 4.

  44. Vgl. oben S. 4.

  45. Der Generalquartiermeister. Briefe und Tagebuchaufzeichnungen des Generalquartiermeisters des Heeres General der Artillerie Eduard Wagner, München — Wien 1963, S. 202.

  46. OKW an OKH/Op. Abt. vom 11. 11. 1941 (Sammelmappe „Barbarossa", Dokumentenzentrale des Militärgeschichtlichen Forschungsamtes, Freiburg i. Br.).

  47. KTB Halder, Bd. III, S. 295.

  48. KTB Halder, Bd. III, S. 306 (23. 11. 1941).

  49. Hierzu zuletzt: E. Zechlin: Friedensbestrebungen und Revolutionierungsveruche, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, Beilage zur Wochenzeitung „Das Parlament", B 20/61, S. 275 f., und B 20/63, S. 3 ff.; G. Ritter, Staatskunst und Kriegshandwerk, III. Bd„ München 1964, S. 59 ff.

  50. Bis in den März 1942 lassen sich solche Illusionen Hitlers nachweisen (vgl. KTB OKW, Bd. I, S. 35 E).

  51. KTB Halder, Bd. III, S. 333.

  52. H. -A. Jacobsen, 1939/1945. Der Zweite Weltkrieg in Chronik und Dokumenten, Darmstadt 1961 5, S. 290.

  53. Staatsmänner und Diplomaten bei Hitler, a. . a. O., Aufz. Nr. 91; ähnlich am gleichen Tage gegenüber dem kroatischen Außenminister Lorkovic, Aufz. Nr. 92.

  54. H. Picker, Hitlers Tischgespräche, a. a. 0., S. 171.

  55. Lagevorträge des Ob. d. M., a. a. O., Hitler — Raeder, 26. 8. 1942.

  56. KTB OKW, Bd. IV (1944/45), S. 1503.

  57. KTB OKW, Bd. II (1942), S. 1292 ff.

  58. KTB OKW, Bd. IV (1944/45), S. 1503.

Weitere Inhalte

Andreas Hillgruber, Dr. phil., Dozent für mittlere und neuere Geschichte an der Philipps-Universität Marburg/Lahn, geb. am 18. Januar 1925 in Angerburg (Ostpreußen). Veröffentlichungen u. a.: Hitler, König Carol und Marschall Antonescu. Die deutsch-rumänischen Beziehungen 1938— 1944, Wiesbaden 19652; Hitlers Strategie — Politik und Kriegführung 1940— 1941, Frankfurt a. M. 1965; Mitherausgeber des „Kriegstagebuches des Oberkommandos der Wehrmachnt" (Bearbeiter von Bd. II: 1942).