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Zur Programmatik und Struktur der nationalsozialistischen Außenpolitik 1919-1939 | APuZ 50/1967 | bpb.de

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APuZ 50/1967 Zur Programmatik und Struktur der nationalsozialistischen Außenpolitik 1919-1939

Zur Programmatik und Struktur der nationalsozialistischen Außenpolitik 1919-1939

Hans-Adolf Jacobsen

Die bisherigen Forschungen zur deutschen Außenpolitik zwischen den Weltkriegen, im besonderen in der Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft, standen aus verständlichen Gründen vorwiegend unter der Fragestellung, warum 1939 der Zweite Weltkrieg ausbrach. Dabei haben zahlreiche Historiker des In-und Auslandes durch ihre Einzelstudien wesentlich zur Klärung vieler strittiger Probleme beigetragen Zum Nachteil des historischen Verständnisses aber haben sie sich darauf beschränkt, die diplomatiegeschichtliche Entwicklung zu verfolgen, ohne den Strukturproblemen jener Epoche hinreichende Beachtung zu schenken. Nach 1945 konnte dies zunächst noch damit begründet werden, daß für die Behandlung einer solchen Literatur Quellen und fehlten. Aber seitdem die erhalten gebliebenen Akten im großen und ganzen nach Deutschland zurückgeführt worden sind und die Fachliteratur auf diesem Gebiet in Quantität und Qualität beträchtliche Fortschritte erzielt hat, ist eine solche Entschuldigung nicht mehr stichhaltig. In Zukunft wird es notwendig sein, diesen weithin vernachlässigten Forschungsgegenstand umfassender und systematischer zu berücksichtigen, da sich aus der Beschäftigung mit ihm bemerkenswerte Aufschlüsse über Elitenbildung, Apparat und Führungsmechanismus des NS-Systems gewinnen lassen, überdies vermag eine Strukturanalyse der NS-Außenpolitik neue Erkenntnisse über Charakter, Methoden und Ziele des totalitären Dritten Reiches und seiner Machthaber zu vermitteln. Um diese in ihrer Bedeutung für unser Thema zu verstehen, müssen wir zunächst die Ansichten skizzieren, die Hitler und seine engsten Mitarbeiter vor der Machtergreifung über Ziele und Mittel einer völkisch-deutschen Außenpolitik vertreten haben.

Erstaunlich ist die Tatsache, in welch hohem Maße das außenpolitische Kernprogramm der NSDAP trotz mancher Widersprüche und Unklarheiten in der Frühzeit in sich geschlossen gewesen konstant ge und später auch relativ -blieben ist. Aus dem eklektischen Weltbild, das bei Hitler bereits in den Wiener Jahren entstanden war, und einer voreingenommenen Umweltanalyse ergab sich seit 1919 eine ihren ersten Niederschlag Konzeption, die in dem Parteiprogramm der NSDAP vom 24. Februar 1920 gefunden und noch im gleichen Jahre eine Wandlung zur Ideologisierung erfahren hatte. Dieser Prozeß muß als eine Art Antwort bestimmter völkisch-nationaler Gruppen auf den Zusammenbruch des Reiches und auf die Desintegration im Inneren verstanden werden, zugleich aber auch als eine „Abrechnung" mit den „Fehlern" und „Versäumnissen" der deutschen Außenpolitik in Vergangenheit und Gegenwart.

Programm vor 1933

Ausgangspunkt und zugleich Dominante des Programms waren ein übersteigerter Nationalismus und Rassismus, das heißt die Verabso-lutierung der eigenen Nation und der germanischen Rasse. Hitler verkündete schon am 1. Mai 1923: „Wir kennen nur ein Interesse, und das ist das unseres eigenen Volkes.“ Letztes Ziel seiner Politik war weniger die „Schaffung einer Bewegung", sondern „die Bewegung soll schaffen ein germanisches Reich deutscher Nation. Die Partei mag dann in Trümmer gehen" (1922). Seit Eintritt in die Politik war Hitler von einer geschichtlichen Mission besessen. Außenpolitisch kulminierte diese in der Erkämpfung von Lebensraum. Diese Raumpolitik, die als entschiedener Gegensatz zu der sogenannten „Grenzpolitik" der „bürgerlichen" Politiker aufgefaßt und interpretiert wurde, zählte zu den unwandelbaren Postulaten der nationalsozialistischen Weltanschauung. Heß, der spätere Stellvertreter des Führers, äußerte bereits 1928, daß sie die „tiefste Aufgabe" der Bewegung, alles andere nur Vorbereitung und Mittel zum Zweck sei. Hitler erkannte die augenblicklich gegebene Besitzverteilung auf der Erde nicht als „Ewigkeitswerte" an, vielmehr als etwas ständig Fließend-Veränderliches. Indem er sich auf den Mythos der Gewalt von Sorel und auf die Mystik von Blut und Boden eines Barres berief, forderte er — auch angeregt von den geopolitischen Theorien Karl Haushofers — die gewaltsame Eroberung des deutschen Lebensraumes im Osten, zunächst jedoch mit der bezeichnenden Einschränkung, damit sei kein „Germanisieren" der Bevölkerung verbunden. Bereits in den zwanziger Jahren gipfelten seine Vorstellungen von einem zukünftigen Europa in einer gewaltsam erzwungenen Neuordnung des Kontinents unter Führung eines revolutionierten Deutschlands, die er mit gewissen neoromantischen Reichsgedanken und einer pseudodarwinistischen Rassenideologie zu verbinden suchte. Nach Meinung Hitlers schien der Weltfriede, ein „erstrebenswertes Ideal" — von ihm verstanden als Pax Germanica erst dann realisierbar, „wenn eine Macht auf der Welt, und zwar die rassisch beste, die unbedingte und unbestrittene Vormacht errungen" hatte Daß die Nationalsozialisten damit zugleich einen welt-anschaulichen Vernichtungskrieg gegen der Marxismus zu führen gedachten, ließen sie sei 1926 immer klarer erkennen. Später deutetet sie ihr Ringen um die Macht als einziger „totalen" Gegenstoß gegen die kommunistische Idee, als unerbittliche Bereitschaft dei Träger einer neuen Weltanschauung, den „Weltfeind in die Schranken einer weltpolitischen Entscheidung" im Sinne des Entweder-Oder zu fordern In mancher Hinsicht offenbarte dieser Teil der nationalsozialistischen Programmatik, daß die Theoretiker dieser neuen, fast konterrevolutionär zu nennenden Weltanschauung versucht haben, die kommunistische Ideologie zu imitieren, indem sie anstelle der Klasse die Rasse und anstelle des Internationalen Proletariats das völkische Prinzip setzten. Sogar die Rezeption des leninistischen Grundsatzes von der „planmäßigen Umformung des menschlichen Bewußtseins" war in dem Ziel Hitlers zu erkennen, den deutschen „Volkskörper" zu stählen.

Diese interessanten Parallelen sind indessen bis heute noch nicht hinreichend untersucht worden. Daß die NS-Weltanschauung, was ihre innere Geschlossenheit und geistige Fundierung betrifft, sich keineswegs mit dem Kommunismus messen kann, von der Exklusivität ihrer Ideen und ihrer Improvisation einmal ganz abgesehen, ist bekannt. Vor allem besaß sie niemals eine „Lehre" in dem Sinne, daß sie alle Einzelheiten logisch durchdacht und systemartig festgelegt hat. Nach einer späteren Äußerung von Goebbels ging es den Nationalsozialisten zunächst um die innerpolitische Machtergreifung: erst dann wollten sie das nähere Programm aufstellen und erfüllen

Wahrscheinlich lassen sich fünf wesentliche Beweggründe für das angedeutete außenpolitische Primärziel der Nationalsozialisten an-führen, von denen die beiden ersten mehr machtpolitischer, die beiden letzten mehr ideologischer Natur waren

Als erstes hatte der Lebensraum die Grundlage für die Existenz des eigenen Volkes durch ausreichenden Grund und Boden zu sichern. Ein solcher Erwerb mit dem Ziele einer Wirt-schaitsautaikie bedeutete nicht nur Recht, sondern war nationale Pflicht. Nur auf diese Weise konnte das wachsende Mißverhältnis zwischen Volkszahl und Bodenfläche ausgeglichen werden. War der neue Lebensraum gewonnen, sollten die „rassisch fremden Elemente" entweder abgekapselt — um das Volk keiner Blutvermischung auszusetzen — oder „überhaupt kurzerhand" gänzlich „entfernt" werden, um den dadurch „freigewordenen Grund und Boden den eigenen Volks-genossen überweisen" zu können. Jedoch war dieser Lebensraum nicht allein aus Gründen der Ernährung für Deutschland erforderlich, sondern, zweitens, auch aus nationalen Erwägungen.

Der Zusammenschluß aller Deutschen auf Grund des Selbstbestimmungsrechtes zu einem Großdeutschland und die Gleichberechtigung des deutschen Volkes gegenüber den anderen Nationen waren schon als wichtigste Forderungen in das Parteiprogramm der NSDAP (Punkt 1 und 2) aufgenommen worden.

Drittens: Hinzu kam ein anderes, bisher zu wenig beachtetes Motiv: Für die Erweiterung des Lebensraumes sprachen auch militärgeographische Gründe. Erst eine bestimmte Größe eines Staatsgebietes gewähre einen gewissen Schutz gegen „leichtsinnige" Angriffe von außen.

Viertens: Schließlich betonte Hitler, daß nur ein solch hohes Ziel den für einen Krieg erforderlichen Blutseinsatz rechtfertige. Mit anderen Worten: erst dann stünden Ziel und Opfer in einem für das deutsche Volk tragbaren Verhältnis. Es sei die einzige „vor Gott und unse-rer deutschen Nachwelt" gerechtfertigte Aktion, die Stabilität, Sicherheit und Grund und Boden gewährleiste.

Fünftens: Die „sittliche“ Begründung dieses Lebensraum-Kampfes in Permanenz aber lag in dem geschichtlich berechtigten Anspruch eines rassisch höherwertigen Volkes. Die natürliche Führungsrolle der „germanisch-nordischen Rasse" wurde „wissenschaftlich" belegt und motiviert, zudem mit einem zugkräftigen Antibolschewismus verbunden. über die Mittel, mit denen dieses radikale, revolutionär außenpolitische Programm durchsetzt werden sollte, hatten Hitler und Gleichgesinnte ganz bestimmte Vorstellungen. Da die nationalsozialistische Politik bis 1933 primär aus der Kampfstellung gegen die Weimarer Republik zu verstehen ist, muß auf die erste Vorbedingung zur Verwirklichung des Programms hingewiesen werden: Streben und Denken der NSDAP zielten damals als erstes auf den Sturz des verhaßten „NovemberSystems" ab, das als Sündenbock für die politische Misere der zwanziger Jahre und für die tiefe Demütigung des einst so stolzen und gefürchteten Reiches verantwortlich gemacht wurde. Sodann mußte mit „allen zur Verfügung stehenden Mitteln" die „Stählung und Stärkung des Volkskörpers", das heißt die sogenannte nationale Wiedergeburt, eingeleitet werden. Wenn Hitler unter Außenpolitik die „Kunst“ verstand, dem deutschen Volke, das heißt der durch den Staat zusammengefaßten wertvollsten Rasse, den „jeweils notwendigen Lebensraum“ in Größe und Güte zu sichern, die „Ausbildungsarbeit am Volks-körper" zu decken und damit zugleich das eigene Volkstum zu fördern, so bedeutete für ihn Innenpolitik die Kunst, „einem Volke den dafür notwendigen Machteinsatz in Form seines Rassenwertes und seiner Zahl zu erhalten". Damit postulierte er zunächst den Primat der Innenpolitik als Voraussetzung für eine aktive Außenpolitik. Parallel mit dieser Indoktrination, der geistigen Rüstung, hatte sich der organisatorische Aufbau der Gewalt, die technische Rüstung, zu vollziehen. Um diesen einmal für richtig erkannten Entschluß mit „brutalster Rücksichtslosigkeit und höchstem Krafteinsatz durchführen zu können", das heißt mit einer Zielstrebigkeit, die er gerade bei den „bürgerlichen Politikern" vermißte, hatte der „Staatsmann" sorgfältig abzuwägen, wie er durch Sprengung der „Siegerkoalition" Deutschland aus der Isolierung herausführen und neue Interessensgruppen mit anderer Stoßrichtung bilden konnte. Hatte die Kampfzeit Hitler doch gelehrt, es gleichzeitig immer nur mit einem Gegner aufzunehmen und sich nicht durch Koalitionen mit anderen Partnern, auf die er dann Rücksicht nehmen mußte, die Hände zu binden. Zu den „absoluten" Gegnern des Reiches zählte er in erster Linie Frankreich. Ablehnend standen die Nationalsozialisten in den zwanziger Jahren auch Polen gegenüber; Rosenberg z. B. forderte 1927 die Beseitigung dieses Todfeindes.

Wenn Deutschland sich in Zukunft einer kontinentalen Raumpolitik im Osten zuwenden und keinen unmittelbaren Anspruch auf Kolonien in Übersee erheben würde, glaubte Hitler, England auf seine Seite ziehen zu können oder zumindest von diesem freie Hand im Osten zu erhalten. Schließlich war die Rückenfreiheit im Westen eine der wesentlichen Voraussetzungen für die Erfüllung seines Programms.

So sehr auch Hitler anfangs, anknüpfend an die Ostpolitik Bismarcks, zu einem Bündnis mit Rußland neigte, um damit den Versailler Vertrag bekämpfen zu können, so sprachen nach seiner Meinung doch rassische Gründe dagegen. Entscheidend für seine Ablehnung war allerdings die Überlegung, daß Deutschland im Bündnis mit Rußland sein außenpolitisches Ziel gar nicht verwirklichen konnte. Denn weder im Westen noch im Süden war die Raumfrage zu lösen. Hitler nannte es geradezu ein „Glück für die Zukunft", daß es keine Alternative gebe und die Nation somit ihren Lebensraum im Osten anstreben müsse.

Zweifellos war Ilalien ein weiterer wichtiger Baustein in dem vorgesehenen neuen „Bündnissystem". Sowohl ideologische als auch machtpolitische Interessen würden beide Länder in einer Art „Schicksalsgemeinschaft“ enger miteinander verbinden. Da auch Italien um Lebensraum kämpfte — und zwar im Mittelmeerraum —, war ein Zusammenstoß mit Frankreich zu erwarten; im Sinne der angestrebten Bündniskonstellation, zu der außerdem Spanien und Ungarn zählen mochten, konnte das nur vorteilhaft sein. Für dieses Bündnis war Hitler bereit, Südtirol zu opfern. Seit Oktober 1923 hat er praktisch auf dieses Gebiet verzichtet. Dieser zynische Opportunismus fand erst ein Ende, als das faschistische System (1943/44) zusammenbrach und der Diktator auch Südtirol zu annektieren befahl.

Daß dieses Endziel nur mittels Gewalt zu erreichen war, stand für Hitler außer Frage. Politik war für ihn zuerst und vor allem in „Wahrheit" die „Durchführung des Lebenskampfes eines Volkes um sein Dasein" unter gleichzeitiger Vernichtung der Weltfeinde Bolschewismus und Judentum. Schon im November 1919 hatte er bedeutet: „Das deutsche Elend muß durch deutsches Eisen zerbrochen werden." Mit anderen Worten: Krieg, das heißt der Selektionsprozeß des Stärkeren, war von Anfang an das legitime, ja unausweichliche Mittel seiner Außenpolitik. Den neuen Grund und Boden konnten nur die Waffen erobern.

Was die Taktik zur Verwirklichung eines solchen Programms anbetraf, so schrieb Hitler 1928: „Wir ermessen die eigenen Opfer, wägen ab die Größe des möglichen Erfolges und werden zum Angriff schreiten, ganz gleich, ob er 10 oder 1000 km hinter den heutigen Linien zum Stehen kommen wird. Denn wo immer auch unser Erfolg endet, er wird stets nur der Ausgangspunkt eines neuen Kampfes sein."

Nach ihrem ersten großen Wahlsieg vom September 1930 — durch den die NSDAP ihre Mandate im Reichstag von 12 auf 107 erhöhen konnte — ging ihre Führung jedoch zu einer systematischen Verschleierungspolitik über, auch aus Rücksichtnahme auf die konservativen Kreise in Deutschland. Als die Aussichten auf eine Machtübernahme durch die Partei zu steigen begannen, hielt sie es für ratsamer, ihre wahren Ziele zu tarnen und alle Befürchtungen des In-und Auslandes vor einer Radikalisierung des außenpolitischen Kurses möglichst zu entkräften. Ähnlich verhielt sie sich in den Jahren von 1933 bis 1939. Ganz abgesehen von der Tatsache, daß die Reichsleitung der NSDAP außer dem Aufbau mehrerer unbedeutender Abteilungen für Auslandsfragen und Nachrichtendienste keinerlei praktische Vorbereitungen auf dem Gebiet der Außenpolitik getroffen hatte, sahen sich Hitler und sein engster Mitarbeiter 1933 einer Lage im Innern und Äußern gegenüber, die sie zur Zurückhaltung und zeitweiligen Verleugnung gewisser Maximen zwang. Das enthüllte sich auch in den Maßnahmen, die der neue Reichskanzler auf dem organisatorischen Gebiet nach der Machtergreifung durchführte bzw. durchführen ließ.

Instrumentarium der Außenpolitik

In der Weimarer Republik leitete sich das Instrumentarium der Außenpolitik von der Verfassungstheorie, von den internationalen Verpflichtungen und der innenpolitischen Praxis ab. Wenngleich Reichspräsident, Reichs-kanzler und Außenminister im machtpolitischen Kräftespiel häufig den Ausschlag gaben, so mußten sie doch vielfach auf Reichstag, Außenpolitischen Ausschuß, auf die Parteien, auf Fachkreise, öffentliche Meinungen und auf Einzelpersönlichkeiten Rücksichten nehmen oder ihre Intentionen vorher mit diesen abstimmen, manchmal mehr als von der Sache her gerechtfertigt erschien. Im Zuge der totalitären Gleichschaltung im Inneren reduzierte Hitler zwar einen großen Teil dieser für den Prozeß demokratischer Willensbildung wesentlichen Funktionsträger. Es wäre jedoch ein Irrtum, anzunehmen, im Dritten Reich habe es weniger rivalisierende und einander kontrollierende Gruppen gegeben als vorher.

Aus Gründen der Optik und Scheinlegitimität verzichtete Hitler zudem nicht auf das Plebiszit, mit dem er bestimmte außenpolitische Entscheidungen nachträglich durch das Volk „sanktionieren" ließ, auch in der Absicht, damit vor der Weltöffentlichkeit die innere Geschlossenheit des deutschen Volkskörpers von Staat, Partei, Nation eindrucksvoll zu demonstrieren und den westlichen Demokratien zu „beweisen", daß der nationalsozialistische Staat eine „bessere Demokratie“ praktiziere, da er keinen Schritt tue, ohne sich des „Vertrauens des Volkes vergewissert zu haben"

Die Festlegung der großen außenpolitischen Linien — die öffentlich in zahllosen Reden erfolgte — und damit die Geltendmachung der nationalen Interessen gegenüber anderen Staaten hatte Hitler, zunächst noch beraten durch seine Fachminister, später durch den Außenseiter Ribbentrop, sich natürlich von Anfang an persönlich vorbehalten. Auf Grund seiner wachsenden Erfahrungen und Erfolge entschied er indessen von Jahr zu Jahr selbstherrlicher. Dies änderte indessen nichts daran, daß er im weiteren Bereich der Außenpolitik staatlichen Ämtern und Dienststellen der Partei einen erheblichen Spielraum für Handlungen verschiedenster Art gewährte. Deren Tätigkeit ist bis heute ohne genaue Sachkenntnis oder überhaupt nur am Rande beschrieben worden. Das gilt im besonderen für die Rolle der NSDAP und ihrer Gliederungen in der Außenpolitik.

Obwohl Hitler in seiner Eigenschaft als Führer und Reichskanzler die Richtlinien der Politik bestimmte, an die auch die Partei bedingungslos gebunden war, stimmten diese keineswegs immer mit den ursprünglichen Zielen der NSDAP überein. Denn die „amtliche" Außenpolitik mußte anfangs manche Kompromisse schließen und taktische Rückzüge antreten oder zeitweilige Verzichterklärungen aussprechen, solange die Gefahrenzone der Jahre bis 1938/39 noch nicht durchlaufen war und Deutschland erst aufrüsten mußte. Dieser scheinbare Widerspruch zwischen Theorie und Praxis des Nationalsozialismus verwirrte manche „alten Kämpfer". Denn sie verstanden die nur dialektisch bedingte Abkehr von den Primärforderungen nicht, ja, sie legten diese als Verrat an der Idee aus. Diese Irreführung ging zum Beispiel soweit, daß noch 1936 in einer Presseanweisung darauf hingewiesen wurde, nicht immer außenpolitische Stellen aus Hitlers „Mein Kampf" zu zitieren. Das Buch sei 1924 (!) erschienen und beruhe auf den „damaligen politischen Gegebenheiten"; heute habe es nur noch Wert als „historische Quelle" Rosen-berg äußerte sich zu einer französischen Journalistin Anfang Dezember 1935: In „Mein Kampf" seien natürlich viele Dinge über die Ostpolitik geschrieben worden, über die zu sprechen heute zwecklos sei. Deutschland wolle sein Land in Ordnung bringen, nicht aber Krieg führen. Beweise für den guten Willen seien der Vertrag mit Polen (1934) und die Handelsbeziehungen mit Rußland, wenn auch natürlich alles unterbunden werde, was der sowjetkommunistischen Propaganda diene Diese Äußerungen lagen ganz auf der Linie Hitlers, der mehrmals vor der Öffentlichkeit emphatisch erklärte, daß er die Korrektur sei-ner Schriften durch seine „aktive Friedenspolitik" in das Buch der Geschichte eintragen werde Ähnlich versicherten deutsche Diplomaten gegenüber Vertretern des Auslandes, Hitlers Ausführungen in „Mein Kampf", die vielfach zu falschen Schlußfolgerungen im Hinblick auf den außenpolitischen Kurs des Reiches Anlaß gegeben hätten, seien unter dem „Eindruck des verlorenen Krieges und des damals gerade auf Deutschland lastenden Ruhrerlebnisses" als innenpolitische Kampf-schrift entstanden. Maßgebend sei nicht das „damals gedruckte Wort", sondern die tatsächliche Friedens-und Verständigungspolitik des Führers und Reichskanzlers

Wir wissen heute, daß viele Politiker im In-und Ausland diesen beschwichtigenden Erklärungen Glauben geschenkt haben, weil sie sich einen Kurs der deutschen Außenpolitik im Sinne der radikalen nationalsozialistischen Programmatik in der Praxis nur schwer vorstellen konnten.

Das neue Instrumentarium der NS-Außenpolitik entwickelte sich in zweifacher Richtung: Auf der einen Seite arbeiteten die alten staatlichen,erst schrittweise gleichgeschalteten Behörden im Rahmen der generell gegebenen Weisungen zunächst noch relativ ungestört von äußeren Einflüssen, so das Auswärtige Amt, das Reichsinnenministerium, das Reichswirtschafts-und Finanzministerium und das Reichskriegsministerium; letzteres spielte vor allem auf dem Gebiet des geheimen Nachrichtendienstes eine bedeutsame Rolle. Auf der anderen Seite entstand jedoch eine Reihe neuer und nichtstaatlicher Dienststellen der Partei, die eine konkurrierende Tätigkeit gegenüber den staatlichen Institutionen, aber auch untereinander entfaltete. Diese interne Auseinandersetzung um Machtpositionen und die zum Teil sehr verwickelten Frontstellungen, zu denen es dabei kam, bildeten einen Wesenszug des nationalsozialistischen Führer-staates. Keine Stelle erhielt übermäßig klare und eindeutig abgegrenzte Aufgabenbereiche. Das ist vor allem darauf zurückzuführen, daß der totale Staat die Gewaltenteilung und die damit verfassungsmäßig verankerten Kontrollen suspendiert und an ihrer Stelle das Führerprinzip eingeführt hatte. Hitler ließ bewußt vieles offen, um die einzelnen gegeneinander ausspielen, selbst aber die entscheidenden Fäden in der Hand behalten und seine absolute Machtposition behaupten zu können.

Auswärtiges Amt

Die Angehörigen des höheren Auswärtigen Dienstes waren nach Herkunft und Ausbildung eine weithin homogene, zum Teil recht exklusive Beamtenschaft mit einem Durchschnittsalter zwischen 40 und 60 Jahren (mehr als 50 °/o hatten das 50. Lebensjahr bereits überschritten), die Neurath während seiner Amtsperiode gegen lästige Eingriffe der Partei geschickt abzuschirmen verstand. Die Grundeinstellung der Mehrheit zur Politik dürfte durch eine stark konservative Gesinnung deutschnationaler Prägung, durch das Denken in den Kategorien des über den Parteien stehenden pflichtbewußten Staatsdieners und durch die tägliche Routine geprägt worden sein. Gewiß wird die Behauptung zutreffen, daß die wenigsten sich wirklich innerlich mit dem Nationalsozialismus identifizierten. Die meisten verharrten ganz einfach in der kühlen Distanz des überlegenen Fachmannes und im moralischen Subjektivismus, stets das Bessere gewollt zu haben. Gleichwohl bewiesen viele von Jahr zu Jahr eindrucksvoller, wie sehr sie sich erforderlichenfalls zu arrangieren und gegen ihre Überzeugung den Standpunkt der nationalsozialistischen Regierung nach außen zu eigen machen wußten. Bezeichnend dafür ist unter anderem die Tatsache, daß die Spitzen-diplomaten sowohl in der Zentrale als auch im Ausland überwiegend in ihren Ämtern und Stellungen verblieben. Betrachtet man zum Beispiel die Veränderungen in den Positionen der 51 deutschen Botschaften und Gesandtschaften von 1933— 1938, das heißt bis zur Ablösung Neuraths, so ergibt sich folgendes bemerkenswerte Bild: von den insgesamt 85 eingesetzten Diplomaten (davon 41 Adelige) verstarben drei (Köster, Graf Adelmann und v. Hoesch), erreichten sechs die Altersgrenze, wurden zehn aus nicht klar ersichtlichen Gründen ausgewechselt, ohne mit einer neuen diplomatischen Mission betraut zu werden, sieben, darunter drei Außenseiter (nämlich v. Papen, Ribbentrop und Faupel), verdankten ihre Verwendung der Protektion Hitlers bzw.der Nationalsozialisten, 53, das heißt 62 °/o, wurden regulär versetzt, indem sie entweder einen neuen diplomatischen Auftrag erhielten oder nach Berlin ins Auswärtige Amt zurückkehrten. Höchstens 7 % wurden aus politischen Gründen abgelöst (darunter Rieth, Erythropel und Schmidt-Elskop); von diesen quittierte einer, nämlich der deutsche Botschafter in Washington, v. Prittwitz-Gaffron aus Gewissensgründen seinen Dienst, da er es ablehnte, einer nationalsozialistischen Regierung zu dienen, während ein anderer, Nadolny, sein Amt zur Ver-

Sondermissionen

Für den Stil der nationalsozialistischen Außenpolitik seit 1933 war es charakteristisch, daß Hitler, auch auf Grund seiner Abneigung gegen das Auswärtige Amt, in zunehmendem Maße führenden Persönlichkeiten von Staat und Partei regional oder sachlich abgegrenzte Sondermissionen übertrug oder sie mit der Interpretation seiner „friedlichen", nur auf „Gleichberechtigung" und „Wiederherstellung der Ehre" abzielenden Politik beauftragte, Politikern, von denen er überzeugt schien, daß sie gedanken-und gefühlsmäßig auf dem Boden des neuen Regimes standen. Sie sollten für die Manipulation der öffentlichen Meinung sorgen und die durch die Exzesse der nationalen Revolution aufgebrachten und empörten Stimmen des Auslandes besänftigen. Außerdem befahl er einzelne Gauleiter und Landes-leiter (Habicht und später Leopold) zur direkten Berichterstattung über außenpolitische Fragen in die Reichskanzlei oder bevollmächtigte sie, in seinem Namen im Ausland zu verhandeln

Eine besondere Vertrauensstellung nahm von 1933 bis 1939 Göring ein, dem Hitler 1936 auch die Leitung der wirtschaftlichen Mobil-fügung stellte, als sich in der deutschen Rußlandpolitik eine Schwenkung gegen Moskau anbahnte. machung des Dritten Reiches in der Gestalt des Vierjahresplans übertrug. Er reiste wiederholt in geheimem Auftrag nach Rom, in die Haupt-städte des Balkans und Polens. Vor allem in Warschau sondierte er seit 1935 die Möglichkeiten, Pilsudski und seine Anhänger für einen gemeinsamen deutsch-polnischen Feldzug gegen die UdSSR zu interessieren.

Für den Kurs nationalsozialistischer Außenpolitik aber hatte die Politik der im besonderen Auftrage Hitlers arbeitenden neu errichteten Ämter und Dienststellen noch weiterreichende Folgen. Dazu zählte vor allem die des

Propagandaministeriums auf dem Sektor der Auslandspropaganda (auf die wir hier nicht näher eingehen), die des Außenpolitischen Amtes unter Rosenberg, der Auslandsorganisation unter Bohle, der Führungsgremien für die Volkstumspolitik und des Büros v. Ribbentrop.Hinzu kam, daß es dem Reichsführer SS, H. Himmler, durch Intrigen und geschickte Personalpolitik seit 1937 gelang, von Jahr zu Jahr seinen Einfluß in der Außenpolitik zu steigern, bis er im Kriege die wichtigsten Gegenspieler ausmanövriert hatte und den Kurs der NS-Außenpolitik, soweit man von einem solchen angesichts der totalen Krieg-führung überhaupt noch sprechen konnte, nach den Intentionen Hitlers bestimmte

Außenpolitisches Amt (APA)

In der bisherigen wissenschaftlichen Literatur ist das Außenpolitische Amt unter Rosenberg in seiner Bedeutung für die Verwirklichung des revolutionären Teils im außenpolitischen Programm der NSDAP unterschätzt worden, weil es nicht sichtbar in die großen diplomatischen Entscheidungen der Jahre bis 1939 eingegriffen hat. Dieses Amt, das von 1933 bis 1936 etwa 50, dann 1938 90 Mitarbeiter zählte, war nach sachlichen und geographischen Gesichtspunkten gegliedert. Ihm gehörten nur Parteigenossen, meist im Alter von 30 bis 40 Jahren, an. Im wesentlichen wirkte es im Sinne des Eisbergprinzips, das heißt, 10 °/o seiner Aktivität vollzog sich im Lichte der Öffentlichkeit, 90 °/o dagegen getarnt; teilweise arbeitete es auch nach der Zellentaktik. Sogar untereinander hatten die einzelnen Referate nicht immer Kenntnis von den verschiedenen Aufgaben und ihrer Lösung

Das Schwergewicht aller Sondierungen und außenpolitisch relevanter Handlungen lag auf vier Gebieten der ideologischen Konzeption. Einmal auf dem der geheimen Vorbereitungen zur Aufteilung Rußlands. Hierzu wurden die ehemaligen Rußlanddeutschen systematisch erfaßt, die antimoskowitischen Nationalbewegungen vorsichtig und ohne irgendwelche Zugeständnisse für die Zukunft gefördert, der Ausbau eines Völkergürtels von wirtschaftlich abhängigen Staaten rund um die Sowjetunion — vor allem im Südosten Europas — angestrebt und mit Italien, insbesondere mit dem Rußlandexperten Mussolinis, Enrico Insabato, künftige Teilungspläne abgestimmt

Der verbissene ideologische Kampf gegen „Weltjudentum“ und . Weltbolschewismus“ wurde in Wort und Schrift weitergeführt, zugleich mit dem Ziel, das „Feindbild" systematisch aufzubauen und die Rolle des NS-Deutschland als Bollwerk des Abendlandes gegen die „Kulturzerstörer" zu unterstreichen. Damit hofften die führenden Nationalsozialisten, eine „moralische Formel" für ein weltweites Zusammengehen gegen den Sowjet-kommunismus bzw. für die Einmischung in alle Vorgänge der Weltpolitik gefunden zu haben, ohne den Eindruck zu erwecken eigensüchtige machtpolitische Interessen zu verfolgen. Auf diesem Sektor arbeitete das Ostreferat des Außenpolitischen Amtes mit der getarnten Organisation des Propagandaministeriums, der „Antikomintern", zusammen. Zur gleichen Zeit schloß die Gestapo, in Verbindung mit dem Referat Deutschland des Auswärtigen Amtes, geheime Verträge mit Italien, Ungarn, Finnland und anderen Staaten zur so-genannten „polizeilichen Abwehr der europäischen Völker gegen das politische Verbrechertum“ des Bolschewismus.

Auf der Linie des außenpolitischen Programms lagen zudem die Bemühungen Rosenbergs, die „Nordische Schicksalsgemeinschaft“ als gemeinsames Erbe für die Zukunft Europas zu beleben. Die NS-Kulturpolitik propagierte den Gedanken der Artverwandtschaft und der heroischen Weltbetrachtung, um den Prozeß der „Aufnordung" beschleunigen und „geistig" vertiefen zu können Das neue Leitbild einer totalen Umwälzung aller gesellschaftlichen Kräfte im 20. Jahrhundert und der notwendigen Führungsrolle Deutschlands auf dem Kontinent aber wurde im Außenpolitischen Schulungshaus des Außenpolitischen Amtes dem NS-Nachwuchs, der kommenden außenpolitischen Elite, und durch die Parteiführung den Hoheitsträgern vermittelt, während die Spitzen der SS ihre Ordensgemeinschaft, die „Avantgarde", auf den kommenden Kampf zwischen „Menschen und Untermenschen" vorbereitete. Im Verlaufe des Zweiten Weltkrieges wurden diese „theoretischen Grundlagen" dann mutatis mutandis in die Praxis umzusetzen versucht.

Die Auslandsorganisation der NSDAP (AO)

Die Auslandsorganisation der NSDAP 22), gestützt auf das Vertrauen und die Machtstellung des Stellvertreters des Führers, R. Heß, war in erster Linie die Schöpfung ihres jungen, ehrgeizigen Leiters, E. W. Bohle. Innerhalb von vier Jahren baute dieser aus einer kleinen, unbedeutenden Abteilung in der Reichsleitung einen Apparat von 800 Angestellten, Referenten und Amtsleitern auf, der zwar auf Grund seiner recht heterogenen personellen Zusammensetzung und seiner Gliederung nicht als Konkurrenz zum Auswärtigen Amt betrachtet werden konnte, dem aber in der nationalsozialistischen Außenpolitik eine besondere Funktion zugedacht war. Die Auslandsorganisation war in erster Linie ein vielfach gehandhabtes Instrument zur weltanschaulichen Indoktrination der Reichsdeutschen im Ausland, ohne jedoch über die gleichen rigorosen Mittel zur Durchsetzung dieses Programms zu verfügen wie die staatlich-parteilichen Stellen im Reich. Außerdem wollte sie das Deutschtum im Ausland, im besonderen in den Streuund Grenzgebieten Europas, als Werkzeug aktiver Außenpolitik nutzbar machen. In Übersee hingegen waren ihre Bemühungen mehr auf Bekämpfung der gegnerischen Propaganda und der Assimilierungspolitik ausgerichtet; zudem verfolgte sie dort wirtschaftliche Interessen. Ihre Tätigkeit in Amerika als Vorbereitung für eine spätere Eroberung der amerikanischen Hemisphäre auszulegen, wie dies A. Frye in seiner jüngsten Untersuchung getan hat, dürfte jedoch zu weit gehen 22a).

Daß Bohle auf den Bereich der deutschen Volksgruppen Übergriff, entsprach nicht nur seiner Auffassung von der Totalität der nationalsozialistischen Erziehung, sondern auch seinen machtpolitischen Ambitionen. Doch mußte er sich den taktischen Erfordernissen der Außenpolitik beugen und das gewonnene Terrain bald wieder aufgeben.

Die Auslandsorganisation hat die deutsche Außenpolitik nicht kontrolliert; dazu war sie weder legitimiert noch sachlich in der Lage. Auch hat sie, von ihrem Eingreifen im Spanischen Bürgerkrieg abgesehen, den außenpolitischen Entscheidungsprozeß bis 1939 nicht beeinflußt. Sie sollte vielmehr die weltanschauliche Gesinnung überprüfen, in der die Reichs-vertreter die von Hitler erteilten Richtlinien und gefaßten Entschlüsse ausführten und in der diese dem Gastland und den Deutschen gegenüber auftraten. Damit gewann sie zwangsläufig einen gewissen Einfluß auf die Personalpolitik des Auswärtigen Amtes. Gegen die Spitzendiplomaten konnte sie aller-dings nur wenig ausrichten; diese lagen außerhalb ihres Machtbereiches, da Hitler deren Ernennung meist persönlich ausgesprochen hatte und sie sein Vertrauen besaßen.

Volkstumsführung

Organisation und Zentralisation der Volkstumsführung im Dritten Reich sind in mancher Hinsicht ein aufschlußreiches Spiegelbild für den außenpolitischen Kurswandel in den Jahren von 1933— 1939. Sowohl die sich verändernde Struktur als auch die verschiedenen Methoden der Volkstumspolitiker belegen den Prozeß der Radikalisierung, der je nach dem Grad der innenpolitischen Stabilisierung und internationalen Stellung des Reiches unaufhaltsam voranschritt. Solange das außenpolitische Programm der NSDAP vor 1933 nach der Machtübernahme bagatellisiert oder verleugnet werden mußte, war eine getarnte Partei-und staatsfreie Führung der volksdeutschen Arbeit erforderlich. Der Stellvertreter des Führers, R. Heß, berief 1933 hierzu den Volksdeutschen Rat, den er zu seinem Beratungs-und Vollzugsorgan machte. Er fixierte dessen Autonomie schriftlich, um damit zu „beweisen", daß die NSDAP jede Einmischung in die Angelegenheiten fremder Staaten ablehne. Der Volksdeutsche Rat, dessen Autorität auf der Stellung von Heß in Staat und Partei, aber auch auf den großen Erfahrungen seiner acht Mitglieder beruhte, setzte sich aus einem in Herkunft, Bildung und Auffassungen homogenen Kreis von Fachleuten, „Monopoli-* sten" für einen besonderen Machtbereich, zusammen, der, mit einer Ausnahme, nicht der Partei angehörte. In der Phase der Abschirmung nach außen schien er der gegebene Mittler zwischen Staat und Volksdeutschen im Ausland zu sein, zumal die NSDAP selbst keine erfahrenen Volkstumsspezialisten besaß, über eine vermittelnde Tätigkeit zwischen den rivalisierenden deutschen Volksgruppen, zwischen Alten und Jungen (meistens in den so-genannten „Erneuerungsbewegungen" zusammengeschlossen), kam der Rat jedoch niemals hinaus.

Die Angehörigen des Volksdeutschen Rates waren im besten Mannesalter (40— 50jährige); Weltkriegserlebnisse, Grenzlandkämpfe und Universitätsstudium hatten ihren Werdegang geprägt. Ihr Erfahrungsraum war der Südosten Europas, das Baltikum, das Sudetenland und Elsaß-Lothringen. Ihre Machtposition verdankten sie auch den engen persönlichen Beziehungen zwischen Heß und dem Vorsitzenden des Volksdeutschen Rates, K. Haushofer, überdies profitierten sie von der Zwangslage, in der sich die Machthaber des Dritten Reiches befanden. Hitler wollte und konnte in den Anfangsjahren seiner Politik auf die Mitarbeit bekannter, tüchtiger Männer von national-konservativer Gesinnung nicht verzichten, da diese ihm, ähnlich wie die Beamten des Auswärtigen Amtes, für die Verharmlosung seines Regimes gute Dienste leisteten. Daß er diese bereits 1934 in die revolutionären Methoden der NS-Volks-tumspolitik insgeheim eingeweiht hat, wie Rauschning behauptet, erscheint nach unseren 23a)neuesten Erkenntnissen jedoch recht fragwürdig 23a).

Von Anfang an stieß die Arbeit des Volksdeutschen Rates auf Schwierigkeiten. Seine Mitglieder besaßen innerhalb der Partei und ihrer Gliederungen keinen Rückhalt. Was sie selbst als Stärke auslegten, nämlich ihre so-genannte „Unabhängigkeit", offenbarte sich bald als Schwäche und größte Angriffsfläche.

gerieten in Einige von ihnen das Kreuzfeuer heftiger Kritik, weil sie mit ihrem Verhalten nicht den Vorstellungen der „alten Garde" entsprachen. Hinzu kam, daß K. Haushofer wegen der Abstammung seiner Frau nur im „Dämmerlicht" wirken konnte Obwohl er auf Heß ausübte, großen Einfluß scheute er die Öffentlichkeit und ein energisches Eintreten für die Sache. Der Stellvertreter des Führers selbst, durch Krankheiten in seinem Gleichgewicht gestört, blieb trotz seiner Stellung in der Parteihierarchie ein unentschlossener Mann, der immer mehr von seinem Stabschef Martin Bormann abhängig wurde. Grübelnd und von Zweifeln geplagt, hielt ihn nur der Glaube an Adolf Hitler aufrecht. Er zählte zu den Repräsentanten der enttäuschten Generation, die sich um den Sinn des Opfers im Ersten Weltkrieg betrogen sahen und die jetzt blind und voller Idealismus an den Wiederaufstieg Deutschlands unter dem Hakenkreuz glaubten.

Noch verhängnisvoller für den Volksdeutschen Rat erwies sich jedoch, daß seine Auffassungen vom Volkstum nicht denen der Nationalsozialisten entsprachen (was sich freilich erst im Laufe der Zeit herausstellte). Volkstum um des Volkstums willen, auch im Geiste der Erneuerung, war nicht das, was die Partei von der Führung der Volksdeutschen verlangte. Bei dem Ringen um die Seele der Deutschen jenseits der Grenzen wollte sie unmißverständliche Ausrichtung und dogmatische Bindüng an die NS-Weltanschauung. Sie lehnte die künstliche Trennung zwischen Reichs-und Volksdeutschen ab. Daß diese aus taktischen Erfordernissen vorübergehend in Kauf genommen werden mußte, sah sie zwar widerstrebend ein, doch hinderte sie das nicht, den VDA-(Volksbund für das Deutschtum im Ausland) Geist, seine „liberalistischen" Konzeptionen und seine karitative Betreuungstätigkeit mit allen Mitteln zu bekämpfen.

Neigte der Volksdeutsche Rat nach Zusammensetzung und Aktivität zu einem gemäßigteren Kurs in der deutschen Außenpolitik, so machte sich mit der Errichtung des Büros v. Kursell (1935) bereits ein erster Wandel bemerkbar. Dieses war nicht mehr „autonom", sondern eine hauptamtliche, im geheimen arbeitende Parteidienststelle (mit 8— 10 Angestellten), die Ribbentrop als Beauftragtem für außenpolitische Fragen beim Stellvertreter des Führers unterstellt wurde. Sein Leiter war ein „alter Kämpfer", der das Goldene Parteiabzeichen trug und daher nicht zur Zielscheibe von parteiinternen Angriffen werden konnte. Seine Mitarbeiter, alles jüngere, meist 30— 40jährige Parteigenossen, zum Teil Angehörige der S 3, waren ein sehr viel heterogenerer Kreis als der Volksdeutsche Rat. Sie hatten kaum Erfahrungen auf volkspolitischem Gebiet, so sehr sie sich dafür interessierten. Die Autorität des Büros beruhte auf der Position von Heß und auf der Parteizugehörigkeit seiner Angestellten. Aber Kursell, obgleich ein konzilianter, um Ausgleich bemühter Deutschbalte, kam mit 25 Himmler in Konflikt, und das bedeutete seinen Sturz.

Das Auswärtige Amt trat in der Frage der Volksgruppenführung nur in besonders krisenhaft erscheinenden Augenblicken aus seiner Passivität heraus, um dann allerdings Heß zur Zurückhaltung der Parteiorganisationen zu bitten. Währenddessen hielt sich Hitler geschickt im Hintergrund. Aus naheliegenden Gründen verzichtete er vorerst auf jede genauere Abgrenzung der Kompetenzen. Er vermied es peinlichst, seinen Namen in die Erörterung über die Auseinandersetzungen innerhalb der deutschen Volksgruppen in Europa mit hineinziehen zu lassen. Meist griff er nur dann ein — auch bei den anderen Dienststellen —, wenn durch allzu eigenmächtige Maßnahmen seiner Mitarbeiter der jeweils aktuelle Kurs seiner Außenpolitik ernsthaft gefährdet schien. Erst 1937 zeigte er ein wachsendes Interesse an der Volksgruppenarbeit, als er den von Himmler vorgeschlagenen SS-Obergruppenführer Lorenz persönlich in das neue Amt als Leiter der Volksdeutschen Mittelstelle (Vomi) einwies Mit der Organisation der Volksdeutschen Mittelstelle in diesem Jahre vollzog sich eine entscheidende machtpolitische Umstrukturierung auf dem Gebiet der Volkstumsführung. Die Autorität der Vomi beruhte weniger auf den Erfahrungen ihrer Referenten als auf deren schwarzen Uniformen und dem von Hitler umrissenen Auftrag. Die Angehörigen der Vomi, im Alter zwischen 30 und 40 Jahren, überwiegend waren SS-Führer. An Juristen, der Spitze der Organisation standen zwei absolute Vertrauensmänner des Reichsführers SS und des SD. Während im innerpolitischen Spannungsfeld der Jahre 1933— 1937 die Fronten recht unübersichtlich verliefen, hatten Himmler und Heydrich im Hintergrund auf einen günstigen Augenblick gewartet, ihre Machtpositionen weiter auszubauen. Nachdem sie Kursell gestürzt hatten, griffen sie zu: durch die Vomi bekamen sie zum erstenmal ein Instrument der Außenpolitik in die Hand, das sie später im eigenen Interesse geschickt zu handhaben verstanden. So kam es zu einer Radikalisierung der Volkstumspolitik zu einem Zeitpunkt, als in Verbindung mit der Ablösung des Reichswirtschaftsministers Schacht das wirtschaftspolitische Programm einer langfristigen Reintegration Deutschlands in den Weltmarkt als gescheitert betrachtet werden mußte und der neue Wirtschaftskurs verdeutlichte, daß das Reich bis zur Gewinnung eines zusätzlichen „Lebensraumes" eine Autarkiepolitik verfolgte. Unterdessen ging die deutsche Außenpolitik unverhüllt zur Expansion über

Mit der Volksdeutschen Mittelstelle entstand eine Befehlsstelle für volksdeutsche Angelegenheiten, die in ihren Machtbefugnissen nicht angetastet wurde und der sich auch die Parteidienststellen beugen mußten. Nachdem ein klarer Trennungsstrich zwischen Reichs-und Volksdeutschen gezogen worden war, traf die Vomi zwingendere Entscheidungen; auch scheute sie sich nicht vor Androhung von Repressalien. Indem sie sich unzweideutig auf bestimmte Richtungen innerhalb der deutschen Volksgruppen im Ausland festlegte, bahnte sie eine straffere Führung zum Zwecke der Gleichschaltung an. Von nun an konnten die Volks-gruppen, falls erforderlich, als Mittel indirekter Aggressionstechnik mißbraucht werden.

hat nur zweimal von Allerdings Hitler dieser Möglichkeit Gebrauch machen lassen, und zwar im Sudetenland und der in Slowakei Alles spricht dafür, daß er die Effektivität dieser revolutionären Methode skeptisch beurteilte. Er verließ sich lieber auf das traditionelle Instrument der Machtpolitik: auf die zielstrebig ausgebildeten Streitkräfte aller Wehrmachtsteile, die er eines Tages in seinem Sinne einzusetzen gedachte.

Dienststelle Ribbentrop

Während die Auslandsorganisation und die Volkstumsführung mehr an der Peripherie des außenpolitischen Entscheidungsprozesses wirkten, das Außenpolitische Amt das ideologische langfristige Programm nach Rosenbergs Vorstellungen weiterzuentwickeln trachtete, rückte die „Dienststelle Ribbentrop“ immer sichtbarer in das Zentrum der großen Tagespolitik Aus der zunächst recht lockeren Verbindung zwischen Hitler und Ribbentrop entwickelte sich ein wachsendes Vertrauensverhältnis, das vor allem in der Gemeinsamkeit bestimmter Auffassungen und in der Antipathie gegen die traditionelle Diplomatie begründet lag. Die 1934 aufgebaute Dienststelle Ribbentrop — 1936 zählte sie bereits 160 Mitarbeiter —, in ihrer personellen Zusammensetzung äußerst heterogen und in ihren Kompetenzen fast unbegrenzt, war Konsequenz der Ad-hoc-Aufträge, die Hitler seinem Intimus und treuesten Gefolgsmann unter Umgehung des Auswärtigen Amtes schon seit 1933 erteilte. Ribbentrop, der als Amateur und Reise-minister in besonderer Mission seine Karriere begonnen hatte, stieg in den Jahren bis 1937 zum ersten Berater Hitlers für außenpolitische Fragen auf. Durch seine Auslandsverbindungen, seine Servilität, seine unermüdliche Aktivität im Sinne der doktrinären Bündnispolitik sowie durch gewisse Erfolge wußte er sich die Gunst des Führers und Reichskanzlers zu sichern. Sehr bald bedeutete seine Betätigung eine Herausforderung für das Auswärtige Amt. Obgleich sein Ehrgeiz vorerst nicht befriedigt wurde — er erhielt weder den gewünschten Posten des Staatssekretärs des Auswärtigen Amts noch den eines Reichsleiters für Außenpolitik —, konnte er jedoch einige Ämter kumulieren. Er dämmte den Einfluß Bohles ein und übernahm verantwortlich die Leitung der Volkstums-und Kolonialpolitik. 1936 errichtete er eine Parteiverbindungsstelle, um die Äußerungen der NSDAP und ihrer Gliederungen auf außenpolitischem Gebiet überwachen und maßregeln zu können, während er als Botschafter in London eine der wichtigsten Schlüsselstellungen in der Diplomatie innehatte.

An sich war die Dienststelle Ribbentrop keine Institution, die das Auswärtige Amt ersetzen oder übernehmen sollte, vielmehr ein erweiterter Arbeitsstab des Führers für außen-politische Angelegenheiten; dies kam auch darin zum Ausdruck, daß ihr Leiter 1938 nur 26 % seiner Mitarbeiter ins Auswärtige Amt übernahm. Von Ribbentrop und seinen Mitarbeitern konnte Hitler natürlich bedingungslosere Ausführung seiner Weisungen und größeres Verständnis für den dynamischen Kurs seiner Außenpolitik erwarten, was sich zum Beispiel beim Abschluß des Flottenabkommens mit England 1935 und des Antikominternpakts mit Japan bzw. Italien 1936/37 zeigte. Und sicherlich war die Dienststelle das persönliche Machtinstrument und das Sprung-B brett des außerordentlichen bevollmächtigten Botschafters. Gestützt auf das Vertrauen Hitlers, auf die Zusammenarbeit mit Himmler und abgeschirmt gegenüber der Partei gewann Ribbentrop im machtpolitischen Kräftespiel zunehmend an Einfluß, bis Hitler im Februar 1938 seinen rastlosen Ehrgeiz belohnte und ihn zum Reichsaußenminister ernannte. Von diesem Zeitpunkt an aber blieb auch er nicht viel mehr als eines der ausführenden Organe oder die „Stimme seines Herrn", wie dies die Ereignisse bis zum Kriegsausbruch 1939 bewiesen haben. Höchstens hat er Hitler in der einseitigen Beurteilung der englischen Haltung gegenüber Deutschland im Sommer 1939 verhängnisvoll bestärkt.

Totalität der NS-Außenpolitik

Die Funktionen des Reichspropagandaministeriums (vor allem, was die Auslandspropaganda anbetraf), des Außenpolitischen Amtes, der Auslandsorganisation, der Volkstumsführung, der Dienststelle Ribbentrop und später der SS hatten für die nationalsozialistische Außenpolitik wahrscheinlich eine doppelte Bedeutung: einmal für die Totalität des außen-politischen Denkens und Handelns und zum anderen für die Verwirklichung des revolutionärenProgramms, so wie dieses skizziert wurde. Die genannten Dienststellen verstanden unter Außenpolitik nicht allein die Durchsetzung der nationalen Interessen gegenüber anderen Staaten, sondern zugleich die Übertragung der von Hitler gefaßten Entschlüsse und jeweils erteilten Richtlinien auf das ganze gesellschaftliche und wirtschaftliche Leben der Nation. Damit verbunden war eine entsprechende Erziehungsarbeit. Es galt, das außen-politische Verständnis des Volkes zu wecken, Einsichten in die Richtigkeit, Zweckmäßigkeit und Durchsetzbarkeit außenpolitischer Maßnahmen zu fördern und damit geistig die kommende „Weltentscheidung" vorzubereiten. Außerhalb Deutschlands konnte dieses jedoch nur langsam und je nach der gewonnenen Machtlage des Reiches erreicht werden. Die totale Erfassung, Ausrichtung und Kontrolle des Deutschen entsprechend den Erfordernissen der nationalsozialistischen Weltanschau-ung konnte natürlich nicht den traditionellen, mehr beharrenden Kräften und Behörden des Staates, wie etwa denen des Auswärtigen Amtes, überlassen bleiben, sondern mußte vornehmste und wichtigste Aufgabe der Partei sein. Solange die NSDAP allerdings keine qualifizierten Fachleute auf diesem Gebiet herangebildet hatte, mußte sie nolens volens auf „nationale" Kreise zurückgreifen, auch wenn diese ihrer Meinung nach mit dem Geist der Bewegung nicht Schritt hielten. So bekämpfte die NSDAP von Anfang an offen und im Verborgenen diejenigen Gruppen im Inneren, die traditionelle, konservative oder liberalistische Konzeptionen in der Außenpolitik vertraten, obgleich Hitler sie zur Abschirmung seiner „Friedensoffensive" eine Zeitlang ausnutzte. Einen Einfluß auf den außenpolitischen Entscheidungsprozeß aber, wie ihn etwa das ZK der KPdSU in Moskau besaß, räumte Hitler der Parteispitze zu keinem Zeitpunkt ein.

Fast noch wichtiger war der andere Gesichtspunkt: Die von den Nationalsozialisten vor 1933 proklamierten außenpolitischen Forderungen waren — von der politischen und wirtschaftlichen Lage Deutschlands einmal ganz abgesehen — infolge ihrer radikal-revolutionären Zielsetzung mit Hilfe des konservativen Apparates des Auswärtigen Amtes gar nicht zu erfüllen. Hitler suchte daher von Anfang an nach neuen Organisationsformen und bedingungslos gehorchenden Gefolgsmännern, mit deren Hilfe er sein Programm schrittweise weiterentwickeln und gegen alle Widerstände durchsetzen konnte, während er gleichzeitig durch die Revisionspolitik mit Hilfe des Auswärtigen Amtes die machtpolitischen Voraussetzungen dafür schuf.

Zellentaktik

Betrachten wir unter diesem Aspekt die Strukturder NS-Außenpolitik als Ganzes, so können wir vielleicht sagen, daß die neu errichtetenDienststellen und ihre Mitarbeiter, jede auf ihre Weise, zum Teil unabhängig voneinander und meist unter Umgehung des Auswärtigen Amtes bis 1939 zellenartig partielle Funktionen im Rahmen dieser großen Aufgabe übernommen haben, und zwar so, daß sie entweder speziell damit beauftragt wurden oder daß ihre entsprechende Eigeninitiative im Sinne der NS-Weltanschauung geduldet wurde. Dazu zählten die Gleichschaltung der Reichsdeutschen und Volksdeutschen, das heißt die „Stählung des Volkskörpers" jenseits der Grenzen zu einem Machtinstrument und möglichen Mittel indirekter Aggressionstechnik, der Ausbau des neuen doktrinären Bündnis-systems, das auf eine scheinbare Abgrenzung der Interessen mit England und ein Zusammengehen mit Japan sowie Italien hinauslief, die insgeheim durch Rosenberg weiter vorbereiteten Pläne zur Aufteilung der UdSSR, ferner der Kampf gegen das „Weltjudentum" und den „Bolschewismus", verbunden mit der Förderung einer „Nordischen Schicksalsgemeinschaft" und der geistigen Schulung im Sinne des „Entweder-Oder". Diese Politik bezeugte den Willen Hitlers, neben der amtlich-offiziösen Außenpolitik, die aus taktischen Erwägungen unter ständiger Beteuerung des Friedens mit nationalen Parolen wie der Revision des Versailler Vertrages und dem Selbstbestimmungsrecht arbeitete, den Aufbau des Neuen Deutschlands und die revolutionäre Umgestaltung Europas vorzubereiten.

Im Lichte neuerer Erkenntnisse wird man also weniger zwischen einer revisionistischen und expansiven Phase der NS-Außenpolitik von 1933— 1939 unterscheiden dürfen, viel eher zwischen einer Phase verdeckter Aggressionsvorbereitungen bis 1937, einer Periode offener Expansion mittels Gewaltandrohung seit 1938 und der der Entfesselung des Krieges 1939.

Doppelter Wesenszug

Aus dem bisher Dargelegten ergibt sich darüber hinaus, daß jede Analyse der NS-Außenpolitik einseitig und vordergründig bleibt, die allein von den diplomatischen Entscheidungen der Jahre 1933— 1939 ausgeht. Sie verkennt den doppelten Wesenszug im Charakter der NS-Außenpolitik, der in Parallele zur Entwick-lung des Normen-und Ausnahmestaates (Fraenkel) im Innern gesetzt werden muß (wenn man die zunehmende Bedeutung der SS in der NS-Herrschaftsstrukur berücksichtigt, könnte fast von einem Triangel-Verhältnis gesprochen werden): Es ist von einem traditionell-konservativen (d. h. revisionistischen) und einem revolutionären Programm und dementsprechend von einem traditionellen und revolutionären Instrumentarium der Außenpolitik zu sprechen. Ersteres diente vor allem der Abschirmung und dem Nachweis der „Friedenspolitik"; im Rahmen des letzteren ließ Hitler mehrere Kräfte gleichzeitig für sich arbeiten. Dieses Prinzip entsprach nicht nur seiner Auffassung vom „divide et impera", sondern in gewisser Weise auch seiner Taktik, die er später spezifizierter auf den militärischen Bereich übertrug: jeder Dienststelle nur soviel mitzuteilen, wie es ihm für die Erfüllung des unmittelbar erteilten Auftrages erforderlich schien. Auf diese Weise behielt nur er den Überblick über alle Verhältnisse. Er spornte damit die rivalisierenden Institutionen zu höheren Leistungen an, beschäftigte deren ehrgeizige Exponenten und verhinderte das Erstarken ernst zu nehmender machtpolitischer Konkurrenten; außerdem verschleierte er seine letzten Absichten.

Hinzu kam, daß Hitler alle Maßnahmen dieser Dienststellen, falls erforderlich, jederzeit desavouieren konnte, indem er auf den sogenannten offiziellen Kurs der Außenpolitik, vertreten durch das Auswärtige Amt, hinwies, der letzten Endes doch nur Mittel zum Zweck war. Erst mit der De-facto-Gleichschaltung des Auswärtigen Amtes und der Ernennung Ribbentrops zum Reichsaußenminister im Frühjahr 1938 bahnte sich eine Entwicklung an, die eine immer stärkere Identität mit der ursprünglichen Absicht Hitlers erkennen und das so-genannte traditionell-nationale Ziel schrittweise in den Hintergrund treten ließ.

Je intensiver die verschiedenen Aspekte der nationalsozialistischen Politik untersucht und dabei bisher unveröffentlichte Quellenbestände ausgeschöpft werden, um so nachhaltiger drängt sich dem kritischen Betrachter der Eindruck auf, daß die zentrifugalen Kräfte, das heißt die divergierenden Machtgruppen von Staat und Partei mit ihrem wechselvollen Spiel eines Miteinander, Gegeneinander und Nebeneinander, die Struktur des totalitären Systems in weit höherem Maße beeinflußt haben als der Wille und die Richtlinien zur monolithischen Geschlossenheit des Dritten Reiches und Einheit des innen-und außenpolitischen Denkens im Geiste der neuen Weltanschauung. Ein solches Bild von der „Systemlosigkeit" und dem „Ämterchaos" läßt sich gleichermaßen im Bereich der Außenpolitik nachzeichnen. Auch hier wurde mit allen nur erdenklichen Mitteln erbittert um Kompetenzen und Einfluß gerungen, wobei die Fronten ebenso zwischen den mehr konservativen Gruppen (im wesentlichen der Beamtenschaft) und der nationalsozialistischen Führungselite verliefen wie zwischen den Parteidienststellen und den ihr angeschlossenen Organisationen.

Zudem sind keineswegs alle Entscheidungen absolut logisch und folgerichtig im Sinne des ursprünglichen Programms oder nach dem Prinzip von Strategie (Fernziel) und Taktik (Nahziel) getroffen worden. Viele sind gerade in der Aufbauphase mehr der Gunst des Augenblicks, dem Zwang zum Experimentieren und dem Versuch entsprungen, angesichts der machtpolitischen Frontstellungen und Bündniskonstellationen der Welt einen besseren Weg ausfindig zu machen, um das gesteckte Ziel zu erreichen. Eine solche anfänglich schwankende und widerspruchsvoll erscheinende Politik, begleitet von ununterbrochenen Richtungskämpfen im Inneren, darf allerdings nicht als Planlosigkeit oder gar als purer Opportunismus ausgelegt werden, obgleich es auch diese oft genug gegeben haben mag. Es wäre falsch, die — auch aus einem gewissen Fanatismus resultierende — Zielstrebigkeit der führenden Nationalsozialisten, insbesondere von Hitler, auf außenpolitischem Gebiet zu unterschätzen oder gar zu bagatellisieren, wozu neuerdings einige Historiker nei19 gen. In besonderer Weise trifft für Hitler die Feststellung zu, die Bismarck einmal in einem Gespräch mit dem Journalisten Friedjung 1890 gemacht hat, als er erklärte, es hieße das Wesen der Politik verkennen, „wollte man annehmen, ein Staatsmann könne einen weit-aussehenden Plan entwerfen und sich als Gesetz vorschreiben, was er in einem, zwei oder drei Jahren durchführen wolle... Man kann sich nur im großen die zu verfolgende Richtung (Hervorhebung durch Verf.) vorzeichnen. Diese freilich muß man unverrückt im Auge behalten; aber man kennt die Straßen nicht genau, auf denen man zu seinem Ziele gelangt. Der Staatsmann gleicht einem Wanderer im Walde, der die Richtung seines Marsches kennt, aber nicht den Punkt, an dem er aus dem Forst heraustreten wird. Ebenso wie er muß der Staatsmann die gangbaren Wege einschlagen, wenn er sich nicht verirren soll..." 31a)

Außerdem ist zu berücksichtigen: Wie immer auch Einzelpersönlichkeiten, Dienststellen der Partei und Behörden des Staates Prinzipien und einzuschlagendes Tempo des außenpolitischen Entscheidungsprozesses in Deutschland aus ihrer Sicht beurteilt haben, die meisten von ihnen trennte bis 1938 mehr die jeweils zu verfolgende Methode als die machtpolitische Zielsetzung, zumal die revolutionäre Komponente in der NS-Außenpolitik von vielen gar nicht begriffen worden ist. überwiegend waren sie davon überzeugt, daß nur ihr Vorschlag die schnellere oder gefahrlosere Lösung bot. Daher wechselte Hitler auch bedenkenlos sein außenpolitisches Instrumentarium ohne Rücksicht darauf, ob dadurch Partei-genossen, Militärs oder Diplomaten betroffen wurden. Für ihn zählte allein die Aussicht auf Erfolg. Wenn es die außenpolitischen Umstände erforderten, löste er einen Landes-inspekteur der NSDAP, wie z. B. T. Habicht in Österreich im Jahre 1934 und Leopold 1937, ebenso ab wie später einen Botschafter, der, wie U. v. Hassell, seine Politik gegenüber dem Ausland nicht rückhaltlos vertrat. Widerstrebende Kräfte im Innern wußte er zum rechten Zeitpunkt auszuschalten, wie dies das berühmte Revirement vom 4. Februar 1938 bewies, als er u. a. die Generale v. Blomberg und Fritsch durch den willfährigen General Keitel und General v. Brauchitsch ersetzte. Schon einige Monate vorher hatte sein Stellvertreter Heß den Bundesleiter des Volksbundes für das Deutschtum im Ausland, Dr. Steinacher, „beurlaubt". Schließlich dürfen die erstaunlichen außen-politischen Erfolge und das außergewöhnliche Glück Hitlers von 1933— 1939 nicht vergessen werden. Sie haben allen Widerständen und retardierenden Strömungen im Inneren zum Trotz Deutschlands wachsende weltpolitische Stellung von Jahr zu Jahr mehr gefestigt und dadurch die weithin effektive Geschlossenheit von Volk und Führung mitbewirkt. Und was die Methoden des Vorgehens zur räumlichen Expansion anbetraf, so haben bereits 1938 informierte Kreise in Deutschland erkannt, daß diese darauf aufbaue, „bei jeder sich bietenden Gelegenheit — also vor allem bei jeder irgendwie gearteten internationalen Krise oder Schwächeerscheinung im Bereiche anderer Staaten — auf diese oder jene Weise dem Endziel näherzukommen"

Revolutionärer Umbruch

Heute dürfte feststehen, daß Hitler letzten Endes von einem Grundgedanken beherrscht war: unbeirrbar das einmal aufgestellte revolutionäre außenpolitische Kernprogramm der NSDAP zu verwirklichen. Seit den zwanziger

Jahren strebte er die völlige rassische Neugestaltung des europäischen Kontinents nach den Prinzipien seiner nationalsozialistischen

Weltanschauung an. Dafür scheute er auch nicht vor einem Waffengang zurück, auf den er das deutsche Volk seit 1935 offen und systematisch vorbereitete. Seit 1938 schien er die Wehrmacht geradezu als das ausschlaggebende Instrument seiner Politik, die Aktivität aller anderen Ämter und Dienststellen hingegen nur als Hilfsmittel betrachtet zu haben, was ja auch seinen in den zwanziger Jahren entwickelten Ideen entsprach

Goebbels hat die dafür erforderliche Taktik 1940 vor Journalisten mit dem Hinweis erläutert, daß die Nationalsozialisten sich immer nach den Kräften hätten richten müssen, die zur Verfügung standen. 1933 hätten sie nicht das tun können, was sie 1934 oder später angepackt hätten, weil das Volk einfach nicht mitgegangen wäre, da es nicht vorbereitet war. Es komme immer darauf an, welche Macht man tatsächlich besitze und „wie stabil diese Macht" sei, um die „genau zu berechnenden Krisen zu überwinden". Man müsse begreifen, „um was es geht" und dürfe nicht „Utopien" nachjagen, sondern müsse notfalls das Ziel in Etappen zu erreichen versuchen. Bis jetzt (gemeint war 1940) sei es ihnen (d. h.den Nationalsozialisten) gelungen, den Gegner über die eigentlichen revolutionären weltanschaulichen Ziele Deutschlands im unklaren zu lassen, „genauso wie unsere innerpolitischen Gegner bis 1932 gar nicht gemerkt" hätten, wohin „wir steuerten; daß der Schwur auf die Legalität nur ein Kunstgriff war. Wir wollten legal an die Macht kommen, aber wir wollten sie doch nicht legal gebrauchen. Wir wollten nicht Parteien dulden, die mit uns nach einem Jahr etwa so verfahren würden, wie wir mit ihnen zu verfahren beabsichtigten. Man hätte uns ja erdrücken können, so sehr schwer war das nicht. Aber man tat es nicht. Man hätte 1925 ein paar von uns in Haft nehmen können, und alles wäre aus und zu Ende gewesen. Nein, man hat uns durch die Gefahrenzone hindurch gelassen. Genauso war das in der Außenpolitik ..."

Die verschiedenen Phasen der deutschen Kriegszielpolitik im Zweiten Weltkrieg, auch Konsequenzen der militärischen „Blitz-Siege", zudem die wachsende Unrast des Diktators, die geschichtliche Mission noch zu seinen Lebzeiten zu erfüllen, gefördert durch die Handlungen der deutschen Bündnispartner und die Reaktion der Anti-Hitler-Koalition, die Rolle Rosenbergs als Minister der besetzten Ostgebiete und der SS in den unterworfenen Ländern haben in hohem Maße diese festumrissene und zugleich radikale Zielsetzung der NS-Außen-politik bestätigt. Himmler erklärte seinen SS-Führern noch im Januar 1944, daß aus dem Kriege die beherrschende Macht Großdeutschland als die „Weltmacht Europas" hervorgehen werde mit der Aufgabe, „Europa mit seinen anderen Völkern zu ordnen" und diesem ein ebenso „weiser Regent" wie „brutal zugreifender Beherrscher" zu sein, falls dies erforderlich sei Diese und ähnliche Ausführungen sowie die Praxis der nationalsoziali-stischen Herrschaftsund Vernichtungspolitik in Europa beweisen einmal mehr, wie unlösbar Programmatik (bis 1933), Taktik (bis 1939) und Zielsetzung der NS-Außenpolitik (bis 1945) als logische Folgen der NS-Weltanschau-ung miteinander Zusammenhängen. Es dürfte daher, historisch betrachtet, sinnvoller sein, die Außenpolitik Deutschlands von 1933— 1939 als nationalsoeialistische Außenpolitik zu bezeichnen, zumal das Jahr 1933 und die weitere Entwicklung bis Kriegsende in der deutschen Geschichte weniger im Lichte der Kontinuität gesehen werden sollten als vielmehr unter dem Aspekt eines revolutionären Umbruches, wenngleich auch nicht zu leugnen sein wird, daß manches Teilziel unverkennbar Parallelen in der deutschen Politik des 19. und 20. Jahrhunderts findet

Fussnoten

Fußnoten

  1. Auf eingehende Belege wird in diesem Beitrag verzichtet; sie sind enthalten in der größeren Studie des Verf., die unter dem Titel „Nationalsozialistische Außenpolitik. 1933— 1938“ für den Druck vorbereitet wird.

  2. Neben den zahlreichen schon bekannten Zeugnissen sei hier auf den Brief von R. Heß an W. Hewel vom 30. März 1927 verwiesen (PS— 3753, Archiv d. If. Zg.), ferner auf die unveröffentlichte Rede Hitlers vom 18. Oktober 1928 in Oldenburg i. O. (Thema: „Was wir wollen"), Hoover Institution, NSDAP Hauptarchiv, Folders 19— 59, reel 2.

  3. Vgl. das NS-Organ „Der Hoheitsträger. Vertraulich", vom Februar 1938 (Rede von F. Schmidt in der Ordensburg Sonthofen), Archiv d. If. Zg.

  4. Vgl. H. -A. Jacobsen, Der Zweite Weltkrieg. Grundzüge der Politik und Strategie in Dokumenten, Fischer Bücherei (Frankfurt) 1965, S. 180 ff. Vgl. auch Fase. 46 der Forschungsstelle für die Geschichte des Nationalsozialismus in Hamburg.

  5. Vgl. die Arbeit von G. Schubert, Anfänge nationalsozialistischer Außenpolitik, Köln 1963, S. 66 ff.

  6. Vgl. Hitlers Zweites Buch. Ein Dokument aus dem Jahr 1928, hrsg. von G. L. Weinberg, Stuttgart 1961, S. 77.

  7. Vgl. z. B. das Interview, das Hitler dem Sonder-korrespondenten der „Daily Mail", Ward Price, am 18. Oktober 1933 gewährte (Bundesarchiv Koblenz, R 43 I 1/474) ; ferner: Äußerung gegenüber dem Chefredakteur der „Basler Nachrichten", Nationalrat Dr. Oeri, v. 10. Januar 1934 (BA, R 4311/472).

  8. Vgl. Rundruf Nr. 125 vom 5. Februar 1936, Sammlung Brammer (Bundesarchiv Koblenz).

  9. Vgl. das Interview zwischen Rosenberg und Frl. Bertillon vom 6. Dezember 1935, Bundesarchiv Koblenz, NS 8/42.

  10. Vgl. M. Domarus, Hitler. Reden und Proklamationen 1932— 1945, Bd. I, Würzburg 1962, S. 580 (21. 2. 36).

  11. Vgl. die Aufzeichnung Köpkes vom 20. Dezember 1934 über seine Unterredung mit dem französischen Botschafter (National Archives, Mikrofilm T— 120/2661, H 015002— 06).

  12. Da die Personalakten des Auswärtigen Amtes, Bonn, der historischen Forschung nicht zugänglich sind, können die nachfolgenden Angaben nur mit Vorbehalt gemacht werden. Für die Personalveränderungen im allgemeinen (allerdings lückenhaft): Akten Büro Reichsminister 2 adh. I, Bd 1 (Politisches Archiv des Auswärtigen Amtes, Bonn); Personal-veränderungen; AA 27/1, Bd. 1, Chef A. O. 41, 74 und 96. Vgl. jetzt auch allgemein: H. Mommsen, Beamtentum im Dritten Reich, Stuttgart 1966.

  13. Vgl. das Schreiben des Botschafters vom 11. März 1933 an RAM von Neurath (Pol. Archiv, Bonn, Büro Reichsminister, 2, Bd. 8).

  14. Vgl. hierfür jetzt die Studie von D. Ross, Hitler und Dollfuss. Die deutsche Österreich-Politik 1933— 1934, Hamburg 1966.

  15. Das Aktenmaterial über die außenpolitische Aktivität Görings ist sehr spärlich. In den ersten Monaten des Dritten Reiches unterrichtete Göring das AA. Vgl. z. B. Aufzeichnung Neuraths vom 22. Mai 1933 (Büro Reichsmin. 1 c, Nr. 1 Bd. 3) und vom 20. November 1933 (ebd ).

  16. Vgl. jetzt die mehr kompilatorische Arbeit von H. Flöhne, Der Orden unter dem Totenkopf. Die Geschichte der SS, Gütersloh 1967, S. 240 ff (mit zahlreichen Ungenauigkeiten und Irrtümern im Text).

  17. Ebenda S. 270 ff.

  18. Die Restbestände der Akten aus dem APA sind weit verstreut (so u. a. im Bundesarchiv, im Pol. Archiv des Auswärtigen Amtes, im zeitgesch. jüd. Archiv, Paris, und in New York).

  19. Vgl. hierzu die Aufzeichnungen der Ostabteilung des APA (Leiter: Dr. Leibbrandt) vom 17. September 1937 (BA, NS-Misch. 1614 und US-Mikrofilm T— 81/18).

  20. Vgl. hierzu den Bericht von Dr. Taubert (Promi) v. 31. Dezember 1944 (Querschnitt durch die Tätigkeit des Arbeitsgebietes Antibolschewismus), in: YlVO-Institute for Jewish Research, New York, G, PA— 14.

  21. Hierzu befinden sich Aktenbestände im Politischen Archiv des Auswärtigen Amtes, vor allem aber auch im Stadtarchiv Lübeck (Handakten des Bürgermeisters Dr. Drechsler, Vorsitzender des Kleinen Rates der Nordischen Gesellschaft).

  22. Vgl. hierzu die Akten der Kulturabteilung des AA (im Politischen Archiv des Auswärtigen Amtes, Bonn). Eine äußerst ergiebige und wertvolle Quelle zur Volkstumspolitik sind die Tagebücher und (unveröffentlichten) Erinnerungen von Hans Steinacher (Bundesleiter des Volksbundes für das Deutschtum im Ausland von 1933— 1937), die der Verf. erstmals auswerten konnte.

  23. Vgl.den Nachlaß von K. und A. Haushofer im Bundesarchiv Koblenz.

  24. O. v. Kursell (München) hat in den letzten Jahren seine Erinnerungen verfaßt, die er hektographiert an Freunde und Interessierte verschickt hat (ein Exemplar im Besitz des Verf.).

  25. Mitteilung von W. Lorenz an den Verf. vom 12. August 1965.

  26. Die Akten der Vomi sind 1945 im wesentlichen vernichtet worden (Restbestände sind im Pol. Archiv des AA, Kult. Abt., und im Bundesarchiv Koblenz zu finden).

  27. Vgl. zu dem Vorhergehendem: H. D. Petzina, Der Nationalsozialistische Vierjahresplan von 1936, Diss., Mannheim 1965, vor allem S. 269 ff.

  28. Vgl. jetzt die Arbeit von J. K. Hoensch, Die Slowakei und Hitlers Ostpolitik, Köln-Graz 1965, S. 172 ff.

  29. Soweit die Akten der Dienststelle Ribbentrop erhalten geblieben sind, befinden sie sich im Politischen Archiv des Auswärtigen Amtes. Aus dem Privatbesitz wichtig: die Aufzeichnungen H. v. Räumers (Leiter der Ostabt.), die Denkschrift des Grafen Dürckheim (über Südwestafrika) und die Unterlagen des ersten Adj. Ribbentrops, Dr. Thorner.

  30. Vgl. E. Fraenkel, The dual state. A contribution to the theory of dictatorship, New York 1941.

  31. Vgl. die Aufzeichnung über die Donnerstag-Unterhaltung in München (Nov. 1938): Brammer Material (BA), 101/33, S. 357 ff (im übrigen eine Bestätigung der Geheimrede Hitlers vor der deutschen Presse vom 10. November 1938).

  32. Vgl. die einleitenden Ausführungen (Programmatik), S. 6.

  33. Vgl. Anm. 4.

  34. Schlußansprache des Reichsführers SS auf der Königsberger Tagung vom Januar 1944, in: Pol. Archiv des AA, Parteidienststellen 6/2 (1943— 1945).

  35. Vgl. jetzt zum Stand der Diskussion über die Kriegszielpolitik im Ersten Weltkrieg: Aus Politik und Zeitgeschichte, Beilage zur Wochenzeitung das Parlament B 25/1967, v. 21. Juni 1967 (mit Beiträgen von Wolfg. Mommsen und I. Geiss); außerdem die Zusammenfassung und Gegenüberstellung (Erster und Zweiter Weltkrieg): A. Hillgruber, Deutschlands Rolle in der Vorgeschichte der beiden Weltkriege, Göttingen 1967.

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Hans-Adolf Jacobsen, Dr. phil., Dozent für Zeitgeschichte und internationale Beziehungen an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, geb. 16. November 1925 in Berlin. Veröffentlichungen u. a.: Fall Gelb, Wiesbaden 1957; 20. Juli 1944 (4. Aufl. neubearb. u. erg. zus. m. Erich Zimmermann), Bonn 1961; 1939— 1945. Der Zweite Weltkrieg in Chronik und Dokumenten, Darmstadt 1966 6; Zur Konzeption einer Geschichte des Zweiten Weltkrieges, Frankfurt 1965; Generaloberst Halder, Kriegstagebuch, Bd. I—III (Hrsg.), Stuttgart 1962 ff.; Kriegstagebuch des OKW, Bd. I: 1940— 1941 (Bearb.); Ausgewählte Dokumente zur Geschichte des Nationalsozialismus 1933— 1945, Bielefeld 1961— 1966 (Mithrsg.); Strategie der Abrüstung (Einf.), Gütersloh 1962 (Mithrsg.); Zum Verhältnis von Heer und Staat in der Weimarer Republik, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, Beilage zur Wochenzeitung Das Parlament, Nr. 41 v. 10. Dezember 1966.