Organisationsprobleme politischer Planung 1. Einige Bemerkungen zum Verhältnis von Planung und Politik
Claus A. Lutz
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Zusammenfassung
Planung könnte die zeitgemäße Strategie zur Bewältigung politischer Probleme in komplexen, hochdifferenzierten und dynamischen Gesellschaften sein. Voraussetzungen dafür sind jedoch nicht nur die psychologische Bereitschaft, die Zukunft zur Dimension der politischen Gegenwart zu machen und die Beherrschung eines leistungsfähigen Instrumentariums von Planungsmethoden und Prognosetechniken, sondern auch eine adäquate Organisation politischer Planung. Zwei häufig anzutreffende Organisationsvorstellungen, nämlich Planung als Aufgabe exekutiver politischer Führung und Langfristplanung als Funktion neu zu etablierende, politischer Institutionen, werden dargestellt und kritisch diskutiert. Plant die politische Führung, so dominieren — wider alle Theorie — kurz-und mittelfristige Aspekte, das heißt Werte, Interessen und Bedürfnisse der für die Sicherung von Führungsmandaten ad hoc wichtigsten politischen Partizipanten. Die Schaffung neuer Planungsinstitutionen, deren experte Mitglieder gegen das politische „bargaining" abgeschirmt sind, würde zu einem unfruchtbaren Gegensatz von Planung und Politik führen. Politische Langfristplanung sollte daher als Prozeß kooperativer Problemlösung organisiert werden, an dem sich alle politisch relevanten Organisationen beteiligen — ohne die Chance zu haben, die Planungsverantwortung an eine von ihrer Kooperationsbereitschaft abhängige Institution zu delegieren.
1. 1. Das Problem
Planung ist zum Schlüsselbegriff unserer Zeit geworden. Eine starke Faszination geht von ihm aus wegen seiner Assoziation mit Begriffen wie Zukunftsbeherrschung, Rationalität, Wissenschaftlichkeit und Effektivität. überall auf der Welt ist Planung zum Modewort geworden, das den Verkaufswert politischer Programme gegenüber Wählern und potentiellen Geldgebern entscheidend hebt.
Kein Wunder daher, daß zwischen den hoch-gesteckten Erwartungen und den bisherigen Resultaten eine bemerkenswerte Diskrepanz entstanden ist.
Es ist, so scheint es, bis heute noch keinem Land gelungen, seine Entwicklungsprobleme durch Planung einer Lösung näher zu bringen, als es auch in den traditionellen Formen der Politik und des Verwaltungshandelns möglich gewesen wäre 1).
Was die sogenannten Entwicklungsländer anbetrifft — deren Planungen mindestens der Intention nach zu den umfangreichsten und umfassendsten außerhalb der kommunistischen Welt gehören —, lassen sich eine ganze Reihe von Punkten zur Erklärung dieses Tatbestandes anführen, die Einwendungen gegen die bisherigen Planungsbemühungen überspielen könnten 2). Dazu zählen wir u. a. etwa die mangelhafte Verwaltungsorganisation und den schlechten Ausbildungsstand der Verwaltungsbeamten, dazu zählen auch das noch immer weit verbreitete Korruptionswesen und die enormen Schwierigkeiten, die notwendigen Planungsunterlagen statistisch einwandfrei zu ermitteln.
Zugegebenermaßen ist auch gerade die Faszinationswirkung des Wortes „Planung" selbst ein Grund für den enttäuschenden Befund, den wir oben feststellten. Wenn Wähler und Geldgeber sich bereits durch die Bezeichnung „Plan“ für ein politisches Programm begeistern lassen, dann ist die leichtfertige Verwendung solcher Begriffe eine beinahe zwangsläufige Folge.
Planung wird so zur Farce — vor allem dann, wenn die maßgeblichen Politiker im Grunde noch planungsfeindlich eingestellt sind, weil sie fürchten, daß sie bei systematischer Planung gegenüber Experten ins Hintertreffen geraten. Mit mehr oder weniger bürokratischem, personellem und intellektuellem Aufwand werden dann entweder einfache Wachstumsvoraussagen oder intuitiv und mit konservativen Methoden konzipierte Programme in die Sprache und Form lang-, mittel-und kurzfristiger Pläne „übersetzt".
Im einen Fall gibt man vor, geplant zu haben, was man auch ohne geplante Eingriffe für die wahrscheinliche Entwicklung hält — wobei auch hier nur allzu häufig durch eine rosarote Brille geschätzt wird. Im anderen Falle ist ein politisches Programm ohne jede planerische Anstrengung konzipiert und erst danach in einer anderen Sprache neu formuliert worden 3).
Die Tatsache, daß die bisherigen Planungsbemühungen noch kaum Ergebnisse hervorbrachten, die nicht auch mit den überkommenen Mitteln der Politik hätten erreicht werden können 31), enttäuscht jedoch nur denjenigen, der in ihr ein zeitgemäßes Instrument zur Entwicklung, Durchführung und Anpassung von Verhaltensprogrammen für komplexe Systeme in dynamischer Umwelt erblickt.
Wer dagegen in der Planung nichts anderes zu erkennen vermag, als was in Politik, Wirtschaft, Verwaltung oder auch im individuellen Lebensbereich schon immer mit mehr oder weniger großem Erfolg unternommen worden ist — nämlich den Versuch, durch gedankliche Antizipation der Zukunft die Dauerhaftigkeit gegenwärtiger Entscheidungen zu sichern —, der war aus geschichtlicher und vermutlich auch aus persönlicher Erfahrung auf die Ent-täuschung „übertriebener" Erwartungen vorbereitet. Es ist jedoch angebracht, festzustellen, daß es weder in der Praxis noch in den Wissenschaf-ten einen allgemein anerkannten Begriff der Planung gibt, über Zweck und Bedingungen, Voraussetzungen und Grenzen der Planung bestehen durchaus unterschiedliche Auffassungen 4).
1. 2. Bemerkungen zu einer Theorie der Planung
1. 2. 1. Rationalität der Planungsziele In einer sehr allgemeinen Definition, die sich häufig findet, wird Planung beschrieben als „gedankliche Vorwegnahme zukünftigen Handelns unter Beachtung des Rationalprinzips" 5). überhaupt wird Planung gern mit dem Attribut „rational" versehen, was dazu führt, daß beispielsweise politische Planung immer wieder mit rationaler Politik identifiziert wird. Rationale Politik ihrerseits scheint sich vor allem durch den Verzicht auf irrationale, willkürliche, wert-und interessenorientierte Dezision auszuzeichnen.
So plausibel derartige Forderungen zunächst auch erscheinen, muß doch darauf hingewiesen werden, daß es einer gefährlichen Sachzwangideologie 6) entspricht, wenn man meint, Verhaltensstrategien entwerfen zu können, die hinsichtlich ihrer Prioritätenordnung, Zielsetzung und Mittelauswahl allein auf der Erkenntnis von Sachgesetzlichkeiten beruhen. Solange über die letzten Ziele menschlichen Handelns mitunter noch erbittert gestritten wird und solange unser Wissen über die Welt, in der wir leben, noch eine solche Fülle von Informations-und Erkenntnislücken aufweist, sind bei der Bestimmung individueller und gesamtgesellschaftlicher Handlungsprozesse eine Vielzahl von Entscheidungen zu treffen, die im Sinne wissenschaftlicher Verifizierbarkeit nicht zu begründen sind, sondern verantwortet werden müssen 7). 1. 2. 2. Rationalität der Plandurchführungsprogramme Aus dieser Erkenntnis heraus finden wir (auch in der Planungsliteratur) häufig einen eingeschränkten, sozialtechnologischen Begriff der Zweck-Mittel-Rationalität 8). Hierbei wird unterstellt, daß die gesellschaftlichen Ziele feststehen bzw.den Planern vorgegeben werden, so daß ihre Aufgabe lediglich darin besteht, alternative Wege der Erreichung solcher Ziele einschließlich der jeweils feststellbaren Konsequenzen aufzuweisen. Aufgabe der Politiker soll es danach sein, im politischen Entscheidungsprozeß eine Wahl unter diesen alternativen Handlungsprogrammen zu treffen, die sodann von der staatlichen Verwaltung nur noch durchgeführt wird.
Es ist dies eine Praxis, die bei der wissenschaftlichen Beratung der Politik gelegentlich beobachtet werden kann 8). Eine Reihe uns wichtig erscheinender Einwände gegen dieses Konzept sollte jedoch nicht unbeachtet bleiben. 1. 2. 3. Zur Kritik der herrschenden Rationalitätskonzepte Die Idee, den Sachverstand wissenschaftlicher, technischer oder sonstiger Experten nur bei der Ausarbeitung alternativer Strategien auf vorgegebene Ziele hin zu bemühen und die notwendigen Entscheidungen dem politischen Willensbildungsprozeß vorzubehalten, ist allenfalls bei präzise strukturierten Problemen möglich 10). Bei komplexeren Aufgabenstellungen, d. h., wenn Ziele vorgegeben werden, die nicht ganz exakt operationalisiert, deren gleichzeitig zu beachtende Nebenbedingungen nicht erschöpfend mitformuliert werden, müßten — um jede Eigenentscheidung der Planer auszuschließen — eine wahrscheinlich nicht mehr zu bewältigende Zahl alternativer Strategien 1) ausgearbeitet werden. Wird es aber, in Erkenntnis dessen, den Planern überlassen, welche Alternativen sie zur politischen Entscheidung stellen, dann wird ihnen genau die Macht übertragen, die sie nach diesem Konzept nicht haben sollen 12), die viele szientistisch orientierte Wissenschaftler nicht haben wollen, die auszunutzen jedoch eine große Versuchung ist 12a).
Problematischer als das eben erwähnte Bedenken erscheint uns das Folgende: Sozial-technologisch verstandene Planung reflektiert die Ziele gesellschaftlichen und politischen Handelns nicht. Parallel damit geht der Verzicht auf die wissenschaftlich systematische Reflexion auf die gesellschaftliche Situation und die gesellschaftlichen Bedürfnisse. Das bedeutet zweierlei:
1. Durch die Heranziehung wissenschaftlichen und sonstigen Sachverstands wird eine Rationalisierung nur im Mittelbereich angestrebt. Die Zielsetzungen werden „politischen Entscheidungen" Vorbehalten und als prinzipiell nicht rationalisierbar ausgegeben. Dabei wird übersehen, daß zumindest die Konsistenz und Konsequenz eines sich in politischen Zielsetzungen manifestierenden Wertsystems logischer Analyse zugänglich ist. Werden immer nur Teilziele — und zwar im Extremfall sehr detaillierte Unterziele — zur Rationalisierung im Mittelbereich den Planern als Aufgabe zugewiesen, dann bleibt die Prioritätenordnung — eine der wesentlichen Voraussetzungen erfolgversprechender Planung — und die Koordination der Teilziele außerhalb des rationalisierenden Zugriffs.
2. Sind die Ziele nicht Gegenstand, sondern Prämissen der Planung, dann wird sie — wie H. J. Arndt 13) es einmal formuliert hat zur „Utopie des Bewahrens". Als solche kann sie mit einigem Recht als ein Instrument zur Leistungsverbesserung im Interesse derjenigen bezeichnet werden, die im Besitz der politischen Macht die Mittel haben, einen Planungsapparat zu installieren und die Kompetenz besitzen, diesen Apparat mit Zielvorhaben zu konditionieren. Dabei halten wir es — im Unterschied zu einer ganzen Reihe moderner Autoren — für weniger bedenklich, daß Planung solchermaßen zur Perpetuierung und Verfestigung der Herrschaft von Menschen über Menschen beitragen könnte u). Problematisch erscheint uns dagegen, daß Planung, wenn sie sich ausschließlich um Zweck-Mittel-Rationalität bemüht, in erster Linie bereits herrschende Ziel-und Wert-setzungen begünstigt. Indem sie dazu beiträgt, im Hinblick auf konservative Ziele erfolgreicher als bisher zu handeln, wird sie die Innovationsbereitschaft 15) derjenigen, die über die Zielsetzungen entscheiden, stark beeinträchtigen, weil sie ihren relativen Erfolg zwangsläufig auch als Bestätigung für die Richtigkeit ihrer Ziel-entscheidungen auffassen werden 16).
Mit diesen letzten Bemerkungen hoffen wir, Zweifel an der Brauchbarkeit eines Planungsbegriffs begründet zu haben, dessen wesentliches Element eine vage Vorstellung von Rationalität ist 17).
1. 3. Prämissen unseres Planungskonzepts
Obwohl es — wie wir oben sagten — keine allgemein anerkannte Definition dieses Begriffs gibt, könnten doch einige Befunde systemtheoretischer Gesellschaftsanalyse zusammen mit einigen ersten Ergebnissen planungstheoretischer Bemühungen zur Feststellung von Elementen eines operationalisierbaren Planungsbegriffs führen, der mehr ist als eine nur subjektive Begriffsverwendungsregel. Wir wollen damit allerdings nicht zu einer Definition mit allgemeinem Geltungsanspruch kommen.
Der Umstand, daß gerade in den letzten Jahren eine so bemerkenswerte „Hausse" in Planung entstanden ist, stützt unsere Vermutung, daß sich in derselben Zeit das Bewußtsein für eine besondere Problemsituation praktisch aller Entscheidungssysteme (und damit auch des politischen Entscheidungssystems) unserer Gegenwart vertieft hat. Planung — so scheint man zu hoffen — könnte die dieser Problem-situation adäquate Problemlösungsstrategie sein. Zunächst wollen wir daher die von breitem Konsens getragenen Elemente des Planungsbegriffs herausarbeiten und diese anhand einer Analyse der erwähnten Problem-situation des politischen Systems ergänzen.
Zweierlei scheint für alle, die sich mit Planung beschäftigen, unstreitig festzustehen: Erstens, daß bei der Planung darüber reflektiert wird, wie die Zukunft durch eigenes und fremdes Verhalten sowie durch andere Umstände beeinflußt werden könnte, wobei es die Absicht des planenden Systems ist, die zukünftige Entwicklung im Sinne seiner Zielsetzungen steuernd zu beeinflussen. Zweitens: Die steuernde Einflußnahme wird für notwendig gehalten, weil man ansonsten damit rechnet, daß man später Überraschungen erleben werde, die im Hinblick auf die Wert-und Zielsetzungen des Systems als unangenehm empfunden werden würden 18).
Der erste Punkt impliziert die Behauptung, daß die gesellschaftliche Entwicklung — so wie sie ohne steuernde Eingriffe verlaufen würde — voraussehbar (kalkulierbar) und daß die Zukunft des Menschen durch gezielte Maßnahmen gestaltbar ist 10). Einen Sinn kann Planung als Instrument der Zukunftsgestaltung offenbar nur dann haben, wenn behauptet wird, daß Werte und Ziele erkannt oder durch Entscheidung festgestellt werden können, deren Gültigkeit für das planende System zumindest vorläufig nicht mehr in Zweifel gezogen werden muß 20).
Ohne diese zweite Unterstellung scheint der geistige und materielle Aufwand der Planung pure Verschwendung zu sein, sofern es darum geht, Pläne zu entwickeln, die dann auch realisiert werden. 1. 3. 1. Warnung vor Mißverständnissen 1. 3. 1. 1. Ziele werden nicht „erkannt“ — es wird über sie „entschieden“
Wie wir oben bereits andeuteten, haben wir Zweifel daran, daß Ziele — insbesondere solche hohen Abstraktionsniveaus — . erkannt"
werden können 21). Wir sind vielmehr der Ansicht, daß gerade Werte wie Frieden, soziale Gerechtigkeit, Menschenwürde u. ä.
nur durch die Entscheidung, sie anzuerkennen und in noch näher zu definierender Form zu realisieren, zu Zielen gesellschaftlichen Handelns werden können 22). Das bedeutet, daß wir auch an der Existenz einer eindeutig erkennbaren Hierarchie von Zielen zweifeln 21). Die Anerkennung eines Wertes wie „Menschenwürde" schafft ohne weitere Operationalisierung dieses Begriffs noch keine Grundlage für die logische Deduktion von Unterzielen und Maßnahmen, die realisiert werden „müssen", damit die Existenzbedingungen „menschenwürdig" sind.
Wir meinen also, daß sowohl über die höchsten Werte und Ziele als auch über die Bedingungen ihrer Realisierung (d. h. die Subziele) und das Rangverhältnis vorläufig nicht gleichzeitig realisierbarer Ziele und Unterziele entschieden werden muß. Wertentscheidungen sind aber prinzipiell revidierbar, d. h.der Entschluß, einen bestimmten Wert oder ein bestimmtes Ziel zu realisieren bzw. in einer bestimmten Weise zu realisieren, kann jederzeit aufgegeben und/oder abgeändert werden. Dies gilt sogar dann, wenn die materiellen, psychologischen und sonstigen Kosten eines solchen Änderungsentschlusses sehr hoch sind. Ob die Tatsachenlage, d. h. die materiellen, psychologischen und sonstigen bereits geleisteten Investitionen in Anbetracht der kalkulierbaren (und auch der nicht kalkulierbaren, sofern mit solchen gerechnet wird) Kosten eine solche Änderungsentscheidung verhindern, hängt ebenfalls von Entscheidun-B gen ab 24), weil auch die Prämissen für eine quantifizierte cost-benefit-Analyse durch die Festlegung und Gewichtung eindeutiger Vergleichskriterien bestimmt werden müssen 25). 1. 3. 1. 2. Sachzwänge können nur das Resultat Iraglos gestellter Zielentscheidungen sein Daraus folgt, daß es die gegenwärtig häufig behaupteten „Sachzwänge" nur unter der Voraussetzung gibt, daß ein logisch widerspruchsfreier, d. h. in eine Prioritätenordnung gebrachter Satz von Werten und Zielen einer Änderungsentscheidung nicht mehr ausgesetzt wird. Je mehr Werte und/oder Ziele fraglos gestellt werden und je dichter das Netz wird, das sie bilden, desto stringenter werden derartige Sachzwänge, desto weniger bleibt Raum für beliebige Dezision und desto genauer und unmißverständlicher lassen sich aufgrund logischer Verfahren „richtige“ von „unrichtigen" Entscheidungen unterscheiden 26).
Unter dieser Voraussetzung müssen für feststehende Werte/Ziele nur noch die „richtigen" Mittel gesucht werden, wobei sich der in der Literatur 27) geführte Streit um „optimale", „optimierende" oder „brauchbare" Entscheidungen theoretisch dadurch von selbst erledigen könnte, daß aus dem feststehenden Ziel-und Wertkatalog möglicherweise eine solche Fülle von „Brauchbarkeitskriterien" abgeleitet werden könnten, daß nur noch die optimale Entscheidung brauchbar wäre.
Nur insoweit die Zukunft zur Dimension gegenwärtiger Entscheidungen gemacht wird, insoweit Entscheidungen also nicht nur beim sofortigen Vollzug befriedigen, sondern auch einer Bewährungsprobe aus einer späteren Retrospektive standhalten sollen, wäre das deterministische Entscheidungskalkül mit einem hohen Fehlerrisiko belastet 28). Es resultiert aus der Unsicherheitskomponente jeglicher Voraussagen, die auch bei weiterer Verfeinerung unseres prognostischen Instrumentariums wohl niemals wird ganz eliminiert werden können. Selbst wenn nämlich unterstellt wird, daß die vor einer Ziel-Mittel-Entscheidung festgelegten Werte und Ziele eines Systems noch dieselben sein werden, kann sich doch eine ursprünglich „optimale" Entscheidung später als falsch erweisen, wenn sie auf damals noch nicht erkennbar unrichtigen Annahmen über die zukünftigen Entwicklungen — zumindest in der Systemumwelt — beruhte.
Gerade diese Prämisse (Konstanz des Wert-systems) — so könnte man meinen — müsse angenommen werden, wenn Planung betrieben wird mit der Absicht, ein Handlungsprogramm (Plan) für ein System zu entwerfen, darüber zu beschließen und es dementsprechend auszuführen. Die Versuche, Werte und Zielsetzungen von überzeitlicher und allgemein verbindlicher Gültigkeit zu formlieren, war zu allen Zeiten groß, ebenso wie der Reiz, daraus abgeleitete Handlungsnormen in eine scheinbar zwingend logische hierarchische Ordnung zu bringen.
Sowohl in den Entwicklungsländern als auch in den Industrieländern scheinen sich eine Reihe von Zielen feststellen zu lassen, deren dauerhafte Allgemeingültigkeit man nicht in Zweifel ziehen zu müssen glaubt. Frieden, Raum und Nahrung für alle Menschen, wirtschaftliche Entwicklung, Bedürfnisbefriedigung, soziale Sicherheit, Chancengleichheit, Fortschritt, um nur einige zu nennen, sind Werte bzw. Ziele, die scheinbar in allen Gesellschaften breitesten Konsens erfahren haben 29).
Das mag ohne weitere Untersuchung unterstellt werden. Ebenso sicher kann jedoch angenommen werden, daß über die Realisierung dieser Werte im einzelnen sowie über ihren relativen Rang sehr verschiedene, einander häufig unversöhnlich entgegenstehende Ansichten vertreten werden 30).
Wie aber sollen durchführbare Handlungsprogramme geplant werden, wenn nicht auf „irgendeine Art und Weise" vor der Aufnahme der Planungsarbeit der Streit über diese Wert-und Zielnormen, insbesondere über ihre Operationalisierung und Hierarchisierung, zumindest für den in Aussicht genommenen Planungszeitraum definitiv und autoritativ beendet worden ist?
Diese Frage stellt sich indessen nur dann, wenn angenommen wird, politische Entscheidungen seien stets von Führungseliten unter hohem Zeitdruck zu treffen, sie seien daher prinzipiell nicht rationalisierbar; Systempräferenzen seien entweder nicht feststellbar bzw. irrelevant und politische Planung beziehe sich auf die rationale (wirtschaftliche, sparsame, schnelle, zuverlässige, sachgerechte) Exekution des politischen Führungswillens 31).
Diese Vorstellung ist bei Dezisionisten und Technokraten noch weit verbreitet. Zur Kritik dieser Auffassung über Politik und Planung verweisen wir auf unsere Ausführungen (1. 2. und 2. 2. 1. 3.). In der neueren Planungsliteratur läßt sich jedoch ein breiter Konsens dahin gehend feststellen, daß Planung eben nicht nur als Maßnahmenplanung, d. h. als Bemühen zu verstehen ist, auf feststehende Ziele hin knappe Ressourcen zuzuordnen. Stünden die gesellschaftlichen Ziele und die zu erhaltenden Werte unzweifelhaft fest, so wäre die planerische gleich der ökonomischen Rationalität. Planung wäre insofern tatsächlich nichts Neues, lediglich ihre Methoden (wie etwa operations research oder die Netzplantechnik) und das prognostische Instrumentarium (Simulationstechnik, Delphi-Technik, Monte-Carlo-Methode etc.) wären modern.
Als entscheidendes, die gegenwärtige Planungstheorie charakterisierendes Novum kann man demgegenüber die Problematisierung des gesellschaftlichen Wertsystems und der gesellschaftlichen Zielsetzungen bezeichnen 32). 1. 3. 2. Zur Problematik einer fiktiven Fraglos-stellung gesellschaftlicher Wertvorstellungen 1. 3. 2. 1. Wertpluralismus Man geht dabei von der Tatsache aus, daß sich die gesellschaftlichen Wertsysteme nicht mehr aus einer allgemein akzeptierten Weltanschauung herleiten lassen, sondern daß eine Pluralität verschiedener, mitunter konkurrierender Wertvorstellungen koexistiert. Das politische Bekenntnis zur Demokratie schließt die Bereitschaft ein, prinzipiell eine Mehrzahl von Wert-systemen miteinander gleichrangig konkurrieren zu lassen und auch dann gegen Unterdrückung zu schützen, wenn deren politische Repräsentanten in der demokratischen Auseinandersetzung unterlagen.
Einige weitere Faktoren bestätigen die Richtigkeit der Problematisierung gesamtgesellschaftlicher Wertpostulate. 1. 3. 2. 2. Funktionale Differenzierung der Gesellschaft Mit dem Begriff der funktionalen Differenzierung bezeichnet man den Tatbestand der Herausbildung besonderer Rollensysteme, die sich in der Gesellschaft auf die Wahrnehmung spezifischer Funktionen (politische, wirtschaftliche, kulturelle, religiöse etc.) spezialisieren 33).
Solche funktional spezialisierten Teilsysteme der Gesellschaft gewinnen allmählich erhebliche Autonomie im eigenen Zweckhandeln, sie entwickeln eigene Kriterien der Rationalität ihres Handelns und Verhaltens. Ein und dieselbe gesellschaftliche Situation kann unter politischen, wirtschaftlichen oder etwa technischen Aspekten mit jeweils sehr unterschie.
lichem Informations-und Interessenhorizont von ganz verschiedenen Rollenträgern angegangen werden. Das Ausschlaggebende und hier am meisten Interessierende ist, daß die Bewertung der Rationalität, das soll hier heißen der Richtigkeit bzw. auch nur der „Brauchbarkeit" (Simon) 34) einer konkreten Entscheidung aus der Sicht verschiedener spezialisierter Teilsysteme und ihrer Rollenträger sehr unterschiedlich ausfallen kann. Das ist das Ergebnis der in diesen Teilsystemen sich ausbildenden autonomen Zielrichtungen 35).
Gleichwohl ist diese Autonomie der Ziel-richtungen nicht abgesichert durch eine existenzielle Autarkie. Vielmehr wächst mit der durch die funktionale Differenzierung gewonnenen Komplexität der Gesamtgesellschaft die gegenseitige Abhängigkeit ihrer Teilsysteme 36).
Das Interdependenzverhältnis der gesellschaftlichen Teilsysteme ist der Grund für ein besonders großes Kommunikationsbedürfnis zwischen ihnen. Kommunikation ist jedoch nur auf der Grundlage gemeinsamer Regeln der Informationsverarbeitung möglich. Basis eines solchen gemeinsamen Regelbestandes sind gemeinsame Ziele 37) und Werte, die zumindest auf einem relativ hohen Abstraktionsniveau für die kommunizierenden Teilsysteme identisch sein müssen.
Damit das Gesamtsystem und auch seine gegenseitig voneinander abhängigen Teilsysteme handlungsfähig werden, schien es deshalb von jeher notwendig, daß sowohl der Konflikt zwischen rivalisierenden Wertvorstellungen (Ideologien, Interessen) als auch der Konflikt zwischen unterschiedlichen Rationalkriterien von — im eigenen Zweckhandeln — autonomen Teilsystemen wenigstens zeitweise durch allgemeinverbindliche Entscheidungen überwunden wurde 38). Irgend jemandem mußte das Recht zukommen, allgemeinverbindliche Entscheidungen zu treffen, d. h. die gemeinsamen Regeln der Informationsverarbeitung für das Gesamtsystem zu formulieren. Traditionellerweise sind das die Inhaber der politischen Macht. 1. 3. 2. 3. Relative Verminderung der Regelungskapazität politischer Macht Macht als Instrument zur Überwindung übermäßiger Komplexität, d. h. als das Mittel, einen bestimmten Regelbestand zur gemeinsamen Informationsverarbeitung in einem System auch gegen Widerstand durchzusetzen, wird zunehmend problematisch:
Der Wettbewerb um politische Macht in einem System bzw. einer Gesellschaft ist kein Nullsummenspiel, d. h.der Machtgewinn des einen Konkurrenten ist nicht notwendig gleich dem Machtverlust des anderen 3“). Durch gesellschaftliche Organisation von Interessen kann das Machtpotential der gesellschaftlichen Interessengruppen so stark anwachsen, daß demgegenüber die politische Macht, insbesondere die staatliche Führungsmacht, u. U. nicht mehr ausreicht, um ein politisches Konzept auch gegen Widerstände durchzusetzen 40). Hinzu kommt ein weiterer Tatbestand, der hiermit eng verknüpft ist: Erwerb und Erhaltung politischer Führungsrollen sind nur noch in sehr seltenen Fällen möglich, ohne daß das politische Konzept des oder der Bewerber sich durch eine große Vielfalt von Wertvorstellungen 41), das heißt durch große Komplexität auszeichnet. Je mehr aber insbesondere die Verteidigung einer politischen Führungsposition und die damit verbundene politische Macht von der Berücksichtigung einer Vielzahl von Werten und Interessen sowie von der Offenheit für die Rationalkriterien hochspezialisierter Subsysteme der Gesellschaft abhängt, desto mehr verlieren die Mittel physischer Gewaltsamkeit ihre Relevanz für die Durchsetzung politischer Entscheidungen. Je dichter das Netz gleichzeitig zu berücksichtigender Wert-und Zielsetzungen wird, die nicht übergangen werden dürfen, ohne den Besitz der politischen Macht, der Regelungs-und Entscheidungsbefugnis zu gefährden, desto eher ist es möglich, „richtige" von „falschen" Entscheidungen einigermaßen sicher zu unterscheiden. Macht wird dann zur Funktion des Handlungserfolgs mit komplexen politischen Programmen.
Sowohl getroffene wie unterlassene Entscheidungen haben Einfluß auf die zukünftige Entwicklung eines Entscheidungssystems. Die „Richtigkeit" von Entscheidungen konnte aber bisher insbesondere dann, wenn sich ihre Wirkungen nicht unmittelbar entfalteten, häufig erst ex post festgestellt werden. Das war deshalb der Fall, weil Entscheidungen, welche die zukünftige Entwicklung eines Systems beeinflussen sollten, angesichts der Unsicherheitskomponente aller Zukunftsprognosen aufgrund unvollständiger Information zu treffen waren 42).
Je größer der Zeitraum zwischen der Entscheidung und dem erst ex post möglichen Urteil über die Richtigkeit der Voraussagen und Annahmen ist, die der Entscheidung zugrunde liegen, desto unwahrscheinlicher ist es, daß die Verantwortlichlichkeit für die „Unrichtigkeit" der Entscheidungsprämissen den Verlust der Entscheidungsmacht zur Folge hat. Heute besteht indessen eine unübersehbare Tendenz zur Verkürzung dieses Zeitraums, worin ein weiteres Moment der Relativierung politischer Machtstrukturen gesehen werden kann. 1. 3. 2. 4. Konsequenzen des technisch-wissenschaitlichen Fortschritts Hier wird der technisch-wissenschaftliche Fortschritt zum Prüfstein für die Richtigkeit bzw. Brauchbarkeit von Wertsystemen, ihrer Prioritätenordnung und der darauf beruhenden Entscheidungen 43). Das bedarf einer Erläuterung:
Wenn sich die Regeln der Informationsverarbeitung aus den für ein System als verbindlich gesetzten Werten und Zielen herleiten, dann werden auch die für die Prognose zukünftiger Entwicklungen und Entwicklungsmöglichkeiten eines Systems und seiner Umwelt notwendigen Informationen nach Maßgabe der verbindlich gesetzten Werte und Ziele (andere würden sagen: nach Maßgabe der Erkenntnis leitenden Interessen) verarbeitet 44). Weist der zur Informationsverarbeitung verwendete Regel-bestand logische Widersprüche und Inkonsistenzen auf 45) und ist seine Prioritätenordnung falsch konstruiert, dann beeinträchtigt dies notwendigerweise die Richtigkeit darauf beruhender Annahmen über die Zukunft. Wird beispielsweise in der Bildungspolitik am Ideal allgemeiner humanistischer Bildung festgehalten, während andererseits auch dem technischen Fortschritt ein gleichrangiger oder gar höherrangiger Wert zugemessen wird, so erweist sich die Unrichtigkeit nicht des humanistischen Bildungsideals, wohl aber dieses Wertsystems insoweit spätestens dann, wenn entweder der technische Fortschritt wegen des entsprechenden Bildungsmangels im System stagniert oder aber eine Vielzahl von Personen unfähig werden, bestimmte Rollen und Funktionen in einer technisierten Gesellschaft auszufüllen.
Dies nicht vorauszusehen, ist nur möglich, wenn der Wunsch, den Werten „humanistische Bildung" und „technischer Fortschritt" zumindest gleichen Rang zuzubilligen, verhindert, daß diejenigen Informationen verarbeitet werden, die beispielsweise über die Bedingungen technisch-wissenschaftlichen Fortschritts oder über seine Auswirkungen im Bereich dessen, was man heute häufig „sozialen Wandel" nennt, Aufschluß geben würden 46).
Auch ohne Anhänger ein einer dezidierten Fortschrittsideologie zu sein, muß man feststellen, daß dem technisch-wissenschaftlichen Fortschritt mit Ausnahme einiger weniger Gesellschaften, die den Prozeß der Modernisierung noch nicht eingeleitet haben, in nahezu allen gesellschaftlichen Systemen ein hoher Rang in ihrer jeweiligen Präferenzskala zukommt. Abgesehen von den erwähnten Ausnahmen besteht nirgendwo die Tendenz, dem technisch-wissenschaftlichen Fortschritt Einhalt zu gebieten, ihm Grenzen zu setzen. Das mag damit Zusammenhängen, daß diesem Fortschritt weniger ein Selbstwert, d. h. ein Wert „an sich" zugemessen wird, als vielmehr unterstellt wird, daß er eine Reihe anderer gesellschaftlicher Ziele — sei es wirtschaftliche Entwicklung, Entlastung der menschlichen Arbeitskraft, allgemeine Wohlfahrt, internationale Konkurrenzfähigkeit etc. — begünstigen werde 47).
Es sei dahingestellt, ob diese optimistische Einschätzung in jedem Falle zutrifft. Tatsache ist jedenfalls, daß der technisch-wissenschaftliche Fortschritt so etwas wie eine Eigendynamik entwickelt hat. Damit ist gemeint, daß sich der Fortschritt im technisch-wissenschaftlichen Bereich potenziert: In jeder neuen Entdeckung sind einige weitere bereits angelegt. Angesichts des groß angelegten internationalen Austausches technisch-wissenschaftlicher Literatur verbreiten sich ihre Ergebnisse weltweit. Nimmt man hinzu, daß die Entwicklung moderner Technologien als einer der Garanten für wirtschaftliches Wachstum und die Offenheit für diese Erkenntnisse als Voraussetzung für die Erreichung bzw. Erhaltung internationaler wirtschaftlicher Konkurrenzfähigkeit gilt, dann wird deutlich, daß der Verzicht auf die Partizipation am internationalen technisch-wissenschaftlichen Fortschritt zwar nicht unmöglich ist, aber zu denjenigen Entscheidungen gehört, die in einer Gesellschaft faktisch nicht durchführbar sein dürften.
Obgleich nun keinesfalls der Eindruck erweckt werden soll, als hielten wir diesen technisch-wissenschaftlichen Fortschritt wegen seiner Konsequenzen für den sozialen Wandel für die einzige oder auch nur die wichtigste bewegende Kraft 48), so gilt es nach dem Vorstehenden doch immerhin festzustellen, daß heutzutage jede Gesellschaft — gleichgültig, wie groß ihre Innovationsbereitschaft im übrigen auch sein mag — auf jeden Fall im Gefolge dieses Fortschritts Innovationen ihres Organisationsprogramms, und zwar in zunehmend höherer Frequenz, wird vornehmen müssen 4’)
Diese von vielen — manchmal jedoch mit weitergehender Interpretation — anerkannte Tatsache bestätigt unsere Vermutung, daß der technisch-wissenschaftliche Fortschritt ein hinreichender Anlaß für die in der modernen Planungstheorie postulierte Problematisierung gesellschaftlicher Wertsysteme und Zielsetzungen ist und daß er dabei als Prüfstein für deren Richtigkeit bzw. Brauchbarkeit herangezogen werden muß.
Der technisch-wissenschaftliche Fortschritt ist im Zusammenhang mit einer Planungstheorie deshalb ein entscheidender Faktor, weil er 1. als ein weder weltweit noch im Rahmen nationaler Gesellschaften mehr aufzuhaltender oder gar umkehrbarer Prozeß eine der Grundtatsachen gesellschaftlicher Existenz geworden ist;
2. weitgehend unabhängig von der gesamtgesellschaftlichen Innovationsbereitschaft relativ kleinen Gruppen von technisch-wissenschaftlichen Innovatoren die Chance bietet, Neuerungen zunächst auf technisch-wissenschaftlichen Gebieten einzuführen, von denen aus sie jedoch bald auch die übrigen gesellschaftlichen Lebensverhältnisse verändernd beeinflussen 50);
3. sich selbst potenziert 51), d. h. in immer rascherer Folge weiteren Fortschritt induziert und damit auch die Gesellschaft vor das Problem der Bewältigung von Innovationen zunehmender Frequenz stellt. Der technisch-wissenschaftliche Fortschritt trägt dadurch entscheidend bei zu der Dynamisierung, Komplizierung und Verflechtung der politischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturell-zivilisatorischen Prozesse;
4. infolge der großen — auch populären — Verbreitung seiner Ergebnisse und seiner Adaption im gesellschaftlichen Bereich Auswirkungen auch auf die Einstellung der Menschen gegenüber autoritativen Entscheidungen haben wird 52). 1. 3. 2. 5.
Spezifisch moderne Probleme der Herstellung politischer Entscheidungen Der technisch-wissenschaftliche Fortschritt ist neben der gesellschaftlichen Differenzierung und dem Wertpluralismus einer der wesent-liehen Ursachen für die Komplizierung politischer, d. h.derjenigen Entscheidungen geworden, die gesellschaftliche Konflikte verbindlich für die jeweilige Gesamtgesellschaft regeln. ihre besonderen Schwierigkeiten lassen sich heute wie folgt qualifizieren:
1. Da die funktionale Differenzierung der Gesellschaft positiv korreliert mit der Zunahme gegenseitiger Abhängigkeit ihrer Teilsysteme, oder anders ausgedrückt: da hochspezialisierte Subsysteme einer Gesellschaft ein besonders hohes Kommunikationsbedürfnis mit anderen Subsystemen aufweisen, wird das politische (Sub-) System von allen diesen funktional spezialisierten Teilsystemen dazu aufgefordert, ihre funktional-rationalen Wertprämissen in den Regelkanon aufzunehmen, welcher der Gesamtgesellschaft eine gemeinsame Kommunikationsbasis sichert 53).
2. Die relativ stark ausgeprägte Homogenität hochspezialisierter Subsysteme erleichtert es ihnen, der Notwendigkeit flexibler Anpassung an Umweltänderungen zu entsprechen 53a). Das führt dazu, daß einige dieser Systeme den durch den technisch-wissenschaftlichen Fortschritt oder sonstige Innovationsfaktoren bedingten Änderungen gegenüber besonders aufgeschlossen sind.
Die von ihnen ausgehenden Inputs haben daher die Tendenz, Umweltänderungen besonders sensibel wiederzugeben.
3. Die Menge und die laufende inhaltliche Änderung der Inputs aus spezialisierten Subsystemen bringen es mit sich, daß sich das politische (Sub-) System einer Vielzahl einander auch widersprechender Forderungen ausgesetzt sieht. Hinzu kommt, daß diese Subsysteme ihre Forderung auf Verbindlicherklärung ihrer jeweiligen Wertprämissen wegen ihres hohen Kommunikationsbedürfnisses mit großer Dringlichkeit vortragen. 4. Diese Forderungen laufen darauf hinaus, daß das politische (Sub-) System veranlaßt werden soll, in zunehmendem Maße Regelungen von geringem Allgemeininteresse, aber (mitunter zeitlich beschränkter) Allgemeinverbindlichkeit zu treffen M). 5. So groß auch das Interesse der einzelnen spezialisierten Subsysteme an der Allgemeinverbindlicherklärung ihrer Wertprämissen ist und so wichtig es auch für sie ist, daß das politische (Sub-) System ihre Änderungswünsche möglichst schnell berücksichtigt, so wenig vorteilhaft wäre es für die jeweils anderen Subsysteme, wenn das politische (Sub-) System all diesen Forderungen entspräche. Denn erstens beschneidet eine Vielzahl allgemeinverbindlicher Regeln die Autonomie des eigenen Zweck-handelns aller Subsysteme, und zweitens wird durch häufige Regeländerungen deren Verhaltensorientierung gegenüber ihrer jeweiligen Umwelt erschwert.
6. Infolge der sich verbreitenden Haltung, Aussagen und Entscheidungen einer funktional-rationalen Überprüfung zu unterziehen, nimmt auch die Bereitschaft ab, Entscheidungen des politischen (Sub-) Systems bzw.der politischen „Führung" unkritisch Folge zu leisten 5ä).
7. Die Kompliziertheit und Vielzahl der Einzelprobleme, die politisch, d. h. allgemein-verbindlich entschieden werden sollen, insbesondere aber die Schwierigkeit, ihre Interrelationen und Konsequenzen zu übersehen, relativieren den Wert der drei klassischen subjektiv-personalen Entscheidungselemente: Erfahrung, Intuition und Urteilsfähigkeit. Hinzu kommen müssen Information, Entscheidungsforschung, funktionsspezifischer Sachverstand, Kooperation und Koordination 56). 8. Alle Rollenträger und Rollensysteme, die im politischen Entscheidungsprozeß einen Beitrag leisten wollen oder müssen, vor allem aber deren Zusammenspiel stehen unter einen hohen Zeitdruck. Immer häufiger hängt die Brauchbarkeit politischer Entscheidungen von ihrer Herstellung innerhalb knapp bemessener Fristen ab. Immer seltener gelingt es, diese Fristen einzuhalten, wenn die Probleme in den politischen Entscheidungszentralen erst dann erkannt und angegangen werden, wenn sie für jedermann ersichtlich unabweisbar geworden sind.
1. 4. Planung als politische Problemlösungsstrategie
Diese Schwierigkeiten charakterisieren die Problemsituation der politischen (Sub-) Systeme derjenigen Gesellschaften, die sich gegenüber Innovationen ihrer Systemstruktur und einer Ausweitung, Änderung und Verdichtung ihrer Programme nicht durch erheblichen Einsatz staatlicher Machtmittel abschirmen können oder aber dies nicht wollen 57). Sie erklären, weshalb die Bereitschaft zur politischen Planung in den letzten Jahren überall auf der Welt so stark gewachsen ist. Wir haben den Eindruck, daß der weit verbreitete Planungsenthusiasmus auf der Annahme beruht, Planung — was immer man auch unter diesem Begriff versteht — sei die heute zeitgemäße Problemlösungsstrategie.
Nimmt man diesen Gedanken auf, dann sollte politische Planung als zeitgemäße Problemlösungsstrategie so definiert, konzipiert und organisiert werden, daß sie uns in die Lage versetzt, gerade diese Schwierigkeiten zu meistern, an herkömmlichen Formen denen die und Mittel der Politik, der Regierungstechnik und der Verwaltungsführung zu scheitern drohen 58).
Aus diesem Grunde gaben wir uns eingangs auch mit den etwa von Kapp und Waterston 5%) zusammengetragenen Erklärungen für das Scheitern so vieler Pläne in Entwicklungsländern nicht zufrieden. Die Ausführungen dieser beiden beispielhaft erwähnten Autoren laufen letztlich darauf hinaus, das Ausbleiben von Planungserfolgen auf mangelhafte Implikationssysteme, d. h. auf Fehler des Verwaltungspersonals, der Verwaltungsorganisation und der Verwaltungspraxis zurückzuführen.
Es liegt uns fern, die Bedeutung eines gut funktionierenden Verwaltungssystems für die Plandurchführung anzweifeln zu wollen 11"). Wir sind allerdings nicht der Ansicht, daß — wie es von Kapp und Waterston bewußt oder unbewußt suggeriert wird — die Regierungs-und Verwaltungssysteme der hochentwickelten Länder des Westens vorbildliche Planimplikationssysteme sind. Wäre dem so, dann müßte man in diesen Ländern, soweit sie — wie etwa Frankreich — bereits seit längerer Zeit Planung betreiben, entsprechende Planungserfolge vorweisen können. Außerdem würde bei dieser Unterstellung der Fehler gemacht, Planung mit Entscheidungsforschung zu identifizieren. Denn wenn die Verwaltungssysteme des Westens im wesentlichen für planungsbereit gehalten werden, kann die Aufgabe der Planung doch nur in der Verbesserung (Rationalisierung) derjenigen Entscheidungen gesehen werden, die von den Verwaltungssystemen exekutiert werden 61), Allein darum kann es jedoch — wenn unsere Darstellung der Problemsituation politischer (Sub-) Systeme die Realität nicht verfehlt — bei der Planung nicht gehen. Das zeigt sich rasch, wenn wir den wichtigsten der oben erwähnten Schwierigkeiten einmal die von der Literatur am häufigsten genannten Verbesserungsvorschläge gegenüberstellen, und zwar 1.der Kompliziertheit der politisch zu entscheidenden Probleme in Gesellschaften, in welchen der Staat die Rolle eines Garanten für das materielle Wohlergehen der in einer Vielzahl von Organisationen, Institutionen und Verbänden machtvoll repräsentierten Mitglieder der Gesellschaft hat, — die Mobilisierung wissenschaftlichen, technischen und sonstigen Sachverstands zur Politik-und Regierungsberatung, — dessen Organisation und Verwertbarmachung,
— die systematische Informationsbeschaffung und -auswertung, — Entscheidungstorschung, Anwendung und Verbesserung von Entscheidungstechniken;
2.der Komplexität (Vielschichtigkeit und Interdependenz)
der politischen Entscheidungsprobleme in einer Gesellschaft, in welcher der Staat die Funktion eines zentralen Reglers hat, der für interdependente Subsysteme die gemeinsamen Regeln der Informationsverarbeitung formuliert, — die Organisation kooperativer Problemlösung durch eine große Zahl sachlich Beteiligter, — die Koordination von Entscheidungen und Entscheidungsprogrammen für eine funktional differenzierte Gesellschaft;
3.der Dynamik der Lebensverhältnisse, der hohen Innovationsfrequenz und dem daraus resultierendem Zeitdruck im Entscheidungsprozeß,
— den Zeitgewinn durch Problemantizipation,
— die langfristige Zielbestimmung bei gleichzeitiger Flexibilität in Detailfragen, _ die klare Prioritätenordnung zur Vermeidung von Reibungsverlusten, _ die Kapazitätserweiterung durch Rationalisierung im Wert-, Ziel-, Zweck-und Mittelbereich zwecks Steigerung des gesellschaftlichen Wertberücksichtigungspotentials. Die Realisierung all dieser Desiderata beim Entwurf, der Entscheidung, Durchführung und gegebenenfalls Änderung von politischen Programmen würden wir politische Planung nennen. Insoweit handelt es sich dabei um ein normatives Konzept.
Politische (d. h. strategische) Planung grenzen wir allerdings ab gegenüber einer ablauftechnischen Maßnahmenplanung 62). Sie unterscheidet sich von letzterer vor allem in vier Punkten:
1. Es muß bei der politischen Planung in großen zeitlichen Dimensionen gerechnet werden; ihr Unsicherheitsfaktor, damit ihr Fehlerrisiko und ihr Verantwortungsbereich sind daher größer als bei der Maßnahmen-planung; 2. es sind bei der politischen Planung auch die Ziele des Gesamtsystems Gegenstand der planerischen Reflexion, während 3. bei der Maßnahmenplanung von festgesetzten — meist fremdbestimmten — Zielen, einer definierten Rangordnung unter ihnen, einem zumindest grob gerasterten Zeitplan sowie von den wichtigsten Koordinationsentscheidungen ausgegangen werden kann. Maßnahmenplanung „übersetzt"
eine strategische Gesamtkonzeption ins Detail, wobei natürlich ein gewisser Ermessens-
und Entscheidungsspielraum, insbesondere zur flexiblen Umweltanpassung, zur Verfügung stehen muß; 4. die in erster Linie für die ablauftechnische Planung entwickelten Planungsmethoden und -techniken sind im Bereich der politischen Planung nur in beschränktem Umfang brauchbar 63); der völlige Verzicht auf sie wäre jedoch verhängnisvoll, weil Ziele mitunter nur von den zur Verfügung stehenden Mitteln her definiert werden können.
2. Zur Organisation des politischen Prozesses unter den Funktionsbedingungen politischer Planung
2. 1. Vorbemerkungen
Im folgenden wollen wir uns mit der noch unzulänglich erörterten Frage beschäftigen, welche Instanzen an der politischen Planung beteiligt sein könnten und wie ihr Zusammenwirken organisiert werden sollte.
Dieses Problem ist u. E. von erheblicher Bedeutung, denn es wird oft vermutet, daß sich die politischen Gewichte künftig dorthin verlagern, wo sich die Kompetenz und der beste Apparat zur Planung befinden.
Zu untersuchen wird also sein, welchen Einfluß Planung, wenn sie in dem oben angedeuteten Sinn als Problemlösungsstrategie im Hinblick auf die dargestellten Schwierigkeiten politischer Systeme konzipiert wird, auf die Organisation des politischen Prozesses haben müßte 64). Würde man dabei zu dem Ergebnis kommen, daß eine im Hinblick auf die Problemsituation politischer (Sub-) Systeme rationale (adäquate) Organisation politischer Planung im Widerspruch zu bestimmten Normen politischer Verfassungsordnungen stünde, so kann es prinzipiell nur drei Möglichkeiten geben:
1. Entweder läßt sich eine gleichwertige Organisation politischer Planung finden, die mit der jeweiligen Verfassungsordnung in Einklang steht, oder aber ein solches Äquivalent wird nicht gefunden. Dann ist zu wählen:
2. entweder eine Organisationsform politischer Planung, die sich der bestehenden Verfassungsordnung anpaßt, aber hinsichtlich ihrer Leistungsfähigkeit nicht optimal ist, 3. oder aber eine Anpassung der Verfassungsordnung an die Funktionsbedingungen eines planenden Systems 64a).
Da wir unsere Überlegungen nicht im Hinblick auf ein bestimmtes (nationales oder typmäßig konkretisiertes) Regierungssystem anstellen, werden wir hier keine Gelegenheit haben, die eben angedeuteten Fragen an einem konkreten Fall zu prüfen.
Da es aber in nahezu sämtlichen politischen Systemen dieselben politischen Institutionen (Parlamente, Regierungen, Verwaltungen, Einzelstaaten, Departements, Provinzen, Gemeinden, Parteien], Organisationen, Verbände, Wählerschaft) gibt, halten wir es für nützlich, auch relativ abstrakt die Bedingungen ihres Zusammenwirkens im Prozeß politischer Planung zu untersuchen.
Selbstverständlich handelt es sich dabei um nicht mehr als einen Versuch, über dessen heuristischen Wert durchaus noch diskutiert werden muß. Betrachtet man jedoch einmal die bisherige Planungsliteratur, dann muß einem der erhebliche Mangel an Berücksichtigung institutioneller Aspekte der Planung — speziell der politischen Planung — auffallen 65). Wenn die Frage der Organisation politischer Planung in wissenschaftlichen Abhandlungen aufgenommen wurde, so geschah das häufig unter einer der folgenden Prämissen: — Planung ist ausschließlich Regierungs-und/oder Verwaltungsaufgabe (Planungsorganisation = Regierungs-+ Verwaltungsorganisation), Planung = Führung.
— Planung ist ein absolutes Novum; keine der bisherigen staatlichen Einrichtungen eignet sich dazu, es muß deshalb ein neues politisches (staatliches) Organ geschaffen werden.
— Sämtliche am politische Willensbildungsprozeß Beteiligten sollen und können sich der Planung als Problemlösungsstrategie bedienen, ihr Zusammenspiel findet in den Formen der jeweiligen Verfassung statt. — Planung könnte eine technokratische Bedrohung der Demokratie sein. Bei der Konzeption politischer Planung müssen demokratische Prinzipien (was immer darunter verstanden wird) in den Vordergrund gestellt werden.
Die Folge davon ist, daß diese Arbeiten nur für diejenigen von Interesse sind, die mit der jeweiligen Grundannahme einverstanden sind. Wir entscheiden uns weder für eine dieser Prämissen noch sonst irgendeine, sondern greifen sie als Probleme auf.
2. 2. Konzentration der politischen Planung bei einer politischen Institution?
Die erste, vorentscheidende Frage, die wir stellen müssen, ist die, ob politische Planung eine Aufgabe ist, die einem bestimmten Funktionsträger (etwa einer besonderen Planungsbehörde oder einer bereits bestehenden politischen Instanz) zugewiesen werden sollte, oder ob alle am politischen Willensbildungs-und Entscheidungsprozeß Beteiligten nach Maßgabe ihrer verfassungsrechtlichen Stellung oder aber nach anderen Kriterien einen Beitrag zur politischen Planung leisten können oder sollten.
In den meisten Ländern, in denen die Bereitschaft zur Planung erkennbar ist, scheint man sich in dieser oder jener Form für die erste Alternative entschieden zu haben, wobei die planende Instanz zumeist in größtmöglicher Nähe zum Regierungschef angesiedelt ist. Auch in der Literatur spricht sich die Mehrzahl der Autoren dafür aus, politische Planung müsse als Aufgabe der politischen Führung verstanden werden 66). 2. 2. 1. Planung als Führungsinstrument der Regierung In den Organisations-, Betriebs-und Verwaltungswissenschaften, die sich bereits seit längerer Zeit mit Planungsproblemen beschäftigen, gilt Planung neben organizing, Staffing, directing, coordinating, reporting und budget-ing als eines der Führungsmittel des Managements 67).
Darauf sowie auf den erheblichen organisatorischen, personellen und technologischen Apparat, den eine nach den neuesten Erkenntnissen betriebene Planung notwendig zu machen scheint, ist es vielleicht zurückzuführen, daß die Ansicht, politische Planung sei eine genuine Aufgabe der exekutiven Staatsleitung, so weit verbreitet ist. Zusätzliche Unterstützung findet sie in der von H. J. Arndt und R. R. Grauhan 68) in der Planungsdiskussion konstatierten Konfusion über die Unterschiede von strategischer (politischer) Planung und netzwerkartig organisierbarer Ablauf-(Maß-
nahmen-) Planung sowie durch die ebenfalls vielfach geäußerte Meinung, der von der machtmäßig größten politischen Potenz gemachte Plan sei den geringsten Widerständen und dem kleinsten Fehlerrisiko ausgesetzt.
Gerade dieses letzte Argument besitzt einiges an Überzeugungskraft: Eine der schwerwiegendsten Unsicherheitskomponenten jeder Planung ist die Ungewißheit über das Entscheidungsverhalten der von der planenden Instanz nicht kontrollierbaren, eventuell nicht einmal wesentlich beeinflußbaren Handlungseinheiten 60).
Der beste Plan läuft Gefahr, verfälscht oder vom Tisch gefegt zu werden, wenn er ohne das seriöse Engagement der verfassungsrechtlich, faktisch, finanziell oder organisatorisch größten Potenz im politischen Prozeß entstanden ist’“). Es leuchtet daher ein, wenn Hermann Lübbe 71) in Anlehnung an Hans Freyer 72) erklärt: „Wer herrscht, macht den Plan." Gerade weil auch durch Planung die Frage des Vorrangs und der größeren Dringlichkeit widerstreitender Interessen, inkompatibler Wert-setzungen und divergierender Bedürfnisse im organisierten gesellschaftlichen Pluralismus nicht immer durch das „irresistible, reine Argument erledigt“ werde, empfiehlt er demjenigen, der „Planung durchsetzen will", er solle „im klassischen Sinne . politisch'handeln und seinen Plan oder sich selbst an die Stellen befördern, an denen die Entscheidungen fallen".
Diese Auffassung läßt ihre Inspiration durch die ältere Literatur zur wirtschaftlichen Unternehmensführung deutlich erkennen. Planung wird hier allerdings verstanden als Aufgabe technologischer Beratung — mit dem Ziel, Führungsentscheidungen in durchsetzbare Handlungsprogramme — zu übersetzen 73). 2. 2. 1. 1. Kritik aus politikwissenschaftlicher Sicht Unsere Ablehnung dieser Auffassung für den Bereich politischer Planung haben wir bereits im einleitenden allgemeinen Teil (1.) begründet. Es trifft für die heutige Politik nicht zu, daß ihre Ziele von den Inhabern politischer Führungspositionen beliebig definiert werden können. Einmal, weil sie nicht dieselbe uneingeschränkte Verfügungsgewalt besitzen wie der private Wirtschaftsunternehmer, den niemand daran hindern kann, sein Unternehmen im Extremfall in den Bankrott zu „führen", und zum zweiten, weil die möglichen Ziele und die als relevant zu beachtenden Nebenbedingungen (constraints) in der Politik zahlreicher und problematischer sind als in der Wirtschaft. Darüber hinaus glauben wir gezeigt zu haben, daß das Konzept „rein technologischer" Politikberatung auf der unrealistischen Fiktion beruht, daß sich die Ziele politischen Handelns dem rationalisierenden Zugriff entziehen und daß technologische Beratung von Wertentscheidungen frei bleibt 74).
Ist Planung — wie in fast allen Ländern — eine Domäne des zentralen Regierungs-und Verwaltungsapparates, dann werden zwar häufig die wichtigsten, d. h. am machtvollsten organisierten Interessengruppen, werden Länder, Provinzen, Departements und Gemeinden bzw.deren Vertretungskörperschaften, wird aber auch der in Kommissionen, Beiräten oder sonstiger Form organisierte wissenschaftliche Sachverstand an der Regierungsplanung beteiligt. Wo das aber der Fall ist, geschieht es weniger im Interesse der Rationalität der jeweiligen Planung als vielmehr im Dienste vordergründiger — wenngleich einsichtiger — Zwecke:
— erstens, damit sich die Regierungen für ihre Pläne des Konsenses und der Unterstützung der wichtigsten — sprich: politisch einflußreichsten — politischen Partizipanten versichern können, und — zweitens, um diejenigen Programmziele, die solchermaßen durchsetzbar erscheinen, mit der Hilfe wissenschaftlichen, technischen und sonstigen Expertenwissens so effektiv und intelligent wie möglich zu operationalisieren.
Daher tendieren Regierungen dazu, von den politischen Partizipanten selektiv nur solche und so viele zu beteiligen, als ihnen im Hinblick auf ihr Machtpotential und ihren Konsens-und Kooperationsbedarf notwendig erscheint 74a), Aber auch die Expertise bestellen sich Regierungen heutzutage häufig gezielt. Gerade das hohe Ansehen, das insbesondere Wissenschaftler und sonstige Experten in unserer Zeit wegen der ihnen — zu Unrecht — unterstellten wertneutralen (objektiven) Rationalität genießen, macht deren Votum zu einem wichtigen konsensbildenden Faktor — ja sogar zu einem Legitimationskriterium für Herrschaftsentscheidungen 75),
Wenn der die Regierung beratende wissenschaftliche Sachverstand überhaupt bereits an der Zielplanung beteiligt wird, dann vielfach unter Bedingungen, welche die Hoffnung auf eine objektive oder unabhängige Stellungnahme nicht rechtfertigen 76).
Wir halten es für unangebracht, sich darüber zu entrüsten. Weder den Regierungen noch den politischen Partizipanten, die sie unterstützen, noch den „zu Rate gezogenen" Wissenschaftlern würden wir unter den ihre jeweilige Situation gegenwärtig bedingenden Umständen einen Vorwurf machen wollen. Viele der zu Rate gezogenen Experten erhalten Forschungs-und Entwicklungsaufträge, weil sie mit der Wertorientierung ihrer Regierungen übereinstimmen und/oder weil erwartet werden kann, daß die Abhängigkeit des von ihnen für ihre Arbeit benötigten Apparats von Regierungsgeldern der Originalität ihrer Analysen eine (für die jeweilige Regierung) tolerable Bandbreite zuweist.
Die Partizipanten des politischen Prozesses, die von Regierungen an ihren Planungen beteiligt, d. h. konsultiert und respektiert werden, sind zuständig entweder für begrenzte geographische Räume, spezifische Funktionen, besondere Rollensysteme oder Interessen, und dementsprechend eingeengt ist auch ihre Verantwortung und Verantwortlichkeit 76®). Das „Gemeinwohl", dem sie sich möglicherweise verpflichtet erklären, definieren sie verständlicherweise so, daß es zumindest ihre eigenen Wertprämissen und Rationalkriterien ungekürzt umfaßt.
Die Regierungen schließlich würde es erheblich belasten, wenn man von ihnen verlangte, daß sie Widerspruch und Bedenken und damit einen Begründungszwang für ihre Programme systematisch selbst provozieren. Im Gegenteil werden sie — wo immer möglich — der Forderung, ihre Programme gegenüber prinzipieller Kritik zu begründen, ausweichen. Bedienen sie sich einigermaßen geschickt des ihren Zielen gegenüber loyalen wissenschaftlichen und sonstigen Sachverstandes, dann können sie sich diese Strategie — sofern sie für ihre Zielentscheidungen hinreichenden Konsens gefunden haben — durchaus leisten.
Es ist dies für Regierungen jedoch nicht nur eine mögliche, sondern eine notwendige Strategie:
Erstens ist eine Regierung wie jede relativ kleine Gruppe von Menschen in ihrer Werterfassungs-und Informationsaufnahmekapazität beschränkt. Nur eine bestimmte Menge von Werten, Interessen und Bedürfnissen ist ihr, in einer ihrer Gruppe eigentümlichen Rangordnung, intellegibel 77). Sie wird auf jeden Fall versuchen, die von ihr zu verantwortenden politischen Programme dementsprechend zu gestalten.
Zweitens wird — obwohl das im Hinblick auf die Langfristigkeit zukunftsgestaltender politischer Planungen und die relativ kurzen, zeitlich befristeten politischen Mandate problematisch ist — allgemein an der Fiktion der Alleinverantwortlichkeit der Regierung (und gegebenenfalls der sie stützenden Partei) für den Erfolg und die Rationalität ihrer Planungsbemühungen festgehalten. Alle anderen am Prozeß politischer Planung möglicherweise zu Beteiligenden brauchen jedenfalls wegen Versäumnissen und Fehlern der zentralen politischen Planung keine Sanktionen zu fürchten. Andererseits messen sie ihren eigenen Erfolg nach dem Maß der Durchsetzung ihrer jeweils eigenen Wertprämissen und Rationalkriterien. Insoweit die Partizipanten durch Funktionseliten vertreten werden, kann es sogar dazu kommen, daß zwar die Führungseliten konsens-und kooperationsbereit sind, nicht aber die (eventuell segmentierten) Subkulturen, die sie vertreten 78). Eine der entscheidenden Ursachen dieses Tatbestandes ist der zwischen den Führungseliten bestehende Kontakt einerseits und die Kommunikationslosigkeit ihrer jeweiligen Subkulturen andererseits 7"). Je weniger eine Regierung die Partizipation an der Planung systematisiert, desto geringer ist demnach die Chance gegenseitiger Verständigung unter den Partizipanten (d. h. zumindest unter ihren Führungseliten), desto mehr werden die Egoismen der jeweiligen Partizipanten betont 80) und desto ausschließlicher fällt die Verantwortung für ein alle Teile befriedigendes Gesamtprogramm der Regierung zu.
Je schwieriger es aber für eine Regierung ist, Konsens über die schwierigen Kompromißentscheidungen komplexer politischer Programme herzustellen, desto eher wird sie dazu neigen, ihre Wertberücksichtigungsbereitschaft von ihrem Konsensbedürfnis abhängig zu machen. Das heißt mit anderen Worten: Schätzt eine Regierung zu Recht oder Unrecht die Chance, für ein komplexes politisches Programm mit relativ hohem Wertberücksichtigungspotential 81) Konsens zu finden, gering ein, dann wird sie in ihrem Programm nur solche und so viele Werte, Interessen und Bedürfnisse berücksichtigen, wie ihr — nach ihrer subjektiven Beurteilung ihres Konsens-bedürfnisses — dazu notwendig zu sein scheinen. Dementsprechend läßt sie auch nur solche politischen Partizipanten auf die Planung Einfluß nehmen, deren Konsens und Unterstützung sie für die Durchsetzbarkeit ihrer Pro-
grammziele für unerläßlich hält. Je länger die Kooperationsbeziehungen einer Regierung mit denselben Kooperationspartnern dauern, desto schwieriger ist danach die Herstellung von Konsens in einem Kreis, der durch neu hinzutretende politische Partizipanten erweitert werden sollte. Dieser Schwierigkeit weichen Regierungen gerne aus. Viel eher sind sie bereit, nach anderen Möglichkeiten zu suchen, ihr Wertberücksichtigungspotential zu erweitern. Dafür kommen rationalisierende und kapazitätserweiternde Maßnahmen und solche Strategien in Frage, welche die der Regierung verfügbaren materiellen Ressourcen vergrößern. Anders ausgedrückt: Insoweit Regierungen für die Rationalität und den Erfolg langfristiger politischer Planungen allein-oder jedenfalls hauptverantwortlich sind, favorisieren sie diejenigen Programme, welche die Wertprämissen und Rationalkriterien der zur Unterstützung der Regierungspolitik wichtigsten politischen Partizipanten berücksichtigen. Durch die Organisation sachverständiger Politikberatung streben sie die technologische Rationalisierung ihrer in der Zielrichtung bereits vorher fixierten Programme an. Werden dadurch Kapazitäten freigesetzt, dann — und in aller Regel nur dann — sind Regierungen zu einer Programmerweiterung ohne Veränderung der politischen Kräfteverhältnisse bereit. Drittens: Diese eben beschriebene Strategie der Problem-(und Komplexitäts-) reduzierung und der Blickverkürzung erscheint Regierungen besonders unter dem Aspekt der Erneuerungsbedürftigkeit ihres politischen Mandats notwendig.
Wenn sich die politischen Partizipanten bei der Fiktion beruhigen, es sei die Regierung, die bei der Formulierung politischer Programme die Verantwortung für die langfristige Zukunftsgestaltung trage, dann verschafft ihnen dies das Alibi, sich in den eigenen Beiträgen zur Planung auf die Betonung der Gegenwartsaspekte zu konzentrieren.
Da aber die zur aktuellen Daseinsgestaltung (von den für eine Regierung wichtigsten politischen Partizipanten) vorgebrachten Forderungen die der Regierung zu ihrer Befriedigung verfügbaren Ressourcen erschöpfen, bleibt auch eine vorgeblich geplante Politik unter dem Gebot der Stunde.
Für ihre Politik braucht die Regierung jederzeit Unterstützung, für die Erneuerung ihres Mandats braucht sie am Ende einer Legislaturperiode vorweisbare Erfolge. Diese Logik führt dazu, daß eine von Regierungen zu verantwortende Planung — trotz aller gegenteiligen Beteuerungen — nicht zur aktiven Zukunftsgestaltung, sondern zur mehr oder weniger zufälligen Resultante aktueller Konfliktregelungs- und Konsensbildungsprozesse gerät.
Die kurz-und mittelfristigen Pläne sind solchermaßen — wider alle Theorie — nicht Teil-programme eines langfristigen Konzepts. Dieses ist vielmehr das möglicherweise von niemand gewollte Ergebnis 4— 6jähriger Herr-Schafts- bzw. Mandatssicherungsstrategien 81a). Diese Vermutung wollen wir dahin gehend verallgemeinern, daß die Planung dort, wo sie als eine Funktion exekutiver politischer Führerschaft 82) verstanden wird, den Bedingungen unterliegt, unter denen politische Führer ihre Führungsrollen sichern können. Die Ratio der Planung wird identisch mit den Gesetzen von Macht und Konsens in einer funktional differenzierten, pluralistischen Gesellschaft.
Vergegenwärtigt man sich jedoch die Dynamik der Lebensverhältnisse moderner Gesellschaften und die aus der Interdependenz ihrer Teilsysteme resultierende Kompliziertheit politischer Programmgestaltung, dann kann dem nur durch eine weit vorausschauende Planung, d. h. durch Antizipation später zu lösender Probleme und frühzeitige Einleitung geeigneter Maßnahmen entsprochen werden.
Im Interesse der Sicherung von Konsens für Planungsentscheidungen, durch welche knappe Mittel in langfristigen Programmen gebunden werden, deren Wichtigkeit im Vergleich mit den aktuellen Forderungen des Tages nicht jedermann einsichtig ist, sollte eine Planungsorganisation, in der eine politische Instanz dominiert und damit leicht in die Rolle des Allein-bzw. Hauptverantwortlichen gedrängt wird, vermieden werden. 2. 2. 1. 2. Kritik aus organisationswissenschaftlicher Sicht Planung wird als Führungsfunktion vor allem dann beschrieben, wenn explizit oder implizit ein hierarchisch-bürokratisches Organisationsmodell 83) unkritisch angenommen wird. Zumeist wird eine Planungskaskade konstruiert, in der Planungsstufe und Ebene der Organisationshierarchie zur Deckung gebracht sind 84). Derartige Organogramme finden sich sowohl für die Planungen von Gesamtstaat, Gliedstaat (Provinz, Departement) und Gemeinden als auch für die Planung innerhalb von Verwaltungs-, Partei-und sonstigen Organisationshierarchien. Wichtig dabei ist die Vorstellung, daß sich die Staats-, Verwaltungs-, Partei-bzw. Organisationsziele vom Allgemeinen (Großen, Wichtigen) zum Besonderen (im Extremfall: beliebigen Detail) hin in einer pyramidenförmigen Ordnung befinden, der auch die Organisationsstruktur entsprechen müsse. Gegenüber dieser Auffassung sind sowohl erkenntniskritische als auch organisationstheoretische Bedenken angemeldet worden 85).
Mit den letzteren sollten wir uns kurz beschäftigen: Selbstverständlich ist es möglich, unter Ausschluß funktional äquivalenter anderer Möglichkeiten 86) ein Ziel bzw. einen Zweck in Unterziele(-zwecke) zu zergliedern und in eine hierarchische Ordnung zu bringen. Wichtig ist aber, daß man es vermeidet, zwischen Zwecken und Unterzwecken monokausale Beziehungen zu unterstellen. Der Ausschluß der jeweiligen funktionalen Äquivalente beruht auf einer Operationalisierungsentscheidung und ist insoweit nicht logisch zwingend.
Wird in einem komplexen System mit mehrfacher Zwecksetzung die Organistionsstruktur analog der einmal definierten Programmstruktur festgelegt, so geht man dabei von der unrealistischen Prämisse aus, die Ersetzung eines Unterzwecks durch eines seiner funktionalen Äquivalente habe Konsequenzen nur im Zweck-Programm (indem der jeweilige übergeordnete Zweck nunmehr neu definiert sei). In Wirklichkeit muß aber angesichts der Interdependenzen des Gesamtprogramms damit gerechnet werden, daß die auf unteren Entscheidungsebenen kompetent getroffenen Änderungsentscheidungen bezüglich eines Unter-zwecks auch Programmänderungen hinsichtlich anderer Zwecke notwendig machen können, die auf wesentlich höherer Organisationsebene zu treffen sind 87). Soll dies verhindert werden, dann nur auf Kosten der Möglichkeit zur Delegation von Verantwortung 88). Je komplexer, je vielfältiger aber das Programm einer Organisation ist, desto wichtiger wird die Arbeitsteilung. Eine spürbare Entlastung der Organisationsspitze und eine Verbesserung der Informationsaufnahme-und -Verarbeitungskapazität resultiert aus einer Zweckzerlegung und dementsprechender Arbeitsteilung nur dann, wenn sie begleitet ist von einer echten Delegation von Entscheidungskompetenzen.
Die andere Möglichkeit, Zwecke zwar zur arbeitsteiligen Erfüllung zu zergliedern, aber ein Höchstmaß an Verantwortung bei der Organisationsspitze zu behalten, setzt voraus, daß unterhalb der Organisationsspitze nur nach konditional oder final programmierten, geschlossenen Entscheidungsmustern gehandelt werden darf, und daß alle nicht vorhergesehenen Situationen als Ausnahmefälle behandelt und der Organisationsspitze zur Entscheidung vorbehalten werden müssen 89).
Unter den Bedingungen eines komplexen Systems in dynamischer Umwelt — der Situation der politischen (Sub-) Systeme — wären aber die „Ausnahmeentscheidungen" so zahlreich, daß sich die jeweiligen Organisationsspitzen auf keinen Fall mehr ernsthaft und sorgfältig mit ihnen beschäftigen könnten. Der Grund dafür liegt in der stets beschränkten „Informations-und Werterfassungskapazität" von Organisationsspitzen 90). Darüber hinaus zerstört die Praktizierung des reinen Befehls-modells wichtige Informationswege und verhindert entscheidende Rückmeldevorgänge 91). Bei der Organisationsspitze tritt zudem der Fall des sogenannten „Information overload" ein, bei welchem wesentliche Informationen zwar verfügbar, aber nicht mehr verwertbar sind 92).
In der modernen Planungsliteratur wird aber gerade die systematische Werterfassung, Informationsbeschaffung und -auswertung für besonders wichtig gehalten, weil nur sie eine rechtzeitige Problemerkennung und damit die Rationalisierung von Planungsentscheidungen ermöglicht 93).
Für die politische, d. h. auch Ziele problematisierende Planung empfiehlt es sich daher nicht, sie in einer hierarchisch-bürokratisch organisierten Institution (sei es einer bestehenden, sei es einer neu zu schaffenden) zu monopolisieren. Diesen Satz sollte man indessen nicht überinterpretieren: Wichtig erscheint uns hier nur die Aussage, daß die strategische, auch die Ziele des Gesamtsystems problematisierende politische Planung nicht ausschließlich und auch nicht dominierend (initiativ, federführend) von einer hierarchisch-bürokratisch organisierten Institution des politischen (Sub-) Systems unternommen werden kann, sofern Planung tatsächlich die adäquate Problemlösungstechnik für ein komplexes System in dynamischer Umwelt sein soll. Das erlaubt den Schluß, daß Regierung und Verwaltung schon deshalb, weil sie praktisch in allen Ländern hierarchisch-bürokratisch aufgebaut sind, kein Planungsmonopol haben sollten. Darüber hinaus beinhaltet unsere Aussage noch die Behauptung, daß, insoweit sich Regierung und Verwaltung an der politischen Planung beteiligen, ihnen ihre hierarchisch-bürokratische Organisation hinderlich ist 93a). Vielfach wird daher vorgeschlagen, diese Struktur zugunsten kooperativer, informationsdurchlässiger Formen der Problemlösung aufzubrechen. Kopfarbeit dulde keine Hierarchie, weil es keine „höheren" und „niedrigeren" Kenntnisse gebe" 4). Angesichts der steigenden Erfordernisse der Innovation, Kreativität und Flexibilität integriere die „Professional Organization" der Zukunft in erster Linie die Vertreter jeweils hohen Sachverstandes. Die ihr gemäße Organisationsform sei das Team 95). 2. 2. 1. 3. Kritik aus planungstheoretischer Sicht Planung als Führungsfunktion zu konzipieren, widerspricht nicht nur den Umständen, unter denen weit vorausschauende Pläne politisch durchsetzbar sind, und den organisationstheoretischen Voraussetzungen ihrer Herstellung, sondern auch den Bedingungen für die Rationalisierung politischer Planung. Was wir unter planerischer Rationalität verstehen wollen, sei im folgenden kurz skizziert:
„Objektive Rationalität", wie Simon" 6) sie definiert, würde vollständige Information, d. h.
eine Wahl unter allen möglichen Verhaltensweisen und die Vorausberechenbarkeit aller Folgen jeder Wahl voraussetzen. Probleme müßten sodann nicht entschieden, sondern könnten „gelöst" 97) werden. Solchermaßen ist „objektive Rationalität" per definitionem unerreichbar. Kein soziales oder soziotechnisches System verfügt über vollständige Information, da es sich wegen seiner je spezifischen Zielsetzungen gerade nur für bestimmte Informationen aufnahmebereit hält. Und die Voraus-berechenbarkeit aller Folgen jeder Verhaltensvariante scheitert an der Unzulänglichkeit unseres Erkenntnisstandes über Kausalrelationen und Funktionszusammenhänge in allen Wissensbereichen.
Wird durch Planung Rationalität angestrebt, dann muß sie, wenn nicht anders, so doch jedenfalls bescheidener definiert werden. Simon hat daher vorgeschlagen, anstatt nach „optimalen" nur nach „brauchbaren" Entscheidungen zu suchen 98).
Die Subjektivierung des Rationalitätsbegriffs im Brauchbarkeitsmodell Simons und der ihm folgenden Autoren mag für Organisationsentscheidungen geringer Fernwirkung adäquat sein, vor allem dann, wenn es um reine Ziel-Mittel-Entscheidungen geht. Es enthält die Prämisse, daß derjenige, der die Kriterien der Brauchbarkeit einer Entscheidung definiert, ein kalkuliertes Risiko eingeht, daß der entgangene Gewinn oder der Verlust bei unteroptimalen Entscheidungen ihn entweder selbst trifft oder daß er dafür zur Verantwortung gezogen werden kann. Die rasch gefundene, brauchbare Entscheidung einer besseren vorzuziehen, für die man mehr Zeit, Geld und . manpower'gebraucht hätte, um sie eventuell gar nicht oder zu spät zu finden, entspricht der Logik des Unternehmers oder des Wirtschaftsmanagers. Sehr wahrscheinlich beschreibt das Brauchbarkeitsmodell auch zutreffend die Problemlösungspraxis von Organisationsspitzen und Regierungen, die sich innerhalb kurzer Fristen durch Erfolge ausweisen müssen. Politische Planungsentscheidungen hingegen unter Brauchbarkeitsgesichtspunkten zu treffen, widerspräche der fundamentalen Prämisse allen Planungsdenkens, daß nämlich hier und heute brauchbare Entscheidungen (im Hinblick auf Handlungen oder Unterlassungen) in der Zukunft Folgen haben können, die vermieden werden müssen, oder anders ausgedrückt: daß man grundsätzlich dazu bereit sein müsse, in der Gegenwart auch die scheinbar unabweislichen und bisher stets berücksichtigten „Systemimperative“ (Naschold) in Frage zu stellen, eventuell umzuinterpretieren und auch solchen Werten, Interessen und Bedürfnissen eine echte Chance der Berücksichtigung einzuräumen, deretwegen — jedenfalls gegenwärtig — noch keine ökonomische oder soziale Krise droht 99).
Planung selbst ist ein kostspieliges Verfahren. Damit bereits widerspricht es der Ratio des Brauchbarkeitsmodells, das den bescheidenen Gewinn von heute einem potentiell größeren von morgen u. a.deshalb vorzieht, weil die Kosten der Verbesserung einer Entscheidung möglicherweise gleich deren Nutzen sind, ihn sogar übersteigen können. Wo es ausschließlich darauf ankommt, daß der Entscheider in der Gegenwart zu einer positiven Bilanz kommt, mag sich die Strategie, Gewinne mitzunehmen, empfehlen. Wo sich Gewinne aber rasch verbrauchen, wo sie als Kapitaldecke nicht zum Ausgleich der negativen Konsequenzen früherer Entscheidungen dienen können — und das ist im Bereich politischer Entscheidungen sehr häufig der Fall —, ist solches Denken falsch. Der größte Planungsaufwand lohnt sich bereits dann, wenn er die schlimmsten (sich bereits ankündigenden) Konsequenzen einer dynamischen, ungesteuerten Entwicklung in den komplexen Gesellschaften unserer Zeit verhindert. Was darüber hinaus an Positivem erreicht wird, kann — ungeachtet der Planungskosten — als Gewinn verbucht werden.
Ein letzter Einwand gegen das Brauchbarkeitsmodell als planerisches Rationalkriterium folgt daraus, daß es sich ausschließlich an Entscheidungssituationen orientiert, in welchen der Entscheider unter Zeitdruck steht. Um notwendige Entscheidungen rechtzeitig treffen zu können, muß das Anspruchsniveau hinsichtlich der Entscheidungsqualität gelegentlich — vor allem in Krisensituationen — reduziert werden.
Gerade jedoch die Notwendigkeit, zu spät erkannte, bereits krisenhaft zugespitzte Probleme mit stark verengten Alternativmöglichkeiten unter Zeitdruck entscheiden zu müssen, soll durch Planung vermieden werden 100). Je mehr Aufwand im Interesse der Problem-antizipation getrieben wird, desto mehr Zeit steht für die Lösung frühzeitig erkannter Probleme zur Verfügung, desto mehr Alternativen stehen zur Wahl offen.
Wenn das richtig ist, dann ist es weder notwendig, am politischen Organisationsmodell exekutiver Führerschaft, noch am Modell „brauchbarer" Entscheidungen festzuhalten, deren Randbedingungen von den Führern entsprechend dem Zeit-und Interessendruck, unter dem sie stehen, definiert werden.
Führung, d. h. die extreme Reduktion sozialer Komplexität auf die Informationsverarbeitungs- und Werterfassungskapazität bestellter decision-makers 101), ist um so weniger notwendig, je mehr Zeit für Versuche der Problem„lösung“ zur Verfügung steht. Dann ist es auch realistisch, durch systematische Informationssuche, breite Erfassung der sozialen Wertkomplexität, durch kooperative Definition der Ziele und der Nebenbedingungen von Planungsentscheidungen und durch die systematisch organisierte Beiziehung alles verfügbaren Sachverstandwissens eine Optimierung derjenigen Entscheidungen anzustreben, die über die gesellschaftliche, politische, wirtschaftliche, kulturelle etc. Zukunft bestimmen. Zu optimieren sind Planungsentscheidungen — und dies ist das Kriterium ihrer Rationalität — in Richtung auf eine Vergrößerung ihres Wertberücksichtigungspotentials. Je mehr menschliche (soziale) Werte eine Entscheidung nicht nur erfaßt, sondern tatsächlich berücksichtigt, und je weniger sie die Verwirklichung anderer Werte in der Zukunft erschwert oder gar ausschließt, um so rationaler würden wir sie nennen. Damit wollen wir gleichzeitig zum Ausdruck bringen, daß wir — durchaus in Übereinstimmung mit der modernen Entscheidungstheorie 102) — Rationalität nicht im Sinne eines Alles oder Nichts, sondern eines Mehr oder Weniger verstehen.
Sieht man es aber als eine erst im Planungsprozeß zu beantwortende Frage an, welche sozialen Werte sofort und welche erst später berücksichtigt werden können, enthält man sich eines apriorischen Urteils über die ethische Qualität bestimmter Werthaltungen und über ihren relativen Rang, dann müssen alle gesellschaftlichen Werte bei der Planung zunächst einmal erfaßt werden. Werden bei ihrem Vergleich untereinander Unverträglichkeiten entdeckt, dann können diese resultieren einmal aus ihrer logischen Widersprüchlichkeit, welche nur die Berücksichtigung des einen oder des anderen zur gleichen Zeit erlaubt, oder aber — wegen der Knappheit der Mittel — aus der Unmöglichkeit, sie im Zeitpunkt der Entscheidung gleichzeitig zu berücksichtigen. Um zu verhindern, daß Planungsentscheidungen weniger Werte berücksichtigen, als angesichts dieser beiden Restriktionen Berücksichtigung finden könnten, werden wir Kooperation anstelle von Dominanz und Führung als Organisationsprinzip der Planung Vorschlägen 103). 2. 2. 2. Planung als Monopolfunktion anderer, bereits bestehender politischer Institutionen Unsere eingangs gestellte Frage, ob nämlich Planung eine Funktion ist, die einer bestehenden oder neu zu schaffenden politischen Institution allein zukomme, ist indessen mit der Ablehnung eines Regierungs-bzw. Verwaltungsmonopols bei der Planung noch nicht beantwortet. Gelegentlich findet sich das Postulat eines Planungsvorbehalts des Parlaments 104). Gemeint ist damit allerdings weniger ein Monopol des Parlaments bei der Planungsarbeit (weder bei der Planvorbereitung noch bei der Plandurchführung) als vielmehr die Sicherung rechtzeitiger Beteiligung an der Planvorbereitung und die Kompetenz, zumindest über die Grundzüge zu entscheiden. Diese Forderung nach einem Planungsvorbehalt des Parlaments ist diktiert von der Sorge vor einem entscheidenden Machtverlust des Parlaments, der befürchtet wird, wenn entweder Regierung und Verwaltung oder aber Planungsexperten in einer besonderen Planungsinstitution ein ausschließliches Planungsmonopol besäßen. Auch eine Beteiligung des Parlaments erst in der Entscheidungsphase wird abgelehnt, weil bis dahin wesentliche Vorentscheidungen bei der Informationssammlung, Informationsverarbeitung und Alternativen-auswahl getroffen sein würden 105).
Andererseits ist jedoch darauf hingewiesen worden, daß der dem Parlament zur Informationsaufnahme und -Verarbeitung im allgemeinen zur Verfügung stehende Apparat und der in ihm repräsentierte bzw. von ihm organisierbare und verwertbare Sachverstand aus einer ganzen Reihe von Gründen nicht ausreichen, um dem Parlament eine echte Beteiligung in der Planvorbereitungs-und Planüberwachungsphase zu sichern 106).
Diese Begründung und einige andere 107) gelegentlich gegen eine verstärkte Planungsbeteiligung von Parlamenten vorgebrachte Argumente mögen hier und da ihre Berechtigung durchaus haben. Andererseits ist damit noch nichts darüber ausgesagt, ob es grundsätzlich möglich ist, Parlamente personell, organisatorisch und technisch mit einem Apparat so auszustatten, daß sie einen echten Beitrag zu politischer Planung im oben (S. 12— 13) beschriebenen Sinne leisten können.
Da jedoch nirgendwo die Forderung erhoben worden ist, Planung beim Parlament zu monopolisieren, können wir die Frage der parlamentarischen Planungsbeteiligung zurückstellen. Ähnliches gilt für die übrigen am politischen Willensbildungsprozeß beteiligten Institutionen. Zwar findet sich vielfach die Forderung nach verstärkter Einbeziehung der Partei-und Interessenorganisationen, der Wählerschaft, der Öffentlichkeit, insbesondere des in den Hochschulen, Forschungsinstituten und Wissenschaftsorganisationen vertretenen Sachverstandes in den Prozeß staatlicher Planung 108). Dabei ist aber genausowenig an ein Planungsmonopol oder eine dominierende Stellung dieser Institutionen gedacht wie bei der Forderung nach einer — meist — regionalen Dezentralisierung der Planungsorganisation. Das gilt auch für diejenigen 109), die für eine „Planung von unten" eintreten.
2. 3. Politische Planung als Funktion sozialtechnologischer Beratung außerhalb des politischen Machtapparats
Wie wir schon andeuteten, meint eine wachsende Zahl von Autoren, zur Wahrnehmung der Planungsfunktion müsse eine besondere politische Instanz geschaffen werden, weil sie die bestehenden politischen Institutionen für zu statisch erachten und weil sie befürchten, daß, wenn eine von ihnen diese Funktion allein oder federführend wahrnehme, dadurch nicht nur die bestehenden Machtgewichte verschoben würden, sondern auch die Planung selbst einseitig nur nach den funktionalen Rationalkriterien dieser einen Institution betrieben werde.
Die Vorschläge für eine besondere politische Planungsinstanz sind zahlreich. Empfohlen wurden u. a. ein Wissenschaftler-bzw. Expertenparlament 110), ein selbständiger staatlicher Planungsrat 111), ein planungsadäquat organisiertes staatliches Planungsamt 112) (eventuell als Mittler zwischen Exekutive und Legislative), auf Profitbasis arbeitende private Organisationen, die Universitäten, nicht auf Profit-basisarbeitende Organisationen, Kommissionen hervorragender Persönlichkeiten, oder ein soziales Vorwarnsystem, in dem Sachverständige aus allen Wissensbereichen die gesamtgesellschaftliche Entwicklung unter Zukunftsaspekten begutachten sollten 112a), sowie von N. E. Golovin eine „fourth branch of government" neben Legislative, Exekutive und Judikative 113).
Alle diese Vorschläge ähneln sich in vierfacher Hinsicht:
1. Ihre Autoren heben hervor, daß die von ihnen empfohlene Planungsinstanz nicht in die bestehende Kompetenzordnung und die Funktionszuweisungen des jeweiligen politischen Systems eingreifen soll. Vielmehr gehe es darum, die erst neuerdings in ihrer vollen Bedeutung erkannte Aufgabe planender Zukunftsgestaltung einer eigens dafür zu konstruierenden oder — wie im Falle der Universitäten — dafür besonders geeigneten Institution zuzuweisen. 2. Sie unterscheiden zwischen lang-, mittel-und kurzfristiger Planung insofern, als die von ihnen vorgeschlagenen Institutionen die langfristigen Aspekte der Planung beachten, während sich Regierung, Parlament und andere politische Partizipanten in erster Linie um die Gestaltung kurz-und mittelfristiger politischer Programme bemühen.
Die langfristige Konzeption soll jedoch die verbindlichen kurz-und mittelfristigen Programme nicht dominieren, sondern nur Ansätze zu ihrer konstruktiven Kritik bieten. 3. Die Tätigkeit dieser Planungsinstitutionen wird mit geringen Unterschieden wie folgt beschrieben:
— Sammlung, Interpretation und Analyse von Informationen;
— Ermittlung potentieller Probleme und Bedürfnisse;
— Entwicklung alternativ möglicher Handlungspläne verbunden mit cost-benefitAnalysen;
Veröffentlichung dieser Pläne und Analysen, damit die politischen Institutionen dazu Stellung nehmen können;
— systematische und unmittelbare (real time) Evaluation der Ergebnisse laufender Programme im Hinblick auf ihren Zielerreichungserfolg;
Entwicklung von Änderungsempfehlungen sowohl hinsichtlich der Programminhalte als auch hinsichtlich deren Ausführung (implementation);
— umfassende Information der politischen Institutionen und der Öffentlichkeit über die gesamtgesellschaftliche Entwicklung. 4. All diese Funktionen sollen möglichst objektiv, neutral, sozusagen uninteressiert am politischen „bargaining" -Prozeß wahrgenommen werden. 2. 3. 1. Zur Kritik des sozialtechnologischen Beratungskonzepts Diese Vorschläge laufen letztlich darauf hinaus, eine Institution zu schaffen, die aufmerksam und sachverständig die gesamtgesellschaftliche Entwicklung beobachtet, auf Probleme aufmerksam macht und Vorschläge zu ihrer Lösung ausarbeitet. Uber ihre Organisation, Größe, Zusammensetzung und die Art und Weise ihres öffentlichen Wirkens sowie über die jeweiligen Vorteile des einen oder anderen Vorschlags sollte durchaus noch diskutiert werden.
Es erscheint uns jedoch wenig konsequent einerseits die Wichtigkeit der Planung in unserer Zeit zu betonen und die Planungsfähigkeit der klassischen politischen Institutionen in Zweifel zu ziehen, andererseits aber die zu schaffende Planungsinstanz von der politischen Entscheidungsmacht fernzuhalten 1H).
Darüber hinaus bestehen noch eine Reihe weiterer Bedenken:
Erstens scheint uns bei all diesen Vorschlägen nicht hinreichend bedacht, wie und unter welchen Bedingungen diese Instanzen in den Besitz der planungsrelevanten Daten gelangen. Zweifellos würde jede von ihnen, wenn sie ihren Zweck nicht völlig verfehlen soll, alsbald zur Kritikerin der auf die Tagespolitik konzentrierten Regierung werden. Angesichts des „self-destroying" -Effekts, den bestimmte Voraussagen haben können, wird sich die Regierung deshalb hüten, diejenigen Informationen preiszugeben, die ihren eigenen Programmen insoweit kritisch werden könnten. Sind sie aber aus anderen Quellen nicht beschaffbar, dann fehlt den Voraussagen und Analysen einer solchen Planungsinstanz der Realitätsbezug 115).
Zweitens könnte einer solchen „freischwebenden" Planungsinstanz nicht nur die Rolle einer Mahnerin, sondern auch einer Opposition ohne Machtchancen zufallen. Anders als die parlamentarische Opposition, die sich mit ihren politischen Alternativvorschlägen nicht nur einer hinreichenden Wählermehrheit empfehlen muß, sondern angesichts des von den Kommunikationsmedien unterstützten Gedächtnisses des WahlVolkes bei der Formulierung ihrer Politik bereits in der Opposition deren finanzielle, technologische, organisatorische und eben nicht zuletzt auch politische Realisierbarkeit im Auge behalten muß, wäre eine der hier besprochenen Planungsinstanzen von derartigen Beschränkungen ihrer Kreativität frei. Ihre Werterfassungskapazität wäre stets größer als die Wertberücksichtigungskapazität der politisch Verantwortlichen. Richtig ist, daß die wünschenswerte Ausweitung der Wertberücksichtigungskapazität einer Gesellschaft kaum anders vorstellbar ist als dadurch, daß zunächst durch ein neue Werte integrierendes theoretisches Konzept Bedürfnisse und Desiderata erst allgemein bewußt gemacht werden. Richtig dürfte auch sein, daß die Bereitschaft zur Innovation von Programmen in Krisensituationen wächst 116). Fraglich ist aber, ob ein System lebensfähig bleibt, in welchem über eine so konstruierte Planungsinstanz die permanente Krise institutionalisiert ist.
Drittens wird das unter Punkt 2 angedeutete Bedenken eine entscheidende Rolle spielen, wenn sich die politisch Verantwortlichen zu entscheiden haben, ob, in welcher Form und mit welchen Kompetenzen ein derartiges Warnsystem eingerichtet werden soll. Wenn sie sich überhaupt dazu entschließen, so muß damit gerechnet werden, daß sie versuchen werden, dieses Instrument potentieller Kritik unter ihre Kontrolle zu bringen.
Ein wirksamer Hebel dafür ist die Art und Weise der Bestellung der Mitglieder einer derartigen Institution. Grundsätzlich bieten sich dafür drei Möglichkeiten an:
— Ernennung oder Wahl durch das Parlament und/oder die Regierung;
— Ernennung oder Wahl einer jeweils bestimmten Zahl von Vertretern durch diejenigen Organisationen oder Gruppen, die nach der jeweiligen Konstruktion in diesem Gremium repräsentiert sein sollen;
— allgemeine Wahl der Mitglieder dieser Planungsinstanz (ein wohl kaum sinnvoll praktizierbares Verfahren).
Die politisch verantwortlichen Institutionen könnten mit einigem Recht darauf hinweisen, daß die erste Alternative gegenüber den beiden anderen eine Reihe von Vorteilen aufzuweisen hätte. Wir erwähnen hier nur die Frage der Legitimation und der Verantwortung für die Sorgfalt, Qualität und den Erfolg der Arbeit dieses Planungsgremiums. Haben die Politiker entscheidenden Einfluß auf die Auswahl der Sachverständigen, so werden sie auch bereit sein, bis zu einem gewissen Grad Verantwortung für den Erfolg der Planungsarbeit zu tragen, und werden versuchen (ähnlich wie das etwa gegenüber den gewählten Verfassungsgerichten in der Bundesrepublik und in den USA der Fall ist), größere Differenzen mit diesem Gremium eigener Wahl zu vermeiden 117). Im Falle der Alternativen 2 und 3 dürfte es dagegen alsbald zu offenem Dissens zwischen den politisch Verantwortlichen und dem mit Sachverständigen besetzten Planungsgremium kommen.
Viertens: Selbst diejenigen Autoren, nach deren Konzeption Planung und Entscheidung zu trennen sind, die Planung also als Funktion sozialtechnologischer Beratung auffassen, legen Wert auf die Feststellung, daß Planung als ein Prozeß zu verstehen ist, bei dem die Auswertung des Planerfolgs und die eventuell notwendige Plankorrektur regelmäßig zu durchlaufende Phasen darstellen. Planungs(Zweck-)
Programme sollen sich gegenüber den traditionellen Konditionalprogrammen 118)
hierarchisch strukturierter Organisationen durch ihre dynamische, anpassungsfähige Konzeption und ihre, die Reagibilität des politischen (Sub-) Systems fördernde Flexibilität auszeichnen.
Wir haben erhebliche Zweifel, ob dieses Postulat erfüllbar ist, wenn die Rollen des Planentwerfers, des Planträgers (Entscheiders) und des Planausführenden institutionell getrennt werden 119). Die Dynamik der Planung würde nicht nur unter den bei dieser Konzeption zwangsläufig auftretenden Kommunikationsproblemen leiden (selektive Informationsweitergabe, Planträger als Zwischeninstanz zwischen Planentwerfer (und Kontrolleur) und Planausführer, Notwendigkeit von Rückfragen, Informationsmonopolisierung, Informationsmanipulation etc.), sondern auch darunter, daß Planer, Entscheider und Ausführende unterschiedliche funktionale Rationalkriterien entwickeln würden. Es ist nicht nur denkbar, sondern sogar wahrscheinlich, daß sich die Planer in erster Linie auf Fragen der Wünschbarkeit von Zielen, Prioritäten und Programmen spezialisieren, die Entscheider die Pläne hauptsächlich unter dem Gesichtspunkt erzielbaren Konsenses betrachten, wohingegen die Plan-ausführenden starkes Interesse an einer Routinisierung, Perfektionierung und Dauerhaftigkeit der Programme (im Hinblick auf Anpassungsschwierigkeiten bürokratischer Apparate)
zeigen würden 120).
Selbstverständlich sind alle damit angesprochenen Probleme bei jeder Planung zu berücksichtigen.
Wird aber auch für die Planung funktionale Rollenspezialisierung institutionalisiert, dann erscheinen uns die durch solche Arbeitsteilung zu gewinnenden Vorteile verschwindend gegenüber den oben angedeuteten Nachteilen. Nicht zuletzt halten wir auch hier wiederum das Konzept rein wissenschaftlicher, interessenfreier Beratung für unrealistisch, wohingegen eine bewußt Wertentscheidungen treffende Planungsinstanz unserer Auffassung nach in unmittelbarer Planungsverantwortung stehen müßte 121).
Wir können unsere bisherigen Überlegungen also dahin gehend zusammenfassen, daß sich weder eine der bisher am politischen Willensbildungsprozeß beteiligten Institutionen noch eine der bisher vorgeschlagenen neu zu schaffenden Instanzen als Inhaber eines politischen Planungsmonopols empfiehlt.
3. Kooperation als Prinzip politischer Langfristplanung
Wenn wir Planung als Führungsfunktion beschreiben, dann leidet die Qualität zukunftsgestaltender Programme unter den Bedingungen, die kurz-und mittelfristig über die Besitz-sicherung politischer Führungsmandate entscheiden. Versuchen wir dagegen, die politische Langfristplanung an einer Stelle zu institutionalisieren, die es sich leisten kann, ausschließlich der planerischen Rationalität verpflichtet, sich von den Auseinandersetzungen um die aktuelle politische Daseinsgestaltung zu distanzieren, dann riskieren wir einen unfruchtbaren Gegensatz zwischen Planung und praktischer Politik.
Wir suchen also den Weg, auf dem das Prinzip planerischer Rationalität, d. h. unter anderem die Orientierung kurz-und mittelfristiger Programme an langfristigen Entwicklungszielen, bestimmenden Einfluß auf die praktische Politik gewinnen kann.
Politik — darüber besteht inzwischen kein Zweifel mehr — wird nicht nur von den in den jeweiligen Verfassungen mit Entscheidungskompetenz für die Gesamtgesellschaft ausgestatteten staatlichen Institutionen gemacht, sondern auch von Systemeinheiten, die einem traditionellen Staatsbegriff entsprechend im „gesellschaftlichen" Bereich angesiedelt waren 122). Sie alle versuchen, zugunsten ihrer spezifischen Interessen, Werthaltungen und Rationalkriterien auf die Politik, d. h. auf die Daseins-und Zukunftsgestaltung der Gesamt-gesellschaft Einfluß zu nehmen. Dazu wählen sie — allerdings nicht in allen Fällen — den Weg über eine Beeinflussung der Inhaber politischer Führungsrollen in den staatlichen Entscheidungszentren. Häufig jedoch reicht ihr Handlungs-und Entscheidungsspielraum aus, die für politische Entscheidungen relevante Tatsachenlage in ihrem Sinne so zu verändern, daß sie auf den Versuch der Überredung oder Überzeugung verzichten können 123). Die normative Kraft des Faktischen, das allgemeine Bewußtsein oder eine „öffentliche", mitunter sogar nur eine „veröffentlichte" Meinung 123a) sind eben nicht nur Verbündete der Inhaber demokratisch legitimierter Führungsmacht.
Auch die nach der jeweiligen Verfassungsordnung nur für beschränkte geographische Räume mit Entscheidungskompetenz ausgestatteten politischen (staatlichen, kommunalen) Institutionen versuchen, Einfluß auf die zentralen politischen Zielentscheidungen zu gewinnen. Aber auch sie sind nicht immer darauf angewiesen, für ihre Forderungen bei den Zentralinstanzen Gehör zu finden, auch sie sind in der Lage, Fakten zu schaffen und Daten zu setzen, welche den Entscheidungsspielraum der politischen Zentrale limitieren 124).
Von diesem Tatbestand — so scheint uns — ist in den zeitgenössischen Verfassungsordnungen noch nicht hinreichend Notiz genommen worden. Sei es, daß sie die politische Macht der Zentrale(n) deshalb für ausreichend halten, weil sie die von der politischen Macht Beherrschten als eine atomisierte Masse sehen und von der in gesellschaftlichen Organisationen angewachsenen „unpolitischen" Macht noch keine Kenntnis genommen haben, sei es, daß sie die Regelungskapazität einer verfassungsrechtlich etablierten politischen Entscheidungszentrale überbewerten.
Lindblom hat in gewisser Hinsicht recht, wenn er sagt: „Central coordination may impose analytic and regulatory tasks on a central authority beyond its capacities." 125) „To clarify and organize all relevant values, to take track down the endless possible consequences of each possible alternative, then to match the multifold consequences of each with the Statements of goals — all this run beyond ... the time and energy that a decision maker can afford to devote to problem solving, and in fact beyond the information that he has available . . . Hence for complex policy problems, analysis can never be finished; it will always therefore fail to prove that the right policy has been found and will always be subject to challenge." 126) Zwei Punkte verdienen, hierbei hervorgehoben zu werden: Erstens, daß sich Lindblom mit diesen Sätzen gegen rationalistische Entscheidungsmodelle wendet 127) und bei seiner Analyse nicht zwischen kurzfristig und langfristig zu bewältigenden Problemen unterscheidet. Zweitens, daß er mit seiner Behauptung insoweit recht hat, als er auf die prinzipiell beschränkte Informationsaufnahme-und -Verarbeitungskapazität einer Organisationszentrale abhebt, was man durch den Hinweis auf deren ebenfalls beschrankte Werterfassungskapazität, ihren begrenzten Sachverstand und die Grenzen ihres kreativen und innovatorischen Potentials ergänzen sollte 128). Gerade weil eine Entscheidungszentrale insoweit stets unteroptimal arbeitet, bleiben für nachgeordnete Instanzen Entscheidrugs-and Handlungsspielräume frei, und zwa: gleichgültig ob im Organisationsprogramm bzw.der Kom-petenzordnung entsprechende Delegationen bewußt vorgesehen sind oder nicht. Sie auszunützen erscheint den nachgeordneten oder abhängigen Systemeinheiten um so notwendiger, je häufiger die Ziel-und Wertentscheidungen der Zentrale der Komplexität und Kompliziertheit der Probleme nicht mehr gerecht zu werden vermögen 129). In diesen Fällen wird der Entscheidungsspielraum der politischen Zentrale durch Vorentscheidungen anderer Stellen des Systems limitiert, werden bestimmte Entscheidungen entweder konditioniert oder geradezu von unten her vorprogrammiert, so daß es mitunter lediglich noch eine Fiktion ist, anzunehmen, das System werde von einer Koordinationszentrale aus auf einheitliche Ziele hin gesteuert.
Wird die Erweiterung des gesellschaftlichen Wertberücksichtigungspotentials als Maxime politischer Langfristplanung akzeptiert, dann ist es, wie wir oben zeigen konnten, inadäquat, am Hierarchie-bzw. Führungsmodell festzuhalten. Nicht die Werte, Interessen und Bedürfnisse, die von einer politischen Zentrale erfaßbar und ihr intellegibel sind, sondern prinzipiell alle im System vertretenen Werte, Interessen und Bedürfnisse und infolgedessen auch alle im System verfügbaren Informationen, der gesamte im System vorhandene Sachverstand und die in funktional und regional spezialisierten Subsystemen herausgearbeiteten spezifischen Rationalkriterien, müssen bei der politischen Langfristplanung systematisch in die planerische Reflexion einbezogen werden und in den verschiedenen Phasen des Planungsprozesses immer wieder erneut die Chance erhalten, nicht nur erfaßt, sondern berücksichtigt zu werden.
Führung, d. h. die Delegation von Entscheidungskompetenzen an eine relativ kleine Gruppe von Personen, ist in erster Linie dort notwendig, wo Probleme nicht gelöst und Konflikte nicht durch Verhandlungen beseitigt werden können, sondern durch autoritative Entscheidungen unter Zeitdruck aus der Welt geschafft werden müssen.
Werden soziopolitische Probleme langfristig antizipiert — und auch dazu bedarf es der Aktivierung möglichst aller verfügbaren Informationen, alles Sachverstandes und alles kreativen und innovatorischen Potentials der Gesellschaft —, dann steht zu ihrer Lösung bzw. zu ihrer Entscheidung wesentlich mehr Zeit zur Verfügung als bei der bisher in aller Regel reagierenden und adaptierenden politischen Praxis 130). Selbstverständlich ist nicht damit zu rechnen, daß alle langfristig antizipierten Probleme dynamischer und komplexer Gesellschaften „gelöst" oder im Falle unvollständiger Information über Fakten und Funktionszusammenhänge in allseitigem Einverständnis „entschieden" werden können. Auch hier wird es immer wieder den Fall geben, daß der richtige Zeitpunkt zur Einleitung erster Maßnahmen nur dann nicht versäumt wird, wenn der noch nicht zu einem Ergebnis gediehene Problemlösungs-bzw. Konsensbildungsprozeß durch autoritative Entscheidungen abgebrochen wird.
Grundsätzlich bietet aber der durch weitsichtige Problemantizipation erzielte Zeitgewinn die Chance, nicht Führung, sondern Kooperation, nicht ein Brauchbarkeitsmodell, sondern ein Optimierungsmodell, nicht Entscheidung, sondern Lösung oder konsensuelle Einigung zu Maximen politischer Zukunftsgestaltung zu machen. Wir hätten mithin die Chance, durch eine entsprechende Organisation des Prozesses politischer Langfristplanung einige der entscheidenden Schwächen des Modells exekutiver politischer Führerschaft zu vermeiden 131).
Kooperation aller politischen Partizipanten sollte das Organisationsprinzip politischer Langfristplanung sein. Wir sind uns dabei im klaren, daß sich Kooperation von Gruppen, Organisationen und Institutionen nicht von selbst ergibt und daß — insoweit sie stattfindet — verhindert werden sollte, daß durch die Herausbildung von Kooperationspräferenzen besonders mächtiger 132) politischer Partizipanten auf informellem Wege unkontrollierte Führungspositionen aufgebaut werden 133). Kooperation im Planungsprozeß von der Problemformulierung über die Informationssammlung, Informationsverarbeitung, Alternativensuche, Programmkombination, Konsensbildung, Plandurchführung, Evaluation bis hin zur Änderung der Planziele und Plandurchführungsmaßnahmen muß deshalb organisiert werden.
Eine von einem Sachverständigengremium unterstützte Planungszentrale würde sich dazu eignen. Sie hätte allerdings nur die Funktionen einer Verwaltungszentrale, einer Informationssammel-und -Vermittlungsstelle. Sie hätte den Planungsprozeß zu organisieren und dürfte ihn nicht dominieren. Insbesondere auf die Formulierung und Fixierung der Ziele und Leitlinien sollte sie selbst keinen Einfluß haben 134).
„Kooperation" — das wird hier nicht übersehen — ist zur kleinen, abgegriffenen Münze im Sprachspiel der politischen Diskussion geworden. Es gibt kaum einen Begriff, der von Politikern häufiger gebraucht wird, und doch ist er inzwischen — ähnlich wie das vielbemühte „Gemeinwohl" — für die gegenseitige Verständigung nahezu wertlos.
An anderer Stelle werden wir den Versuch unternehmen, Umrisse eines Modells kooperativer Planung darzustellen, wobei die ersten, nicht eben sehr ermutigenden Erfahrungen mit dem Institut und den Institutionen der Gemeinschaftsaufgaben zu berücksichtigen sein werden.
Anmerkungen
i ) Soweit Planfortschritte gemeldet werden konnten, bleibt ja stets offen, ob der erzielte Fortschritt tatsächlich ein Erfolg der Planung gewesen ist.
Verifizieren läßt sich unsere Behauptung nicht. Ihre Widerlegung würden wir dann annehmen, wenn ein Land mit ubiquitärer Planung ein anderes — hinsichtlich der sozioökonomischen Ausgangs-daten — vergleichbares Land merklich überflügelt. Vergleicht man aber etwa die Fortschritte Frankreichs, Großbritanniens, Japans und der Bundesrepublik Deutschland oder das Nachkriegswachstum der letzteren mit demjenigen der DDR, dann fällt es schwer zu glauben, die Planung etwa in Frankreich oder der DDR habe die sozioökonomische Entwicklung dieser beiden Länder mehr gefördert als etwa die antiplanerische Politik Adenauers und Erhards diejenige der Bundesrepublik.
') Darauf beschränken sich u. a. K. William Kapp, Economic Development, National Planning and Administration, in: Kyklos, 13 (1960), S. 172 ff., und Albert Waterston, What Do We Know about Planning?, in: International Development Review, 7 (1965) 4; beide nochmals übersetzt und abgedruckt in: B. Fritsch (Hrsg.), Entwicklungsländer, Köln u. Berlin 1968.
’) Sehr gut dazu: J. A. Ponsioen, National Development — A Sociological Contribution, The Hague 1968, S. 163 ff.
3a) Eine Feststellung, zu der nicht nur Planungsgegner angesichts der in der Antwort auf eine Große Anfrage der Fraktion der CDU/CSU im Bundestag zur Reformarbeit der sozialliberalen Koalition gezogenen Bilanz (BT Drs. VI/1953) neigen;
s. auch die vom 3. Presse-und Informationsamt der Bundesregierung herausgegebene Broschüre „Das Reformprogramm der Bundesregierung" (1971). Ganz allgemein läßt sich sogar sagen, daß das Stimmungsbarometer, das nach einer noch zu Kanzler Erhards Zeiten festgestellten „Perhorreszierung der Planung" (Lenk) beim Regierungsantritt der sozial-liberalen Koalition ein strahlendes Hoch anzeigte, wieder auf ein Tief wachsender Skepsis weist. Zum anfänglichen Planungsenthusiasmus s. meinem Beitrag im Anlagenband zum ersten Bericht der Projektgruppe Regierungs-und Verwaltungsreform 1969, S. 316 ff., bes. Anm. 3— 5; dagegen aus jüngster Zeit die Artikel „Wenn Zukunft verplant wird" von Klaus Grossner, in: Die Zeit v. 9. 4. 1971; und „Die Macher-Computer statt Politik“, in: Der Spiegel 1971/6, S. 28 ff.; den Leitartikel . Bundesweiter Planungsverbund? Skepsis der Länder gegenüber Plänemacherei ohne finanzielle Basis“, in: Bayerische Staatszeitung vom 30. 4. 1971; oder den warnenden Hinweis auf die Krise im französischen System der Planifikation: K. P. Schmidt, Planen mit Fifi, in: Die Zeit v. 16. 4. 1971; H. Riehl-Heyse, Bayrische Bedenken gegen Bonner Planungseuphorie, in: Süddeutsche Zeitung v. 1. 7. 1971, S. 4, und auch den Aufsatz von H. Lübbe, Die Freiheit und der Plan, in: Fragezeichen, März 1971, S. 15 ff., S. 16 f.
2 Das konstatieren auch: Y. Dror, The Planning Process: A Facet Design L, in: Int. Rev. of Admin. Sciences, 29 (1963), S. 46 ff.; H. A. Simon, D. W. Smithburg, V. A. Thompson, Public Administration, New York, 10th ed. 1967, S. 423— 442; Cahiers de la fondation nationale des Sciences politiques, Vol. 140: La planification comme processus de decision, Paris 1965, 7— 19; H. Ch. Rieger, Begriff und Logik der Planung, Wiesbaden 1967; W. Petersen, On Some Meanings of Planning, in: Journal of the Intern. Institute of Planners, May 1966; für die ältere Literatur bereits: J. Millett, The Process and Organization of Governmental Planning, New York 1945, S. 2— 18.
5) So etwa: Y. Dror (s. Anm. 4); E. Grochla, Stichwort Betriebliche Planung, in: Handwörterbuch der Sozialwissenschaften, Bd. 8, Tübingen 1964, S. 314 bis 325; H. Denzer, Kybernetische Planung und politische Ordnungsform, in: Zeitschrift für Politik (ZfP), 15 (1968) 1, 65 ff.; L. Laux, Planung im Verwaltungshandeln, in: Staats-und Kommunalverwaltung, 1965, S. 12— 16.
6) G. Wittkämper, Planungsideologien in der Politik, in: Liberal, 1969, H. 1, S. 52 ff., s. dazu neuerdings auch R. Wahl, Die politische Planung in den Reformüberlegungen der Bundesregierung, in: DOV 22 (1971), 1/2, S. 42 ff., S. 43.
’) Diesen Gedanken hat unseres Wissens erstmals Niklas Luhmann, Funktionen und Folgen formaler Organisation, Berlin 1964, S. 172 ff., in voller Klarheit herausgearbeitet. Nach Luhmann ist Verantwortung die notwendige Folgelast einer Unsicherheit absorbierenden Entscheidung auf der Grundlage fehlender oder unzureichender Information. Interessant in diesem Zusammenhang auch Peter F. Drucker, The Age of Discontinuity, 1968, dt. Ausgabe: Die Zukunft bewältigen, Düsseldorf und Wien 1969 S. 244, 245. Wichtig: Hans Albert, Traktat über kritische Vernunft, Tübingen 1968, Kap. III: Erkenntnis und Entscheidung, S. 55 ff., mit Nachweisen. Ob es dagegen richtig ist, im Gegenzug auch der Wissenschaft „Ideologiecharakter" zu attestieren, halten wir für sehr zweifelhaft. S. dazu: J. Habermas, Technik und Wissenschaft als Ideologie, Frankfurt/M. 1968; J. Hirsch, Wissenschaftlich-technischer Fortschritt und politisches System, Frankfurt/M. 1970, S. 199. Abgewogener dagegen: G. Offe, Politische Herrschaft und Klassenstrukturen. Zur Analyse spätkapitalistischer Gesellschaftssysteme, in: D. Senghaas, G. Kress (Hrsg.), Politikwissenschaft, Frankfurt/M. 1969, S. 155 ff., S. 187 f., unter Bezug auf N. Luhmann, Wahrheit und Ideologie, in: Der Staat 1 (1962), S. 431 ff., S. 448.
8) S. etwa E. G. Banfield, Ends and Means in Planning, in: Int. Soc. Sc. Journ., 11 (1959) 3, 361 ff.; R. A. Dahl, The Politics of Planning, ibid., 341 ff.; J. Friedmann, The Study and Practice of Planning — Introduction, ibid., 327 ff.; R. L. Peabody and F. E. Rourke, Public Bureaucracies, in: J. March (ed.), Handbook of Organizations, Chicago 1965, S. 802 ff., S. 805, mit Nachweisen; W. Gasparski, Zum Effizienzbegriff, in: Kommunikation, 5 (1969) 2, S. 81 ff.; F. H. Tenbruck, Zu einer Theorie der Planung, in: Festschrift des Westdeutschen Verlags, Köln u. Opladen 1967, S. 109 ff., S. 110; R. R. Grauhan, Politische Verwaltung, Freiburg 1970, S. 355 ff. Sehr informativ zur vielfältigen Interpretierbarkeit des Begriffs „Rationalität": G. Hartfiel, Wirtschaftliche und soziale Rationalität, Stuttgart 1968, bes. S. 47— 64.
•) K. Lompe, Politische Wissenschaft und politische Planung. Zum Verhältnis von Wissenschaft, Politik und Öffentlichkeit, in: Die Mitarbeit, 17 (1968) 1, S. 23 ff.; ders., Die Rolle von Sachverständigengremien im Prozeß der politischen Willensbildung, in: ZfP, 16 (1969) 2, S. 223 ff., mit sehr vielen Nachweisen; E. Jäntsch, Wissenschaft und Technik für die Zukunft. Möglichkeiten der Voraussage und Planung, in-Umschau in Wissenschaft und Technik, 68 (1968) 11, S. 333 ff.; H. Paschen, Organisation und Funktion der wissenschaftlichen Beratung in der amerikanischen Politik, Heidelberg 1963; de Jouvenel, Politische Wissenschaft und Vorausdenken, in: Der Staat, 7 (1968) 2, S. 223 ff.; für das angelsächsische Schrifttum gibt Y. Dror, Public Policy-Making Reexamined, San Francisco (Cal.) 1968, S. 129— 216, einen sehr guten Überblick. H. Friedrich, Staatliche Verwaltung und Wissenschaft, Frankfurt/M., hat diese Einstellung bei Ministerialbeamten sogar empirisch nachgewiesen, s. bes. S. 417 ff.
10) Hierzu und zum folgenden ausführlich: R. Vente, Planung wozu?, Baden-Baden 1968, Kap. B, S. 67— 150; R. O. Mason, A Dialectical Approach to Strategie Planning, in: Management Science, 15 (1969), 8, 403 ff., S. 404, bes. Anm. 5; übersehen wird das aber beispielsweise von N. Erder, Some Administrative Problems in Educational Planning, in: O. E. G. D.: Organizational Problems in Planning Educational Development, Paris 1966, 13 ff., S. 14. Die hier angesprochene Problematik wird besonders deutlich am Beispiel des Sachverständigen-rates für die Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, der einerseits auf die „großen" Ziele des „magischen Vierecks" im Stabilitätsgesetz verpflichtet ist, der aber andererseits keine Empfehlungen für Einzelmaßnahmen der Wirtschaftsund Sozialpolitik geben darf. Dazu der Aufsatz von K. Lompe, The role of scientific planning in the Governmental Prozess: The West German experience, in: Journal of Economics and Sociology 29 (1970), 4, S. 369 ff., S. 378 ff.
11) R. O. Mason (s. Anm. 10), S. 106; in diesem Zusammenhang auch R. Morris und R. H. Binstock, Feasible Planning for Social Change, New York and London 1966, S. 86 ff.
12) Dazu A. Kaplan, The Conduct of Inquiry — Methodology for Behavioral Science, San Francisco 1964, Chap. 10: „Values", bes. S. 398 ff. Und neuerdings die nützliche Zusammenstellung in: G. Koch, D. Senghaas (Hrsg.), Texte zur Technokratiediskussion, Frankfurt/M. 1970.
12 a) Nach J. Hirsch, Wissenschaftlich-technischer Fortschritt und politisches System (s. Anm. 7), S. 208 ff., sind die zu Rate gezogenen Sachverständigen meist auch Interessenten die ganz bewußt ihre eigenen Ziele in den Vordergrund rücken.
13) H. J. Arndt, Die Figur des Plans als Utopie des Bewahrens, in: Erbacher Studien: Säkularisation und Utopie, Stuttgart etc. 1967, S. 119 ff.
14) Diese Sorge beherrscht etwa das klug geschriebene Buch von H. Harnischfeger, Planung in der sozialstaatlichen Demokratie, Neuwied und Berlin 1969, bes. S. 43 ff. Uns geht es weniger um einen Abbau der Herrschaft als solcher, sondern vielmehr um die Durchsetzung eines auf die Steigerung des gesellschaftlichen Wertberücksichtigungspotentials gerichteten planerischen Rationalprinzips. Insoweit Planung unter Zeitdruck nicht möglich oder in einem stark verkürzten Verfahren durchzuführen ist, halten wir Führung und somit auch Herrschaft für unvermeidbar. Für diesen Fall aber auch nur für diesen, teilen wir die Ansicht D. Oberndorfers, Politik als praktische Wissenschaft, in: ders. (Hrsg.), Wissenschaftliche Politik Eine Einführung in Grundfragen ihrer Tradition und Theorie, Freiburg 19662, S. 9 ff., S. 23 f wenn er bei seiner Auseinandersetzung mit der dialektisch-kritischen Theorie die Unaufhebbarkeit des Zwangscharakters gesellschaftlicher Institutionen betont Zum historischen ideengeschichtlichen Hintergrund dieser Problematik s. auch E. Fraenkel, Struktur-analyse der modernen Demokratie, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B. 49/1969, 3 ff., bes. S. 12. Wir stimmen H. Lübbe, Die Freiheit und der Plan (s. Anm. 3 a), zu, wenn er erklärt, „die Herstellung einer entfremdungsfreien Gesellschaft ist nicht Motiv und Ziel einer effektiven Planung" (a. a 0 S. 17).
15) P. Berteaux, Innovation als Prinzip, in: K. Grossner u. a. (Hrsg.), Das 198. Jahrzehnt, Hamburg 1969, S. 479 ff. Ähnlich R. Eckert, Politische Partizipation und Bürgerinitiative, in: Offene Welt Nr. 101/1970, Opladen 1970, S. 30 ff., S. 40 f.; F.
Naschold, Anpassungsplanung oder politische Gestaltungsplanung! Zur politischen Planung in der BRD am Beispiel der mehrjährigen Finanzplanung, in: W. Steffani (Hrsg.), Parlamentarismus ohne Transparenz, Opladen 1971, S. 69 ff., S. 78.
16) Wenn es die Folge der Außer-Diskussion-Stellung von Zielen ist, daß die ausführenden Organisationseinheiten zentralisiert, hierarchisch strukturiert und detailliert programmiert werden, dann hat das nachteilige Auswirkungen auf die Innovationsfähigkeit der Gesamtorganisation. Dazu etwa: D. A. Schon, Technology and Change, New York 1967; A. L. Schiff, Innovation and Administrative Decision Making, in: Adm. Sc. Quart., 11 (1969) 1, 1 ff.; J. J. O'Connell, Managing Organizational Innovation, Homewood (111.) 1968; G. Watson and E. M. Glaser, What We Have Learned about Planning for Change, in: Management Review, 54 (1965) 11, 34 ff.; F. Naschold, Organisation und Demokratie, Stuttgart 1969, S. 71 ff.; K. W. Deutsch, The Nerves of Government, New York and London 1966, S. 163 ff. Zur theoretischen Vertiefung dieser Problematik s.den Aufsatz von F. Naschold, Die systemtheoretische Analyse demokratischer Systeme, in: PVS Sonderheft 2/1970 S. 3 ff., bes. S. 28/29 mit den dortigen Hinweisen auf Arbeiten von Krauch und Churchman; F. Naschold, Anpassungsplanung (s. Anm. 15), S. 71; Th. Ellwein, Planung und Politik, Stuttgart 1968.
17) Zum Rationalitätsbegriff vgl. die Studie von G. Hartfiel, Wirtschaftliche und soziale Rationalität (s. Anm. 8), bes. S. 42 ff., mit Nachweisen. „Es gibt in den Sozialwissenschaften nur wenige zentrale Handwerkszeuge zur Analyse menschlichen Handelns, die in so widerspruchsvoller Weise verwandt (werden) . .. wie gerade das Rationalitätsprinzip.“ 18) Sehr ähnlich R. O. Mason, a. a. O., S. 403. Zwischen Wert-und Zielsetzungen unterscheiden wir, um den Unterschied zwischen Erhaltungs-und Herstellungsstrategien andeuten zu können. S. auch in der dt. Übersetzung des älteren englischen Originals K. Mannheim, Freiheit und geplante Demokratie, Köln und Opladen 1970, bes. S. 81— 91.
19) Dazu neuerdings R. F. Behrendt, über die Gestaltbarkeit der Zukunft, in: R. K. Jungk (Hrsg.), Menschen im Jahr 2000, Frankfurt/Main 1969, 31 ft ») Daran übt z. B. R. O. Mason, a. a. O., S. 403 f., berechtigte Kritik. S. dazu auch F. Naschold, Die systemtheoretische Analyse . . a. a. O., S. 31. nAnsicht ist jedoch C. J. Friedrich, Die Verfassungsprobleniatik der Entwicklungsländer im Hinblick auf die Aufgaben des modernen Staates, in: Festschrift für D. Sternberger, Heidelberg 1968, 459 ff.
”) So auch F. Drucker, a. a. O., S. 450, 452. Eindrucksvoll belegt Ernst Forsthoff, Der Staat der Industriegesellschaft, München 1971, S. 25 ff., diese Tatsache am Beispiel der seit Jahren allgemein erhobenen Forderung nach Reinerhaltung der Gewässer und der Luft. „Es liegt in der Natur der Sadie, daß ein Interesse so allgemeiner Art mit partikularen Interessen in Widerspruch tritt. Dann hängt alles davon ab, mit welchem politischen Gewicht die organisierten Vertreter partikularer Interessen der Befriedigung des allgemeinen Interesses zu widerstehen vermögen."
») Kritisch dazu u. a. L. Mehl, La cybernetique et radministration, in: Revue Administrative, 14 (1961), 311 ff., S. 317, und ibid., 13 (1960), 75 ff., S. 76: N. Luhmann, Zweckbegriff und Systemrationalität, Tübingen 1968, S. 46 ff., mit vielen Nachweisen; ders., Politische Planung, in: Jahrbuch für Sozialwissenschaften, 17 (1966) 3, 271 ff., S. 287, mit Nachweisen: F. Naschold (s. Anm. 16), S. 65.
M) Wobei allerdings J. March und H. A. Simon, Organizations, New York 1958, S. 173, bezweifeln, daß Organisationen Programmänderungsentscheidungen von derartigen Kalkülen abhängig machen.
“) R. O. Mason, a. a. O., S. 407.
28) G. Wittkämper, a. a. O., S. 57; M. Hättich, Das Ordnungsproblem als Zentralthema der Innenpolitik, in: O. Oberndorfer, a. a. O., 211 ff., S. 214; R.
0. Mason, a. a. O., S. 404; F. Naschold, Neglected Aspects of Government and Administration Reform in the Federal Republic of Germany, in: Kommunikation, 5 (1969) 4, 191 ff., S. 195; N. Luhmann, Funktionale Methode und Systemtheorie, in: Soziale Welt, 15 (1964), 1 ff., weist darauf hin, daß die Unzahl wählbarer, funktional äquivalenter Problemlösungsstrategien in dem Maße abnimmt, in dem die Zahl der Probleme wächst, die miteinander interdependent gelöst werden müssen.
”) Statt aller sei auf die Darstellung von N. Luhmann, Zweckbegriff und Systemrationalität, a. a. O., S. 71— 86, verwiesen, der diese Auseinandersetzung mit zahlreichen Literaturhinweisen wiedergibt. Zuletzt Naschold, Die systemtheoretische Analyse ..., a a. O., S. 31, der die „Vorstellung eines optimalen Wachstumspfades" für soziale Systeme allgemein und für politische Systeme im besonderen ablehnt. ”) Zum Fehlerrisiko: Ph. Bardet, Die Organisation der Planung, Stuttgart 1965, S. 7, 8; St. Beer, Cybernetics and Management, zit. nach der dt. Ausgabe: Kybernetik und Management, Hamburg 1967, S. 120— 127; R. Vente, a a. O., S. 59 f, mit Nachweisen; W. Wittmann, Stichwort „Information", in: E Grochla (Hrsg.), Handwörterbuch der Organisation (HWO), Stuttgart 1969, 699 ff., S. 703 ff.; M. K. Starr, Planning Models, in: Management Science, 13 (1966) 4, 115 ff., S. 134.
3) S. dazu C. J. Friedrich, Die Verfassungsproblematik ..., a. a. O„ S. 459— 479, mit Nachweisen. Norbert Gehrig, Parlament—Regierung—Opposition, München 1969, S. 149, ff., spricht in diesem Zusammenhang von einer „Entideologisierung“ und „Zweckrationalisierung des gesamten öffentlichen Lebens." In der modernen Industriegesellschaft sei „kein Raum mehr für grundlegende weltanschauliche oder soziale Reformen." '
30) überzeugend dazu: R. R. Gräuhan, Modelle politischer Verwaltungsführung, in: PVS, 10 (1969) 2/3, S. 269 ff., S. 276 f.; M. Hättich, Demokratie als Herrschaftsordnung, Köln u. Opladen 1967, S. 44 ff.; offensichtlich optimistischer in dieser Hinsicht: N. Gehrig, a. a. O., S. 148 ff.
31) Dagegen u. a. auch R. Morris/R. N. Binstock, a. a. O., S. 91; H. J. Arndt, Der Plan als Organisationsfigur und die strategische Planung, in: PVS, 9 (1968) 2, 176 ff.; R. R. Grauhan, (s. Anm. 30), S. 280; ders., Politische Verwaltungsführung, a. a. O., spricht hier von administrativer Rationalität (S. 351 ff.). Bemerkenswert ist hier die von H. Bebermeyer, Das politische Planungssystem der Bundesregierung, in: R. Jochimsen und U. E. Simons (Hrsg.), Theorie und Praxis der Infrastrukturpolitik, Berlin 1970, S. 713 ff., S. 714, getroffene Unterscheidung zwischen Aufgabenplanung und Verfahrens-planung. Die politische Aufgabenplanung definiert er als „Entwicklung und öffentliche Diskussion der programmatischen Ziele und Aufzeigung alternativer Wege zu ihrer Erreichung.
38) So, allerdings mit kritischem Akzent: B. Willms, Planungsideologie und revolutionäre Utopie, Stuttgart etc. 1969, bes. S. 27 ff.; Sir G. Vickers, Value Systems and Social Process, London etc. 1968, S. 112ff.; John Friedmann, A Conceptual Model for the Analysis of Planning Behavior, in: Adm. Sc. Quart., 12 (1967) 2, 225 ff.; W. Krelle, Entwicklung als Suchprozeß, in: N. Kloten u. a. (Hrsg.), Systeme und Methoden in den Wirtschafts-und Sozialwissenschaften, Tübingen 1964, 237 ff.; Y. Dror, A policy Sciences view of future studies, in: Technological forecasting and social change, 2 (1970), S. 3 ff., S. 7.
M) S. N. Eisenstadt, Problems of Energing Bureaucracies in Developing Areas and New States, in: B. F. Hoselitz and W. E. Moore (eds.), Industrialization and Society, The Hague 1963, 159ff.; N. Luhmann, Soziologie des politischen Systems, in: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, 20 (1968) 4, 705 ff., S. 717 ff.; W. Pöhler, Information und Verwaltung, Stuttgart 1969, S. 149ff.; I. A. Tichomirow, Macht, Demokratie und Spezialistentum im Staatsapparat, in: Sowjetwissenschaft — Gesellschaftswissenschaftliche Beiträge, 1968, 8, 834 ff., S. 836; F. Drucker, a. a. O., S. 223— 225; F. W. Riggs, The Theory of Political Development, in: J. C. Charlesworth (ed.), Contemporary Political Analysis, New York and London 1967, 317 ff., S. 336, 337.
34) H. A. Simon, On the Concept of Organizational Goal, in: Adm. Sc. Quart., 9 (1964/65), 1 ff.
35) N. Luhmann, Soziologie des politischen Systems, a. a. O., S. 722; das läßt sich übrigens auch für die sog. „totalitären“ Systeme nachweisen, wie etwa R. K. Furtak in einem noch unveröffentlichten Manuskript gezeigt hat.
”) N. Luhmann, Soziologie des politischen Systems, a. a. O., S. 708; F. Drucker, a. a. O., S. 226.
37) N. Luhmann, Soziologie als Theorie sozialer Systeme, in: Kölner Zeitschrift f. Soziologie u. Sozialpsychologie, 19 (1967) 4, 615 ff., S. 620.
38) K. W. Deutsch, Some Quantitative Constraints on Value Allocation in Society and Politics, in: Behavioral Science, 1966, 245 ff., S. 247. W. Hirsch-Weber, Politik als Interessenkonflikt, Stuttgart 1968, S. 103. Mit den Wechselwirkungen von Entscheidungen in einzelnen Bereichen einer „funktional verschränkten Gesellschaft" begründet Roland Eckert die Notwendigkeit, die Selbstbestimmung in gesellschaftlichen Teilbereichen an gesamtgesellschaftliche Kontrollinstanzen zur zentralen Steuerung abzugeben. Siehe dazu seinen Beitrag: Politische Partizipation und Bürgerinitiative, a. a. O., S. 38.
39) S. dazu die ausführliche Auseinandersetzung N. Luhmanns mit den „klassischen", Kausalitätsvorstellungen enthaltenden Machttheorien, in: Klassische Theorie der Macht, in: ZfP, 16 (1969) 2, 149 ff. Die Funktion der Macht sieht Luhmann (ibid., S. 168) in ihrer Selektionsleistung; dazu auch: ders , Komplexität und Demokratie, in: PVS, 10 (1969) 2/3, 314 ff., S. 319; ders., Soziologie des politischen Systems, a. a. O., S. 712 f.; R. Lickert, New Patterns of Management, New York etc. 1961, S. 55 ff., 146 ff.; A. S. Tannenbaum, Control in Organization, in: Adm. Sc. Quart., 7 (1962), 236 ff., S. 247.
40) F. Drucker, a. a. O., S. 219 ff. Eine Fülle von Vorentscheidungen und Handlungsvollzügen im außerpolitischen Bereich der Gesellschaft limitieren den Entscheidungsspielraum des politischen (Sub-) Systems; s. auch A. Rose, The Power Structure, New York 1967, S. 18 ff.; das Machtkonzept hat in der neueren Politikwissenschaft seit einigen Jahren nicht mehr allzuviel Kredit; dazu J. G. March, The Power of Power, in: D. Easton, Varieties of Political Theory, Englewood Cliffs (N. J.) 1966, 68 ff.; F. Naschold, Anpassungsplanung oder politische Gestaltungsplanung?, a. a. O., S. 100; N. Luhmann, Klassische Theorie der Macht, in: ZfP 16 (1969., 2, S. 149 ff., S. 165, weist auf die von ihm sog. „sekundären Machtquellen" neben der physischen Gewaltsamkeit, d. h. auf Abhängigkeiten hin, die sich aus dem Bedürfnis nach Kooperation und Information ergeben. Ähnlich unter Hinweis auf die Macht der Verbände: E. Forsthoff, Der Staat der Industriegesellschaft, a. a. O., S. 118, dazu auch die Rezension dieses Buches von A. Gehlen, Wie stark darf der Staat sein?, in: Die Welt Nr. 49 v. 27 2. 1971, Die Geistige Welt, S. III, E. K. Scheuch, Abschied von den Eliten, in: C. Grossner et al. (Hrsg.), Das 198. Jahrzehnt, Hamburg 1969, S. 305 ff., S. 310 ff.
41) Sehr gut dazu N. Luhmann, Zweckbegriff . . ., a. a. O„ S. 149 ff., 185 ff., 195 ff.; F. Naschold, Neglected Aspects . . ., a. a. O., S. 192 ff.; R. O. Mason, a. a O., S. 404; E. Fraenkel, Strukturanalyse . . ., a. a. O., S. 13. „Eine nach Machterweiterung und Regierungsübernahme strebende Partei muß einen großen Wählerkreis ansprechen; sie ist gezwungen, ihre ideologische Plattform zu erweitern, möglichst viele Interessen zu vertreten und auszugleichen." So G. Gehrig, Parlament—Regierung—Opposition, a. a. O., S. 142 m. w. Nachw. Gerade an diesem Punkt setzen manche ihre Kritik an: sog. Plattformparteien hätten keine umfassende gesellschaftspolitische Gesamtkonzeption, nur nichtssagende Programme, bemühten sich aber intensiv um die Gunst der Wähler. Notwendigerweise verhielten sie sich gegenüber der gegebenen Gesellschaftsordnung konservativ. So etwa Lenk/Neumann, Politische Parteien, Neuwied 1968, S. LXXIV, und U. Jaeggi, Macht und Herrschaft in der Bundesrepublik, Frankfurt/Hamburg 1969, S. 119 S. 124; H. Ehmke, Politik der praktischen Vernunft Frankfurt/M. 1969, S. 168.
42) Damit wiederum hängt die Verantwortungsbedürftigkeit solcher Entscheidungen zusammen-s dazu Th. Ellwein, Politik und Planung, Stuttgart 1968, S. 11/12, 73/74.
43) N. E. Golovin, Social Change and the Evaluative Function in Government, in: Management Science, 15 (1969) 10, 461 ff., S. 462; H. Kahn and A. J. Wiener, The Year 2000, New York, London 1967, S. 3; J. Schmandt, Technik und sozialer Fortschritt, in: R. K. Jungk (Hrsg.), Menschen im Jahr 2000, Frankfurt/M. 1969, 90 ff., S. 98; K. Lompe, öffentliche Politik und die , machinery of government', in: Die Verwaltung, 2 (1969) 4, 467 ff., -G. J. Stöber, Technischer Fortschritt und sozialer Wandel, in: R. K. Jungk (Hrsg.), a. a. O., 75 ff., S. 81 ff. 44) Sehr ähnlich auch R. O. Mason, a. a. O., S. 403/404, 413. Diese Erkenntnis war für ihn der Anlaß, seinen „dialectical approach to Strategie planning" zu formulieren. Dabei ging er aus von mangelnder Interpretierbarkeit der Informationen über die Umwelt sowie von der Nützlichkeit der Gegenüberstellung und Abwägung von Plänen und Gegenplänen. 45) Was meistens eine Folge der sog. „contradictory functional requirements" ist, denen Systeme sowohl von innen wie von außen her ausgesetzt sind; dazu F. Naschold, Demokratie und Organisation, a. a. O., S. 58, unter Bezug auf G. Sjöberg, Contradictory Functional Requirements and Social Systems, in: Journal of Conflict Resolution, 1960, 214 ff.
46) G. J. Stöber, Technischer Fortschritt ..., a. a. 0., S. 78.
47) A. Buchholz, Die große Transformation, Stuttgart 1968, bes. S. 12ff„ 48 ff., 112; G. Paloczi-Horvath, The Facts Rebel, zit. nach der dt. Ausgabe: Rebellion der Tatsachen, Frankfurt/M. 1963, bes. S. 215 ff.; R. K. Jungk (Hrsg.), Menschen im Jahr 2000, Frankfurt/M. 1969; K. Steinbuch, Falsch programmiert, Stuttgart 1968.
48) Vgl. dazu G. J. Stöber, a. a. O., bes. S. 78ff.; A. Buchholz, a. a. O., S. 48 ff.; E. Pankoke, Sozialer Fortschritt und soziale Verwaltung, in: Die Verwaltung, 2 (1969) 4, 425 ff., S. 426.
49) N. E. Golovin, Social change . ., a. a. 0., S. 462 ff. Zum . Harvard University Program on Technology and Change'vgi. E. G. Mesthene, How Technology Will Shape the Future, in: Science, 12 (1968), 139 ff.; P. Berteaux, Innovation als Prinzip, a. a. O 50) O. A. Schon, Technology and Change, a. a. O A. Batschurin, Plan, Normative, Stimuli, in: Sowjetwissenschaft, 8 (1969), 799 ff., S. 805 ff.; F. W. Scharpf, Die planende Verwaltung in der Demokratie, in: Recht und Politik, 1969, 20 ff.; ders., Reformen in der Demokratie — eine Machtfrage, in: Die neue Gesellschaft, 4 (1969) 22, 120 ff.
Die Innovationsbereitschaft und auch die Innovationsfähigkeit einer Organisation — auch eines politischen Systems — dürfte abhängig sein sowohl von der Organisationsstruktur als auch von der Situation, in welcher sich die Organisation und ihre Untergliederungen befinden. Dazu: E. E. Morison, A Case Study of Innovation, in: W. G. Bennis et al. (eds.), The Planning of Change, New York 1961, 592 ff., W. Davis, The Politics of Innovation: Patterns in Navy Cases, Denver (Col.) 1967, S. 59 ft. Die Umweltsituation, in welcher sich eine Organisation befindet, dürfte hierbei von besonderer Wichtigkeit sein. In Krisen-bzw. Wettbewerbs-lagen wird die Bereitschaft zu Programmänderungen größer sein als in Zeiten der Stabilität bzw.
bei sozusagen konkurrenzlosen Organisationen; vgl. dazu: E. E. Mansfield, Technical Change and the Rate of Imitation, in: Econometrica, 29 (1961), S. 741 ff-. S. 762; J. M. Clark, Competition as a Dynamic Process, Washington 1961, S. 199 ff.
sl) D. J.de Solla Price, Science since Babylon, New Haven and London 1962; ders., Networks of Scientific Papers, in: Science, 1965, 510 ff.; M.
Goldsmith and A. Mackay (eds.), Science of Science, Society in the Technological Age, London and Toronto 1964.
B) J. Häussler, Planung als Zukunftsgestaltung, Wiesbaden 1969, S. 14 f. Was wir meinen, deckt sich ungefähr mit dem „compliance" -Begriff bei A.
Etzioni, A Comparative Analysis of Complex Organizations, Glencoe 1961, S. XV: „Compliance is a relationship consisting of the power employed by the superiors to control subordinates and the Orientation of the subordinates to this power."
Diese „compliance", insbesondere was die Orientierung der Gewaltunterworfenen anbetrifft, verlagert sich weg von den Inhabern politischer Führungsrollen hin zu den Vertretern wissenschaftlichen und sonstigen Sachverstandes. Dazu auch H. Hartmann, Funktionale Autorität, Stuttgart 1964, S. 57; D. v. Schmaedel, Führung im Interessenverband, Berlin 1968, S. 27 f. Mit einigem Recht weist Gehrig, Parlament . . ., a. a. O., S. 156, auf die Personalisierung der Wahlen in Massendemokratien hin, die als eine Antwort auf die Komplizierung der „Sachfragen" interpretiert werden kann. Neuerdings auch Paul F. Power, On civil disobedience in recent American democratic thought, in: The American political review, 64 (1970) 1, S. 35— 47. Wilhelm Anz/Gerhard Friedrich, Karl Rahner, Autorität in der Krise. Veröff.des ökum. Arbeitskreises ev. u. kath. Theologen, hrsg. v. G. Krems und R. Mumm, Göttingen 1970.
”) K. Steinbuch, Automat und Mensch, Berlin etc. 1965, S. 359— 378; W. Pöhler, Information und Verwaltung, a. a. O., S. 138 ff., 149 ff., bes. 154 ff.; A. G. Coenenberg, Die Kommunikation in der Unternehmung, Wiesbaden 1966, S. 15 ff., 36 ff., 104 f., 126 ff.; H. M. Mirow, Kybernetik — Grundlage einer allgemeinen Theorie der Organisation, Wiesbaden 1969, bes. S. 30 ff., 126 ff., 131 ff.; St. Beer, Kybernetik und Management, a. a. O., S. 60 ff.; R. Ziegler, Kommunikationsstruktur und Leistung sozialer Systeme, Meisenheim/Glan 1968, S. 144 ff., bes. 216 ff.; Th. Caplow, Principles of Organizations, New York etc. 1964, S. 230— 265, bes. 249; J. G. Wilson, Innovation in Organization: Notes Toward a Theory, in: J. D. Thompson (ed.), Approaches to Organizational Design, Pittsburgh 1966, S. 193 ff., S. 202 f.; E. Fraenkel, Deutschland und die westlichen Demokratien, Stuttgart 19683, S. 152 f. Zum Spannungsfeld zwischen möglicher Selbstbestimmung „einzelner Teilbereiche" und gesamtgesellschaftlicher Kontrolle s. R. Eckert, Politische Partizipation, a. a. O., S. 38— 41, und: Ein Gespräch über die Zukunft mit Rudi Dutschke, Bernd Rabehl und Christian Semler, in: Kursbuch 14 (1968) S. 168, dazu H. Schiedermair, Die Reform der Wissenschaftsorganisation und das Problem der Demokratisierung, in: Wiss. Rundschau 4 (1971), 1, S. 1— 34, S. 10 f. 53a) Reinhard Zintl, Organisation und Innovation, in: PVS 11 (1970), 2— 3, S. 219 ff., erklärt diesen Tatbestand (S. 232 f.) damit, daß in Organisationen, deren Mitglieder die Organisationsziele klar vor Augen haben, ein dauernder, aufmerksamer Vergleich zwischen Organisationsprogramm und Umweltverhalten angestellt wird, der Innovationen früher ermöglicht als in starren „mechanisierten“
Organisationen, in denen Innovationen erst dann wahrscheinlich werden, wenn die entscheidungsbefugten Teile der Organisation die innere oder äußere Situation der Organisation als kritisch bzw.
instabil empfinden.
M) Mitunter begegnet man in der deutschen Literatur dem Versuch, den Begriff „politische Entscheidung" großen Regelungskomplexen hohen Abstraktionsniveaus und allgemeiner Wichtigkeit vorzubehalten. Demgegenüber sehen wir alle diejenigen Entscheidungen als „politisch" an, die Verbindlichkeit für das jeweilige Gesamtsystem beanspruchen können; ähnlich auch R. R. Grauhan, Modelle . .., a. a. O„ S. 277.
55) Vgl. Anm. 52. Diese These dürfte eine der umstrittensten dieser Arbeit sein. Sie knüpft einerseits an das aus der Systemtheorie (etwa G. Almond, G. B. Powell, Comparative Politics. A developmental approach, Boston-Toronto 1966, S. 52 ff.) bekannte Theorem von der durch gesellschaftliche Differenzierung begünstigten Subsystemautonomie und der in Deutschland vor allem von Naschold und Luhmann immer wieder hervorgehobenen Kontingenz der sozialen Entscheidungslage (statt aller: F. Naschold. Das System Bundesrepublik, in: L. Romain, G. Schwarz [Hrsg. ], Abschied von der autoritären Demokratie?, München 1970, S. 69 ff., S. 72 f.) an; andererseits wird hier unterstellt, daß kritisches Bewußtsein vieler Einzelner in nicht allzuferner Zeit das Ergebnis dessen sein wird, was mit dem Schlagwort „Emanzipation der Massen" nicht eben treffend umschrieben wird. Unsere These steht unter dem Vorbehalt, daß die Theorie vom Fundamentalkonsensus der Eliten und der politischen Apathie der Massen von der politischen Realität widerlegt wird; s. dazu G. Schäfer, Demokratie und Totalitarismus, in: Senghaas/Kress (Hrsg.), Politikwissenschaft, a. a. O., S. 105 ff., S. 136 ff., S. 148. Uber Kriterien der politischen Apathie s.den (erstmals 1965 veröffentlichten) Beitrag von D. Riesman und N. Glazer in: G. Zimpel (Hrsg.), Der beschäftigte Mensch. Beiträge zur sozialen und politischen Partizipation, München 1970, S. 114 ff. Lesenswert sind in diesem Zusammenhang jedoch auch die prägnanten Ausführungen H. D. Lasswell’s über „Konflikt und Führung: Der Entscheidungsvorgang und die Autorität" vor den Teilnehmern des CIBA-Symposiums 1965 in London, in: Weil wir überleben wollen, hrsg. von R. Jungk und F. J. Mundt, München-Wien-Basel 1970, S. 203 ff., bes. S. 216 ff. 56) Vgl. etwa J. Häussler, a. a. O., S. 14 ff., F. Landwehrmann, Stichwort „Autorität", in: HWO, a. a. O., 269 ff.
57) R. E. Neustadt, Presidential Power, New York 1962, S. 105— 106. Interessant in diesem Zusammenhang ist auch die auf die politische Entwicklung der Länder der Dritten Welt bezogene Analyse von K. W. Deutsch, Social Mobilization and Political Development, zit. nach der dt. Übersetzung: Soziale Mobilisierung und politische Entwicklung, in: H. Zapf (Hrsg.), Theorien des sozialen Wandels, Köln u. Berlin 1969, 329 ff., S. 337, 343; F. Naschold, Anpassungsplanung oder politische Gestaltungsplanung?, a. a. O., S. 100, „Die Grenzen des politischen Lernprozesses liegen ... in der zu geringen Kontingenz der Systemstrukturen und dem geringen Ausmaß an Steuerungsfähigkeit der Regelungsprozesse des politischen Systems". Zu Recht betont Naschold (S. 88), daß das „Unterfunktionieren der politischen Input-und Konversionsstrukturen auf Grund zu geringer Eigenkomplexität eine besondere Rolle spielt. Die Schwächen der Konversionsstrukturen, die daneben auch auf einer zu geringen „machtmäßigen und statistischen Kontrolle über die Umwelt" (Naschold, S. 100) beruhen, können aber — worauf Naschold an anderer Stelle zutreffend hinweist — vor allem in Krisenzeiten auch zu Formen pathologischen Lernens führen.
(Naschold, Das System Bundesrepublik, a. a. O., S. 82.)
58) E. Pankoke, Sozialer Fortschritt .... a. a. O., S. 442; G. Vickers, Value Systems . . ., a. a. O., S. 96; F. Drucker, a. a. O„ S. 224, 270 ff., 286, 297/298; interessant in diesem Zusammenhang das Konzept einer „Planung als crisis management", etwa bei: B. M. Gross, Planning as Crisis Management, in: Mitteilungen der List-Gesellschaft Düsseldorf (1967) 1, 14 ff.; Ch. F. Herrmann, Some Consequences of Analysis which Limit the Viability of Organizations, in: Adm. Sc. Quart., 8 (1963) 61 ff.; Y. Dror, Public Policy Making .... a. a. O., letztes Kapitel:
„The Significänce of Societies Major Alternative". F. Naschold, Anpassungsplanung oder politische Gestaltungsplanung, a. a. O., S. 69 ff.; W. Steffani, Parlamentarische Demokratie — Zur Problematik von Effizienz, Transparenz und Partizipation, in: Steffani (Hrsg.), Parlamentarismus, a. a. O., S. 17 ff.; Th. Ellwein, Formierte Verwaltung — Autoritäre Herrschaft in einer parlamentarischen Demokratie, in: Steffani (Hrsg.), Parlamentarismus, S. 48 ff.; H. Rausch, H. Oberreuter, Parlamentsreform in der Dunkelkammer, ebenda: S. 141 ff., und andere Beiträge aus diesem bemerkenswerten Band.
59) S. Anm. 2.
60) Dazu bes.: R. Vente, Planung wozu?, a. a. O., S. 29 ff., 67— 124.
61) ibid., S. 93 ff.
62) Diese Unterscheidung trifft auch N. E. Golovin, Social Change . . ., a. a. O.; er verbindet sie mit der dringenden Empfehlung einer auch organisatorischen Trennung. Auch N. Luhmann, Tradition und Mobilität, in: Recht und Politik, 1961, Bd. 2, 49 ff., S. 50/51, unterstützt dieses Postulat mit dem Hinweis auf die Verschiedenheit der Gegenstände politischer und der Maßnahmenplanung.
63) R. Vente (s. Anm. 10), S. 46 ff.; E. Laux, Zwei Bücher über Planung, in: Die Verwaltung, 2 (1969)
4, 474 ff., S. 475/476.
64) In ähnlichem Sinne: N. E. Golovin, Social Change .... a. a. O„ S. 461/462, 470 ff.; Y. Dror, Public Policy Making .... a. a. O., 5. Abschn.; K.
Lompe, Öffentliche Politik .... a. a. O., S. 471 ff.;
H. Ch. Rieger, Begriff und Lo. gik der Planung (s.
Anm. 4), S. 85/86; G. Colm and L. Gulick, Program Planning and National Goals; zit. nach N. F.
Golovin, a. a. O., S. 479, 464; National Commission on Technology, Automation and Economic Progress (Report), Vol. 1, Febr. 1966.
6a) Wenn Winfried Steffani in seinem eigenen Beitrag zu dem von ihm herausgegebenen Buch „Parlamentarismus ohne Transparenz", a. a. O., S.
18 ff., die „Forderung nach einer komplexeren Demokratietheorie" unter gleichzeitiger Berücksichtigung von mehr „Effizienz", mehr „Transparenz" und mehr „Partizipation“ erhebt, dann entscheidet er sich damit in dieser Frage gegen einseitige Akzentuierungen. Ihm und den Autoren seines Buches stimmen wir insoweit zu, daß der Parlamentarismus, d. h. die Organisationsform der meisten industrialisierten demokratischen Gesellschaften unserer Zeit, sich unter allen drei von Steffani genannten Postulaten in Frage stellen lassen muß. 63) G. Vickers, Value Systems ..., a. a. O., S. 96; diesbezügliche Kritik findet sich auch bei E. Laux'Zwei Bücher . . ., a. a. O., S. 479; rühmliche Ausnahmen sind u. a. die Bücher von J. A. Ponsioen, National Development . . ., a. a. O., S. 163 ff.; Al Waterston, Development Planning — Lessons of Experience, Baltimore 1965, bes. S. 371 ff.; B. Hansen, Long and Short Time Planning in Underdeveloped Countries, Amsterdam 1967, sowie der i Aufsatz von H. H. Hanson, The Administration of I Planning, in: The Indian Journal of Publ. Administration, 9 (1963), 149 ff. In der Bundesrepublik sind in den letzten beiden Jahren — beginnend mit der Veröffentlichung des Berichts und des Anlagenbandes der beim Bundesinnenministerium eingerichteten Projektgruppe für Regierungs-und Verwaltungsreform, Bonn 1969 — einige Ansätze zu verzeichnen: s. die Beiträge von H. Bebermeyer, W. Zohlnhöfer und W. Bielenberg, in: R. Jochimsen, U. E. Simonis (Hrsg.), Theorie und Praxis der Infrastrukturpolitik, Berlin 1970; A. Theis, Reformen im Regierungssystem der Bundesrepublik, in: Außenpolitik, 1969, 11, S. 677 ff.; R. Jochimsen, Zum Aufbau eines integrierten Aufgabenplanungssystems und Koordinationssystems der Bundesregierung, in: Bulletin der Bundesregierung Nr. 97 v. 16. 7. 1970, S. 949 ff.; H. Flohr, Zur Planung der Regierungsarbeit in Bonn, in: Die Mitarbeit 19 (1970) 1, S. 1 ff.; R. Wahl, Die politische Planung in den Reformüberlegungen der Bundesregierung, in: DOV, (1971) 1/2, S. 42 ff.; R. Wimmer, Gewaltentrennung oder Gewaltenkooperation in der Bildungsplanung, in: ZRP. 3 (1970) 9, S. 199 ff.; s. auch E. Randel, Die Projektgruppe für die Reform der Struktur von Bundesregierung und Bundesverwaltung, in: Rationalisierung, 21 (1970), 11, S. 272 ff. Den umfassendsten Versuch, die Institutionalisierung der Planung in einem Regierungssystem zu durchdenken, hat Horst Harnischfeger, Planung in der sozialstaatlichen Demokratie, Neuwied und Berlin 1969, unternommen. 66) Zur Geschichte: E. Pankoke, Sozialer Fortschritt . . ., a. a. O., mit Hinweisen auf die Reformkonzeptionen von v. Stein und Lavergne, S. 434 ff.; W. Rohn, Führungsentscheidungen im Unternehmensplanspiel, Essen 1964, S. 11— 31, mit einem interessanten Rückblick auf die Entstehung des Planungsdenkens in der Kriegsspieltechnik. Im übrigen die meisten der in Anm. 65 genannten Autoren. 67) Diese Begriffe hat Luther Gulick in seinem Aufsatz: Notes on the Theory of Organization, in Papers on the Science of Administration, 1937, 1 ff., zu dem Kunstwort POSDCORB zusammengezogen. K. Kitzke, Soziale Grundfragen der Betriebsverwaltung und die Bedeutung der französischen Verwaltungslehre, 1938, berichtet ähnliches von der Verwaltungsschule Fayol’s (S. 69 ff.); P Meyer, Die Verwaltungsorganisation, Göttingen 1962, S. 21 ff.; E. Gutenberg, Unternehmensführuns. Organisation und Entscheidungen, Wiesbaden 1901 K. Mellerowicz, Unternehmenspolitik, Bd. I u. -Freiburg 19632, Bd. I, S. 61/62; E. Laux, Planung als Führungsmittel der Verwaltung, Baden-Baden 1967 s 17 ff.; E. Grochla, Stichwort „Organisation der Planung", in: HWO, a. a. O., 1306 ff., Sp. 1310 ff.; M. Crozier, De la bureaucracie comme Systeme d'organisation, in: Arch. Europ.de Sociologie, 2 (1961) 1, 18 ff., S. 44 f.; F. Naschold, Demokratie und Organisation, a. a. O., S. 73; R. A. Johnson, F. E. Kast and R. E. Rosenzweig: The Theory and Management of Systems, New York 1967, S. 276 ff.
65) H. J. Arndt, Der Plan als Organisationsfigur ... (s. Anm. 31), S. 177 ff.; R. R. Grauhan, Modelle .... a. a. O., S. 280; im übrigen F. Naschold, Demokratie und Organisation (s. Anm. 16), S. 73 ff.
•») Wer die Macht besitzt, entscheidungsrelevante Daten für andere zu schaffen, läuft ein wesentlich geringeres Risiko, daß sein Planentwurf wegen eines unerwarteten Entscheidungsverhaltens anderer nicht realisierbar ist, weil er Entscheidungsprämissen für diese anderen setzt. Wo es an dieser Macht fehlt, muß sie durch konsensuelle Abstimmung ersetzt werden. Das kommt sehr deutlich in einem Bericht der Bundesregierung über die Arbeitsmarktpolitik der BRD zum Ausdruck, den sie 1970 der OECD erstattete. Dort heißt es (S. 60/61):
. Die Erkenntnis, daß die Aktionen der durch Verbände repräsentierten großen gesellschaftlichen Gruppen für die staatliche Wirtschaftspolitik Daten setzen, und daß demgemäß der Erfolg des wirtschaftspolitischen Handelns wesentlich von einer übereinstimmenden Haltung der Träger der staatlichen Wirtschaftspolitik und den Daten setzenden Organisationen abhängt, hat zur Gründung der konzertierten Aktion geführt..."
78) Das zeigen auch die von Morris/Binstock (s. Anm. 11) gemachten empirischen Beobachtungen, a. a. O„ S. 103, 104; dazu auch H. H. Hanson, The Administration .... a. a. O., S. 149 ff.; H. A. Simon, On the Concept . . . (s. Anm. 34), S. 21. Ähnliche Erfahrungen machen in der Bundesrepublik derzeit die Bildungsplaner, die — unabhängig davon, daß sie ihre derzeitigen Planungsergebnisse selbst nicht als optimal bezeichnen würden — feststellen müssen, daß die Macht der CDU-Länder und der Finanzminister ihnen engere Grenzen setzt als ursprünglich wohl angenommen.
”) Herrschaft und Planung: Die veränderte Rolle der Zukunft in der Gegenwart, in: Festschrift für Max Müller, Freiburg 1966, 188 ff.; aus S. 210/211 stammen die nachfolgenden Zitate.
7!) Herrschaft und Planung, Hamburg, 4. Aufl. 1933, S. 3. Sehr ähnlich G. Picht, Prognose—Utopie— Planung (s. Anm. 9) S. 50: „Planen kann ich nur, was in meiner Macht liegt ... Der Begriff Planung (ist also) co-extensiv mit dem Begriff Macht". Dieser von Picht übernommene Satz ist ein Zitat E. F. Schumachers, dem Economic Adviser des britischen National Coal Board. S. weiter Fritz W.
Scharpf, Reformen in der Demokratie: Eine Macht-frage, in: Die neue Gesellschaft 16 (1969), 2, S. 120 ff.
7) Sehr nachdrücklich in diesem Sinne H. J. Arndt, Der Plan als Organisationsfigur ... (s. Anm. 31), s. 188; dazu auch die Interpretation der Luhmannsehen Planungstheorie durch F. Naschold, Demokratie und Komplexität, in: PVS 9 (1968), 4, S. 494 ff., S. 509 f. Problematisch ist diese Konzeption in mehrfacher Hinsicht: Auch wenn man Führung und Herrschaft in einer vielschichtigen Gesellschaft für unvermeidlich hält (s. dazu Anm. 14), ist es zumindest zweifelhaft, ob sie als autoritäre Führung einer hierarchischen Organisationsspitze notwendig ist (s. dazu H. Laufer, Führung ohne Autorität [Anm. 52], S. 304 ff.) und ob sie in dieser Form zweckmäßig ist (s. dazu die neuen Management-lehren: managementy by delegation and by objectives, H. -D. Clajus, Neuer Führungsstil in Wirtschaft und Verwaltung, in: Offene Welt Nr. 101 [1970], S. 184 ff.).
74) R. Vente, Planung wozu?, a. a. O., S. 153 ff., 154;
auch R. O. Mason, A Dialectical Approach . . ., a. a. O., S. 406, 407, hat dies unter Berufung auf H.
Jackson, Organizing for Survival, in: Foreign Affairs, Vol. 38, No. 3, 446 ff., sehr deutlich herausgearbeitet. Zur Kritik dieser Auffassungen s. F.
Naschold, Anpassungsplanung . .., S. 71 ff., S. 76 f., S. 79 ff., und ders. Die systemtheoretische Analyse demokratischer politischer Systeme, in: PVS 11 (1970) Sonderheft 2, S. 3 ff., S. 5 ff.; A. v. Brünneck, Kritik eines Partizipationsmodells, in: Offene Welt Nr. 101 (1970) S. 157 ff., S. 159.
74a) Genau diesen Tatbestand kritisieren alle diejenigen, die entweder die Erweiterung politischer Partizipationschancen und/oder die Erhöhung des sog. Wertberücksichtigungspotentials durch die Erfassung auch derjenigen Werte, Bedürfnisse und Interessen fordern, die „auf Grund der Sozialstruktur nicht an organisierbare Interessen gebunden, die konfliktunfähig, weil ohne funktionelle Bedeutung für die Systemerhaltung sind, oder die die bestehenden Systemgrenzen zu überwinden versuchen“; F. Naschold, Anpassungsplanung ... (s. Anm. 73), S. 86; ähnlich W. Steffani, Parlamentarische Demokratie . . ., a. a. O., S. 20; s. auch St. Umpleby, Citizen sampling Simulation — Ein Weg zu demokratischer Planung, in: Analysen und Prognosen 1970, 12, S. 17 ff.; U. K. Preuß, Zum staatsrechtlichen Begriff des Öffentlichen, Stuttgart 1969, S. 206 ff.; J. Hirsch, Wissenschaftlich-technischer Fortschritt und politisches System (vgl.
Anm. 7), S. 241 ff., wenngleich hier verbunden mit einer nicht ganz überzeugenden politökonomischen Ideologiekritik.
”) Die Wissenschaftsgläubigkeit ist ein häufig beobachtetes und kommentiertes Phänomen; s. z. B.
K. W. Steinbuch, Falsch programmiert (s. Anm. 47), S. 47; Th. Ellwein, Politik und Planung, a. a. O., S. 12; E. K. Scheuch, Demokratie als geschlossene Gesellschaft?, in: Offene Welt, 1967, Nr. 95/96, 68 ff., S. 71 (sehr kritisch); K. Lompe, Die Rolle von Sachverständigengremien .. ., a. a. O., S. 224; H. Maier, Reform in der Demokratie, in: A. Schwan und K. Sontheimer (Hrsg.), Reform als Alternative, Köln und Opladen 1969, S. 24; Y. Dror, A New Professional Role in Government, in: Publ. Adm. Rev., 1967, 197 ff.; C. Arndt, Parlament und Ministerialbürokratie, in: Die Verwaltung, 2 (1969) 3, 265 ff.; A. Morkel, Müssen Abgeordnete Experten sein?, in: Festschrift für D. Stemberger, Heidelberg 1968, 400 ff.; J. Hirsch, Wissenschaftlich-technischer Fortschritt und politisches System (s. Anm. 7)), S. 201. In diesem Zusammenhang ist häufig die Rede von einer „Alibi" -bzw. „Paravent" -Funktion der Wissenschaft; dazu D. Dreitzel, Die Bundesregierung und ihre Wissenschaftler, in: Atomzeitalter 1966, S. 295 ff.
76) J. Hirsch, Wissenschaftlich-technischer Fortschritt . . ., S. 215ff.; J. Habermas, Technik und Wissenschaft als Ideologie, Frankfurt/M. 1968, passim; einen interessanten Aspekt bringt Anatol Rapoport in dem Aufsatz: Das Masseninteresse der Intellektuellen und die Machtelite, in: A. Mitscherlich (Hrsg.), Aggression und Anpassung in der Industriegesellschaft, Frankfurt/M. (ed. suhrkamp) 1968, 30 ff., zuvor publiziert in der Juli-Ausgabe 1967 der Zeitschrift Liberation, New York. Kritisiert wird nicht nur die Besetzung vieler Beratungsgremien mit Honoratioren, die bestimmten ideologischen Positionen oder materiellen Interessen verpflichtet sind, sondern auch die geringe Selbständigkeit und Unabhängigkeit der Gremien und der Mangel an öffentlicher Transparenz der Beratung. Im Zuge einer Neuordnung des Beratungswesens beim BMBW versucht Minister Leussink, gegenwärtig Bedingungen für ein zugleich effizientes und „demokratisches Beratungswesen zu schaffen“ (s. dazu seine Antwort auf eine kleine Anfrage von Abgeordneten der CDU/CSU, Bt Drs. VI/2005). Interessant sind in diesem Zusammenhang auch die Ergebnisse einer 1969 durchgeführten Befragung von 26 Beratungsgremien der amerikanischen Bildungspolitik unter Johnson; s. Th. E. Cronin, N. C. Thomas, Federal advisory process: Advice and Discontent, in: Science, Februar 1971, S. 771 ff., bes. S. 777.
”a) Die subtile Unterscheidung N. Luhmanns, Funktionen und Folgen, a. a. O., S. 172— 190, von Verantwortung und Verantwortlichkeit wird von R. Eckert, Politische Partizipation .... a. a. O., S. 39/40, als Einwand gegen Nascholds Vermutung ins Feld geführt, auch andere Organisationen als Verbände und Parteien, also beispielsweise auch die staatliche Verwaltung, könnten ihre Informationsverarbeitungskapazität durch „Demokratisierung" bzw. breitere Delegation von Verantwortung erhöhen. Eckert räumt ein, daß zwar Verantwortung, d. h. Entscheidungskompetenz, delegiert werden könne, Verantwortlichkeit, d. h. eine Rechenschaftspflicht, aber gegenüber organisationsexternen Stellen praktisch nur dadurch eingelöst werden könne, daß eine Organisationsspitze „verantwortlich" gemacht werde, die ihrerseits wiederum nach innen Kontroll-und Sanktionsmöglichkeiten haben müsse. R. Eckert bemerkt selbst, daß er damit kein „Gesetz" beschreibt. Verantwortlichkeit gegenüber Externen anders zu lokalisieren, als es dem tatsächlichen, organisationsinternen Verteilungsmuster der Verantwortung entspricht, ist ein Kunstgriff externer Kontrolleure, um sich die Kontrollarbeit leichter zu machen. Im folgenden wird gezeigt, daß die Inkongruenz von Entscheidungsbeteiligung und Verantwortlichkeit fatale Konsequenzen hat, wenn entweder die Erstverantwortlichen keinen Durchgriff auf die Partizipanten eines Entscheidungsprozesses haben oder wenn die Sanktion gegenüber den Erstverantwortlichen gerade darin besteht, ihnen ihre Sanktionsmöglichkeiten gegenüber Dritten zu entziehen. S. dazu auch N. Schmidt-Relenberg, Uber Verantwortung — Ein Beitrag zur Soziologie des Alltagsklischees, in: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie 1970, Heft 2, S. 251 ff., S. 255.
”) Hierbei verstehen wir die Regierung bzw. die politische Machtelite wiederum als eine separate Systemeinheit, für die prinzipiell dieselben Erkenntnisse gelten sollen wie für jedes andere System bzw. — im Falle der Zielgerichtetheit — wie für jede andere Organisation; hierzu sehr interessant: F. Naschold, Organisation und Demokratie, a. a. O., S. 73 f. Eine ganz andere Erklärung für unsere These findet sich bei Urs Jaeggi, Macht und Herrschaft in der BRD, a. a. O., S. 124: Parteien (Regierungen), die sämtliche wichtigen und sozialen Kräfte gleichzeitig zu repräsentieren und in ihrer Politik zu berücksichtigen suchen, müssen sich — nach Jaeggi — gegenüber sozialen Gegensätzen als neutral erklären. Der Preis der von ihnen betriebenen „Uberintegration" sei politische Stagnation, Handlungsunfähigkeit und Verschleppung regelungsbedürftiger Probleme.
78) A. Lijphart, The Politics of Accomodation, Pluralism and Democracy in theNetherlands, 1968, S. 77 L, 104 f.; ders., Typologies of Democratic Systems, in: Comperative Political Studies, 1 (1968), 22 ff.; ders., Consociational Democracy, in: World Politics, 21 (1968/69), 216 ff.; G. Lehmbruch, Proporzdemokratie, Tübingen 1967; E. Constantin, Intraparty Attitüde Conflict. Democratic Party Leadership in California, in: Western Polit. Quart, 16 (1963), 956 ff.; R. Eckert, Politische Partizipation und Bürgerinitiative, a. a. O., S. 32.
”) G. Lehmbruch, Strukturen ideologischer Konflikte bei Parteienwettbewerb, in: PVS, 10 (1969) 23 285 ff., S. 310 ff.
80) S. dazu allerdings P. Bachrach, The Theory of Democratic Elitism. A Critique, Boston 1967; B. Barber, Participation and Mass Apathy in Associations, in: A. Gouldner (ed.), Studies in Leadership, New York 1950; v. a. aber die Kontroverse zwischen J. L. Walker, A Critique of the Elitist Theory of Democracy, in: APSR, 60 (1966), 285ff, und R. A. Dahl, Fürther Reflections on the Elitist Theory of Democracy, in: APSR, 60 (1966), 296ff. 81) Gemeint ist die Berücksichtigung einer großen, ursprünglich nicht konsistenten Menge von Werten in konkreten Handlungsprogrammen. Im Gegensatz dazu würde ein Programm mit restringiertem Wertberücksichtigungspotential die ausschließliche, dafür aber nahezu unverkürzte Berücksichtigung eines homogenen Wertsystems auf Kosten anderer Wertvorstellungen durchsetzen.
81a) P. H. Abelson, The national goals research staff report, in: Science, 169 (1970), Nr. 3945: „A government run by politicians is preoccupied with the hot crisis of the moment — it is not interested in dealing effectlvely with important longe-rangemat ters. Politicians usually cannot afford to lookbeyond the next election and are responsive to the public's mood of the moment." A. v. Brünneck, Kritik eines Partizipatronsmodells, a. a. O., lehnt die von uns gegebene Erklärung für die Kurzsichtigkeit staatlicher Planung ab. Zwar konstatiert auch er das Schwinden staatlicher Macht und den herrschenden Einfluß mächtiger Interessengruppen. Aber er bestreitet, daß Weilen oder die Offentliche Meinung in der Lage sein könnten, die „öffentlichen Bürokraten" zu veranlassen, den „oligopolistischen’ oder gar „monopolistischen Trägern sozioökonomischer Macht entgegenzutreten". Einzig den Arbeitern und anderen unterprivilegierten Gruppen traut er zu, mit ihrer Waffe, dem „Kooperationsentzug durchzusetzen, daß auch „nicht unmittelbar kapital-orientierte Interessen" in der staatlichen Politik ihren Niederschlag finden. Ähnlich A. Tofler, Der Zukunftsschock, Bern-München, Wien 2. Aufl. 1970, S. 353, der die bisherige Regierungsplanung als technokratisch und damit „ökonozentrisch" bezeichnet. Darin sieht er den Grund für ihre Konzentration auf die jeweils nahe Zukunft. Auch K Lompe, Die Rolle von Sachverständigengremien ..., a. a. O., S. 253, sieht in der Inkongruenz lang-B fristiger Planungs-und mittelfristiger Legislaturperioden ein Problem, hält es aber für lösbar (a. a. O., S. 253, Anm. 82a).
82) Das Modell exekutiver politischer Führerschaft wurde von R. R. Grauhan, Modelle .. a. a. O., S. 269 ff., den Modellen legislatorischer Programmsteuerung und korrelativer Führerschaft gegenübergestellt und (S. 274— 278) kritisiert.
”) Dazu kritisch u. a. H. P. Bahrdt, Die Krise der Hierarchie im Wandel der Kooperationsformen, in:
Deutsche Gesellschaft f. Soziologie: Verhandlungen des 14.deutschen Soziologentages, Stuttgart 1959, 113 ff.; E. Littwak, Models of Bureaucracy which Permit Conflict, in: Amer. J. of Sociology, 67 (1961/62), 177 ff., -H. Bosetzky, Bürokratische Organisationsformen in Behörden und Industrieverwaltungen, in: R. Mayntz (Hrsg.), Bürokratische Organisation, Köln, Berlin 1968, 179 ff.
M) So etwa: J. G. March, H. A. Simon and H. Guetzkow, Organizations, New York 1958, S. 150, 194 ff.;
W. R. Dill, Administrative Decision Making, in:
S. Mailick and E. H. van Ness (eds.), Concepts and Issues in Administrative Behavior, Englewood Cliffs (N. J.) 1962, 29 ff.; G. Gäfgen, Theorie der wirtschaftlichen Entscheidung: Untersuchungen zur Logik und ökonomischen Bedeutung des rationalen Handelns, Tübingen 1963, S. 213; M.
Irie, Soziale Systeme: Eine kritische Analyse der Theorie von formalen und informalen Organisationen, Göttingen 1963, S. 99; kritisch dazu etwa W. R. Scott, Theory of Organizations, in: R.
E. L. Faris (ed.), Handbook of Modern Sociology, Chicago 1964, 485 ff., S. 494 f.; N. Luhmann, Zweck-begriff .... a. a. O., S. 47 ff., mit weiteren Hinweisen Anm. 24.
85) J. Esser, Grundsatz und Norm in der richterlichen Fortbildung des Privatrechts, Tübingen, 2. Aufl. 1964, S. 174 ff., 328; M. Klug, Juristische Logik, Berlin etc., 3. Aufl. 1966, S. 172 ff., mit zahlreichen Nachweisen, bes. S. 176 ff.; K. Larenz, Methoden der Rechtswissenschaft, Berlin etc., 2. Ayfl.
1969, S. 132 ff.; W. Hirsch-Weber, Politik als Interessenkonflikt, a. a. O., S. 82 ff., 107 f.; L. Mehl, La cybernetique ..., a. a. O., S. 317 f.; F. A. v. Hayek (Hrsg.), Freiburger Studien. Gesammelte Aufsätze, Tübingen 1969, passim, bes. S. 75 ff.; R. Lautmahn, Wert und Norm, Köln u. Opladen 1969, passim; N. Albert, Traktat über kritische Vernunft, a. a. O., S. 164 ff.
”) Der Gedanke, daß das Denken in linearen Kausalitäten wissenschaftlich wenig fruchtbringend und daher durch ein Problemdenken, d. h. durch die Suche funktional äquivalenter Problemlösungsstrategien erweitert oder gar ersetzt werden sollte, ist eine der wichtigsten Prämissen N. Luhmanns; vgl. dazu seine Aufsätze: Funktion und Kausalität, in: Kölner Zeitschr. f. Soziologie u. Sozialpsychologie, 14 (1962), 617 ff., und: Funktionale Methode und Systemtheorie, in: Soziale Welt, 15 (1964), 1 ff., sowie sein Buch: Zweckbegriff ..., a. a. O., S. 162 ff. Zur Kritik am Äquivalenzfunktionalismus s. F. Naschold, Anpassungsplanung oder politische Gestaltungsplanung, S. 73, dem er auch bei Strukturveränderungen „eine starke Tendenz des Rückfalls in die funktionale Variante der Orientierung am Status quo“ unterstellt.
8) N. Luhmann, Zweckbegriff . .., a. a. O., S. 155 ff., betont allerdings die gelegentliche Opportunität widerspruchsvoller Zwecksetzungen, s. bes. S. 160/161. Auf ähnliche Schwierigkeiten weist H. M. Rösinger, Managementsysteme für den Staat, in: Wirtschaftswoche 1971, Nr. 17, S. 69 ff., S. 72, hin. Rösinger hält es aber offenbar für ein lösbares Problem, die Verwaltungsziele präzise zu formulieren und die zweckmäßigste Programmstruktur für die von ihm nicht in Frage gestellte hierarchisch-bürokratisch organisierte Exekutive zu finden, der seiner Ansicht nach noch „erheblich größere Kompetenzen“
übergeben werden müssen. Unbefriedigend ist auch die von H. Reintges, Management-Informationssysteme (MIS), in: Rationalisierung 21 (1970), 9, S. 219 ff., gegebene Darstellung des Unternehmens als „komplexes System zusammengeschalteter Regelkreise, weil er — jedenfalls in seinem Blockschaltbild — das Führungszentrum aus der Rückkoppelung ausschließt. Konsequent spricht er (S. 223) von einer Informations-und Entscheidungspyramide, in der Informationen „von unten nach oben verdichtet" werden und in der sich „in umgekehrter Richtung die Entscheidungen in einer sogenannten Entscheidungslawine" nach unten ergießen. Die gewählte Dichotomie von Information und Entscheidung vernachlässigt die Tatsache, daß eine Fülle höchst gewichtiger Entscheidungen bereits bei der „Verdichtung“ (d. h. Selektion) von Informationen getroffen werden.
88) Dazu neuerdings R. Höhn und G. Böhme, Der Weg zur Delegation von Verantwortung im Unternehmen, Bad Harzburg 1969; R. Liertz, Die neuen Management-Techniken zur Systematisierung und Vereinfachung der Aufgaben des Managers, in:
Die neuen Management-Techniken, München, 3. Aufl. 1969, 18ff., S. 25ff.; G. S. Odiorne, Management by Objectives. Führung durch Vorgabe von Zielen, München 1967; W. Borkel, Amerikanische Management-Techniken und das Harzburger Modell, in: BTO 1970, S. 660 ff.; J. Bidlingmaier, Mit Zielen führen, in: Der Volkswirt 1970, Nr. 30, S. 30 ff. mit Nachweisen.
89) So das bekannte Konzept eines „management by exception“. Vgl. dazu R. Liertz, a. a. O., S. 18 ff.; L. R. Bittel, Management by Exception, New York 1964; interessant die Ausführungen von J. K. Galbraith, The New Industrial State, 1967, zit. nach der dt. Ausgabe: Die moderne Industriegesellschaft, München, Zürich 1968, der die Verlagerung zahlreicher Entscheidungskompetenzen „nach unten“ als Tatsache darstellt und daraus folgert, daß die Unternehmens-(bzw. Organisations-) spitzen wesentlich weniger Macht tatsächlich besäßen, als allgemein vermutet werde. Ihre Funktion sei es, Entscheidungen, die in unteren Hierarchierängen getroffen worden sind, zu „ratifizieren", wobei die Ratifikation im Unterschied zur Entscheidung weniger wichtig sei (S. 86). Führung bedeutet für Galbraith Formung der Gruppen, die die Entscheidungen fällen, sowie deren laufend veränderte Zusammenstellung je nach den wechselnden Anforderungen und Aufgaben (S. 87). Zu den Vorteilen und Grenzen konditionaler und finaler Programme sowie zur Unterscheidung offener und geschlossener Entscheidungsmuster s. K. König, Planung und Koordination im Regierungssystem, in: Verwaltungsarchiv 62 (1971), 1, S. 1 ff., S. 3 ff.
90) Vgl. dazu die sehr sorgfältige Auswertung empirischer Untersuchungen bei R. Ziegler, Kommunikationsstruktur .... a. a. O., S. 196 ff., bes. 201, 203; F. Naschold, Organisation und Demokratie, a. a. O., S. 65. A. Tofler, Der Zukunftsschock, a. a. O., S. 112: „Man braucht mehr Informationen, um mit einem neuen Problem fertig zu werden, als mit einem, das schon .. . hundertmal vorher gelöst wurde. Es ist dieser kombinierte Bedarf an mehr Information in kürzerer Zeit, der jetzt die großen vertikalen Hierarchien untergräbt, die so typisch für eine Bürokratie sind"; s. auch E. K. Scheuch, Abschied von den Eliten, a. a. O., S. 312.
91) J. Häussler, Planung als Zukunftsgestaltung, a. a. O., S. 41.
92) Bei weniger komplexen Organisationen könnten wir uns das Funktionieren eines „management by exception" vorstellen. In diesem Sinne kann auch R. Ziegler (s. Anm. 53), S. 203, Hypothese 25, verstanden werden. Die besondere Problematik des politischen Systems findet sich gut herausgearbeitet bei N. Luhmann, Zweckbegriff . . ., a. a. O., S. 149 ff. S. auch E. K. Scheuch, Abschied von den Eliten, a. a. O., S. 312 f.
93) F. C. Ikle, De l'epistemologie des predictions sociales, in: Analyse et Prevision, 4 (1967), 545 ff.; E. Jäntsch, Möglichkeiten der Voraussage . .., a. a. O., S. 336; G. Picht, Prognose — Utopie — Planung, Stuttgart 1967, bes. S. 13 ff., 16; H. J. Ansoff, A Quasi-Analytic Method for Long-range Planning, Paper presented at the first Symposium on corporate long-range planning. College on Planning, The Institute of Management Sciences, Chicago (111.), June 6, 1959; C. W. Churchman, Prediction and Optimal Decision, Englewood Cliffs (N. J.) 1961; E. S. Quade and W. J. Boucher (eds.), Systems Analysis and Policy Planning — Applications in Defense, New York etc. 1968; B.de Jouvenel, L’art de la conjecture, zit. nach der dt. Ausgabe: Die Kunst der Vorausschau, Neuwied und Berlin 1967; P. Dienel, Techniken bürgerschaftlicher Beteiligung ..., a. a. O., S. 145; F. Naschold, Anpassungsplanung .... a. a. O., S. 78, S. 90 f.; A. Tofler, Der Zukunftsschock, a. a. O., S. 354.
93a) Das hat F. Naschold, Anpassungsplanung . . ., a. a. O., S. 85, auch im Hinblick auf die nach 1969 unternommenen Versuche, Planungsinstrumente in der Bonner Ministerialbürokratie zu institutionalisieren, festgestellt: Die vereinzelt eingerichteten Planungsstäbe erhielten keinen maßgeblichen Einfluß auf die mittelfristige Finanzplanung; die Referats-struktur wurde beibehalten. Vor allem aber am hierarchischen Führungsstil hat sich nichts geändert. Das Verhältnis zwischen den Planungsstäben und den Referaten weist mancherlei Spannungen auf, und es scheint, als könnten sie am ehesten dadurch abgebaut werden, daß die Planungsstäbe eine Reihe sogenannter Grundsatz-oder Querschnitts-aufgaben eingeordnet ins Glied der Referate und Abteilungen und mit denselben, vom common sense und dem in Bonn viel gelobten Pragmatismus geprägten Methoden erledigen. Ähnlich auch Th. Ellwein, Formierte Verwaltung —-Autoritäre Herrschaft in einer parlamentarischen Demokratie, in: W. Steffani (Hrsg.), Parlamentarismus ..., a. a. O., S. 48 ff., S. 61; P. Menke-Glückert, The changing socio-technological environment for political innovations: New challenges for government decision making, in: Analysen und Prognosen, 2 (1970), 9, S. 16 ff, S. 16, S. 20.
94) So etwa F. Drucker, a. a. O., S. 361.
95) J. Häussler, Planung als Zukunftsgestaltung, a. a. O., S. 41. A. Tofler, Der Zukunftsschock, a. a. O., S. 101 ff., prägte angesichts des von ihm beobachteten Anwachsens des sog. Projektmanagements die wohl etwas zu spektakulären Begriffe „Adhocratie" und „Wegwerf-Team" (S. 107); ähnlich K Lompe, Die Rolle von Sachverständigengremien . . ., a. a. O„ S. 258: Planung sei in ihrem Kern Stabsarbeit, „die . . . nicht auf der Grundlage quasi-hierarchisch strukturierter Kompetenzverteilung ihre höchste Wirksamkeit" erreiche.
96) H. A. Simon, Das Verwaltungshandeln Stutt. gart 1955, S. 50 ff.
97) Wir legen Wert auf diese Unterscheidung, insbesondere deshalb, weil nur die „Lösbarkeit“ der Probleme eine technokratische Expertokratie legitimieren könnte. Im Text haben wir jedoch mit Rücksicht auf den im Deutschen undifferenzierten Sprachgebrauch diese Unterscheidung nicht durch-halten können. Der Sprachgebrauch zwingt uns auch dann den Begriff „Problemlösung" zu verwenden, wenn ein Problem ausschließlich durch Dezision bewältigt worden ist. Die Wortverbindung „Problem — entscheiden" ist unüblich.
98) H. A. Simon, Models of Man, Social and Rational: Mathematical Essays in Rational Human Behavior in a Social Setting, New York, London 1957, S. 196 ff., 241 ff.; weitere Nachweise bei N. Luhmann, Zweckbegriff . . ., a. a. O., S. 77, Anm. 49; dort auch (S. 71— 86) eine sorgfältige Kritik des sog. „Optimalprinzips".
”) So ähnlich Karl Schiller in seinem Vorwort zur deutschen Ausgabe von A. Shonfield, The Changing Balance of Public and Private Power, London 1965; dt. Ausgabe: Geplanter Kapitalismus, Köln, Berlin 1968, S. XIX; auch Shonfield betont — unter besonderer Hervorhebung des französischen Planungsstils — die notwendige Dominanz der Zukunftsaspekte über ausschließlich aktuelle Bedürfnisse (S. 268 f.); vgl. dagegen die Bedenken bei A. O. Hirschman, The Strategy of Economic Development, Yale 1959, S. 57 ff., und die extreme Gegenposition bei Ch. E. Lindblom, The policy making process, Englewood Cliffs, New Yersey 1968, S. 26 f. Interessant ist der von U. Lohmar, Zielsetzung und Methodik politischer Planung, in: Die neue Gesellschaft 14 (1967), 6, S. 431, zitierte Gedanke H. v. Hentigs, durch Planung müsse gesichert werden, „daß sich nichts unvermutet rächt". 100) Das etwa ist der Grundgedanke bei B. M. Gross, Planning as Crisis Management, a. a. O., und bei all denjenigen, die zu Recht hervorheben, daß -entgegen früherer ideologischer Vorurteile — Planung gerade nicht der Feind der Freiheit ist, sondern daß rationale Planung die Zahl wählbarer Alternativen gerade erhöht; s. z. B. K. Mannheim, Freedom, Power and Democratic Planning, New York 1950, S. 112 ff.; G. Picht, Prognose .... a. a. 0., S. 61; W. Müller-Jantsch, Kapitalismus zwischen Planung und laissez-faire; H. Lübbe, Die Freiheit und der Plan, a. a. O.
101) Vgl. Anm. 67; zum Begriffspaar Führung — Entscheidung vgl. D. v. Schmaedel, Führung im Interessenverband (s. Anm. 52), S. 20— 30, mit vielen Nachweisen; Hirsch-Weber, Politik als Interessenkonflikt, a. a. O„ S. 39; H. A. Simon, The Shape of Automation for Men and Management, New York 1964, zit. nach der dt. Ausgabe: Perspektiven der Automation für Entscheider, Quickborn 1966, bes. S. 69 ff.; M. Irie, Stichwort „Psychologische Füb rungsprobleme", in: HWO (s. Anm. 28), 583— 595; A Bergstraesser, Führung in der modernen Welt, Freiburg, 2. Aufl. 1963, bes. S. 29— 48.
«) Einen Überblick bieten Y. Dror, Public Policy a. a. O., S. 129— 153, und F. Naschold, System-steuerung, Stuttgart 1969, S. 30— 77.
103) Die beiden prinzipiellen Möglichkeiten zur Bildung von Gesamtprogrammen: zentrale Koordination — kontingente Kooperation sind ausführlich erörtert bei R. Jodlimsen, Strategie der wirtschaftspolitischen Entscheidung, in: Weltwirtschaftliches Archiv, 99 (1967) 1, 52 ff. Die Bildung eines konsistenten Gesamt-bzw. Rahmenprogramms ist aber nur eines der Probleme politischer Langfristplanung. Andere, kaum weniger schwierige Aufgaben sind: die Koordination lang-, mittel-und kurzfristiger Programme, die Organisation des Sachverstandes im politischen Prozeß etc. Ein Organisationsmodell politischer Langfristplanung sollte in jeder dieser Hinsichten leistungsfähig sein. Zum Problem der Koordination s.den in Anm. 65 zitierten Aufsatz Joachimsens „Zum Ausbau eines integrierten Aufgabenplanungssystems . . .".
1M) Die Planungsbeteiligung des Parlamentes bzw. die Demokratisierung der Planung durch institutioneile Vorkehrungen ist — soweit wir sehen — hauptsächlich ein deutsches Thema; s. z. B. St. Leibfried und M. Quilisch, Planung im Sozialstaat, in: Atomzeitalter, 1967, 10, 552 ff., und 11, 610 ff., hier S. 614 ff.; J. H. Kaiser, Expose einer pragmatischen Theorie der Planung, in: ders. (Hrsg.), Planung I, Baden-Baden 1965, 11 ff.; ders., Der Plan als Institut des Rechtsstaats und der Marktwirtschaft, in: ders. (Hrsg.), Planung II, 1966, 11 ff.; H. Harnischfeger, a. a. O., S. 87 ff.; als eine der nichtdeutschen Ausnahmen: R. Bicaniö, Planer und Politiker, in: Der Staat, 6 (1967) 1, 17 ff.; ders., Problems of Planning: East and West, The Hague 1967, bes. Kap. I u. II. Ein bemerkenswertes Beispiel dafür, wie wenig die besonderen Probleme, die sich bei ubiquitärer Langfristplanung für die Stellung und Rechte der Parlamente ergeben können, in der angelsächsischen Literatur erfaßt worden sind, bietet A. Waterston, Development Planning (s. Anm. 65), der die Rolle des Parlaments bei der Planung nicht thematisiert, obwohl man seine Studie als eine sehr sorgfältige und umsichtig konzipierte Arbeit bezeichnen muß.
*“) N. E. Golovin, Social Change .... a. a. O., S. 470.
'") Das sieht u. a. auch H. Harnischfeger, a. a. O., S. 131 ff., der im übrigen einen Planungsvorbehalt des Parlaments mit Entschiedenheit befürwortet. S. auch J. Hirsch, Wissenschaftlich-technischer Fortschritt ..., a. a. O„ S. 269 f.
'”) D. Bell, Government by Commissions, in: The Public Interest, Spring 1966, 1 ff., bes. S. 3; H. Arndt, Das Koordinationsproblem bei staatlichen Planungen, in: Interdependenz von Politik und Wirtschaft. Festgabe für G. v. Eynern, Berlin 1967, 375ff.; H. Flohr und K. Lompe (Hrsg.), Wissenschaftler und Politiker — Partner oder Gegner — Gespräch und Dokumentation, Göttingen 1967, vgl. bes. das Schlußwort von G. Weisser, 67 ff.; J. Agnoli und P. Brückner, Die Transformation der Demokratie, Frankfurt/M. 1968, bes. S. 55 ff.; U. Scheuner, Politische Koordination in der Demokratie, in: Festschrift für G. Leibholz, Bd. II, Tübingen 1966, 899 ff., s. 921; s. auch das ganze Heft 4 von The Political Quarterly, 39 (1968), das einschlägigen Themen gewidmet ist.
108) J. A. Ponsioen, National Development, a. a. O., S. 185 f.; Participation, Priorities and Planning, editorial in: The Political Quarterly, 39 (1968) 4, 357 ff.; R. Bicanif, Planer und Politiker, a. a. O., S. 39 f.; U. K. Preuß, Wissenschaftspolitik und Planung, in: Blätter für deutsche und internationale Politik, 2 (1966) 1, 59 ff.; Watson/Glaser, What We Have Learned .... a. a. O., S. 37. Sehr weitgehend in einem von der PROGNOS AG der Bundesregierung erstatteten Gutachten: Gesellschaftspolitische Grundlagen der längerfristigen Sicherung des wirtschaftlichen Wachstums, Bd. II, Basel 1969, S. 708 bis 714.
lw) H. Denzer, Kybernetische Planung ..., a. a. O., S. 66, 85; H. Ch. Rieger, Begriff und Logik .. ., a. a. O., S. 72; R. A. Dahl, The Politics of Planning, a. a. O., S. 350; K. Mannheim, Freedom, Power . . ., a. a. O., S. 114 f.; Y. Dror, The Planning Process ..., a. a. O., S. 54, 55; H. Reinermann, Das Planungs-Programmierungs-und Budgeting-System in Regierung und Verwaltung der USA, in: Die Verwaltung, 2 (1969) 2, 192 ff.; K. Bleicher, Zur Zentralisation und Dezentralisation von Entscheidungsaufgaben, in: Die Unternehmung, 23 (1969) 2, 123 ff. Skeptisch gegenüber einem Planungsprozeß „von unten": F. Naschold, Organisation und Demokratie, a. a. O., S. 88.
110) A. Buchholz, Die große Transformation, a. a. O., S. 174; St. Leibfried u. M. Quielisch, Planung im Sozialstaat, in: Atomzeitalter 1967, H. 10 I, S. 552 ff., II, S. 610 ff., S. 613; U. K. Preuß, Unterbau politischer Institutionen, in: Blätter für deutsche und internationale Politik 1966, H. 1, S. 59 ff., S. 65; sehr kritisch dazu A. Morkel, Müssen Abgeordnete Experten sein?, in: Sprache und Politik, Festschrift für D. Sternberger, Heidelberg 1968, S. 400 f., S. 407 ff. ln) W. Witschi, Ein selbständiger staatlicher Planungsrat, Zürich 1966.
112) H. Lindemann, Das antiquierte Grundgesetz, Hamburg 1966, S. 203 ff., bes. S. 211 ff.; s. auch A. Waterston, Development Planning .... a. a. O., S. 373.
112a) H. Pütz, Reale Utopien als politische Integrationsfaktoren in der Bundesrepublik, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 9'69, S. 27 ff., S. 31; H. W. Baade, Die verfassungsrechtliche Stellung und das Führungsinstrumentarium des Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika, Teil II, in: Anlagenband z. Ersten Bericht der Projektgruppe Regierungs-und Verwaltungsreform 1969, S. 205 ff., S. 233— 238 und S. 399 ff.; W. Pietsch, Methoden der kurz-, mittel-und langfristigen Planung der Regierungsarbeit und Vorschläge zu ihrer organisatorischen Verortung, S. 421 f.; B.de Jouvenel, Die Kunst der Vorausschau, Neuwied-Berlin 1967, S. 303 ff.
113) Nachweise bei N. E. Golovin, Social Change . . ., a. a. O-, bes. S. 472. In Deutschland ist vor allem die PROGNOS AG in einem (in Anmerkung 108 zitierten) Gutachten für die Bundesregierung mit dem ernstgemeinten Vorschlag hervorgetreten, den Sachverstand als eine vierte Gewalt auch verfassungsrechtlich zu etablieren. Bereits am „Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung" wurde aber grundsätzlich Kritik gerade im Hinblick darauf geübt, er sei so etwas wie eine vierte Gewalt. K. Lompe, Die Rolle von Sachverständigengremien ..., a. a. O., S. 239, registriert diese Kritik und wendet dagegen ein, sie beruhe auf einem starren Verfassungsdenken, das bestimmte gesellschaftliche Entwicklungen nicht realisiere.
Zu erinnern ist auch an die Abkommen zwischen Bund und Ländern über die Errichtung eines Wissenschaftsrates vom 5. 9. 1957 (Art. 2) und über die Errichtung eines Deutschen Bildungsrates vom 15. 7. 1965 (Art. 2), wo diesen beiden Räten umfangreiche Planungsaufgaben zugewiesen werden. Nachdem sich die Regierungen von Bund und Ländern mit der Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung eine eigene Planungs-und Koordinierungsstelle geschaffen haben, wird man Auftrag und Konstruktion der beiden Räte prüfen müssen. Im übrigen hat der wissenschaftliche und sonstige Sachverstand in den über 250 ständigen Beiräten und Kommissionen allein bei der Bundesregierung sowie in zahllosen Unterausschüssen und ad hocGremien beträchtliche Einflußmöglichkeiten auf die Regierungspolitik in Bund und Ländern erhalten (s. dazu die Antwort des BMI auf eine kleine Anfrage der Abgeordneten Holzmeister, Baier und Genossen BT Drs. V/4585). Hierher gehört auch der Vorschlag von H. Dichgans, Vom Grundgesetz zur Verfassung, Düsseldorf 1970, S. 80 ff., dem Sachverstand in einem dem französischen Conseil economique et social nachgebildeten Wirtschaftsund Sozialrat „bessere Arbeitsbedingungen als in einem politischen Parlament" zu schaffen. Näheres zum französischen Vorbild bei K. Toeche-Mittler, Das Verbandskartell als Instrument der Wirtschaftsplanung, Frankfurt/M. 1969, S. 36 f.
114) Gelegentlich finden sich allerdings Überlegungen, vermittels welcher Strategien die Inhaber von Planungsrollen im Interesse der Durchsetzung ihrer Plankonzeption politischen Einfluß zu gewinnen vermögen. So etwa bei Morris/Binstock, a. a. O„ S. 113— 127; F. F. Rabinovitz, Politics, Personality and Planning, in: Publ. Adm. Rev., 27 (1967) 1, 18 ff.
115) R. A. Dahl, The Politics of Planning, a. a. O., S. 344; H. Schelsky, Planung der Zukunft. Die rationale Utopie und die Ideologie der Rationalität, in: Die soziale Welt, 17 (1966) 2, 155 ff., S. 165; W. Ruckriegel, Elektronische Datenverarbeitung in der Landesverwaltung Nordrhein-Westfalen, in: Die Verwaltung, 2 (1969) 4, 445 ff.. S. 452, 458.
116) Morris/Binstock, a. a. O., S. 102; G. J. March et al., Organizations, a. a. O., S. 182— 186; F. Naschold, Demokratie und Organisation, a. a. O., S. 74; V. Cangelosi and W. Dill, Organizational Learning, in: Adm. Sc. Quart., 10 (1965/66), 175 ff., S. 200 ff. Neben den in Anm. 50 genannten S. noch P. B. Clark et al., Incentive Systems: A Theory of Organizations, in: Adm. Sc. Quart., (1961) 7, 129 ff., S. 157; daß Konflikte auch „funktional" sein können, ist eine neuere Erkenntnis: C. G. Smith, A Comparative Analysis of Some Conditions and Consequences of Intra-organizational Conflict, in: Adm. Sc.
Quart., 10 (1966) 4, 504 ff., S. 508, 509.
117) H. Laufer, Verfassungsgerichtsbarkeit und politischer Prozeß, Tübingen 1968, S. 206 ff., 253; die Bezeichnung des amerikanischen Supreme Court als Verfassungsgericht ist allerdings insofern nicht korrekt, weil er nicht vorwiegend für die Über-prüfung von Rechtsnormen zuständig ist. Zur politischen Problematik des deutschen Verfassungsgerichtes, die sich sehr ähnlich bei einem der im Text diskutierten Expertengremien stellen würde, vergleiche die Nachweise bei H. Laufer, Entscheidungsgewalt ohne Opposition. Probleme des Bundesverfassungsgerichtes im Regierungssystem der Bundesrepublik Deutschland, in: W. Steffani (Hrsg) Parlamentarismus .... a. a. O., S. 216 ff., S. 229 ff 118) Uber den Unterschied von Konditional-und Zweckprogrammen s. ausführlich N. Luhmann, Lob der Routine, in: Verwaltungsarchiv, 55 (1964) 1 1 ff.
119) H. Denzer, Kybernetische Planung .... a. a. 0. S. 69; H. Ch. Rieger, Begriff und Logik..., a. a. 0 S. 30 ff.; H. Harnischfeger, Planung, a. a. O., S. 148 Ziff. 10; K. Toeche-Mittler, Das Verbandskartell .... a. a. O„ S. 21 f.
120) Morris/Binstock, a. a. O., S. 94 ff.: „Organizational Resistence to Planning Goals“; W. J. Gore, Introduction, in: ders. et al. (eds.), The Making of Decisions, New York 1964, 1 ff., S. 3; M. Rosner, Economic Determinants of Organizational Innovation, in: Adm. Sc. Quart., 12 (1967/68) 4, 614ff.; J. A. Diamant, Innovation in Bureaucratic Institutions, in: Publ. Adm. Rev., 27 (1967) 1, 77 ff., S. 78f. 121) So auch Morris/Binstock, a. a. O., S. 84— 93. In diesem Sinne auch Georg Picht, Prognose — Utopie — Planung, a. a. O., S. 56.
122) Wir sind uns darüber im klaren, daß wir mit diesem Satz auf etwas bedenkliche Weise über einen ganzen Komplex politikwissenschaftlicher Probleme hinweggehen. Wir wollen allerdings hinzufügen, daß es bei der Langfristplanung, die wir als der politischen Planung wichtigsten Aspekt ansehen, um die Definition der Staats-bzw. Gesellschaftsziele und um ihre Operationalisierung und Koordination in einem konsistenten Entscheidungsprogramm geht. Und eben deshalb, weil Ziele wie „Gemeinwohl" und ähnliche Formeln unterspezifiziert sind, können sie nicht durch systeminterne Zweckanalyse operationalisiert werden. An der Spezifikation gesellschaftlicher Ziele ist aber — wie Luhmann es nennt — das ganze „Vorfeld macht-und meinungsbildender Prozesse" beteiligt. Die Definition der Grenze des politischen Systems ist auch D. Easton nicht überzeugend gelungen. Wir lassen dieses in erster Linie theoretische Problem mit unseren absichtlich vagen Formulierungen hier offen. Vgl. zur Problematik der soziopolitischen Zweck-spezifikation N. Luhmann, Zweckbegriff..., a. a. 0. S. 149 ff. und 60 ft.
123) S. dazu die aufschlußreichen — allerdings auf die Regierung bezogenen — Überlegungen von W. Leisner, Regierung als Macht kombinierten Ermessens, in: Juristen-Zeitung (JZ), 23 (1968) 22, 727ff. Was Leisner in erster Linie von Regierungen sagte, gilt aber gleichermaßen für alle am Prozeß soziopolitischer Zweckspezifikation Beteiligten. Die rechtliche Kompetenzverteilung einer Verfassungsordnung allein gibt nicht Aufschluß darüber, welche Entscheidungen wo fallen. Vielfach ist noch gar nicht erforscht, welches taktische Entscheidungsverhalten formal an anderer Stelle zu treffende Entscheidungen so konditioniert, daß es von dieser anderen Stelle — in der Terminologie von J. K Galbraith — nur noch „ratifiziert“ werden kann. H. G. v. Dücker, Die Aktionsgemeinschaft Deutsche Steinkohlenreviere GmbH, Frankfurt/M. 1® bes. 111 ff., Toeche-Mittler, Das Verbandskartell . . ., a. a. O„ bes. 12 ff., S. 43 ff.; und die in Anm. 40 genannten, sowie Anm. 69. 123a) Das Thema „Öffentliche Meinung" ist in letzter Zeit verschiedentlich Gegenstand theoretischer, empirischer und begriffsanalytischer Untersuchungen gewesen, so beispielsweise H. v. Hentig, Öffentliche Meinung — Öffentliche Erregung — Öffentliche Neugier, Göttingen 1969; J. Röpke, Wettbewerb, Pressefreiheit und öffentliche Meinung, in: Schmöllers Jahrbuch für Wirtschafts-und Sozialwissenschaften 1970, S. 171 ff.; N. Luhmann, Öffentliche Meinung, in: PVS 11 (1970) 1, S. 3 ff.; R. Zoll (Hrsg.), Manipulation der Meinungsbildung, Opladen 1971, darin bes. die Arbeiten von H. Holzer, J. Seifert, O. Massing; U. Otto, Die Problematik des Begriffs der öffentlichen Meinung, in:
Publizistik 1966, H. 2. S. 99 ff.
124) Während es mit Ausnahme von etwa E.
Forsthott, Verfassung und Verfassungswirklichkeit in der Bundesrepublik Deutschland, in: Merkur 1968, S. 411 ff., allgemein akzeptiert ist, daß die organisierten Interessengruppen am politischen Willensbildungs-und Entscheidungsprozeß beteiligt sind, wird die Einflußnahme der in der staatlichen Hierarchie nachgeordneten Systemeinheiten zwar gelegentlich als Tatbestand registriert, aber häufig noch als systemwidrig empfunden. Ein Beispiel dafür liefern die Kommentare, die das Verhalten der CDU-Länder im Bundesrat am 9. Juli 1971 bei der Ablehnung des 14. Rentenanpassungsgesetzes, des Städtebauförderungsgesetzes, des Graduiertenförderungsgesetzes und fünf weiterer Gesetze, die vom Bundestag bereits verabschiedet waren, auslöste. Die politische Rolle der Verwaltung wird von N. Luhmann, Grundrechte als Institution, Berlin 1965, S. 148 ff., und anderen bestritten, s. dazu die Nachweise bei N. Luhmann, Politische Planung, in: Jahrbuch für Sozialwissenschaft 17 (1966), S. 271 ff. Dagegen wendet sich überzeugend R. R. Grauhan, Politische Verwaltung, Freiburg 1970, passim, bes. S. 15— 66. S. auch F. Scharpf, Die politischen Kosten des Rechtsstaates, Tübingen 1970, S. 73— 79; W. Brohm, Landeshoheit und Bundesverwaltung, Frankfurt/M. 1968, bes. S. 40 ff. 0. Stammer, Soziologische Einleitung: Gesellschaftliche Entwicklungsperspektiven und pluralitäre Demokratie, in: Zehntes Europäisches Gespräch in Recklinghausen, Sachverstand und Politik in der Demokratie, Köln-Deutz 1962, S. 27 ff., S. 34/35, S. 40.
125) Ch. E. Lindblom, The Policy Making Process, Englewood Cliffs (N. J.) 1968, S. 82.
125) ibid., S. 14; Übersetzung des englischen Zitats: „Klarheit und Ordnung unter allen relevanten Werten zu schaffen, die zahllosen möglichen Konsequenzen einer jeden denkbaren Alternative aufzuspüren und die vielfältigen Konsequenzen einer jeden mit den Zielsetzungen zu vergleichen — all dies geht über das hinaus, ... was ein Entscheider sich an Zeit und Energie bei der Lösung eines Problems leisten kann; in Wirklichkeit verfügt er auch nicht über die entsprechenden Informationen ... Deshalb kann die Analyse komplexer politischer Probleme eigentlich niemals abgeschlossen werden, man wird daher auch nie beweisen können, daß (die) richtige Politik gemacht wird, sie wird stets auch auf Widerspruch stoßen."
127) Besonders ausführlich tat er dies in: D. Braybrooke and Ch. E. Lindblom, A Strategy of Decision, New York 1963. Der Versuch Braybrookes und Lindbloms hat einige Kritik erfahren, so etwa von A. Etzioni, Mixed-scanning: A " Third" Approach to Decision-Making, in: Publ. Adm. Rev., 27 (1967)
5, 385 ff.; Y. Dror, Government Decision-Making.
Muddling through Science or Inertia, in: Publ.
Adm. Rev., 24 (1964), 154 ff.; K. E. Boulding, Review of " A Strategy of Decision", in; Am. Soc. Rev., 29 (1964), 931.
128) F. Naschold, Demokratie und Organisation, a. a. O., S. 65; R. R. Grauhan, Modelle .. ., a. a. O., S. 280, Anm. 28a; ders., Politische Verwaltung, a. a. O., S. 357 ff.; R. Ziegler, Kommunikationsstruktur .... a. a. O., S. 214, 94 ff.; H. M. Mirow, Kybernetik, a. a. O., S. 131; W. Hummer, Die neuen Management-Techniken der Ideenfindung sowie des schöpferischen Denkens und Mitdenkens, in:
Die neuen Management-Techniken, a. a. O., 101 bis 123. O. Stammer, Gesellschaftliche Entwicklungsperspektiven .... a. a. O., S. 53, wies in diesem Zusammenhang darauf hin, daß der beschriebene Tatbestand durch „die Abkapselung der Führenden und der am Führungshandeln beteiligten Sachverständigen zementiert werden könnte.
120) J. Hage, An Axiomatic Theory of Organizations, in: Adm. Sc. Quart., 10 (1965) 3, 289 ff., S. 308— 310; W. L. Warner et al., The Emergent American Society, Bd. 1: Large-Scale Organization, New Haven, London 1967, S. 158 ff.
1M) Dazu Naschold bei Steffani, a. a. O.
131) Siehe hier unter 2. 2. 1. — 2. 2. 1. 3. Den genannten Schwächen stehen „demokratische Ansprüche . . ."
an ein Regierungssystem gegenüber, denen es nach W. Steffani, Parlamentarische Demokratie — Zur Problematik von Effizienz, Transparenz und Partizipation, in: W. Steffani (Hrsg.), Parlamentarismus . . ., a. a. O., S. 17 ff., S. 29, erst genügt, „wenn es effiziente Problemlösung und Innovation bei Optimierung der Partizipationschancen aller Bürger und der Transparenz aller relevanten Planungs-, Diskussions-und Entscheidungsabläufe zu leisten vermag". S. auch O. Stammer, Gesellschaftliche Entwicklungsperspektiven . . . (Anm. 124), S. 43.
132) Für die Macht, das soll hier heißen: die Durchsetzungsfähigkeit der politischen Partizipanten ist nicht allein die Größe ihrer Organisation, sondern sind auch einige andere Faktoren verantwortlich;
s. dazu H. Clade, Der Katalog der Verhandlungsmacht von Organisationen und Verbänden, in: Die Mitarbeit, 16 (1967), 142 ff., S. 144 ff.
133) Diesen Einwand haben Boulding und Etzioni, a. a. O., mit Recht gegen Braybrooke/Lindblom vorgebracht.
134) Eine Führungsverantwortung ist damit ausgeschlossen;
dazu Ph. Selznik, Leadership in Administration, 2nd ed. New York 1966, S. 62.
Claus A. Lutz, geb. 1937, Studium der Rechtswissenschaften, Politikwissenschaft und Soziologie in Freiburg i. Br. und in Genf; nach dem zweiten juristischen Staatsexamen Assistent am Seminar für Wissenschaftliche Politik in Freiburg; seit 1970 im Planungsstab des Bundesministeriums für Bildung und Wissenschaft.
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