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A. die Entwicklung föderativer Ordnungen und Vorstellungen I. Beispiele und Auffassungen bis zur Verkündung der Verfassung der Vereinigten Staaten von Amerika | APuZ 1/1968 | bpb.de

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APuZ 1/1968 Föderalismus Die historischen und philosophischen Grundlagen des föderativen Prinzips A. die Entwicklung föderativer Ordnungen und Vorstellungen I. Beispiele und Auffassungen bis zur Verkündung der Verfassung der Vereinigten Staaten von Amerika II. Föderalismus und Konstituierung der Vereinigten Staaten von Amerika

A. die Entwicklung föderativer Ordnungen und Vorstellungen I. Beispiele und Auffassungen bis zur Verkündung der Verfassung der Vereinigten Staaten von Amerika

1. Das antike Vorbild: Der Achäische Bund

Der die politischen Auffassungen nachhaltig beeinflussende und bestimmende Staat der Griechen war die Polis. Sie ist der um eine städtische Siedlung aufgebaute Staat, eine Bürgergemeinde aller freien Männer. In der Polis fand der griechische Geist seine politische Form, von der Victor Ehrenberg sagt, sie sei durch eine großartige Kolonisation für die politische Ausgestaltung der ganzen Mittelmeerwelt von grundlegender Bedeutung geworden. Auch Rom habe seine Entwicklung als Polis begonnen. In ihr habe das Abendland die Staatsform geschaffen, die endgültig erst das Imperium Romanum überwinden sollte. Die Polis bedeutet gegenüber der bürokratischen und theokratischen Despotie der orientalischen Reiche den schärfsten Protest. Zum erstenmal gewinnen in der Polis Begriffe wie Freiheit und Gleichheit, Autonomie und Demokratie Farbe und Leben: „Die Polis ist die völlig unmonarchische Staatsform; was das Abendland an Widerstand aufgebracht hat gegen das L’tat c'est moi‘ des Absolutismus, geht — in Praxis und Theorie — letztlich auf die griechische Polis zurück."

Eine deckungsgleiche Übersetzung des Begriffes Polis ist nicht möglich, weshalb dieser in der Regel unübersetzt bleibt. Als vorstellbare Übersetzungen bieten sich an „Gemeindestaat" oder „Stadtstaat". Die mit beiden Begriffen verbundenen Vorstellungen sind in der Bezeichnung Polis vorhanden. Die Polis bietet in ihrer Erscheinung das „Bild des Staates, der frei und autonom, selbstgenügsam und selbstgewiß ist, der sich um das städtische Zentrum im Raum, um das kultische im Geiste lagert" — das Bild eines Staates, der eine engräumige und geschlossene Einheit darstellt. Bürger der Polis, Polite, ist, wer das Bürgerrecht, die Politeia, besitzt. Das viel und gerne zitierte Wort des Philosophen Aristoteles, der Mensch sei ein politisches Lebewesen, besagt nicht, der Mensch sei ein politisches Wesen schlechthin, sondern bedeutet, wie Ehrenberg betont, der Mensch ist ein zur Polis gehöriges Wesen. Das Wort „Politeia" bedeutet aber nicht nur Bürgerrecht, es bezeichnet auch die Bürgerschaft, die Staatsverfassung und den gesamten Staatsaufbau; alles, was die Wirklichkeit der Polis ausmacht, ist „Politeia": „Das abstrakte Wort spiegelte die Einheit des Staatsbürgertums wider, nicht nur die Summe seiner Glieder, sondern den lebendigen Körper aus Regierenden und Regierten und das politische Leben, das das Leben und Wesen der Bürger ausmachte."

Die Bezeichnungen „Polis" und „Politeia" sind eingegangen in unseren weitgreifenden und tiefschichtigen Begriff „Politik". Die griechische Polis, Urform und Leitbild des europäischen Staates, lebt, in dem Begriff „Politik" weiter.

Die Polis stand auch den griechischen Philosophen, die das Wesen des Staates beschrieben und bestimmten, vor allem Plato und Aristoteles, vor Augen. Die beiden gingen in ihren staatsphilosophischen Darlegungen stets von der ihnen bekannten Polis, dem überschaubaren Stadtstaat, aus. Alle Begriffe und Vorstellungen entwickelten sie aus der Struktur der Polis. Dieser Umstand wurde für das politische Denken Europas entscheidend.

Die Griechen formten im Verlauf ihrer Geschichte jedoch nicht nur die Polis, sondern auch über die einzelne Polis hinausgreifende zwischenstaatliche und überstaatliche Organisationen und Ordnungen. Es handelt sich dabei um Bündnisse, Staatenbünde und auch Bundesstaaten. Victor Ehrenberg nennt in seiner Studie „Der Staat der Griechen" als dessen Erscheinungsform sowohl Polis als auch Staatenbund und Bundesstaat Er befindet sich dabei in Übereinstimmung mit allen Autoren sowohl der griechischen Geschichte als auch der Entfaltung des föderativen Prinzips. Durch die zwischenstaatlichen Beziehungen, durch den Verkehr der Poleis untereinander, entstanden in zahllosen Vor-und Zwischenstufen Bündnisse, Bünde und schließlich auch hündische Ordnungen, die mit dem modernen Begriff „Bundesstaat" belegt werden.

Als der Auffassung des Bundesstaates am nächsten gekommen gilt übereinstimmend der Achäische Bund, der die griechische Entwicklung maßgebend bestimmte. Uber die dahin führende Entwicklung sagt Helmut Berve in seiner 1933 erschienenen „Griechischen Geschichte": „Es ist nicht zu leugnen, noch einmal erhebt sich um die Mitte des dritten Jahrhunderts das politische Leben Griechenlands im verzweifelten Ringen um seine Existenz zwischen den großen Mächten zu gestaltender Tat, noch einmal entfaltet das Hellenentum des Mutterlandes eine hohe staatsbildende Kraft. In der Form des Bundesstaates (Koinon), den Bürgerrechtsverleihungen Synoikismen, landschaftliche und stammesmäßige Bünde, Symmachien und Friedensverbände seit Generationen vorbereitet haben, ersteht eine neue große Schöpfung von überzeitlichem und über-lokalem Wert. Sie wird, nicht anders als die hellenistische Monarchie, getragen von der unverbrauchten Kraft bisher fast geschichtsloser nordwestgriechischer Stämme, die jetzt erst zu politischer Bewußtheit gelangen und dank der ihnen eigenen Verbindung von Freiheitlichkeit und gesammelter Kraft auf dem Grund ihrer alten landschaftlichen Stammeseinheit ein Staatsgebäude errichten, weit genug, auch das hellenische Polisleben in seiner gegenwärtigen kommunalen Form noch organischer, als es die Monarchien vermögen, in sich aufzunehmen. Um 240 etwa scheint dieser neue Gestaltungsprozeß im Achäischen und Aitolischen Bund vollzogen." Ausführlich geht Berve auf Zusammenschluß, Aufbau und Gestalt des älteren griechischen Bundesstaates, des Aitolischen Bundes, ein: „Kern des Aitolischen Bundes, des älteren der beiden Staatengebilde, ist naturgemäß Aitolien mit seinen Nachbarländern, ein Gebiet von dörflichen Siedlungen und Gaugemeinden, zu denen sich bald die dem Bunde beitretenden Städte gesellen. Alle diese Einheiten sind gleich geachtet; keine gilt als Hauptort oder Zentrum, vielmehr besitzt die Vereinigung überhaupt nur einen sakralen Mittelpunkt im Apollonheiligtum zu Thermon. Sämtliche Bundesglieder sind wirtschaftlich durch Maß-und Münzeinheit miteinander verbunden, rechtlich aber in einer Weise zusammengeschlossen, die das Vereinheitlichende der neuen Staatsform besonders deutlich werden läßt, indem nämlich jeder Angehörige einer Gemeinde in jeder andern Gemeinde des Bundes rechtsgültig Land erwerben und eine Ehe eingehen kann. Dem entspricht es, daß die allgemeine Bundesversammlung, die jährlich zweimal in Thermon tagt, den Vollbürgern aller Gliedstaaten offensteht, mag auch die Abstimmung nicht personal, sondern nach Gemeinden erfolgen. Diese Bundesversammlung, an deren Stelle im Kriege das Bundesaufgebot tritt, entscheidet über Krieg, Frieden und auswärtige Verträge, sie hat gesetzgebende Gewalt und wählt die Behörden, während die laufenden Geschäfte ein öfters zusammentretender Rat erledigt, dessen tausend Mitglieder von den einzelnen Gemeinden gemäß ihrer Größe delegiert werden. Die eigentliche Exekutive liegt seit etwa 280 bei einem gewählten eponymen Strategen und einigen ebenfalls gewählten Nebenbeamten wie dem Reiterführer, Flottenkommandanten oder Kanzler. Im Verein mit dem Bundesrat repräsentieren sie und, wie es dem monarchischen Sinn der Zeit entspricht, vornehmlich der Stratege, der freilich nur jedes zweite Jahr wiederwählbar ist, die in den Machtkämpfen der Epoche notwendige starke Zentralgewalt, der die Vertretung des Bundes nach außen, Heeresführung, Söldnerwerbung und etwaige Steuerumlagen, Schiedsgericht zwischen den einzelnen Bundesgliedern und sogar eine Münzhoheit, wenigstens für die Edelmetall-prägung, zusteht."

Auch den jüngeren griechischen Bundesstaat, den Achäischen Bund, untersucht Berve sorgfältig. Er bemerkt über dessen Entstehung und Struktur: „Dem aitolischen Koinon war der seit 280 aus einer Vereinigung achäischer Städte sich entwickelnde Achäische Bund, der um die Mitte des Jahrhunderts über seine Landschaftsgrenzen hinausgriff, durchaus ähnlich. Auch in ihm dominierte nicht eine Polis, Mittelpunkt war vielmehr der Tempel des Zeus Amarios zu Aigion. Bundesversammlung, Bundesrat, gewählte Beamte bestanden wie in Aitolien, ebenso seit etwa 255 das Amt eines leitenden Strategen. Nur in einigen oligarchischen Elementen, einer timokratisch organisierten kleineren Bundesversammlung neben der großen Zusammenkunft oder einem Kontrollorgan von zehn Demiurgen, traten gewisse Unterschiede hervor. Daß kleinere landschaftliche Bünde, die übrigens zum Teil den großen Verbänden beitraten, das Koinon der Boioter beispielsweise, der Phoker oder der Arkader, sich ähnlich gestalteten, daß ferner während der vierziger Jahre die Griechen-städte der Kyrenaika und wenig später die Epeiroten einen solchen Bundesstaat konstituierten, zeugt nicht minder als die ungewöhnliche Verwandtschaft des Achäischen und Aitolischen Bundes selbst vom gemeingriechischen Charakter dieser neuen staatlichen Form, die in beispielhafter Weise die territorialen und machtpolitischen Notwendigkeiten der Gegenwart mit dem personalen Geist und politischen Gemeinschaftswillen der Griechen zu einer selten fruchtbaren Einheit verband und als politische Schöpfer sich würdig neben der hellenistischen Monarchie behaupten konnte." Zurückhaltend beurteilt Ernst Kornemann in seiner 1948 erschienenen „Weltgeschichte des Mittelmeer-Raumes" die griechischen Zusammenschlüsse: „Die beiden großen Staatenbünde, der ätolische in Mittelgriechenland und der achäische im Peloponnes, schufen ein gewisses Gegengewicht gegen die weitgehende staatliche Zersplitterung. Sie führten daneben bisher weit zurückgebliebene Gebiete auf die Kulturhöhe der fortgeschrittenen Staaten. Für Delphi war der Übergang in die ätolische Machtsphäre eine Zeit der Blüte; es wurde das geistige Haupt von Hellas als Gegenspieler gegen das makedonisch gewordene Athen, zugleich ein Zentrum, das bedeutende Dichter und literarische Berühmtheiten anzog, und es wurde endlich durch die zahllosen Monumente der verschiedensten Gemeinden eine . Ruhmes-halle und ein Freilichtmuseum'von Hellas. Aber man darf sich die Wirkung dieser Bundesschöpfungen, abgesehen von der auf stärkere Wahrung des Friedens und der Sicherheit, nicht zu groß vorstellen."

Victor Ehrenberg gibt in seiner bereits erwähnten Studie „Der Staat der Griechen" folgende Charakterisierung des Achäischen Bundes: „Der achäische Bund war seit alters ein Bund von (12, später 10) Poleis, deren Zusammenhalt zunächst wohl nur in der Stammesgemeinschaft lag, aber ein religiöses Zentrum im Tempel des Zeus Homarios bei Aigion besaß. Auf die spätere Entwicklung haben diese amphiktyonischen Anfänge wenig Einfluß gehabt. Es ist wahrscheinlich, daß hier eine staatliche Einheit mit gemeinsamem Bürger-recht . .. schon im 5. Jahrhundert bestanden hat. Das einzelne bleibt unsicher, aber der Bundesstaat ging dem späten Eintreten der Achäer in die allgemeingriechischen Ereignisse voraus, als der Staat mit der Einbeziehung von Kalydon (um 390) über den korinthischen Golf hinübergriff. Nach einer Periode der Schwäche waren es die Kämpfe der Diadochenzeit, die zu neuem Zusammenschluß zunächst von nur vier Städten zwangen. Aratos hat dann aus dem Landschaftsbund durch Vereinigung mit Sikyon, Korinth, Megara, Epidauros u. a.den Herrn fast des ganzen Peloponnes und den mächtigsten Staat des griechischen Mutterlandes geschaffen, der zeitweise einen Flächenraum von etwa 20 000 qkm umfaßte. Bis über sechzig Poleis waren Mitglieder des Bundes; kein Koinon wurde als solches ausgenommen, abhängiges Gebiet . . .der einzelnen Poleis meist zu selbständigen Mitgliedern des Bundes umgestaltet. Darin äußerte sich die entschiedene Tendenz, die Macht der Einzelstaaten schwach und im Gleichgewicht zu halten, die Bundesgewalt zu stärken. Das gleiche bezweckte die Aufteilung des Bundesgebietes in Bezirke. .. . Die Gliedstaaten mußten oft Besatzungen aus Bundestruppen aufnehmen, ja mehrfach erbaten sie sie selbst. Nirgends wurde so stark wie hier die Ewigkeit der Bindung an den Bund betont; Austritt galt als Abfall, genau so wie es im ersten attischen Bund auf Grund kriegerischer Bundesgenossenschaft der Fall gewesen war."

Ehrenberg gibt im Anschluß eine eingehende Beschreibung der Bundesverfassung, des Bundesbürgerrechts und des Verhältnisses zwischen Bundesgewalt und Einzelstaat. Er weist darauf hin, daß bei dem endgültigen griechischen Bundesstaat, etwa dem Achäischen Bund, eine Verdoppelung aller wesentlichen politischen Faktoren eintrat, da die Verfassung der Einzelstaaten bestehen blieb. Indem das Bundesbürgerrecht den Bürgern jedes Einzelstaates die vollen Politenrechte zubilligte, entstand nach der Meinung Ehrenbergs der Bürger eines wahrhaften Territorialstaates. Die staatliche Tätigkeit zwischen der Bundesgewalt und den Einzelstaaten war aufgeteilt, wobei die Bundesgewalt überlegen und in Zweifelsfällen entscheidend war. Ehrenberg verweist auf die Folgen dieser Situation, wenn er zu bedenken gibt, daß die Polis, der Einzel-staat, häufig zum bloßen Organ der Bundes-gewalt wurde

In seiner „Griechischen Geschichte von den Anfängen bis in die römische Kaiserzeit" charakterisiert Hermann Bengtson die beiden griechischen Staatenbünde: „In Griechenland war die Zeit der Polis im 3. Jahrhundert v. Chr. endgültig vorüber. Wollte man sich gegenüber den auswärtigen Mächten, vor allem gegenüber Makedonien, behaupten, so mußte man den alteingewurzelten Partikularismus überwinden und sich zusammenschließen. In zwei großen Staatenbünden, dem Koinon der Ätoler und dem Bunde der Achäer, der erste schon im Jahre 367/6 v. Chr., der zweite seit 280 v. Chr. bezeugt, hat diese Idee Gestalt angenommen und das Schicksal von Mittel-und Südhellas maßgebend mitgeformt. Bezeichnenderweise waren nicht die alten berühmten Poleis Träger des neuen Bundes-gedankens, sondern Landschaften, die bisher keine irgendwie führende Rolle in der Geschichte Griechenlands gespielt hatten. Durch die Schaffung eines Bundesbürgerrechts wurde den Angehörigen der zum Bunde gehörigen Gemeinden (neben dem Recht, in einer anderen Bundesgemeinde Grundbesitz zu erwerben und mit einer Bürgerin aus einem anderen Bundesorte eine rechtsgültige Ehe zu schließen) das aktive und passive Wahlrecht im gesamten Koinon zuteil — ein außerordentlich wichtiger Schritt, der die Überwindung der engen Polisschranken anbahnte. Andererseits fehlte es den beiden Bünden an einer echten Hegemonie, weder die Ätoler noch die Achäer besaßen als Koinon einen Vorort, die ätolische Bundesversammlung traf sich im heiligen Bezirk von Thermen, die Versammlungen der Achäer (Synodoi und Synkletoi) fanden regulär beim Tempel des Zeus Amarios bei Aigion statt, seit dem Ende des 3. Jahrhunderts aber auch an anderen Orten. So ist es zur Ausbildung einer Zentralgewalt in den Bünden niemals gekommen." Ausgangspunkt der beispielhaften Entfaltung des Staates der Griechen war die Polis. Diese blieb dabei nicht stehen. Sie entwickelte über zahllose Zwischen-und Vorformen Bündnisse, Staatenbünde und schließlich auch Formen des Bundesstaates, des Koinon. Während jedoch die Polis von zeitgenössischen Autoren eingehend beschrieben und als Vorbild gerühmt wurde, unterblieb eine gleichwertige Darstellung und Propagierung sowohl der griechischen Staatenbünde als auch des griechischen Bundesstaates. Das hündische Prinzip war der griechischen Geschichte bekannt. Es ermangelte jedoch der Darsteller, Beschreiber und Lobredner. Die Polis fand ihren Niederschlag in den klassischen Staatsschriften, sie wurde zum Leitbild staatlicher Ordnung in Europa.

Die Struktur der Bündnisse und Bundesstaaten wurde erst von der Geschichtsforschung freigelegt. Die für die Bündnisse, Staatenbünde und Bundesstaaten gebräuchlichen griechischen Beziehungen erfuhren nicht die gleiche Verbreitung wie der Begriff Polis, der zum Kennzeichen für alle Bemühungen um die Entfaltung und Gestaltung der Gemeinwesen wurde.

Georg Waitz setzte sich 1853 in der Kieler „Allgemeinen Monatsschrift lür Wissenschaft und Literatur" aus Anlaß einer Besprechung der Reden und Betrachtungen von Josef von Radowitz mit dem Wesen des Bundesstaates auseinander. Er nahm diese Ausführungen, geringfügig ergänzt und verändert, in seine 1862 veröffentlichten „Grundzüge der Politik nebst einzelnen Ausführungen" auf. Waitz betonte die entscheidende Bedeutung des Beispiels Amerikas für die Entwicklung bundesstaatlicher Vorstellungen, wobei er den Ansichten de Tocquevilles beitrat. In Überein-stimmung mit Verweisen der „Föderalist Papers" erinnerte er an entsprechende Vorgänge der griechischen Geschichte. Vom Achäischen Bund stellte Waitz fest, er habe die Verhältnisse des Bundesstaates am umfassendsten zur Ausbildung gebracht. Die Regierung desselben, zunächst zwei Strategen, später Stratege und Staatsschreiber, seien von der gesamten Bundesversammlung gewählt worden. Ihre Selbständigkeit gegenüber den Einzelstaaten sei auch für den Fall sichergestellt gewesen, daß die Wahl auf die Mitglieder des Rates beschränkt gewesen sei und diese durch Einzelstaaten bestellt worden sein sollten. Die Repräsentanten des Achäischen Bundes hätten das Recht der Leitung der gemeinsamen Angelegenheiten nicht durch Übertragung der Einzelstaaten, sondern durch die Wahl der gemeinsamen Bundesversammlung erhalten. Es entstand neben der Hoheit des Einzelstaates eine Hoheit des Bundes, die die spätere Teilung der Souveränität zwischen Gliedstaaten und Bund vorwegnahm

Siegfried Brie ging in seiner leider viel zu wenig beachteten Untersuchung „Der Bundesstaat", die ohne weiteres den Titel „Der föderative Gedanke in der Geschichte vornehmlich Deutschlands" tragen könnte, ausführlich auf hündische Erscheinungsformen in der Staatengeschichte ein. Er betonte zwar, der Gedanke des Bundesstaates oder überhaupt eines aus Staaten zusammengesetzten Landes habe weder die antike noch die mittelalterliche Staatslehre erfaßt, auch der modernen Staatswissenschaft sei er längere Zeit fremd geblieben, nur ganz vereinzelnde Anklänge an denselben seien vor der Mitte des 17. Jahrhunderts zu finden, unterstrich jedoch mit Nachdruck, Bundesformen und mehr oder weniger bundesstaatliche Bildungen fehlten im klassischen Altertum keineswegs, doch seien diese Erscheinungen nicht in der Lage gewesen, auf die Staatslehre der Griechen und Römer bestimmend einzuwirken. Im Höhepunkt der politischen Entwicklung Griechenlands habe jede Stadt mit einem dazugehörigen Gebiet eine „Polis", einen „Stadtstaat", gebildet. Aus deren Zahl ragten besonders mächtige und einflußreiche Stadtstaaten hervor, die, wenn sie mit anderen Städten dauernde politische Vereinigung eingingen, ihre Oberherrschaft leichter zu begründen oder aber in eine, wie Brie meinte, „mildere Form" zu kleiden suchten. Diese Stadtstaaten seien die Anschauungsobjekte der griechischen Philosophen gewesen; aus deren Gegebenheiten und Entwicklungen hätten sie die allgemeinen staatlichen Begriffe geformt. Die Zeit der griechischen Stadtbünde, die der Amerikaner Freeman in seiner 1863 erschienenen „History of federal government"

die „federal period of Grecian History" nannte, sei für das politische Denken Griechenlands unergiebig gewesen, weil zu diesem Zeitpunkt der Einfluß der vornehmlich von Plato und Aristoteles geleiteten Philosophen-schulen sich gegenüber der politisch-staatlichen Entwicklung gleichgültig verhielten. Nach Brie unterblieb eine philosophische Begründung der griechischen Städtebünde (und. damit die Möglichkeit, föderative Elemente philosophisch darzustellen und zu motivieren), weil die politischen Auffassungen hinter den politischen Entwicklungen weit zurückblieben. In Übereinstimmung mit Waitz und Freeman versicherte Brie, dem Historiker und Politiker Polybios, der den Achäischen Bund pries, sei die Idee des Staatenvereins oder gar des Bundesstaates nicht aufgegangen, weil er an den hergebrachten, ausschließlich von den Stadtstaaten bestimmten politischen Begriffen festhielt. Polybios habe zwar erkannt, daß die Organisaton des Achäischen Bundes eine über Freundschaft und Bündnis hinausreichende politische Gemeinschaft darstelle und zumindest Staatseinheitlichkeit aufweise. Die Unfähigkeit, die damit vorgenommene Weiterentwicklung zu erkennen und die Eigenart politischer Ordnungen, die über die Polis hinausgriffen, zu würdigen, hätten ihn gehindert, den Fortschritt, den der Achäische Bund darstellte, zu erkennen. Vor allem sei er nicht in der Lage, zwischen den Einrichtungen des Bundes und den Organen der Einzelstaaten klar zu unterscheiden. Brie bedauert, daß die Situation der großen griechischen Städtebünde, vor allem des Achäischen Bundes, keinen kongenialen Beobachter, Betrachter und Darsteller gefunden hat

Die angeführten Äußerungen sowohl von Historikern als auch von Staatsrechtslehrern stimmen in der Auffassung überein, daß das griechische Staatsdenken sowohl die Polis als auch den Koinon, den Bundesstaat, kannte. Stadtstaat als Einzelstaat und Bundesstaat als zusammengesetzter Staat treten im Verlaut der griechischen Geschichte in Erscheinung. Angesichts der unterschiedlichen Beurteilung des Koinon stellt sich jedoch die Frage, inwieweit der Koinon als Vorbild des modernen Bundesstaates in Anspruch genommen werden darf. Berufen sich die Vertreter des Bundes-staates auf der Suche nach einem Exemplum und einer Analogie zu Recht auf den Koinon, auf den griechischen Bundesstaat? Erlauben die Affinitäten zwischen dem griechischen Bundesstaat und dem modernen Bundesstaat, wie er erstmals in den Vereinigten Staaten von Amerika geschaffen wurde, Bezugnahmen und Vergleiche? Gibt es erkennbare und nachweisbare Beziehungen zwischen dem Koinon und dem Bundesstaat der Neuzeit?

Eine Beantwortung dieser sich aufdrängenden Fragen versuchte Heinrich Swoboda in seiner am 20. Oktober 1914 anläßlich der Rektoratsübergabe der Deutschen Karls-Ferdinand-Universität in Prag gehaltenen Rektoratsrede „Die griechischen Bünde und der moderne Bundesstaat" Swoboda sagt einleitend:

„Eine besondere Form des griechischen Staates ist, was man heute als , Bundesstaat'bezeichnet; der griechische Terminus dafür ist Koinon — was aber in weiterer Bedeutung jede Gemeinschaft, sei es politischer, sei es sakraler Natur, heißen kann —, besonders aber die Sympoliteia. Auch dieses Wort hat wieder die weitere Bedeutung der Vereini-gung zweier oder mehrerer Staaten auf der Grundlage gemeinsamen Bürgertums." Swoboda gibt zu bedenken, daß der Bundesstaat im Vordergrund des staatsrechtlichen und politischen Interesses steht. Er begründet diese Tatsache vor allem mit der Entstehung des Deutschen Reiches, das den Typus eines der Hauptsache nach aus Monarchien zusammengesetzten Bundesstaates darstellte, dessen Präsident. einen monarchischen Titel führte. Er äußert die Überzeugung, der Bundesstaat nehme in der künftigen Gestaltung der zivilisierten Staatenwelt eine bedeutende Rolle ein. Auch er fragt nach der Berechtigung, die modernen Bundesstaaten als Analogien der griechischen Bünde zu betrachten. Er betont, es sei unbestritten, daß die attischen Seebünde und der Peloponnesische Bund keine Bundesstaaten gewesen seien. In bezug auf die späteren Bünde fragt er, ob es sich um Staatenbünde oder um Bundesstaaten handle. Auch er benennt als Grund für die in dieser Hinsicht bestehende Unklarheit den Umstand, daß die griechische Staatstheorie den Bundesstaat nicht berücksichtigt. Aristoteles habe, obwohl es zu seiner Zeit bereits Sympolitien gab, seiner „Politik" nur den Stadtstaat zugrunde gelegt. Polybios habe sich an seiner berühmt gewordenen Stelle zwar über den Achaischen Bund geäußert, die Formulierung sei jedoch nicht klar genug, um dessen Charakter als Staat einwandfrei zu bezeugen.

Swoboda stellt in Abrede, daß die neuere Staatsrechtswissenschaft zu einer richtigen Auffassung in der Beurteilung der griechischen Bünde gekommen ist. Er selbst vertritt die These, daß griechische Sympolitien ihren wesentlichen Merkmalen nach dem modernen Bundesstaat entsprechen. Zur Begründung und Verteidigung seiner Ansicht gibt er einen Überblick über die geschichtliche Entwicklung des griechischen Staates, wobei er ausführlich auf den Stadtstaat, die Polis, eingeht, den er als den maßgebenden Typus des griechischen Staates in Kleinasien, aut den Inseln des Ägäischen Meeres und an der östlichen Küste des griechischen Mutterlandes bezeichnet. Die Stadtstaaten hätten sich allmählich zu Sympolitien, Städtebünden, umgewandelt. Swoboda bedauert, daß die wichtige Frage, wie die bundesstaatliche Sympolitie entstand, nicht zu beantworten ist; wohl aber eine andere nicht minder wichtige, ob es neben den Verträgen eine geschriebene Bundesverfassung gegeben hat. Er würdigt ausführlich die Organisation der bundesstaatlichen Sympolitien, wobei er immer wieder auf Analogien zu dem Begriff Bundesstaat verweist: „Einerseits steht der Bund, andererseits stehen die Städte. Auch der griechische Bund hatte seine eigene Gewalt, eigene Herrschaftsrechte und selbständigen Willen, eine Gewalt, die von den Bundesstaaten abhängig war und über ihnen stand.

Andererseits waren die Städte im Besitze einer bundesgewaltfreien Sphäre." Swoboda betont in diesem Zusammenhang: „Auch die griechische Sympolitie hatte staatliche Natur, sie führte eine von den Gliedstaaten gesonderte und ihnen übergeordnete Existenz, ein imperium’, wie sich auch in der Benennung der Bünde als Achaioi, Aitoloi usw. die Tatsache eines einheitlichen Staatsvolkes ausspricht. Die Gewalt der Sympolitie erstreckte sich nicht bloß auf die Gliedstaaten durch deren Unterwerfung unter den Bundesstaat, sondern auch, im Gegensatz zu dem Staatenbunde, auf den Einzelbürger, der an ihre Gesetze und Beschlüsse gebunden war." Swoboda stellt bei dieser Gelegenheit den Charakter des griechischen Bundesstaates heraus: „Die doppelte Natur der Sympolitie als eines aus Staaten zusammengesetzten Staates zeigt sich schon im Bürgerrechte, dessen Gestaltung ganz derjenigen im modernen Bundesstaat entspricht; sie ergibt sich aus der Genesis der Sympolitie, welche zu einem gemeinsamen Bürgerrechte führte." Im Anschluß daran erläutert er das doppelte Bürgerrecht — die Zugehörigkeit zur Polis und zur Sympolitie. Er betont eingehend die griechische Identität von Staat und Kirche, die auch beim Bundesstaat sichtbar wurde, da dieser Bundestempel, Bundesfeste, und Bundespriester kannte. Swoboda setzt sich ausführlich mit der Frage: „Wie weit erstreckte sich nun die Bundes-Gewalt und in welchen Dingen waren die Gliedstaaten gewissermaßen mediatisiert?" auseinander. Er verweist zunächst auf das alleinige Recht der Vertretung nach außen. Er legt dar, daß die Militärhoheit zwischen dem Bunde und den Einzelstaaten geteilt war, eine Tatsache, die er mit der Bemerkung versieht: „Eine moderne Analogie bietet dafür das Deutsche Reich, dessen Land-heer sich in Kontingente der Einzelstaaten gliedert." Er weist nach, daß die Sympolitie im Besitz eigener, von den Gliedstaaten unabhängiger Einnahmen und selbständiger Finanz-wirtschaften war. Er erinnert an die Münzhoheit der Sympolitie. Er betont, den Umstand, daß Streitigkeiten der Gliedstaaten wie im modernen Bundesstaat durch Schiedsspruch des Bundes beigelegt wurden. Er bemüht sich, die Selbständigkeit, die Autonomie, der Teilstaaten nachzuweisen. Abschließend unternimmt es Swoboda, die> Bundesorgane des griechischen und des neuzeitlichen Bundesstaates miteinander zu vergleichen. Er weist nach, daß der griechische! Bundesstaat sowohl eine BundesversammlungI als einen Bundesrat kannte. Während diej Bundesversammlung eine war, war der Bundesrat die Vertretung der Bundesstädte. Der Bundesrat, Synodos, habe; bei den Achäern gegenüber der Bundesversammlung, Synkletos, sogar die gespielt.

Swoboda glaubt am Ende seines zwar originellen, wenn auch nicht immer überzeugenden 1 Vergleiches den Beweis dafür erbracht zu haben, daß es zwischen den griechischen und dem modernen Bundesstaat nicht nur Affinitäten und Analogien gibt, sondern daß beide in den enscheidenden Kriterien nachweisbare'Übereinstimmung zeigen. Er beschloß seine, Betrachtung mit zwei Bemerkungen. An die Juristen richtete er die Bitte, ihre Aufmerksamkeitt noch mehr als bisher dem griechischen Rechtej zuzuwenden. Die breite Öffentlichkeit ersuchte 3 er, in dem so lebhaften Streit um die „moderne Bildung" und ihre Ausgestaltung zu 1 bedenken, daß eine vertiefte Bildung nicht auff rationaler Erwägung ruhen kann, sondern auff dem Grunde geschichtlicher Erkenntnis: „Nurr wenn wir die Wurzeln bloßlegen, auf die Gegenwart und ihre Kultur beruhen, sind 1 wir imstande, unsere Zeit und die Erfordernisse richtig abzuschätzen, welche sie und diea Zukunft an uns stellen. Und diese Wurzeln reichen tief und weit, sie reichen zurück bis zurr hellenischen Kultur, die heute noch ein unerreichtes Vorbild für uns ist. Es ist feste Überzeugung, daß dieses unschätzbare Erbe der Alten in seinem Bildungswerte stets bleiben und durch nichts anderes übertroffen und ersetzt werden kann."

Die Ausführungen von Heinrich Swoboda blieben unwiderprochen — und auch Sie stellen den Versuch dar, zunächst die Einseitigkeit der allgemeinen Vorstellung über den Staat der Griechen, bestimmt durch die literarische Betonung der Polis, zu korrigieren und darnach den Koinon, den Swoboda als Sympolitie zu bezeichnen pflegt, als Vorweg-VolksversammlungI des modernen Bundesstaates darzustellen. Manche der von Swoboda angestellten Vergleiche überzeugen nicht. Unbestritten ist jedoch die Tatsache, daß in den entscheidenHauptrollej Punkten der Koinon und der moderne Bundesstaat Übereinstimmungen aufweisen, die es gestatten, den Koinon nicht nur als Grundriß, sondern als Vorbild des neuzeitlichen Bundesstaates, der in nationalen Spiel-Bünden, in Erscheinung tritt, zu bezeichnen.

Beide, der griechische und der neuzeitliche Bundesstaat, entspringen gesellschaftlichen und politischen Notwendigkeiten.

Die differenzierte Struktur des Römischen Reiches, das sowohl städtische Gemeinwesen mit weitgehender Autonomie als auch Provinzen unterschiedlicher Verwaltungsformen kannte, könnte dazu führen, von einer föderativen Gliederung zu sprechen, wie es mitunter auch geschieht. Kuhn vertrat in seiner Untersuchung „Die städtische und bürgerliche Verfassung des Römischen Reiches" in der Tat die Ansicht, das Imperium Romanum sei eine Föderativwelchenj souveräner Staaten gewesen, eine Auffassung, die jedoch bereits Cohn als nicht zulässig zurückwies. Die Gründe dafür liegen auf der Hand. Die Herrschaft des Impe1 Romanums breitete sich von Rom auf Grund von Bundesverträgen aus, die Bundespartner der eingegangenen Bündnisse ermeinea jedoch keinerlei Anteil an einem Bundesorganismus. Die volle uneingeschränkte und ungeteilte Herrschaft lag bei der Stadt Rom, die auf Grund ihrer politischen Auffas1 und ihrer Machtstellung davon absah, ihre zentrale Gewalt in eine bundesstaatliche Organisation zu überführen, an der die unter-unbeachtet.. Stämme und Gebiete Anteil hatten.

2. Föderative Ansätze des Mittelalters

Die mittelalterliche Staatslehre, entscheidendd bestimmt von den Auffassungen des Aristoteles und des Corpus Juris Civilis, hatte keines Ansatzpunkte, Möglichkeiten und Notwendigkeiten zu Erörterungen über zusammengesetzte Staaten, über Staatenvereine und Bundesstaaten. Sie betrachtete auch das Heiligee Römische Reich deutscher Nation als einen 1 organisch geordneten Staat, obwohl diesess eher einem zusammengesetzten als einem einfachen Staat glich. Einzelne Philosophen und Dichter sahen sich deshalb auch veranlaßt, Unterscheidungen vorzunehmen. Thomas von Aquin (1225— 1274) vertrat in seiner Staatslehre die Forderung nach dem organischen Aufbau der Gesellschaft; er verlangte, die einzelnen Berufe und Pflichtenkreise sachgemäß zu scheiden. Wie im Bienenstock nicht alle dasselbe besorgten, müßten in der menschlichen Gesellschaft analog verschiedene Funktionen sein, entsprechend den leiblichen, geistigen und geistlichen Interessen. Thomas unterschied zwischen Ständen, Berufs-klassen und -graden. Die Berufsstände stuften sich nach ihren eigentümlichen beruflichen Tätigkeiten ab. Bei den Rängen handle es sich um Unter-und Uberordnungsverhältnisse. Thomas betonte mit Nachdruck, der Friede im Staate werde begründet durch die richtige politische Struktur des Ganzen oder durch die beste Staatsverfassung, die er im einzelnen beschrieb. Die Forderungen Thomas'nach organischem Staatsaufbau, nach Durchgliederung des Staatsganzen und nach gerechter Verteilüng der Rechte und Pflichten betreffen nicht nur den staatsrechtlichen Bereich, sondern auch die gesellschaftliche Struktur. Die Beobachtung der Entwicklung von Erscheinungen, die als rudimentärer oder verpuppter Föderalismus angesprochen werden können, hat deshalb immer beide Gebiete und die Wechselbeziehungen zwischen ihnen zu berücksichtigen. Die wenigen philosophischen Hinweise auf föderative Vorstellungen zwingen förmlich, deren Zweigleisigkeit zu bedenken.

Abt Engelbert von Admont (1250— 1331) und Dante Alighieri (1265— 1321) sprachen sich für die Trennung der Aufgabe zwischen der kaiserlichen Obergewalt und den Einzelstaaten aus; sie wiesen dem Kaiser die Verwirklichung der allgemeinen Glückseligkeit oder die Wahrnehmung der allgemeinen und höheren Interessen, den Einzelstaaten die Erfüllung der Glückserwartung der einzelnen Völker oder die Sorge für deren besondere Interessen zu. Siegfried Brie sieht in dieser Unterscheidung eine Vorwegnahme des Gedankens des Bundesstaates

Engelbert Abt zu Admont, einem Benediktinerkloster im steirischen Ennstal, studierte zwischen 1271 und 1288 zu Prag und Padua Naturwissenschaften und Theologie. Er gilt nicht als bahnbrechender Geist, wohl aber als ein sehr vielseitiger Schriftsteller, der ungefähr 40 Abhandlungen dogmatischen, philosophischen, naturwissenschaftlichen und staatspolitischen Inhalts verfaßte. Als seine zwei wichtigsten Schriften werden angesehen „De Regimine Principum", eine Staatslehre, die sich eng an Aristoteles anlehnt, und „De Ortu et Fine Romani Imperii", eine Beschreibung des Wesens und der Aufgaben des Imperiums als des vierten und letzten Weltreiches.

Nach der Lehre von Engelbert von Admont lebt der Mensch in der dreifachen Gemeinschaft der Familie, der Gemeinde, des Staates. Alle drei Gesellungen haben ihren selbständigen Zweck. Familie und Gemeinde sind dem Staate untergeordnet, der den allgemeinsten, daher höchsten Zweck verfolgt, und bilden daher eine lebensvolle organische Einheit im Staate. Engelbert schließt sich der aristotelischen Auffassung vom Eigentum an, wenn er die Pflicht betont, vom Überfluß an die Mitbürger mitzuteilen. Er sieht darin ein Gebot der Gerechtigkeit und der Staatsnotwendigkeit. Großen Wert legt er auf die Ausgestaltung und Erhaltung des Mittelstandes, auf die freien Bürger mit mäßigem Eigenbesitz. Gleich Cicero verlangt er, daß jeder Bürger am Leben des Staates tätigen Anteil nehme, -nur Beschäftigung mit den Wissenschaften oder Krankheit könne davon dispensieren. Engelbert vertritt in Übereinstimmung mit Dante die Auffassung, in Kirche und Staat bestünden die einheitlichen Gesamtkörper aus lebendigen Gliedkörpern, deren jeder zwar der Verbindung mit dem höheren Ganzen notwendig bedarf, zugleich aber für sich selbst ein mit einem Sonderzweck ausgerüstetes und in sich wiederum nach dem Prinzip, der die Vielheit erzeugenden und beherrschenden Einheit organisiertes Ganze bildet. Indem Engelbert von Admont innerhalb der universellen Ganzheit Differenzierungen vornimmt, kommt er zu der Auffassung von der Eigenständigkeit der unmittelbaren Lebensbereiche, als welche er Familie und Gemeinde anspricht. Für ihn baut sich die Zuordnung des Menschen von unten nach oben auf. Er stellt den Menschen in wachsende Kreise einer Entfaltung, wobei er Wert darauf legt, daß die Kreise nicht verwischt oder aufgehoben werden. Auch in der Zuordnung zum Ganzen verbleibt der Mensch in den zunächst ihn umgebenden Kreisen der Familie und der Gemeinde. Mit der Auffassung des Abtes Engelbert von Admont stimmt die Staatslehre Dantes weitgehend überein. Dantes Idealstaat entspricht der im Mittelalter allgemein üblichen aristotelischen Definition des Staates als höchste, vollkommenste, sich selbst genügende Gemeinschaft. Dante umgeht den Widerspruch, in den viele mittelalterliche Publizisten gerieten, indem sie die antike Definition der Polis auch auf die mittelalterliche Stadtgemeinde an-wandten und dabei dennoch dieser „die ergänzenden und beschränkenden Verbände des Regnum und Imperium überordnen...". Er entwirft das Bild eines Menschheitsstaates, der innerhalb seiner Grenzen alle Verbände, in welche sich die Menschheit organisch vom Imperium herab bis zum Einzelmenschen gliedert, umfaßt. Er gibt in Übereinstimmung mit der allgemeinen mittelalterlichen Anschauung folgenden Aufbau: „Mehrere Menschen bilden den domus, das ist das Haus oder die Familie; mehrere domus den vicus, das ist die Gemeinde; mehrere Gemeinden die civitas, das ist die Bürgerschaft oder Stadtgemeinde; mehrere civitates vereinigen sich zum regnum, dem Reich. Und alle innerhalb der Reiche stehenden Teile und alle Reiche selbst müssen sich ordnen nach einem Oberherrn oder einer Ober-herrschaft, das ist nach dem Weltmonarchen oder der Weltmonarchie." Dante sieht aber nicht nur eine organische, von unten nach oben aufbauende Gliederung, er spricht sich auch dafür aus, die einzelnen Lebensordnungen mit ausreichenden Kompetenzen auszustatten. Er betont in Kapitel XIV seines Traktates „De monarchia":

„Hierbei ist allerdings zu bemerken, daß, wenn gesagt wird, das Menschengeschlecht kann von einem Oberherrn regiert werden, dies nicht so zu verstehen ist, daß die unbedeutendsten Entscheidungen für jedes Städtchen von diesem einen unmittelbar ausgehen könnten, da ja auch die städtischen Gesetze bisweilen Mangel haben und einer leitenden Bestimmung bedürfen, wie der Philosoph — Aristoteles — in dem fünften Buche an Nikomachos klar macht, wo er die Billigkeit empfiehlt. Denn es haben Völkerschaften, Reiche und Bürgerschaften Eigentümlichkeiten, welche durch verschiedene Gesetze geregelt werden. Denn das Gesetz ist die leitende Richtschnur des Lebens."

Dante gibt anschließend für diese Auffassung Beispiele und betont, es sei Aufgabe der Regierung des Weltmonarchen, „daß das Menschengeschlecht in Rücksicht auf das Gemeinsame, allen Gebührende, von ihm regiert und durch eine gemeinsame Richtschnur zum Frieden geleitet wird. Diese Richtschnur oder dieses Gesetz müssen die Teilherrschaften von ihm empfangen, gleichwie die praktische Vernunft zu einem praktischen Schlüsse den Ober-satz von der spekulativen Vernunft erhält und den besonderen Untersatz, der ihr allein gehört, hinzufügt und so nach besonderer Rücksicht den praktischen Schluß macht.“ Dante erinnert daran, auch Moses habe so gehandelt. Er habe die unbedeutenderen Entscheidungen den Obersten der Stämme der Kinder Israels überlassen, die wichtigeren und allgemeinen sich vorbehalten. Die allgemeinen aber wandten die Obersten in ihren Stämmen an, je nachdem, was jedem Stamme gebührte. Hans Kelsen folgert aus dieser Ansicht Dantes: „Die Regelung der den einzelnen Ländern eigenartigen und wichtigen Lokalangelegenheiten wird der Lokalobrigkeit, den principes particulares, überlassen. Für die wichtigen, allen gemeinsamen Angelegenheiten bleibt die Gesetzgebung ausschließlich dem Universalmonarchen vorbehalten."

Dante sprach sich in diesen Darlegungen sowohl für die Subsidiarität als auch für den Föderalismus aus, obwohl er sich beider Bezeichnungen nicht bediente. Er befürwortete mit großer Entschiedenheit den Aufbau der menschlichen Ordnung in bewußt abgegrenzten und voneinander abgesetzten Ordnungen. Er sprach sich für eine von der Sache bestimmte Kompetenzverteilung zwischen Universal-staat und Teilverbänden aus. Er befürwortete damit auf seine Weise und mit seinen Formulierungen eine föderative Weltstruktur. Er wollte die von ihm vorgetragene Gliederung und Zuständigkeitsabgrenzung nicht auf einzelne Staaten beschränkt wissen. Eine Gliederung der Menschheit und eine der jeweiligen Fähigkeit entsprechende Aufteilung der Verantwortung betrachtete Dante als Voraussetzungen für die Entfaltung und Erhaltung des Weltstaates als der vollkommensten Gemeinschaft der Menschen.

Auch die Lehnsordnung verweist nach Auffassung zahlreicher Historiker und Rechtshistoriker zumindest in einzelnen Bereichen auf eine föderative Ordnung. In dem Maße, in dem Lehnsordnung gegenüber dem Lehnsherrn und in sich selbständig wurde, nahm sie zumindest verdeckte Konturen einer föderativen Ordnung an. In der grundsätzlichen Unstaatlichkeit des Lehnswesens sah Brie den Grund dafür, daß die Feudalordnung sich nicht zu einem organisierten Staatenverein und insbesondere einem Bundesstaate entwickelte. Der Rechtshistoriker Heinrich Mittels (1889— 1952) kommentierte diesen Prozeß mit der Bemerkung: „In den Ländern der Mitte hingegen, Deutschland und Italien, entwickelte sich das Lehnsrecht immer mehr nach der Seite der Vasallen hin und verstärkte deren Position gegenüber der Zentralgewalt. An die Stelle der zentripetalen trat die zentrifugale Wirkung. Es gelang den großen Kronvasallen, sich selbst an die Spitze von Lehnspyramiden zu setzen und dadurch die Verbindung des Königs mit den Untervasallen zu durchbrechen, diese zu mediatisieren; so wurde die Staatseinheit in Frage gestellt und der Föderalismus vorbereitet."

3. Otto von Gierkes Bild vom deutschen Genossenschaftswesen

Während Mittels sich begnügte, von einer auf den Föderalismus zulaufenden Tendenz der Feudalordnung, des Lehnswesens, zu sprechen, entwickelte Otto von Gierke (1841— 1921) als Vollender der historischen Schule der deutschen Rechtswissenschaft eine Theorie von der Entstehung von Genossenschaften, das heißt eine Auffassung von der entscheidenden Durchdringung der rechtlichen und politischen Entwicklung Deutschlands durch hündische Gesellungen in allen Lebensbereichen. Gierke widmete den ersten Band seiner vierbändigen Darstellung über das „Deutsche Genossenschaftsrecht'1 der „Rechtsgeschichte der deutschen Genossenschaften" Er ging dabei aus von der Spannung des Individuums zwischen Einheit und Freiheit und erläuterte die Übertragung dieses Dualismus auf alle menschlichen Ordnungen. Im Anschluß daran betonte Gierke überschwenglich: „Von allen Völkern, deren die Geschichte Erwähnung tut, hat keines die geschilderten Gegensätze so tief und gewaltig gefaßt, ist keines seiner innersten Natur nach geeignet zur Verwirklichung beider Gedanken und deshalb zu ihrer Besinnung als das germanische." Gierke bemerkte dazu: „Keinem anderen Volke in dem Zug nach Universalität und in der Fähigkeit zu staatlicher Ordnung nachstehend, die meisten an Liebe der Freiheit übertreffend, haben die Germanen eine Gabe vor allen Völkern voraus, durch welche sie der Freiheitsidee einen besonderen Gehalt und der Einheitsidee eine festere Grundlage verliehen haben — die Gabe der Genossenschaftsbildung. Wohl kannten auch die Völker des Altertums, wohl kennen auch außergermanisehe Völker von heute zwischen der höchsten Allgemeinheit und dem Individuum mannigfach abgestützte natürliche und gewillkürte Verbände. Aber auch nicht entfernt vergleichbar sind ihre Liebe am korporativen Leben, ihr Familien-, Gemeinde-und Stammessinn, ihre Fähigkeit und ihre Lust zu freier Assoziation mit jenem unerschöpflichen Assoziationsgeist, der allen engeren Gliederungen des Staates ein eigenes selbständiges Leben zu wahren versteht und doch noch Kraft genug übrig behält, um für die allgemeinsten, wie für die veranlaßten Zwecke menschlichen Daseins aus den noch ungebundenen Elementen der Volks-kraft lebensvolle, nicht von oben belebte, sondern von innen heraus tätige Genossenschaften in unübersehbarer Reichhaltigkeit zu erschaffen." Im Anschluß daran führte Gierke aus: „Diese engeren Gemeinwesen und Genossenschaften, welche der Allgemeinheit gegenüber als Besonderheiten erscheinen, ihren Gliedern gegenüber aber selber Allgemeinheiten sind, bieten allein die Möglichkeit, eine große und umfassende Staatseinheit mit einer tätigen bürgerlichen Freiheit, mit der Selbstverwaltung zu vereinen."

Die Entwicklung des deutschen Genossenschaftswesens teilte Gierke in fünf Perioden ein. Im Rahmen der ersten, bis zum Jahre 800 angesetzten Periode würdigte er vor allem die freie Genossenschaft des alten Rechts, den herrschaftlichen Verband, die Sonderstellung der herrschaftlichen von den genossenschaftlichen Verbänden, die Genossenschaft im herrschaftlichen Verband, fremde Einflüsse auf die Genossenschaften und das Reich Karls des Großen als Ganzes, von dem er behauptet, es sei trotz des äußeren Scheines kein Staat gewesen. In den Mittelpunkt der zweiten Periode von 800 bis 1200 stellte er die Charakterisie-rung des Feudalsystems. Er untersuchte im einzelnen die herrschaftliche Genossenschaft, die Reste der freien Genossenschaft des alten Rechts und die freie Einigung und die Entstehung des städtischen Gemeinwesens aus der Aufnahme des Einigungsprinzips in die Gememdegenossenschaft und die Beziehungen zwischen Kirche und Genossenschaft.

Als das hervorragende Kennzeichen der dritten, von 1200 bis 1525 angesetzten Periode nannte Gierke das „Einigungswesen". Er sprach von den Städten als Genossenschaften, erläuterte die bürgerlichen Genossenschaften, befaßte sich mit dem Einfluß des Einigungswesens auf die Familie, besonders im Adel, charakterisierte geistliche und gelehrte Genossenschaften und ging schließlich auf Berufsgenossenschaften und Genossenschaften für einzelne Zwecke ein. Im Anschluß daran würdigte er das politische Einigungswesen. An die Spitze seiner Darlegungen über das politische Einigungswesen stellte Gierke die Bemerkung: „Das politische Einigungswesen trug das Prinzip, welches wir bisher nur in den Städtebürgerschaften und innerhalb der einzelnen Berufsstände wirksam sahen, über die Ringmauern der Städte und über die Schranken der Stände hinaus in Land und Reich. Indem es in stets sich erweiternden Kreisen Schwurvereine, Eidgenossenschaften und Bünde mit der sichtbaren Tendenz erzeugte, schließlich aus diesen Elementen das verfallende Reich selber als ein großes föderatives Gemeinwesen neu zu konstruieren, langte es an der Grenze dessen an, was die von unten auf organisierende Volksbewegung des Mittelalters zu leisten vermochte."

Im Kapitel „Das Reich als Einigung" betonte Gierke mit großem Nachdruck: „Wenn so die Einung eine unerschöpfliche Fülle von politischen Neubildungen aus dem Ringen der Stände erzeugte, so mußte sie mehr und mehr als Quelle des staatlichen Verbandes überhaupt gelten. In der Tat sehen wir seit dem offenkundigen Verfall der Lehnsverfassung allmählich die alte Anschauung des Reiches als eines großen Herrschaftsverbandes, in welchem Dienst und Amt in vielfachen Stufen von oben nach unten geliehen ist, durch eine andere Idee ersetzen, nach welcher der Kaiser nur der erwählte Hauptmann einer gewillkürten, auf der Einung der Stände beruhenden Friedens-und Rechtsgenossenschaft ist. Schon erhob sich neben dem Prinzip der Einung ein zum Siege über sie berufener neuer Gedanke, der Gedanke einer staatlichen Obrigkeit. Denn aus dem Wirrwarr der Herrschaften, Genossenschaften und gemischten Verbände, die nach der Auflösung der Stufenordnung des Lehnsreichs nur noch ein mannigfaltiger Komplex zufällig gestalteter Rechtsbeziehungen, sich kreuzender Lehnsverbindungen, schwankender Vogteiverhältnisse, im Privateigentum stehender Gerichtsbarkeiten und Regale untereinander und mit dem Kaiser verknüpfte, hob sich schon seit dem 13. Jahrhundert in immer festeren Zügen die Landeshoheit einzelner Glieder des Herrenstandes als eine einheitliche Macht über ein abgegrenztes Territorium empor. Allein schon waren selbst im Norden und Osten, wo es ihr schon jetzt gelang, Adel und Gemeinden vom Reiche abzuschneiden, ihre Siege nur unvollständig, im Süden und Westen standen Städtebünde und Rittergesellschaften noch mächtig genug da, um nicht unter, sondern neben den Fürsten das föderative Prinzip im Reiche zur Geltung zu bringen."

Im Anschluß an diese grundsätzlichen Darlegungen ging Gierke auf Form und Ergebnis der Reichsform zum Ausgang des 15. Jahrhunderts ein. Er sprach in diesem Zusammenhang vom Abschluß der „Konföderation der Stände" im Jahre 1495 unter Kaiser Maximilian L: „Das Reich wurde als eine große Friedenseinung für ewige Zeiten konstituiert, in welcher jede Fehde unter den Genossen verboten, der Friedensbruch mit der Reichsacht und Geldbuße bedroht, jedem die Hilfe bei frischer Tat zur Pflicht gemacht wurde. Der Kaiser wurde als Haupt, die einzelnen Reichsstände als Genossen der Einung anerkannt. Das zugleich kaiserliche und ständische Reichskammergericht wurde als Gerichtshof des Friedens und Rechtes der Reichseinung errichtet, überdies sollte eine jährliche Versammlung der Reichsstände zur Handhabung und Vollstreckung des Friedens stattfinden, die indes bald durch ein ständiges Reichsregiment ersetzt wurde, das sich nach zweijähriger Tätigkeit auflöste. Statt dessen wurden durch bezirksweise Einteilung aller Reichsstände für Exekution, Reichshilfe und Reichssteuer die Reichskreise gebildet, welche sich als engere Friedenseinungen mit selbstgewählten Kreishauptleuten und Zugeordneten und besonderer Kreisstandschaft nach dem Muster der in gewöhnlichen Landfriedensbünden häufig vorkommenden Kreise charakterisieren. So war die neue Reichsverfassung durchaus nur eine große Landfriedenseinung der Stände. Das Reich zu einem wahren Bundesstaate zu gestalten, war nicht gelungen."

Gierke verwandte in seiner breit angelegten Darstellung sehr häufig den Begriff „hündisch" und gelegentlich auch die Begriffe „Bundesstaat" und „föderativ". Er beabsichtigte damit den Nachweis von der Gleichheit zwischen Genossenschaftswesen und hündischer Ordnung zu erbringen. Er rechtfertigte seine Bemühungen darum in seinen Ausführungen über die genossenschaftlichen Elemente des Staates. Darin betonte er, das Wesen der modernen deutschen Staatsidee beruhe in der Identität von Staat und Volk: „Der Staat ist das organisierte Volk. Als Staat erlangt das Volk, welches als ein historisch gewordenes Einheitswesen in ganz bestimmter Gliederung im geistigen, sittlichen, wirtschaftlichen, ja selbst im physischen Leben zur Erscheinung kommt, auch rechtlich eine Gesamtpersönlichkeit. Die unsichtbare Staatseinheit ist so auf dem Gebiete des Rechts die Seele, die in bestimmter Weise verbundene und gegliederte Staatsbürgerschaft der Körper, die Verfassung aber der die Atome des Körpers zu einer einheitlichen lebendigen Persönlichkeit fügende Organismus des Volks."

Seine Ansicht vom organischen Aufbau des Staates bestimmte Gierke, die Geschichte des deutschen Volkes als eine Geschichte von Genossenschaften, von Zusammenschlüssen, Bünden und Einung zu sehen, die im Zeitpunkt des Aufstiegs des Obrigkeitsstaates im 16. Jahrhundert abgebrochen wurde. Gierke rief mit seinen Ansichten sowohl über den Staat als auch über das Genossenschaftswesen, die beide untrennbar miteinander verbunden sind, Widerspruch hervor. Er löste gleichzeitig neue Überlegungen über die Struktur des mittelalterlichen Saates aus, die zu einer ergiebigen Neubelebung der mittelalterlichen Verfassungsgeschichte führten. Deren Ergebnisse machten die Mängel, aber auch die Vorzüge der Untersuchung Gierkes deutlich; sie legten Vorstellungen und Elemente frei, die der Vorgeschichte des föderativen Gedankens in Deutschland zugewiesen werden können. Unbestritten ist der Hinweis Gierkes, daß in den Zusammenschlüssen, Einungen und Bünden zwischen 1200 und 1500 Organisationen und Ordnungen entstanden, die in sich die Fähigkeit trugen und entwickelten, auch hoheitliche Aufgaben wahrzunehmen. Zweifelhaft ist Gierkes Behauptung, daß alle diese Gesellungen nicht nur die Entwicklung des hündischen Gedankens beeinflußten, sondern auch die Voraussetzungen für dessen Verwirklichung schufen.

Als Beispiele vollentwickelter bundesstaatlicher Bildungen führte Gierke zwei politische Gebilde an, die friesische Bundesverfassung und die Anfänge der Schweizer Eidgenossenschaft. Den Zusammenschluß friesischer Landgemeinden nannte er eine bundesstaatliche Einheit. Diese hörte nach Gierke zu existieren auf, als in Friesland ein territoriales Landfürstentum entstand. Gierke bemerkte dazu: „Damit lenkte die friesische Verfassung in die allgemeine Bahn der deutschen Entwicklung ein. Doch wenn nicht für Deutschland, so doch für seine nächsten nordwestlichen Nachbarn wurde der föderative Gedanke der friesischen und niedersächsischen Stämme von dauernder Bedeutung, indem auf die spätere Bildung des niederländischen Bundesstaates dieselben Ideen wirkten, welche schon früh unter den friesischen Seelanden lebendig geworden waren, so daß die Form der föderativen Vereinigung größerer Lande oder Provinzen dort wie hier den Ausgangspunkt der Verfassungsentwicklung bildete."

Uber das zweite Beispiel, die Entwicklung der Eidgenossenschaft, sagte Gierke: „In ganz entgegengesetzter Weise ging in der Schweiz aus der politischen Vereinigung bunt gemischter kleiner und großer Länder und Städte allmählich ein republikanischer Bundesstaat hervor, der ganz allein von allen deutschen Bünden dieser Zeit ohne Vermittlung der Landes-hoheit zu einer wirklichen Staatsbildung führte." Nach einem Überblick über die Entwicklung der Schweiz im 14., 15. und 16. Jahrhundert erklärte Gierke: „So aus den verschiedensten Bestandteilen zusammengesetzt, ohne einheitliche Verfassung, ohne Bundes-eigentum oder Bundeshaushalt, ihrem Wesen nach kaum bestimmbar, bildete gleichwohl die Eidgenossenschaft eine mächtige Einheit nach innen und außen und wurde, obwohl ihr die rechtlichen Formen eines Staates noch mangelten, doch sowohl von den auswärtigen Mächten wie von ihren Gliedern als ein Gesamtstaat betrachtet. Im weiteren Verlauf ihrer Geschichte zog dann die Eidgenossenschaft, so unheilbar scheinende Rückschläge die religiös-politischen Spaltungen von der Reformation bis in die Mitte unseres Jahrhunderts der Bundeseinheit zufügten, diese Einheit dennoch langsam und stetig immer fester an. Selbst die Sonderbünde, welche sie in sich erstehen sah, vom Burgrecht (1527— 1529), dem ersten katholischen Bunde der Reformationszeit und dem borromeischen Bunde (1586) bis zum Sonder-bunde von 1846, waren nur vorübergehende Allianzen zum Zwecke der Umgestaltung des Gesamtbundes, nicht wollten sie dauernde Bünde der Bundesstaaten für sich sein. So konnte hier endlich, indem auf der einen Seite die Bundeseinheit immer mehr zu einer wirklichen Staatsgewalt verstärkt wurde, auf der anderen Seite diese Einheit immer mehr zu einem einzigen, alle Glieder zu gleichem Recht und gleicher Pflicht umfassenden Bande wurde, ein lebendiger moderner Bundesstaat aus der alten Grundlage des mittelalterlichen Einungswesens unmittelbar hervorwachsen."

4. Das Beispiel der Alten Eidgenossenschaft

Bei der Absicht, die kürzeste Verbindung zwischen den Rheinlanden und der Poebene in ihre Hand zu bekommen, stießen die Habsburger auf drei ländliche Gemeinwesen, die, am nördlichen Abhang des Gotthard gelegen, im Vierwaldstättersee ein Verbindungsglied hatten. Die drei Landschaften Uri, Schwyz und Unterwalden nahmen rechtlich unterschiedliche Stellungen ein. Gemeinsam war ihnen der Wunsch, ihre Unabhängigkeit von einem Landesherrn, von den Habsburgern, zu behaupten, überlieferte Eigenständigkeit genossenschaftlicher Herkunft und ein durch die geographische Lage begünstigter Wunsch nach Selbständigkeit wirkten in dem Entschluß der drei Gemeinwesen zusammen, am 1. August 1291 einen „Ewigen Bund" zu schließen. Sie schufen dabei die Urzelle der Schweizer Eidgenossenschaft. Der Ewige Bund der drei Waldstätten war der Form nach ein Landfriedensbündnis; er erkannte die bestehenden Herrschaftsverhältnisse an und sicherte jedem der Verbündeten nach außen hin gegenseitige Unterstützung gegen alle Feinde zu. Die Alte Eidgenossenschaft erwuchs als eine Föderation der Gesinnung und des Gewissens. In politischen und militärischen Auseinandersetzungen behauptete der wachsende Kreis der sich den drei Waldstätten anschließenden Landschaften seine Eigenart und Unabhängigkeit. Die durch das Ewige Bündnis vereinigten Länder und Städte waren kein geschlossenes Staatswesen. Ihre Bewohner verstanden sich nicht als einheitliches Volk. Sie entwickelten deshalb auch kein eidgenössisches Staatsbewußtsein. Das Streben der Glieder der wachsenden Eidgenossenschaft ging auf möglichst weitgehende Autonomie.

Der Schweizer Historiker Hans Nabholz bemerkt dazu: „Die Bündnisse wurden geradezu zu dem Zweck eingegangen, jedem einzelnen Glied der Bundesgenossenschaft dasjenige Höchstmaß von Selbständigkeit zu sichern, das sich mit der Zugehörigkeit zum Reichsverband noch vereinigen ließ. Es war also ein eminent föderalistischer Gedanke, der das Fundament der Eidgenossenschaft bildete und auch bestimmend für deren weitere Gestaltung blieb."

Die Vereinigung der ersten Glieder der Eidgenossenschaft war nicht einmal ein Staatenbund, denn es fehlten selbst die Ansätze einer über allen Beteiligten stehenden Regierungsgewalt. Die Bundesgenossen verkehrten untereinander wie souveräne Staaten. Für die Behandlung von Fragen gemeinsamen Interesses wurden Beratungen, „Tagsatzungen" veranstaltet. Diese fanden nicht regelmäßig, sondern nach Bedürfnis statt. Der Grad der Verbundenheit der einzelnen Orte war unterschiedlich. Am stärksten war in den drei Urkantonen das Gefühl der Zusammengehörigkeit entwickelt. Erst in der Auseinandersetzung erkannten die verbündeten Orte, daß die Form ihres Zusammenschlusses nicht ausreichend sei, um die sie bedrohenden Gefahren abzuwenden. Sie versuchten im Verlauf ihrer bewegten Entwicklung wechselseitige Bindungen einzugehen, ohne dabei ihre Autonomie aufzugeben. Urkunden, Briefe genannt, wie z. B.der Pfaffen-und Sempacherbrief, verstärkten die politische Unabhängigkeit, ohne die Eigenständigkeit der Bundesgenossen zu berühren.

Die Frage nach dem Wesen der Eidgenossenschaft, die sich angesichts dieser Situation aufdrängt, beantwortet der Schweizer Historiker Richard Feller mit der Feststellung: „Sie — die . Eidgenossenschaft'— umfaßte eine Reihe von Staaten, die nach Anlage und Bau eine bunte Mannigfaltigkeit zeigten, vom locker gefaßten Graubünden bis zum festgefügten Bern. Sie beruhte auf den Bundes-briefen und den Vorkommnissen. Die Bundes-briefe hatten einen föderalistischen Zug, weil sie den Kantonen durch gegenseitigen Schutz die Unabhängigkeit sicherten. Die Vorkommnisse, Pfaffenbrief, Sempacherbrief und Stanservorkommnis hatten einen zentralistischen Einschlag, indem sie einen Teil des Bundeslebens, Sicherheit der Straßen, Gerichtsstand, Kriegs-führung, Verhalten gegen die Untertanen, einheitlich zu regeln versuchten. Seitdem sich das Wesen des Staates dem abendländischen Bewußtsein zu enthüllen begann, stellte sich die Frage, ob die Eidgenossenschaft ein Staat sei. Der Zürcher Josias Simmler und der Franzose Jean Bodin beantworteten sie 1576, ohne voneinander zu wissen. Simmler erkennt in seinem Werk De republica Helvetiorum libri duo’, daß dem Bund wichtige Merkmale des Staates, namentlich die oberste Befehlsgewalt fehlten; aber es bestehe ein so enger Zusammenhang unter Gliedern, daß man von einem schweizerischen Staat sprechen könne. Bodin dagegen hebt das Fehlen einer unbedingt obersten Gewalt heraus und kommt zu dem Schluß, daß die Eidgenossenschaft kein Staat sei." Was war — so muß man angesichts dieser Charakteristik fragen — die Alte Eidgenossenschaft, die gerne als Erweis der Lebensfähigkeit des genossenschaftlichen Gedankens und des föderativen Prinzips angesprochen wird, wirklich? „Die Eidgenossenschaft war kein Staat, nicht einmal ein Staatenbund, dessen wichtige Merkmale, einen umfassenden, allseitigen Vertrag und eine, wenn auch beschränkte Verbandsgewalt, sie nicht besaß; sie war ein Bündel von Allianzen, ein Bundes-verein." Der Venezianer Padovino versicherte, die Schweizer halten die Eintracht und aufrichtige Freundschaft für wichtiger als selbst die Gerechtigkeit. Das Wesen der Alten Eidgenossenschaft ist, darin stimmen die Schweizer Historiker überein, vom Staats-begriff nicht erfaßbar. Die Schweizer waren von der Unzerreißbarkeit der eingegangenen Bünde überzeugt. Sie nahmen auch hin, daß in ihrer Eidgenossenschaft alle damals bekannten Staatsformen vertreten waren, städtische Patriziate wie Bern, zünftische Stadtaristokratien wie Zürich, Landgemeindedemokratien wie die Urkantone, Monarchien wie das Fürstentum Neuenburg oder die Fürst-abtei St. Gallen. Auch hinsichtlich ihres Umfanges waren die einzelnen Territorien sehr verschieden; sie reichten vom Zwergstaat Gersau bis zum Machtstaat Bern. Dieses eigentümliche Gemeinwesen, in dem ohne Zweifel hündische Formen vorhanden waren, behauptete sich, bis seine innere und äußere Schwäche allgemein sichtbar wurde. Auch die Alte Eidgenossenschalt war nicht in der Lage, dem Ansturm der französischen Armeen zu widerstehen. Ihr militärischer und politischer Zusammenbruch des Jahres 1798 bewies, daß die eigentümliche Form der Alten Eidgenossenschaft nicht mehr lebensfähig war.

In der Entstehung der Alten Eidgenossenschaft war die genossenschaftliche Idee bestimmend. Der Wunsch, Unabhängigkeit und Eigenständigkeit unter allen Umständen zu wahren, verwehrte die Entwicklung der Eidgenossenschaft selbst zu einem Staatenbund. Die lockere Verbindung wurde als eine Form genossenschaftlicher und föderativer Gesellungen verstanden. Die Eidgenossen wollten die Form eines Staatenvereins, in dem das Gefühl der Zusammengehörigkeit den Mangel an staatlichen Einrichtungen ersetzte, nicht überwinden. Sie glaubten, die von ihnen gewählte Form Ewiger Bündnisse untereinander sei ausreichend, um alle sie gemeinsam oder jeden einzelnen bedrohenden Gefahren abzuwenden. Die Alte Eidgenossenschaft gehört durchaus in die Entwicklungsgeschichte des föderativen Gedankens in Europa. Sie kann jedoch weder als Staatenbund oder Bundesstaat bezeichnet werden. Sie muß in der eigentümlichen Form ihrer geschichtlichen Entstehung, deren Beibehaltung bewußt gewollt war, betrachtet und beurteilt werden. Der von der Alten Eidgenossenschaft entwickelte Föderalismus war sozusagen rudimentär. Er zeigte Ansätze zu einer föderativen Durchbildung und Durchgestaltung. Zu dieser kam es jedoch nicht, weil die Bündnisgenossen der Überzeugung waren, die von ihnen gewählte Form sei ausreichend. Die Mängel der Alten Eidgenossenschaft liegen auf der Hand. Sie wurden durch die militärische Katastrophe von 1798 nicht hervorgerufen, sondern nur offengelegt.

5. Der Einfluß der Föderaltheologie

Gierke weist zwar für das Mittelalter eine Vielzahl territorialer, wirtschaftlicher, geistiger und kirchlicher Zusammenschlüsse hündischen Charakters nach, ist jedoch nicht in der Lage, dafür zeitgenössische Interpreten zu benennen. Der Gedanke einer aufsteigenden staatlichen Ordnung mit immanenter Zuständigkeit der einzelnen Stufen fand keinen schriftlichen Niederschlag. Er war jedoch der Epoche des Aufstiegs zur Neuzeit durchaus vertraut.

Der aus Günzburg an der Donau stammende Franziskaner Johannes Eberlin (1465— 1533) der sich 1521 der reformatorischen Bewegung anschloß, schrieb in Form polemischer Flugschriften unter dem Titel „Die 15 Bundesgenossen" einen utopischen Staatsroman, in dem er sich mit der Beschränkung der Gemeinden und Vogteien befaßte und für diese ein Programm entwarf. Eberlin von Günzburg, der mit seinem reformatorischen Bekenntnis eine starke nationale und soziale Gesinnung verband, sprach sich in seiner Schilderung der idealen Vogtei sowohl für die Eigenständigkeit des unteren politischen Lebenskreises als auch für dessen Subsidiarität aus. Eberlins Zeugnis ist deshalb von besonderer Bedeutung, weil es die Existenz föderativer und sübsidiärer Vorstellungen im Übergang der geschlossenen Gesellschaft zu der reglementierten Gesellschaft des Obrigkeitsstaates beweist. Diese erhielten im Verlauf des 16. Jahrhunderts dem Wort und der Sache nach starke Anregungen durch die Föderaltheologie.

Wie bereits bei der Übersicht über die Verwendung der Bezeichnung „foedus" angedeutet, beschäftigten sich die reformatorischen Auseinandersetzungen zwischen Zwingli und Melanchthon einerseits und den Wiedertäufern andererseits mit dem Begriff des „Taufbundes". Diese Erörterungen führten zur Entwicklung einer theologischen Richtung, die als Föderaltheologie bekannt wurde. Darunter ist eine theologische Betrachtungsweise zu verstehen, die „den biblischen Hauptbegriff des Bundes als Schlüsselbegriff für a) die Bestimmung des Verhältnisses von Gott und Mensch und b) die Darstellung von Kontinuität und Diskontinuität der Heilsgeschichte im Alten Testament und im Neuen Testament" verwendet. Die Föderaltheologie entfaltete sich im 16. Jahrhundert als besonderer Zweig der reformierten Theologie Zürcher Herkunft. Sie entwickelte einen theologischen Bundes-begriff: „Foedus bedeutet einen Friedens-oder Freundschaftsvertrag. . . Ein Bund enthält immer ein Gebot und eine Verheißung. So schließt auch Gott einen Bund, indem er ein Gesetz darbietet und eine Verheißung daran heftet. Die absolute Verheißung Gottes ... ist sein Bund. Der Urheber des Bundes weiß sich dem andern verpflichtet, die gegebenen Verheißungen zu erfüllen. Dieser Bund ist ein unwiderrufliches Geschenk, ein Dekret, ein wirksamer Befehl. Bei Gottes Bundes-schließung handelt es sich nicht wie bei den Menschen um gegenseitige, sondern nur um Gottes Wohltaten. Sein Bund ist die göttliche Erklärung über die Weise, wie seine Liebe spürbar empfangen wird, wie es zur völligen Gemeinschaft mit ihm kommt. Geht der Mensch darauf ein, so wird er Gottes Freund, und der Schöpfer wird sein Gott in einem commercium familiäre." Die Föderaltheologie befürwortete in bezug auf die staatliche Ordnung den Gedanken der Vertragslehre und Volkssouveränität, um so mehr, als hier der Foedus, der Bund, fest verbunden ist mit dem Regnum Dei: „Weil Gott der höchste Souverän ist, sind die irdisch-demokratischen Tendenzen legitim. Der Mittelgedanke ist: Vor dem Souverän, Gott, sind alle Menschen Geschöpfe, auch die höchsten gebunden durch Gottes Gebot. Der König aber, der seine Eide bricht, wird zum Tyrannen."

Bereits 1923 stellte Gottlob Schrenk in seiner Studie „Gottesreich und Bund im älteren Protestantismus vornehmlich bei Johannes Coccejus. Zugleich ein Beitrag zur Geschichte des Pietismus und der heilsgeschichtlichen Theologie" fest, daß die Wirkungen des theologischen Föderalismus auf den politisch-staatlichen Föderalismus noch gründlich erforscht werden müssen. Diese Untersuchung steht noch aus, doch hat Gerhard Oestreich in seiner Studie „Die Idee des religiösen Bundes und die Lehre vom Staatsvertrag" dafür bemerkenswerte Beiträge geliefert. Er faßt das Ergebnis seiner Betrachtung in der Feststellung zusammen: „Das politische und soziale Gemeinwesen soll ein Bund vor Gott sein in Analogie zur religiösen Gemeinde, die einBund Gottes mit den Menschen ist." Er hat überzeugend nachgewiesen, daß die theologische Betonung und Begründung des Bundes-gedankens für dessen Durchbruch in den politisch-staatlichen Bereich von größter Bedeutung war: Indem der Mensch sich im Bund mit Gott weiß, betrachtet er dieses Verhältnis als ein Ordnungsprinzip seiner Beziehungen mit den Mitmenschen. Der Bundesgedanke schlägt sich im politischen und staatlichen Denken nieder. Er ergänzt die mangelhaften Vorstellungen der griechischen Staatsphilosophie und erschließt dem Menschen die Einsicht in zusammengesetzte Ordnungen.

Die Einflußnahme der Föderaltheologie auf Entbindung und Entfaltung des föderativen Gedankens ist nachweisbar. Die 1584 in Herborn von Graf Johann Vf.dem Alteren gegründete reformierte Hochschule war ein Schwerpunkt der Föderaltheologie. An diese Hochschule wurde 1586 ein Rechtsgelehrter berufen, der ein föderatives System entwikkelte: Johannes Althusius. In der bereits erwähnten Untersuchung betonte Schrenk, Althusius werde überhaupt nicht vollständig verstanden, wenn man die geistige Atmosphäre der reformierten Hochschule Herborn unbeachtet lasse.

6. Die Systematisierung des Föderalismus durch Johannes Althusius

Der Rechtshistoriker Otto von Gierke veröffentlichte im Jahre 1880 eine Studie über „Johannes Althusius und die Entwicklung der naturrechtlichen Staatstheorien" Er stellte darin den völlig in Vergessenheit geratenen Rechtslehrer Johannes Althusius vor, wobei er besonderen Wert auf dessen Beitrag zur Entfaltung und Verbreitung föderativer Gedanken und Vorstellungen legte. Gierke versah das fünfte Kapitel seiner Untersuchung mit der Überschrift: „Die Idee des Föderalismus"; er leitete es mit der Bemerkung ein: „Unter allen eigentümlichen Charakterzügen des politischen Systems des Althusius ist vielleicht keiner so auffallend, als der es von der Sohle bis zum Scheitel durchwaltende Geist des Föderalismus."

Obwohl Gierkes Studie 1902 in zweiter, 1913 in dritter, 1929 in vierter und 1958 in fünfter Auflage erschien, blieb Althusius'Beitrag zur Entwicklung des föderativen Gedankens in Deutschland unbeachtet. In der Literatur vornehmlich der zwanziger Jahre fehlt jeglicher Hinweis auf Althusius. Dieses übersehen und Übergehen ist um so weniger verständlich, als die Zeitspanne des Staates von Weimar eine lebhafte Erörterung des föderativen Gedankens auslöste und Carl Joachim Friedrich 1932 das Hauptwerk Althusius „Politica methodice digesta" edierte. Erik Wolf machte nachdrücklich auf Althusius und sein Werk aufmerksam; zu dessen Vernachlässigung stellte er fest, Althusius sei unzeitgemäß gewesen, weil seine Ideen der Zeit vorausgriffen: „Er wandte sich so mit den Forderungen seines politischen Denkens gegen alle Strömungen seiner Zeit: als Föderalist, als Gegner der zentralistisch organisierten Monarchie, als Feind des fürstlichen Absolutismus und als nicht-katholischer Universalist."

Die nach 1945 allmählich einsetzenden Bemühungen um eine wissenschaftliche Grundlegung der Politik belebten das Interesse an Althusius. Peter Jochen Winters untersuchte in einem Beitrag „Zur Grundlegung der politischen Wissenschaft im 16. und im beginnenden 17. Jahrhundert" „Die . Politik'des Johannes Althusius und ihre zeitgenössischen Quellen" Er übte scharfe Kritik an der Interpretation des Werkes Althusius durch Otto von Gierke, dem er die Fähigkeit absprach, das Anliegen Althusius verstanden zu haben. Diese teilweise polemisch gefärbte Auseinandersetzung zwischen der traditionellen Rechtsgeschichte und der in Deutschland unter amerikanischem Einfluß wiederbelebten Wissenschaft von der Politik kann bei der Frage nach den föderativen Vorstellungen des Johannes Althusius unbeachtet bleiben. Diese hat sich mit dem Lebenswerk Althusius’ und mit den von diesem entwickelten föderativen Gedanken zu befassen.

Johannes Althusius wurde 1557 in Diedenshausen (Grafschaft Wittgenstein-Berleburg) geboren, er starb 1638 in Emden. Uber seine Herkunft, seine Jugend und seine wissenschaftliche Ausbildung gibt es keine sicheren Nachrichten. Althusius scheint in Basel studiert und dort auch die Würde eines Lizentiaten und später eines Doktors der Rechte erlangt zu haben. Gierke vertritt in seiner Biographie die Ansicht, es bestehe Grund zu der Vermutung, Althusius habe auch in Genf unter Dionysius Godo Predus, der dort seit 1585 als Professor wirkte, seine juristische Bildung zu vervollständigen versucht. In Genf sei er mit dem calvinistischen Geiste, der in seinen Werken offen zutage trat, bekannt geworden. 1586 nahm Althusius einen Ruf an die Hochschule in Herborn an. Diese war zunächst nur für die Ausbildung reformierter Theologen bestimmt, wurde jedoch durch die Gründung einer juristischen Fakultät erweitert. Als erster Herborner Rechtslehrer eröffnete Althusius an Weihnachten 1586 seine Vorlesungen über Institutionen, die er später auch auf philosophische Gebiete ausdehnte. Im Dezember 1589 wurde er gleichzeitig Mitglied der Gräflichen Kanzlei zu Dillenburg. Im Jahre 1594 ging Althusius als Lehrer an das Gymnasium zu Steinfurt, kehrte aber nach einigen Monaten an die Herborner Hochschule wieder zurück, deren Verlegung nach Siegen er mitmachte. Als jedoch die Hochschule 1599 wieder nach Herborn zurückkehrte, blieb Althusius mit zwei Kollegen bei dem in Siegen verbleibenden Teil. Er hatte sich inzwischen verheiratet und unterstützte die Bestrebungen von Magistrat und Bürgerschaft von Siegen, die Akademie in ihrer Stadt zu belassen. Auf landesherrliche Weisung mußte er jedoch nach Herborn übersiedeln, wo er zweimal, 1599 und 1602, das Amt eines Rektors versah. 1604 berief ihn die Stadt Emden als Syndikus. Er übersiedelte von Herborn nach Emden. Einen Ruf an die Universitäten Leyden und Franeker schlug er aus. Als Syndikus der aufstrebenden ostfriesischen Handelsstadt fand er die Erfüllung seines Lebens und gleichzeitig die Möglichkeit, seine politischen Theorien niederzuschreiben und zu veröffentlichen. Althusius genoß in Emden hohes Ansehen.

Althusius veröffentlichte mehrere juristische und publizistische Untersuchungen. Am bekanntesten sind sein erstmals 1586 in Basel aufgelegtes Pandekten-Lehrbuch „Juris prudencia romana methodice digesta" und sein bereits erwähntes Hauptwerk „Politica methodice digesta".

Im Rahmen seiner Beschreibung des Verhaltens des Menschen in den Gemeinschaften und des gegenseitigen Verhältnisses der Gemeinschaften innerhalb einer übergeordneten Gemeinschaft entwickelte Althusius, wie Otto von Gierke erstmals nachgewiesen hat, ein System föderativer Auffassungen. Wie kam er dazu, in welcher Weise begründete und erläuterte er sie?

Im Rahmen der Beantwortung dieser Fragen verwies Gierke zunächst auf den Stand der staatsphilosophischen und staatsrechtlichen Entwicklung von Althusius. Er erklärte „Wenn der Aufbau der Gesellschaft im Sinne des korporativ gegliederten Ganzen ein Kerngedanke des echt mittelalterlichen Systemes war, so liegt doch der Unterschied darin, daß das, was im Mittelalter in der Richtung von oben nach unten konstruiert worden war, hier mittels der Idee des Gesellschaftsvertrages in der Richtung von unten nach oben rekonstruiert wird. Merkwürdiger aber noch ist, daß diese föderalistische Struktur bei Althusius in Verbindung mit demselben scharf ausgeprägten und konzentrierten Souveränitätsbegriff auftritt, der vor allem den mittelalterlichen Gedanken des gegliederten Gesellschaftskörpers zersetzt hatte und auch fürderhin der Haupthebel aller zentralistischen Bestrebungen blieb!"

Während die Souveränitätsvorstellungen, wie sie Bodin und andere vertraten und verfochten, dem zentral bestimmten Einheitsstaat den Vorzug gaben, war Althusius bemüht, Volks-souveränität und genossenschaftliche Durch-bildung des Staates von unten nach oben miteinander in Einklang zu bringen. Zur Verdeutlichung seiner politischen Auffassungen benützte Althusius zwei für seine Ansichten eigentümliche Begriffe: „Symbiodicus" und „consociacio" Ein „Symbiodicus" ist, wer sich verpflichtet, ein gemeinsames Leben mit andern zu pflegen, für den gemeinsamen Nutzen zu arbeiten und daran teilzunehmen. Es handelt sich hier um eine Umschreibung des aristotelischen Begriffes vom Menschen als einem politischen Lebewesen. Für den Begriff „consociacio" gibt Althusius keine eingehende Definition, setzt ihn jedoch gleich mit „societas unio", „communio", „Corpus hominum“, „plurium", „plures", „homines in unam societatem collecti". „Consociacio" bedeutet Lebensgemeinschaft und Gemeinschaftswesen. Die Prinzipien des Zugeordnetsein der Menschen als Individuen und als Glieder von Ordnungsbereichen versucht. Althusius in seinem Begriff von der consociacio einzufangen, zu beschreiben und zugleich zu formen: „Wie aus verschiedenen Tönen, die der ebenmäßigen Melodie als Verbindung von beiden, mittellagigen und hohen Tönen, so verhält sich Herrschaft und Gehorsam geordnet im Gemeinwesen. Hier besteht aus Reichen und Armen, Künstlern und Handwerkern und anderen verschiedenartigen Personen das, was viel angenehmer ist als die Harmonie, nämlich die kraftvolle Eintracht, die göttlicher und dauerhafter ist."

In seiner Vorstellung vom sozialen Aufbau des Ganzen unterscheidet Althusius zwei Grundtypen von Lebensgemeinschaften, die „una Simplex privata" und die „altera mixta publica". Er betrachtet die Lebensgemeinschaften als Organismen und Persönlichkeiten. Aus diesen Vorstellungen heraus entwickelt Althusius seine Auffassungen von den politischen Lebensgemeinschaften, bei denen er unterscheidet zwischen engeren, die er als „civitates", und Weiteren, die er als „consociaciones publicae universales maiores" bezeichnet. Aus dieser hier nur zusammengefaßt darzulegenden Lehre von den Lebensgemeinschaften und deren Zuordnung zueinander kommt Althusius zu seiner Vorstellung vom Staat: „Die umfassendste politische Gemeinschaft vereinigt in sich viele Städte, Gemeinden und Provinzen und verpflichtet sie zur wechselseitigen Bereitstellung von Sachen und Diensten, inbesondere Zurverfügungstellung von Menschen und Geldern zum Zwecke der Einrichtung, Erhaltung und Verteidigung des Gemeinwesens. Ohne solchen Beistand auf Grund der einander zugestandenen Rechte könnte ein gottgefälliges und gerechtes Leben in der umfassenden politischen Lebensgemeinschaft weder gepflegt noch erhalten werden."

Diese Feststellung des Althusius versieht Winters mit der Bemerkung: „Der Staat ist in erster Linie eine Lebensgemeinschaft, eine consociacio, die sich in ihrer Grundstruktur etwa von der provincia nicht anders unterscheidet als diese von civitas. Der Staat ist demnach nicht etwas schlechthin anderes als die übrigen Lebensgemeinschaften, vielmehr ist er ihnen genetisch gleich. Er unterscheidet sich aber von ihnen vor allem dadurch, daß er charakterisiert wird durch eine ihm eigentümliche Form des jus symbioticum, das unter dem Namen jus regni vorgestellt wurde."

Die Aufgliederung der öffentlichen Ordnung in der Perspektive von unten nach oben ergab für Althusius eine Struktur, in welcher nach der Formulierung Gierkes — „Familie, Berufsgenossenschaft, Gemeinde und Provinz als notwendige und organische Gliederungen zwischen Individuum und Staat stehen; in welchen der weitere Verband sich zunächst immer aus den korporativen Einheiten der engeren Verbände zusammensetzt und erst durch deren Mittel ihre Glieder ergreift; in welchen jeder engere Verband als ein wahres und originäres Gemeinwesen aus sich selbst ein besonderes Gemeinleben und eine eigene Rechtssphäre schöpft und davon an den höheren Verband nur so viel abgibt, als dieser zur Erreichung seines spezifischen Zwecks unerläßlich braucht. In welchen endlich der Staat seinen Gliedverbänden im übrigen genetisch gleichartig und von ihnen nur durch seine ausschließliche Souveränität verschieden ist, die als schlechthin höchste irdische Rechts-macht zwar eine Fülle neuer und eigentümlicher Attribute und Funktionen empfängt, allein an dem eigenen Recht der engeren Verbände eine unübersteigliche Schranke findet und bei deren Überschreitung vor dem durch den Bruch des Vereinigungsvertrages sich wieder zu voller Souveränität entfaltenden Recht der Glieder hinfällig wird."

In dieser Deutung der Lehre Althusius'vom Staate werden zwei Vorstellungen transparent, nämlich das subsidiäre und das föderative Prinzip. Beiden erkämpfte Althusius den Durchbruch in das staatliche Denken Europas, doch gerieten seine Vorstellungen und Ansichten in Vergessenheit.

Die Lehre des Althusius beweist die Intensität der Bemühungen des 17. Jahrhunderts, das Leitbild der griechischen Polis, das zunächst mehr unbewußt als bewußt alle Vorstellungen über staatliche Ordnungen und Formen beeinflußt hat, zu überwinden und auch zu einer Beschreibung und Deutung in sich gegliederter Staatswesen zu gelangen. Althusius Anteil an der Ausprägung föderativer Vorstellungen kann nicht hoch genug veranschlagt werden. Dabei wird man die unmittelbare Einflußnahme der Föderaltheologie höher bewerten müssen als das Fortwirken des geB nossenschaftlichen Gedankens. In dieser Hinsicht ist das Urteil Gierkes über Althusius revisionsbedürftig. Nicht die genossenschaftlichen Vorstellungen, sondern die in den politischen Bereich übertragenen Auffassungen der Föderaltheologie sind bestimmend für die Lehre des Althusius gewesen. Dieser hat durch seine Ideen, Vorstellungen und Empfehlungen entscheidenden Einfluß auf die politische und verfassungsrechtliche Literatur des 17. und 18. Jahrhunderts, sowohl auf die Bemühungen, das Heilige Römische Reich deutscher Nation politisch-staatsrechtlich zu verstehen, als auch auf die Ansätze, eine föderative Staatsstruktur zu entwickeln und zur Anwendung zu bringen.

7. Der Charakter der Generalstaaten

Die im weiteren Bereich der Rheinmündung entstandenen Territorien, Herzogtümer, Grafschaften, geistliche und weltliche Herrschaften und vor allem blühende Städte, behaupteten gegenüber der Reichsgewalt große Selbständigkeit. Die Herzöge von Burgund begannen sowohl mit der Zusammenfassung der sehr gestreuten und unterschiedlich strukturierten Territorien als auch mit deren Unlerstellung unter landesherrliche Gewalt. Die Erwerbungen des Hauses Burgund an der Rheinmündung kamen durch dessen Erbin Maria fast ganz in den Besitz des Hauses Habsburg. Kaiser Karl V.setzte die Zusammenfassung und Abrundung der Einzelterritorien zielstrebig fort. Er vereinigte schließlich 17 Provinzen der Niederlande in seiner Hand. 1548 gab er ihnen eine staatsrechtliche Ordnung und fügte sie als „Burgundischer Kreis" zumindest lose in den Reichsverband ein. Die Beziehungen zwischen dem Reich und den im Burgundischen Reichskreis zusammengefaßten Territorien lockerten sich, als Karl V. diese Gebiete der spanischen Linie der Habsburger, seinem Sohne Philipp, dem nachmaligen Philipp II. von Spanien überließ. Deren Herrschaft wurde aus politischen und religiösen Gründen abgelehnt und bekämpft. 1572 erhoben sich unter der Führung des Adels, der Familien Oranien, Egmond, Doorn die Gebiete an der Rheinmündung gegen die spanische Herrschaft. Den Spaniern gelang es, die südlichen Provinzen, das nachmalige Belgien, zurückzuerobern und zu behaupten. Die sieben nördlichen Provinzen, Holland, Seeland, Utrecht, Geldern, Groningen, Oberijsel und Friesland, seit 1579 in der „Utrechter Union" vereinigt, behaupteten gegenüber den Spaniern ihre Selbständigkeit; sie erreichten 1648 im Westfälischen Frieden die völkerrechtliche Anerkennung ihrer Unabhängigkeit. Die Verfassung der vereinigten Niederlande, im 17. und 18. Jahrhundert als Generalstaaten bezeichnet, ging aus der „Utrechter Union", einem Bündnisvertrag, hervor. Die Ermordung Wilhelms von Oranien 1584 vereitelte die Errichtung einer Monarchie und die Schaffung eines einheitlichen Staates.

Die sieben Provinzen der Niederlande, nach der größten Provinz Holland bezeichnet, bildeten keinen zusammenhängenden Staat, sondern einen Bund von sieben locker verbundenen Territorien. Die mittelalterlichen Zustände sowohl durch die burgundischen Landesherrn, die die Bildung eines der Zeit entsprechenden Landesfürstentum anstrebten, als auch durch die Bedürfnisse des Aufstandes gegen die Spanier schlugen dabei durch. Die „Union von Utrecht" war die Grundlage für das Zusammenwirken und Zusammenwachsen dieses Staatswesens. Deren Vereinbarungen und Bestimmungen waren jedoch weder gedacht noch dazu geeignet, Grundlagen für einen geordneten Staat zu sein. Sie waren nicht einmal ein Ersatz für eine Zentralgewalt und Zentralregierung. Ersatzorgan dafür waren der „Staatsrat" und die „Generalstaaten". Die Zuständigkeit des „Staatsrats" war begrenzt; sie wurde im Verlauf der Entwicklung weiter eingeschränkt. Das Kollegium von „Mijne Heeren de Staten-Generaal" war eine Versammlung der Delegierten der souveränen Provinzen zur Vertretung der ihnen „gedefereerde" gemeinschaftlichen Interessen, also keine mit Souveränität ausgestattete Körperschaft. Die Zahl der Delegierten war verschieden, auch ihre Auswahl war uneinheitlich. Das Präsidium wechselte nach der Rangordnung der Provinzen wöchentlich ab. In vielen im einzelnen festgelegten Fragen mußte auf Grund der „Utrechter Union" oder auf Grund der Gewohnheit Einmütigkeit bestehen. Diese Form der Zusammensetzung und der Beschlußfassung erschwerte die Tätigkeit der Generalstaaten. Die Schwierigkeiten wurden auch dadurch vergrößert, daß die Provinzen ihrerseits nicht einheitlich gegliedert und organisiert waren. Ihre Struktur stellte eine Spiegelung der Struktur der Generalstaaten dar.

Der holländische Historiker P. J. Blok bemerkt zu der Situation der Provinzen in seiner „Geschichte der Niederlande": „Einerseits wurde außerdem ihre (der Provinzen) Souveränität durch die Grenzen beschränkt, die sie sich in den Beziehungen der Union und in der Instruktion von 1558 selbst gezogen durch die Verzichtleistung aul einige Souveränitätsrechte zugunsten der zentralen Regierungskörper, wie die Generalstaaten und der Staatsrat es waren, insoweit diese nicht zu umgehen war in einem, wenn auch noch so wenig zusammenhängenden Bundesstaat; andererseits durch die Rechte, die einzelne Glieder der Provinzen selbst besaßen, oder die Teile, aus denen sie bestanden, zu besitzen behaupteten, namentlich nun es keinen Landesherrn mehr gab, der dies bestritt."

Diese Situation der Generalstaaten verweist auf eine Zwischensituation zwischen einem Staatenverein und einem Bundesstaat. Die Generalstaaten neigten mehr einem Staaten-verein, worin sie der Alten Eidgenossenschaft ähnlich waren, zu. Sie entwickelten jedoch Ansätze einet bundesstaatlichen Ordnung. Diese waren jedoch rudimentär. Als Heinrich von Treitschke im Dezember 1870 die Verträge zwischen dem Norddeutschen Bund und den süddeutschen Staaten, die das Deutsche Reich begründeten, analysierte, verglich er in Empörung über den Ausschuß des Bundesrates für die auswärtigen Angelegenheiten das neue Reich mit den Generalstaaten, den diplomatisehen Ausschuß des Bundesrates mit dem Generalstaaten-Ausschuß der secretes besoignes: „Unser Gesamtstaat sieht dem schwerfälligen Bau der Republik der Niederlande ohnehin schon allzu ähnlich; sollen wir auch noch den Generalstaaten-Ausschuß der secretes besoignes, diesen berufenen Tummelplatz niedriger Ränke und Zänkereien, in unsere Verfassung hinübernehmen?"

Die Ordnung der Generalstaaten war im Verlauf des 17. und des 18. Jahrhunderts immer wieder Gegenstand politischer, staatsrechtlicher und philosophischer Erörterungen und Untersuchungen. Die Gründe dafür lagen in der erfolgreichen Behauptung der Generalstaaten gegenüber der spanischen Herrschaft und in dem Anteil der Generalstaaten an der kolonialen Erschließung und am kolonialen Handel. Die Generalstaaten wurden stärker als die Alte Eidgenossenschaft das Leitbild für eine Republik eigener Ordnung. Diese Tatsache veranlaßte zum Beispiel Montesquieu, mit Worten höchster Bewunderung im Zusammenhang mit seinen Empfehlungen des Föderalismus von den Generalstaaten zu sprechen.

Auf Ausprägung und Hervortreten des föderativen Prinzips nahmen die Alte Eidgenossenschaft und die Generalstaaten nachhaltigen Einfluß. Beide repräsentierten im Zeitalter des absolutistischen Staates Herrschaftsformen, die Beachtung und Bewunderung erregten, weil sie die mit der absolutistischen Staatsform verbundenen Erschwerungen und Behinderungen überwanden.

8. Die Formulierung des Begriffes Bundesstaat"

Die nach den Westfälischen Friedensverträgen einsetzenden Bemühungen, das Heilige Römische Reich deutscher Nation politisch und verfassungsrechtlich zu verstehen und zu erklären, brachten zahlreiche Untersuchungen und Darstellungen hervor. Sie gerieten in immer stärkerem Maße unter den Einfluß von Jean Bodin (1529 30 bis 1596), der die Souveränität als das besondere Kennzeichen des modernen Staates herausstellte. Er versuchte eine Deutung der Alten Eidgenossenschaft, die er als Freundschaft und Bündnis souveräner Einzelstaaten verstand. Aber auch die Ansichten, die Hugo Grotius (1583— 1645) über die aus Bündnissen und Gesellschaftsverträgen hervorgegangenen losen Staatenbünde entwickelte, gewannen Einfluß auf die Diskussion. Im Mittelpunkt der Auseinandersetzungen in Deutschland stand die Struktur des Reiches. Der Hannoversche Geheime Rat und Vizekanzler Ludolph Hugo (1630— 1704) veröffentlichte 1661 eine Studie über den Status der Gebiete Deutschlands, in der er den Begriff des aus Staaten zusammengesetzten Staates in die Wissenschaft einführte Hugo ergänzte die bis dahin bekannten Auffassungen über den Einzelstaat und über Staatenvereine, indem er eine Zwischenform aus Einzelstaat und Staatenverein, den Begriff des zusammengesetzten oder Bundesstaates schul.

Ausgangspunkt dieser für das politische Denken nicht nur Deutschlands entscheidenden Erkenntnis war die Auseinandersetzung mit der politischen Struktur des Deutschen Reiches. Hugo erklärte: „Es liegt vor Augen, daß unser Reich durch eine zweifache Regierung gelenkt wird; denn das Reich als Gesamtheit bildet ein gemeinsames Staatswesen, und die einzelnen Gebiete, aus denen es zusammengesetzt ist, haben besondere Fürsten oder Magistrate, Gerichte und Ratsversammlungen und überhaupt ein besonderes, jenem Höheren untergeordneten Staatswesen." Hugo brachte damit die Ansicht zum Ausdruck, daß es sich beim Deutschen Reich um einen zweifachen, um einen zusammengesetzten Staat handle, um einen Gesamtstaat, in dem die Einzelstaaten, ohne ihren staatlichen Charakter zu verlieren, aufgingen, und um Einzelstaaten.

Als Aufgabe seiner Untersuchung „De statu regionum Germaniae" bezeichnete er die Notwendigkeit, Ursache und Wesen des Unterschiedes zwischen Gesamtstaat und Einzelstaat nachzuweisen und Aufteilung der höchsten Gewalt zwischen der Gesamtregierung und den Einzelregierungen darzulegen. Hugo begann seine Untersuchung mit einer Übersicht über die geschichtliche Entwicklung und Ausbildung der Landeshoheit. Er beschrieb am Beispiel der deutschen Entwicklung seit, der Gründung des fränkischen Reiches die Schwierigkeit, große Reiche einheitlich und gut zu regieren. Zu deren Überwindung sei es geboten, den Großstaat in verschiedene Gebiete zu zerlegen und den Leitern der einzelnen Gebiete Universalgewalt zu überantworten. Wenn die über die einzelnen Gebiete gesetzten Obrigkeiten nur Beamte des Reichsoberhaupts und deshalb von dessen Willen abhängig seien, bestehe eine Gliederung in Provinzen. In Deutschland seien die territorialen Gewalten jedoch selbständig, auch wenn sie dem Gesamtstaat untergeordnet sind. Sie seien deshalb als eigene Staatsgewalten zu betrachten.

Flugo unterschied zwischen Staatenbund und Bundesstaat, indem er die Organisation des Achäischen Bundes, des Niederländischen Bundes und des Schweizer Bundes und die Struktur der deutschen Territorialstaaten miteinander verglich. Die Mitglieder der Staatenbünde behielten ihre Selbständigkeit und Unabhängigkeit. Die Einzelstaaten eines Bundes-staates seien dagegen einer höheren Staatsgewalt unterworfen. Während die Staatenbünde keine Souveränität kennen würden, wäre im Bundesstaat die staatliche Gewalt aufgeteilt zwischen dem Gesamtstaat und den Einzelstaaten. Im weiteren Verlauf seiner Untersuchung sprach sich Hugo für Subsidiarität zwischen Gesamt-oder Oberstem Staat und Einzel-oder Unterstaat aus, indem er verlangte, jeder Gewalt werde an Aufgaben zugewiesen, was sie besser als die andere zu besorgen vermöge. Hugo vertrat in diesem Zusammenhang die Auffassung, die Teilung der Staatsgewalt sei nicht absolut und unabänderlich. Es könnten Verschiebungen und Umschichtungen vorgenommen werden. Damit empfahl er eine, den Bedürfnissen sowohl des Ober-als auch des Unterstaates angepaßte Beweglichkeit der Kompetenzverteilung — eine Auffassung, die sich nur allmählich in der Entwicklung des Verfassungslebens durchsetzen konnte

Die Ansichten Hugos wurden von der gelehrten Welt seiner Zeit mit großem Beifall bedacht; sie spielten in der Entwicklung politischer Ansichten und Vorstellungen des 18. Jahrhunderts eine im einzelnen noch nicht untersuchte Rolle. Sie beeinflußten die Diskussion über die Struktur des alten Deutschen Reiches, machten den Gedanken eines zusammengesetzten Staates bekannt und befürworteten eine Subsidiarität zwischen Ober-und Unterstaat. Hugo gilt mit Recht als Schöpfer des Begriffes „Bundesstaat". Er überwand die bis zu diesem Zeitpunkt verbindliche Ansicht, es könne nur Staaten und Staatenvereine geben. Er schuf, indem er das Heilige Römische Reich deutscher Nation verfassungsrechtlich deutete, die Vorstellung vom zusammengesetzten Staat, vom Bundesstaat.

Hugos Ansichten wurden jedoch auch leidenschaftlich bekämpft. Der Rechtshistoriker Samuel Freiherr von Pufendorff (1632 bis 1694) erklärte unter Bezugnahme auf Jean Bodin und Thomas Hobbes, das Wesen des Staates verlange die absolute Einheit der Staatsgewalt und die völlige Unabhängigkeit derselben von jedem höheren Willen. Er bezeichnete es als undenkbar, daß ein Staat mehrere Staaten in sich enthalte. Er räumte zwar das Bedürfnis von Staaten, namentlich derselben Nationalität, zu einer engeren Verbindung ein, sah dafür jedoch nur die Möglichkeit des Übergangs der einzelnen Staaten in einen einfachen Staat oder die Errichtung eines Staatenvereins, in dem der Einzelstaat seine volle Souveränität behielt. Er betrachtete es als eine Irregularität, daß einem Mitglied eines Staatenvereins heben einem Vertrag irgendeine Gewalt über die anderen Mitglieder zustehe. Er übertrug diese Ansichten auch auf das Deutsche Reich, wobei er sagte, das Fehlen eines Bundesvertrags auf der einen Seite und das Vorhandensein eines Bundes-

Oberhauptes, des Kaisers, auf der anderen Seite erlaube nicht, dieses als ein System verbündeter Staaten zu charakterisieren. Pufendorffs Einwände fanden Beachtung, ie trugen mit dazu bei, daß Hugos Lehre vom zusammengesetzten Staat, vom Bundesstaat, in Vergessenheit geriet. Sie wurde erst in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts wieder ausgenommen und fortgeführt.

9. Montesquieus Ansicht über den Föderalismus

Die von Johannes Althusius geäußerten Auffassungen, die Erfahrungen der Westfälischen Friedensschlüsse und die Erkenntnisse der verstärkten Beschäftigung mit dem Völker-recht veranlaßten nach Beendigung des Dreißigjährigen Krieges eine eingehende Erörterung der Möglichkeiten und Formen des Zusammenlebens eigenständiger Gebiete und souveräner Staaten. Auf der Suche nach überzeugenden Beispielen dafür wandten sich Autoren des 17. und 18. Jahrhunderts den griechischen Städtebünden, der deutschen Hansa und vor allem dem Heiligen Römischen Reich deutscher Nation zu. Der Gedanke hündischer Ordnung bemächtigte sich vieler, die sich mit Fragen der politischen Weltordnung befaßten. So verwies Leibniz in seinen politischen Schriften auf die Möglichkeiten hündischer Zusammenschlüsse; dabei machte er Ansätze zu einem eigenen Verständnis des Föderalismus, die er jedoch nicht ausbaute.

Der französische Philosoph Charles de Secondat Baron de la Brede et de Montesquieu (1689— 1755) veröffentlichte 1748 sein bekanntestes Werk über den „Geist der Gesetze" („Esprit des lois"). Es handelt sich dabei um ein klassisches Werk der politischen Literatur, das neben den Veröffentlichungen Platos, Aristoteles und Machiavellis genannt wird. Montesquieu stellt die Grundsätze dar, die nach seiner Ansicht die Ordnung eines Staates bestimmen und das menschliche Wollen und Wirken, das die politische Ordnung des Staates gestaltet, bewegen sollten. Am bekanntesten wurden seine Auffassungen über die Gewaltenteilung. Montesquieu griff dabei auf Ansichten zurück, die bereits Aristoteles geäußert und die John Locke neu ins Bewußtsein gerückt hatte. Montesquieu unterschied zwischen Gesetzgebung und Gesetzesvollzug. Das Gleichgewicht zwischen beiden herzustellen und zu erhalten, wies er der Rechtsprechung zu.

Montesquieu ging in seinem „Geist der Gesetze" auch ausführlich auf das Nebeneinander von Staaten ein. Er beschäftigte sich vor allem mit der Frage der Behauptung kleiner Staaten, die allein zu schwach seien, um sich gegen Angriffe von außen zu verteidigen. Das einzige Mittel ihrer Erhaltung sah Montesquieu in der Möglichkeit, daß sie sich zusammenschließen, sich föderieren. Nach Montesquieu vereint der Staat auf föderativer Grundlage Volksherrschaft im Innern mit der Kraft zur Verteidigung nach außen. Montesquieu führte als Beispiele dafür die griechischen Städtebünde, den Bund der Schweizer Kantone, die Hansa, das Deutsche Reich und vor allem als Beispiel, das er im Verlauf einer Reise nach Holland persönlich kennenlernen konnte, die „Republik der vereinigten Provinzen" an. Er bezeichnete das Heilige Römische Reich deutscher Nation als „republique federative" und nannte es (ebenso wie Holland und die Schweiz) ein „Staatswesen von ewiger Dauer". Er verstand deren föderative Elemente als Mittel zur Förderung der Freiheit

Die Bezugnahme Montesquieus auf den Föderalismus bestimmte Jean Brethe de la Gressaye, in der Einleitung zu der von ihm besorgten Ausgabe des „Esprit des lois" zu erklären: „Montesquieu hat richtig erkannt, daß der Föderalismus ein ausgezeichnetes Mittel ist, den Staaten ihre besondere Freiheit zu erhalten, indem man sie zu einer Kraft in der internationalen Ordnung macht. Das System wurde bis in unsere Tage angewandt, änderte jedoch seine Form. Montesquieu kannte nur Staatenbünde. Sie sind heute einem hochentwickelten Bündnistyp, dem Bundesstaat, gewichen." Brethe de la Gressaye führte anschließend aus: „Die alten Staatenbünde waren einfache Verbindungen zwischen Staaten, die durch einen internationalen Vertrag die Verpflichtung ein-* gingen, sich gegenseitig zu verteidigen, keinen Separatfrieden abzuschließen und ihre militärischen Kräfte zu vereinigen. Deshalb sandten diese Staaten Diplomaten zu einem Bundestag, der seine Entscheidungen grundsätzlich einstimmig traf. Aber jeder der verbündeten Staaten behielt seine Souveränität, die nur durch die Union eingeschränkt war: Er behielt nicht nur seine Regierung, seine Gesetzgebung und seine Gerichte, sondern blieb eine internationale Rechtsperson, da er noch das Recht hatte, Gesandtschaften auszutauschen, und das Recht, in eigenem Namen an einem Vertrag teilzunehmen, und da es jedem Staat oblag, was ihn betraf, die gemeinsamen Beschlüsse auszuführen. Der Staatenbund als solcher war an sich kein eigener Staat.“

Brethe de la Gressaye fährt dann fort: „Heute spielt das Moment der Einheitlichkeit beim Bundesstaat eine viel größere Rolle. Die in einer Föderation zusammengeschlossenen Länder bilden keine Staaten mehr. Vielmehr besitzt die Föderation, die sie gebildet haben, der Bundesstaat, die Souveränität. In den internationalen Beziehungen ist allein der Bundesstaat vertreten, der Krieg führt und verhandelt. Im Innern bewahren die Länder eine gewisse Autonomie. Sie besitzen die gesetzgebende, vollziehende und richterliche Gewalt, jedoch ihr übergeordnet sind die Gesetzgebung, die Regierung, die Rechtsprechung des Bundes. Die Länder sind an der Bundesgewalt beteiligt, denn das Parlament besteht aus zwei Kammern. Die eine vertritt das Volk in seiner Gesamtheit, die andere vertritt jedes der Länder, die unabhängig von ihrer Bedeutung alle die gleiche Stimmenzahl haben."

Brethe de la Gressaye stellte über diese Entwicklung, die im Laufe des 18. Jahrhunderts sich vollzog, abschließend fest: „Der Bundesstaat hat sich gegenüber der einfachen Konföderation — dem Staatenbund — durchgesetzt, weil er dauerhaft und mit Zentral-organen ausgestattet ist, die die Einheitlichkeit des Handelns der ihn bildenden Länder bewerkstelligen. Die Geschichte zeigt, daß die Konföderationen unsicher und schwach geblieben waren und durch die Teilnehmerstaaten, die darauf bedacht waren, ihre Unabhängigkeit zu wählen und die Herrschaftsansprüche des Mächtigsten zu bekämpfen, immer hin-und hergezerrt wurden."

Brethe de la Gressaye ist der Ansicht, die in den „Generalstaaten" vereinigten Provinzen seien dem modernen Typ des Bundesstaates am nächsten gekommen. Die anderen Zusammenschlüsse seien einfache Staatenbünde gewesen. Er weist schließlich darauf hin, daß die 13 englischen Kolonien von Amerika bei ihrer Unabhängigkeitserklärung auf Montesquieus „Geist der Gesetze" Bezug nahmen. Diese konstituierten sich als Staatenbund. Sie nahmen schließlich jedoch die Form des Bundesstaates an.

Brethe de la Gressaye faßt sein Urteil über die Einstellung Montesquieus zum Föderalismus in der Feststellung zusammen: „Montesquieu hat sehr genau die entscheidende Rolle des Föderalismus erkannt, wenn er auch seine vielfältigen Formen nicht voraussetzen konnte." Montesquieu schränkte die Anwendbarkeit des Föderalismus ein. Er war der Meinung, die Föderation sei nur für Republiken, nicht aber für Monarchien. Es handelt sich hierbei um zeitbedingte Ansichten, deren Richtigkeit die weitere Entwicklung nicht bestätigte

In Übereinstimmung mit Montesquieu äußerte Jean Jacques Rousseau (1712— 1778) 1756/1761 in seinem „Auszug aus dem Plan des Ewigen Friedens des Herrn Abbe de Saint-Pierre", man könne im Deutschen Reich, dem an Weisheit kein andres Gemeinwesen gleichkomme, geradezu das Modell eines Zukunftseuropa sehen: „Das öffentliche Recht, das die Deutschen so gründlich studieren, ist noch wichtiger als sie glauben, denn es ist nicht das germanische öffentliche Recht, sondern in gewissem Sinn das von ganz Europa."

In seiner Studie „Absoluter Staat, korporative Libertät, persönliche Freiheit" machte Kurt von Raumer auf die Achtung, die Montesquieu und Rousseau dem Heiligen Römischen Reich deutscher Nation entgegenbrachten, aufmerksam. Er sah sich veranlaßt, im Anschluß daran der Geschichtswissenschaft zu empfehlen, „daß die föderativen Kräfte ... in unserer Wissenschaft noch mehr als bisher — auch in Richtung auf das Problem der Freiheit — zum Gegenstand eines die Alleingeltung der . Dämonie der Macht'im älteren Europa eingrenzenden Nachdenkens gemacht werden sollten."

10. Die Wiederentdeckung des Begriffes „Bundesstaat" durch Pütter

Der in Göttingen wirkende Staatsrechtslehrer Johann Stephan Pütter (1725— 1807) nahm die Auffassungen und Ansichten Hugos über die Teilbarkeit der obersten Staatsgewalt zwischen Ober-oder Gesamtstaat und Unter-oder Einzelstaaten wieder auf. Pütter war der Über-zeugung, er habe unabhängig vornehmlich von Hugo den Bundesstaatsbegriff, die Vorstellung des Staatenstaats, entwickelt. In seinen Veröffentlichungen finden sich keinerlei Hinweise auf frühere Verfasser, weder auf Althusius noch auf Hugo. Er legte in seinen „Beyträgen zum teutschen Staats-und Fürsten-recht", erschienen 1777 bzw. 1779, die erste geschlossene Darstellung der Bundesstaatslehre vor

Pütter gab seiner Verwunderung darüber Ausdruck, daß alle bisherigen Veröffentlichungen einen unvollständigen Maßstab angenommen und sich mit der durch Aristoteles vorgenommenen Einteilung der Staaten in Monarchien, Aristokratien und Demokratien zufrieden gegeben haben. Er fand es für ungewöhnlich, daß bisher die Unterscheidung zwischen einfachen und zusammengesetzten Staaten nicht erfolgt war. Als Beispiele von zusammengesetzten Gesellschaften im außer-staatlichen und im außerstaatsrechtlichen Bereich verwies er auf Familiengemeinschaften und Militärformationen.

Er stellte danach die Frage: „Erwächset nun daraus die philosophisch ganz richtig abstrahierte Abteilung einfacher und zusammengesetzter Gesellschaften, warum sollten sich nicht auf eben diese Art erst einfache und zusammengesetzte Staaten voneinander abteilen lassen, ehe man noch an die weitere After-abteilung von Monarchien und Republiken kömmt." Pütter bezog sich in seinen Betrachtungen und Erklärungen stets auf die Reichs-struktur. Sie ist der „Ausgangspunkt seiner föderalistischen Ideale". Am Beispiel des Deutschen Reiches erläuterte Pütter seinen Bundesstaatsbegriff. Er sprach dabei vom Zerfall eines Einheitsstaates in mehrere Einzelstaaten, wobei er bemerkte: „Aus Befehlshabern wurden erbliche Vasallen, und ehe man sichs versah, wahre Regenten."

Als denkbaren Fall des Entstehens eines Bundesstaates bezeichnete er die Möglichkeit, „daß mehrere vorher völlig unabhängige Staaten sich erst aufs neue unter einer gemeinsamen höheren Gewalt vereinigten, wie z. B.der Fall sein würde, wenn die sieben vereinigten Niederländischen Provinzen oder die 13 Kantons der Schweiz ihre bisherige Unabhängigkeit einer gemeinsam zu errichtenden höheren Gewalt aufzuopfern gut fänden, oder wie es ungefähr der Fall war, da Baiern, Schwaben und andere teutsche Völker mit Beibehaltung ihrer eigenen Regierung und Verfassung mit den Franken unter einem Szepter kamen, da die fränkische Monarchie unter dem ersten Stamme ihrer Könige ungefähr die Gestalt eines auf solcher Art zusammengesetzten Reiches gewann."

Für den Fall eines Zusammenschlusses von Staaten unterschied Pütter drei Möglichkeiten: Der Staatenverein oder Staatenbund ist für ihn eine „Realverbindung". Gehen mehrere Staaten in einen Staat auf, entsteht ein neuer, einfacher Staatskörper. Entsteht weder ein Staatenverein noch ein einfacher Staatskörper, bildet sich ein aus Staaten zusammengesetzter Staat. Die Abgrenzung des Oberstaates und der Einzelstaaten eines aus Staaten zusammengesetzten Staates sah Pütter darin, daß jeder Gliedstaat „zwar in seiner innerlichen Verfassung seine eigene Regierung mit allen Hoheitsrechten völlig behält; aber daß sie alle doch noch eine höhere gemeinsame Gewalt über sich hätten". Pütter wies nach, daß alle deutschen Regenten zu wahren Landesherrn wurden. Uber den Inhalt der von ihnen verkörperten Landeshoheit sagte er: „Ein jeder dieser besonderen Staaten hat seine eigene und der Regel nach und einer ganzen mit allen Hoheitsrechten begabte Regierung; ein jeder seine eigene innere Verfassung; ein jeder sogar gegen auswärtige Mächte solche Rechte, die sonst nur unabhängige Mächte gegeneinander in Übung haben; auch Krieg und Frieden, Bündnisse und Gesandtschaften nicht ausgeschlossen; geschweige von innerlichen Regierungsrechten sowohl gesetzgebende als gerichtliche Gewalt, hohe und niedere Gerichtsbarkeit, Recht über Leben und Tod, und was irgend nur von hohen oder niedern Regalien erdacht werden mag. Alles das hat ein jeder besonderer deutscher Staat in solcher Freiheit, daß einer darin so wenig an den andern, als eine europäische Macht an die andere gebunden oder etwa einige Gleichförmigkeit untereinander zu beobachten gehalten ist." Pütter rechtfertigte eingehend die Vielfalt der Verfassungsformen des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation. Er erklärte dabei: „Was also irgend nur von Verschiedenheit in der Verfassung mehrerer einander nichts angehender europäischer Reiche und Staaten wahrzunehmen ist, das findet sich in einem einigen Deutschland noch in so viel mannigfaltigen Beispielen, als die Zahl der teutschen besonderen Staaten die Zahl der europäischen Mächte merklich übersteiget . . . Ein der teutschen Verfassung unkundiger Ausländer wird in den meisten Gegenden des Deutschen Reiches kaum eine Tagereise zurücklegen dürfen, um sich davon aufs lebhafteste zu überzeugen, daß die Länder und Orte, die er durchreiset, nicht einerlei Regierung, nicht einerlei Verfassung haben. Mühe wird es ihn vielmehr kosten, sich überzeugen zu lassen, wie so vielerlei ganz voneinander abweichende Regierungen noch in einem Staate vereinigt sein sollen."

Pütter verwies nicht nur auf die Vielfalt und Unterschiedlichkeit der Reichsstände, er betonte auch deren Einmütigkeit und Gemeinsamkeit. Er bemerkte über die Bindung der Reichsstände im Reich: „Nichts ist gewisser, als daß Mecklenburg und Baiern, Württemberg und Pommern, Passau und Münster, Oldenburg und Bentheim, Hamburg und Nürnberg, kurz geistliche und weltliche Länder, Kur-und Fürstentümer, Grafschaften und Reichsstände, wenn ihre innere Verfassung auch noch so sehr voneinander abgehet, dennoch alle ohne Ausnahme noch als Teile eines eigenen Ganzen in gleichmäßiger Verbindung unter dem Deutschen Reiche stehen; ... unter einem gemeinsamen höchsten Oberhaupte, dem die persönliche Majestät und Unabhängigkeit so wenig als einem König von Frankreich oder irgend einem Monarchen bestritten werden kann."

Beide Erscheinungen, die politische Vielfalt der Reichsstände und die Einheit des Reiches, sind für Pütter Ursachen, den Begriff des aus Staaten zusammengesetzten Staates zu formulieren und zu fordern. Pütters Vorstellung war zu sehr auf die Gegebenheiten des Heiligen Römischen Reiches hin festgelegt, um identisch zu sein mit dem Begriff des Bundesstaates, wie er im Laufe des 19. Jahrhunderts entwickelt wurde. Er bereitete diesen jedoch vor. Das Heilige Römische Reich deutscher Nation war kein Bundesstaat, wohl aber eine Föderation. Gesellungen und Ordnungen des Reiches waren ihrerseits Föderationen: Aufbau und Struktur des Reiches bestanden aus sehr unterschiedlichen Föderationen, deren Zahl schließlich so groß war und deren Formen so verwirrend waren, daß die davon gebildete Gesamtstruktur nicht mehr über-und durchschaubar war. Untersuchungen darüber verweisen auf einen Föderalismus, der der Formulierung des modernen Bundesstaates voraus-ging. Dessen endgültige Durchsetzung und Ausprägung vollzog die Konstituierung der Vereinigten Staaten von Amerika. Deren Entwicklung wurde für die Vorstellung föderativer Ordnungen bestimmend und beispielgebend, so daß die europäischen, vornehmlich die deutschen Ansätze dazu in Vergessenheit gerieten.

11. Kant und der Föderalismus

Der Philosoph Immanuel Kant (1724— 1804) schrieb 1795 einen Aufsatz „Zum ewigen Frieden", dessen Ziel es war, eine Staatenverbindung zu proklamieren, die die Gerechtigkeit verbürgt und den Frieden sichert. Kant legte seine Ansichten darüber in „Defensivartikeln", in Empfehlungen für die Bewahrung der Gerechtigkeit und die Verteidigung des Friedens nieder. Der zweite Defensivartikel lautet: „Das Völkerrecht soll auf einem Föderalismus freier Staaten gegründet sein." Kurt von Raumer vertritt in seiner unter dem Titel „Ewiger Friede" veröffentlichten Sammlung von „Friedensrufen und Friedensplänen seit der Renaissance" die Auffassung, diese Darstellung sei der entscheidende Artikel des ganzen Essays „Zum ewigen Frieden". Zur Begründung führt er aus: „Zum einen, weil er das Ziel des Vertrags klar enthielt: den Völkerbund, zum andern, weil er die Form, die dieser Völkerbund annehmen soll, näher bestimmt: kein Einheitsstaat, keine Universal-monarchie oder Universalrepublik, sondern ein . Föderalismus freier Staaten'." Weil Kant sich sowohl zur Herstellung der politischen Einheit der Welt und zur Sicherung der Freiheit und Eigenständigkeit der Glieder der Staaten und Länder bekennt, nimmt er seine Zuflucht zum Föderalismus. Die Verwirklichung einer Weltherrschaft ist nur durch die Anwendung des föderativen Prinzips möglich. Die Weltherrschaft ist erforderlich, weil nur sie Voraussetzung für den ewigen Frieden ist.

Kants Auffassung von der Bedeutung des Föderalismus für eine harmonische Weltordnung kann nicht als politische Utopie abgetan we den. Sie war zwar dem Verständnis der Ze weit voraus, verwies jedoch, wie bered vorher die Darlegung Montesquieus, auf ei Strukturprinzip, auf ein Mittel, um zwische Einheit des Weltgeschehens und Freiheit de Völker und Staaten einen Ausgleich zu schal fen. Der Philosoph Kant gehört in die Ahner reihe föderativer Vorstellungen.

Fussnoten

Fußnoten

  1. V. Ehrenberg, Polis und Imperium. Beiträge zur Alten Geschichte, hrsg. v. K. F. Stroheker und A. J. Graham, Zürich und Stuttgart 1965, S. 10.

  2. V. Ehrenberg, Der Staat der Griechen, 2 Teile, Teil I, Leipzig 1957, S. 29.

  3. Ehrenberg, a. a. O., Teil I, S. 78 ff.

  4. H. Berve, Griechische Geschichte, 2 Bde, Bd. 2, Freiburg im Breisgau 1933, S. 286 f.

  5. Berve, a. a. O., Bd. 2, S. 287.

  6. Berve, a. a. O., Bd. 2, S. 288.

  7. E. Kornemann, Weltgeschichte des Mittelmeer-Raumes von Philipp II. von Makedonien bis Muhammed, hrsg. v. H. Bengtson, 2 Bde., Bd. 1, München 1948, S. 190.

  8. Ehrenberg, a. a. O., Teil I, S. 96.

  9. 11. Bengtson, Griechische Geschichte von den Anfängen bis in die Römische Kaiserzeit, München 19602, S. 442.

  10. G. Waitz, Das Wesen des Bundesstaates. Reden und Betrachtungen von J. v. Radowitz (Gesammelte Schriften Bd. 2), Berlin 1852, in: Allgemeine Monatsschrift für Wissenschaft und Literatur, Jahrg. 1853, S. 494 1s.

  11. S. Brie, Der Bundesstaat, Bei. 1: Geschichte der Lehre vom Bundesstaate, Leipzig 1874, S. 8 ff.

  12. H. Swoboda, Die griechischen Bünde und der moderne Bundesstaat. Prager Rektoratsrede vom 20. Oktober 1914, in: Die feierliche Inauguration des Rektors der K. K. Deutschen Karl-Ferdinands-Universität in Prag für das Studienjahr 1914/15 am 20. Oktober 1914, Prag o. J., S. 29 ff.

  13. Kuhn, Die städtische und bürgerliche Verfassung des Römischen Reiches, Bd. 1, S. IX; vgl. Brie, a. a. O., S. 11.

  14. G. Cohn, Quid intersit inter confoederationem civitatum et civitatem confoederatam et. Pars prima, Gryphiae 1868, S. 4; vgl. Brie, a. a. O., S. 11.

  15. O. Schilling, Die Staats-und Soziallehre des Heiligen Thomas von Aquin, München 1930-’.

  16. Brie, a. a. O., S. 12 f.

  17. Lexikon für Theologie und Kirche, Bd 3 Freiburg 1959, Sp. 876 f.

  18. A. Posch, Die staats-und kirchenpolitische Stellung Engelberts von Admont, Paderborn 1920.

  19. H. Kelsen, Die Staatslehre des Dante Alighieri, Wien und Leipzig 1905; H. Conrad, Dantes Staatslehre im Spiegel der scholastischen Philosophie seiner Zeit, in: Deutsches Dante-Jahrbuch, Bd. 27, NF. Bd. 18 (1948), S. 43 ff.

  20. Ebenda, S. 131.

  21. Mittels, a. a. O. r S. 425 f.

  22. O. v. Gierke, Das deutsche Genossenschaftsrecht, 4 Bde., Bd. 1: Rechtsgeschichte der deutschen Genossenschaft, Neudruck der ersten Ausqabe, Darmstadt 1954.

  23. Gierke, a. a. O., Bd. 1, S. 3.

  24. Gierke, a. a. O., Bd. 1, S. 457 f.

  25. Gierke, a. a. O., Bd. 1, S. 508 f.

  26. Gierke, a. a. O., Bd. 1, S. 511 f.

  27. Gierke, a. a. O., Bd. 1, S. 830.

  28. Gierke, a. a. O., Bd. 1, S. 531.

  29. Gierke, a. a. O., Bd. 1, S. 531 f.

  30. Gierke, a. a. O., Bd. 1, S. 534.

  31. E. Dürr, R. Feller, L. v. Muralt u. H. Nabholz (Hrsg.), Geschichte der Schweiz, 2 Bde., Zürich 1932/38, Bd. 1, S. 199.

  32. Ebenda, Bd. 2, S. 8 f. Vgl. auch H. Nabholz, Föderalismus und Zentralismus in der eidgenössischen Verfassung bis 1798, in: Politisches Jahrbuch der Schweiz. Eidgenossenschaft, Jahrg. 1916.

  33. E. Deuerlein, Johannes Eberlin von Günzburg, in: G. Frhr. v. Pölnitz (Hrsg.), Lebensbilder aus dem Bayerischen Schwaben, Bd. 5, München 1957, S. 70 ff.

  34. L. Diestel, Studien zur Föderaltheologie, in: Jahrbücher für deutsche Theologie, Bd. 10 (1865), S. 209 ff.: E. Graf von Korff, Die Anfänge der Föderaltheologie, Theol. Diss., Bonn 1908; H. H. Wolf, Die Einheit des Bundes. Das Verhältnis vom Alten Testament und Neuen Testament bei Calvin, Neukirchen 19582; Die Religion in Geschichte und Gegenwart, 3. Ausl., Bd. I, S. 1518 ff.; Lexikon für Theologie und Kirche, 2. Ausl., Bd. 4, Sp. 190 ff.

  35. G. Schrenk, Gottesreich und Bund im älteren Protestantismus vornehmlich bei Johannes Coccejus. Zugleich ein Beitrag zur Geschichte des Pietismus und der heilsgeschicbtlichen Theologie, Gütersloh 1923, S. 83.

  36. Schrenk, a. a. O.

  37. G. Oestreich, Die Idee des religiösen Bundes und die Lehre vom Staatsvertrag, in: a) W. Berges u. C. Hinrichs (Hrsg.), Zur Geschichte und Problematik der Demokratie Festgabe für Hans Herz-feld, Berlin 1958, S. 11 ff.; b) H. H. Hofmann (Hrsg.), Die Entstehung des modernen souveränen Staates, Köln 1967, S. 137 ff.

  38. O. v. Gierke, Johannes Althusius und die Entwicklung der naturrechtlichen Staatstheorien. Zugleich ein Beitrag zur Geschichte der Rechtssystematik, Aalen 19585.

  39. J. Althusius, Politica methodice digesta . .., Neudruck der 3. Auflage von 1614, hrsg. v. C. J. Friedrich-Cambridge (USA) 1932 (Harward Political Classics, Vol. II).

  40. E. Wolf, Große Rechtsdenker der deutschen Geistesgeschichte, Tübingen 19634, S. 177 ff.

  41. P. J. Winters, Die „Politik" des Johannes Althusius und ihre zeitgenössischen Quellen. Zur Grundlegung der politischen Wissenschaft im 16. und im beginnenden 17. Jahrhundert, Freiburg im Breisgau 1963

  42. Gierke, a. a. O., S 226 ff.

  43. Winters, a. a O., S. 170 ff. gibt genetische Definitionen der von Althusius entwickelten Begriffe.

  44. P. J. Blok, Geschichte der Niederlande 6 Bde Gotha 1902— 1918, Bd. 4, Gotha 1910, S. 103.

  45. H. v. Treitschke, Zehn Jahre Deutscher Kämpfe 1865— 1874, Berlin 1874, S. 352.

  46. Ludolphi Hugonis Dissertatio de statu regionum Germaniae et regimine principum summae imperii rei publicae aemulo, nec nun de usu et auctoritate iuris civilis privati, quam in hac parte iuris publice abtinet (sub proesid. Henr. Benii). Heimst. 1661.

  47. Brie, a. a. O., S 17 ff.

  48. Wolf, a. a. O., S. 311 ff.

  49. Montesquieu. De l'esprit des lois, II, 5.

  50. Montesquieu, De l esprit des lois. Texte etabli et presente par Jean Brethe de la Gressaye, 2 Bde., Bd. 2, Paris 1955, S. 2 ff.

  51. Deutscher Wortlaut: K. v. Raumer, Ewiger Friede. Friedensrufe und Friedenspläne seit der Renaissance, Freiburg/München 1953, S. 343 ff.

  52. K. v. Raumer, Absoluter Staat, korporative Libertät, persönliche Freiheit, in: a) Historische Zeitschrift, Bd. 183 (1957), S. 55 ff.; b) H. H. Hof-mann (Hrsg.), Die Entstehung des modernen souveränen Staates, Köln 1967, S. 173 ff.

  53. U. Schlie, Johann Stephan Pütters Reichsbeqriff, Göttingen 1961, S. 40 ff.

  54. K. v. Raumer, Ewiger Friede. Friedensrufe und Friedenspläneseit der Renaissance, Freiburg/München 1953, S. 166.

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