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Zur Entwicklung des Parlaments unter der Ordnung des Grundgesetzes | APuZ 39/1974 | bpb.de

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APuZ 39/1974 Artikel 1 Zur Entwicklung des Parlaments unter der Ordnung des Grundgesetzes Zum Selbstverständnis des Deutschen Bundestages Parlamentsreform als Ausdruck eines sich wandelnden Selbstverständnisses

Zur Entwicklung des Parlaments unter der Ordnung des Grundgesetzes

Ulrich Scheuner

/ 37 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Stärker als in der Weimarer Verfassung, die dem Reichspräsidenten eine zentrale Stellung einräumte, ist im Verfassungsaufbau der Bundesrepublik Deutschland das Parlament in den Mittelpunkt gestellt worden. Die Beständigkeit und Handlungsfähigkeit des parlamentarisch-politischen Systems in der Bundesrepublik ist indes nicht so sehr eine Auswirkung der Verfassungskonstruktion als die einer durch die gesetzlich eingeführte Fünf-Prozent-Klausel geförderten Konzentrationsbewegung, die 1949 nicht vorauszusehen war, sowie eines relativ langfristigen Wechsels der Regierungskoalitionen. Die gegenwärtige Stellung des Parlaments wird weitgehend durch seine Ausgestaltung zu einem weniger auf die aktuelle politische Debatte als auf die gründliche gesetzgeberische Arbeit und die Mitwirkung in Sachfragen ausgerichteten Arbeitsparlament bestimmt. In der Ausstattung mit Hilfsdiensten und anderen Erleichterungen nimmt der Bundestag daher unter den europäischen Parlamenten eine Spitzenstellung ein. Wenn trotzdem immer wieder ein Rückgang seines Einflusses beklagt wird, so hat das in der ständigen Ausweitung der Staatsaufgaben und dem Vordringen des planerischen Elements seine Ursache, die der Exekutive einen Vorsprung geben. Abhilfe hiergegen kann nur die Ausformung neuer Wege der Mitwirkung und der vorgreifenden Kontrolle des Parlaments bringen. Die künftige Entwicklung wird angesichts der wiederauflebenden antiparlamentarischen Strömung in der radikaldemokratischen gesellschaftlichen Kritik von einer Festigung seiner Legitimation im Volke und der Behauptung einer starken Position gegenüber der Macht der Verbände abhängen.

I. Die Stellung des Bundestags im Verfassungssystem

Volker Szmula: Zum Selbstverständnis des Deutschen Bundestages.......... S. 19

Zum ersten Male in der deutschen Verfas-

sungsentwicklung räumte die bei der Begründung der Bundesrepublik aufgerichtete Ordnung des Grundgesetzes dem Parlament ohne Einschränkung eine entscheidende Position im Aufbau des Verfassungssystems ein

Das Parlament trat damit aus der Rolle eines nur mit begrenzten Aufgaben betrauten oder durch andere Verfassungsinstitutionen ausgewogenen Organs heraus und nahm eine zentrale Stellung im Aufbau der staatlichen Grundordnung ein. Der Reichstag der Kaiserzeit war trotz der Verleihung wichtiger Befugnisse auf dem Gebiet der Gesetzgebung und des Haushalts doch in der Lage eines Verfassungsorgans verblieben, das die politische Gestaltung beeinflussen und an ihr Kritik üben, sie aber nicht maßgebend bestimmen konnte. Das in sich geschlossene Gefüge des kaiserlichen Regierungssystems, in dem dem Monarchen die Bestimmung des Leiters der Politik des Reiches frei zustand, war darauf angelegt, die politische Leitung von den Parteiverhältnissen des Parlaments unabhängig zu begründen. Die Neigung, Abhängigkeit von parlamentarischen Mehrheiten zu vermeiden, blieb ein Leitgedanke der Politik des Reiches wie der einzelnen Länder, auch wenn bei einer anderen Grundeinstellung sich hätten Entwicklungen anbahnen können, die eine solche Verbindung mit Parlamentsmehrheiten hätten herstellen können Auch die Verfassungsordnung der Weimarer Republik folgte nun zwar dem im Oktober 1918 vollzogenen Übergang zu einer parlamentarisch fundierten Regierung, aber sie schloß sich doch darin der Überlieferung wie auch den während des Krieges entwickelten Gedankengängen bedeutender Autoren an, daß in dem System der Exekutive eine selbständige und starke Stellung gegeben werden müsse, um ein Gegen-gewicht zum Parlament zu schaffen und der Bildung eines „echten“ gleichgewichtigen parlamentarischen Systems zu dienen

Wenn also nun auch das Parlament als Vertretung der Volkssouveränität anerkannt wurde, so wurde neben ihm im Reichspräsidenten Dieser Beitrag wurde mit freundlicher Genehmigung der Kommission für Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien, Bonn-Bad Godesberg, aus dem in Kürze erscheinenden Sammelband „Gesellschaft, Parlament und Regierung. Zur Geschichte des Parlamentarismus in Deutschland“, hrsg. von Gerhard A. Ritter, entnommen. eine gleichfalls auf Volkswahl gegründete kräftige Exekutive geschaffen, der nach wie vor die Bestellung des Kanzlers anvertraut blieb, bei den unsicheren Mehrheitsverhältnissen der Weimarer Zeit keine unbedeutende Befugnis. Es ist nicht gerechtfertigt, schon in diesem Moment einer dualistischen Struktur den Ansatz eines Scheiterns der Verfassung zu sehen Hätte der Spiegel der Parteien eine stabilere Regierungsführung ermöglicht, hätte das parlamentarische Regime auch am Ende der zwanziger Jahre seine Wirksamkeit bewahren können. Im tatsächlichen Verlauf wurde durch die fortschreitende Schwächung der Parteien der Weimarer Koalition, das Verhalten der Parteien, die oft ein »Tolerieren“ einer Minderheitsregierung der eigenen Verantwortung vorzogen, und durch den Grundstrom einer der Demokratie fremdbleibenden Gesinnung in weiten Kreisen ein Funktionsmangel des Systems herbeigeführt, der am Ausgang der zwanziger Jahre das andere Grundmoment der Verfassung in Gestalt eines Übergangs zu einem präsidentiellen System zur Herrschaft brachte.

Es ist oft bemerkt worden, daß die Schöpfer des Grundgesetzes in starkem Maße an die Erfahrungen der Weimarer Epoche anknüpften und in der neuen Ordnung die Mängel der damaligen Zeit zu vermeiden suchten Die Grundentscheidung für ein demokratisches System nach dem Muster einer parlamentarischen Regierung war im Parlamentarischen Rat nicht umstritten. Man suchte sich gegen zwei Schwächen der Weimarer Zeit vor allem zu sichern. Einmal sollte nicht wieder eine selbständige Exekutive entstehen, die den Ansatz eines Gegengewichts gegen das Parlament bilden könnte. Daraus ergab sich eine ausgeprägte Minderung der Befugnisse des Präsidentenamts Zum andern glaubte man sich gegen eine Instabilität der Kabinette und ein Bündnis der Flügelparteien sichern zu sollen, da man damals die in der Folge eintretende Konzentration der Parteien noch nicht vorhersah. Diese Besorgnis gab Anlaß zur Einführung des konstruktiven Mißtrauensvotums (Art. 67 GG). Die hierauf gegründete Hoffnung zeigte freilich zugleich, daß man auch noch 1949 die Funktionsweisedes parlamentarisdienRegierungssystemsniditausreichend begriffen hatte. Man hatte nicht erkannt, daß eine Regierung ohne Mehrheit im Parlament in der Gegenwart mit ihrem ständigen Bedarf an neuer Gesetzgebung nicht funktionsfähig ist Die einzige bisher erfolgte Anwendung des Mißtrauensvotums im Bundestag, der Antrag der CDU/CSU-Fraktion, über den am 27. April 1972 abgestimmt wurde, hätte im Fall seines Durchdringens alsbald zur Ablösung der Bundesregierung durch eine neue Mehrheit geführt In der Tat wird man wohl die Idee des konstruktiven Mißtrauensvotums und die in ihm verborgene Vorstellung der Fortführung einer Minderheitsregierung nicht für eine praktische Möglichkeit halten können. Das Ende eines Kabinetts wird, wenn es vorzeitig eintritt, durch Zerfall der Koalition bewirkt Ein viel bedeutsamerer und wesentlicher Zug der Ordnung des Grundgesetzes ist hingegen die strenge Ausprägung der repräsentativen Demokratie. Die Nichtaufnahme der in Weimar vorgesehenen plebiszitären Formen beruht auf den ungünstigen Erfahrungen, die man damals mit der Veranstaltung von Volksbegehren mit radikalen Forderungen gemacht hat.

Eine Verfassung stellt einen in die Zukunft gerichteten Entwurf einer politischen Ordnung dar. Sie setzt der Entwicklung damit einen festen Rahmen aber sie läßt ihr auch gerade in den zumeist nur in den grundsätzlichen Umrissen gezeichneten Regelungen des politischen Prozesses auch einen erheblichen Spielraum. Das gilt in besonderem Maße von einer politischen Form wie dem parlamentarischen Regierungssystem, das in starkem Maße von der Formung der Parteien und anderer politischer Kräfte wie von dem Stil der Führung abhängt und das daher recht unter-Redliche Ausprägungen von derselben nor-

nativen Grundlage aus erfahren kann. Ein entscheidendes Moment ist freilich im. Grundgesetz damit ausgeprägt, daß nunmehr dem Bundestag die Wahl des Kanzlers anvertraut ist'das legt auf das Parlament und seine Be-

iehung zur Regierung einen entscheidenden Akzent.

Inder Tat hat sich die gegenwärtige parlamentarische Regierungsform unter dem Grundgesetz innerhalb des gesetzten Rahmens entwickelt. Freilich in manchen Stücken nicht in der erwarteten Richtung. Es hat eine größere Stabilität der Regierungen erreicht, als angenommen wurde. Das liegt an erster Stelle an der spezifischen Gestaltung der Parteiverhältiiisse und nicht so sehr an dem, was man sich angewöhnt hat, die Kanzlerdemokratie zu nennen. Diese ist keineswegs in dem Maße, wie es oft behauptet wird, das Ergebnis der normativen Ordnung des Grundgesetzes, wiewohl diese dem Kanzler gegenüber den Ministern eine starke Position eingeräumt hat. Sie beruht vielmehr auf der Stabilität der Koalitionen, dem Übergewicht einer Partei in ihnen während langer Zeit und dem persönlichen Füh-

tungsstil Adenauers Alle Regierungen der Bundesrepublik waren Koalitionsregierungen. Entgegen den Erscheinungen der Weimarer Zeit, in der solche Verbindungen meist mehrerer Parteien selten lange hielten, blieben sie angesichts des Übergewichts der führenden Partei und vielleicht auch wegen der Übung vorheriger Koalitionsabreden beständig. Es zeigt sich sogar eine Tendenz zu einer erheblichen Konstanz der Regierung über eine Wahlperiode hinweg. Die CDU/CSU blieb 17 Jahre an der Macht, und nach dem Übergang der Großen Koalition (1966— 1969) vermochte das Kabinett Brandt-Scheel sich in der Wahl von 1972 zu behaupten.

Man kann andererseits die Frage stellen, ob diese Dauerhaftigkeit der Regierungen, die sich praktisch wie in England dahin auswirkt, daß normalerweise die Regierung die ganze Wahlperiode über besteht, nicht eher zur Stärkung der Exekutive als der Legislative geführt hat. In der literarischen Diskussion wird, zuweilen in übertriebener Form, gern ein Zurücktreten des Parlaments gegenüber dem Machtanstieg der Regierung vertreten. In einem gewissen Grad wird man feststellen können, daß Bedeutung und Einfluß der Regierung sich in der Entwicklung seit 1949 verstärkt haben. Dafür lassen sich verschiedene Gründe anführen. Ein Moment liegt darin, daß in einer Zeit ständiger Ausweitung der Staatsaufgaben das staatsleitende Organ, dem die Direktion dieser umfassenden Tätigkeit obliegt, notwendig an Gewicht gewinnen muß, zumal die parlamentarische Kontrolle das weite Feld dieser Aktivitäten nicht mehr wirklich durchdringen kann.

Bedeutsamer ist aber wohl ein zweiter Gesichtspunkt, der wiederum mit der Annäherung des politischen Systems der Bundesregierung an ein effektives Zweiparteiensystem zusammenhängt. Verfügt eine Regierung über eine feste und stabile Mehrheit, so bildet sich ein Regime heraus, in dem die Regierungspartei oder -koalition sich eng mit der Regierung verbindet und das Gegenüber des Parlaments nicht zum Ausdruck bringt. Dies zu tun fällt vielmehr der Opposition zu. Der eigentliche Gegensatz innerhalb des Systems liegt mithin in dem Gegenspiel Regierung-Opposition. In diesem Verhältnis besitzt aber eine Regierung unter modernen Verhältnissen einen sehr großen Vorsprung in Fachkenntnis und Information, wie auch in der Beeinflussung der Öffentlichkeit. In dieser Situation liegt der Vorrang der Regierung begründet, den andere Momente, wie die Ausdehnung politischer Planungen und die Verlagerung mancher Entscheidungen, in die außenpolitische oder europäische Ebene noch verstärken. Endlich trägt aber zu einer Relativierung der zentralen Stellung des Parlaments in der Gegenwart noch ein anderer Zusammenhang bei. In der heutigen Gesellschaft erlangen neben dem Parlament andere Kräfte politische Bedeutung, vor allem die Verbände und die Massenmedien, die eine direkte Einwirkung auf die öffentliche Meinung besitzen und dazu beitragen, den Prozeß der politischen Auseinandersetzung vom Parlament hinweg in ein weiteres Feld zu verlagern.

Im ganzen erfährt somit das in der Verfassungsordnung vorgezeichnete Bild der Stellung des Parlaments durch die Entwicklung der politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse erhebliche Modifikationen. Sie sind in der neuen Forschung erst teilweise erfaßt und herausgearbeitet worden und können da-5 her hier nur mehr in ihrem strukturellen Ansatz behandelt werden. In diese Untersuchung sind aber noch weitere Punkte einzubeziehen, die auf die Position des Bundestags im gesamten staatlichen Gefüge einwirken. Dazu gehört der Einfluß, den seine Arbeitsweise und seine Orientierung weniger zu einem Zentrum politischer Diskussion als einem Arbeitsparlament ausübt, die gesellschaftliche Herkunft und Einbettung des politischen Personals der Abgeordneten, die Verbindung zur Öffentlichkeit und endlich der Aufgabenbereich.

Seit der Mitte der sechziger Jahre, mit dem Aufkommen einer prinzipiellen Kritik an dem bestehenden politischen System der Bundesrepublik, sieht das Parlament aber auch die Grundlagen seiner Legitimität in der Vorstellung der Repräsentation einer kritischen Erörterung ausgesetzt. Von dem zuweilen mit uto. pischen Zügen ausgestatteten Gedankenbild einer direkten Demokratie her wird die Idee der Repräsentation in Frage gestellt und werden außerparlamentarische Formen unmittelbarer demokratischer Aktion, namentlich auch der Rätegedanke, in den Vordergrund gerückt Im Rahmen dieser Diskussion und ihrer kritischen Anfragen an Effizienz und Ausstrahlung des Parlaments werden Grundfragen seiner Position aufgeworfen und treten antiparlamentarische Strömungen ans Licht Die vielfältigen Probleme, die eine Analyse der Rolle des Parlaments in der Verfassungsordnung der Bundesrepublik aufwirft, können hier nur im Überblick entfaltet werden, zumal es noch an Einzelforschungen fehlt. Sie werden hier unter einigen leitenden Gesichtspunkten zusammengefaßt.

II. Die Ausformung des Regierungssystems

Unter der Kanzlerschaft Konrad Adenauers formte sich in den fünfziger Jahren eine politische Praxis aus, in der die Figur des Kanzlers sowohl gegenüber den Mitgliedern des Kabinetts wie gegenüber Parteien und Parlament eine hervorragende Stellung gewann. Man hat vielfach die Wurzeln dieser „Kanzlerdemokratie“ bis in die vom Parlamentarischen Rat entworfene grundgesetzliche Ordnung zurückverfolgt. Das ist nur teilweise richtig. Gewiß ist dort die Stellung des Bundeskanzlers innerhalb des Kreises der Minister durch die Befugnis zur Festsetzung von Richtlinien wie durch die alleinige Heraushebung seiner parlamentarischen Verantwortung gegenüber einem Mißtrauensvotum hervorgehoben

Aber diese rechtlichen Möglichkeiten gelangten erst zu voller Wirksamkeit durch die Stabilität der Regierungsführung und die Persönlichkeit des ersten leitenden Staatsmanns der Bundesrepublik. In der Folgezeit haben sich ebenso Führungsschwächen wie die Bindung durch die Rücksichtnahme auf den Koalitionspartner gezeigt. Während der Großen Koalition (1966-1969) konnte angesichts des Gleichgewichts der Partner von einer bestimmenden Rolle des Kanzlers schwerlich gesprochen werden.

Das parlamentarische System beruht in seiner Konzeption auf der Einsetzung des Leiters der Regierung oder des ganzen Kabinetts durch parlamentarische Wahl oder Billigung und der Möglichkeit der Abberufung durch das Parlament. Es kann aber sehr verschiedene Formen annehmen. In England, dessen Kabinette noch in der Mitte des 19. Jahrhunderts eine lockere Verbindung von Politikern darstellten, hat sich seit der Bildung festgefügter Parteiorganisationen im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts eine strenge Einheit des Kabinetts und ein steigender Machtzuwachs für den Pre-mierminister ergeben Abgesehen von den nationalen Koalitionen während beider WeltKriege wird die Regierung von einer Partei gestellt und beruht das politische Wechselspiel auf dem Vorhandensein zweier geformter Regierungsmannschaften, über deren Berufung die Wahl entscheidet.

Auf dem Kontinent bildete sich ein ganz anderer Typ des Regimes heraus. In Frankreich der HI. und IV. Republik, in Italien und in Belgien bestand eine Vielheit von Parteien. Regierungen mußten notwendig aus Koalitionen hervorgehen und wiesen ein hohes Maß an innerer Brüchigkeit auf. Die Instabilität der einzelnen Regierungen verdeckte freilich, daß Kabinettswechsel zumeist nur ein Auswechseln einzelner mitregierender Parteien und Persönlichkeiten bedeutete, im Ergebnis daher eine erhebliche politische Kontinuität sich ergab, die der scharfen Gegensätzlichkeit des englischen Musters entbehrte. Die Verfasser des Grundgesetzes hatten eher den letzteren Typ vor Augen, in dem sie von Weimarer Erfahrungen ausgingen.

Daß die Entwicklung einen anderen Weg einschlug, ist in erster Linie durch die Gestaltung des Parteiensystems nach 1949 bedingt. Es führte zur Bildung zweier großer Parteien und kam damit dem englischen Bild näher. In dieser Hinsicht war die Gründung der CDU von maßgebender Bedeutung. Sie formte einen Block nichtsozialistischer Gruppen zusammen, geeignet zur Bildung einer breitangelegten Volkspartei. Sie verhinderte zugleich die Neubildung einer stärkeren rechten Parteifonnation. Was sich an Rechtsparteien unter dem Grundgesetz formierte, trug den Charakter radikaler Bildungen, die keine dauerhafte Existenz erlangten So ergab sich eine Annäherung an ein System zweier großer Parteien, nachdem die CDU zwei kleinere Gruppen regionaler und interessenmäßiger Art (Deutsche Partei und BHE) in den fünfziger Jahren praktisch aufgesogen hatte. Allerdings bildete das Bestehen der FDP eine wichtige Abweichung von dem englischen Vorbild, das einer kleineren Partei als Zünglein an der Waage erlaubte, den Machtübergang auf eine sozial-liberale Koalition im Jahr 1969 zu vollziehen. Die enge Bindung, die die FDP inzwischen an die Sozialisten eingegangen ist, nähert die Lage aber wieder einem Zweiparteiensystem. Ob der Trend zu einer langfristigen, über mehrere Wahlen hinwegreichenden Präferenz der Wählerschaft für eine politische Richtung anhalten wird, ist dabei eine offene Frage.

Diese Entwicklung hat sich vollzogen, obwohl die vom Grundgesetz offengelassene Bestimmung über das Wahlsystem zugunsten des Verhältniswahlrechts entschieden wurde. Die CDU neigte freilich schon im Parlamentarischen Rat einem Mehrheitswahlrecht zu, und sie erneuerte dies Bestreben nach der Bildung der Großen Koalition im Jahre 1966, ohne damit angesichts der Ablehnung ihres Koalitionspartners, der SPD, durchzudringen Damit dürfte im politischen Kräftespiel der Bundesrepublik eine definitive Entscheidung für die Beibehaltung des Verhältniswahlsystems gefallen sein Das mag einmal, etwa mit dem weiteren Erstarken linker Gruppierungen, die Rückkehr zu einem stärker differenzierten Parteienspiegel möglich machen. Die jetzige Lage mit ihrer seit 1969 scharf gewordenen Konfrontation hat erneut die wichtige Rolle der Opposition hervortreten lassen, sie zeigt aber auch die Notwendigkeit, in einer solchen Situation die Grenzen des Verfassungskonsenses einzuhalten, auf dem die Anerkennung der Mehrheit beruht. Eine Milderung ergibt sich jedenfalls aus dem föderalen Aufbau. Solange eine Opposition in einigen Bundesländern an der Regierung teilnimmt, nimmt sie in diesem Rahmen an politischer Verantwortung und Information teil und bleiben Wege der Zusammenarbeit offen

Für die Entwicklung des Parteiensystems ist ein Punkt der rechtlichen Ordnung von unmittelbarer Bedeutung gewesen, die schon von Anfang an dem Wahlgesetz des Bundes eingefügte Sperrklausel, die Parteien vom Verhältnisausgleich ausschließt, die im Wahl-gebiet nicht 5 0/o der Stimmen erreichen. Diese Klausel ist in ständiger Rechtsprechung vom Bundesverfassungsgericht gebilligt worden indem es auf die damit geförderte Funktionsfähigkeit des Parlaments zur Regierungswahl hinweist und die Bekämpfung von Splitterparteien — wiederum im Blick auf die Weimarer Zeit — für begründet erklärt. Diese Klausel dürfte für die Geschichte der Parteienbildung nach 1949 eine weittragende Rolle gespielt haben. Sie hat ebenso den schließlichen Anschluß kleinerer Gruppen (DP und BHE) an die CDU wie den jeweils raschen Niedergang der rechtsradikalen Gruppen befördert wie das Aufkommen einer linken Alternative zur SPD verhütet. Die damit gegebene Tendenz zur Konzentration, die auch der Neubildung von Parteien erhebliche Schranken zieht, hat auf die Formung des politischen Systems, der Bundesrepublik mithin einen nicht unerheblichen Einfluß ausgeübt.

Für die Stellung des Parlaments in der Gegenwart ist es weiterhin von großem Gewicht, daß in der Bundesrepublik die führende Rolle der Parteien im politischen Geschehen nunmehr eine offene, auch verfassungsrechtliche Anerkennung fand (Art. 21 GG), daß ihnen aber auch praktisch von Anfang an unbestritten eine entscheidende Position zufiel. Daran haben auch Restbestände eines Vorbehalts gegen sie und die neuere Kritik der Neuen Linken an ihrem verfestigten Aufbau nichts geändert. In der Tat ist ihre Herrschaft auf der politischen Szene nun viel ausgesprochener als in der Weimarer Zeit. Gab es damals sogar parteilose Reichskanzler (Luther), so ist nun die Entnahme der Minister in Bund und Ländern aus den Parteien des Bundestags oder der Landtage zu einer selten durchbrochenen Regel geworden. Dabei findet, wie dies auch in früheren Epochen geschah, noch immer ein Wechsel aus der Landes-in die Bundespolitik und umgekehrt statt. Von den Kanzlern kamen Kiesinger und Brandt ur. sprünglich aus der Landespolitik, ebenso wie führende Oppositionspolitiker (H. Schmidt Stoltenberg, Helmut Kohl). Umgekehrt zogen gelegentlich Abgeordnete des Bundestages den Aufstieg ins leitende Amt in einem Land der Fortsetzung geduldigen Wartens im Bund vor (Kiesinger).

Diese maßgebende Position der Parteien als Reservoir des politischen Personals wirkt sich auch darin aus, daß nun der Weg auch zu politisch besetzten Führungsstellen im Bereich der Staatswirtschaft und anderer öffentlicher Einrichtungen fast ausschließlich über die Parteien führt. Diese haben sich sogar, entgegen der gesetzlichen Grundlage und entgegen den Intentionen des Fernsehurteils des Bundesverfassungsgerichts, auch tatsächlich als maßgebende Faktoren in den meisten Fernsehanstalten etabliert Ihr Einfluß beherrscht nicht nur die Gemeindepolitik, sondern reicht auch in die Verwaltung hinein. Die hier bestehende personale Verflechtung öffnet den im Parlament tätigen Politikern einen weitreichenden Einfluß im öffentlichen Leben, der zwar im einzelnen schwer überblickbar ist, aber in seiner Auswirkung die Einwirkung der im Parlament sitzenden Politiker doch verstärkt. Diese Entwicklung akzentuiert jedenfalls, auch wenn sich gegen sie manche kritische Stimme erhebt, die Züge der beruflichen Ausformung einer politischen Laufbahn, die über die Parlamente zu leitenden Positionen im Staatsleben führt.

Für die Stellung des Parlaments im politischen Bereich ist seine Beziehung zur Regierung noch immer von ausschlaggebender Bedeutung. Auch wenn sich, wie bereits dargelegt wurde, in einem System mit fester Mehrheitsbildung einer Partei oder einer Parteien-koalition der Gegensatz Regierung—Parlament richtiger als ein solcher zwischen Regierung und Mehrheitsparteien auf der einen, der Opposition auf der anderen Seite begreifen läßt, wäre es doch unrichtig, den auch in der Mehrheitsgruppierung fortbestehenden Unterschied der im Regierungsgeschäft stehenden und der parlamentarischen Kräfte zu unterschätzen. An der Stärkung und Entwicklung der eigenen Stellung besteht ein gemeinsames Interesse des ganzen Hauses, das insbesondere auch der Verbesserung seiner Arbeitsbedingungen durch den Ausbau seiner wissen-

schaftlichen Hilfsdienste wie der den Parlamentariern zur Verfügung stehenden Assistenten gilt, Nadi dieser Richtung hat die Gegenwart demParlament weit über frühere Einrichtungen hinausgehende Möglichkeiten geschaffen, die es den einzelnen Abgeordneten gestatten, sich breitere Informationen zu verschaffen Die Komplexität der modernen Verhältnisse, mit denen sich das Parlament als Gesetzgeber wie als politische Instanz zu befassen hat, lassen eine solche Verbreiterung der institutioneilen Ausstattung des Parlaments als nötig erscheinen. Der Deutsche Bundestag dürfte unter den europäischen Parlamenten in dieser Hinsicht in vorderer Reihe stehen.

Freilich weist diese Ausgestaltung der organisatorischen Hilfen für das Parlament gerade auf den Zusammenhang hin, in dem am meisten heute von einem Rückgang der Stellung des Parlaments gegenüber der steigenden Macht der Exekutive gesprochen wird. Es handelt sich um den Vorsprung in Information und technischer Kenntnis, der der Bürokratie gegenüber der Legislative einen starken Vorzug gewährt. Je weiter die stete Ausdehnung der staatlichen Aufgaben ausgreift, je vielfältiger und komplexer die zu bewältigenden Probleme werden, desto schwieriger wird es für die gesetzgebenden Körperschaften, im Detail mit den Ministerien Schritt zu halten. Hier liegt freilich auch eine Frage an das Parlament selbst und seinen Arbeitsstil. In der Beurteilung politischer Zusammenhänge, in der Würdigung ihrer Auswirkungen auf die Bevölkerung vermag das Haus durchaus seine eigene Stärke zu entfalten. Es kann auch nicht als ein Verlust an Einwirkung angesehen werden, daß die meisten Gesetzentwürfe von der Regierung vorgelegt werden Das ist vielmehr eine normale Aufgabenverteilung. Es gehört zu dem eigenen

Kreis der Staatsleitung, daß von ihr aus die Initiative zu neuen gesetzlichen Maßnahmen ausgeht und daß sie mit Hilfe ihrer Fachkräfte die nötigen Entwürfe aufstellt. Die Gesetzesinitiative ist kein Teil der legislativen Aufgabe des Bundestages, auch wenn ihm die Möglichkeit offensteht, aus seiner Mitte selbst Gesetzesanträge einzubringen. Im Bereich der Gesetzgebung wird man angesichts der im allgemeinen eingehenden Ausschußberatung die Rolle des Bundestags nicht als verringert ansehen können.

Anders steht es im Feld des Haushalts und der politischen Kontrolle. Der moderne Haushalt, der längst über seine fiskalische Tragweite hinaus zu einem Instrument wirtschaftlicher und konjunktureller Steuerung geworden ist und der sich anschickt, mehrjährige Finanzperioden zu umfassen, öffnet sich nur mehr begrenzt parlamentarischer Mitwirkung, die vornehmlich durch den Haushaltsausschuß erfolgen muß. Es deutet freilich auf einen Rückgang parlamentarischer Mitwirkung hin, wenn der Haushalt, wie dies 1972 geschah, erst nach Abschluß des Finanzjahrs zur Vorlage gelangt. Ein besonderes Problem entsteht durch die Ausbildung einer zentralen politischen Planung. Die Sammlung der Informationen, die Abstimmung der Prioritäten unter den Aufgaben, der Ausgleich der vorhandenen Mittel, das ist gewiß zunächst eine in den Bereich der Regierungsinitiative fallende Aufgabe Die Aufstellung mittelfristiger Pläne kann freilich die künftige Tätigkeit des Parlaments stark beeinflussen und zu Vorentscheidungen führen, die die spätere Gesetzgebung präjudizieren. Hier liegt also wiederum ein Gebiet, auf dem sich ein Vorrang der Exekutive abzeichnet.

Es darf als ein Zeichen der Aufmerksamkeit und auch der Stärke der bundesdeutschen gesetzgebenden Körperschaften angesehen werden, daß sich in ihnen bereits seit Jahren Bestrebungen geltend machen, eine rechtzeitige und angemessene Beteiligung an den Planungen zu erreichen. Gesetzentwürfe, zumeist der Opposition, haben einige der Landtage beschäftigt, und auch die vom Bundestag eingesetzte Enquete-Kommission hat sich mit dieser Frage auseinandergesetzt Es kann sich hierbei nur um rechtzeitige Information und Ermöglichung einer Stellungnahme für das Parlament handeln, nicht um verbindliche Festlegungen, die bei dieser flexiblen Materie an sich ungeeignet wären. Es ist für den bestehenden Gegensatz zwischen Exekutive und Parlament — und natürlich spielt hier auch die Spannung zur Opposition hinein — bezeichnend, daß sich die Regierungen in Bund und Ländern gegenüber einer solchen Teilnahme der Legislative an der Planung zurückhaltend zeigen Die ganz Debatte aber, die, soweit ich sehe, auf die Bundesrepublik beschränkt ist, zeigt jedenfalls, daß in ihr die Legislative keineswegs so stark zurückgedrängt ist, wie zuweilen angenommen wird, vielmehr mit Wachsamkeit ihre Position zu erhalten sucht.

Die Rolle der Legislative wird auch in beträchtlichem Ausmaß durch ihre eigene Bewertung ihrer Aufgaben und durch ihren danach bestimmten Arbeitsstil bestimmt. Das englische Parlament ist auch heute noch, obwohl seine gesetzgeberische Tätigkeit zugenommen hat und obwohl Bestrebungen auf Stärkung der Ausschußarbeit vorliegen, in erster Linie auf die politische Debatte im Plenum ausgerichtet, in der die laufenden politischen Fragen zur Sprache kommen. Auch in England zeigt sich freilich die Neigung der* Politiker, politische Auseinandersetzungen in andere Wirkungsfelder, in Presse und Massenmedien zu verlagern. Aber die Form der parlamentarischen Arbeit ist hier auf den Vorrang der politischen Funktion der Volksvertretung abgestellt Der Bundestag hingegen steht in einer anderen Tradition. Die deutschen Volksvertretungen haben sich stets mit besonderem Eifer ihrer gesetzgebenden Aufgabe angenommen. Zu ihrer Erledigung haben sie ein System von Ausschüssen entwickelt, die ihnen in der Gegenwart einen erheblichen Einfluß auf die Gesetzgebung sichern. Die politische Debatte fehlt nicht, aber sie ist durch ein von den Fraktionen ausgebildetes System vorheriger Festlegung der Redner, ja auch des Gehalts ihrer Darlegungen vor wichtigen Diskussionen, in ein festes, oft unlebendiges Gewand gepreßt

Obwohl Befragungen der Abgeordneten ergeben, daß man eine Verbindung von politischem Parlament und Arbeitsparlament anstrebt, überwiegt der Chrakter des letzteren, Das hat beträchtliche Auswirkungen für die Ausstrahlung des Parlaments in die Öffentlichkeit, die im Laufe der letzten beiden Jahrzehnte eher gesunken ist. Hier liegt eine Wurzel der mangelnden Auswirkung des Bundestages in der Öffentlichkeit. Man hat versucht, durch Neugestaltung des Stils der Verhandlungen im Plenum — Einführung der Fragestunde, Versuch einer Kürzung der Redezeit, öffentliche Hearings der Ausschüsse — das politische Moment und die Wirkung nach außen zu steigern, mit begrenztem Erfolg Gegenüber einer langen Tradition fleißiger und solider Arbeit in den Ausschüssen und fraktionsgesteuerter Debatten läßt sich, namentlich bei zurückgehender Beachtung der Volksvertretung in der Presse schwer ankämpfen. Wenn schon zur Zeit der Weimarer Verfassung behauptet wurde, ein Parlament rechtfertige sich nur als Stätte öffentlicher Diskussion, so entsprach diese auf Theorien des frühen 19. Jahrhunderts abstellende These auch damals nicht der Realität. Aber sicherlich liegt hier eine der Ursachen geringer Publizität der Leistung des Bundestags.

Faßt man diese Linien der Entwicklung zusammen, so wird deutlich, daß das parlamentarische System in der Bundesrepublik durchaus eigene, stark auch in der Tradition der deutschen Legislative verwurzelte Züge trägt. Die Ausbildung eines dem Zweiparteienschema nahekommenden parteipolitischen Spiegels hat die Stabilität der Regierungen gefördert und angesichts fester Mehrheiten ihre Position befestigt. Doch bleibt die Führungsposition des Kanzlers deutlich von Koalitionsbindungen und den persönlichen Faktoren abhängig. Ähnlichkeiten mit dem englischen Regime werden durch andere Züge wieder abgeschwächt. Zu ihnen gehört auch, daß immer noch die Regierungen sich eher als Leiterin des ministeriellen Apparats in einer Distanz zur Volksvertretung sieht als daß sie ihre politische Funktion als Ausdruck einer bestimmten Mehrheit in den Vordergrund rückt. Die Arbeitseffizienz des Parlaments ist beträchtlich, in einem gewissen Ausmaß aber auf Kosten der öffentlichen Wirksamkeit. Die Gesetzgebungsarbeit nimmt einen großen Teil der Kraft und Zeit des Hauses in Anspruch, während seine Kontrollaufgabe angesichts der schwer übersehbaren Extension moderner Administration eher zurücktritt. Das hängt mit der insgesamt noch nicht zureichend entfalteten Position der Opposition zusammen. Im Ergebnis behauptet die Volksvertretung eine zentrale Stelle im Verfassungsleben, ohne daß dies aber in ihrer Offentlichkeitswirkung wirklich voll zum Ausdruck gelangt.

III. Die Legitimationsgrundlage des Parlaments

Ansehen und Einfluß der Parlamente beruhte inder neureren europäischen Verfassungsentwicklung auf ihrer Legitimation als Repräsentanten der gesamten Bevölkerung. Sie verkörperten im Staatsaufbau das liberale, dann mit der Überwindung älterer Wahlrechtsordnungen, die den Kreis der Wähler auf Besitz und Bildung beschränkten, das demokratische Element. Diese Eigenschaft als Vertretung der gesamten Bevölkerung weist ihnen im demokratischen Staat eine zentrale Stellung an. Von diesen Vorstellungen geht auch die Ordnung des Grundgesetzes aus. Wenn es die Staatsgewalt entsprechend dem Grundgedanken der Demokratie vom Volk ableitet (Art. 20 GG), so wird die Ausübung dieser staatlichen Machtbefugnisse durch das Prinzip der Repräsentation getragen. Es mag offen bleiben, wieweit in der Zeit der Entstehung des Grundgesetzes der Sinn der Repräsenta-tion — der in der Übertragung politischer Bestimmung auf Vertreter, in deren Beauftragung zu der nach der modernen Konzeption selbständigen politischen Entscheidung besteht— von einer allgemeinen Annahme bestätigt war. Der Parlamentarische Rat hat jedenfalls durch seine Ablehnung der Aufnahme plebiszitärer Einrichtungen in die Verfassungsordnung — abgesehen von der Neugliederung (Art. 29 GG) — die Ausgestaltung im Sinne der repräsentativen Demokratie deutlich zum Ausdruck gebracht.

Erst im Laufe der fünfziger Jahre traten, in Annahme mancher Strömungen aus der Weimarer Zeit, Stimmen hervor, die eine Neigung zur Betonung der direkten Demokratie und demgemäß zu kritischer Beurteilung der Formen der Repräsentation zeigten. Man sprach von der „Mediatisierung" des Volks durch die Parteien und in eindrucksvoller Weise suchte Gerhard Leibholz darzulegen, daß gegenüber der liberalen, auf Vertretung gestellten Demokratie die heutige Parteiende-mokratie eine Form der direkten Demokratie darstelle, da die Parteien sich mit dem Volk identifizieren Dieser These, die den repräsentativen Zug auch der Parteiorganisation verkennt und die die repräsentative mit einer liberalen Phase der Entwicklung gleichsetzen und damit historisch beiseite rücken möchte, ist Widerspruch begegnet In ihr drückt sich aber eine in jenen Jahren allmählich erstarkende Kritik daran aus, daß der Bürger in einem repräsentativen System zwar grundlegende Wahlentscheidungen treffen kann, aber zwischen ihnen die politische Bestimmung von ihm beauftragten Gremien überläßt. Forderungen nach Verstärkung der innerparteilisehen Demokratie, insbesondere nach breiterer Basis der Beschlußfassung über die Aufstellung der Kandidaten für das Parlament, Kritik an mangelnder Information der Wählerschaft bezeichneten schon am Ende des ersten Jahrzehnts des Grundgesetzes das Aufkommen einer kritischeren Haltung gegenüber dem Parlament. Erst mit dem Aufkommen der Neuen Linken um die Mitte der sechziger Jahre aber wurde diese negative Haltung auf breitere Grundlagen gestellt.

Von der grundsätzlichen Ablehnung institutioneller Machtbegründung aus wird nun den Parlamenten vorgeworfen, durch ihre Mitwirkung die befestigte Herrschaftsordnung nicht zu kontrollieren, vielmehr abzudecken, wird an den Parteien ihre hierarchische Struktur getadelt, die Bedeutungslosigkeit der Wahl-entscheidungen angesichts verfestigter Vor-entscheidungen durch das Establishment betont, insgesamt die fehlende unmittelbare Selbstverwirklichung des Volks in einem als autoritäre Herrschaft bezeichneten System beklagt. Statt dessen wird die Forderung nach Partizipation aller, nach größerer Transparenz der politischen Vorgänge, nach Demokratisierung aller Lebensbereiche erhoben Mit dieser oft harten Parlamentskritik verbindet sich der Gedanke, andere Formen unmittelbarer politischer Entscheidung zur Geltung zu bringen. Das imperative Mandat und die jederzeitige Abberufung politischer Vertreter werden empfohlen, ohne daß erkannt wird daß Lenkung durch Beschlüsse lokaler Partei-gremien, die nur einen kleinen Bruchteil der Wählerschaft darstellen, gegenüber der Bestimmung durch die gesamte Wählerschaft keine demokratische Legitimation besitzen, vielmehr minoritäre Gruppen zur Herrschaft führen. Wenn endlich in diesem Zusammenhang der Rätegedanke auftritt, so erhebt sich die Frage, ob damit nicht utopische Vorstellungen des Lebens in kleinen autonomen Gruppen auftreten, die den Bedingungen der modernen Industriegesellschaft keine Rechnung tragen oder ob hier nur die Räteorganisation als Vortrupp revolutionärer Machterringung erscheint. Im ganzen bedeuten diese Strömungen das Aufkommen einer längere Zeit ganz zurückgetretenen radikalen negativen Haltung gegenüber der Volksvertretung und den Formen der repräsentativen Demokratie. Sie tritt diesmal freilich nicht auf dem Boden autoritären Machtdenkens auf, sondern sucht auf der Basis des Klassenkampfes bestehende politische Strukturen in Frage zu stellen und zu überwinden.

Das Aufkommen der Parlamentskritik und antiparlamentarischer Strömungen in der zweiten Hälfte der sechziger Jahre zeigt den Wandel des politischen Klimas in der Bundesrepublik an. Damit vollzog sich nicht nur die Abkehr von der langen Herrschaft der CDU, sondern zugleich das Ende einer ersten Phase unbestrittener demokratischer Neuordnungen in der Nachkriegszeit. Der neue Abschnitt in der inneren Politik der Bundesrepublik, der mit der Bildung des sozial-liberalen Kabinetts 1969 einsetzte, brachte ein weitgespanntes Programm von Reformen auf verschiedenen Gebieten des sozialen Lebens, der Wirtschaftsordnung und der Bildungspolitik. Zu ihm gehörten aber nicht Umgestaltungen im Sinne der geschilderten, auf unmittelbare Demokratie gerichteten Tendenzen. Bestrebungen in dieser Richtung blieben auf begrenzte, meist jüngere, Kreise der regierenden Partei-m beschränkt. Im Gegenteil faßte die zur Prüfung der Fragen der Verfassungsreform durch Beschluß des Bundestags am 8. Oktober 1970 eingesetzte (und seither Anfang 1973 neu bestätigte) Enquete-Kommission des Bundestags in ihrem Zwischenbericht vom September 1973 in der Erörterung der Stellung von Untersuchungsausschüssen und der parlamentarischen Beteiligung an der politischen Planung eine Stärkung der Position des Parlaments ins Auge. Somit stellen jene kritischen Auffassungen nur die Auffassung begrenzter politischer Kräfte dar. Sie zeigen aber an, daß die gedankliche Begründung und die tatsächliche Gestaltung der Stellung des Parlaments erneuter und vertiefender Prüfung bedarf.

Die kritische Betrachtung weist in der Tat an einigen Punkten, auf bestehende Problembereiche in der Wirksamkeit heutiger Volksvertretungen hin. Der repräsentative Anspruch des Parlaments beruht darauf, daß es durch eine enge Verbindung zur Wählerschaft auch tatsächlich das Interessenfeld der Gesamtheit in sich widerspiegelt. Ist das in Auswahl und Bestand der Abgeordneten gewährleistet?

Kommen die wesentlichen Gruppen und Interessen der Gesamtheit im Bundestag zur Darstellung? Ist die Kommunikation mit der Wählerschaft ausreichend?

In den Volksvertretungen der kaiserlichen und Weimarer Zeit kann man bei den größeren Parteien ein Vorwiegen einer Erscheinung des Parlamentariers feststellen, der zugleich auch im bürgerlichen Leben, bei den Sozialisten in der parteilichen oder gewerkschaftlichen Organisation, einen gesicherten Platz, eine gewisse Honoratiorenstellung einnahm. Nach 1949 hat sich der schon in Weimar erkennbare Übergang zum Typ des Berufspolitikers verstärkt, der in manchen Fällen seine ganze Laufbahn innerhalb der Parteiorganisation zurücklegt. Das mag gelegentlich zu einer gewissen Isolierung der politischen Schicht führen. Zugleich hat sich die Interessendurchsetzung der Abgeordneten verfestigt, vor allem in dem erheblichen Anteil, den Angehörige der Gewerkschaften bei allen Fraktionen stellen. Im ganzen dürfte die berufliche Struktur etwas schmaler geworden sein, gewisse Gruppen relativ mehr in den Vordergrund getreten sein. In den Landtagen gewann in Verbindung mit Änderungen der Kommunalverfassung die Verbindung zwischen leitendem Kommunalamt und Abgeordnetenmandat eine weite Verbreitung, so daß in mehreren Ländern durch Gesetzgebung nach dieser Richtung gesetzliche Inkompatibilitäten begründet wurden In neuerer Zeit zeigt sich, ebenfalls vor allem in den Landtagen der Länder, ein Ansteigen des Anteils von Beamten, entweder solchen, die zeitweilig in den Ruhestand treten oder solchen, die bereits ausgeschieden sind. Gegen die umfangreiche Anwesenheit dieses Personenkreises in den Parlamenten können ebenfalls im Hinblick auf die Aufgabe der Kontrolle der Exekutive gewisse Bedenken erhoben werden

Da ungeachtet der Bemühung des Parteiengesetzes vom 24. Juli 1967 auf Verbreiterung der Beteiligung an der Aufstellung der Parlamentskandidaten die Entscheidung hierüber doch in der Hand engerer Parteigremien geblieben ist — und die Parteien selbst nur sehr geringe Prozentsätze der Bevölkerung in ihrer Organisation erfassen — so liegen an diesem Punkte gewisse Schwächen der Repräsentation hinsichtlich ihrer faktischen Grundlage vor. In der Verbindung zur Wählerschaft hat das Wahlrecht mit der „personalisierten Verhältniswahl“, wonach die Hälfte der Abgeordneten in direkter Wahl in Wahlkreisen gewählt wird (mit vollem Verhältnisausgleich über die Zuteilung der anderen Hälfte über Landeslisten) dahin geführt, daß faktisch die Parteien für die Wahlkreise Bewerber aufstellen, die eine enge Verbindung zu den Wählern eingehen sollen und die diese Aufgabe auch weithin wahrnehmen.

Schwächer ist dagegen, wie schon hervorgehoben, die Kommunikation des Parlaments mit der Gesamtheit. Der Raum, den Presse und Massenmedien der Arbeit der Volksvertretung widmen, ist schmal, und verschiedene Bemühungen um Abhilfe — auch Schaffung eigener Kommunikationsorgane — haben hier keine Änderung herbeiführen können. In die Richtung auf Verbreiterung innerparteilicher Partizipation der Wähler, auf Vermehrung der Publizität der politischen Vorgänge und auf größere Aktualität und Lebendigkeit der Plenardebatten bewegen sich daher auch praktische Reformbestrebungen.

Man könnte die Frage erheben, ob die schließlich nach verfassungsrechtlichen Auseinandersetzungen eingeführte Wahlkostenerstattung für die politischen Parteien im Parteiengesetz von 1967 die Verfestigung der Parteiorganisation gegenüber der Anhängerschaft gesteigert hat. Ohne dies leugnen zu können, wird man andererseits in diesem Schritt zur staatlichen Parteienfinanzierung insofern eine Entlastung der politischen Szene erblicken dürfen, als damit zwar den Parteien keineswegs die Sorge um ihre Finanzierung und damit der Drang zur Mitgliederwerbung genommen ist, andererseits aber die sonst übermächtige Abhängigkeit von Geldgebern gemindert wird. Durch diese Teilfinanzierungen werden korruptive Erscheinungen bei den Wahlen in erheblichem Maße hintangehalten. Zusammenfassend wird man diesem Bereich der personellen Zusammensetzung, der Kandidatenauswahl und der inneren Parteiorganisation — zu ihr gehört auch die Unabhängigkeit des Mandatsträgers von Weisungen und dem Zwang zur strikten Einfügung in eine Partei — für die Legitimation der Einrichtungen des Parlaments eine besondere Bedeutung zuweisen können. Von der Auseinandersetzung mit manchen Problemen, die hier auftreten, wird Ansehen und Gewicht der Parlamente in Zukunft in erheblichem Maße abhängen.

IV. Das Parlament im Feld der gesellschaftlichen Kräfte

Ansehen und Gewicht der Volksvertretung war im 19. Jahrhundert in weitem Maß dadurch bedingt, daß in ihr sich die bürgerliche Gesellschaft, d. h. die maßgebenden bürgerlichen Schichten, gegenüber dem traditionellen militärisch-administrativen Apparat der Monarchie mit ihren Interessen vertreten sahen. Als die aufsteigende Arbeiterbewegung in die Parlamente eintrat, bedeutete die Teilnahme am parlamentarischen Leben für sie sowohl eine Anerkennung ihrer Position im öffentlichen Leben wie auch eine Einfügung in die bestehende Ordnung. So konnte in der damaligen Zeit der Reichstag Kräfte repräsentieren, die in der politischen Machtstruktur des Kaiserreichs an anderer Stelle keinen entsprechenden Anteil besaßen. Im demokratischen Staat können alle Gruppen und Interessen des Volks gleichmäßig ihren Ausdruck in der politischen Vertretung finden. Das Problem liegt hier vielmehr darin, daß in der modernen Gesellschaft mit ihren vielfältigen Interessen und partikularen Gruppen diese Vielfalt nur mehr unvollkommen sich innerhalb der Volksvertretung widerspiegeln läßt. Sie findet ihren Ausdruck, und diese Entwicklung setzt in Deutschland schon am Ausgang des 19. Jahrhunderts ein, in der Bildung von Verbänden, die neben der Volksvertretung und unabhängig von den politischen Parteien den besonderen Anliegen einzelner Schichten, Berufszweige oder wirtschaftlich-sozialen Gruppen Geltung zu verschaffen suchen. Diese Verbände treten notwendig mit den politischen Parteien und dem Parlament in eine engere Verbindung, aber sie bewirken doch zugleich, daß sich gewisse Anteile der politischen und sozialen Auseinandersetzung in einen weiteren außerparlamentarischen Raum verlagern. In dieser Richtung hat die Entwicklung in der Bundesrepublik zu einer weiteren Verstärkung dieser organisierten Interessen geführt.

Es bildet dabei ein besonderes Merkmal der deutschen Verhältnisse, daß der Einfluß der Interessen und der Verbände erst zögernd und noch bis in die Anfänge der Bundesrepublik hinein mit teilweise negativer Bewertung zur Kenntnis genommen wurde. Hier wirkte die Theorie des 19. Jahrhunderts nach, die die parlamentarische Repräsentation mehr in ideell abstrakter Form begründet und einen Gegensatz zwischen dem Gemeinwohl und besonderen Interessen aufgerichtet hatte 38). Es gehört demgegenüber zu den Vorzügen der realistisch ausgerichteten englischen Auffassung, daß sie stets die Repräsentation in der Volksvertretung als Ausdruck und Wahrnehmung der mannigfachen Interessen des Lan jes verstanden hat Erst im Laufe der fünfziger Jahre vermochte sich in der Meinung der Bundesrepublik eine nüchternere und angemessenere Einschätzung der Interessenverbände durchzusetzen, die ihre notwendige Rolle in der Formung politischer Entscheidungen anerkannte

Die Relation zwischen Verbandseinfluß und Parlament zeigt mannigfaltige Züge. Man hat beobachtet, daß die Verbände, soweit sie von außen her auf den Gang der Gesetzgebung Einfluß zu üben suchen, es vorziehen, diesen bereits während der in den Bereich der Regierung fallenden Vorbereitung der Gesetze auszuüben, wo ihre Anhörung auch vorgesehen und wo es noch leichter ist, Modifikationen durchzusetzen als später, wo gegenüber einer GesetzesVorlage im Parlament Änderungen von außen her nur mehr schwer zu bewirken sind Das ist richtig. Aber der Einfluß der Verbände auf das Parlament nimmt andere Wege. Er wirkt sich in weitem Umfang bereits in seiner Zusammensetzung aus. Die stärkste soziale Machtgruppe der Gegenwart, die Gewerkschaften, verfügen in allen Fraktionen über zahlreiche Vertreter, auch wenn sie nach Geschichte und Einstellung der Sozialdemokratie besonders verbunden sind; sie bewahren heute eine formell parteilich nicht gebundene Haltung. Auch andere Interessengruppen, etwa die Landwirtschaft und die Beamten, bemühen sich, in al-len Parteirichtungen Vertreter zu besitzen. Damit verlagert sich der Verbandseinfluß in das Parlament und in die Fraktionen hinein. Er wird zuweilen deutlich erkennbar in der Zusammensetzung der Parlamentsausschüsse, von denen manche ein deutliches Übergewicht von unmittelbar ihrem Sachgebiet interessenmäßig verbundenen Parlamentariern zeigen.

Es ist die Aufgabe der Parteien und Fraktionen, inhaltlich die wichtigsten Interessen aufzunehmen und auch bereits in sich selbst auszugleichen. Dem Vorgang der Verknüpfung der Parteien mit den Interessen und Gruppen des Landes kommt daher im politischen Prozeß der demokratischen Gemeinwesen durchaus der Charakter des Normalen zu. Kritik kann sich nur dort geltend machen, wo diese Bindungen nicht erkennbar werden oder verdeckt auftreten. Daß partikulare Interessen, die sich nicht in der Bildung besonderer politischer Parteien artikulieren können, auf die Willensbildung im Parlament einwirken, ist daher eine Erscheinung, die der repräsentativen Rolle des Parlaments dienlich sein kann. Nur dagegen haben sich neuere Bestrebungen innerhalb des Parlaments gewandt, daß solche Interessen sich unter Verknüpfung mit finanziellen Zuwendungen an einzelne Abgeordnete und zugleich in nicht offener Form Zugang verschaffen. Hiergegen hat der Bundestag durch die Aufstellung einer vor allem gegen „Beraterverträge" gerichteten Ehrenordnung Vorsorge zu treffen gesucht Gegenüber der Einwirkung auf das Parlament von innen her tritt die als Lobbyismus bezeichnete Tätigkeit der Interessengruppen eher zurück. Ein anderes hier bestehendes Problem liegt darin, daß angesichts der komplexen Verhältnisse der modernen Gesellschaft der Abgeordnete nicht selten auf die ihm von Verbänden und Organisationen gegebenen Informationen angewiesen ist, um einigermaßen den Informationsvorsprung der Regierung auszugleichen. Hier können auch der Ausbau der wissenschaftlichen Parlamentsdienste und der Fraktionshilfen nur teilweise Ersatz bieten. Die Wirksamkeit der Verbände illustriert die Erweiterung des Bereichs der politischen Auseinandersetzungen, die in der Gegenwart weit über den Kreis der obersten Verfassungsorgane hinausführt. Zwar bleibt diesen die rechtliche Entscheidungsbefugnis, aber die voraufgehenden Diskussionen und Kämpfe werden teilweise auf eine weitere Bühne verlagert, ein Vorgang, der in gewissem Umfang die Stellung des Parlaments in Frage stellen kann. Fallen doch in diesen außerparlamentarischen Erörterungen, wie sich das vor allem bei Gesetzen der sozialen Sphäre zeigt, Vorentscheidungen, die die Gesetzgebung dann vollzieht. In die gleiche Richtung weist der Einfluß, den die Massenmedien auf die politische Meinungsbildung errungen haben. Das gilt, auch wegen ihres stärker ausgeglichenen Profils, weniger von der Presse als vom Fernsehen, dessen Wirkung unmittelbar die breitesten Schichten anspricht. Die Redakteure seiner Sendungen verfügen über eine erhebliche politische Macht, deren Eingrenzung und Kontrolle der Gesetzgebung und Praxis bisher nur unvollkommen gelungen ist. Die Konsequenz ist das ausgeprägte Bestreben der politischen Parteien, in den Anstalten des Fernsehens wachsenden Einfluß zu gewinnen. Wer die Position der Parlamente in der Gegenwart ins Auge faßt, muß jedenfalls den Blick auch auf diese weiteren Bereiche politischen Lebens und ihre Querverbindung zur Volksvertretung richten.

Der Bundestag des ersten Vierteljahrhunderts nach der Bildung der Bundesrepublik hat die grundlegende Position, die ihm das Grundgesetz zuweist, im ganzen behaupten können. Das Bild seiner Tätigkeit und seines Einflusses trägt in mancher Richtung andere Züge, als sie die Verfassung vorausgesetzt hatte. Unter seinen verfassungsmäßigen Funktionen bleibt die Gesetzgebung von zentraler Bedeutung, während es sich immer schwieriger erweist, das weitgespannte komplexe Gefüge der modernen Staatsadministration wirksam mit den Mitteln parlamentarischer Kontrolle, selbst bei mancher technischer Erweiterung, zu erfassen oder in die wachsende Neigung zu planender Aktivität das parlamentarische Element rechtzeitig einzufügen. Die Erhaltung der Position des Bundestags darf in erster Linie auf den Umstand zurückgeführt werden, daß sich die Ordnung des Grundgesetzes funktionsfähig erhalten hat, daß sie auch, dank der Bildung großer Parteien, einen sichtbaren Gegensatz von Regierung und Opposition. und einen, wenn auch langfristigen Wechsel des Machtbesitzes ermöglichte. In der, auch durch die Teilnahme großer organisierter Gruppen am politischen Leben, ausgeprägten pluralistischen Struktur des politischen Lebens in der Bundesrepublik, in der Offenheit der Entscheidungsprozesse wie in dem eingehaltenen Grundkonsens über die freiheitliche Ordnung liegen die Wurzeln, aus denen sich die Stellung des Parlaments als Schaltstelle der politischen Bestimmung und Mittelpunkt auch der personellen Vorgänge erhält.

Die Funktion der Volksvertretung und der Parteien, als Stätte der Formung des leitenden politischen Personals zu dienen, hat sich gegenüber früheren Epochen verstärkt. Die Rolle von Nichtparlamentariern in den Kabinetten ist sichtbar zurückgegangen Die Bürokratie, die noch im Weimarer System einen eigenen Führungsanspruch behauptete, ist in der Bundesrepublik der politischen Führung unterworfen. Es bahnt sich in neuerer Zeit sogar eine wachsende Austauschbarkeit zwischen dem politischen Personal und den leitenden Stellen der Ämter an Der Weg über die Parteien und die Parlamente ist heute ausgesprochen der Zugang zu den führenden Stellen des staatlichen Bereichs geworden. Schwerer zu bestimmen bleibt die gesamtgesellschaftliche Stellung der parlamentarischen Schicht. Sicherlich ist diese nicht mehr der Ausdruck einer bestimmten gesellschaftlichen Führungsgruppe, die es als solche in der zunehmend egalisierten bundesdeutschen Gesellschaft kaum mehr gibt. Bildet sie eine neue Honoratiorengruppe, wie dies bisweilen ihr in der Kritik entgegengehalten wird? Gibt es neben ihr andere führende Gruppen? Immer noch erscheint sicherlich infolge der in der Bundesrepublik noch bestehenden Inflexibilität der Laufbahnen eine Verschmelzung verschiedener Elitegruppen nicht vollzogen. Dennoch ist wohl gerade die in der Volksvertretung sich vollziehende Bildung einer Aufstiegsschicht — in die übrigens wohl auch stets nur ein Teil der Abgeordneten einzutreten vermag — ein Element der Öffnung und Egalisierung des personellen Elements, der der wachsenden Egalisierung der gesellschaftlichen Verhältnisse in der Bundesrepublik entspricht. Das Parlament nimmt hieran Anteil, auch wenn die Ausbildung der Politik zu einer Laufbahn hier wiederum gewisse Abgrenzungen hervorrufen mag. Auch in dieser Hinsicht läßt sich aber von einer Erhaltung der zentralen Stellung der Volksvertretung sprechen.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Zum Zurücktreten dualistischer Strukturen und zur umfassenden Kompetenzausstattung des Bundestags im Grundgesetz siehe Winfried Steffani, in: W. Steffani (Hrsg.), Parlamentarismus ohne Transparenz, Opladen 1973’, S. 30 f.

  2. Ich teile die Auffassung einer neueren Richtung nicht, daß die Ordnung des Kaiserreichs einer Fort-entwicklung in der Richtung auf eine parlamentarische Regierung nicht fähig gewesen wäre. Vgl. in diesem Sinne Hans Ulrich Wehler, Krisenherde des Kaiserreichs 1871— 1918, Göttingen 1970, S. 14; Michael Stürmer, in: M. Stürmer (Hrsg.), Das kaiserliche Deutschland, Düsseldorf 1970, S. 19 ff. So gewiß der Reichsgründer eine solche Entwicklung zu verhindern suchte und seine Nachfolger dieser Tendenz folgten, so sehr auch bestehende gesellschaftliche Strukturen einer solchen Fortbildung entgegenstanden, sie wäre bei einer nicht auf die Verfestigung vorindustrieller Machtlagen ausgerichteten Politik denkbar und verfassungsrechtlich, wie die Veränderung im Oktober 1918 zeigt, in das Gefüge der Organe einfügbar gewesen. Siehe auch abgewogener Gustav Schmidt, in M. Stürmer (Hrsg.), a. a. O., S. 40 ff.

  3. Zu dem insbesondere von Max Weber vertretenen Gedanken einer Demokratie mit starker Führung vgl. Gustav Schmidt, Deutscher Historismus und der Übergang zur parlamentarischen Demokratie (Hist. Studien 389), Lübeck und Hamburg 1964, S. 250 ff., 269 ff.; Klaus von Beyme, Die parlamentarischen Regierungssysteme in Europa, München 1970, S. 267 ff., der auf den in ähnlicher Richtung einwirkenden Einfluß von Robert Redslob hinweist

  4. So indes Karl Loewenstein, Verfassungslehre Tübingen 1969», S. 90 ff.

  5. Vgl. in diesem Sinne bereits Werner Weber, Spannungen und Kräfte im westdeutschen Verfassungssystem, Berlin 1970’, S. 19 ff.

  6. Vgl. Otto Kimminich, Das Staatsoberhaupt in der parlamentarischen Demokratie, Veröff. d. Ver. Dt. Staatsrechtslehrer (VVDStRL) 25 (1967), S. 1 ff.

  7. Kritisch zu dem konstruktiven Mißtrauensvotum auch A. Sattler, Deutsche öffentliche Verwaltung, 1967, S. 767; Klaus Kröger, Die Ministerverantwortlichkeit in der Verfassungsordnung der Bundesrepublik Deutschland, Frankfurt 1972, S. 155.

  8. Vgl. hierzu den Bericht von Gerhard Richter, in: Ztschr. f. Parlamentsfragen (ZP) 3 (1972), S. 40f.; Otto Müller dort S. 275 ff.

  9. Auch der Rücktritt des Kabinetts Erhard 1966 fällt unter diese Kategorie. Gleiches gilt in den Ländern.

  10. Auf diese festen Grenzen, die die Verfassung zieht und die auch nicht durch Annahme einer weiten Wandlungsfähigkeit beiseite gerückt werden können, weist hin K. Hesse, in: Festschrift U. Scheuner, Berlin 1973, S. 123 ff. Zur Verfassung als Rahmen siehe dort Peter Badura, S. 21 ff.

  11. In diesem Sinne Wilhelm Hennis, Richtlinien-sompetenz und Regierungstechnik, Tübingen 1964,

  12. Ober Gehalt und Tragweite der Koalitionsvereinbarungen siehe Adolf Schüle, Koalitionsverein-barungen im Lichte des Verfassungsrechts, Tübingen 1964; Reinhard Steiger, Organisatorische Grundlagen des parlamentarischen Regierungssystems, Berlin 1973, S. 250 ff.

  13. Aus der sehr breiten Literatur seien genannt: Johannes Agnoli, Die Transformation der Demokratie, in: J. Agnoli u. Peter Brückner, Die Transformation der Demokratie, Berlin 1967, S. 31 ff.; Gerhard A. Ritter, Direkte Demokratie und Rätewesen in Geschichte und Theorie, in: Erwin K. Scheuch, Die Wiedertäufer der Wohlstandsgesellschaft, Köln 1968, S. 188 ff.; Udo Bermbach, Rätegedanke versus Parlamentarismus?, in: W. Steffani (Anm. 1), S. 245 ff.; ders., Theorie und Praxis der direkten Demokratie, Opladen 1973.

  14. Uber die Bedeutung der Richtlinienkompetenz und damit den Ausschluß von Mißtrauensanträgen (nicht bloßen Mißbilligungsvoten und ähnlichen Bekundungen) gegen einzelne Bundesminister siehe K. Kröger, Anm. 7, S. 32 ff., 153 ff.

  15. Es bleibt sehr zu bezweifeln, ob Adenauer an diesen Ausgestaltungen der Verfassung einen erheblichen Anteil genommen hat, da er insgesamt

  16. Vgl. Jan Gilmour, The Body Politic, London 1969, S. 205 ff.; Patrick Gordon, The Cabinet, London 1972, S. 13 ff.; John P. Mackintosh, The British Sabinett, 1968’, S. 138 ff., 298 ff., 428 ff.

  17. Es mag bemerkt werden, daß diese radikalen Parteibildungen sich teilweise auf regionale Zonen der Bundesrepublik stützten, die seit langem eine Deigung für extremere Bewegungen gezeigt ha

  18. Vgl. zu diesem Vorgang Wilhem Hennis, Die Rolle des Parlaments und die Parteiendemokratie, in: W. Hennis, Die mißverstandene Demokratie, Freiburg 1973, S. 115 ff.

  19. Neuerdings hat Hans Meyer, Wahlsystem und Verfassungsordnung, Frankfurt 1973, unter Hinweis auf die Wahlgleichheit die These vertreten, nur das Verhältniswahlrecht werde dieser Forderung gerecht (S. 191 ff.). Ohne ihm in Gedanken an andere Grundanforderungen eines Wahlrechts zu folgen, möchte ich ihm zugeben, daß in der Bundesrepublik nunmehr unter den bestehenden Parteiverhältnissen die Diskussion abgeschlossen erscheint. Es ist interessant, daß der Ausgang der britischen Unterhauswahl vom 28. Februar 1974, die den Liberalen bei fast 6 Millionen Stimmen (19, 4°/» der Wählerstimmen) nur 11 Sitze eintrug, angesichts dieser groben Disproportion erstmals wieder ernstliche Zweifel an dem Mehrheitssystem hervorgerufen hat (vgl. Times v. 2. März 1974, p. 15).

  20. Diese ausgleichende Funktion der föderalen Struktur wird daher heute als eine ihrer wichtigsten Funktionen angesehen. Vgl. Konrad Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Karlsruhe 1973’, S. 93; meine Darlegung Arch. öff. Recht (AöR) 95 (1970), S. 399; ferner Abg. Dr. Schäfer in der 79. Sitzung des 7. Bundestags v. 14. Februar 1974, S. 5017.

  21. Überblick über die Rechtsprechung bei H. Meyer (Anm. 19), S. 225 ff., und neuestens BVerfGE 34, S. 81 ff. vom 11. Oktober 1972.

  22. W. Hennis (Anm. 18), S. 85 ff. über das Eindringen der Parteien in das Fernsehen vgl. Christian Starck, Rundfunkfreiheit als Organisationsproblem, Tübingen 1973.

  23. Siehe hierzu Helmut Quaritsch, Die wissen-

  24. Eine Übersicht über die Zahlen aus den fünf ersten Bundestagen in ZP 1 (1969), S. 1 ff. Vom 3 584 Gesetzentwürfen kamen 2 112 von der Bundesregie-rung, 1 392 vom Bundestag und 80 vom Bundesrat.

  25. Zur Natur der politischen Planung und ihrer Zurechnung zum Aufgabenkreis der Regierung siehe E. W. Böckenförde: Planung zwischen Regierung und Parlament, in: Der Staat 11 (1972), S. 429 ff. Allgemein zur politischen Planung Reimut Jochimsen, Zum Aufbau und Ausbau eines integrierten Aufgabenplanungssystems der Bundesregierung, Bulletin des Presse-und Informationsamtes der Bundesregierung, 1970, S. 949 ff.; Horst Ehmke, Planung im Regierungsbereich, ebenda, 1971, S. 2026 ff.; Fritz Scharpf, Planung als politischer Prozeß, in: Die Verwaltung 4 (1971), S. 1 ff.; Renate Mayntz und Fritz Scharpf, Planungsorganisation, München 1973.

  26. Vorschläge wurden in Berlin und in Nordrhein-Westfalen entwickelt. Vgl. Uwe Taysen, ZP 3 (1972), S. 176 ff.; Rudolf Schäfer, a. a. O., S. 182 ff. Die vorläufigen Gedanken der Enquete-Kommission in Bundestagsdrucksache VI/1211 v. September 1972 S. 45— 52.

  27. Die Unterschiede der Auffassungen treten sichtbar hervor in den gutachtlichen Stellungnahmen verschiedener Sachverständiger für den Landtag Nordrhein-Westfalen: Parlamentarische Kontrolle der Regierungsplanung, Düsseldorf 1973.

  28. Zu dieser Entscheidung des englischen Parlaments siehe John P. Mackintosh, Reform of the House of Commons, in: Gerhard Loewenberg (Hrsg), Modern Parliaments. Changer or Decline, Chicago und New York 1971, S. 33 ff.; Gerhard A. Ritter, Die Kontrolle der staatlichen Macht in der Demokratie, in: G. A. Ritter, Vom Wohlfahrtsausschuß zum Wohlfahrtsstaat. Der Staat in der modernen Industriegesellschaft, Köln 1973, S. 80 ff.

  29. Eine lebendige Schilderung dieser Verhältnisse bei W. Hennis (Anm. 18), S. 131 ff. Uber die Ausbildung eines Teams von Sprechern auch in der Opposition im englischen Parlament, die in zunehmender Spezialisierung die Debatte bestreiten, zuweilen unter Zuziehung von back benchern, siehe Punnett (Anm. 23), S. 143 ff., 252 ff., 329 ff.

  30. Zu diesen Reformen der Geschäftsordnung, deren wichtigste ins Jahr 1969 fällt, siehe meine Darlegung: Zur Entwicklung des Parlamentarischen Verfahrens im Bundestag, in: Demokratisches System und politische Praxis der Bundesrepublik. Festschrift Theodor Eschenburg, München 1971. S. 143 ff.; Uwe Thaysen, Parlamentsreform in Theorie und Praxis, Opladen 1972, S. 182 ff.

  31. Über diese mangelnde Beachtung der Parlamentsdebatten siehe Abg. Mommer, Bundestagssitzung vom 27. März 1969, Sten. Ber. S. 12337. Fernsehübertragungen haben sich als ungeeignet erwiesen, weil die Verhandlungen wenig telegen sind. Hierher gehören auch Verstärkungen der Informationsarbeit des Parlaments. Siehe auch G. A. Ritter (Anm. 28), S. 94 ff.

  32. Vgl. Werner Weber, Weimarer Verfassung und Bonner Grundgesetz (1949), abgedruckt in: Spannungen und Kräfte im westdeutschen Verfassungssystem, Berlin 1970, S. 13.

  33. Gerhard Leibholz, Der Strukturwandel der modernen Demokratie (1952), abgedruckt in: Strukturprobleme der modernen Demokratie, Karlsruhe 1967, S. 93 ff., 121.

  34. W. Hennis (Anm. 18), S. 81 ff.

  35. Vgl. die in Anm. 13 genannte Literatur und ferner: Frieder Naschold, Organisation und Demokratie, Stuttgart 19723, Peter von Oertzen, Freiheitliche Demokratische Grundordnung und Rätesystem, in: U. Bermbach (Anm. 13), S. 173 ff.; Fritz Vilmar, Strategie gesamtgesellschaftlicher Demokratisierung, parlamentarische Demokratie und sozialistische Transformation, in: ZP 4 (1973), S. 480 ff.

  36. Vgl. zum Problem der Inkompatibilität: Peter Hübner, Unvereinbarkeit von Amt und Landtagsmandat, ZP 1 (1970), S. 41 ff. Ferner G. A. Ritter (Anm. 28), S. 77; Jürgen Massengil, Beamte als Parlamentarier, ZP 3 (1972), S. 44 ff.

  37. Siehe auch Ulrich Lohmar, Stuttgart 1969*; Bodo Zeuner in W. Steffani (Anm. 1), S. 165 ff.

  38. Vgl. hierzu Thomas Ellwein, Das Regierungssystem der Bundesrepublik Deutschland, 1973'S. 165 f.

  39. Siehe A. H. Birch, Representative and Responsible Government, London 1964, S. 48 ff.; ders., Representation, London 1971, S. 72 ff.

  40. Für die kritische Haltung bezeichnend noch etwa; Theodor Eschenburg, Herrschaft der Verbände?, Stuttgart 19562, Hans Huber, Staat und Verbände, Tübingen 1958. Im Sinne einer Annahme der Aufgaben der Verbände J. H. Kaiser, Die Repräsentation organisierter Interessen, Berlin 1956, Klaus von Beyme, Interessengruppen in der Demokratie, München 1969; Thomas Ellwein (Anm. 38), S. 146 ff.; Karl Mathias Meessen, Beraterverträge und freies Mandat, in: Festschrift U. Scheuner, Berlin 1973, S. 438 ff.

  41. Die Gemeinsame Geschäftsordnung der Bundesministerien Bes. Teil siehe in § 25 die Beteiligung nichtamtlicher Stellen an der Ausarbeitung der Gesetzentwürfe nach dem Ermessen des Ministers vor. Vgl. dazu Gerhard Loewenberg, Parliament in the German Political System, Ithaca und New York 1966, S. 282 ff.

  42. Zur Konzentration des äußeren Verbandseinflusses auf die Regierung siehe W. Hennis, Politik als praktische Wissenschaft, München 1968, S. 191 f.; Tb. Ellwein (Anm. 38), S. 163, 275.

  43. Mit Recht weist K. M. Meessen (Anm. 40), S. 435, darauf hin, daß den Verbänden im Prozeß der Gemeinwohlfindung, die durchaus als Vorgang der Auseinandersetzung verstanden werden muß, in der Einführung partikularer Interessen ein legitimer und wichtiger Anteil zukommt.

  44. Klaus von Beyme, Die politische Elite in der Bundesrepublik Deutschland, München 1971, S. 841

  45. K. v. Beyme (Anm. 44), S. 96 ff. Diese Entwicklung zeichnet sich auch ab in der Einrichtung der Parlamentarischen Staatssekretäre, die den Kreis der an der Regierung beteiligten Parlamentarier nicht unerheblich erweitern und für die in dieser Funktion herangezogene Politiker nicht nur ein Mittel des Erfahrungserwerbs sind, sondern oft auch die erste Stufe zu einer ministeriellen oder administrativen Laufbahn. Vgl. Heinz Laufer, Der parlamentarische Staatssekretär, München 19691 Friedrich Karl Fromme, ZP 1 (1970), S. 53 ff.

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Ulrich Scheuner, Dr. jur., geb. 1903, em. o. Professor des öffentlichen Rechts an der Universität Bonn; Studium der Rechtswissenschaft an den Universitäten München und Münster; Privatdozent in Berlin 1930, o. Prof, in Jena, Göttingen, Straßburg, Bonn; Vorsitzender des Wissenschaftlichen Direktoriums der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik. In den letzten Jahren erschienen u. a. folgende Veröffentlichungen: Die Einwirkung des Staates auf die Wirtschaft, 1971; Die Rolle der Sozialpartner in Staat und Gesellschaft, 1972; Das Mehrheitsprinzip in der Demokratie, 1973; Ges. Abhandlungen zum Staatskirchenrecht, 1973.