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Technokratischer Konservatismus | APuZ 31/1971 | bpb.de

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APuZ 31/1971 Die Konferenzen der deutschen Ministerpräsidenten 1945 -1949 Technokratischer Konservatismus

Technokratischer Konservatismus

Martin Greiffenhagen

/ 33 Minuten zu lesen

Vorabdruck eines Beitrages, der zusammen mit Aufsätzen von Helga Grebing, Christian Graf von Krockow und Johann Baptist Müller unter dem lltel »Konservatismus — eine deutsche Bilanz" im Herbst dieses Jahres als Band der . Serie Piper’ erscheinen wird.

Eine Darstellung konservativen Denkens begegnet Schwierigkeiten besonderer Art. Gibt es bei Liberalen über die Formulierung liberaler Grundsätze nicht notwendig Differenzen, so besteht gerade in der Formulierung konservativen Denkens, seiner Ziele, Forderungen, Werte und Positionen, zwischen den Konservativen und ihren Gegnern meist Uneinigkeit. Und nicht nur das: selten findet man unter Konservativen verschiedener Zeiten oder aus derselben Epoche Einigkeit über das, was für wahrhaft konservativ gelten soll. Mit einfachen Definitionen jedenfalls ist dem Konservatismus nicht beizukommen. Erlauben Liberalismus und Sozialismus gewisse generelle Definitionsmerkmale, die unbeschadet nationaler Eigenentwicklung für Struktur und Ziele dieser politischen Bewegungen gelten, so ist der Konservatismus, weil er sich aus der geschichtlichen Herkunft versteht, in verschiedenen Ländern und in verschiedenen historischen Epochen notwendig verschieden.

Die einfachste Definition lebt aus dem Gegensatz von Fortschritt und Beharrung. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts unterscheidet Joseph Görres in seiner Schrift . Teutschland und die Revolution'zwei Hauptparteien, von denen die eine, „die sogenannte Historische erkannte, daß ehemals ein besserer Zustand Teutschlands in der Wirklichkeit bestanden, wo es in sich geeint unter einem Schirmvogte, und wieder getheilt in Glieder und Gliedes-glieder, Landschaften, Stände und blühende Körperschaften in sich gesichert, frey, kräftig und reich in eigenthümlicher Sitte und Einrichtung auf sich selber ruhte, von außen geehrt, geachtet, gefürchtet und gebiethend, und leicht abwehrend jede fremde Gewalt, die sich an ihm versuchte“ Dieser konservativen Partei der Beharrung, die den besseren Zustand Deutschlands in der Vergangenheit sah, steht die liberale Partei des Fortschritts entgegen. »Die andere Parthey, die dieser bald entgegentrat, urtheilte aus anderem Gesichtspunkt: Was soll uns dies alte Teutschland, was sollen diese Lappen alter Herrlichkeit, die zu ihrer Zeit gut gewesen, weil sie auf ihre Zeit gegründet war, aber nun auf immer hingeschwunden: was soll dieser Aberglauben, der mit den Gebeinen alter Helden und Heiligen seinen Götzendienst zu treiben affektirt? Was haben diese Ritter in unserer Zeit zu suchen; ihr Geist ist nicht mehr unter uns, ihre Burgen stehen gebrochen auf Berg und Hügel; jene alten Münster sind verödet, ein anderer Glaube ist in sie eingewandert. Jene Institutionen und Landesordnungen mögen paßlich gewesen seyn für ihre Jahrhunderte; aber ihr Schutt und ihre Trümmer, die noch in der Gesellschaft stehen geblieben, sind ihr zur Ueberlast, und ihre Pergamente modern in den Archiven; was wir sehen, ist Leibeigenschaft, Reich der Gewalt und des Aberglaubens, drückende Feudalität..

Nun besteht zwischen dem konservativen Selbstverständnis und dem liberalen noch ein formaler Unterschied: die liberale Position ist die des Angriffs, die Position des Konservatismus die der Verteidigung. Die neuen politischen Ideen des Liberalismus, auch des Sozialismus, der gewisse Prinzipien des Liberalismus nur radikalisiert, wollen die alte Welt umstürzen oder doch in entscheidenden Strukturen verändern. Der Konservatismus, indem er sich gegen den Gedanken einer prinzipiellen Veränderung geistiger, religiöser, sozialer oder wirtschaftlicher Strukturen wendet, bezieht sich in seinem Gegenschlag auf Werte und Strukturen der Vergangenheit, denen er ihren hohen Rang deshalb zuweist, weil die Gegenwart aus dieser Vergangenheit als Herkunft lebt und ohne sie nicht zu verstehen ist. In diesem Sinne verteidigt der Konservative auch das Bestehende als das aus der Herkunft überkommende gegenüber den Projekten der politischen Rationalisten. Dieser strukturelle Unterschied: die Verteidigung bereits gelebter und erfahrener Geschichte gegenüber noch nicht gelebten und erfahrenen zukünftigen Vorstellungen vom richtigen Leben, der richtigen Gesellschaft, ist ein wesentlicher Zug der konservativen Ideologie.

I. Irrationaler Rationalismus

Der Konservatismus hat sich stets als Gegner des Rationalismus verstanden, und wenn immer es eine Definition gibt, über die wenig Streit sein kann, so ist es diese Gegnerschaft. Der Konservatismus fußt seinem eigenen Selbstverständnis zufolge im Unterschied zum Rationalismus auf Anschauung und Erfahrung, nicht auf Spekulation und Theorie. Sein Wissen ist ein . instinktives Wissen', ein . natürliches Denken', in welchem sich die ursprüngliche Lebendigkeit des menschlichen Daseins selbst ausspricht. Die Folge dieses irrationalen Selbstverständnisses ist, daß jeder über diese Antirationalität des Konservatismus hinausgehende Definitionsversuch an eben diesem Selbstverständnis scheitern muß. Der unmittelbare Erlebniskern des konservativen Denkens sei rational begrifflich überhaupt nicht faßbar, meint der Konservative. Jede rational-begriffliche Darstellung des Konservatismus stehe deshalb in Gefahr, der progressistischen Ideologie eine konservative entgegenzusetzen.

Alle konservativen Schriften atmen den Geist des Rationalismus, den sie bekämpfen. Das Gesetz der Reflexion wirkt von Anbeginn und bestimmt die gesamte Geschichte dieses imponierenden Versuches, eine irrationale Theorie zustande zu bringen. Die konservative Theorie zeigt somit eine ganz besondere Dialektik: die Dialektik der Aneignung des Fremden als des eigenen Wesens, und der Katalog sogenannter konservativer Inhalte ist deshalb ebenso zahlreich wie die Angriffspunkte des aufklärerischen Rationalismus. Bildet der Zweifel das moderne Erkenntnisprinzip rationaler Wissenschaft, so beruft sich der Konservatismus auf das Vertrauen, sei es in göttliche Offenbarung, sei es in ontologische Vor-gegebenheiten der Natur, der Gesellschaft und des menschlichen Wesens. Versucht der Rationalist, im Wege kritischer Analyse Natur und Gesellschaft im Experiment herzustellen und solchermaßen ihre Gesetze aufzuspüren, so beruft sich der Konservative auf überliefertes Wissen, die Weisheit der Alten, die alte Ständeordung als die Garanten einer menschlichen Weltordnung. Setzt der rationalistische Moralist seine Hoffnung in den Fortschritt zu einer humanen und vernünftigen Gesellschaftsordnung, so warnt der Konservative vor solchen, wie er meint, utopischen Entwürfen und hält sich gern an das überkommene als das Sichere. Verspricht sich schließlich der rationalistische Politiker von einer Revolution die Totalveränderung sozioökonomischer Verhältnisse zum Besseren oder gar endgültig Guten, so beruft sich der Konservative auf die verpflichtende Kraft gesellschaftlicher Tradition, auf den für ihn allein gültigen Maßstab des Herkommens, des alten Wahren, das er festhalten möchte, zusammen mit dem Glauben der Väter, ihren Sitten und Ordnungen.

II. Historische Positionen

Seine erste Position fand der deutsche Konservatismus in der Negation des absolutistischen Rationalismus. Justus Möser wandte sich gegen den Mechanismus der Bürokratie, wenn er seine berühmten Sätze gegen die Herrn beim Generaldepartment schrieb: „Die Herrn beim Generaldepartment möchten gern Alles, wie es scheinet, auf einfache Grundsätze zurückgeführet sehen. Wenn es nach ihrem Wunsche ginge, so sollte der Staat sich nach einer academischen Theorie regieren lassen, und jeder Departementrath im Stande sein, nach einem allgemeinen Plan den Localbeamten ihre Ausrichtungen vorschreiben zu können ... In der That aber entfernen wir uns dadurch von dem wahren Plan der Natur, die ihren Reichthum in der Mannigfaltigkeit zeigt, und bahnen den Weg zum Despotismus, der Alles nach wenig Regeln zwingen will, und darüber den Reichthum der Mannigfaltigkeit verlieret." Ähnlich beurteilt Adam Müller die Friederizianische Staatsauffassung, wem er über Friedrich II. sagt, er sei „zuvörderst der erste und größte Staats-Mechaniker, den die Welt gesehen" und wenn er den absolutistischen Staat überhaupt ein „großes Arbeitshaus" nennt. Gleichzeitig wendet sich Adam Müller aber schon gegen den revolutionären Demokratismus und die liberale Demokratie, welche in seinen Augen die Atomisierung der Gesellschaft vollendet hat. Nun ist der politische Konservatismus, wie man weiß, in diesem Zweifrontenkrieg sehr bald ein taktisches Bündnis mit dem absoluten Staat eingegan gen. Die Erhaltung des . Bestehenden'war deshalb manchem Konservativen gleichbedeutend mit der Erhaltung des absoluten Staates.

Es sind im wesentlichen zwei Wege, auf denen der deutsche Konservatismus im Fortgang des 19. Jahrhunderts sich zu behaupten suchte. Beide Vesuche haben im Konservatismus der Weimarer Republik eine Rolle gespielt und sich teilweise verbunden, so daß Hitler am sogenannten „Tag von Potsdam" einen großen Teil der Konservativen zu täuschen vermochte. Es handelt sich einmal um den Historismus und zum anderen um den reaktionären Legitimismus. Beide bilden zugleich wesentliche Elemente des spezifisch deutschen Nationalismus.

Der Historismus verschiebt den politischen Gegenstand und geistigen Inhalt des Konservatismus auf die Ebene der Erinnerung. Der Konservatismus bezieht sich somit nicht mehr auf Gegenwärtiges, sondern gerät in eine politisch unfruchtbare Besinnung auf das, was er in längst entschwundener Zeit als das alte Wahre zu entdecken glaubt. Die Männer des Historismus vertiefen sich mit Liebe und gelehrtem Fleiß in die Welt des Mittelalters und folgen damit dem Ansatz der Romantik. Wie durch die Märchen-, Sagen-und Liedsammlungen eine . Vertiefung des Gemütes'bewirkt wird, so werden auch die auf dem Wege geschichtlicher Forschung gewonnenen politischen Inhalte nur noch im Bewußtsein verarbeitet und im Gedächtnis rein bewahrt, eignen sich aber nicht mehr zur Grundlage politischer Forderungen. Die einzige politische Bedeutung des Historismus liegt in einem selten ausgesprochenen, dafür aber unterschwellig desto nachhaltiger wirkenden Anspruch auf

Stillstand der für verderblich gehaltenen modernen Entwicklung. Diese versteckte Reaktion sollte sich später verhängnisvoll auswirken.

Den genau umgekehrten Weg einer betonten Zuwendung zur Gegenwart beschreitet der Legitimismus. In seiner reaktionären Verteidigung des Bestehenden stützt er sich auf die Trias von Königtum, Beamtentum und Heer und verteidigt damit eine staatliche Wirklichkeit, die Möser noch bekämpft hatte, denn alle drei Elemente sind Produkte des Absolutismus, auch das Königtum, das trotz des konservativen Versuches, ihm eine mittelalterliche Gloriole zu geben, das Königtum des Absolutismus war. Dem liberalen Nationalismus gegenüber, der sich im Fortgang des Jahrhunderts immer mehr vom Imperialismus und von der industriellen Expansion her verstand, brachte der restaurative Konservatismus später mit dieser Trias in der Tat ein inzwischen zur Tradition gewordenes Element staatlichen Lebens zur Geltung. Im Vergleich zu der wachsenden Dynamik der bürgerlichen Erwerbsgesellschaft nämlich bedeuteten Königtum, Beamtentum und Heer die Stabilität einer Ordnung, die ihren Inhalt allerdings in immer stärkerem Maße von der Nation oder, wie man sagte, vom Reich her bekam. Vorbild dieser staatlichen Ordnung war Preußen. Die nationale Hegemonie Preußens wurde mit Eifer verteidigt, und gegen Ende des Jahrhunderts fällt es immer schwerer, die Konservativ-Nationalen von den National-Liberalen zu unterscheiden. Politisch waren die Konservativen bekanntlich zum Scheitern verdammt. Schließlich wird selbst die ursprünglich konservative Verbindung von Thron und Altar eine ausgesprochen nationalliberale Maxime.

III. Konservative Revolution

In seine eigentliche Krise geriet der Konservatismus jedoch erst nach dem Ersten Weltkrieg. Dieser erste technische und gegen Ende totale Krieg hatte mit einem Schlage deutlich gemacht, daß das Abendland in eine neue Epoche seiner Geschichte eingetreten war. Das Gesicht der Welt hatte sich verändert. Die Gesellschaft war industriell und fungibel geworden. Die in sich gegliederten Stämme Deutschlands, seine Dörfer und Städte verloren in zunehmendem Maße ihre historische Individualität und Kontinuität. Die geistige Welt verwandelte sich in einen Pluralismus gleichzeitig bestehender Kulturen, Religionen und Philosophien. Die Malerei nahm in wachsendem Maße Motive aus anderen Erdteilen auf, die Musik desgleichen, und in der Literatur wuchsen Skepsis und Zynismus. Es schien nichts mehr zu geben, dessen historisches Wachstum man hätte pflegen können, und selbst der historische Weg einer verinnerlichten Aneignung alter Werte schien unter dem Ansturm der Technik verlegt.

Für diese allgemeine Auflösung der alten Welt schien der Liberalismus die volle Verantwortung zu tragen. Da er neben dieser die abendländische Welt im ganzen betreffenden Entwicklung auch noch für die nationalen Unglücksfälle der deutschen Nachkriegszeit verantwortlich gemacht wurde, steigerte sich die Kritik des Konservatismus an der Rationalität in Geist und Wirklichkeit zu extremen Formen. Weil der Konservatismus jedoch gleichzeitig einsehen mußte, daß die Verbindung zu den gesellschaftlichen Zuständen, auf die er sich als die wahren und zu bewahrenden berief, längst abgerissen war, entschloß er sich zu einer Art Verzweiflungstat: er wurde revolutionär. Als revolutionärer Konservatismus machte er den Maßstab seiner Kritik am Rationalismus zum politischen Programm und wurde so, als revolutionäre Gegenideologie zum Liberalismus, selber offen und vor aller Welt zur Ideologie.

Hans Freyer beschreibt diesen Schritt von der kritischen zur revolutionären Haltung, wenn er in seinem damals berühmten Buch . Revolution von rechts'über die Rolle der Konservativen sagt: „Noch vor einem Menschenalter waren solche Menschen auf isolierte Existenz, auf ein heimliches Verstehen untereinander und auf das ehrenvolle aber negative Werk der Kulturkritik angewiesen. Heute sind sie der Typus, der gilt, und die Zukunft des Ganzen." Die innere Verzweiflung dieses Schrittes vom restaurativen zum revolutionären Denken, der doch von Anfang an im Konservatismus angelegt war, tritt nirgends deutlicher zutage als in der Begründung dieser Art Revolution selbst: es gilt, so wird durchgängig argumentiert, die bestehenden Verhältnisse völlig umzustürzen, reinen Tisch zu machen und den Boden zu säubern, auf dem dann das Neue, d. h. aber das Alte . wachsen'kann. Ziel der Revolution ist die zukünftige Rückgewinnung eines vergangenen Zustandes. Moeller van den Bruck, ein Vorkämpfer der konservativen Revolution, schreibt: „Der konservative Mensch .. . sucht heute wieder die Stelle, die Anfang ist. Er ist jetzt notwendig Erhalter und Empörer zugleich. Er wirft die Frage auf: was ist erhaltenswert?" Um sie aber erhalten zu können, muß die Welt erst im Sinne des Konservatismus umgestaltet werden, so daß Moeller wenige Seiten später formulieren muß: „. .. konservativ ist, Dinge zu schaffen, die zu erhalten sich lohnt." Damit aber taucht die alte Dialektik auf, die der Konservatismus nie hat zur Versöhnung bringen können: die Dialektik von „Wachsen" und „Machen“ ’). Der Konservatismus läßt, seinem eigenen Selbstverständnis zufolge, nur das Gewachsene gelten und bekämpft im Liberalismus den Geist des . Machens', das herstellende Denken. In seinem revolutionären Stadium aber wird er gezwungen, den Geist des Machens als bei sich selbst herrschend zu offenbaren. Er muß sich damit als eine im Horizont der Moderne argumentierende . Bewegung'erkennen, für die der Begriff der Revolution und der Geist des Machens einander nicht ausschließen, sondern bedingen.

Im Unterschied zu konservativen Bewegungen in anderen europäischen Ländern hat der deutsche Konservatismus stets ein gespanntes Verhältnis zur historischen Kontinuität gehabt. Die englischen und französischen Konservativen pflegten der vorwärts-schreitenden Zeit gemäßigten Schrittes zu folgen und die gerade vergehende oder vergangene Epoche als Verpflichtung für die Gegenwart zu empfinden. Es gab diese Tendenz für kurze Zeit auch im deutschen Konservatismus, etwa, wenn sich der Legitimismus auf die absolutistische Staatsstruktur berief, die Möser noch als rationalistisch bekämpft hatte. Aber der stark völkische Charakter hat den deutschen Konservatismus eine sinnvolle Kontinuität zu Epochen und Gesellschaftsformen, die zu erhalten gewesen wären, nicht mehr sehen lassen. Je weiter der deutsche Konservatismus selbst in der Geschichte voranschritt, desto ferner gelegene Maßtstäbe und Idole wählte er sich für sein goldenes Zeitalter. Novalis berief sich bereits auf das Mittelalter. Im 20. Jahrhundert ging* man noch weiter zurück, zu Karl dem Großen, zur Völkerwanderungszeit, bis die Nationalsozialisten in Verfolgung dieser Linie schließlich in der germanischen Frühzeit angelangt waren. Dieser paradoxe Rückgriff auf immer entfernter liegende Zeiten findet sich in keinem anderen europäischen Konservatismus. Kein anderer Konservatismus ist deshalb in den dreißiger Jahren in ein Dilemma geraten, das dem des deutschen Konservatismus vergleichbar wäre. Zwar haben auch andere faschistische Bewegungen Europas, der italienische Faschismus und die Action franaise, in dem Maße Verbindungen zu konservativen Bewegungen gehabt, in dem der Konservatismus wie der Faschismus vornehmlich an einer integralen Gesellschaft interessiert sind und sich deshalb im Kampf gegen den Liberalismus verbinden können. Aber keine der genannten Bewegungen hat sich von Tradition und Geschichte soweit entfernt wie der deutsche Konservatismus der dreißiger Jahre. Weder die Action franaise noch das Vichy-Regime noch der Algerienkrieg hat die französische Rechte in einen vergleichbaren moralischen und politischen Mißkredit bringen können

Ein Kernbegriff der Konservativen Revolution ist der Begriff des Volkes. Im Gegensatz zum liberalen parlamentarischen Staat, der dem Individuum und seinem persönlichen Glücksstreben dient, soll das Volk als die Summe der geschichtlichen und blutmäßigen Kräfte die Einheit des politischen Willens repräsentieren und den einzelnen in den Dienst dieses Gemeinwillens stellen. Im Volk sollen alle jetzt noch heterogenen, einander bekämpfenden Gruppen ihren organischen Ort erhalten. Im völkischen Staat soll Autorität wieder wachsen, Verantwortung wieder geübt werden. Vor allem soll dieser Staat ein deutscher Staat sein und nicht ein allgemeiner, westlicher, auf rationale Prinzipien gebauter Staat liberalen Konzeptes, und der Volksgedanke soll die Tradition in einem substantiellen Sinn garantieren. Volk ist für den Konservativen nicht Zielgemeinschaft, sondern Herkunftsgemeinschaft. Schon Adam Müller hatte in scharfer Antithese gegen das liberal-demokratische Volksverständnis geschrieben: ..... ein Volk ist die erhabene Gemeinschaft einer langen Reihe von vergangenen, jetzt lebenden und noch kommenden Geschlechtern, die alle in einem großen innigen Verbände zu Leben und Tod Zusammenhängen, von denen jedes einzelne, und in jedem einzelnen Geschlechte wieder jedes einzelne menschliche Individuum, den gemeinsamen Bund verbürgt, und mit seiner gesamten Existenz wieder von ihm verbürgt wird ..."

IV. Konservatismus und Nationalsozialismus

Die Verehrung alles dessen, was in Wahrheit deutsch ist, reicht von Justus Möser bis in die Gegenwart. Und hier ist denn auch der Ort, an dem die Frage nach einem möglichen Zusammenhang von Konservativer Revolution und Nationalsozialismus zu stellen ist. Eine eindeutige Beziehung zwischen den genannten Bewegungen läßt sich schon deshalb nicht annehmen, weil die Opposition gegen Hitler von Anfang an wesentlich von Männern getragen wurde, die der Konservativen Revolution und der preußischen Adelsschicht angehörten. Einer der Wortführer konservativrevolutionärer Politik, Edgar Julius Jung, wurde im Zusammenhang mit der Röhmaffäre 1934 ermordet. Geht es also nicht an, wie Peter Viereck den Turnvater Jahn als den ersten SA-Mann zu bezeichnen so muß man auf der anderen Seite doch sagen, daß Konservative Revolution und Nationalsozialismus in demselben philosophisch-politischen Klima angesiedelt sind. Die politischen Ordnungsvorstellungen des Konservatismus, besonders seine Betonung von Autorität, haben ihn in die Nähe eines Regimes gebracht, das versprach, die alten konservativen Werte wieder ans Licht zu führen, statt dessen aber die offene Barbarei ins Werk setzte. Hitler gelang mit dem sogenannten „Tag von Potsdam" gleich zu Beginn eine seiner geschicktesten Täuschungen. Wenn schon der Thron leer, Preußen durch den Verlust der Hegemoniestellung geschwächt war und die Armee nach dem Ersten Weltkrieg nur noch in stark reduzierter Form weiterbestand, existierten dennoch in Kirche, Beamtentum und Heer diejenigen gesellschaftlichen Kräftegruppen weiter, denen der natio-nale Konservatismus sich als Tradition verbunden wußte. Diesen preußisch orientierten Konservativen bedeutete der „Tag von Potsdam"

in der Tat, was er seinem Anspruch nach sein sollte: „die Vermählung ,.. zwischen den Symbolen der alten Größe und der jungen Kraft“ oder wie es im Flaggenerlaß Hindenburgs hieß: die Verbindung der „ruhmreichen Vergangenheit des Deutschen Reiches und der kraftvollen Wiedergeburt der deutschen Nation“

Sieht man auf die Neuordnungsvorstellungen, welche die politische Opposition gegen Hitler in Entwürfen niedergelegt hat so zeigt sich, wie nah der deutsche Konservatismus dem Nationalsozialismus jedenfalls in seiner Kritik am liberal-parlamentarischen Verfassungsstaat gewesen ist Auf beiden Seiten hatte man Sinn für den Vorrang politischer Führung vor politischer Kontrolle, für organischständische Gesellschaftsmodelle, für einen herkunftsorientierten Volksbegriff, für „Politische Theologie"

Am stärksten kam die nationalsozialistische Forderung nach neuer staatlicher Autorität dem Neukonservatismus entgegen, einer Autorität, die gegenüber Parteien, Pluralismus und liberaler Demokratie den Sinn für staatliche Ordnung und staatliche Hoheit stärken sollte. Ein einheitlicher Staatswille sollte die deutsche Nation wieder zur Einheit zusammenschmelzen, über das Medium völkischer Homogenität.

War man sich über den Volksbegriff weithin einig, so gab es entscheidende Differenzen im Blick auf die Rassenlehre, die der Nationalsozialismus aus dem Sozialdarwinismus des 19. Jahrhunderts übernommen und in schlimm popularisierter Form sich zu eigen gemacht hatte. Der Antisemitismus der konservativen .. evolutionäre war niu von der brutalen, a. Ausrottung sinnenden Art, wie Hitler ihn in „Mein Kampf" schon früh proklamiert hatte, Allerdings rechnete auch keiner der konservativen Revolutionäre damit, daß Hitler im Ernst Millionen Juden liquidieren würde. Dennoch war Gleichartigkeit ein politischer Begriff, mit dem man aller Orten versuchte, aus der nationalen Not des deutschen Staates eine politische Tugend des deutschen Volkes zu machen. Carl Schmitt gewann seinen Begriff des existentiellen Feindes nach Maßgabe des Eigenen als des Gleichgearteten, und das hieß bei ihm ab 1933 des Artgleichen

Einig sind sich Konservative Revolution und Nationalsozialismus in einem Kulturpessimismus, der überall in Europa das Entstehen faschistischer Strömungen begünstigt hat überall auch hat der Kulturpessimismus Konservative und Faschisten zusammengeführt. Ein des Nationalsozialismus so unverdächtiger Mann wie Ferdinand Tönnies hatte schon gegen Ende des 19. Jahrhunderts mit seinem Buch . Gemeinschaft und Gesellschaft'jenes romantisch-naturwüchsige Verständnis von Volk vorbereitet, wie es die Nationalsozialisten mit ihrem Begriff der Volksgemeinschaft dann in die böse Konsequenz des totalen Staates trieben.

Zeigen sich somit in ideologischer Hinsicht eine ganze Reihe von Parallelen, so bleibt immer noch die Frage, ob Hitler dem deutschen Konservatismus seinen Aufstieg praktisch verdankte oder nicht. Diese Frage ist mit Ja zu beantworten. Martin Broszat hat deutlich gezeigt, daß Erfolg oder Mißerfolg der NSDAP wesentlich davon abhing, ob die politischen Kräfte der bürgerlichen Mitte und der konservativen Rechten bereit waren, mit ihr zu paktieren

Am Juli-Putsch gegen Hitler haben eine ganze Reihe konservativer Militärs und Politiker teilgenommen. Stark war hier das preußische Element des alten Konservatismus vertreten. Gerade im Blick auf diese konservativen Kräfte des Widerstandes gegen Hitler scheint mir das Urteil Broszats richtig, der den konservativen Widerstand gegen Hitler moralisch anerkennt, aber hinzufügt, politisch sei er kaum weniger ratlos gewesen als die konservativen Partner Hitlers im Jahre 1933 So wenig eine eindeutige Zuordnung beider politischer Bewegungen möglich ist, so wenig läßt sich der deutsche Konservatismus von dem Vorwurf reinigen, er habe dem Nationalsozialismus geistig den Weg bereitet und politisch die Pforten geöffnet.

V. Positionen nach dem Zweiten Weltkrieg

Nadi dem Kriege hatte man zunächst den Eindruck, konservatives Denken und konservative Politik seien in Deutschland nicht mehr gefragt. Als Eugen Gerstenmaier in den fünfziger Jahren auf einem Parteitag die CDU eine konservative Partei nannte, erfuhr er deutlichen Widerspruch Noch Jahre später sprach der Konservative Kühnelt-Leddihn von sogenanntem Konservatismus und sagte wörtlich: „Das Wort konservativ — seien wir aufrichtig — war und bleibt eine Belastung. “ Die Ideen der Konservativen Revolution standen in einer zu kompromittierenden Nähe zum Nationalsozialismus, so daß der völkische Konservatismus moralisch und politisch diskreditiert war. Noch im Jahre 1959 stellte Hans Schuster im Merkur fest, daß auch von einer Einigung der konservativen Gedankenwelt, soweit es sich um Parteibildung handelt, wenig zu erkennen sei. „Das Bedürfnis danach ist wohl vorhanden, aber es kristallisiert sich nicht in bestimmten Organisationen oder Parteien. Selbst Politikern, die sich konservativ nennen, bleibt freilich nicht verborgen, daß der Begriff konservativ eine ganze Skala von negativen Empfindungen hervorruft, vom Unbehagen bis zur Ablehnung, vom Spott bis zum Haß."

Es schien also, als ob mit der Konservativen Revolution die Geschichte des Konservatismus in Deutschland beendet sei. Nun hat aber die Vorstellung, die gegenwärtige Zeit erlaube die Rede vom Konservieren nicht mehr, die Geschichte des Konservatismus stets begleitet. Und so gingen konservatives Denken und konservative Politik auch in Deutschland weiter ihren Weg. Es dauerte nicht lange, bis sensible Geister sich über den restaurativen Charakter der Epoche Gedanken machten. So jedenfalls drückte sich Walter Dirks in einem Aufsatz aus, der 1950 in den Frankfurter Heften erschien und seither als ein Zeitdokument ersten Ranges immer wieder zitiert wird Dirks meinte, die einzige konservative Position von einiger Bedeutung sei die der Gewerkschaften. Der Großgrundbesitz habe seine Basis verloren, das Bauerntum könne sich guten Gewissens nicht mehr durch Bewahrung retten, sondern nur noch durch Wandlung. Dasselbe gelte von allen anderen überlieferten Positionen. Gleichzeitig aber stellte er fest, daß dennoch der Geist der Restauration in allen Institutionen anzutreffen sei. Ob Katholiken oder Protestanten, Sozialisten oder Christ-Demokraten, Universitäten, studentische Verbindungen oder Wirtschaftsmächte, überall werde versucht, wieder Fäden nach hinten anzuknüpfen. Vor allem aber werde das sozioökonomische System, das noch den Nationalsozialismus getragen hatte, wieder etabliert. Dirks schrieb wörtlich: „Es war ein restauratives Symptom, daß nicht zuerst Wohnungen, Volkshäuser und Schulen, sondern Cafes, Luxusgeschäfte, Restaurants und Goethe-Häuser gebaut wurden. Jeder Blick in fast jede illustrierte Zeitung zeigt, wo die Interessen der Leser vermutet werden: in der Vergangenheit."

Der entscheidende restaurative Akt geschah nach dem Urteil von Walter Dirks mit der Währungsreform. Die folgenden Sätze bekamen mit jedem Jahr größere Bedeutung und würden von Dirks vermutlich heute auch noch geschrieben werden können: „Jetzt sind wir bereits wieder soweit, daß eine bestimmte Schicht von Industriellen nicht nur die Stahl-produktion sich erhöhen, sondern dahinter auch die Macht zurückkehren sieht. Zu ihrem restaurativen Geist gehört jener Schuß Angst um die neuen Konjunkturgewinne, der sie nach parteipolitischen Rückversicherungen Ausschau halten und mannigfache Deckungen im internationalen Gefüge der Restauration suchen läßt.“ In der letzten Wendung kündigte sich bereits damals die Vorstellung einer gesamteuropäischen Entwicklung konservativen Charakters an. „In Bonn, Rom, Wien, Brüssel, Lissabon sind Machtpositionen erobert, in Frankreich ist noch nichts verbaut, Spanien ist ein heimlicher Bundesgenosse und wird eines Tages ein offener sein, -— und sind nicht in England die künftigen Herren, die eine europäische Politik begünstigen, die Konservativen? Wie mischt sich in diesem Konzept das Interesse der Privilegierten, das Weltbild des Bürgers, das Denken der Alten, die Angst vor der Zukunft, der gute Wille zum Ausgleich, die Sorge um das Christentum!"

Für manche war der Konservatismus allerdings schon deshalb an sein Ende gekommen, weil eine allgemeine Entideologisierung nach dem Zweiten Weltkrieg eingetreten sei. Der Begriff konservativ, schrieb Siegfried Landshut, tauge zur Kennzeichnung von gegenwärtigen Erscheinungen nicht mehr Hans Schuster meinte, der Gegensatz zwischen konservativ und liberal, der in der Zeit des Kulturkampfes einen Höhepunkt erreicht habe, gehöre heute der Geschichte an

Nun benutzen Konservative die Entideologisierungsthese gern, weil sie ihnen erlaubt, der für sie immer unangenehmer werdenden Frage auszuweichen, was denn unter konservativ zu verstehen sei. Ein gewisses Recht allerdings kann man etwa Hans Mühlenfeld nicht absprechen, wenn er in seinem Buch „Politik ohne Wunschbilder" (1952) zeigt, daß im Neoliberalismus sich heute Elemente konservativen Denkens finden. Sowohl bei Röpke wie Rüstow, auch bei Hajek und Böhm findet sich eine kritische Einstellung zum zivilisatorischen Fortschritt. Man folgt zwar dem liberalen Konzept, soweit es sich auf die Wettbewerbsordnung bezieht, verteidigt auch die Notwendigkeit eines wachsenden Sozialproduktes. Trotzdem schlug Alexander Rüstow, der sich der Jugendbewegung zeitlebens verbunden wußte, einmal allen Ernstes vor in bestimmten Produktionszweigen die Heimarbeit wieder einzuführen. Morgens solle ein Lastwagen die Rohprodukte bei den zu Hause bleibenden Arbeitern abladen, um sie des Abends in bearbeiteter Form wieder einzusammeln.

Noch ein anderes Argument wurde in den fünfziger Jahren gegen die Vorstellung einer

Wiederbelebung konservativen Denkens geltend gemacht: Die Idee einer Weltgesellschaft und einer Weltethik mache den konservativen Rekurs auf nationale Herkunft unmöglich. Gegenüber dieser Vorstellung entwickelte sich bei einigen deutschen Konservativen die Vorstellung von einer europäischen Politik, die an die Stelle früherer nationaler Politik treten müsse. Europa wurde überhaupt in konservativen Kreisen zu einer Art Ersatz für Nation, Volk oder Reich

Schon in den fünfziger Jahren erschienen Schriften, die eine „Konservative Erneuerung" verlangten, eine „konservative Funktion" behaupteten, zu konservativer Sammlung aufriefen. Abgesehen von den rechtsradikalen Splittergruppen, die es gleich nach Kriegsende schon wieder gegeben hatte gewann konservatives Denken allgemein in der Politik wieder an Boden. Das Thema konservativ war nicht mehr obsolet, sondern wurde in Sonderausgaben von Zeitschriften behandelt, so etwa in einer Ausgabe des „Neuen Abendlandes“ im Jahre 1956 Im Jahre 1962 veranstaltete die Zeitschrift „Der Monat" ein Forum über die Frage „Was ist heute eigentlich konservativ?" Diese Diskussion wurde vornehmlich unter zwei Gesichtspunkten geführt: Einmal unter der Frage, wieweit der Konservatismus an den nationalen Unglücksfällen der deutschen Geschichte, vor allem am Nationalsozialismus Schuld oder Ursache sei, zum anderen, ob der Konservatismus, wie Hans Zehrer es in seinem Beitrag ausdrückte, „heute wieder zukunftsträchtig" sein könne Seither gewinnen konservative Gedanken mit jedem Jahr an Boden, und Franz Joseph Strauß konnte auf einem Parteitag der CSU den Begriff konservativ mit Erfolg verteidigen, allerdings mit einer der merkwürdigsten Begründungen, die je als Interpretation dieses Wortes abgegeben wurden. Konservativ bedeute nämlich, wie Strauß sagte, „an der Spitze des Fortschritts zu marschieren"

VI. Der technokratische Konservatismus

Es ist die Frage, ob diese Charakteristik wirklich so absurd ist, wie sie klingt. Die jüngste Entwicklung des Konservatismus in Deutschland scheint dem neuen Selbstverständnis Recht zu geben. Für die folgenden Überlegungen stütze ich mich vornehmlich auf den Anthropologen Arnold Gehlen, den Soziologen Helmut Schelsky, den Staatsrechtler Ernst Forsthoff und die Publizisten Rüdiger Alt-mann und Armin Mohler, alles konservative Theoretiker, die in einem gewissen Verbund eine Theorie entwickelt haben, die verschiedene Namen trägt, aber dasselbe meint: die Bundesrepublik sei in ein neues Stadium der Stabilisierung, der Kristallisation, der institutioneilen Verfestigung eingetreten, und zwar durch das, was man heute . Technokratie'nennt.

In seiner Institutionenlehre behauptet Arnold Gehlen, der Mensch müsse, um sein Leben sichern zu können, sich in Institutionen , einhausen', die ihm gegenüber einen Selbst-wert im Dasein hätten. Im Unterschied zum primitiven Menschen, der im Wege des Ritus den Institutionen diesen Selbstwert zuerkannt habe, befinde sich der moderne Mensch im Stadium der Dauerreflexion und unter dem Druck ständiger Entscheidungszumutungen. Gehlens Verhältnis zur Aufklärung ist somit wie das jedes reflektierten konservativen Denkers ambivalent. Einerseits ist Gehlen selber Aufklärer, insofern er sich seine Fragen d--u-rc-h-—e—i—ne Analyse gegenwärtiger Verhält-nisse aufgeben läßt: Zweifel und Kritik sind die Anstöße seines Denkens. Andererseits denkt er gegen die Aufklärung, wenn er den Fortschrittsoptimismus, den gesellschaftlichen Pluralismus und den philosophischen Subjektivismus in immer neuen Anläufen kritisiert. Eine zentrale Kategorie bei Gehlen ist die der Entlastung. Dadurch, daß ein Verhalten auf institutioneile Dauer gestellt wird, sichert es sich und entlastet von ständigen Entscheidungszumutungen. Die Dauer der Institution tilgt somit die Vergänglichkeit des einzelnen und stellt sich Gehlen als ein Wert an sich selbst dar. Die Reflexion aber ist das Geschäft der Intellektuellen, gegen die sich Gehlens Haß zunehmend wendet In seiner Sozialphilosophie finden sich die wichtigsten Positionen deutschen konservativen Denkens versammelt. Instrumentelles oder utilitaristisches Bewußtsein wird ebenso abgelehnt wie jede Vorgabe eines rationalen, außerhalb des institutionell abgesicherten Handelns liegenden Zweckes. Ein tiefes Mißtrauen gegenüber allen Regungen der Subjektivität beherrscht das gesamte Werk Gehlens. Stabilisierung nach rückwärts soll den Sinn für die Verpflichtung, für das Opfer und den Dienst garantieren. Nur durch Aufopferung für die Institution entgeht der Mensch der fatalen Möglichkeit, sich selbst leben zu wollen. Das Industriesystem aber hat zu einer Einebnung und Aufweichung der Toleranzgrenzen und zu einer psychischen Desarmierung geführt. Gehlens Urteil über die zukünftige Entwicklung der Menschheit im Blick auf die von ihm geforderte institutionelle Sicherung ist jedoch ambivalent. Auf der einen Seite stellt er fest, daß die parasitäre Veranlagung des Menschen heute deutlicher denn je hervortritt. Auf der anderen Seite aber glaubt er nicht, daß diese Entwicklung anhalten oder je an ihr volles Ende gelangen kann. Da das menschliche Leben, um für lohnend gelten zu können, stets um anderer Ziele als um des bloßen über-lebens willen eingesetzt werden muß, führt die zunehmende Subjektivierung des Lebens zu Angst, Neurosen und einer allgemeinen Primitivierung. Der aussichtslose Versuch des Menschen, die Führung des Lebens selbst zum Thema seines Handelns zu machen, muß letztlich scheitern.

Und so meint Gehlen, daß sich heute bereits gewisse Stabilisierungen feststellen lassen. Die Ursachen dafür sind verschieden. Zum einen sei es außerordentlich unwahrscheinlich, daß noch prinzipiell neue Ideologien auf den Plan treten werden. Gehlen wagt somit die Voraussage, daß „die Ideengeschichte abgeschlossen ist, und daß wir im Post-histoire angekommen sind, so daß der Rat, den Gottfried Benn dem einzelnen gab, nämlich . Rechne mit deinen Beständen', nunmehr der Menschheit als ganzer zu erteilen ist“

Ähnlich wie Gehlen, der für diesen Zustand neuerlicher institutioneller Verfestigung den Begriff „Kristallisation" gebraucht, versteht Rüdiger Altmann mit dem von ihm geprägten Begriff der „Formierten Gesellschaft" die Garantie neu gefundener Stabilität. Altmann schreibt: „Unsere Gesellschaft lebt bereits im Gefühl, wenn auch nicht im klaren Bewußtsein ihrer Einheitlichkeit. Diese Einheit gründet sich auf die Einebnung gegensätzlicher Tradition, auf soziale und nationale Erfahrungen." Der Pluralismus ist für Altmann kein Einwand gegen seine These. Im Gegenteil: „Pluralismus und Integration sind komplementäre Begriffe geworden, wobei Integration augenscheinlich den höheren Funktionswert besitzt."

Uber die Entideologisierung und den Abbau von gesellschaftlichen Konflikten hinaus sieht* der deutsche Konservatismus gegenwärtig Stabilisierungen, Formierungen, Kristallisationen auf Grund von Faktoren entstehen, für die man das Wort „Sachzwang" gefunden hat. Dieser Begriff steht in deutlicher ideologischer Verbindung zu dem, was bei Gehlen „Selbstwert im Dasein" oder „Eigengesetzlichkeit'heißt. Diese Sachzwänge sind politischer, ökonomischer und technischer Natur. Ernst Forsthoff hat seit seiner vielbeachteten Schrift „Die Verwaltung als Leistungsträger" (1938) den wachsenden Bereich staatlicher Daseinsvorsorge immer neu beschrieben. Der wachsenden Allmacht des Staates, aber auch gesellschaftlicher Gruppen entspreche eine zunehmende In-kompetenz der Bürger, über ihr politisches Schicksal zu entscheiden. Die Staatsbürger verhalten sich nach Meinung Forsthoffs darin systemgerecht, daß sie sich auf die Ausübung des Wahlrechts als der fast einzigen Art staatsbürgerlich zulässiger Aktivität beschränken

Rüdiger Altmann betont wie alle Konservativen die Notwendigkeit staatlicher Autorität und gibt innerhalb der politisch-sozialen Stabilisierung dem Bereich der Wirtschaft besonderes Gewicht. Hier wird die ideologische Abhängigkeit des modernen Konservatismus vom kapitalistischen Wirtschaftssystem besonders augenfällig. Altmann sieht im wesentlichen zwei große Aufgaben, denen Gesellschaft und Regierung gewachsen sein müssen: die Garantie der wirtschaftlichen Entwicklung und die Verteilung des Sozialproduktes Gehlen spricht von einer „Produktions-und Wohl-Standsunion", in der die Steigerung der wirtschaftlichen Leistung einerseits, die Garantie von Wohlstand und ziviler Sicherheit andererseits die beherrschenden Imperative ausma-chen Forsthoff ist überzeugt, daß an eine Veränderung der Strukturen dieses sozioökonomischen Systems nicht mehr zu denken ist. Gehlen vergleicht die alte Naturordnung mit der neuen Union Gesellschaft — Staat — Wirtschaft und meint, daß diese neue Kristallisation zur Anpassung zwingt und womöglich zur Mythenbildung anregen kann. In dem Maße, wie Sachverhalte, Sachzwänge, Eigengesetzlichkeiten die Voraussetzungen des kristallierten Systems ausmachen, gewinnt der Fachmann an Bedeutung, und die Trennung des Fachmanns vom Laien erzeugt ein neues Autoritätsmodell. Im staatlichen, wirtschaftlichen, technischen und vor allem im wissenschaftlichen Bereich gilt die Autorität des Informierten, die Sachkenntnis des Fachmannes, die Berufserfahrung gegenüber dem Nicht-informierten, dem Laien und dem Dilettanten. In dem Maße, wie Sachverhalte Selbstwert erhalten und, wie Gehlen sagt, die Maschinen-kultur einen Rekord der Zwecksetzung ohne Zweck aufstellt, herrscht technisches Kannen als Verfügung über Menschen. Hand in Hand mit der Behauptung dieser Entwicklung zum Sachzwang aber geht die konservative Einsicht, demokratische Freiheit könne in einem technokratischen Gesellschaftssystem nicht mehr praktiziert werden. Ernst Forsthoff stellt eindeutig fest: „Der Geist der Technik, auf nichts anderes bezogen als auf deren Perfektion, schließt individuelle Freiheit grundsätzlich aus."

Inzwischen haben konservative Theoretiker eine Theorie des technischen Staates entwickelt Das Startzeichen gab im Jahre 1961 Helmut Schelsky mit seiner Schrift „Der Mensch in der wissenschaftlichen Zivilisation“ Sie ist bis heute der deutlichste Beweis für die vom Konservativen klar erkannte Unvereinbarkeit zwischen Technokratie und Demokratie. Der Sachzwang der technischen Mittel macht die Frage nach dem Wesen des Staates, nach Gerechtigkeit oder Demokratie überflüssig. Die moderne Technik bedarf keiner Legitimität, mit ihr herrscht man, weil sie funktioniert und solange sie optimal funktioniert. Der Staatsmann des technischen Staates ist daher gar nicht einer, der entscheidet oder herrscht, sondern einer, der analysiert, konstruiert, plant Schelsky schreibt wörtlich: „Gegenüber dem Staat als einem universalen technischen Körper wird die klassische Auffassung der Demokratie als eines Gemeinwesens, dessen Politik vom Willen des Volkes abhängt, immer mehr zu einer Illusion."

Jürgen Habermas hat in seiner Kritik des technokratischen Modells gezeigt, daß hinter den Theorien einer optimalen Verbindung von Technik und Politik die voraussetzungsvolle Unterstellung steckt, es gebe ein Kontinuum der Rationalität in der Behandlung technischer und politischer Fragen Gerade die Praxis kommunistischer Politik hat gezeigt, daß ein wachsender Grad technischer Verfügung nicht unbedingt konvergieren muß mit einem Absterben dessen, was Marx unter politischer Herrschaft verstand.

Der technische Staat bewirkt eine Entpolitisierung des Bürgers, der die Sachverhalte, die es zu entscheiden gilt, nicht mehr beurteilen kann. Diese Entpolitisierung wird von den Konservativen begrüßt. Das deutlichste Dokument für diesen Umschwung konservativen Denkens von einer der Technik gegenüber kritischen Einstellung zu einer vollen Bejahung der Industriekultur ist eine Schrift von Armin Mohler mit dem Titel „Konservativ 1969"

Mohler gibt zunächst zu, daß die Konservativen heute in eine Sackgasse geraten sind, weil sie mit dem Phänomen der industriellen Gesellschaft nicht fertig wurden. Er verweist auf die durchgängig kulturkritische Stimmung, die bei Konservativen heute immer noch anzutreffen ist, meint aber, es sei falsch, Modelle aus verflossenen Gesellschaftszuständen zu holen in der Annahme, nur dort habe es klare Hierarchien und Strukturen gegeben. Dagegen stellt er fest, daß die gesellschaftspolitischen Rollen zwischen rechts und links heute vertauscht sind: „Die Linke hat so mit den Konservativen die Rollen getauscht. Sie, die sich so lange im avantgardistischen Glanze sonnte, hat nun die Rolle der Maschinenstürmer und damit der . Nachzügler der Weltge-schichte’ übernommen. Die Konservativen aber hat ihr Widerstand gegen mutwilliges Zerstören unversehens auf die Seite der Industriegesellschaft gedrängt, der sie so lange mißtrauisch gegenübergestanden waren. Die Bedeutung dieses Vorganges ist noch gar nicht ins allgemeine Bewußtsein gerückt, und nicht einmal in das der Konservativen selbst." Mohler bezieht sich auf die Ereignisse des Mai 1968 in Paris. Die Erfahrung, daß eine relativ kleine Gruppe gegen den Widerstand des Staates und der stärksten Gewerkschaftszentrale weite Bereiche der Industriegesellschaft zu lähmen, die Währung zu erschüttern und den technischen Fortschritt um Jahre zu verzögern im Stande war, zeigt ihm, daß die Konservativen sehr wohl auf der Seite von Industrie und Technik zu finden sind. Wenn immer es den Konservativen um Hierarchie geht, so ist leicht einzusehen, daß die Hierarchie einer Leistungsgesellschaft eher noch unerbittlicher ist als die der alten Ständegesellschaft. Der Konservative also, meint Mohler, komme um die Industriegesellschaft nicht herum. Die Konservativen müssen eine ganz neue Sprache, ja zu einem neuen Denken und Handeln finden.

Nun liegt in dieser Situation, wie Mohler selbst sieht, ein Dilemma, denn natürlich fällt es dem Konservativen schwer, sich mit Haut und Haaren der Technik und der Industriegesellschaft auszuliefern, um sie zugunsten einer neuen Ordnung in Dienst zu nehmen. Aber gerade hier ist Mohler eindeutig, wenn er schreibt: „Es wirkt peinlich, wenn man auf Konservative stößt, die heute noch mit Mösers Vokabular oder dem des Herrenklubs, dem von Rerum novarum um sich werfen. Selbst die Worte eines Burke, so richtig sie damals waren, werden in der heutigen, so veränderten Situation zu Geschwätz.“ War bisher das Wort . natürlich'unter Konservativen ein Kennwort, so spricht Mohler am Schluß seines Aufsatzes vom Popanz einer heilen Welt und gibt offen zu, „daß die Welt des Menschen, seit es sie gibt, immer künstlich war. Der Mensch der Industriegesellschaft lechzt zwar nach Natur, nach dem Unbebauten, Nicht-organisierten, dem überraschenden, Nichtvorhergesehenen — das wissen wir. Aber es wäre falsch, das Unverbaute einfach dort zu suchen, wo früher einmal unbebautes Gelände war." Nur wenn der Konservative heute diesen Frontwechsel vornimmt, gibt ihm Mohler für die Zukunft eine Chance, sonst bleibe er eine komische Figur.

Indem Mohler die sozioökonomischen und technischen Strukturen des gegenwärtigen Systems in den Rang einer zweiten Natur erhebt, er den in herrschenden über diesen Strukturen Sachzwang die alten konservativen Tugenden des Dienstes und der Unterordnung wieder einführen. Der Dualismus zwischen Wissenden und Unwissenden wird identisch mit der Unterscheidung zwischen Mächtigen und Ohnmächtigen. Das aber ist nichts anderes als die wahrhafte Durchführung der Konservativen Revolution, deren Maxime, Dinge zu schaffen, die zu erhalten sich lohnt nun erst voll begreiflich wird. Allein aus dieser Perspektive hat auch der überraschende Ausspruch von Franz Joseph Strauß einen Sinn. Es scheint, als ob diese Position gegenwärtig Aussicht hat, ausgebaut zu werden. Die Frage bleibt, ob sie angesichts der in ihr steckenden alten konservativen Prämissen und Forderungen vor politischen und moralischen Rückschlägen sicher ist, wie sie uns die bisherige Geschichte des deutschen Konservatismus beschert hat.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Joseph Görres, Teutschland und die Revolution. (1819), Gesammelte Schriften, Bd. 13: Politische Schriften (1817— 1822), hrsg. von Günther Wohlers, Köln 1929, S. 79.

  2. Ebenda, S. 80.

  3. Justus Möser, Der jetzige Hang zu allgemeinen Gesetzen und Verordnungen ist der gemeinen Freiheit gefährlich, sämtliche Werke Bd 2, hrs 9 von J. W. J. v. Voigts, Berlin 1858, S. 20 f.

  4. Adam Müller, Uber König Friedrich II. und die Natur, Würde und Bestimmung der Preußischnen Monarchie, Berlin 1810, S. 54.

  5. Ebenda, S. 31.

  6. Hans Freyer, Revolution von rechts, Jena 1931, S. 72. Noch deutlicher wird dieser Schritt von skeptischer Kulturkritik zur revolutionären Aktion von Werner Sombart bezeichnet, der 1915 schreibt: „Wir hatten die feste Überzeugung gewonnen, daß es mit der Menschheit zu Ende sei, daß der Rest ihres Daseins auf der Erde ein überaus unerfreulicher Zustand der Verpöbelung, der Verameisung sein werde, daß der Händlergeist sich überall einzunisten im Begriffe stehe, und daß , die letzten Menschen'heraufkämen, die da sprechen: wir haben das Glück erfunden und blinzeln. Da ereignete sich das Wunder. Der Krieg kam. Und aus tausend und abertausend Quellen brach ein neuer Geist hervor; nein — kein neuer Geist! Es war der alte, deutsche Heldengeist, der nur unter der Asche geglommen hatte, und der nun plötzlich wieder zur Flamme entfacht worden war ... es lebte noch ein Überindividuelles, ein Ganzes, ein Leben außer uns: das Volk, das Vaterland, der Staat". Werner Sombart, Händler und Helden. Patriotische Besinnungen, München und Leipzig 1915, S. 117 f.

  7. Arthur Moeller van den Bruck, Das dritte Reich, hrsg. von Hans Schwarz, Hamburg 1931’, S. 189.

  8. Ebenda, S. 202, so schon Paul de Lagarde: „Darum verlange ich, um konservativ sein zu können, Zustände, welche des Konservierens wert sind. Paul de Lagarde, Konservativ? (1853), Deutsche Schriften, hrsg. von Karl August Fischer, München 19343, S. 13 (= Schriften für das deutsche Volk, Bd I). In diesem Sinne auch die Definition Edgar J. Jungs: „Konservative Revolution nennen wir die Wiedereinsetzung all jener elementaren Gesetze und Werte, ohne welche der Mensch den Zusammenhang mit der Natur und mit Gott verliert und keine wahre Ordnung aufbauen kann.“ Edgar J. Jung (Hrsg.), Deutsche über Deutsche. Di Stimme des unbekannten Politikers, München 193 • S. 380.

  9. Vgl. das Kapitel: Machen, Wachsen, „Wachsenlassen, bei Martin Greiffenhagen, Das Dilemma des Konservatismus in Deutschland, München 1971, S. 213 ff.

  10. Adam Müller: Die Elemente der Staatskunst, nrsg. von Jakob Baxa, Bd 1, Jena 1922, S. 145 f.

  11. Peter Viereck, Metapolitics from the Romantics to Hitler, New York 1941, dessen 4. Kapitel überschrieben ist: „Father Jahn, the first Storm Trooper". Ebenso unsinnig W. M. McGovern, From Luther to Hitler. The history of Fascist-Nazi poli-tical philosophy, London 1947.

  12. Adolf Hitler: Rede am 21. 3. 1933. Zitiert nach Max Domarus, Hitler. Reden und Proklamationen 1932— 1945, Würzburg 1962, Bd. I: Triumph (1932 bis 1938), S. 227.

  13. Kundgebung des Reichspräsidenten vom 12. 3. 1933 über die Reichsflagge. In: Dokumente der Deutschen Politik und Geschichte von 1848 bis zur Gegenwart, hrsg. von Johannes Hohlfeld, Bd. 4: Die Zeit der nationalsozialistischen Diktatur 1933 bis 1945, I: Aufbau und Entwicklung 1933— 1938, Berlin und München o. J., S. 26.

  14. Vgl. Hans Mommsen, Gesellschaftsbild und Verfassungspläne des deutschen Widerstandes, in: Der deutsche Widerstand gegen Hitler. Vier historisch-kritische Studien von Hermann Graml, Hans Mommsen, Hans Joachim Reichhardt und Ernst Wolf hrsg. von Walter Schmitthenner und Hans Brchheim, Köln/Berlin 1966.

  15. Vgl. das Kapitel: Politische Theologie, bei Martin Greiffenhagen, Das Dilemma des Konservatismus in Deutschland, a. a. O., S. 94 ff.

  16. Vgl. Karl Löwith, Der Okkasionelle Dezisionis mus von Carl Schnitt, in: Gesammelte Abhandlungen. Zur Kritik der geschichtlichen Existenz, Stuttgart 1960, S. 109, 112 f.

  17. Vgl. grundsätzlich Fritz Stern, Kulturpessimismus als politische Gefahr, Bern/Stuttgart/Wien

  18. Martin Broszat, Der Staat Hitlers. Grundlegung und Entwicklung seiner inneren Verfassung, München 1969, S. 14.

  19. Ebenda, S. 441.

  20. Eugen Gerstenmaier, Was heißt heute konservativ? in: Der Monat 14 (1962), H. 166, S. 27.

  21. Erik R. von Kuehnelt-Leddihn, Altkonservati-Vismus und Neukonservativismus, in: Schweizer Rundschau 56 (1956/57), S. 68. — „Die Schwierigkeit, ein neues, glaubwürdiges Wort für . konservativ zu finden, liegt tiefer als im Etymologischen". Ernst Jünger, Rivarol, Frankfurt a. M. 1962, 5. 55.

  22. Hans Schuster, Konservativ in unserer Zeit, in:

  23. Walter Dirks, Der restaurative Charakter der Epoche, in: Frankfurter Hefte 5 (1950), S. 942 ff.

  24. Ebenda, S. 950.

  25. Ebenda, S. 951.

  26. Ebenda, S. 953.

  27. Siegfried Landshut, Restauration und Neo-Konservatismus, in: Hamburger Jahrbuch für Wirtschafts-und Gesellschaftspolitik, hrsg. von Heinz-Dietrich Ortlieb, Bd 2, Tübingen 1957, S. 45.

  28. Hans Schuster, Konservativ in unserer Zeit, in: Merkur 13 (1959), S. 83.

  29. Im Heidelberger Seminar, Sommersemester 1955.

  30. „Die Frage bleibt deshalb auch heute immer noch offen, welchen Kräften schließlich die Formung der Zukunft im alten europäischen Geschichtsraum zufallen wird: den Zwangs-und Ersatzordnungen der Massengesellschaft und ihrer Funktionäre oder den Hoffnungen auf eine tief-pflügende geistig-seelische Erneuerung.“ Klaus Hornung, Der Jungdeutsche Orden, Düsseldorf 1958, S. 144 (= Beiträge zur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien, Bd. 14). Vgl. kritisch dagegen Richard F. Behrendt, der die Europa-Idee für den Kern eines Restaurations-Mythos hält. Richard F. Behrendt, Regionale Integration oder erdweite Universalisierung?, in: Gewerkschaftliche Monatshefte 14 (1963), S. 337.

  31. Vgl. Hans Joachim Schoeps, Konservative Erneuerung. Ideen zur deutschen Politik, Stuttgart

  32. Hans-Joachim von Merkatz, Die konservative Funktion. Ein Beitrag zur Geschichte des politischen Denkens, München 1957 (= Konservative Schriftenreihe Bd. I).

  33. Vgl. Otto Büsch — Peter Furth, Rechtsradikalismus im Nachkriegsdeutschland. Studien über die „Sozialistische Reichspartei" (SRP), Berlin und Frankfurt a. M. 1957 (= Schriften des Instituts für politische Wissenschaft Bd. 9), -Manfred Jenke, Verschwörung von Rechts? Ein Bericht über den Rechts-radikalismus in Deutschland nach 1945, Berlin 1961; Hans-Helmuth Knütter, Ideologien des Rechtsradikalismus im Nachkriegsdeutschland. Eine Studie über die Nachwirkungen des Nationalsozialismus, Bonn 1961 (= Bonner Historische Forschungen Bd. 19); Heinz Brüdigam, Der Schoß ist fruchtbar noch . . . Neonazistische, militärische, nationalistische Literatur und Publizistik in der Bundesrepublik, 2. neubearb. Auflage, Frankfurt a. M. 1965; Rechtsradikalismus, hrsg. von Iring Fetscher, Frankfurt a. M. 1967 (Sammlung „res novae" Bd 53); Erwin K. Scheuch — Hans D. Klingemann, Materialien zur Entwicklung des Rechtsradikalismus in der Bundesrepublik 1966, Köln 1967 (Institut für vergleichende Sozialforschung Köln); zu den einzelnen Parteien vgl. auch die Literatur bei Hans-Gerd Schumann, Die politischen Parteien in Deutschland nach 1945. Ein bibliographisch-systematischer Versuch, Frankfurt a. M. 1967 (Schriften der Bibliothek für Zeitgeschichte, Weltkriegsbücherei H. 6).

  34. (Neues Abendland, Jahrbuch für Politik und Geschichte, N. F. II (1956), H. 2. Das Heft wird eingeeitet mit einem längeren Zitat aus Arthur Moeller van den Bruck, Das dritte Reich, und enthält BeiLage, von Hans-Joachim von Merkatz, Otto von absburg, Erik von Kuehnelt-Leddihn, Gerhard «oll, Emil Fränzel, Herbert Blank und Heinrich Ludwig,

  35. Der Monat 14 (1962), H. 163, 165, 166, 168, und 15 (1962), H. 169.

  36. Hans Zehrer, Heute wieder zukunftsträchtig, in: Der Monat 14 (1962), H. 166, S. 30 ff.

  37. Süddeutsche Zeitung, 16. 12. 1968, S. 3. Bericht von Peter Pragal unter dem Titel: Wortgefechte um das Etikett „konservativ".

  38. Vgl. vor allem Arnold Gehlen, Urmensch und Spätkultur. Philosophische Ergebnisse und Aussagen, Bonn 1956.

  39. Arnold Gehlen, Das Engagement der Intellektuellen gegenüber dem Staat, in: Merkur 18 (1964). Nr. 195, S. 401 ff; Die Chancen der Intellektuellen in der Industriegesellschaft, in: Neue deutsche Hefte 17 (1970), H. I, S. 3 ff.

  40. Arnold Gehlen, über kulturelle Kristallisation (1961), in: A. G., Studien zur Anthropologie und Soziologie, Neuwied und Berlin 1963, S. 323.

  41. Rüdiger Altmann, Die Formierte Gesellschaft, in: R. A., Späte Nachricht vom Staat. Politische Essays, Stuttgart-Degerloch 1969.

  42. Ebenda, S. 29.

  43. Ebenda, S. 30.

  44. „Dieser Logik entspricht demnach eine staatsbürgerliche Aktivität, die vor den äußerst komplizierten Gegebenheiten des sozialen Ganzen einer industriell-bürokratischen Gesellschaft haltmacht Der Dilettantismus, mit dem in Bürgerversamm: lungen die großen Fragen der Wirtschafts-und Sozialpolitik behandelt zu werden pflegen, und nur behandelt werden können, ist rührend und steril zugleich." Ernst Forsthoff, Die Bundesrepublik Deutschland. Umrisse einer Realanalyse, in: Merkur 14 (1960), S. 816.

  45. Rüdiger Altmann, Die Formierte Gesellschaft, a. a. O.

  46. Arnold Gehlen, Chancen, S. 5 (s. oben Anm 39).

  47. Ernst Forsthoff, Technisch bedingte Struktur-wandlungen des modernen Staates, in: Technik im technischen Zeitalter. Stellungnahmen zur geschichtlichen Situation, hrsg. von Hans Freyer, Johannes Chr. Papalekas, Georg Weippert, Düsseldorf 1965, S. 211.

  48. Vgl. Martin Greiffenhagen, Demokratie und Technokratie, in: Texte zur Technokratiediskussion, hrsg. von Claus Koch und Dieter Senghaas, Frankfurt a. M. 1970, S. 54 ff., sowie das Kapitel , Der technokratische Konservatismus'in: Martin Greiffenhagen, Das Dilemma des Konservatismus in Deutschland, München 1971, S. 316 ff.

  49. Helmut Schelsky, Der Mensch in der wissen-schaftlichen Zivilisation, Köln und Opladen 1961 lArbeitsgemeinschaft für Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen. Geisteswissenschaften H. 96).

  50. Ebenda, S. 25.

  51. Ebenda, S. 29.

  52. Jürgen Habermas, Wissenschaft und Politik, in: Offene Welt. Zeitschrift für Wirtschaft, Politik und Gesellschaft Nr. 86, Dezember 1964; Mündige Gesellschaft, S. 413 ff;. Technischer Fortschritt und soziale Lebenswelt, in: Praxis 2 (Zagreb 1966), Nr. 1/2, S. 217 ff., bes. S. 227; Verwissenschaftlichte Politik und öffentliche Meinung, in: Humanität und politische Verantwortung. Festschrift für Hans Barth, hrsg. von Richard Reich, Erlenbach — Zürich und Stuttgart 1964, S. 55 ff.; Technik und Wissenschaft als „Ideologie“, Frankfurt am Main 1968 (edition suhrkamp Nr. 287).

  53. Armin Mohler, Konservativ 1969, in: Formeln deutscher Politik. Sechs Praktiker und Theoretiker stellen sich, hrsg. von H. J. Schoeps und Chr. Dannemann, München und Eßlingen 1969, S. 106 (Fakten sprechen).

  54. Ebenda, S. 110 f.

  55. Ebenda, S. 117 f.

  56. Ebenda, S. 118.

  57. Arthur Moeller von den Bruck, Das dritte Reich, a. a. O., S. 202.

Weitere Inhalte

Martin Greiffenhagen, Dr. phil., ordentlicher Professor für Politikwissenschaft an der Universität Stuttgart; geb. 1928; Studium der Philosophie und Sozialwissenschaften an den Universitäten Heidelberg, Göttingen, Birmingham und Oxford. 1962 Professor für Politikwissenschaft an der Pädagogischen Hochschule Lüneburg, seit 1965 Ordinarius in Stuttgart. Zahlreiche Veröffentlichungen zur politischen Theorie und Ideengeschichte, Ideologiekritik, politischen Pädagogik und Technokratieproblematik. 1971 erschien in München sein jüngstes Buch unter dem Titel „Das Dilemma des Konservatismus in Deutschland".