Meine Merkliste Geteilte Merkliste PDF oder EPUB erstellen

Arbeitslehre — Entstehungsgeschichte und didaktische Problemlage im Zusammenhang mit Berufsausbildung und politischer Bildung | APuZ 8/1975 | bpb.de

Archiv Ausgaben ab 1953

APuZ 8/1975 Ziele und Lerngegenstände des politischen Unterrichts zur Vorbereitung auf die Arbeitswelt Anmerkungen zur Arbeitslehre Arbeitslehre — Entstehungsgeschichte und didaktische Problemlage im Zusammenhang mit Berufsausbildung und politischer Bildung

Arbeitslehre — Entstehungsgeschichte und didaktische Problemlage im Zusammenhang mit Berufsausbildung und politischer Bildung

Georg Groth

/ 47 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Die Diskussion um das Fach Arbeitslehre, das die Schüler auf die Arbeits-und Wirtschaftswelt vorbereiten soll, hat zu der Erkenntnis geführt, daß der Beruf ein politischer Entscheidungsbereich ist und daß die Vorbereitung auf den Beruf auch politische Bildung zu sein habe. Die Entwicklung dieser Diskussion wird nachgezeichnet und zugleich darauf aufmerksam gemacht, daß der Arbeitslehre bei der Lernzielermittlung die gleichen Probleme wie der politischen Bildung bevorstehen. Die Ursachen für die Probleme werden in einer Schulreform gesehen, die alle gesellschaftlichen Forderungen auf neu gebildete Fächer wie politische Bildung und Arbeitslehre verlagert und damit eine verantwortbare Curriculumentwicklung und eine planmäßige Lehrerbildung unmöglich macht. Als Ausweg bietet sich eine koordinierte Revision aller Unterrichtsfächer an, die auch die Veränderung der bisherigen Stoff-Lehrpläne zu Plänen für Unterricht und Erziehung einschließt. An drei didaktischen Arbeitslehre-Konzeptionen wird angedeutet, daß eine Harmonisierung der Lehrplanentwicklung nur in Abstimmung mit der politischen Bildung möglich ist.

Die Diskussion um das Fach Arbeitslehre, das die Schüler auf die Arbeits-und Wirtschaftswelt vorbereiten soll, hat zu der Erkenntnis geführt, daß der Beruf ein politischer Entscheidungsbereich ist und daß die Vorbereitung auf den Beruf auch politische Bildung zu sein habe. Die Entwicklung dieser Diskussion wird nachgezeichnet und zugleich darauf aufmerksam gemacht, daß der Arbeitslehre bei der Lernzielermittlung die gleichen Probleme wie der politischen Bildung bevorstehen.

I. Die ursprüngliche Zielsetzung der Arbeitslehre

Abbildung 1

Als der deutsche Ausschuß für das Erziehungs-und Bildungswesen an seinen Gutachten und Empfehlungen zum Aufbau der Hauptschule und des beruflichen Ausbildungs-und Schulwesens arbeitete, wurde er mit zwei Phänomen konfrontiert:

Zu Beginn der sechziger Jahre hatte die Bundesrepublik die Nachkriegsschäden überwunden und sich dank der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, des wachsenden Welthandels, der Zahlungsfähigkeit und des Investitionsbedarfes der Agrarstaaten zu einem der ersten Industriestaaten entwickelt. Bis 1961 konnten qualifizierte Facharbeiter aus der DDR in die Bundesrepublik kommen; es gab praktisch keinen Arbeitskräftemangel, der zur Steigerung der Produktivität und damit zum technologischen Fortschritt zwang. Dadurch wurde der Nachwuchs-mangel zunächst nicht erkannt, der durch die geburtenschwachen Jahrgänge der letzten Kriegs-und der ersten Nachkriegsjahre bei einer wachsenden Industrie entstehen mußte. Erst nach dem Mauerbau 1961 trat die gefährliche Situation schlagartig ins Bewußtsein; die „Bildungskatastrophe" wurde zum öffentlichen Problem erklärt, insbesondere das berufliche Ausbildungs-und Schulwesen wurde kritisiert und eine Angleichung an die polytechnische Bildung in der DDR verlangt, wenn auch unter einem antikommunistischem Vorzeichen.

Die Verwissenschaftlichung der Berufsausbildung — durch die veränderten Anforderungen einer stärker mechanisierten Industrie, durch die höheren Ansprüche der Konsumenten und die beginnende weltweite Verflechtung mit den Industriestaaten geboten — schien mit der traditionellen Ausbildung im dualen System betrieblicher und schulischer Ausbildung nicht mehr möglich. Durch ein neues Fach „Arbeitslehre" sollten die Jugendlichen auf die mechanisierte Produktion besser vorbereitet, durch spezifische Unterrichtsmethoden und den Umgang mit Maschinen und Werkzeugen zu Bildungsanstrengungen motiviert und durch eine längere Schulausbildung besser in das wissenschaftliche Denken und in demokratische Verhaltensweisen eingeführt werden.

Gleichzeitig schienen die Absolventen des zweiten Bildungsweges, die auf den Instituten zur Erlangung der Hochschulreife und den Kollegs nach einer beruflichen Praxis sich auf das Abitur vorbereiteten, zu beweisen, daß der Beruf als Bildungsmacht verkannt worden war und es nur weniger organisatorischer Hilfen bedurfte, um den beruflichen Bildungsweg zu einem neben dem gymnasialen Bildungsweg gleichberechtigten Zugang zum Hochschulstudium zu machen. Dies schien um so notwendiger, als die durch den Krieg verursachte Generationslücke auch zu einem Mangel an wissenschaftlichen Nachwuchs-kräften geführt hatte und die Förderung aller Studierwilligen auch wirtschaftlich geboten war. Die Studienförderung nach dem Honnefer Modell war auch durch diesen Nachwuchsbedarf motiviert. Die Gesellschaft war bereit, auf den traditionellen Bildungskanon mit dem Schwerpunkt in den Sprachen, in der Mathematik und in der Geschichte zu verzichten. Hochschulen und Gymnasien sahen sich gezwungen, ihr Bildungsverständnis zu erläutern und den Bildungskanon neu und pragmatisch zu definieren. Im Tutzinger Matu-B ritätskatalog, der auf die Untersuchung von Wilhelm Flitner „Hochschulreife und Gymnasium" zurückgeht, wurden die Anforderungen an den Abiturienten niedergelegt, nicht ohne die Hoffnung, wenigstens in Teilbereichen die ästhetisch-historisch-literarische Bildung des ausgehenden 19. Jahrhunderts erhalten zu können.

Rückblickend kann man feststellen, daß diese letzte Verteidigung der allgemeinen Hochschulreife aufgrund eines überkommenen Kultur-und Gesellschaftsverständnisses zwar die Schule vor einschneidenden Veränderungen des Lehrkanons bewahrt hat, aber die Veränderung der gesellschaftlichen Vorstellungen nicht aufhalten konnte. Die Entwicklung der Ingenieur-und Höheren Fachschulen zu Fachhochschulen, die Einrichtung der Fachhochschulreife und die mit dem Bestehen der Zwischenprüfung an den Fachhochschulen verbundene allgemeine Studienberechtigung hat neben dem Gymnasium einen breiten Zugang zu den Hochschulen geschaffen, der auf der außerakademischen Berufsausbildung beruht.

Der Deutsche Ausschuß für das Erziehungsund Bildungswesen machte deshalb die Berufsvorbereitung und -ausübung zum didaktischen Zentrum der Hauptschule: „Der Beruf ist fast immer mehr als Erwerbstätigkeit, er strahlt dann als die zum Bewußtsein gekommene Lebensaufgabe in Familie, Gesellschaft und Staat aus. Aber er beruht doch auf dem Arbeitsleben, und die moderne Arbeitswelt ist so beschaffen, daß der Jugendliche einer besonderen Hinführung bedarf, bevor er in sie eintritt. Dem dient in der Hauptschule vor allem die Arbeitslehre." Die Hauptschule sollte die Eingangsstufe des beruflichen Bildungsweges sein. Insbesondere die Arbeitslehre sollte auf eine Arbeitssituation vorbereiten, in der mehr Wissenschaft und theoretische Reflexion als in der bisherigen handwerklichen Praxis erforderlich ist, die damit aber auch die Chance bietet, daß die Ausbildung der zukünftigen Handwerker der des Ingenieurs angenähert und . die Schule auf wissenschaftliches Lernen für alle verpflichtet wird. Der Beruf ist zugleich gesellschaftliche Praxis, die politisch verantwortet werden muß. Mit der Möglichkeit zu Wahl und Wechsel des Berufes hat der arbeitende Mensch prinzipiell auch die Verantwortung dafür, was in seinem Beruf geschieht und wie Menschlichkeit in einer Gesellschaft verstanden wird.

II. Die Arbeitslehre-Diskussion seit den Gutachten des Deutschen Ausschusses

Abbildung 2

Die dreifache Zielsetzung bot Ansatzpunkte für Kritik und die Ablehnung der Arbeitslehre als Schulfach. Die Gewerbelehrer-Verbände und die Arbeitgeber lehnten die Einführung in die Arbeitsbedingungen mit dem Argument ab, die Schule könne diese Aufgabe nicht leisten; nur die Männer der beruflichen Praxis seien in der Lage, die Anforderungen der Wirtschaft zu erkennen und die Jugendlichen richtig auszubilden. Auch die Einbeziehung von Berufsschullehrern bei der Arbeitslehre könne nicht eine richtige Ausbildung gewährleisten, weil die enge Verbindung von Handwerk und Industrie mit der Hauptschule nicht im gleichen Maße gegeben sei wie bei der beruflichen Bildung. Die herrschende Auffassung war, daß es besser sei, gar nichts zu lernen als etwas Falsches zu lernen

Wie eine solche Position pädagogisch zu beurteilen ist, mag dahingestellt bleiben; jemand, der ein Leben lang gelernt hat, wird sicherlich schneller Fehler korrigieren und damit auch „Richtiges“ lernen können als jemand, für den Wissenserwerb eine ungewohnte Anstrengung ist. Hier interessiert die These, daß die Arbeitslehre bei einer generellen Berufseinführung notwendigerweise Falsches vermitteln müsse. Diese These ist, gemessen am heutigen Stand der handwerklichen Berufsausbildung, nicht zu bestreiten — denn es gibt keine einheitliche Fachsprache; weder sind die Begriffe für gleiche oder ähnliche Dinge in den Berufen einheitlich, noch die Formen der technischen Zeichnung nach gleichen Grundsätzen geregelt. Selbst die Anstrengungen von Normenausschüssen haben nur eine partielle Übereinstimmung erreichen können. Der „richtige" Gebrauch der Fachausdrücke ist das geheime Erkennungszeichen, daß man zur Gruppe gehört, die gleiche Ausbildung hat und folglich auch teilhaben darf an der Beherrschung des Teiles gesellschaftlicher Praxis, der diesem Beruf durch die gesellschaftliche Arbeitsteilung zugefallen ist. Hinter der technologischen Argumentation der Arbeitgebervertreter und der Berufs-schullehrer steht also durchaus ein politisches Motiv; die Formen der Lehrlingsausbildung und die faktische Arbeitsteilung durch die Zuweisung zu den verschiedenen Schulformen sollten durch fließende Übergänge, gemeinsame Wissensbereiche und Kontrollmöglichkeiten nicht in Frage gestellt werden

Der Beruf als Bildungsbereich mußte den Vertretern der allgemeinen Bildung ein Dom im Auge sein. Insbesondere die Gesamtschule war als „demokratische Leistungsschule" angetreten, die allen 'Jugendlichen Chancen-gleichheit auf dem Wege zur akademischen Berufsausbildung verschaffen wollte. Die Chancengleichheit ist nur meßbar und die Überlegenheit der Gesamtschule gegenüber dem traditionellen Gymnasium kontrollierbar, wenn die Zielsetzung, die Hochschulreife, inhaltlich gefaßt werden kann und die schulischen Ausbildungsgänge, die Curricula, darauf ausgerichtet werden können. Das ist aber nicht mehr möglich, wenn zwei Ziele miteinander konkurrieren, nämlich die traditionelle Hochschulreife mit dem sprachlichen und historischen Schwerpunkt und die Hochschulreife des berufsbezogenen Bildungsweges, die sich in erster Linie auf die Naturwissenschaften und Sozialwissenschaften bezieht und die über die Facharbeiterausbildung zu erreichen ist. Es bestehen also unterschiedliche Ausbildungswege, die in der Gesamtschule zu einer Ausbildungskonzeption integriert werden müssen. Hierfür sind drei Strategien festzustellen: 1. Die Arbeitslehre wird zu einer allgemeinen Vorbereitung auf die Ingenieur-und Wirtschaftswissenschaften (Angleichung an die akademische Bildung).

2. Die Arbeitslehre wird zum Fach derjenigen Gruppe, die das Abitur nicht anstrebt oder voraussichtlich dieses Ziel nicht erreichen wird (Schein-Integration).

3. Die Gesamtschule wird zur Einheitsschule ausgebaut, die auch die Integration der Ausbildung auf der Sekundarstufe II, der Kollegstufe, umfaßt (umfassende Reorganisation der Ausbildung).

Die inhaltliche Ausrichtung der Arbeitslehre auf die Wirtschafts-und Ingenieurwissenschaften wurde durch die Werkpädagogen und dia Wirtschaftswissenschaftler betrieben. Sie sahen in der Ergänzung des gymnasialen Kanons durch eine Technik-und eine Wirtschaftlehre eine zeitgemäße Reform, die das Interesse der Jugend an der Technik und der Wirtschaft zur wissenschaftlichen Interpretation weiterentwickelte. Die Wirtschaftslehre und das technische Werken sind an den akademischen Berufen orientiert; die Berufs-vorbereitung durch die Arbeitslehre wird zur Propädeutik des Ingenieurs und des Wirtschaftswissenschaftlers in der Verwaltung und der Politik. Die Arbeitslehre als Wirtschaftslehre und Techniklehre paßt in die Zielsetzungen der übrigen Fächer, die, wie z. B.der Latein-und Mathematikunterricht, ihre curriculare Aufgabe auch von einer Berufs-und Wissenschaftssituation ableiten. Sie ist in das Gesamtschulkonzept, wie es als Modell von der Laborschule und dem Oberstufenkolleg von Hentigs in Bielefeld verwirklicht wurde, eingepaßt, weil mit der Wissenschaftspropädeutik gleichzeitig eine gestufte Berufswahl für die akademischen Berufe verwirklicht wird

Die zweite Strategie bereinigt den Zielkonflikt durch die Organisation zweier voneinander getrennter Curricula. Die Schüler entscheiden in den ersten Klassen der Gesamtschule, ob sie statt der zweiten Fremdsprache (Französisch oder Latein) Arbeitslehre nehmen. Diese Wahl ist insofern nicht ganz beliebig, weil nach Mißerfolgen im Deutschen und im Englischunterricht der Rat gegeben wird, es zunächst mit der Arbeitslehre zu versuchen und zu einem späteren Zeitpunkt die für das Abitur nach den Hamburger Rahmen-vereinbarungen notwendige zweite Fremdsprache hinzuzuwählen. Man kann daher von einer faktischen Teilung der Schüler in einen Gymnasialkurs und einen Realschüler-und Hauptschülerkurs sprechen. Die Arbeitslehre ist unter diesen Bedingungen in der Regel Vorbereitung auf ein Ausbildungsverhältnis im dualen System.

Die Zusammenfassung der Sekundarstufe I zur Gesamtschule und der Sekundarstufe II zur Kollegstufe bewirkt langfristig die Ablösung der heutigen allgemeinen Reifeprüfung durch eine Studienberechtigung, die in Teilen erworben werden kann und konsequenterweise für die einzelnen Studiengänge unterschiedlich sein könnte. Damit wäre einerseits eine rationale Zuteilung der Studienplätze möglich, weil die fach-und leistungsspezifische Zuweisung erreichbar wäre, auch wäre eine Untergliederung der Studenten an Gesamthochschulen in solche, die die Fachhochschulreife haben und solche, die die allgemeine Studienbefähigung nachweisen können, nicht mehr nötig, weil gewissermaßen alle Studenten eine Fachhochschulreife haben.

Arbeitslehre müßte in einem solchen System die Berufswegplanung erleichtern, die mit der wachsenden Zahl der Wahlmöglichkeiten, der Wahl des Ausbildungsweges, des Einstiegsberufes und des richtigen Weiterbildungsangebots, immer schwieriger wird. In einem Gesamtschulsystem, das auf einer integrierten Sekundarstufe I eine integrierte Kollegstufe und auf dieser eine integrierte und für eine Vielzahl von unterschiedlichen Berechtigungen offene Gesamthochschule aufbaut, hätte die Arbeitslehre die Funktion eines Berufswahlunterrichts und der Weiterbildungsberatung Erwachsener zu übernehmen.

Welche Strategie bevorzugt wird, wird nach den gesellschaftspolitischen Prämissen entschieden. Jedenfalls ist der Vorwurf, die Arbeitslehre verhindere die Gesamtschule und müsse als hauptschulspezifisches Fach auf die Sonderschulen und Hauptschulen beschränkt werden von den Zielsetzungen der Ge-samtschule her nicht durchdacht, denn diese versteht sich doch als demokratische Schule, die Schüler aller Schichten und aller Begabungen, somit auch Haupt-und Sonderschüler, integrieren will. Vielmehr sind die Politiker zu kritisieren, die mit halbherzigen Lösungen und mit der Ausrede der „rollenden Curriculumreform" politisch eindeutige Prioritäten zu setzen versäumen, nach denen sich die Arbeitslehre richten könnte.

Freilich erhielten die Berufspädagogen, die Arbeitgeber und die Gesamtschulvertreter in ihrer Argumentation, daß die Arbeitslehre ein hauptschulspezifisches Fach sei, von einer Seite Unterstützung, von der sie es am wenigstens erwarteten: Die marxistisch orientierten Sozialwissenschaftler sprachen sich auch gegen die Arbeitslehre aus, weil sie „ein erneuter Versuch der ideologischen Integration der Arbeitskraft“ sei. Damft wird die politische Dimension einer Berufsvorbereitung angesprochen, die auch im Berufsbegriff des Deutschen Ausschusses angelegt ist und das Verhältnis von Arbeitslehre und politischer Bildung berührt. Die marxistischen Pädagogen sehen dagegen in der Arbeitslehre die Chance, eine Ausbildung im Interesse der Lohnabhängigen durchzusetzen, das Klassenbewußtsein der Arbeiterschaft neu zu wecken und sie durch eine historisch-materialistische Arbeitslehre zu einem bewußteren Verhalten in den sich nach Meinung der Marxisten entwickelnden Klassenkämpfen zu erziehen Kristallisationspunkt dieser Arbeitslehre, wie sie zwar noch nicht in fachdidaktischen Entwürfen realisiert, aber schon als Studiengang Arbeitslehre/Politik an der Universität Bremen angeboten wird, ist die Geschichte der Arbeiterbewegung im 19. Jahrhundert unter besonderer Berücksichtigung der Entwicklung der Produktivkräfte und der marxistischen Wirtschaftstheorie.

Auch hier gibt es verschiedene Variationen, je nachdem ob in der Geschichte der Markt-und Wirtschaftsformen, in der Geschichte der Technik oder in der Entwicklung der Arbeiterbewegung der Mittelpunkt der Arbeitslehre/Polytechnik gesehen wird aber die historische Analyse und die problemgeschichtliche Analyse der jüngsten Vergangenheit, etwa der September-Streiks von 1969 auf dem Hintergrund der Arbeitskämpfe früherer Epochen, stehen im Mittelpunkt.

Die marxistische Arbeitslehre-Position hat sich im wesentlichen an der Kritik der Berliner Versuche zur Arbeitslehre entwickelt, wie sie derzeit auf der „Arbeitsgrundlage Fach Arbeitslehre" in den Berliner Haupt-schulen und einigen Gesamtschulen laufen.

Diese Arbeitslehre-Konzeption hat auch ihren Schwerpunkt im politisch-gesellschaftlichen Bereich; sie setzt aber im Gegensatz zur marxistischen Position voraus, daß dieser Staat, die Bundesrepublik, kein historisches Zufalls-produkt ist, sondern in dieser Form auch von der überwiegenden Mehrheit der arbeitenden Bevölkerung gewollt ist. Daher sind alle Schüler auf die Bedingungen einer marktwirtschaftlichen Ordnung vorzubereiten, in der sie als abhängig Beschäftigte ihre Arbeitskraft verantwortlich und entsprechend den von ihnen mitverursachten und mitzutragenden gesellschaftlichen Bedingungen „vermarkten" müssen und als Konsumenten durch ihre Kaufentscheidung die Produktionsbedingungen und das Warenangebot beeinflussen können. Die Produzentenrolle in der Unternehmung und die Konsumentenrolle im privaten Haushalt ist jedoch nicht allein mit wirtschaftswissenschaftlichen Kategorien erfaßbar, wenn wir nicht in die Unverbindlichkeit wirtschaftswissenschaftlicher Modellschreinerei abgleiten wollen

Die Erklärung der wirtschaftlichen Bedingungen ist auch durch das gesellschaftspolitische Ziel bestimmt, die Mitbestimmung der abhängig Beschäftigten in den Unternehmen zu verbessern. Tarifverträge und Pläne aller Parteien sehen eine Beteiligung der Arbeitnehmer in den Unternehmensleitungen über Mitbestimmung und Vermögensbildung vor. Um so mehr bedarf der einzelne Arbeitnehmer der Information über die Organisation der Unternehmung, die Formen der Interessenvertretung, die Arbeitsmarkt-und Berufsforschung und die volkswirtschaftliche Verflechtung der Unternehmen im EG-Raum und in der Weltwirtschaft. Nach der Berliner Konzeption der Arbeitslehre soll durch ein selbständiges Schulfach mit einem erheblichen Stundenvolumen auf den Beruf als praktisch-politisches Handlungsfeld vorbereitet werden. Der Lehrer soll zur selbständigen Planung und zur Verantwortung der eigenen Entscheidungen dadurch erziehen, daß er sich selbst nur als Berater und Informant der planenden Schüler versteht. Die Unterrichtsinhalte sind durch Informationen zur Unternehmensorganisation und zur Haushaltsplanung bestimmt; die Projektmethode und der Stufengang (Eigenproduktion, Produktion für einen bekannten Auftraggeber, Produktion unter den Bedingungen des anonymen Marktes) sollen in die Verfahren kollektiver Zusammenarbeit und in die gesellschaftlichen Bedingungen einführen; Betriebs-erkundungen, Markterkundungen, Betriebs-praktika und praktische Werkstattarbeit sollen den Unterricht immer mehr aus den Schulräumen in die gesellschaftliche Situation verlagern, die der Jugendliche nach dem Verlassen der Schule vorfindet.

Die kurze Entwicklungsgeschichte der Arbeitslehre konnte nur die Diskussionfronten zeigen, aber nicht den Verlauf der Argumentation. Da die Beteiligten aus der Diskussion lernen und um der Abgrenzung willen häufig ihre Position unterschiedlich darstellen, ist eine Zuordnung einzelner Wissenschaftler oder einzelner Arbeitsgruppen zu einer Position schwierig. Trotzdem soll sie versucht werden, um einerseits zu zeigen, inwiefern der Ansatz des Deutschen Ausschusses für das Erziehungs-und Bildungswesen aufgenommen und entwickelt worden ist, zum anderen um zu verdeutlichen, wo die Bemühungen um eine bildungspolitische Vereinheitlichung der Arbeitslehre einzusetzen haben, Eine Vereinheitlichung ist notwendig, weil die bisherige Diskussion die Kultusbehörden verunsichert und damit die allgemeine Einführung der Arbeitslehre, die Ausbildung der Arbeitslehre-Lehrer und die fachgerechte Ausstattung der Schulen behindert hat.

Das folgende Schema geht von den Vorstellungen des Deutschen Ausschusses aus, den Berufsbezug der Arbeitslehre durch berufliche Praxis in der Schule, durch die Vorbereitung auf eine Industriegesellschaft, d. h. eine durch Wissenschaften bestimmte Arbeitswelt, und auf eine gesellschaftliche und kulturelle Teilhabe über den Beruf herzustellen. In der ersten Spalte werden die Positionen und Autoren bzw. Herausgeber genannt, deren Veröffentlichungen nach meiner Meinung den Standpunkt besonders prägnant erfassen. Damit ist nichts über die übrigen Veröffentlichungen gesagt, die zwischen den verschiedenen Schwerpunkten vermitteln wollen. Sie sind für den zukünftigen Verlauf der Diskussion wahrscheinlich wichtiger, weil sie Wege zu einer Vereinbarung zeigen. Durch das Schema soll die Spannweite der Positionen verdeutlicht und die Diskussion darüber eröffnet werden, welche Aufgaben die Arbeitslehre und welche andere Fächer bzw. Fächerkombinationen zu erfüllen haben

III. Der Zusammenhang zwischen Arbeitslehre und politischer Bildung

Abbildung 3

Aus dem Schema soll die letzte Spalte, die die politische Beteiligung über die berufliche Praxis andeutet, in den folgenden Ausführungen näher untersucht werden. Dafür gibt es folgende Gründe:

— Die Überschneidungen mit den Fächern der politischen Bildung sind zu diskutieren. Häufig werden in den Lehrplänen und in der Unterrichtspraxis die gleichen Lernziele und Unterrichtsinhalte in der Arbeitslehre, dem Deutschunterricht und der politischen Bildung angestrebt.

— In der Arbeitslehre, insbesondere im Schulfach Wirtschaftslehre, scheint sich ein Zielkonflikt anzubahnen, der in der politischen Bildung in gleicher Weise vorhanden ist, aber kaum diskutiert wird.

— Der Zusammenhang zwischen einer Einführung in die Arbeitswelt und einer Einführung in die politische Praxis als Bürger und Wähler dieses Staates ist noch nicht geklärt. In der politischen Bildung sind zwei Ansätze im Zusammenhang mit der Berufsausbildung entwickelt worden: der Geschichtsunterricht und die Staatsbürgerkunde. Zu ihrer Zeit wa-ren sie also Arbeitslehre-Programme, wie noch in einem Abriß der Geschichte des Geschichtsunterrichts und der Geschichte der Staatsbürgerkunde zu zeigen sein wird. Wenn jetzt Arbeitslehre als neues Schulfach gefordert wird, wird einerseits damit behauptet, daß sich die Zielsetzung dieser alten berufs-vorbereitenden und berufsbegleitenden Fächer verändert hat und ein neues Fach bzw. eine neue Fächerkombination notwendig geworden ist, andererseits wird eine Trennung von Arbeitswelt und sonstiger politischer Praxis für sinnvoll erklärt. Beides ist nur zu überprüfen, wenn man sowohl die Arbeitslehre-Diskussion als auch die Debatte über die politische Bildung verfolgt. Hierbei zeigt sich eine didaktische Schwierigkeit: Man kann nicht Inhalte mit Unterrichtsverfahren, erzieherische Absichten mit den Problemen des Medieneinsatzes vergleichen.

Die folgenden Ausführungen werden sich auf die Strukturmomente der lerntheoretischen Didaktik Intentionalität, Thematik, Methodik und Medienwahl beziehen und diesen die Unterrichtsaufgaben des Lehrers zuordnen: Der Lehrer ist Erzieher, Fachmann, Organisator des Unterrichts und Repräsentant der Erwachsenengeneration. Als Erzieher hat er sich nach den Intentionen zu richten, die die pädagogische Wissenschaft für die heutige geschichtliche Situation ermittelt. Als Fach-mann soll er sachverständig Wissen vermitteln: Kenntnisse und Fertigkeiten, die eine mündige Selbstbehauptung des Schülers ermöglichen. Als Organisator des Unterrichts soll er die Unterrichtsziele durch die Unterrichtsmethode so zu vermitteln suchen, daß sie für alle Schüler erreichbar sind, d. h. nach deren Entwicklungsstand aufgegliedert, gestuft und in den Unterrichtsverfahren so angelegt, daß die Schüler ihre Fähigkeiten entfalten und die jeweilige Aufgabe erfüllen können. Als Erwachsener und Lehrer ist der Lehrer aber auch ein Unterrichtsmedium, das den Lernprozeß befördern oder behindern kann und durch seine Person die Lernziele unbeabsichtigt beeinflußt.

Die Aufgliederung des Deutschen Ausschusses läßt sich den Entscheidungsebenen des Unterrichts folgendermaßen zuordnen: Die Motivation durch den Praxisbezug ist in erster Linie eine Sache der Medienwahl, erst in zweiter Linie eine der Unterrichtsorganisation; die Vorbereitung auf die wissenschaftliche Arbeitswelt ist in erster Linie eine Sache der Kenntnisse und Fertigkeiten, wie sie durch Unterrichtsthematik beschrieben werden; die Vorbereitung der Jugend auf die kulturelle und gesellschaftliche Teilhabe ist in erster Linie eine Sache der Unterrichtsmethode, insbesondere der Verfahren des Informationensammelns und Auswertens und der sozialen Erziehung durch die Zusammenarbeit in der Klasse. Je nach den Schwerpunkten eines Faches können wir das Vorherrschen eines Strukturmomentes feststellen. Die politische Bildung hat zweifellos den Schwerpunkt in der Unterrichtsmethode, weil sie Ubungsfeld für zukünftiges gesellschaftliches Verhalten ist.

Geschichte als berufsvorbereitender Unterricht Für die Einführung des Geschichtsunterrichts als politischer Bildung war entscheidend, daß die Geschichte ein ideales Medium darstellt, das die Intentionen der Erziehung durch den Berichterstatter, den Lehrer, voll zur Geltung bringen kann. Die Geschichte zeigt, wie die gesellschaftliche Wirklichkeit durch das Wirken des Menschen verändert wird. Sie zeigt es sogar noch besser, als eine sozialwissenschaftliche Analyse der aktuellen Situation es könnte; denn nur in der Geschichte lassen sich politische Entscheidungen bis zu ihren historischen Folgen aufzeigen und feststellen. Geschichte ist das Medium, in dem der Schüler Ursache und Wirkung sozialen Verhaltens erkennen und auf seine Situation beziehen ann. Das Medium Geschichte hat gegenüber der aktuellen gesellschaftlichen Praxis weiter den Vorteil, unter didaktischem Gesichtspunkt reduzierbar zu sein. Die aktuelle Situation ist so komplex, und der Jugendliche ist so befangen in seinem Urteil, daß ein Isolieren wesentlicher Gesichtspunkte kaum möglich ist. Die geschichtliche Situation ermöglicht die Distanzierung, das Weglassen unwichtiger Begleitumstände und die verdichtete Darstellung gesellschaftlicher Verhältnisse. Was sich in der Wirklichkeit über Jahrzehnte entwickelt, läßt sich in der geschichtlichen Darstellung auf wenige Stunden zusammendrängen. Der Lehrer hat mit der Geschichte geradezu ein ideales Medium: sie beschreibt gesellschaftliche Wirklichkeit in ihrer Komplexität, so daß der Schüler sich betroffen fühlen und engagieren kann; sie kann reduziert, zu modelltheoretischen Überlegungen erweitert, in Zeitraffer oder Zeitlupe dargestellt werden.

Geschichte ist damit auch ein ideales Instrument gesellschaftspolitischer Manipulation. Nur der Historiker kann nachprüfen, ob eine Darstellung vertretbar ist; der Schüler kann es im Regelfall nicht; er hat nur seine schmale geschichtliche und gesellschaftliche Erfahrung, die ihm eine Begründung mehr oder weniger plausibel erscheinen läßt. Um so wichtiger ist die Auswahl der Lernziele und der Unterrichtsinhalte. Aus der historischen Analyse, also der Geschichtswissenschaft, sind keine Kriterien für den Unterricht zu gewinnen; denn jede Generation schreibt aus ihren Erfahrungen die Geschichte neu und setzt andere Forschungs-und Diskussionsschwerpunkte. Aber auch dieses aktuelle Bewußtsein kann nicht der Maßstab für die Auswahl der Unterrichtsinhalte und der Methoden sein; denn das Bewußtsein der Erwachsenengeneration ist aus ihrem Schuld-oder Problemverständnis entstanden, möglicherweise durch tages-politische Auseinandersetzungen bestimmt, die für die Jugend ganz unwichtig sein werden. Ein Beispiel ist die Bewertung der Besiedlung des „Deutschen Ostens" durch die jetzt abtretende Generation auf dem Hintergrund der Vertreibung nach 1945 Der Wille der gesellschaftlichen Gruppen muß also durch einen Emanzipationsanspruch gebrochen werden, den die Pädagogik zu vertreten hat. Dieser Anspruch läßt sich aus der Zielsetzung der politischen Bildung ableiten, möglichst viele Mitglieder der Gesellschaft zur Mitbestimmung und Mitverantwortung zu befähi-gen. Wie der Geschichtsunterricht diese Aufgabe erfüllt hat, läßt sich aus der Geschichte des Geschichtsunterrichts entnehmen, die unter diesem Gesichtspunkt geschrieben wurde.

Erich Weniger, der in seiner Habilitationsschrift „Die Grundlagen des Geschichtsunterrichts“ aus dem überkommenen Gegensatz von Kulturgeschichte und politischer Geschichte die Aufgaben des Geschichtsunterrichts in der Weimarer Republik zu entwickeln versuchte hat auch nach dem Kriege im Deutschen Ausschuß für das Erziehungs-und Bildungswesen und als Hochschullehrer die Ziele des Geschichtsunterrichts im Zusammenhang mit politischen Reformaufgaben zu bestimmen gesucht.

Nach Weniger beginnt die Geschichte des Geschichtsunterrichts mit der schrittweisen Beteiligung der Bürger an der staatlichen Macht und der politischen Verantwortung. Die Fürstenerziehung seit dem frühen Mittelalter wurde durch pädagogische Theorie geplant und durch systematisch ausgebildete Erzieher geleitet und war der Beginn pädagogischer Theoriebildung. Die Erziehung sollte den zukünftigen Herrscher auf die Fortsetzung der Politik in den durch die Tradition vorgegebenen Zielen und Methoden der Staatsführung vorbereiten. Mit der Vergrößerung des Ratgeber-und Beamtenstabes ist auch für die Staatsbediensteten und deren Kinder, die im Rahmen einer ständischen Gesellschaftsordnung in ähnliche Funktionen hineinwachsen, eine systematische Ausbildung und ein Geschichtsunterricht notwendig, der sie auf ihre Funktionen im Staat vorbereitet. Weil die Erziehung in diesem Stadium Berufserziehung ist, ist auch der Teil der Erziehung, der auf die Rolle in Staat und Gesellschaft vorbereitet, Teil der Berufserziehung. Der Geschichtsunterricht der Fürsten und Beamten ist die Geschichte der Fürstenhäuser, der großen Könige und des Wirkens von vorbildlichen Beamten und Heerführern im Staat und in der Politik. Geschichtsunterricht ist in dieser Phase die Vorbereitung der Jugend und die Rechtfertigung der eigenen Ziele an Wegbereitern und Vorbildern in der Vergangenheit. „Auch die Erziehungslehren des Bürgertums bilden sich aus Resten früherer ständischer Überlieferungen und aus der Berufserziehung der neuen Berufe des kapitalistischen Zeitalters, und nicht ist erst ein bürgerliches Gesamterziehungssystem da, aus dem dann die Berufe sich differenzieren. Es ist sehr charakteristisch, daß auch der Begriff Volkserziehung zuerst konzipiert wird nicht als Gesamt-erziehung, sondern als Erziehung eines Standes, des Standes der Geführten, Gehorchenden, Abhängigen, des Standes der Bauern, der kleinen Leute, ja geradezu als Erziehung der Leute im Stande der Armut, so hoch bei Pestalozzi.“ Wenig später äußert Weniger die Vermutung, daß man „bis auf den heutigen Tag" — 1936 — nicht ganz sicher sein könne, ob mit der Volkserziehung das Volk als Einheit gemeint sei, „und nicht etwa bestimmte Klassen, etwa das Bürgertum oder das Proletariat, das allein Volk zu sein beanspruchte, wie früher das Bürgertum Volk zu sein vorgab"

Die Auseinandersetzung um die Funktion der Schule zeichnet Weniger am Streit um die politische Geschichte und die Kulturgeschichte nach. Es geht Weniger dabei um die Frage, ob die Schule im Dienste einer demokratischen Erziehung aller Volksteile steht oder ob sie Instrument zur Beherrschung durch eine Gruppe ist, also sich aus den Interessen der den Staat repräsentierenden und ihn tragenden Gruppen und deren Berufserziehung ableiten läßt. Die Kulturgeschichte wurde von den jeweils in Opposition zur offiziellen Geschichte stehenden Lehrern und Theoretikern gefordert, mit psychologischen und organisatorischen, aber in erster Linie mit politischen Argumenten. Die Kulturgeschichte soll auch die Interessen der am Staat nicht beteiligten Bevölkerungsgruppen zur Geltung bringen: die Interessen des Bürgertums, das sich gegen die Beschränkung der Macht auf Fürstenhaus und Adel wendet; die Interessen der Arbeiterschaft, des Kleinbürgertums und der Bauern, die ihre eigene Geschichte durch den Heroenkult der politischen Geschichte verdrängt sehen: „Man braucht wahrhaftig noch lange nicht ein . Demokrat'zu sein, man kann den Verdiensten der hervorragenden Männer in der Vergangenheit wie in der Gegenwart die aufrichtigste Verehrung und Dankbarkeit zollen, und kann es doch ebenso geschichtlich falsch als aus praktischen Gründen gefährlich finden, wenn unsere Jugend von früh auf daran gewöhnt werden soll, in allen Wendungen und Wandlungen unserer vaterländischen Geschichte immer und überall nur das Walten einzelner Persönlichkeiten zu erblicken, den ganzen übrigen Teil der Nation aber nur wie eine passive Masse anzusehen, welche jeder wirksamen, selbsttätigen Teilnahme an der Gestaltung ihrer Geschicke entbehre. Ohnehin neigt ein nur allzu großer Teil unseres Volkes dahin, von einzelnen Persönlichkeiten alles zu erwarten, statt selbst ... die Schulter ans Rad zu stemmen.

Erich Weniger zitiert mit diesen Ausführungen den Geschichtsdidaktiker Biedermann und interpretiert seine Auffassung als direkten Angriff auf die herrschende Geschichtsauffassung, die im Kaisertum und in Otto von Bismarck die Symbole für ein optimal funktionierendes Allgemeinwesen sah und keine Anstalten machte, die drängende soziale Frage und die Beteiligung der Arbeiterschaft an der staatlichen Verantwortung unter einer historischen Perspektive zu diskutieren. Dieses Problem ist auch 1926 und — wie die Zitate oben gezeigt haben — 1936 noch aktuell: . Die Arbeiterklasse ist ein politischer Macht-faktor geworden und zu geschichtlichem Bewußtsein gelangt. Sie sucht den Zusammenhang mit dem Gesamtvolk, ja sie fühlt sich heute als eigentlicher Träger des Volkstums, sie identifiziert sich mit dem Volk, wie es in der voraufgegangenen Epoche das Bürgertum tat.

Heute wissen wir, daß nicht der Geschichtsunterricht der Weimarer Republik, sondern die nationalsozialistische Indoktrination sich der Handwerker, Kleinbauern und Arbeiter angenommen und ihnen ein Geschichts-und Sendungsbewußtsein gegeben hat, das erst die Kriegs-und Aggressionspolitik Hitlers möglich machte. Kein Film und keine geschichtliche Darstellung, die nicht das einfache Leben arischer Menschen, was immer das sein mochte, verherrlichte. So ist denn auch die Rechtfertigung der verantwortlichen Pädagogen nach 1945 selbst ein Spiegelbid, wenn auch ein Zerrbild der alten Geschichtsauffassung: „Das Schema ist überall das gleiche: eigentlich habe doch der Nationalsozialismus das Beste gewollt und sich nur in den Mitteln vergriffen, und eigentlich liege die Schuld bei denen, die früher die Verantwortung trugen;

ohne sie wäre es nicht so gekommen. Ein lehrreiches Beispiel dafür ist die im übrigen gut gemeinte geschichtliche Einleitung zu der ersten Auflage von Oetinger , Wendepunkt politischer Erziehung 24). So wie man früher den leitenden Politikern die ganzen Erfolge ind die ganze Verantwortung für das Wohl und Wehe zuschrieb, so macht die Ge-Schichtsschreibung nach der politischen und moralischen Niederlage des deutschen Volkes allein die nationalsozialistische Führung verantwortlich. Das ist theoretisch konsequent, sicherlich politisch folgenreich und didaktisch für die heutige Position des Geschichtsunterrichts zu bedenken. Und hier beginnt das eigentliche didaktische Problem: Ist der Geschichtsunterricht über die undemokratische, volksferne Helden-und Königsgeschichte hinausgekommen?

Wenn man die Darstellungen der Geschichtsbücher liest, muß man das bezweifeln. Wie im Wildwestfilm ist es der einzelne, der Geschichte macht; es sind die großen Schlachten und Konferenzen, die das Schicksal der Völker entscheiden. Selbst die Nachkriegsgeschichte widmet den Aufbauleistungen, den wirtschaftlichen, technischen und sozialen Entwicklungen der Bundesrepublik, der europäischen Nachbarn und der USA als den wichtigsten Verbündeten weniger Raum als der Darstellung der Kanzler, Staatspräsidenten und Premierminister und ihrer angeblich epochemachenden Entscheidungen. So wird die Behinderung der Europäischen Einigung durch die Franzosen zu einer Marotte der Staatschefs. Dadurch wird nicht nur der Eindruck erweckt, man müsse nur einige Leute beseitigen, um die gesellschaftlichen Bedingungen zu verändern; es wird auch so getan, als sei der einzelne Bürger unbeteiligt und — bis auf seine Stimmabgabe alle vier oder fünf Jahre — ohne Verantwortung. Tatsache bleibt, daß für die Beziehungen zwischen Indien und England Indigo und Tee, für die Veränderung der Wirtschaftsstruktur Algeriens die Vorliebe der Franzosen für Wein eine größere Rolle gespielt haben, als die Schilderung der Konflikte, Maßnahmen und Konferenzen in den Geschichtsbüchern wahrhaben wollen.

Die Personalisierung der Politik in der Geschichtsdarstellung ist jedoch nicht unabsichtlich. Der Bürger soll nicht selbst über die eigenen Probleme nachdenken, sondern den Gedanken, Plänen und Entscheidungen anderer folgen und sie unterstützen. Nicht der sachverständige Bürger ist gefragt, sondern der Anhänger. Der Geschichtsunterricht in der jetzigen Form ist daher auch berufsbezogen, weil die, die später durch Ausbildung und Studium an die Schaltstellen der Macht kommen können, auf eine kontinuierliche Fortsetzung der Politik vorbereitet sind; er ist allgemeinbildend, weil die anderen lernen, sich den Kopf der Politiker zu zerbrechen und sie wegen ihrer schwierigen Aufgabe zu bewundern. Aus diesem Grund ist der Geschichtsunterricht am Gymnasium am weite-19 sten entwickelt und mit den Zielen der übrigen Fächer am besten abgestimmt, z. B. mit den Sprachen und dem Deutschunterricht.

In die bisher gegebene Darstellung des Geschichtsunterrichts scheint der Lehrplan Gesellschaftslehre aus Hessen nicht zu passen, der die historische Betrachtungsweise durchgehend anwendet, aber sie auf die Lernfelder Sozialisation, Wirtschaft, Öffentliche Aufgaben und Intergesellschaftliche Konflikte bezieht. Man sollte meinen, daß dadurch die Interessen der Schüler als zukünftige Arbeitnehmer und Konsumenten stärker zur Geltung kommen und ein großer Schritt zu einem bürgemahen Geschichtsunterricht gemacht wird. Das ist jedoch, nicht der Fall. Die Geschichte wird vielmehr zur Abstützung einer gesellschaftspolitischen Betrachtungsweise mißbraucht, also zum geschichtlichen Beweis für die These von der Entwicklung der Gesellschaft durch Klassenkämpfe oder der dialektischen Entwicklung der Produktionsmittel. Damit wird in die Geschichte verlagert, was an der gegenwärtigen Gesellschaft zu diskutieren und durch die Schulorganisation, z. B. die Ganztags-Gesamtsdiule, aufzuheben wäre: die Benachteiligung von Arbeiterkindern durch die andere Sozialisation, die mangelhaften Kenntnisse und die geringe Beteiligung der Arbeiter beim Einsatz der Produktionsmittel. Auch hier ist nicht von der Hand zu weisen, daß die Geschichte dazu dient, die herrschenden Verhältnisse abzusichern und vor allem die Lehrer vor dem Anspruch der Arbeiter zu schützen, ihre Kinder besser als bisher zu fördern.

Als Ergebnis bleibt festzuhalten:

1. Der Geschichtsunterricht ist eine Schilderung der Maßnahmen und Verhaltensweisen der Staatsmänner und des Beamtenapparates geblieben, obgleich seit nahezu 100 Jahren die Kritik nicht verstummt ist und die Einbeziehung des täglichen Lebens, der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Gegebenheiten als „Kulturgeschichte" gefordert wird.

2. Der Geschichtsunterricht ist in seiner Abfolge und diaktischen Struktur am ästhetisch-historisch-literarischen Bildungsideal des traditionellen Gymnasiums orientiert und in diesen Fächerkanon eingepaßt.

3. Da der Geschichtsunterricht die Entwicklung von der Standeserziehung und Berufs-vorbereitung zur politischen Bildung des Bürgers nicht mitgemacht hat, ist zu vermuten, daß hier Standeserziehung vorliegt.

Im Gegensatz zum Geschichtsunterricht scheint die Sozialkunde oder die Staatsbürgerkunde die politischen Probleme direkter anzugehen und besser zu lösen.

Ursprünglich wurde die Staatsbürgerkunde als Gesetzes-und Verfassungskunde an den Fortbildungsschulen gelehrt die die Hilfsarbeiter und Handwerkslehrlinge in der Zeit zwischen der Schulentlassung und ihrer Einberufung zum Wehrdienst zu besuchen hatten. Die Fortbildungsschule versuchte die Lücken der Volksschule auszufüllen und einige Kenntnisse aus dem beruflichen Bereich zu vermitteln. Dabei war der Bezug zur beruflichen Praxis, die den Fortbildungsschüler körperlich und geistig beanspruchte, in erster Linie ein Versuch, die Schüler für die Rechenaufgaben, Schreibübungen und Zeichenaufträge zu motivieren. Mit der Staatsbürgerkunde bekamen die Fortbildungsschulen jedoch einen eigenen Auftrag, denn durch die politische Bidlung sollte den schädlichen Einflüssen der sozialdemokratischen Arbeiterbildungsvereine gesteuert und der Jugendliche stärker an Kaiser und Reich gebunden werden. Jedoch vermochten die Fortbildungsschulen gegen die allgemeine kritische Einstellung der Arbeiterschaft gegen Thron und Altar wenig auszurichten. Jedenfalls wurde die Frage der Wirksamkeit des Staatsbürgerkundeunterrichts Gegenstand von Ausschreibungen und öffentlichen Diskussionen. Dabei setzte sich die Auffassung durch, daß eine gute Berufserziehung, wie sie von Kerschensteiner in München praktiziert wurde, die beste staatsbürgerliche Bildung sei. In engem Zusammenhang mit den beruflichen Problemen sollte der Schüler seinen Standort im Arbeitsleben mit der gesellschaftlichen Situation vergleichen und im Interesse an dem eigenen beruflichen Fortkommen die staatlichen Organe stützen und bejahen. Kerschensteiner wollte an den Egoismus der Schüler anknüpfen und diesen zum Altruismus im Sinne eines kollektiven Egoismus läutern Für ihn hatten Gemeinsinn und Vaterlandsliebe ihren Ursprung im individuellen Wohlbefinden und Aufstiegsstreben. Der individuelle Vorteil wurde für den berufstätigen Jugendlichen in der Berufs-und Bürgerkunde der beruflichen Fortbildungsschule erfahrbar, weil er Informationen und Ratschläge für seine Berufsausbildung erhielt und die Selbstverwaltungsorgane der Wirtschaft, der Innungen, Gewerkschaften und Berufsverbände für seine eigenen Ziele nutzen konnte. Der Staat war nicht mehr der Kaiser oder Fürst, sondern er zeigte sich in der Hilfe und Fürsorge von Behörden und Organisationen. Die durch das eigene Geschichtsverständnis und die ideologische Prägung in Arbeitervereinigungen und im Elternhaus aufgebaute negative Einstellung gegenüber der staatlichen Gewalt war nicht in der gleichen Weise gegenüber den Behörden und Organisationen aufrechtzuerhalten, mit denen man täglich zu tun hatte und als deren Teil man sich verstand.

Auch das muß in diesem Zusammenhang berücksichtigt werden: Die Einführung der Berufs-und Bürgerkunde fällt zusammen mit der Reform des Fortbildungsschulwesens zur Berufsschule, und diese Umgestaltung fällt wiederum zusammen mit dem Wiedererstarken der handwerklichen Lehre auch in den Industriebetrieben, nachdem die Konkurrenz zwischen Handwerk und Industrie in der liberalen Epoche durch staatliche Interventionen, z. B. die Neufassung der Gewerbeordnung im Jahre 1897, in gemäßigte Bahnen gelenkt und durch staatliche Hilfen das Handwerk und der mittelständische Handel gestützt wurden. Die Industrialisierung war auch schon soweit fortgeschritten, daß mehr ausgebildete Kräfte gebraucht wurden und die handwerkliche Lehre auch dann höheren Verdienst versprach, wenn man sich nicht selbständig machen konnte. So kann zwar der nachgeborene Kritiker feststellen: „Kerschensteiners Identifizierung von Berufsbildung, Allgemeinbildung und staatsbürgerlicher Bildung hat zu einer unhaltbaren Gleichsetzung in Wahrheit widersprüchlicher und antinomischer Sozial-horizonte geführt. Die Vorstellung, der ordentliche und pflichtgetreue Arbeiter sei zugleich auch der optimale politische Bürger, hatte mit der Substanz demokratischer Normen und Realitäten so gut wie gar nichts zu tun wohl aber mit den ökonomischen Bedingungen des beginnenden 20. Jahrhunderts, die durch den Umbruch einer agrarischen, von der Vormacht Preußen repräsentierten Gesellschaft in eine industrielle Gesellschaft und eine deutsche Nation gekennzeichnet sind.

Berufliche Qualifizierung, die regionale Mobilität und die Umstellungsfähigkeit auf sich rasch verändernde Produktionsbedingungen waren Tugenden der wandernden Handwerkshutschen, die auch staatsbürgerliche Tugenden waren, solange sie zur Hebung der allgemeinen Produktivität und damit zur Schafung eines allgemeinen Wohlstandes beitrugen. Solange der Knappe aus Oberschlesien oder der Schmied aus Ostpreußen im Ruhrgebiet die eigene Wohnung und den Garten für die Ziege verlangen und jederzeit wieder zurückgehen konnte, solange er seine Interessen in Gesellenvereinen artikulieren und dort Unterstützung finden konnte, erzwang die größere intellektuelle, ökonomische und soziale Beweglichkeit auch mehr demokratische Rechte. Die offene Sprache der Zeitschriften, z. B.der Zeitschrift „Die Arbeitsschule“ (vor 1918), ist ein Beleg für das faktische Recht der Meinungsfreiheit.

So ist es nicht verwunderlich, daß die Kerschensteinersche Konzeption, zunächst als Waffe gegen die Demokraten angesehen, in nahezu unveränderter Form von der Weimarer Republik übernommen wurde. Die verschiedenen Auflagen der Schriften Kerschensteiners zeigen die Veränderung der Begründung, nicht der Konzeption Diese Kontinuität zeigt auch, daß die wichtigsten Ziele im Kaiserreich und der Weimarer Republik gleichblieben: Wie das Kaiserreich die „Kleindeutsche Lösung“ gegenüber den überkommenen Mächten und den Ansprüchen des liberalen Bürgertums zu verteidigen hatte, konnte sich die Weimarer Republik nicht durch die Rätedemokratien in Frage stellen lassen und mußte darauf bedacht sein, die Vorteile der individuellen, im täglichen Umgang erlebten Freiheiten zum unbedingten Einsatz für den Staat umzumünzen. „Für jeden modernen Staat ist es eine Lebensfrage, wieweit es ihm gelingt, das konstruktive Gegengewicht zu schaffen gegenüber der allen Staatsbürgern gleichmäßig gewährten individuellen Freiheit: politisches Verantwortungsgefühl in möglichst allen Staatsbürgern. Je stärker der Demokratisierungsprozeß ist und je unvermittelter der Übergang von einer autoritären Staatsform zur demokratischen erfolgt, um so dringlicher ist die Forderung im Interesse einer gesunden Entwicklung“, forderte ein Zeitgenosse Die Verteidigung des demokratischen Staates war jedoch nicht mehr identisch mit dem individuellen beruflichen Fortkommen. Deshalb wurden die beruflichen Aspekte in einem eigenen Fächerkomplex mit dem Zentrum in der Fachkunde zusammengefaßt und die staatsbürgerliche Erziehung als Gemeinschaftskunde in den Lehrplan der Berufsschulen aufgenommen. Die Gemeinschaftskunde sollte die Einordnung der Berufstätigkeit in einen volkswirtschaftlichen, gesundheitspolitischen und kulturkundlichen Zusammenhang ermöglichen

War dieser Zusammenhang noch rational gemeint und sollte er im Sinne einer staatlichen Gemeinschaft der Not und der Arbeit interpretiert werden, so eröffnete er doch den Weg für die Theorie der funktionalen Erziehung, der beruflichen und betrieblichen Gemeinschaft als Lebensform, als Form volkhafter Bildung Der Staatsbürger wurde zum Volksgenossen; die berufliche Arbeitsteilung wurde vom Problem sozialer Gerechtigkeit auf die Ebene emotionaler Beziehungen und das Akzeptieren vorgegebener, natürlich gewachsener hierarchischer Beziehungen reduziert. Der Zusammenhang dieser Form der Staatsbürgerkunde mit dem Geschichtsunterricht, der das Führerprinzip verherrlichte, ist sehr eng. So stellte Abraham im Anschluß an die Arbeiten Schliepers noch nach dem Kriege fest, daß die funktionale Erziehung des Betriebs zu einem historischen Bewußtsein führe Insbesondere die Firmengeschichte und die Identifikation des Arbeiters mit dem „Schicksal" der Firma sollen dadurch herausgehoben werden. Dies sind zweifellos Auswirkungen der an einer Geschichtsmythologie orientierten Gemeinschaftskunde-Erziehung des Dritten Reiches.

Die Arbeiten von Abraham zeigen, daß die staatsbürgerliche Erziehung nach dem Scheitern des Faschismus und der Niederlage Deutschlands weit stärker von der Tradition bestimmt ist, als es die Theoretiker der politischen Bildung nach dem Kriege wahrhaben wollten. Sie glaubten an die Ergebnisse der Weimarer Republik anknüpfen zu können und sahen in der staatsbürgerlichen Erziehung der Berufsschule, vor allem in der berufsorientierten Methode Kerschensteiners, einen Ausweg aus dem Dilemma, Geschichte unter den Bedingungen einer moralischen und politischen Niederlage lehren zu müssen. „Partnerschaft“ wurde zum neuen Ziel der politischen Bildung. Wenn man sich auch gegen Kerschensteiner, Förster und Oetinger theoretisch abgrenzte, wurde noch der Rückbezug auf Dewey und die praktische Übung in der Kooperation zur beherrschenden politischen Auffassung Allerdings darf daraus nicht geschlossen werden, daß die Projektmethode einen großen Anhängerkreis unter den Pädagogen gewonnen hätte. Aber die mit der „Partnerschaft" Oetingers (Th. Wilhelms) eingeläutete Wende weg von der Geschichte und hin zur Analyse der politischen Bedingungen sowie die Anknüpfung an die amerikanische Literatur kamen den Zielen der sich kräftig entwickelnden Universitäten und Hochschulen entgegen. Wissenschaften wie die Soziologie, die Politologie und die Sozialpsychologie waren in den Vereinigten Staaten während des Krieges weiterentwickelt und nach dem Kriege von den jungen deutschen Wissenschaftlern, die im Rahmen der Stipendienprogramme der amerikanischen Besatzungsmacht dort studiert hatten, auch in Deutschland verstärkt betrieben worden. Diese Fächer zogen wegen ihrer unkonventionellen Fragestellungen und ihrer modernen Lehrmethoden auch die Lehrerstudenten an, die dann wiederum das Gelernte an die Schüler weitergeben wollten. Dafür war aber nur im Rahmen der politischen Bildung ein Stundenvolumen vorhanden. Erst später wurden aus diesen Ansätzen politischer Bildung eigene sozialwissenschaftliche Züge in der Oberstufe des Gymnasiums entwickelt.

In der politischen Bildung stritten bald Geschichtslehrer, Erdkunde-(Geografie-) Lehrer, Politologen, Soziologen und Wirtschaftswissenschaftler um die Unterrichtsinhalte. Da ein politischer Auftrag für die politische Bildung nicht mehr vorhanden war oder aber sich in allgemeinen Floskeln erschöpfte, gab es keine Beurteilungskriterien, an denen die Ansprüche der verschiedenen Wissenschaften gemessen werden konnten. Bei dieser Auseinandersetzung blieb der Anlaß einer auf die wissenschaftliche Analys der Gegenwart bezogenen politischen Bildung, die auf der praktischen politischen Mitarbeit der Jugendlichen an der Gesellschaft beruhende Projektmethode Deweys, fast ganz außer acht. Das lag einmal daran, daß die Lehrer nur eine Wissenschaft gründlich studiert hatten und mit diesem Instrumentarium in der Schule arbeiteten. Eine Integration der verschiedenen wissenschaftlichen Ansätze an einer praktischen Aufgabe, etwa der Stadtplanung, des Baus eines Krankenhauses oder der Planung der Nahverkehrsmittel im Interesse der Schüler und der Arbeitnehmer, hätte die geplante Zusammenarbeit unterschiedlich ausgebildeter Lehrer notwendig gemacht.

Die Lehrerbildung müßte über die allgeme nen wissenschaftstheoretischen und hoch-schulcurricularen Grundlegungen der Disziplin zu einem differenzierten und praxisnahen Einsatz des wissenschaftlichen Instrumentariums befähigen; die Schule müßte organisatorisch umgestaltet werden, um den Fachunterricht zugunsten von Projekten einzuschränken. Projekte blieben daher Ausnahmen im schulischen Alltag, nicht nur in der politischen Bildung. Statt dessen wurden die Schüler mit Teilen der Volkswirtschaftslehre, der Soziologie, der Politologie, der Geografie und der Geschichte konfrontiert, die sie in einen Zusammenhang bringen sollten — dieser Zusammenhang wurde aber von den Lehrern selbst nicht dargestellt. Diese Situation führte zu einer Stoffülle in der politischen Bildung, die mit den wenigen Stunden nicht bewältigt und mangels einleuchtender Kriterien nicht reduziert werden konnte. Der Ausweg wurde in der Verlagerung einzelner Einheiten in andere Fächer gesucht. So wurden die Axiomatik der Volkswirtschaftslehre und die Grundzüge der Wirtschaftspolitik als Wirtschaftslehre zu einem Teilfach der Arbeitslehre. Diese nordrheinwestfälische Lösung wurde von zahlreichen Bundesländern übernommen, weil damit die Frage der Lehrerbildung für das neue Fach gelöst war: Die Arbeitslehre zerfällt in die Fächer Hauswirtschaft, technisches Werken und Wirtschaftslehre; die Wirtschaftslehre kann durch die Vorbereitung von Erkundungen die (wirtschafts-) politischen Aspekte verdeutlichen. Zwar soll auch die Hauswirtschaft stärker an der. Erarbeitung volkswirtschaftlicher Prozesse beteiligt werden aber eher mit einer praxisbezogenen Illustration der Konsumentenrolle in der Marktwirtschaft, d. h. als Medium für die volkswirtschaftliche Theorie. So ist es nicht verwunderlich, daß Themen und Lernziele in einem Bundesland in der Arbeitslehre (Wirtschaftslehre), im anderen in der politischen Bildung (Gesellschaftslehre) auftauchen

Wichtiger als diese Ungereimtheiten ist jedoch die Frage, ob die volkswirtschaftlichen, soziologischen und politologischen Theorien nicht besser in der Arbeitslehre aufgehoben sind, wenn man die politische Funktion des Berufes und die Aufgabe, Arbeitsteilung als Form der Herrschaft von Menschen über Menschen für den Schüler erfahrbar und analysierbar zu machen, zum Auftrag für die Ar-beitslehre macht. Die staatsbürgerliche Erziehung scheint ein besserer Ausgangspunkt zu sein als der Geschichtsunterricht. Die Berufs-und Bürgerkunde der Kaiserzeit knüpfte an die Interessen der Jugendlichen an beruflichem Fortkommen an und unterrichtete sie über die staatliohen und halbstaatlichen Einrichtungen, die ihnen als zukünftigen Handwerkern auf dem Wege durch das Arbeitsleben Informationen und Hilfen boten. Die Weimarer Republik hob in der Gemeinschaftskunde über diese pragmatische Lebenshilfe hinaus die Garantien der Verfassung heraus, die den persönlichen Einsatz des Staatsbürgers erforderten, wenn die Verfassung Lebens-wirklichkeit werden sollte, auch zum Wohle des Jugendlichen. Ja, selbst die Ideologie vom Volksgenossen bot noch die Wärme des Zusammengehörigkeitsgefühls eines Berufes und die Achtung vor der Fachmannschaft, die einen gewissen Schutz vor der Willkür der Partei bot und in der Einheit der Arbeiter „der Stirn und der Faust" auch die Grenzen der Ausbildung und der betrieblichen Hierarchie zu überschreiten suchte, -wenigstens prinzipiell war der Arbeiter zum Mitarbeiter und Gesprächspartner geworden.

Die neueren Ansätze einer elementaren Politologie, Soziologie, Volkswirtschaftslehre und Geschichtsphilosophie erfüllen mit ihrer Scheinwissenschaftlichkeit, die in keiner Weise die Leistungsfähigkeit wissenschaftlicher Analyse gegenüber praktisch-handwerklicher Beurteilung an konkreten Lebensproblemen nachweist, noch nicht einmal diese bescheidenen Ansprüche. Um es an einem Beispiel deutlich zu machen: Für den Arbeiter erschöpft sich die Analyse der Arbeitsteilung zwischen Management und Arbeitnehmer, zwischen Streikleitung und Streikenden und zwischen Beamten und Bürgern in der Feststellung: „Wir tragen das Klavier, und die tragen die Verantwortung; im Zweifelsfall ist es keiner gewesen.“ Sicher gibt es wissenschaftliche Analysen, die die Mechanismen beschreiben, die zur Verlagerung der Arbeitslast auf die Abhängigen führen aber sie finden keinen Eingang in die Lehrpläne der Arbeitslehre und der politischen Bildung. Insbesondere die Einbeziehung der Betriebswirtschaftslehre, die als Organisationstheorie die Aufgabenverteilung in einer Unternehmung beschreibt und Hinweise für die Kontrolle der Unternehmensleitung im Rahmen der Mitbestimmung geben könnte, wurde mit dem Argument abgelehnt, es handle sich um Berufs-ausbildung und nicht um Allgemeinbildung Daran ist soviel richtig, daß die Unternehmer, vertreten durch das Deutsche Industrieinstitut und bildungspolitisch durch die Walther-Raymond-Stiftung, die Ausbildung von Managern und kaufmännischen Angestellten zur Berufsausbildung rechnen und diese sich selbst im Rahmen der Arbeitsteilung zwischen Schule und „Wirtschaft" Vorbehalten möchten Richtig ist auch, daß die Entscheidungen von Managern großer Unternehmen, die im internationalen Maßstab planen können, Folgen für die Volkswirtschaft haben, von allen getragen werden müssen. Fraglich ist nur, ob die Ansicht der Unternehmer und deren wirtschaftliche Praxis, Gewinne zu privatisieren und die Verluste mit dem Hinweis auf die gefährdeten Arbeitsplätze zu sozialisieren, nicht durch volkswirtschaftliche Überlegungen der kritischen Reflexion entzogen werden sollen.

Als Ergebnis kann festgehalten werden:

1. Der Berufsbezug der staatsbürgerlichen Erziehung ist aufgegeben worden, ohne daß das leitende Interesse an einer Mitsprache und Mitverantwortung der abhängig Beschäftigten im Beruf und in der (Wirtschafts-) Politik durch die neuen Unterrichtsinhalte — Wirtschaftskunde, Hauswirtschaft, Verbrauchererziehung, Berufskunde, technisches Werken, Polytechnik, Gesellschaftslehre, Weltkunde etc. — aufgenommen worden ist. 2. Wie der Geschichtsunterricht ist die Staatsbürgerkunde zu einer lebensfernen und nicht vom Schüler kontrollierbaren und erfahrbaren Wissenschaftspropädeutik sozialwissenschaftlicher Disziplinen geworden, die ihren Sinn erst dem erschließt, der diese Fächer studiert. Insofern ist aus dem Gedanken der staatsbürgerlichen Beteiligung eine Berufs-erziehung der künftigen Akademiker geworden, die die Standeserziehung im Geschichtsunterricht ergänzt. .

3. Eine Änderung dieser Situation ist solange nicht zu erwarten, wie wissenschaftliche die Ausbildung der Lehrer an der Berufsausbildung der Diplomstudiengänge, d. h.der Ausbildung der zukünftigen Herrschenden, orientiert ist. Wenn es nicht gelingt, die Situation der abhängig Beschäftigten in die Fragestellungen der Ingenieurwissenschaften und der Sozialwissenschaften einzubeziehen, ist es ehrlicher, die Arbeitslehre und die Gesamtschule abzuschaffen und sich und seinen Nachkommen die Untersuchungen über die Wirksamkeit politischer Bildung zu ersparen. Diese Einbeziehung leisten auch die marxistisch orientierten Studiengänge Arbeitslehre/Politik nicht; sie sind am Arbeiter als Medium eines Gesellschafts-und Geschichtspro-! zesses interessiert, nicht an den arbeitenden Menschen als Subjekten politischer Entscheidungen; das Interesse ist hier die Begründung Gesellschaftstheorie, nicht die unmittelbare Bewältigung der gesellschaftlichen I Probleme.

IV. Die bildungspolitische Aufgabe der Arbeitslehre und der politischen Bildung

Wie gezeigt wurde, ist die politische Bildung in ihren frühen Ausformungen als Geschichtsunterricht und Staatsbürgerkunde eine Vorbereitung auf die Arbeitssituation gewesen, die durchaus sinnvoll angelegt war und zu ihrer Zeit ihre Ausgabe erfüllte. Sie hat sich aber durch die Lehrerbildung und die Schulpolitik in den letzten Jahren mehr und mehr zu einer Wissenschaftspropädeutik entwickelt, die nur noch standespolitische Funktionen und nicht die Vorbereitung der gesamten Jugend auf ihre Verantwortung als Staatsbürger und Gesellschaftsmitglieder zum Ziel hat. Auch in der Arbeitslehrediskussion wurde bei einigen Posi-tionen deutlich, daß sich die Tendenz zur Wis-i senschaftspropädeutik verstärkt und — im Rahmen der Gesamtschule — als wissenschaftsbezogenes Lernen im Sinne des Bildungsrates ausgegeben wird Insbesondere die Arbeits-I lehre als Vorbereitung auf die Arbeitswissen-ist in der Gefahr, nur noch instrumentales Regelwissen zu vermitteln, ohne den gesellschaftspolitischen Horizont zu erleuchten, der das erkenntnisleitende Interesse einer Wissenschaft ausmacht Eine Einführung wird erst dann die Wissenschaft voll erschlie-* Ben, wenn Wissenschaft selbst als gesellschaftlicher Verantwortungsbereich begriffen werden kann In diesem Sinne haben Arbeitslehre und politische Bildung ihren Auftrag aufzufassen, wenn sie nicht in eine Standeserziehung verfallen sollen, die nur für eine Minderheit den Einstieg in die politischen Wissenschaften oder die Arbeitswissenschaft erleichtert, aber die Mehrheit über die Relevanz einer Wissenschaft und ihrer Fragestellungen im unklaren läßt.

Es geht also nicht um eine Stellungnahme gegen die wissenschaftliche Lehrerausbildung, sondern um ein Plädoyer für eine didaktische und erziehungswissenschaftliche Fundierung des Lehrerstudiums, das die Lehrer in die Lage versetzt, gemeinsam die Bezugswissenschaften Geschichte, Politologie, Soziologie, Volkswirtschaftslehre, Betriebswirtschaftslehre, Arbeitswissenschaft, Ingenieurwissenschaften, Recht und Sozialpsychologie in Lehrpläne, Stoffverteilungspläne und Unterrichtsentwürfe umzusetzen. Die Reform der Lehrerausbildung ist aber nur die Konsequenz aus der Veränderung der Lernziele, der Unterrichtsverfahren und Inhalte. Wenn die gesellschaftliche Relevanz der Inhalte erst die Bestimmung der Wissenschaft möglich macht, die zur wissenschaftlichen Absicherung eines Lernzieles nötig ist, kann sich das Lehrerstudium nicht an den vorhandenen Wissenschaften, sondern muß sich an den zukünftigen gesellschaftlichen Problemen orientieren. Hier ist festzustellen, daß die Reduktion der politischen Bildung und die drohende Deformation der Arbeitslehre zu terminologischen Grundlehrgängen einiger Wissenschaftsdisziplinen nicht allein auf die unvollkommene Ausbildung der Lehrer zurüdezuführen ist.

Vielmehr sind sie Kennzeichen eines Rückzugs aus der Öffentlichkeit, der durch die übersteigerten Anforderungen an die Fächer herausgefordert wurde. Wie seinerzeit die politische Bildung, so wird heute die Arbeitslehre zum pädagogischen Reformfach schlechthin erklärt.

Schon beim Deutschen Ausschuß war die Arbeitslehre das didaktische Zentrum der Hauptschule. Dadurch verlagern sich alle Ansprüche an die Schule auf die politische Bildung und die Arbeitslehre; diese Fächer waren und sind die Prügelknaben der Schulreform. Aus dieser Situation können nur eine umfassende Reform aller Schulfächer und die Bestimmung der Un-

terrichtsinhalte der Arbeitslehre und der politischen Bildung herausführen. Die Reform des -— — -

Schulwesens geht zweckmäßigerweise von den Bereichen aus, die sich am wenigsten ändern lassen: Gliederung der Schulen in Schulformen, bauliche und administrative Organisation, Aufgliederung in Fächer.

Die Curriculumforschung kann nicht einsetzen, bevor nicht eine Reihe von schulorganisatorischen und gesellschaftlichen Vorentscheidungen gefallen ist und gewissermaßen die Zielrichtung eines Faches und der jeweiligen Schulreform beschrieben ist. So ist die Kritik an den „rein organisatorischen Änderungen der großen Planungsgremien wie Bildungsrat und Deutscher Ausschuß für das Erziehungs-und Bildungswesen dahin zu relativieren, daß politische Entscheidungen über die Funktion der Schule globale Lernziele vorgeben und die Voraussetzung für die Planung von Unterricht und Erziehung sein müssen. Diese Entscheidungen werden einerseits die Fächer und deren Stundenvolumen benennen, andererseits Zielvorstellungen und Sequenzen andeuten. Hierher gehört der bildungstheoretisch irrelevante, aber für die politische Diskussion wichtige Streit zwischen Berufsbildung und Allgemeinbildung, d. h. die Aufgliederung der Inhalte und Aufgaben auf die allgemeine Vollzeitschule und die beruflichen Speziallehrgänge. Der bisherige Entwurf eines Arbeitslehre-Lehrplans in Berlin ist auf die Situation der Berliner Hauptschule zugeschnitten, die als Oberstufe die Klassen 7— 10 umfaßt und von ihrer Konzeption her sich als Vorform einer integrierten Sekundarstufe I versteht. Die Arbeitslehre sei die erste Stufe einer veränderten Berufsausbildung Mit dieser Formulierung wird einerseits angedeutet, daß auch die zum Abitur führenden Lehrgänge berufsvorbereitend sind, andererseits die Veränderungen der Produktion und die Wandlungen der Arbeitsteilung auch von den Arbeitern an der Basis der betrieblichen Hierarchie eine theoretische Uberqualifikation erfordern, damit die Veränderungen zur Chance der Bildung und der gesellschaftlichen Emanzipation werden. Die gesellschaftliche Hierarchie kann nur durch Mitbestimmung aufgebrochen werden, wenn alle am Kommunikationsprozeß Beteiligten über einen geistigen Hintergrund verfügen, der über die durch die Arbeitsteilung geforderten Qualifikationen hinausgeht. Die Einheit der Produktionssteuerung fordert die Einheit der Ausbil-düng. Der Bildungsrat hat jedoch die Schwerpunkte anders gesetzt. Der „Strukturplan für das Bildungswesen" sieht in der Differenzierung und damit in der Auslese für die weiterführenden Lehrgänge das wichtigtse Problem. Er unterscheidet in der Sekundarstufe I die Orientierungsstufe (5. — 6. Klasse), die Differenzierungsstufe (7. — 8. Klasse) und die Spezialisierungsphase (9. — 10. Klasse). Mathematisch-naturwissenschaftliche, naturwissenschaftlich-technische, technisch-ökonomische und ökonomisch-gesellschaftliche Abschlüsse (Abitur I) sollen möglich sein.

Hier kann nicht der Frage nachgegangen werden, ob in den Vorschlägen des Bildungsrates die vorhandene Hierarchie der Arbeitswelt (Anordnende, Organisierende und Ausführende) nicht reproduziert wird. ist, daß sich die Arbeitslehre wahrscheinlich in diesen Rahmen einordnen wird und ihren zur Beitrag Emanzipation des einzelnen und der Gesellschaft wird neu bestimmen müssen. Daraus leiten sich Aufgaben ab, die — auf der Orientierungsstufe die Unterschichtenkinder für höhere Bildungsinvestitionen zu interessieren, — in der Differenzierungsstufe thematisch differenzierte, ökonomische und technische Curricula in methodischen Einheiten anzubieten (z. B. Projekten) und — in der Spezialisierungsphase die Schüler ohne Abschluß der Sekundarstufe I auf die Situation der Berufsgrundbildung und der Lehre vorzubereiten.

Unter diesen veränderten Bedingungen sind alle Lehrpläne neu zu überdenken, wenn auch die globalen Zielsetzungen unverändert bleiben müssen, nämlich durch die Arbeitslehre den zukünftigen Arbeitnehmern ein Urteil über die Arbeitsbedingungen und das Wirtschaftssystem zu ermöglichen sowie durch die politische Bildung die Mitbestimmung des Wirtschaftsbürgers zu provozieren.

Da alle Fächer auf die Arbeitsbedingungen vorbereiten können, müssen wir für ein Fach „Arbeitslehre" oder einen Fächerkomplex „Polytechnik" eine spezifische Aufgabe finden. Was ist eigentlich das Neue an unserer Gesellschaft, das unabweisbar nach einer schulischen Vorbereitung verlangt und nicht durch die Reform des traditionellen Fächerkanons geleistet werden kann? Neu ist die langfristige Plaung der Produktion, eine für den einzelnen nicht mehr ohne Hilfen zu überschauende internationale Verflechtung der Wirtschaft und die Perfektionierung der staatlichen und wirtschaftlichen Organisation durch die Datenverarbeitung. Unter diesen Bedingungen wird es dem einzelnen immer schwerer, ohne schulische Vorbereitung sein eigenes Schicksal langfristig zu planen. Die Schule hat daher den Auftrag, den Grundrechten im Wirtschaftsleben einen Sinn zu geben, insbesondere durch Orientierung die sinnvolle Wahl der Erwerbstätigkeit und des Arbeitsplatzes, die Akzentuierung der eigenen Bedürfnisse und die Mitbestimmung der Wirtschaftsordnung zu ermöglichen. Der Rechtsstaat ist im Bereich soziale der Wirtschaft noch nicht verwirklicht. Die Organisation der Produktion erfolgt immer noch ohne Beteiligung der Arbeitnehmer, die zu verplanbaren Objekten degradiert werden. Arbeit und Freizeit, Produktion und Konsum müssen in einer alle Fächer umfassenden Curriculumrevision auf neue, menschliche Verhaltensweisen bezogen werden, die mit den Stichworten „weltweite Mitverantwortung', „Kooperation der Bürger im politischen Handeln und in der Freizeit", tätige Mitverantwor-für den Mitmenschen, die Gemeinde und die Umwelt nur angedeutet werden können. Manche Autoren sehen in den Bürgerinitiativen und in der Besinnung auf die „polis“ ein Vorbild, wenn auch die bisherigen Erfahrungen eher nostalgische Züge und handfeste Interessen stärker bewußt machten. Trotzdem meine > ich, daß die Schule den Versuch unternehmen muß, theoretisch in ihrem Fächer-und Lernzielangebot und praktisch in den schulischen und außerschulischen Aktivitäten die Einheit von Arbeitswelt und Freizeit wiederherzustellen. Für die Fächergruppen ergäbe sich folgende als erkenntnisleitendes In-I teresse der Curriculumentwicklung und der Lehrerbildung:

V. Lernziele und Sequenzen

Welche konkrete Zielsetzung sich aus den oben angedeuteten Schwerpunkten der Fächer ergeben, muß einmal aus der Organisation abgeleitet werden, zum anderen aus den wissenschaftlichen Aussagen der Bezugswissenschaften zu den Aufgabenschwerpunkten des einzelnen Faches. Bezogen auf die Fächer Arbeitslehre und politische Bildung sind die Determinanten die Durchsetzung des eigenen Interesses, die Reflexion der eigenen Lebensbedingungen und die Veränderung der gesellschaftlichen Bedingungen unter besonderer Berücksichtigung der Arbeitsbedingungen. Die Arbeitsbedingungen Sind für die politische Bildung von besonderer Bedeutung, weil sich bei der Verteilung der Arbeitsbelastung auf alle Gesellschaftsmitglieder auch die soziale Gerechtigkeit und die Demokratie eines Staates zeigen.

Für die Ermittlung der Lernziele hat Adolf Kell eine didaktische Matrix entwickelt, die die Lebenssituationen aus Staat, Berufswelt (Unternehmung) und Freizeit (Haushalt) feststellt und den Wissenschaften, insbesondere den technischen, wirtschaftlichen und politischen Wissenschaften, zuordnet Freilich sind mit den von Kell genannten Aufgaben noch keine Lernziele gewonnen. Darum bemüht sich die weitere Feingliederung von Franz Decker, der mit ähnlichen Begriffen die Lebenssituationen und Interessenlagen der Schüler aufzuschlüsseln sucht Es ist jedoch nicht sicher, ob man durch die Strukturierung der Lebenssituationen allein zu Lernzielen und einer Zuordnung der Lernziele zu einzelnen Schulstufen, zu Sequenzen, kommt. Insbesondere bleibt die Entscheidung offen, wie ein Lernziel im Unterricht erarbeitet werden soll. Der Lehrer kann die Kenntnis des Grundgesetzes vermitteln, indem er es lernen läßt oder indem er die Geschichte der Weimarer Republik, des Faschismus und der ersten Nachkriegszeit den Schülern lebendig werden läßt, oder er kann die Normen des Grundgestzes in seinem Unterricht beherzigen, gelegentlich auf sie hinweisen und ihre Bedeutsamkeit an täglichen Konfliktfällen einsichtig machen. In allen Fällen wird zwar das gleiche Thema behandelt, aber es werden andere Lernzielkombinationen verfolgt. Außerdem wurde zur Sicherung eines Lernzieles in einen Fall wenig, im anderen sehr viel Zeit benötigt. Es hängt also gar nicht allein vom Lehrer ab, welche Themen oder Methoden er im Unterricht verwenden kann, sondern auch von der zur Verfügung stehenden Zeit und den äußeren, organisatorischen Bedingungen, also Medien, Werkstätten, Betrieben für Erkundungen und Praktika. Die Wahl der Methoden ist nicht mehr Sache des Lehrers, sondern ist in modernen Bildungszentren weitgehend durch die Konzeption, durch die Stundentafel, die äußeren Bedingungen und den Lehrplan vorgegeben. Nur scheinbar hat der Lehrer die Freiheit, weil der Lehrplan im Regelfall nur die (Rahmen-) Themen benennt, aber der Lehrer aus der Ausbildung weiß, daß bestimmte Unterrichtsverfahren wie Projekt-methode, Gruppenunterricht oder Unterrichts-gespräch gemeint sind und er bei jenem Thema unbedingt auf ein bestimmtes Medium angewiesen ist.

Wenn die Fächer nicht mehr in nebeneinander-stehende Stundenblöcke und die Lehrerbildung nicht in vom Leben der Schüler abgetrennte Wissenschaftsbereiche zerfallen sollen, muß der Lehrplan den Zusammenhang der Fächer und die Kontinuität des erkenntnisleitenden Interesses ausweisen. Das geht nur, wenn die bisherigen Rahmenpläne für Unterricht und Erziehung auch Unterrichtssysteme als Muster und Orientierung anbieten. Die Lehrpläne müssen zu den einzelnen Fächern und Sequenzen angeben, wie der Lehrer sich als Erzieher verstehen soll, in welchem Bereich seine Fach-mannschaft als Fachlehrer gefordert ist und welche Organisationsbedingungen und -leistungen für die Gestaltung einer Unterrichtsstunde erforderlich sind. Nur so können die Erzieher eine Erziehung zuwege bringen, die den Schülern einen Einblick in den Kosmos der Wissenschaften und eine Unterrichtsorganisation ohne Reibungsverlust ermöglicht. Nur so wird es langfristig möglich sein, die Intentionen der politischen Bildung durch die Themen der Arbeitslehre zu verfolgen. Wie solche Lehrpläne aussehen müßten, soll an folgendem Schema verdeutlicht werden, das sich auf die Konzeption von Heimann und Schulz zurückführen läßt: B 8

VI. Didaktische Ansätze

Die Entwicklung der Arbeitslehre-Lehrpläne ist noch nicht abgeschlossen. Fast alle Bundesländer haben Handreichungen, vorläufige Richtlinien oder Lehrpläne zur Erprobung freigegeben. Die Pläne sind jedoch kaum vergleichbar, weil das Zeitvolumen für das Fach oder den Fächerkomplex Arbeitslehre sehr unterschiedlich ist und weil das Verhältnis zu den Naturwissenschaften und der politischen Bildung jeweils anders gesehen wird. Das Zeit-volumen reicht von acht Stunden wöchentlich bis zu einem nicht fest ausgewiesenen Anteil an der politischen Bildung. Deshalb ist es nicht zweckmäßig, diese Lehrpläne miteinander zu vergleichen. Vielmehr scheinen die Grund-positionen, die zur Konstruktion der Lehrpläne geführt haben, für die zukünftige Diskussion mit den Vertretern der politischen Bildung wichtig, weil sich in ihnen die verschiedenen Möglichkeiten eines Lehrplan-Entwurfs für Arbeitslehre und politische Bildung andeuten.

Der Lehrplan von Nordrhein-Westfalen versucht den Zusammenhang zwischen der Erfahrungswelt des Jugendlichen und den Wissenschaften herzustellen. Der Berliner Lehrplan will vom Interesse des Jugendlichen an einer guten Berufsausbildung den Zusammenhang der Wissenschaften, ihre Interdependenz, sichtbar machen, und die neuerdings auch von der Bremer Arbeitslehre in Anspruch genommenen Schulversuche von Roth und Jahn in Frankfurt sehen in der politischen Verantwortungder beruflichen Tätigkeit den entscheidenden Gesichtspunkt für die Unterrichtskonstruktion.

Der von der Arbeitsgruppe Klafki vorgelegte und im Lehrplan von Nordrhein-Westfalen niedergelegte didaktische Entwurf geht davon aus, daß die Arbeitswelt ein vorgegebener Zusammenhang sei, der in seinem geschichtlichen Werden begriffen werden muß. Die . Hinführung“ will daher nicht auf die Veränderung der Sozialstruktur drängen, sondern den Zusammenhang verstehen lehren. Die Themen des Unterrichts werden entsprechend aus der Tradition der bisherigen Unterrichtsfächer Werken und Hauswerk sowie den Erfahrungen bei Betriebserkundungen und -praktika gewonnen, die die Wirtschaftslehre systematisch aufarbeitet. Werken und Hauswerk sollen zum technischen Werken und der Hauswirtschaftslehre weiterentwickelt werden. Wiederum der Tradition der Schule entsprechend hat der Lehrer in der Unterrichtsmethode den entscheidenden Einfluß. Lehrgänge und Übungen überwiegen; nur in der Hauswirtschaft und den Erkundungen können die Schüler unter vorgegebenen Aspekten („Aspekterkundungen") eigene Fragestellungen verfolgen.

Die von der Arbeitsgruppe Klafki vorgelegte Arbeitslehre-Konzeption interpretiert die Arbeitswelt einer Gesellschaft des Umbruchs. Tradition und Fortschritt in ihren Widersprüchen und Brüchen werden auch in Inhalt und Form deutlich.

Nur der Berliner Lehrplan für Hauptschulen weist Arbeitslehre als ein Fach aus. Die BerlinerKonzeption hat folgende Schwerpunkte: Die Intentionen gehen von der Situation des Arbeitnehmers an der Basis der betrieblichen Hierarchie aus. Der Jugendliche soll aus der Schule den Willen mitbringen, auch von den untersten Stufen der Gesellschaft her seine und die Interessen der übrigen unterprivilegierten Arbeitskräfte durchzusetzen.

Die Themen versuchen, den Zusammenhang von Arbeitsqualifikation und Einkommen darzustellen, damit der Jugendliche später in der Lage ist, in einer sich ständig verändernden Arbeitswelt Beruf und Haushalt zu planen. Die Organisationstheorie, insbesondere die Betriebswirtschaftslehre des (privaten) Haushalts, liefert die formale Struktur, Ingenieurwissenschaften die Inhalte für den Unterricht. Unterrichtsmethodisch sollen konkrete Vorhaben die Arbeit der Schüler bestimmen. Im Rahmen des Lehrplans, den die Schüler in seinen allgemeinen und operationalisierten Lernzielen kennen sollen, wird in allgemeiner Diskussion gemeinsam entschieden, geplant, durchgeführt und kontrolliert. Der Lehrer soll beraten und informieren, aber nicht die Entscheidung beeinflussen, damit die Schüler allmählich zur Verantwortung des Erwachsenen geführt werden. Die in Berlin entwickelte Arbeitslehre-Konzeption will den Arbeitnehmer auf eine durch Mitbestimmung, Mobilität und raschen Wandel der Produktionstechniken bestimmte Wirtschaft vorbereiten. Der Schüler soll die Interdependenz der politischen, wirtschaftlichen und technischen Entwicklungen erkennen und darin sein Interesse als abhängiger Arbeitneh-mer vertreten können. Obgleich mit der Einübung in die selbständige Planung des Erwerbslebens die Abhängigkeit der unterprivilegierten Arbeitnehmer verringert wird und die Schule damit die zukünftige politische Entwicklung zu mehr Demokratie beeinflussen will, bleibt bei dieser Konzeption die Möglichkeit offen, daß der einzelne seine Interessen ohne Rücksichtnahme auf andere durchsetzt.

Die Arbeitsgruppe Friedrich Roth hat im Anschluß an die Arbeiten von Roth und Jahn an einigen Frankfurter Schulen Modell-Projekte erprobt die eine enge Verbindung von Arbeitslehre und politischer Bildung erkennen lassen. Die Intentionen sollen beim Schüler eine soziale Verantwortung für die Lage der Arbeiter erreichen. Dem dient die Verknüpfung von Arbeitslehre und Gemeinschaftskunde. Die Themen weisen sowohl elementares praktisches Arbeiten, arbeitsbegleitende Techniken und eine gestufte Material-und Arbeitskunde wie auch eine Betriebs-und Berufskunde aus, die schrittweise über die Erkundung der hei-matlichen Arbeits-und Sozialwelt zu den wirtschaftlich-gesellschaftlichen und rechtlich-staatlichen Problemen ausgeweitet wird.

In der Unterrichtsmethodik sollen das gemeinsame Projekt, die Erkundung und die gemeinschaftskundliche Auswertung Beispiele für die selbständige Erschließung einer Arbeitssituation geben (Beispiel: Projekt Bücherbrett; Erkundung Möbelfabrik, Handwerk; Kurs: Konkurrenzbedingungen in der Möbelbranche).

Das unterrichtmethodisch sehr aufwendige Frankfurter Modell zielt auf eine schonungslose Darstellung betrieblicher Wirklichkeit. Die Schüler sollen sich für die betrieblichen Verhältnisse verantwortlich fühlen und ohne Illusionen in die Lehrlingsausbildung gehen.

Die Didaktiken gehen von unterschiedlichen gesellschaftlichen und sthulpädagogischen Voraussetzungen aus. Der Entwurf der Arbeitsgruppe Klafki legt den Schwerpunkt auf technische und wirtschaftliche Grundinformationen; Schule nicht Das wird verändert.

Frankiurter Modell und die Berliner Konzeptionder Arbeitslehre muten dagegen dem Lehrer und der Schule mehr Selbständigkeit und Eigenverantwortung des Schülers zu. Bei den Inhalten legt das Frankiurter Modell den Schwerpunkt auf die soziale Verantwortung, während die Berliner Konzeption auf die individuelle Planung des Erwerbslebens abzielt.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Empfehlungen und Gutachten des Deutschen Aus-schusses für das Erziehungs-und Bildungswesen, Gesamtausgabe, Stuttgart 1966, S. 381.

  2. Vgl. Bernhard Tollkötter, Hauptschule und berufliches Bildungswesen in der Diskussion, Weinheim

  3. Ergebnisse der Dritten Sitzung des Gesprächs-kreises für Fragen der beruflichen Bildung, Empfehlung: Vorberufliche Bildung, in: Berufliche Bildung 1969, Heft 3, S. 56 ff.

  4. Vgl. Th. Sander, H. -G. Rolff, G. Winkler, Die demokratische Leistungsschule, Hannover 1971.

  5. Herwig Blankertz, Berufsbildungstheorie und berufliche Ausbildungskonzeptionen, in: Die Deutsche Berufs-und Fachschule, 1967.

  6. Die Entwicklung der Werkdidaktik zur technischen Bildung wird nadigezeichnet in: Beiträge zum Werkunterricht, Bd. 1— 3, Weinheim 1968, 1970 u. 1969; sowie Technikunterricht, Arbeitslehre, Polytechnische Bildung, Dokumentation des Werk-pädagogischen Kongresses IV, Stuttgart 1972.

  7. Vgl. Heinz-D. Ortlieb, Vom Bildungswert sozialökonomischer Ordnungsprobleme, in: Hamburger Jahrbuch für Wirtschafts-und Gesellschaftspolitik, Tübingen 1960. Entprechend der von Ortlieb und Friedrich-W. Dörge entwickelten Konzeption werden Unterrichtsmodelle zur Wirtschafts-und Sozialpolitik entwickelt, die in der Zeitschrift „Gegenwartskunde“ veröffentlicht werden. Diese Sachanalysen sind auch in Buchform veröffentlicht worden: Vgl. Wirtschaft und Sozialpolitik, Modellanalysen politischer Probleme, herausgegeben von Heinz-D. Ortlieb und Friedrich-W. Dörge, Opladen 1964, sowie Wirtschaftsordnung und Strukturpolitik, Bd. II der Modellanalysen, Opladen 1968.

  8. Vgl. Hartmut von Hentig, Interdisziplinarität, Wissenschaftsdidaktik, Wissenschaftspropädeutik, in: Merkur 281 (September 1971); derselbe, Das Bielefelder Oberstufen-Kolleg, Stuttgart 1971.

  9. Vgl. Neufassung des Abkommens zwischen den Ländern der Bundesrepublik zur Vereinheitlichung auf dem Gebiet des Schulwesens (vom 28. 10. 1964), § 14, Abs. 1 und 2. Vgl. Handbuch für die Kultusministerkonferenz 1969— 1970, Bonn 1969.

  10. Vgl. Strukturförderung im Bildungswesen des Landes Nordrhein-Westfalen, Heft 17: Kollegstufe NW, Ratingen 1972, Deutscher Bildungsrat, Empfehlungen der Bildungskommission, Zur Neuordnung der Sekundarstufe II, Stuttgart 1974.

  11. Deutscher Bildungsrat, Empfehlungen der Bildungskommission, Einrichtung von Schulversuchen tut Gesamtschulen, Bonn 1969, S. 59 f.

  12. Sabine Gensior, Arbeitslehre — ein erneuter Versuch der ideologischen Integration der Arbeitskraft, Berlin-West (rossa-Verlag) 1970.

  13. Wolfgang Christian, Franz Heinisch, Arbeitslehre als politische Bildung, in: Wolfgang Christian u. a. (Hrsg.), Polytechnik in der Bundesrepublik Deutschland?, Frankfurt 1972.

  14. Dieter Mützelburg, Planung eines Studiengangs „Ärbeitslehre und Politik" für den „berufsvorbereitenden Unterricht", in: Elin-B. Berndt u. a. (Hrsg.), Erziehung der Erzieher: das Bremer Reformmodell, Reinbek 1972.

  15. Ulrich — J. Kledzik, Arbeitslehre als Fach, Hannover 1972.

  16. Deshalb erscheint mir die politische Prämisse noch nicht genügend diskutiert, die Giesecke zur Annahme von unterschiedlichen Sozialhorizonten führt. Geht man von der Annahme aus, daß alle gesellschaftlichen Planungsprozesse durch fachlich Vorgebildete, d. h. vollberuflich Tätige vorbereitet und gelenkt werden, reduzieren sich die unterschiedlichen Sozialhorizonte auf den des Fachmanns und den des kontrollierenden Laien. Eine andere Frage ist, ob die didaktische Umsetzung Kerschensteiners beide Aufgabenstellungen trifft. Diese Frage zu prüfen, hat Giesecke unterlassen. Zumindest scheint mir der Ansatz Kerschensteiners für seine Zeit berechtigt, die soziale und politische

  17. Günter Wiemann:

  18. Wolfgang Schulz, Unterricht — Analyse und Planung, in: Paul Heimann, Gunter Otto, Wolfgang Schulz, Unterricht, Analyse und Planung, Hannover 1965, S. 23.

  19. Vgl. z. B. Hugo Andreae, Die deutsche Ostgrenze als Thema des politischen Unterrichts, in: derselbe, Politische Bildung in der Berufsschule, Hamburg 1964.

  20. Erich Weniger, Die Grundlagen des Geschichtsunterrichts, Leipzig — Berlin 1926.

  21. Erich Weniger, Zur Geistesgeschichte und Soziologie der pädagogischen Fragestellung, in: s ziehungswissenschaft und Erziehungswirklichke'herausgegeben von Hermann Röhrs, Frankfurt 190 1 S. 355 f.

  22. Biedermann, zitiert nach Erich Weniger, (Anm. 20), S. 162.

  23. Erich Weniger, Die Grundlagen .... a. a. O., ö. 186.

  24. Vgl. Otto Monsheimer, Drei Generationen Be rufsschularbeit, Weinheim 1956, S. 11, S. 20, S. 96— 129.

  25. Georg Kerschensteiner, a. a. O. (Anm. 16).

  26. Hermann Giesecke (Anm. 16).

  27. Vgl. Josef Dolch, Vorwort, in: Georg Kerschensteiner, Begriff der Staatsbürgerlichen Erziehung, 10. Auflage, Stuttgart 1958, S. 6 f.

  28. Rühlmann, zitiert nach Monsheimer (Anm. 25), S. 105 f.

  29. Monsheimer (Anm. 25), S. 110 f.

  30. Friedrich Schlieper, Die Grundformen wirtschaftsberuflicher Jugenderziehung, Eberswalde u. a. 1944; derselbe, Allgemeine Unterrichtslehre für Wirtschaftsschulen, Freiburg 1956.

  31. Karl Abraham, Der Betrieb als Erziehungsfaktor, Freiburg 1957*.

  32. Vgl. Theodor Litt, Die politische Selbsterziehung des deutschen Volkes, Bonn 1961*, S. 60— 86.

  33. Die Schule in Nordrhein-Westfalen, Heft 30, g; Arbeitslehre, Wuppertal 1968, S. B 10/3.

  34. So ist die Einheit . Werbung'in Nordrhein-Wsstfalen der Wirtschaftslehre und in Berlin der vnitischen Bildung — Weltkunde — zugeordnet.

  35. Vgl. Hans-J. Krysmanski Soziologie des Konflikts, Reinbek 1971.

  36. Vgl. Die Schule in Nordrhein-Westfalen, a. a. Ö. LAnm. 34), S. B 10/65.

  37. Walther-Raymond-Stiftung, Bd. 5: Wirtschaft und Schule, Köln-Opladen 1965, S . 33— 37.

  38. Deutscher Bildungsrat, Strukturplan für das Bi • dungswesen, Bonn 1970, S. 34 (berufliches und allgemeines Lernen), S. 33 (wissenschaftsbestimmtes Lernen), S. 72 ff. (Differenzierung).

  39. Jürgen Habermas, Erkenntnis und Interesse, i derselbe, Technik und Wissenschaft als Ideologte Frankfurt 1968.

  40. Erich Weniger, Wissenschaftliche Methode und " ssenschaftliche Haltung, in: Die Sammlung, 1957.

  41. Doris Knab, Ansätze zur Curriculumreform in der BRD, in: betrifft: Erziehung, 1971, S. 15; vgl. auch S. 16 f.

  42. Arbeitsgrundlage Fach Arbeitslehre 7. — 9. Klasse, in: Ulrich-J. Kledzik, Arbeitslehre als Fach, Hannover 1972, S. 140.43a)Vgl. dazu Horst W. Opaschowski, Freie Zeit ist Bürgerrecht. Plädoyer für eine Neubewertung von „Arbeit“ und „Freizeit", in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 40/74.

  43. Vgl. Adolf Kell, Didaktische Matrix-Konkretisierung des didaktischen Strukturgitters für den Arbeitslehre-Unterricht, in: Herwig Blankertz, Curriculumforschung — Strategien, Strukturierung, Konstruktion, Essen (neue pädagogische bemühungen) 1971. Neu formuliert in den Leitlinien des wissenschaftlichen Beirats für den Lehrgang Arbeitslehre beim Deutschen Institut für Fernstudien an der Universität Tübingen.

  44. Franz Decker, Die Unternehmung als didaktisches Subsystem, in: derselbe, Grundlagen der Wirtschaftsdidaktik, Ravensburg 1974.

  45. Wolfgang Schulz, Unterricht-Analyse und Planung, in: Paul Heimann, Gunter Otto, Wolfgang Schulz, Unterricht-Analyse und Planung, Hannover 1965.

  46. Die Schule in Nordrhein-Westfalen, Heft 30: Grundsätze, Richtlinien, Lehrpläne für die Hauptschule .... Teil g: Arbeitslehre, Wuppertal u. a. 1968. Wolfgang Klafki, Unterrichtsbeispiele der Hinführang zur Arbeits-und Wirtschaftswelt, Düsseldorf 1970.

  47. Vgl. Anm. 43, insbesondere die Aufsätze von Groth, Werner und Kledzik.

  48. Elin-Birgit Berndt u. a., Erziehung der Erzieher: Das Bremer Reformmodell, Reinbek 1972; Wolfgang Christian u. a., Polytechnik in der BRD?, Frankfurt 1972; Friedrich Roth, Die Arbeitswelt im Unterricht, in: Wege in die Arbeitswelt, Pfaff-Gedächtnis-Stiftung, Kaiserslautern 1970; Klaus Jahn u. a. Hinführung zur Arbeitswelt, Modell-projekte I. und II., Frankfurt 1968 ff.

Weitere Inhalte

Georg Groth, geb. 1937, Formerlehre und Praktika in der eisenerzeugenden und verarbeitenden Industrie; Abitur beim Oberhausener Institut zur Erlangung der Hochschulreife; Gewerbelehrer-Studium der Wirtschaftswissenschaften in Hamburg und Berlin. Von 1967 bis 1969 am Deutschen Institut für Fernstudien an der Universität Tübingen, Arbeitsstelle Arbeitslehre; 1969 bis 1970 bei der Stiftung Volkswagenwerk als Referent im Bereich Bildungsforschung; seit 1970 Ordentlicher Professor für Arbeitslehre an der Pädagogisinen Hochschule Berlin. Veröffentlichungen: ständige Mitarbeit in der Zeitschrift „Die Arbeitslehre“; zus. m. a., Betriebspraktikum für Schüler, Weinheim 1971; verschiedene Beiträge in: Carl-Ludwig Furck, Arbeitslehre — Didaktische Informationen zu einem neuen Unterrichtsfach, Weinheim 1971.