Zur politischen Bildungsarbeit der parteinahen Stiftungen
Henning von Vieregge
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Zusammenfassung
In der Bundesrepublik Deutschland sind vier bundesweit und international tätige partei-nahe Stiftungen mit politischer Bildungsarbeit befaßt: -— die christdemokratische Konrad-Adenauer-Stiftung — die sozialdemokratische Friedrich-Ebert-Stiftung — die liberale Friedrich-Naumann-Stiftung — die christlich-soziale Hanns-Seidel-Stiftung Die Haupttätigkeitsbereiche dieser Institutionen sind: gesellschaftspolitische Bildungshilfe im Inland sowie in den Ländern der „Dritten Welt", politische Koordinationstätigkeit in Westeuropa, sozialwissenschaftliche Forschung, Archivierung von Dokumenten der Institutionen und Personen des jeweiligen politischen Umkreises, Herausgabe von Büchern, Broschüren und Faltblättern sowie Studienförderung. Die Finanzierung dieser vielfachen Aktivitäten — die Gesamtetats der vier Stiftungen addieren sich zu einer Summe von etwa 200 Mio. DM jährlich — erfolgt überwiegend aus öffentlichen Mitteln. Bei der Bewertung dieser im internationalen Vergleich einzigartigen Institutionen ist deren Bedeutung für die Stabilität und Innovationsfähigkeit des Parteiensystems hervorzuheben. Dabei ist festzustellen, daß die parteinahen Stiftungen in der Literatur bisher fälschlich als „Briefkasten-Institutionen* ihrer Parteien eingeordnet und folglich in ihrer tatsächlichen Eigenständigkeit unterschätzt worden sind. Somit blieben sie bisher bei Analysen des Parteiensystems der Bundesrepublik gerade auch im internationalen Vergleich weitgehend unberücksichtigt. Aber auch ein anderer wichtiger Aspekt, nämlich die Bewertung der staatlich finanzierten Hilfstätigkeiten der Stiftungen für ihre Parteien, ist bisher zu kurz gekommen, obwohl beispielsweise eine Untersuchung der Frage, inwieweit das Parteienfinanzierungsurteil von 1966 mittlerweile durch die massive staatliche Stützung der parteinahen Stiftungen praktisch unterlaufen wird, als hinreichend interessant erscheinen müßte. Der Verfasser kommt zu dem Schluß, daß diese Finanzierungsregelung in der Tat rechtlich keineswegs unbedenklich ist, andererseits aber die dadurch ermöglichten Aktivitäten der Stiftungen einer „Vitalisierung" des Parteiensystems dienen.
I. Relative Selbständigkeit der parteinahen Stiftungen
„In der Tat müßte man die politischen Stiftungen gründen, gäbe es sie nicht schon." Karl-Heinz Sohn, ehemaliger Staatssekretär im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ), meint hier die partei-nahen Stiftungen, die nach Politikern benannt sind, die die Wertvorstellungen der jeweiligen Partei entscheidend mitgeprägt bzw. ihre politischen Zielsetzungen vertreten haben. Den vier Bundestags-Parteien stehen vier bundesweit und international tätige Institutionen zur Seite. Es sind: die christdemokratische Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS), die sozialdemokratische Friedrich-Ebert-Stiftung (FES), die liberale Friedrich-Naumann-Stiftung (FNS) und die christlich-soziale Hanns-Seidel-Stiftung (HSS). Daneben gibt es noch einige regional tätige Stiftungen, von denen hier eingegangen wird auf die christdemokratische Hermann-Ehlers-Stiftung (Kiel) und die liberale Wolfgang-Döring-Stiftung (Düsseldorf), nicht aber auf weitere, wie z. B. das Ernst-Lemmer-Institut und das Thomas-Dehler-Institut
Abbildung 7
Tabelle 5
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Sohns Einschätzung bezieht sich auf nur einen Arbeitsbereich der Stiftungen, nämlich deren Aktivitäten in Ländern der Dritten Welt, vorrangig die sogenannte gesellschaftspolitische Bildung. Sie „umfaßt in der Regel mehrjährige Ausbildungs-und Bildungsmaßnahmen zur Heran-und Fortbildung von Führungskräften in gesellschaftspolitisch bedeutsamen Institutionen der Entwicklungsländer im Sinne freiheitlich-demokratischer Ordnung."
Abbildung 8
Tabelle 6
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Diese „Förderung der gesellschaftspolitischen Bildung in Entwicklungsländern" (Einzelplan 23, Titel 686 04) stand am Anfang des Engage-ments der Stiftungen (ab 1962/63) in Entwicklungsländern. Der Titel ist im Proporz von 2: 2: 1 zwischen KLAS, FES und FNS aufgeteilt (die HSS will nun dazustoßen und hat bereits vom BMZ einen positiven Grundsatz-bescheid erhalten) und macht den überwiegenden Teil der über 100 Mio. DM aus, die den Stiftungen für ihre Auslandsarbeit jährlich zur Verfügung stehen. Für 1976 waren für diesen Bereich Ausgaben in Höhe von 59 Mio. DM geplant, was eine Kürzung um 2 Mio. DM gegenüber 1975 bedeutet. Hierzu sollte man wissen, daß die Gesamtausgaben des Einzel-plans 23 für das laufende Jahr gegenüber 1975 um über 500 Mio. DM auf knapp über 3 Mrd. DM gesenkt worden sind. Der Stiftungsanteil an den Gesamtaufwendungen im Bereich der Entwicklungshilfe liegt unter 3 Prozent. Aber die Arbeit der Stiftungen ist nicht ohne politische Brisanz, wie das Interesse der DDR zeigt, das sich noch sinnfälliger als in Publikationen (Autoren: Horst Hanke, Karl Pagel, Manfred Teresiak) darin offenbarte, daß die DDR im Institut für Internationale Solidarität der Konrad-Adenauer-Stiftung den dortigen Afrika-Referenten als Spion anwarb. Hierzulande kennt man die Stiftungen als Veranstalter politischer Weiterbildung, als Herausgeber von Büchern, Zeitschriften und Broschüren und als Konkurrenten unter den sozialwissenschaftlichen Forschungsinstituten.
Bei allen diesen Aktivitäten treten die Stiftungen als eigenständige und eigenverantwortliche, aber doch mit der nahestehenden Partei verknüpfte Institutionen auf. Es wird also, bei den verschiedenen Stiftungen mit unterschiedlichem Nachdruck, auf eine relative Selbständigkeit verwiesen. Hierbei dürfte es sich nicht lediglich um einen „Trick" handeln, dienlich, um „Kunden" zu gewinnen, die sich (noch) scheuen würden, direkt mit der betreffenden Partei zusammenzugehen. Denn dieses Spannungsverhältnis zwischen Parteilichkeit (hier im engeren Sinne: Angebundenheit an eine Partei, institutionell und gefühlsmäßig) und „Offenheit" ist ein strukturelles, weil die Stiftungen überwiegend aus staatlichen Mitteln finanziert werden und also die damit verbundenen Auflagen erfüllen müssen. So kann zum Beispiel kein Bürger, der eines der umfangreichen Bildungsangebote wahrnehmen will oder der — häufig kostenlose — Publikationen anfordert, mit der Begründung abgewiesen werden, er sei Mitglied der „falschen" Partei, oder: er solle zunächst einmal Parteimitglied werden
Die Stiftungen können also nur bedingt lediglich parteiöffentlich tätig sein.
Mittlerweile will sich aber auch keine dieser Organisationen mehr nur auf das Parteipublikum beschränken. Ich gehe hierauf zunächst ein, die Frage stellend, wodurch die angedeutete Sonderentwicklung im hiesigen Parteien-system eigentlich eingeleitet wurde und wie sich die Stiftungen dann im einzelnen entwikkelt haben.
Es folgt ein Überblick über die personelle, finanzielle und räumliche Ausstattung der Stiftungen.
Das Herzstück der inländischen Aktivitäten, nämlich die politische Bildungsarbeit, wird daran anschließend beschrieben. Methoden und Inhalte variieren von Stiftung zu Stiftung. Im Schlußabschnitt soll die Bedeutung dieser Institutionen für das politische System der Bundesrepublik Deutschland eingeschätzt werden.
II. Entstehung und Entwicklung der bundesweit tätigen parteinahen Stiftungen
Abbildung 3
Tabelle 1
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Friedrich-Ebert-Stiftung Die Friedrich-Ebert-Stiitung als die älteste Stiftung begann mit den Grabspenden Eberts 1925 Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde sie wiedergegründet und vom Staat für das verlorengegangene Vermögen entschädigt. Mit der Berufung von Günter Grunwald 1956 zum Geschäftsführer der Stiftung begann die eigentliche expansive Phase, wobei die FES in fast allen Bereichen der Entwicklung ihren Konkurrenten vorgriff.
Sicher liegt die Bedeutsamkeit der Friedrich-Ebert-Stiftung nicht zuletzt in ihrer Einflechtung in das Gefüge parteilicher und gewerkschaftlicher Institutionen begründet. Ämterverschränkungen von Alfred Nau, dem Vorstandsvorsitzenden der Stiftung, Wilhelm Dröscher, Holger Börner, Bruno Friedrich, Günter Grunwald, Heinz Oskar Vetter, Walter Hesselbach u. a. sichern diesen Zusammenhang, über den es freilich keine verläßliche wissenschaftliche Untersuchung gibt. Wie schwierig eine solche Arbeit wäre, mag daran zu illustrieren sein, daß man sich trotz großer Hilfsbereitschaft im Archiv der SPD beim Parteivorstand nicht in der Lage sah, eine verbindliche Auflistung der außerparteilichen Ämter Alfred Naus zur Verfügung zu stellen. Dabei wäre eine Zusammenstellung der wechselseitigen personellen Verflechtungen ja nur ein sehr bescheidener Anfang einer solchen Arbeit. Alfred Nau war seit 1946 Schatzmeister der SPD und Mitglied des Parteivorstandes, seit 1958 Mitglied des Präsidiums. Auf dem Mannheimer Parteitag hat er im November 1975 diese Ämter zur Verfügung gestellt und wurde — als erster in der SPD überhaupt — ehrenamtliches Mitglied des Parteivorstandes. Er ist auch weiterhin stellvertr. Vorsitzender der „Kommission für Politische Bildung", zusammen mit Bruno Friedrich; Vorsitzender ist Peter von Oertzen. Auf diese Weise ist, neben der Mitgliedschaft Holger Börners, des früheren Bundesgeschäftsführers im Vorstand der FES, sowie auch Heinz Kühns Vorstandstätigkeit, die personelle Verschränkung zwischen FES und SPD auf der Spitzenebene gewährleistet. Ähnliches gilt für die „Konzentration GmbH", der die Vermögens-und Grundstücksverwaltung obliegt. Deren langjähriger Geschäftsführer Fritz Heine steht der FES auch nach seiner Pensionierung Ende 1974 als Schatzmeister weiter zur Verfügung. Bei der der „Konzentration“ Ende 1971 ausgegliederten „Deutsche Druck-und Verlagsanstalten GmbH" ist Alfred Nau Gesellschafter. Die Leitung ist mittlerweile auf seinen Nachfolger im Partei-schatzamt, Wilhelm Dröscher, übergegangen, der als Mitglied des Vereins auch schon offiziell für die Stiftung tätig war
Vielfältig sind auch die personellen Verzahnungen mit der Bank für Gemeinwirtschaft, deren Aufsichtsrat Alfred Nau früher vorsaß. Deren jetziger Vorstandsvorsitzender Walter Hesselbach ist zugleich Vorsitzender des Kuratoriums der FES. Stiftungsgeschäftsführer Günter Grunwald, von der internationalen Abteilung des DGB herkommend, ist gleichzeitig Geschäftsführer des Verbandes der Gemeinwirtschaftlichen Geschäftsbanken (VGG), zu denen die BfG gehört.
Aufsichtsratsvorsitzender der BfG ist der DGB-Vorsitzende Heinz Oskar Vetter, dessen Berufung in den Vorstand der FES nun auch in personeller Hinsicht die engen Beziehungen zwischen DGB und FES dokumentiert. Willy Brandt würdigte in der Festgabe zum 65. Geburtstag Alfred Naus dessen Verdienste in diesem Bereich: „Unter denen, die innerhalb der Partei eine enge Verbindung zu den Gewerkschaften hatten, steht Alfred Nau an hervorragender Stelle." Ludwig Rosenberg präzisierte im gleichen Band in seinem Beitrag für den internationalen Bereich: „In der Bundesrepublik ist insoweit ein Anfang gemacht, als der Deutsche Gewerkschaftsbund die Entwicklungshilfe der Gewerkschaften mit einer* Organisation koordiniert hat, die wie keine andere in der Bundesrepublik über Erfahrung, Organisation und Mitarbeiter verfügt, die für diese Aufgabe geeignet und vorbereitet sind: die Friedrich-Ebert-Stiftung."
Rosenberg, Vorgänger Vetters als DGB-Vorsitzender, ist übrigens Mitglied des Kuratoriums, wie auch eine Reihe weiterer Gewerkschaftler.
Meines Erachtens wäre aber die Bedeutung der Stiftung nicht hinreichend verdeutlicht, würde man die besondere inhaltliche Dimension ausblenden, die das Handeln der Hauptakteure, insbesondere Alfred Naus, bestimmt und die bewußtseinsmäßig den Grad der Gebundenheit, aber auch der Selbständigkeit der Stiftung zur Partei charakterisiert.
Es ging und geht um die Einlösung eines „Weimarer Vermächtnisses", das mit dem Namen Friedrich Ebert genau gekennzeichnet ist Die Demokraten sollen bestärkt werden, diesen ihren Staat gegen alle Feinde von links und rechts zu verteidigen. Und die SPD soll ihre Fortentwicklung zu einer staatstragenden Volkspartei sich durch niemanden gefährden lassen, weder von außen, noch von innen. Diese beiden Ziele hilft die FES verwirklichen; darin liegt ihr Auftrag. Dessen Umsetzung ist ablesbar an der personellen Zusammensetzung der Gremien, im Publikations-und Forschungswesen und in der Bildungsarbeit. Gerade weil die Stiftung einen programmatischen Anspruch vertritt, kann sie nicht zutreffend als lediglich formal von der SPD unabhängig beschrieben werden; Differenzen der Gliederungen, Gruppierungen zu und Personen in der SPD treten um so schärfer hervor, je stärker diese nicht mehr die Gewähr für einen so definierten Volkspartei-Kurs der SPD bieten.
Friedrich-Naumann-Stiftung Was den Kreis der Honoratioren angeht, so kann die zweitälteste Stiftung, die Friedrich-Naumann-Stiftung, mit der FES konkurrieren, wenn auch das Kuratorium mittlerweile ein wenig „entprofessoralisiert" wurde und dafür nun stärker mit FDP-Mandatsträgern besetzt ist.
Die FNS wurde 1958 im Bundespräsidialamt unter der Führung von Theodor Heuss gegründet der auch dafür sorgte, daß die neue Institution als Stiftung des privaten Rechts verfaßt wurde, während man bei den Konkurrenten die Form des eingetragenen Vereins vorzog, sich aber gleichwohl mit der imageförderlichen Bezeichnung „Stiftung" schmückt. Heuss stellte auch die Gruppe der Stifter zusammen, unter ihnen sieben Professoren.
Von der Parteiführung war, sieht man von dem damaligen Ubergangsvorsitzenden Rein-hold Maier ab (zwischen Thomas Dehler und Erich Mende), lediglich Hans Wolfgang Rubin dabei, von 1952 bis 1974 Schatzmeister seiner Partei. Er wurde nach den Professoren Erbe und Luchtenberg der bisher dritte Vorstandsvorsitzende. Er blieb dies auch, nachdem er auf dem Hamburger Parteitag der FDP 1974 durch H. H. Karry als Parteischatzmeister abgelöst wurde und somit auch aus dem Partei-präsidium ausschied. Vertreter der Führungsspitze sind zur Zeit im Vorstand der Stiftung (Hans Wolfgang Rubin, Martin Bangemann, Emil Frey, Georg Letz, Konrad Loew, Peter Mencke-Glückert und Werner Stephan) nicht vertreten, nachdem Martin Bangemann als Generalsekretär der FDP abtrat und schon vorher Walter Scheel, der stellvertretender Stiftungsvorsitzender war, sich nach seiner Wahl zum Bundespräsidenten zurückzog Konrad-Adenauer-Stiftung Mit prominenteren Parteimitgliedern hingegen ist der Vorstand der Konrad-Adenauer-Stiftung besetzt, dem Bruno Heck vorsteht
Die KAS entstand 1964 aus einer Zusammen-fügung der Politischen Akademie Eichholz (die seit 1956 unter maßgeblicher Mitarbeit Arnold Bergstraessers aufgebaut wurde, der — Ungeniertheit jener Jahre — gleichwohl ins Kuratorium der FNS berufen wurde) und dem seit 1962 bestehenden Institut für Internationale Solidarität
Bruno Heck, im Juni 1976 für weitere zwei Jahre als Vorsitzender der Stiftung bestätigt, gilt als erfahrener Ein Organisator freundschaftliches Verhältnis zu Helmut Kohl, der schon zu Barzels Zeiten mit im Vorstand der Stiftung saß, sichert Hecks Bemühen ab, die KAS mehr als eine bloße Service-organisation der CDU sein zu lassen; auch diese Stiftung ist kein Selbstbedienungsladen für Bundes-oder Landesführer der nahestehenden Partei. Ähnlich wie bei der FES sind freilich die Vereinsmitglieder fast sämtlich Mandatsträger der Partei. Dabei verfügt die KAS über kein Kuratorium, das, wie bei der FES und bei der FNS die gesellschaftliche Verankerung der Stiftung dokumentieren könnte.
Die KAS hat überhaupt erst in den letzten Jahren begonnen, sich als Stiftung geschlossen einer breiteren Öffentlichkeit hierzulande als Ansprechpartner zu präsentieren. Diese neuere Entwicklung hängt nun sicher auch mit der erst unter Kohl/Biedenkopf endgültig angenommenen Rolle der CDU als Oppositionspartei zusammen. Denn mit den hieraus abgeleiteten Aktivitäten (Mitgliederwerbung, Mitgliederaktivierung, „Entdeckung" der Kommunalpolitik etc.) sind die Dienste der Stiftung gefragt.
Hanns-Seidel-Stiftung Da allerdings bei der CSU-nahen Hanns-Seidel-Stiftung eine ähnliche Entwicklung in den letzten beiden Jahren zu beobachten ist, könnte man auch auf eine „Konkurrenz-Profilierung" der beiden Institutionen schließen, die als Reflex politischer Akzentsetzungen auf der Parteien-Ebene zu werten wären.
Die HSS scheint dabei mehr und mehr zum Integrator konservativer Strömungen und Gruppierungen zu werden. Eine wichtige Rolle kommt hierbei Otto von Habsburg zu. Er hat das 1974 gegründete „Institut für internationale Begegnungen und Zusammenarbeit" (IBZ) der HSS mit ausgebaut und ist Vorsitzender eines „Beirats für außenpolitische Fragen", in dem u. a. Alfons Dalma, Richard Jaeger, F. L. Graf Stauffenberg und F. J. Strauß Mitglieder sind
Kontakte der Stiftung wurden nach Frankreich (bayerisch-französische Gesellschaft), Österreich, Italien (Vatikan), Belgien (EG), USA (Außenstelle Washington), Griechenland, Spanien und Portugal insbesondere geknüpft. Im Mittelpunkt dieser Bemühungen, getragen vom IBZ und vom Bildungswerk der Stiftung, stehen Anstrengungen, die christlich-konservativen Parteien der Alpenregion (Bayern, Österreich, Südtirol, Liechtenstein, Schweiz) enger zusammenzuschließen. Ein erster Schritt, unternommen unter zumindestens organisatorischer Führung der HSS, bedeutet der Zusammenschluß „Junge Alpenregion" der Jugendorganisationen der christlich-konservativen Parteien jener Länder
Von Habsburg — seit Mai 1973 als Nachfolger Coudenhove-Kalergis Präsident der Internationalen Paneuropa-Union — tritt als Mittler zwischen der Stiftung und einer Reihe von Organisationen auf — etwa den Vertriebenen-verbänden —, bei denen er kontinuierlich als Referent und Publizist (z. B.der „Sudetendeutschen Zeitung") tätig ist. Für dieses Zusammenwirken ein Beispiel: Bei der Internationalen Paneuropa-Union ist eine „Stiftung für Europäische Publizistik e. V." assoziiertes Mitglied, die als Trägerverein eine Sonderausgabe der monatlich ursprünglich von William S. Schlamm allein verfertigten „Zeitbühne" herausgibt, so daß neben anderen Otto v. Habsburg als Mitherausgeber dieser 1976 im dritten Jahr erscheinenden „Zeitbühne" -Aus-gäbe S auftritt.
Von dieser Ausgabe werden laut Werbeprospekt „Monat für Monat (, Steter Tropfen höhlt den Stein') Zehntausende von Heften an Einzelanschriften von Schülern" geschickt, ausgehend von der Erkenntnis: „Man kann den Zeitgeist lenken." Die Verlagswerbung steht unter einem Strauß-Zitat: „Davon, ob wir eine Wende herbeiführen, wird es abhängen, ob die Europäer in der nächsten Generation ihr Leben noch in Freiheit gestalten können." Das Angebot, in dem um Patenschaftsabonnements geworben wird, wird durch einen Zeitbühne-Buchdienst ergänzt, in dem Bücher von William S. Schlamm, Franz Josef Strauß, Helmut Schoeck, Gerd-Klaus Kaltenbrunner, Karl Steinbuch, Hans-Georg von Studnitz, Wolfgang Brezinka, Hermann F. A. Achminow und Helmut Schelsky angeboten werden. In seiner Zeitschrift setzt sich Schlamm unermüdlich dafür ein, daß Konservative nicht resignieren mögen, sondern innerhalb der CDU den Kampf aufnehmen sollten. Als Vorbild in taktischer Flinsicht werden die Jungsozialisten in der SPD hingestellt
Bei der Hanns-Seidel-Stiftung ist der so sichtbare Wunsch nach bundesweiter und internationaler Wirksamkeit deswegen besonders auffallend, weil diese Stiftung zuvor eher bayerisch-parteiintern gearbeitet hatte und — zumindest außerhalb Bayerns — von den vier bundesweit tätigen Institutionen den geringsten Bekanntheitsgrad haben dürfte.
III. Überblick über die personelle, finanzielle und räumliche Ausstattung der Stiftungen
Abbildung 4
Tabelle 2
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„Globalzuschüsse"
Die Gründung des HSS war praktisch eine Angelegenheit der damaligen CSU-Landes-spitze, wie Alf Mintzel durch Dokumente belegt 1966 hatte das Bundesverfassungsgericht die seinerzeitig praktizierte umfassende staatliche Alimentierung der Parteien als verfassungswidrig bezeichnet und lediglich eine Wahlkampfkosten-Erstattung zulässig für erklärt. Das umstrittene Urteil brachte die politischen Parteien in eine schwierige Lage. So erklärte Alfred Nau seinerzeit: „Nachdem das Urteil des Bundesverfassungsgerichts ergangen war, mußten alle Parteien bestimmte politische Aktivitäten einschränken, die bei der Mitwirkung an der politischen Willensbildung kaum entbehrlich sind. Ich meine unter anderem die staatsbürgerliche Erziehungsarbeit und die politische Bildungsarbeit." In dieser Situation, als die demokratischen Parteien zudem mit dem Aufkommen der NPD und durch die Infragestellung seitens der außerparlamentarischen Opposition (APO) vor wichtigen Herausforderungen standen, fand man den Ausweg über eine verstärkte Finanzierung der Stiftungen. Die CSU beeilte sich deswegen, ebenfalls mit einer parteinahen Stiftung nachzuziehen.
Die Überlegungen, die nun in den Parteizentralen angestellt wurden, lassen sich durch das folgende Zitat aus dem Bereich der CSU/Hanns-Seidel-Stiftung verdeutlichen. „Ich bin der Meinung", — so führte der damalige Generalsekretär der CSU, Max Streibl, vor seinem Landesvorstand am 30. 6. 1967 aus — „wir können noch in diesem Früh-herbst mit der Hanns-Seidel-Stiftung zu arbeiten beginnen. Wir haben konkret 1 Mill. DM zur Verfügung. Ich wäre Fritz Pirkl besonders dankbar, wenn wir die Kosten für einige Arbeiten, die wir bisher in der Partei getragen haben und die in die Hanns-Seidel-Stiftung hineinpassen, wie z. B. das gesamte Bildungsprogramm, das Kursprogramm der KPV (= Kommunalpolitische Vereinigung — H. V.) und der Jungen Union, die uns Tausende von Mark gekostet haben, nun über die Hanns-Seidel-Stiftung laufen lassen und zum Teil, so lang es in diesem Jahr erforderlich ist, auf sie übernehmen können. Auch das wäre für die Partei eine große Entlastung."
Fritz Pirkl war mit der Gründung der Stiftung vom Landesvorstand der CSU beauftragt worden; er ist noch heute der erste Vorsitzende der Stiftung
Die eine Million DM, von der Streibl spricht, stammt aus dem 1967 neu aufgemachten Titel „Zuschüsse zur gesellschaftspolitischen und demokratischen Bildungsarbeit'', der beim Bundesinnenminister (Einzelplan 06) untergebracht ist. Seinerzeit begann man mit insgesamt 9 Mio. DM, die auf die vier Stiftungen der im Bundestag vertretenen Fraktionen im Verhältnis 3, 5 : 3, 5 : 1 : 1 verteilt wurden. Mittlerweile liegt der Titel bei 42, 23 Mio. DM für 1976. Eine weitere Erhöhung des Titels um 7, 5 Mio. DM ist bereits vom Haushaltsaus-schuß des Deutschen Bundestags gebilligt worden. Die Freigabe der Gelder kann 1977 erfolgen. Die „Zuschüsse" werden knapp unter der 50-Mio. -DM-Grenze liegen.
Was sind nun Globalzuschüsse? Dazu heißt es in den Erläuterungen zum Titel: „Durch die Ausgaben sollen die ... (folgen die Namen der vier Stiftungen ohne Verweis auf Parteinähe) ... in die Lage versetzt werden, ihre politische Bildungsarbeit zu erweitern und zu intensivieren. Die Ausgaben werden den Stiftungen zur Erfüllung ihrer satzungsmäßigen Aufgaben, insbesondere für die Durchführung von Seminaren, Tagungen und Kolloquien, Beschaffung von Lehr-und Lernmitteln, Vergabe von Forschungsvorhaben mit gesellschaftlicher Zielsetzung vor allem auf dem Gebiet der Bildungsforschung, Personal-und Verwaltungskosten einschließlich Einrichtungs-und Ausstattungskosten, Schaffung und Erweiterung von Bildungsstätten und anderem als Globalzuschüsse nach besonderen Grundsätzen zur Verfügung gestellt. Den Stiftungen können auch projektgebundene Zuschüsse aus anderen Titeln des Bundeshaushalts gewährt werden."
Auf die Details dieser „besonderen Grundsätze", die als „Besondere Bewirtschaftsgrundsätze" vorliegen , ist hier nicht näher einzugehen . Zusammenfassend kann aber festgehalten werden, daß den parteinahen Stiftungen auf diese Weise ein größerer Handlungsraum als „normalen" Zuwendungsempfängern eingeräumt worden ist. Sie können auf dem Gebiet der politischen Bildungsund Forschungsarbeit weitgehend autonom tätig sein. Mit den „Globalzuschüssen''ist der Staat quasi an die Stelle eines privaten Stifters getreten. Denn die Stiftungen können diese Gelder gegenüber anderen staatlichen Stellen als Eigenmittel angeben, in der Regel eine Voraussetzung, um zweckgebundene öffentliche Mittel zu erhalten. Es liegt also am Geschick der Finanzexperten der Stiftungen, die „Globalzuschüsse" um weitere staatliche Gelder zu vermehren. Dabei besteht eine Konkurrenz der Stiftungen zueinander, die ihre Quellen deswegen ungern der Öffentlichkeit preisgeben. Hierin sind die Stiftungen aber wohl kaum eine Ausnahme gegenüber allen anderen Institutionen, die sich als „freie Träger" finanzieren müssen. Weil dies so ist, ist keine einigermaßen abgesicherte Schätzung etwa darüber möglich, wie groß der Anteil bei den parteinahen Stiftungen zu der insgesamt in der Bundesrepublik angebotenen politischen Bildungsarbeit sein könnte. Die Finanzierungsquellen reichen von Bundes-, Landes bis zu Kommunehaushalten, von Privatspenden, über Institutionen-spenden bis zur Partizipation an „halb-öffentlichen" Mitteln (Lotto/Toto, Überschußmittel etc.).
Finanzierungsanteil der Bundeszentrale für politische Bildung Von insgesamt 4, 56 Mio. DM, die die Bundes-zentrale für politische Bildung 1975 für Fördermaßnahmen mit Trägern der politischen Bildung abrechnete, entfielen auf parteinahe Institutionen 1, 455 Mio. DM, also nahezu ein Drittel Diese Bildungswerke sind in drei Dachverbänden zusammengeschlossen, nämlich — der christdemokratischen „Vereinigung politischer Bildungswerke e. V. ” mit folgenden Mitgliedern: Politisch-Soziale Bildungsstätte Königswinter; Politische Akademie Eichholz der KAS; Niedersächsisches Bildungswerk, Hannover; Karl-Arnold-Bildungsstätte, Bonn-Bad Godesberg; Hanns-Seidel-Stiftung, München; Robert-Tillmanns-Haus, Berlin; Bildungswerk des HSS, München; Seminar für sozial-und staatspolitische Bildungsarbeit der christlichen Arbeiterschaft in NRW, Köln; — der sozialdemokratischen „Arbeitsgemeinschaft demokratischer Bildungswerke e. V." mit folgenden Mitgliedern: August-Bebel-Institut, Berlin; Bayerisches Seminar für Politik, München; Bildungs-und Begegnungsstätte Altes Schloß Weidenberg, Bayreuth; Bremische Gesellschaft für Politik und Bildung; Bürgerforum Bayreuth; Demokratische Bildungsgemeinschaft Oberpfalz, Weiden; Demokratisches Bildungswerk Südwürttemberg-Baden, Friedrichshafen; Demokratische. Bildungsgemeinschaft Nordniedersachsen, Stade; Die neue Gesellschaft, Hamburg; Gesellschaft für Politik und Bildung Schleswig-Holstein, Haus Seehof, Malente; Hessische Tribüne, Kassel; Neue Gesellschaft Niederrhein, Düsseldorf; Politische Bildungsgemeinschaft, Braunschweig; Politisch-Wissenschaftliches Bildungszentrum, Haus Neuland, Sennestadt; Sozialistische Bildungsgemeinschaft, Hessen, Frankfurt; Staatsbürgerliche Bildungsgemeinschaft Weser-Ems, Oldenburg; Staatsbürgerliches Bildungszentrum Schloß Schley, Bayreuth; Verein für staatsbürgerliche Bildungsarbeit in der Pfalz, Neustadt; Verein für staatspolitische und jugendpolitische Bildung, Grünstadt; Verein für Volksbildung, Bremen; Verein für Volksbildung, Saarbrücken; Verein für Volksbildung und Jugendpflege, Landau; Zentralausschuß für sozialistische Bildungsgemeinschaften Nordrhein-Westfalen, Bonn.
— der „Vereinigung liberaler Bildungseinrichtungen e. V." mit folgenden Mitgliedern: Liberales Bildungswerk (Jungdemokraten) Bonn; Wolfgang-Döring-Stiftung, Düsseldorf; Liberale Internationale, Deutsche Sektion, Bonn; Verband Liberaler Akademiker, Bonn; Katholisch-Liberaler Arbeitskreis, Bonn; Liberale Gesellschaft von 1965, Bremen; Freie Gesellschaft zur Pflege staatsbürgerlichen Bewußtseins, Hamburg; die Gesellschaft der Freunde und Förderer der FNS, Bonn.
Die parteinahen Stiftungen KAS, HSS, FES und FNS treten gegenüber der Bundeszentrale für politische Bildung eigenständig auf.
Innerhalb der parteinahen Institutionen dominieren durchweg die Stiftungen, wie die folgende Übersicht zeigt.
Demnach erhielten 1975 von der Bundeszentrale für Bildungsmaßnahmen — der christdemokratische Dachverband 100 000, die Konrad-Adenauer-und die Hermann-Ehlers-Stiftung 350 000 DM;
— der sozialdemokratische Dachverbänd 420 000 DM, die Friedrich-Ebert-Stiftung 465 000 DM;
— der liberale Dachverband 30 000, die Friedrich-Naumann-Stiftung 110 000 DM.
Anzumerken bleibt zu diesem Bereich noch ein Sachverhalt, der die zur Entwicklung der Hanns-Seidel-Stiftung angegebenen Beobachtungen abstützt: Für 1976 hat sich diese Institution erstmalig ebenfalls als Partner beworben. 50 000 DM sind „reserviert", eine Summe, die sich in den nächsten Jahren erheblich erhöhen dürfte, sofern die Stiftung innerhalb der Richtlinien abrechnen kann. Sie muß demnach in mindestens drei Bundesländern tätig sein oder aber Teilnehmer aus mindestens drei Bundesländern vorweisen können, wobei das Hauptkontingent (in diesem Fall: die Teilnehmer aus Bayern) einen Anteil von 49% nicht übersteigen darf Offensichtlich will sich die Stiftung also, nach der Einweihung ihrer Bildungsstätte in Wildbad Kreuth, stärker um Veranstaltungen mit bundesweiter Resonanz bemühen.
Gesamtüberblick über die personelle, finanzielle und räumliche Ausstattung der partei-nahen Stiftungen Die nachfolgenden beiden Tabellen Nr. 2 und Nr. 3 geben hierzu einige Informationen. Im übrigen ist auf die Gesamtuntersuchung hinzuweisen (vgl. Anm. 6). 33
IV. Inhalte und Methoden der politischen Bildungsarbeit parteinaher Stiftungen
Abbildung 5
Tabelle 3
Tabelle 3
Nachfolgend werden zunächst die Aktivitäten der christdemokratischen Stiftungen, nämlich der KAS, der Hermann-Ehlers-Stiftung und der HSS, geschildert. Dann gehe ich auf die FES und anschließend auf die liberale Bildungsarbeit der FNS und der Wolfgang-Döring-Stiftung ein.
Die Tabelle 3 zeigt, daß die vier bundesweit tätigen Stiftungen ihre Bildungsangebote sowohl stationär, d. h. in Akademien bzw. Heimvolkshochschulen anbieten, als auch zum „Kunden" kommen („hausungebundene Bildungsarbeit").
In der Darstellung wird dieser Unterscheidung, die bei den meisten Stiftungen auch organisatorisch ihren Niederschlag gefunden hat (z. B. durch die Existenz zweier Abteilungen), gefolgt. Dabei wird jeweils zunächst die stationäre Bildungsarbeit präsentiert.
Konrad-Adenauer-Stiftung Innerhalb der Konrad-Adenauer-Stiftung agiert die Politische Akademie Eichholz unter ihrem Leiter (seit 1966) Bernhard Gebauer recht selbständig. Die Akademie, bei Wesseling nahe der Autobahn Köln/Bonn verkehrs-günstig gelegen, war auch der historische Ausgangspunkt der Stiftungsentwicklung.
Als Auftrag der Akademie wird herausgestellt, Bürgern, die sich für christlich-demokratische Politik interessieren, möglichst umfangreiche Informationen zu vermitteln, die Voraussetzungen und Begründungen für politisches Entscheiden und politisches Handeln aus christlicher Verantwortung verständlich zu machen und möglichst viele Menschen an die politische Arbeit heranzuführen. „Deshalb steht das Zusammenwirken von politischer Praxis und politischer Bildung im Zentrum ihrer Tätigkeit."
Dies geschieht von Eichholz aus im wesentlichen auf dreierlei Weise: 1. Es werden Seminare für den politischen Nachwuchs durchgeführt. 2. Daneben finden auf unterschiedlichem Anspruchsniveau und mit verschiedenen Trägern und Teilnehmerkontingenten Veranstaltungen zur politischen Bildung statt. 3. Darüber hinaus bemüht man sich durch Forschungsvorhaben, Arbeitsgruppen und Publikationen, mit den eigenen Konzeptionen sowohl regional in die Stiftung, als auch in benachbarte Institutionen (z. B. die Hermann-Ehlers-sowie die Hanns-Seidel-Stiftung, vgl. weiter unten) hineinzuwirken und innerhalb der CDU/CSU zur programmatischen Debatte beizutragen.
Verständlicherweise hat bei den konkurrierenden Stiftungen insbesondere das Programm zur Nachwuchsschulung lebhaftes Interesse erweckt, dem die Akademie durch eine Publikation entsprochen hat
Das Angebot besteht aus mittlerweise drei Themenkomplexen. Seit 1960 gibt es das „Politische Seminar", seit 1967 das „Wirtschaftspolitische Seminar" (mit wechselnder Bezeichnung) und seit 1969 das „Kommunalpolitische Seminar" (mit wechselnder Bezeichnung).
Die Seminare sind als Curricula angelegt. Sie enthalten jeweils vier Stufen, insgesamt sieben Wochen. Die Teilnehmer schreiben am Ende einer jeden Phase Abschlußklausuren, auch Zulassungsarbeiten zur nächsten Stufe sind in der Regel Pflicht. Wer alle Stufen erfolgreich absolviert hat, erhält ein Zertifikat. Das „Grundseminar" soll für Teilnehmer und Veranstalter ein gegenseitiger Test sein; etwas weniger als die Hälfte der Teilnehmer kommt zum anschließenden Mittelseminar I, von wo an die Schwundquote zu den nächsten beiden Stufen etwa 100/0 beträgt 300 Absolventen sind mittlerweile vorhanden, darunter einige, die alle drei Seminarreihen besuchten.
Für die Absolventen werden gesonderte Tagungen abgehalten, auch, um deren Zusammenhang zu stärken. Für kontinuierliche Information aller ehemaligen Teilnehmer an Veranstaltungen der Politischen Akademie Eichholz sorgt der „Eichholz-Brief".
Zur Herkunft der Teilnehmer an den Seminaren wird angemerkt, es bestehe eine Diskrepanz zwischen Intention und Realität. Man habe nämlich Teilnehmer des unteren Drittels der Beschäftigungspyramide in besonderem Umfang erreichen wollen, aber: „Studenten machen mit etwa einem Drittel der Teilnehmer die größte Gruppe aus, gefolgt von den Angestellten aus Industrie, Handel, Banken und öffentlichem Dienst, mit zusammen etwa 25 0/0. Die dritte größere Gruppe stellen die Beamten dar, während sich der Rest auf Schüler, Selbständige, freiberuflich Tätige, Soldaten, Auszubildende, Hausfrauen und Arbeiter verteilt." Die Seminare sind für Teilnehmer zwischen 15 und 35 Jahre gedacht. Die meisten Teilnehmer sind zwischen Anfang und Mitte zwanzig
Zur Zeit ist man bestrebt, die Kapazitäten in Eichholz von den Grundseminaren zu entlasten und diese auszulagern. Nachdem die Hanns-Seidel-Stiftung sich ab 1974 einer Zusammenarbeit in diesem Bereich entzog, hat man nun in der Hermann-Ehlers-Stiftung im in norddeutschen Raum und in Berlin sowie dem eigenen, im Aufbau befindlichen Bil-* dungswerk, das im mittleren Raum der Bundesrepublik arbeitet, zwei Institutionen, die begonnen haben, Grundseminare anzubieten. Neben dieser Nachwuchsausbildung bemüht man sich um „Beiträge zur politischen Information und Meinungsbildung zur Verwirklichung der Demokratie auf der Grundlage christlicher Verantwortung"
Dies geschieht auf unterschiedliche Weise, von der Veranstaltung mit Zielgruppen, häufig mit einem Co-Veranstalter, bis zur großen wissenschaftlichen Arbeitstagung.
Beispiele aus dem Jahresbericht der Stiftung von 1975 (Mitte 1976 erschienen): Es fanden sechs wissenschaftliche Arbeits-und Expertentagungen statt, ferner 15 Studientagungen, die zielgruppenorientiert erfolgten, z. B. mit Krankenschwesternschülerinnen, Elternbeiräten, Polizeiangehörigen, Lehrern, Jugendoffizieren. 11 Fachtagungen fanden statt, insbesondere zum Nutzen interessen-oder fachspezifischer Gruppierungen innerhalb der CDU. So hat die Kommunalpolitische Vereinigung der CDU/CSU in Zusammenarbeit mit der Akademie „praxisnahe Seminare zur kommunalen Pressearbeit" abgehalten. Erwähnenswert sind noch sogenannte europäische internationale Bildungs-und Informationsveranstaltungen, von denen 19 mit insgesamt über 450 Teilnehmern stattfanden, die meisten in Berlin.
Das Bildungswerk der Konrad-Adenauer-Stiftung entstand in Zusammenarbeit mit der Akademie Eichholz. Es besteht aus den Außenstellen in Dortmund und in der Karl-Arnold-Bildungsstätte in Bonn-Bad Godesberg, die sich besonders auf Schülerarbeit spezialisiert hat. Daß der Erfolg der Schüler-Union an den bundesdeutschen Schulen nicht von ungefähr kommt, verdeutlicht ein Photo aus dem Jahresbericht der KAS 1975, das zwei Funktionäre der Jungen Union, darüber deren Vorsitzenden Mattias Wissmann, zeigt, flankiert vom Bundessprecher der Schüler-Union, Christoph von Bülow. Im Bildtext dazu heißt es u. a.: „. Nachhilfeunterricht'für die zukünftigen Staatsbürger erteilt die Konrad-Adenauer-Stiftung mit ihren Kursen für Schüler."
Zusammen mit der Karl-Arnold-Bildungsstätte wird seit 1974 ein Schülerpressedienst („schülerpresse aktuell”, monatlich in 4 000 Exem39) pl.) herausgegeben. Seit 1975 wird ein Seminarprogramm für Schüler angeboten. Auf Wochenendveranstaltungen werden politische Grundbegriffe und bildungspolitische Themen referiert. Außerhalb der Bildungsstätte in Bonn-Bad Godesberg fanden zudem 1975 noch 20 Doppelwochenend-Seminare zu, wie es hieß, Themen des Schulalltags statt
Hinzu kommen drei 1975 aufgemachte Außenstellen in Freiburg, Stuttgart und Mainz. Das besondere Schwergewicht auf Baden-Württemberg, Schauplatz der letzten Landtagswahlen 1976 vor der Bundestagswahl, muß kein Zufall sein.
Die Stuttgarter Außenstelle wird von Gerd Langguth MdB geleitet, der Mitglied des Bundesvorstandes der CDU und Vorsitzender der Jungen Union in Baden-Württemberg ist.
Weitere Außenstellen sollen in Hessen und im Saarland eröffent werden.
Ein Tutor, im Zuge einer gewissen Verselbständigung des Bildungswerks gegenüber der Akademie zum Leiter avanciert, sitzt in Eichholz. Er ist für die Programm-und Finanz-koordination zuständig und rechnet schon für 1976 mit etwa 20 000 Teilnehmern
Sowohl über die endgültige Konzeption als auch über die Organisation des Bildungswerkes besteht noch keine Klarheit. Man ist im Stadium der Erprobung.
Sicher ist, daß keine neuen regionalen Stiftungen geschaffen werden sollen. Andererseits macht aber eine stärkere regionale Arbeit auch eine vermehrte Koordination auf Landesebene notwendig; nach regionalen Gesichtspunkten zusammengesetzte Beiräte werden die Außenstellen bei der Aufstellung ihrer Programme unterstützen. Die Zentrale in Eichholz hat für eine Verknüpfung der Außenstellen untereinander zu sorgen. Bei diesen werden wohl auch, dem Vorbild der Hermann-Ehlers-Stiftung folgend, Gesprächskreise eingerichtet.
Im Jahresbericht der KAS 1975 heißt es zum Selbstverständnis des Bildungswerks: „Das Bildungswerk versucht über seine Außenstellen, in einer Informationsüberflußgesellschaft durch Informationsverarbeitung einen Beitrag zur politischen Integration zu lie- fern und damit das Wechselspiel einer freiheitlichen Gesellschaft zwischen Konsens und Konflikt in der politischen Bildung verständlich zu machen und einzuüben."
Diese Integrationsleistung wird auf drei Ebene angestrebt — Integration innerhalb der Stiftung (die Außenstellen vertreten die Stiftung gegenüber der Öffentlichkeit als regionale Ansprechpartner) — Intergration innerhalb der Partei — Integration des politischen Vorfelds der Partei einschließlich Hereinführung in die Partei (die Werbung von Parteimitgliedern über die Bildungsarbeit wird ausdrücklich genannt)
Im Mittelpunkt der Arbeit soll, so meinte der Stiftungsvorsitzende die kommunalpolitische Ausbildung stehen. „Bildungsarbeit im vorpolitischen Raum“, die einen „Weg zur aktiven Öffentlichkeit" ebne, von anderer Seite als vorrangiges Arbeitsziel propagiert dürfte hingegen weniger im Zentrum der Bemühungen sein.
Hermann-Ehlers-Stiftung Die HES ist in finanziell und personell der KAS verbunden, konzeptionell aber unabhängig. Seit 1968 ist sie in Schleswig-Holstein, mittlerweile auch in Niedersachsen, Bremen, Hamburg und Berlin tätig.
Die Stiftung ist, nachdem ihre Studentenwohnheime in Osnabrück Oldenburg und Hamburg im Sommersemester 1976 bezugsfertig sind, mit ihren dann fünf Studentenheimen der größte freie Träger von Studentenwohnheimen
Unmittelbar neben den Studentenwohnheimen befinden sich Akademien bzw. Kommunikationszentren (je nach Ausstattung) der Stiftung, in denen Bildungsveranstaltungen angeboten werden. Hier finden Seminare — u. a. werden auch Grundseminare der drei Eichholzer Reihen offeriert — sowie Abendveranstaltungen statt. Letztere werden durch die erwähnten Gesprächskreise vorbereitet, die als Ausdruck und Instrument einer Öffnung der Arbeit über den Parteirahmen hinaus angesehen werden können.
An der Akademie Kiel gibt es zur Zeit elf solcher Gesprächskreise, von „Agrarpolitik" über „Ideologiekritik" bis zu „Wirtschaftsund Sozialpolitik", die sich in unregelmäßigen Abständen zwischen drei-und neunmal im Jahr zu Beratungen treffen. Sie kooptieren ihre Mitglieder meistens im Einvernehmen mit dem Akademieleiter und planen bei ihren Zusammenkünften Abendveranstaltungen der Akademie. An der Gestaltung des Seminar-programms hingegen wirken die Gesprächs-kreise in der Regel nicht mit, denn „ihre Stärke liegt in der Konzeption, nicht in der Durchführung"
Das Schwergewicht der Veranstaltungen, mit denen 1975 etwa 16 000 Menschen angesprochen werden konnten, liegt auf den Abend-veranstaltungen.
Vereinzelt werden auch Publikationen vorgelegt
Hanns-Seidel-Stiftung Eigenwilliger als die HES tritt gegenüber der KAS zweifellos die HSS auf. Die Bildungsarbeit dieser Stiftung wird durch das Bildungswerk und, auf anderer Ebene, durch die Akademie für Politik und Zeitgeschehen, wahrgenommen.
Das Bildungswerk „wandert" alljährlich durch die bayerischen Regierungsbezirke. Es zieht mit einem weitgefächerten Angebot von Themen durch die bayerischen Dörfer und Städte, so daß die Themenangebote flächendeckend'erfolgen. Keine andere parteinahe Stiftung erreicht in dieser Beziehung etwas Ähnliches.
Im Herbst des Jahres haben sich die Möglichkeiten des Bildungswerkes durch die Eröffnung der Bildungsstätte in Wildbad Kreuth erheblich ausgeweitet. Die Rhetorikkurse beispielsweise können nun mit technischem Aufwand in Wildbad Kreuth durchgeführt werden.
Auf regionaler Ebene hat das Bildungswerk 1975 160 Seminare mit fast 500 Seminartagen durchgeführt. Mehr als die Hälfte der Veranstaltungen (60 °/o) waren als Mehrtages-Seminare angelegt 16 Mitarbeiter stehen zur Verfügung.
Das umfangreiche Themenangebot ist in zwei Gruppen unterteilt: in „Fachpolitische Seminare" und „Arbeitsseminare". Erstere sind zielgruppenorientiert, letztere sollen politisch Einsatzwillige mit Hilfe von Rhetorik-, Geschäftsordnungs-und Presseseminaren auch politisch einsatzfähig machen. Es ist wohl kein Zufall, daß man 1976, im Wahlkampf-Jahr, die Kapazität in diesem Bereich um rund 40 °/o ausgeweitet hat.
Inhaltlich möchte man, so heißt es leitmotivisch, „der drohenden Unsicherheit entgegenwirken." Die Kommentierung des Seminarangebots verdeutlicht, warum sich die Zusammenarbeit zwischen der Hanns-Seidel-Stiftung und der Konrad-Adenauer-Stiftung zunehmend schwieriger gestaltete.
Fast durchgängig durch das Jahresprogramm des Bildungswerkes ziehen sich Bemerkungen, die eine Frontstellung gegen die „Verfechter eines spätmarxistischen Klassendenkens" anzeigen; in keinem Bildungsprogramm einer anderen parteinahen Stiftung fanden sich so viele Hinweise auf „KontraPositionen".
So sollen die Seminare für Wirtschafts-und Mittelstandspolitik dazu beitragen, daß die berufliche Bildung „kein Tummelplatz für marxistische Ideologen" wird. Die Agrarseminare sollen mithelfen, daß „das Eigentum in der gesamten Landwirtschaft nicht sozialistischen Systemveränderern durch Propaganda zum Opfer (fällt)" 16 Seminare sind hierfür vorgesehen. Sieben weitere wenden sich speziell an die Landjugend. 16 Seminare sind für Polizeibedienstete reserviert, denen die Frage gestellt wird, „ob die innere Sicherheit durch die Liberalisierung des Strafrechtes, die die Verrohung und Brutalität der Gewalttäter gefördert hat, in der Zukunft gewährleistet ist. Die wirtschaftliche Instabilität, die eine kaum für möglich gehaltene Arbeitslosigkeit nach sich zieht, ist ebenso wenig eine Garantie für die Innere Sicherheit wie die Verbrechen der Linksextremisten und Systemveränderer." 1975 fanden weitere Seminare für Bedienstete der bayerischen Vollzugsanstalten der Justiz statt, wozu in den Seminarerläuterungen festgestellt wird, die Diskussion über Sinn und Zweck des Strafvollzugs sowie seine Gestaltung werde leider vielfach unsachlich geführt. „Sie dient oft nur als Vehikel beim Versuch, diese Gesellschaft zu zerstören."
Ein anderer Schwerpunkt ist die Schülerarbeit. Auch hier wird die SPD/FDP-Politik als extremismusverdächtig vorgestellt. „Die Indoktrination der Schüler von einem möglichst frühen Lebensalter an soll die spätere Bildung* elitärer Revolutionskader vorbereiten. Offizielle Lehrpläne und Lehrmittel in manchen Bundesländern geben dafür erschreckende Beispiele." Dagegen stellen sich die Seminare das Ziel, „die jungen Menschen frei von allem ideologischen Nebel zum kritischen, verantwortlichen und rechtsstaatlichem Denken zu erziehen"
Neben diesen Aktivitäten des Bildungswerkes der Hanns-Seidel-Stiftung ist noch auf die Tätigkeit der „Akademie für Politik und Zeitgeschehen" hinzuweisen. Sie trägt eine irreführende Bezeichnung, denn auch nach der Inbetriebnahme der Bildungsstätte in Wildbad Kreuth ist nicht daran gedacht, dort einen Akademiebetrieb nach dem Vorbild der Theodor-Heuss-Akademie, der Politischen Akademie Eichholz oder der Heimvolkshochschulen einzurichten. Wildbad Kreuth wird im wesentlichen als stationäres Schulungszentrum des Bildungswerkes genutzt, während die Akademie, die mit Publikationen und Konferenzen seit der Berufung des früheren Geschäftsführers des Bundes Freiheit der Wissenschaft, Peter Gutjahr-Löser, an die Öffentlichkeit getreten ist, Wildbad Kreuth nur sporadisch nutzt.
Die von der Akademie, dem Offentlichkeitsreferat oder unmittelbar dem Stiftungsgeschäftsführer durchgeführten Veranstaltungen zeichnen sich durchweg durch einen hohen Grad „bayerischer Offiziösheit" aus.
Als ein Beispiel nenne ich ein dreiteiliges Symposium zu den „Kosten im Gesundheitswesen", das die Akademie in Zusammenarbeit mit dem bayerischen Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung im Sommer 1975 durchführte, wobei Fritz Pirkl sowohl als Minister als auch als Vorsitzender der Stiftung beteiligt war. 1976 wurde, in Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Staatsministerium für Unterricht und Kultus, eine Wanderausstellung „Freistaat Bayern" gestartet. Man erfährt, daß Bayern nicht nur das älteste Land der Bundesrepublik Deutschland, sondern auch der älteste Staat des heutigen Europas sei. „Die Ausstellung und der Katalog sollen die weitreichenden Leistungen, die Bayern auf allen Gebieten erbrachte, zeigen. Sie sollen aber auch Verständnis wecken für jene Lebensweise, die das moderne Bayern schuf und seinen Bewoh-nein die Individualität ihres Lebens bewahrte.“
Am bekanntesten dürfte die Stiftung bisher durch eine andere Wanderausstellung, die sich „Angriff auf unsere Demokratie" nannte, geworden sein. Im Katalog zur Ausstellung hieß es: „Sinn und Zweck der Ausstellung und des Katalogs ist es, die gesamte Bevölkerung auf die Gefahren aufmerksam zu machen, die aus den Aktivitäten der Verfassungsfeinde erwachsen."
Friedrich-Ebert-Stiftung Die Friedrich-Ebert-Stiftung betreibt ihre inländische Bildungsarbeit in erster Linie über ihre Heimvolkshochschulen. Ein im Kern gleiches Programm wird in allen acht Schulen gleich und über das Jahr wiederholend durchgeführt. Für einen Teil dieser Seminare stehen zu Beginn auch schon die Teilnehmer fest; diese Veranstaltungen sind „nur auf besondere Einladung" zugänglich. Organisationen, mit denen man zusammenarbeitet, entsenden die Teilnehmerkontingente. Als Nachteil einer solchen Regelung könnte man es ansehen, daß auf diese Weise eine Zusammenführung mit Teilnehmern aus anderen Berufen mit anderen Qualifikationen ausbleibt, also eine aus parteilicher Sicht erwünschte Integration nicht ermöglicht wird. Die Vorteile sind aber andererseits nicht zu bestreiten. Derartige Veranstaltungen sind billiger, weil praktisch ohne Werbungskosten durchzuführen. Häufig tragen die entsendenden Organisationen sogar zur Finanzierung bei. Die Dozenten können sich bemühen, innerhalb eines vorgegebenen thematischen Rahmens (z. B.
„Demokratischer Sozialismus", „Europapolitik") „den rechten Einstieg und die entsprechenden Formen der Vermittlung zu finden, um die Betroffenheit herzustellen und die Teilnehmer zu motivieren."
Die Programmplanung ist auf ein Jahr festgelegt Die Durchführung soll dem Dozenten aber eine gewisse Flexibilität belassen. Man arbeitet wenig mit Gastreferenten; viele Wochentagungen werden nur von zwei Personen, einem Dozenten, der Referate hält, und einem weiteren, dem Haus in der Regel aus gleichen oder ähnlichen Tagungen bekannten, Referenten bestritten. Die Referenten werden von den Heimvolkshochschulen nach Absprache mit der Bonner Zentrale angewörben. Zu den verschiedenen Themenbereichen wird festgelegt, wie häufig ein Thema, sei es als Wochen-, sei es als Wochenendseminar, durchgeführt wird, an welchen Schulen, zu welchem Zeitpunkt dies geschieht und ob Teilnehmerkontingente dazu feststehen oder ob die Veranstaltungen für jedermann offenstehen.
An der Häufigkeit, mit der ein Themenbereich, im Vergleich zu anderen und zu den Vorjahren, angeboten wird, kann nicht unmittelbar auf das je unterschiedliche Interesse der Veranstalter an dem jeweiligen Themenbereich geschlossen werden. Denn selbstverständlich können die Angebote nicht vollkommen abgelöst von den Wünschen und Prioritäten der Zielgruppen erstellt werden, wenn auch andererseits ein gewisser Handlungsspielraum vorhanden ist. Zwar haben alle Stiftungen, besonders unter den Bedingungen des nordrhein-westfälischen Weiter-bildungsgesetzes, ein Interesse daran, daß ihre Veranstaltungen die unter pädagogischen Gesichtspunkten gerade noch für vertretbar gehaltenen Teilnehmerzahlen auch tatsächlich erreichen. Man legt aber bei der FES wie übrigens auch bei der KAS Wert auf die Feststellung, daß man mehr Anmeldungen erhalte, als Plätze zur Verfügung stehen, wenn auch eingeräumt wird, daß wegen der wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Nachfrageüberhang abbröckele.
Die Übersicht Nr. 5 zeigt die Zahl der Seminare zu den einzelnen Themenbereichen. Neben der Rednerschulung dürften die Veranstaltungen „Strukturprobleme moderner Mitgliederparteien" und „Öffentlichkeitsarbeit und Aktionstechniken" in besonderer Weise parteibezogen und wahlkampfrelevant sein. Zu den beiden Veranstaltungstypen, letztere ist 1976 neu im Programm, wurde 1976 nur auf besondere Einladung gebeten, und es wurden, entgegen den sonstigen Gepflogenheiten der Stiftung, auch Termine und Orte nicht genannt, so daß auch nicht bekanntgemacht war, wie viele derartige Veranstaltungen im Jahr der Bundestagswahl stattfanden. Dabei fällt auf, daß nach der Seminarplanung 1976 gegenüber 1975 in fast allen übrigen Bereichen weniger Veranstaltungen angeboten wurden, so daß auf diese Weise fast die Hälfte der Kapazitäten offensichtlich für „praktische" Themen geräumt wurden, worauf Alfred Nau im Vorwort zum Seminarprogramm 1976 der FES hinwies: „Die Seminarreihen wurden anhand der gemachten Erfahrungen weiterentwickelt bzw. neu konzipiert. Stärker noch als bisher wird die politische Praxis betont. Es wird im konkreten Seminarprogramm dafür gesorgt, daß der Bezug zur aktuellen politischen Situation herausgestellt wird."
Hierzu gehören auch eine (unbekannte) Anzahl von bildungspolitischen Veranstaltungen mit SPD-Untergliederungen. Die Finanzierung dieser Aktivitäten dürfte wohl ebenfalls über öffentliche Mittel („Globalzuschüsse"), nicht aber über die Bundes-und Landeszentralen möglich sein. Ein Beispiel sind Seminare unter der Leitung eines Mitarbeiters der Bundes-geschäftsstelle in Bergneustadt mit SPD-Angehörigen aus Hessen-Süd über die Herstellung von SPD-Ortsteil-und Betriebszeitungen
übrigens besteht innerhalb der Stiftung Konsens darüber, daß mit der Arbeit in einer Heimvolkshochschule als Dozent die Mitgliedschaft in der SPD verbunden sein soll, in der Regel aber eine Übernahme politischer Ehrenämter über die kommunale Ebene hinaus nicht erwünscht ist; wird ein Mitarbeiter beispielsweise zum Landtags-oder Bundestagsabgeordneten gewählt, so ruht seine Mitarbeit in der Stiftung.
Eine Ausnahme stellte Bruno Friedrich dar, der auch noch als Bundestagsabgeordneter das Haus Frankenwarte führte, dessen Betreuung freilich juristisch selbständig durch die Gesellschaft für politische Bildung geschieht. Dieses Haus hat sich neben einer besonderen Ausrichtung auf den fränkischen Bezirksverband der SPD früh um Kontakte nach Polen bemüht.
Zur Aufgabe einer Heimvolkshochschule gehört neben der Bildungsarbeit „das Herstellen von Kontakten zu neuen Interessenten, Zielgruppen und Organisationen"
Mit dieser Aufgabenzumessung soll die regionale Verankerung der Schulen ermöglicht werden. Die geographische Lage schreibt einigen Stätten spezielle Aufgaben ohnehin zu, wie der Schule in Ahrensburg Kontakte in den skandinavischen, und der Schule in Saarbrücken Kontakte in den französischen Raum. Die Georg-von-Vollmar-Akademie erhielt sich ein besonderes Stück Unabhängigkeit unter ihrem Leiter Waldemar von Knoeringen.
Die Erinnerung an von Knoeringen gibt das Stichwort für einen Aspekt einer zusammenfassenden Einschätzung: Die Heimvolkshochschulen haben in den letzten Jahren im Zuge einer Zentralisierung und Effektivierung der Arbeit allem Anschein nach an Individualität eingebüßt. Es überwiegen die standardisierten, beliebig oft wiederholbaren Veranstaltungen. Es gibt nur noch wenige Sonderveranstaltungen. 1975 beispielsweise fand in Bergneustadt eine einzige große internationale Tagung statt. Andererseits aber kann die Seminarplanung — wie gezeigt — flexibel jahrespolitischen Erfordernissen angepaßt werden; der Internatsbetrieb scheint nicht hinderlich, wenn es darum geht, für praktische Erfordernisse nützliche politische Bildung zu vermitteln.
Die Entwicklung der Teilnehmerzahlen (Tab. 6) zeigt, wie sehr man bei der FES auf das Instrument der Heimvolkshochschulen gesetzt hat.
Kürzer und auf die speziellen Bedürfnisse der Teilnehmer möglicherweise unmittelbarer bezogen ist das Bildungsangebot der Abteilung „Gesellschaftspolitische Information“. Sie bietet Veranstaltungen beim „Kunden" an, auch sog. Endverbrauchern. „Den Kern der Zielgruppenliste bilden Arbeitnehmer in Industriegebieten, Gewerkschaftler wie z. B. Vertrauensleute, Mandats-und Funktionsträger insbesondere der kommunalen Körperschaften, Beamte und Angestellte des öffentlichen Dienstes, Bildungsobleute, Frauen, Familien und Jugendliche." Der Schwerpunkt der Aktivitäten dieser Abteilung liegt in Nordrhein-Westfalen. Erst 1975 wurde das Angebot über die Landesgrenzen ausgedehnt.
Bei diesen Seminaren, die mit über 100 Partnerorganisationen durchgeführt werden haben diejenigen Veranstaltungen den größten Zuwachs, „die auch praktische Arbeitshilfen vermitteln."
Dabei geht es — häufig aus Anlaß aktueller politischer Vorgänge also beispielsweise drohender Wahlerfolge von Kommunisten gegen Sozialdemokraten bei Betriebsratswahlen — um Themen wie die Planung, Organisation und Durchführung von Veranstaltungen, Öffentlichkeitsarbeit und Rednerschulung („rhetorische Hilfestellungen")
Unter dem Stichwort „Extremismus, sowohl in der historischen als auch in der aktuellen Dimension" wird u. a. über die Bekämpfung des Vordringens der DKP in die Gewerkschaftsarbeit informiert und diskutiert — Aufgaben, die die gewerkschaftliche Bildungsorganisation „Arbeit und Leben" nicht, allein erfüllen könne; sie beschränke sich auf gewerkschaftliche Themen im engeren Sinne
So leistet die FES mit dieser Bildungsarbeit einen Beitrag zur Verschränkung von Sozialdemokratie und Gewerkschaften in den Betrieben.
Friedrich-Naumann-Stiftung Allen liberalen Institutionen steht nur eine eigene Tagungsstätte mit Ubernachtungsmöglichkeit (70 Betten gegenüber knapp 200 bei KAS und HSS sowie rund 750 in den Heim-volkshochschulen der FES) und Küche zur Verfügung. Es handelt sich um die Theodor-Heuss-Akademie in Gummersbach, die zur FNS gehört, aber auch häufig mit Veranstaltungen der WDS belegt ist. Die Akademie wurde 1967 eröffnet. Ihr Direktor ist seit 1968 der Schriftsteller Rolf Schroers, der auch die Zeitschrift „liberal" leitet.
Von Anspruch und Programm her stehen die Theodor-Heuss-Akademie und die Heimvolkshochschulen an den entgegengesetzten Enden einer Skala, in deren Mitte die Politische Akademie Eichholz der Konrad-Adenauer-Stiftung rangiert. Denn während in den Heim-volkshochschulen ganz überwiegend politische Bildung „von der Stange" angeboten wird, müht man sich in der Theodor-Heuss-Akademie um individuelle Maßarbeit. Jedes Thema wird nur einmal abgehandelt. Dazu werden nach Möglichkeit nicht nur mit den Referenten, sondern auch im Publikum die jeweiligen Spitzenleute versammelt. Schroers widerstrebt es denn auch, die Arbeit der Akademie als politische Bildung zu klassifizieren. Keinesfalls jedoch verstehe sich die Akademie „als Schulungsstätte für vorfabrizierte Politik, die nun in die Köpfe eingetrichtert wird."
Erstrebt wird eine „informationsorientierte Aktivierung der Teilnehmer" wobei „Mitbestimmung als Prinzip" gilt.
Aus dem gesamtpolitischen Bereich werden Fragestellungen destilliert, deren Beantwortung „liberale Problemlösungskapazität" erhöhen soll.
Insbesondere die Wochenendveranstaltungen sind als „Fachkonferenzen" auch in sprachlicher Hinsicht anspruchsvoll gekennzeichnet. Ein solcher hochgesteckter Versuch birgt Risiken. Der vergleichsweise große Kostenaufwand für die über 60 Veranstaltungen mit zweieinhalbtausend Teilnehmern fordert Fragen nach der Effizienz heraus, wobei über die Füllung dieses Begriffes weitgehende Unklarheit herrscht. Auch eine Präzisierung in Richtung „Parteinützlichkeit" trägt wenig zur Klärung bei, wenn man wohl auch davon ausgehen kann, daß ein reines Schulungsprogramm (Schroers: „Schwarzbrot-Tagungen") im Regelfall bei der Parteiführu j weniger anecken dürfte als ambitionierter. Unternehmungen, zu denen Vorwürfe wie „intellektuelle Spiegelfechterei" oder „Nestbeschmutzung" erhoben werden.
Spiegelbild der Vorwürfe sind die Chancen, die eine solche Konzeption birgt. Die Theodor-Heuss-Akademie (THA) bot in der sich über mehrere Jahre hinziehenden Auseinandersetzung in der FDP um Führung und Programmatik der Anti-Mende-Gruppe innerhalb der Partei unter Hans Wolfgang Rubin und Karl-Hermann Flach Schutz und Hilfestellung bei der Suche nach neuen Ufern; in der Akademie wurden die Pfahle zu den „Freiburger Thesen" gesteckt.
In letzter Zeit wurde in Partei und Stiftung vernehmlich eine Standortverlagerung der Akademie nach Bonn erwogen Bisher ist jedoch unklar, ob es hierbei lediglich um einen Ortswechsel geht oder ob auf diese Weise Kompetenzen und Konzeptionen gewandelt und Personen ausgetauscht werden sollen. Jedenfalls haben die Anhänger einer Fortführung der Akademie in ihrer bisherigen Form in einer Reihe von Untergliederungen der FDP bis hin zu Landesverbänden erfolgreich Resolutionen eingebracht, in denen betont wird, daß gerade die relativ parteiunabhängige und um ein hohes Anspruchsniveau bemühte Arbeit der Theodor-Heuss-Akademie der liberalen Sache besonders nütze.
Zwar bildet die THA innerhalb der Stiftung, die seit 1971 ohne Gesamtgeschäftsführer auskommt, neben der FNS-Ausland und der FNS-Inland einen eigenständig geführten Bereich, aber im Falle allzu kontroverser Beziehungen innerhalb der Stiftung und zur Parteispitze — die FNS-Inland wird in Personalunion durch den Bundesgeschäftsführer der FDP geführt — bleibt die Parteiführung, solange sie in dieser Frage einig handelt, am längeren Hebel. Denn sie kann, wie die anderen Partei-führungen auch, im äußersten Konfliktfall mit ihrer Stiftung die öffentlichen Exklusivmittel („Globalzuschüsse") in eine von ihr neugegründete Stiftung umlenken.
Insoweit ist sichergestellt, daß sich keine Stiftung einer, zumindest im inländischen Bereich, entscheidenden Mitsprache ihrer Partei entziehen kann. Treten Spannungen auf, so werden die Lösungen meist in einer engeren Anbindung gesucht, wobei andererseits zu beobachten ist, daß eine Akzeptierung der relativen Unabhängigkeit der Stiftungen durch alle Parteigliederungen eine enge personelle Verknüpfung der Führungen von Partei und Stiftung zur Voraussetzung hat.
Zu diesem Fragenbereich ist die Entwicklung der FNS-Inland, der die hausungebundene, regionale Bildungsarbeit der Stiftung obliegt, interessant. Seit der bereits erwähnten organisatorischen Umstellung von 1971 gab es unterhalb der zentralen Führungsebene nur eine geringe personelle Verkoppelung in die FDP hinein. Die Aufgliederung in drei Zentralbereiche mit Büros in Hannover, Mainz und München, denen dann jeweils weitere Außenstellen, besetzt mit hauptamtlichen und teilweise auch nebenamtlichen Mitarbeitern, unterstellt waren, stärkten die eher bundesländer-übergreifenden Tendenzen. Daraufhin fühlten sich besonders die hauptamtlichen Parteimitarbeiter auf Landesebene nicht hinreichend berücksichtigt. Sie, vor allem an bestmöglicher Erfüllung kurzfristiger Aufgaben interessiert, konnten überdies nicht immer verstehen, warum „liberale Ressourcen" für allenfalls mittelfristige Zielsetzungen verwendet wurden. So bildete die Zusammenarbeit mit Bürgerinitiativen bei den meisten Außenstellen der FNS einen Schwerpunkt ihrer Tätigkeiten, obwohl die Gruppen häufig nicht parteibezogen arbeiteten und eine parteipolitische Festlegung — allein um der Erreichung ihrer Ziele willen — oft auch nicht wünschten.
Besonders bekanntgeworden unter sehr vielen medienwirksamen Aktionen ist die 1974/75 bundesweit durchgeführte „Aktion Aktivspielplatz“. Damit sollten Elterninitiativen angeregt und gefördert werden, soge-nannte Aktivspielplätze zu gründen und professionelle pädagogische Betreuung aus öffentlichen Mitteln zu sichern. Motto der Aktion war: „Das Spiel des Kindes ist kein Kinderspiel". Wichtige Bedürfnisse der Kinder sollten durch diese Aktion befriedigt, für die Gemeinschaft insgesamt förderliche Fähigkeiten vermittelt werden. Denn „der Aktivspielplatz soll durch sein Angebot das Bedürfnis des Kindes, im Spiel freie Aktivitäten zu entfalten, befriedigen und seine Selbstverwirklichung fördern."
Während das erste Ziel, nämlich die Initiierung von Elterngruppen, oft erreicht wurde, wurde das zweite, nämlich die dauerhafte Einrichtung derartiger Kinderspielplätze in den Gemeinden, häufig verfehlt. Gleichwohl blieb das Echo auf die Informationsveranstaltungen, Diskussionen, Demonstrationstage und Seminare beachtlich, und es zeigte sich beispielhaft, daß Bürgeraktionen durchaus Chancen als eine Art neuen Vereinslebens haben
Parteiunmittelbarer ist der 1975 zusammen mit den Jungdemokraten bundesweit gestartete Versuch, der CDU-nahen „Schüler-Union" entgegenzuwirken. Mittlerweile hat sich die „Liberale Schüleraktion" (LISA) in einer Reihe von Bundesländern gut entwickelt.
Die letzte organisatorische Umstellung innerhalb der FNS betraf im Herbst 1975 die FNS-Inland. Man löste die Zentralbüros auf und paßte die Organisation somit dem Parteiaufbau an. Zusätzlich wurde durch die Berufung von ehrenamtlich tätigen Landesbeauftragten der Stiftung für eine stärkere personelle Verkoppelung in die Partei hinein auch auf regionaler Ebene gesorgt. Ob diese „Harmonisierung" der Bildungsarbeit ihre Spezifika einebnen wird, ist kaum zu entscheiden. Die vorher geleistete Bildungsarbeit zeichnete sich bis an die Grenze der Konzeptionslosigkeit durch „Bürgernähe" etwas aus; man „machte"
vor Ort und vertraute auf eine dem Liberalismus dienliche Entwicklung der Lernprozesse. Die Bürgerinitiativen hatten, insbesondere in den Bereichen Bildung, Kinder, Städtebau und Umweltschutz einen fairen und engagierten Ansprechpartner.
Wolfgang-Döring-Stiftung Möglicherweise entwickelt sich die Bildungsarbeit der FNS nun stärker nach dem Vorbild der zweiten, aber nur im regionalen Raum, genauer: ausschließlich in Nordrhein-Westfalen tätigen Institution, der Woligang-Döring-Stiftung. Sie ist, man darf es wohl so formulieren, ein Instrument der politischen Bildung, das, so eng es die Vergaberichtlinien erlau88) ben, zum Nutzen des Landesverbandes der FDP in diesem Bundesland eingesetzt wird. Die Stiftung entstand 1967, weil Willi Weyer, damals Landesvorsitzender, heute weiterhin Vorsitzender des Stiftungsvorstands, offenkundig das Bildungsangebot der FNS nach innen nicht effizient genug fand, und nach dem Parteienfinanzierungsurteil des Bundesverfassungsgerichts von 1966 die politische Bildungsarbeit unmittelbar durch die Partei nicht länger mehr aus öffentlichen Mitteln zu finanzieren war. Das Geld, das Weyer für die neue Stiftung erschloß, fehlte der Friedrich-Naumann-Stiftung fortan im Etat. Zunächst wurden nämlich Überschußmittel des Westdeutschen Rundfunks umgelenkt, mittlerweile wird der WDS-Haushalt — jährlich unter 1 Mio. DM — in erster Linie über das neue Weiterbildungsgesetz in NRW bestritten
Uber 70 Veranstaltungen, zumeist Wochenendseminare, werden jährlich angeboten. Da geht es, dem Programm für 1976 zufolge, beispielsweise um die „Ordnung des Wasser-haushaltes als vorrangige politische Aufgabe", um „Aktuelle Schwerpunkte praktischer Kommunalpolitik", und um die „Weiterentwicklung erfolgreicher Strukturpolitik in Nordrhein-Westfalen", alles großrahmige Themen, die eine ausgiebige Prüfung der FDP-Vorstellungen hierzu erlauben. Die Referenten haben dabei eine gute Chance, sich auf diese Weise bei Parteimitgliedern und Sympathisanten in Erinnerung zu halten oder erstmalig bekanntzumachen.
V. „Flankierende“ Maßnahmen zum Bildungsangebot: Forschung und Publikationswesen
Abbildung 6
Tabelle 4 Quelle: Jahresberichte der KAS
Tabelle 4 Quelle: Jahresberichte der KAS
Unter „flankierenden“ Maßnahmen sind solche Aktivitäten der Stiftungen zu verstehen, die die inländische politische Bildungsarbeit stützen und ergänzen.
Zumindest die beiden großen Stiftungen verfügen über ein erhebliches Forschungspotential. Dies ist bei der Konrad-Adenauer-Stiftung vor allem im Sozialwissenschaftlichen Forschungsinstitut (SFK) konzentriert, das unter der Leitung Werner Kaltefleiters, Professor für Politikwissenschaft an der Universität Kiel, besonders auf dem Gebiet der Wahlforschung einen guten Ruf erlangte
Freilich ist es schwierig, genau anzugeben, inwieweit die Forschungsergebnisse der SFK die politische Bildungsarbeit der Stiftung formen, wenn auch festzustellen ist, daß Kaltefleiter selber sowohl die Publikations-als auch die Referentenmöglichkeit an der Politischen Akademie Eichholz nutzte. Insgesamt enger scheint der Kontakt zwischen Eichholz und dem Institut für Kommunalwissenschaften (IFK) zu sein. Impulse sind auch aus dem im Aufbau befindlichen Archiv der Stiftung für Christlich-demokratische Politik zu erwarten. Bei nun jährlich über 1 000 Stipendiaten, die das Institut für Begabtenförderung (1BK) betreut, leuchtet ein, daß ein Großteil der Dozenten und Referenten, die in der politischen Bildungsarbeit eingesetzt werden, ehemalige Stipendiaten sind, denen während ihrer Studienzeit durch das IBK ein studentenspezifisches Bildungsprogramm angeboten wird, von dem ein gewisser Anteil als Pflicht zu absolvieren ist.
Schließlich sollte noch erwähnt werden, daß man sich in Eichholz um eine regelmäßige auch wissenschaftliche Dozentenfortbildung bemüht (1975 beispielsweise auf fünf Tagungen) und daß daneben seit 1974 innerhalb einer Arbeitsgruppe Politische Bildung/Weiterbildung vier Kommissionen wurden, die folgende Themen bearbeiten: a) Erarbeitung eines Katalogs über Zielvorstellungen der politischen Bildung, b) Bildungsurlaub, c) Erarbeitung eines Curriculumansatzes als Grundlage zur Ausbildung von Erwachsenenbildnern, d) Vorbereitung der Diskussion über ein politisches Konzept zur Weiterbildung.
Als letztes Beispiel für die Aktivitäten in diesem Bereich sei auf das Curriculum-Projekt „Wirtschaft und Gesellschaft" hingewiesen, das ebenfalls zeigt, daß man sich in Eichholz bemüht, als Ansprechpartner für andere politische Träger noch wichtiger zu werden. Das Curriculum-Projekt wird von der Bundeszentrale für politische Bildung finanziert, die u. a. auch für parallele Projekte der FNS und FES Mittel zur Verfügung stellt.
Neben der wissenschaftlichen Zuarbeit dürfte für die politische Bildungsarbeit im Bereich der „flankierenden" Maßnahmen insbesondere das Publikationswesen wichtig sein. Bei der KAS besteht hier gegenüber den anderen Stiftungen eine Besonderheit, denn die einzelnen Institute haben alle ihre eigenen Schriftenreihen. Man kann aber vermuten, daß die dort erscheinenden Publikationen in Eichholz mit besonderer Aufmerksamkeit registriert werden. Das wohl wichtigste Instrument der politischen Bildung in schriftlicher Form dürfte der vierteljährlich in einer Auflage zwischen 18 000 und 20 000 Exemplaren erscheinende „Eichholz-Brief“ sein. Er wird unter der Verantwortung des Akademieleiters vom Dozentenkollegium erstellt und richtet sich an alle ehemaligen Teilnehmer von Veranstaltungen in Eichholz. Neben Berichten aus der Seminar-und Tagungsarbeit, Personalien (Vorstellung neuer Mitarbeiter) und Ankündigungen von Veranstaltungen sowie Namen der Seminarabsolventen sind in den Heften Buchbesprechungen und unter der Rubrik „Unser politisches Thema" jeweils ein wissenschaftlicher Aufsatz nachzulesen. Daneben werden von Eichholz aus — veröffentlicht im „Eichholz-Verlag" — unmittelbar zur Bildungsarbeit wichtige „Materialien zur Tagungs-und Seminararbeit" (1975 insgesamt 8) sowie „Handbücher der Politischen Akademie Eichholz", im Untertitel als Lehrbücher gekennzeichnet, herausgegeben. Das Spektrum wird durch „Tagungsbeiträge", sowie eine Vierteljahreszeitschrift „Die Frau in der offenen Gesellschaft" abgerundet.
Das sozialwissenschaftliche Forschungspotential der Friedrich-Ebert-Stiftung ist im Forschungsinstitut der Stiftung zusammengefaßt, das einen etwa doppelt so starken Etat besitzt wie die beiden Forschungsinstitute der KAS (1974 bei der FES über 12 Mio. DM), nach Mitarbeitern hingegen kaum stärker besetzt ist (etwa 100 Mitarbeiter im Forschungsbereich der FES gegenüber 90 bei KAS (SFK, IFK und Archiv). Das Institut ist in folgende Abteilungen untergliedert: — Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung — außenpolitische Fragen und DDR-Forschung — Entwicklungsländerforschung — Regionalpolitik, Raumordnung und Stadt-entwicklung — Arbeitskräfteforschung — Hochschulforschung (ab 1976 eingestellt) — Bibliothek und Archiv der Sozialen Demokratie , Die einzelnen Abteilungen betreuen eine Reihe von Publikationen (Bücher, Zeitschriften, Broschüren).
Unmittelbare Zuarbeit leistet beispielsweise eine „Arbeitsgruppe für innerdeutsche Beziehungen" des Forschungsinstituts. Sie hat bis Ende 1975 insgesamt 30 Hefte einer Reihe „Die DDR, Realitäten — Argumente" und 55 Stichwortkarten einer Reihe „Schnell informiert für den innerdeutschen Dialog" in einer Auflage von je 20 000 Exemplaren, verfertigt. Den von der FES verantworteten Broschüren können die anderen Stiftungen nichts Vergleichbares an die Seite stellen. Bei den meisten Broschüren steht das parteipolitische Moment fast völlig im Hintergrund.
Ich stelle als Beispiel vier Bücher aus der Reihe „Praktische Demokratie", jeweils erschienen im Verlag „Neue Gesellschaft", vor.
Dietel, Gintzel Alfred Kurt und Werner Plitt schrieben 1971 die 130 Seiten starke Broschüre „Die politische Versammlung". Die Autoren sind Polizeiräte und Richter. Sie stellen des die Grundzüge Versammlungs-und Demonstrationsrechts dar und schildern die Rechte und Pflichten der Beteiligten (Veranstalter, Leiter, Ordner, Teilnehmer, Berichterstatter, Polizei). Denn, so heißt es im Vorwort: „Es geht darum, die Regeln zu kennen, die unnötigen Streit ausschließen. Damit werden die für eine Demokratie notwendigen Auseinandersetzungen, das Ringen um die jeweils beste Lösung anstehender Probleme, nicht verhindert. Die Auseinandersetzungen werden humanisiert. Das ist das Anliegen der Verfasser." über die DKP informieren zwei Broschüren, nämlich Winfried Ridder/Joseph Scholmer, Die DKP, Programm und Politik, 19702, sowie Heinrich Appelhans/Christian Bockemühl/Werner Plitt/Günter Wehrmeyer, Die DKP — Keine Alternative für Demokraten, 1975.
Im Vorwort der neueren Schrift wird zur Zielgruppe und der daraus folgenden Konsequenz Stellung genommen: „In der Reihe praktische Demokratie und in anderen Veröffentlichungen bietet die Friedrich-Ebert-Stiftung seit langem Argumentationshilfen zu Problemen unserer Gesellschaft an. Dieses Material ist für die Teilnehmer an politischen Bildungsveranstaltungen ebenso wie für sonstige Interessenten der Arbeit dieser Stiftung bestimmt. Deshalb wird stets berücksichtigt, daß es sich bei den Lesern ganz überwiegend um Arbeitnehmer handelt und nicht um Akademiker (was den Aussagewert auch der hier vorliegenden Broschüre in keiner Weise schmälert). Dadurch wird eine Veröffentlichung in dieser Form bewußt so verständlich wie möglich geschrieben, einem breiten Leserkreis zugänglich und damit ihre beabsichtigte Wirkung erhöht."
Ergänzend sei auf eine Broschüre in der gleichen Reihe hingewiesen, die sich mit der NPD beschäftigt, nämlich Adolf Noll/Werner Plitt/Winfried Ridder, Die NPD, Programmatik und politisches Verhalten, 1970 2.
Die Veröffentlichungen hingegen, die weniger direkt zur Unterstützung der politischen Bildungsarbeit der Stiftung angelegt sind, sondern als sozialwissenschaftliche Forschungsbeiträge gekennzeichnet sind, repräsentieren stärker Standpunkte der Sozialdemokratie. Dabei ist auch eine parteiinterne Absicht unübersehbar: Die maßgeblich von den Jungsozialisten initiierte „Theoriediskussion" in der Partei wird direkt von Mitarbeitern des Forschungsinstituts aufgegriffen. Dabei wird der Versuch, das sozialdemokratische Programm als Theorie zu offerieren, zurückgewiesen Erwähnenswert sind als „flankierende" Maßnahmen darüber hinaus die Aktivitäten der Gesprächskreise „Wirtschaft und Politik" und „Politik und Wissenschaft", die, betreut vom Forschungsinstitut, als Veranstalter großer nationaler und internationaler Kongresse auftreten und einige der Vorträge in Broschüren-form veröffentlichen. So fanden beispielsweise im Herbst 1974 und 1975 Konferenzen mit Vertretern multinationaler Konzerne statt, zu denen der von Ernst Wolf Mommsen geleitete AK „Wirtschaft und Politik" einlud.
Der AK „Politik und Wissenschaft" hat sich u. a. im Vorfeld der Debatten um den Orientierungsrahmen '85 um Brückenschläge zwischen dem „offiziellen" Bonn (die sozialdemokratisch gesonnene Ministerialbürokratie eingeschlossen) und „SPD-Linken" bemüht Schließlich soll nicht unerwähnt bleiben, daß das Planungsbüro des Orientierungsrahmens '85 seinen Sitz in der Stiftung hatte und, eigener Aussage zufolge, im Bemühen um „Versachlichung der öffentlichen Diskussion über den Orientierungsrahmen '85" zu diesem Komplex neben publizistischer Tätigkeit auch eine „umfassende Seminartätigkeit" aufnahm.
Die Stiftung hat, anders als die KAS und die FNS, am ehesten vergleichbar mit den geschilderten Bemühungen der HSS in Bayern, die Chancen offenbar gut genützt, die durch die Regierungsbeteiligung ihrer Partei auf der zentralen Ebene erwuchsen. Ihre großen Kongresse haben quasi regierungsoffiziösen Charakter, ohne daß die Regierung oder die SPD-Führung unmittelbar für Einladung, Themen und Tagungsablauf verantwortlich zu machen sind. Im unverfänglicheren Rahmen der Stiftung können auf diese Weise gerade der Sozialdemokratie zurückhaltend gegenüberstehende Gruppierungen auf höchster Ebene mit den führenden Sozialdemokraten zusammengebracht werden.
Wieweit die hierbei erzielten Ergebnisse und Kompromisse in die praktische politische Bildungsarbeit eingehen, ist schwer zu beurteilen.
Ähnlich wie bei der KAS stammt, darauf sei abschließend hingewiesen, der Großteil der Dozenten und Referenten in der politischen Bildungsarbeit der Stiftung aus dem Kreis der ehemaligen Stipendiaten, über 1 400 Stipendiaten hat die Stiftung mittlerweile jährlich, das ergibt ein stattliches Reservoir. Das studentenspezifische Bildungsangebot ist bei der FES bewußt, wie man sagt, kleiner gehalten als bei der christdemokratischen Konkurrenz; bei der FES werden die Studenten vielmehr aufgefordert, an der politischen Bildungsarbeit der Heimvolkshochschulen zu partizipieren. Die Studenten könnten auf diese Weise nicht nur sachlich, sondern auch in sozialer Hinsicht lernen
\ Die Friedrich-Naumann-Stiitung verfügt über kein eigenes Forschungsinstitut. Von 1967 bis 1973 hat sie eine Reihe von Gutachten beim „Institut für politische Planung und Kybernetik" (IPK) in Auftrag gegeben, die sie nach erfolgreichem Abschluß häufig in einer eigenen Schriftenreihe veröffentlichte. Einer der Gesellschafter des IPK war Hans Wolfgang Rubin. Die Stiftung hatte vor, das Institut, das zur Hälfte kommerziell, zur Hälfte als ausgelagerter Planungsstab der Bundespartei arbeitete, zu übernehmen. Es wurde dann aber wegen finanzieller und personeller Probleme eingestellt.
Zur Zeit bekommt Ipos, Mannheim, eine Reihe von Aufträgen zur Meinungsforschung. Im Gespräch ist auch eine Wiederbelebung des IPKs, wobei die organisatorische Frage — ob selbständig oder als Teil der FNS — noch völlig offen ist.
Im Rahmen der erwähnten, von der Bundeszentrale für politische Bildung finanzierten Curriculum-Projekte, arbeitet die Friedrich-Naumann-Stiftung am Thema „Bürgernahe Aktion und Umweltgestaltung". Die Akti-Wissenschaften überzeugend reagiert hatte, stellen sich nun Aufgaben, die vermutlich ungleich schwerer zu lösen sind.
Denn es gilt, will man die Spur des Reformismus nicht verlieren, einen in seinem genauen Verlauf mühsam festzulegenden und nicht risikolosen mittleren Weg zwischen Lenkung und Überlassung, aber auch zwischen Rationalität und Emotionalität einzuschlagen. Dabei, das zeigen beispielhaft schon die geringen Erfahrungen mit Bürgerinitiativen bröckelt es an den herkömmlichen Definitionsbarrieren zwischen politischer Bildung und politischer Aktion
Wieder aber sind die parteinahen Stiftungen gegenüber diesen neuen Herausforderungen im Vergleich zu anderen Institutionen der politischen Bildung gut gerüstet. Denn die parteinahen Stiftungen wissen, was sie meinen, wenn sie von „Praxis", „Parteilichkeit" und „politischem Engagement" sprechen.
Ich möchte sogar einen Schritt weitergehen und behaupten, daß die parteinahen Stiftungen auch bisher schon die Leistungsfähigkeit des hiesigen Parteiensystems erhöht haben. Für dieses Argument ist die bemerkenswerte Tatsache anzuführen, daß es in den letzten Monaten trotz bedeutsamer ökonomischer Schwierigkeiten nicht zu 1966/67 ff. vergleichbaren Veränderungen des Parteiensystems (seinerzeit: Entstehung und rascher Bedeutungszuwachs von APO und NPD, Wandlung der FDP) gekommen ist Damals war man gerade dabei, die parteinahen Stiftungen entscheidend finanziell zu stärken. Dieses Mal scheinen die etablierten Parteien, sicher auch dank ihres ausgebauten Vor-und Umfeldes von Gruppen und Institutionen, in denen die Stiftungen häufig noch vor ihren Parteien erster Bezugspunkt sind, integrationsfähiger.
Eine monokausale Erklärung der Stabilität (und somit — solange die wechselseitige und organisationsinterne Konkurrenz gesichert ist — auch der Lernfähigkeit) des Parteiensystems wäre aber sicherlich verfehlt.
Verdeutlicht aber sollte mit den vorstehenden Überlegungen die Aussage werden, daß die parteinahen Stiftungen einen eigenständigen Gegenstand der westdeutschen Parteienforschung bilden und folglich nicht, wie bisher geschehen, als „Briefkasten-Institutionen" der Parteien eingeordnet Werden können.
Henning von Vieregge, Dr. phil., geb. 1946; Studium von Politikwissenschaft, Soziologie und Staatsrecht; 1973/74 wissenschaftlicher Angestellter der „Studiengruppe Partizipationsforschung", 1974— 1976 Forschungsstipendiat der Thyssen-Stiftung, 1973— 1976 Lehrbeauftragter am Seminar für Politische Wissenschaft der Universität Bonn. Veröffentlichungen u. a.: Formen, Bedingungen und Probleme der Partizipation in Bildung und Wissenschaft, in: U. v. Alemann (Hrsg.), Partizipation — Demokratisierung — Mitbestimmung, Düsseldorf 1975; Technostruktur und Partizipation, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 7/75; Parteistiftungen, Baden-Baden 1977 (im Erscheinen).
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