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Das Europäische Währungssystem. Eine neue Initiative zur europäischen Integration | APuZ 16/1979 | bpb.de

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APuZ 16/1979 Artikel 1 Das Europäische Währungssystem. Eine neue Initiative zur europäischen Integration Mitbestimmung und Grundgesetz. Der Verfassungsstreit über das Mitbestimmungsgesetz 1976

Das Europäische Währungssystem. Eine neue Initiative zur europäischen Integration

Uwe Andersen

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Zusammenfassung

Mitte März 1979 ist durch Beschluß der Staatsbzw. Regierungschefs der EG-Mitgliedsländer ein neues Europäisches Währungssystem (EWS) in Kraft gesetzt worden, dem mit Ausnahme Großbritanniens alle EG-Länder als Vollmitglieder beigetreten sind. Als Motive für die überraschende Währungsinitiative — der frühere Versuch einer Wirtschaftsund Währungsunion war bereits in der Anfangsphase gescheitert — sind u. a. Druck von außen (Dollarverfall) und innen (Desintegrationstendenzen in der EG) sowie eine wirt-schaftspolitiche Zielannäherung der Regierungen zu nennen. Hinsichtlich der integrationspolitischen Reichweite ist das EWS vorerst zwischen der ambitiösen Konzeption einer Wirtschafts-und Währungsunion und der europäischen Währungsschlange anzusiedeln. Sein Instrumentarium umfaßt einen Wechselkursverbund, abgestützt durch große, gegenseitige Kreditlinien, und eine partielle Zusammenlegung der Währungsreserven, ferner eine neue europäische Währungseinheit (ECU) sowie nach der zweijährigen Anlaufphase einen europäischen Währungsfonds als institutionelles Systemzentrum und als flankierende Maßnahme eine bescheidene Finanzhilfe zugunsten der „weniger wohlhabenden Mitgliedstaaten". Die zwischenstaatlichen und innenpolitischen Auseinandersetzungen um die Ausgestaltung des EWS und die Frage des Beitritts spiegelten vor allem die unterschiedlichen Interessenperspektiven von Ländern mit starken und schwachen Währungen sowie die unterschiedliche Integrationsbereitschaft und Einschätzung der damit verbundenen Risiken wider. In der Bundesrepublik Deutschland befürchteten Kritiker vor allem, daß das EWS die Geldwertstabilität beeinträchtigen und die Stellung der Bundesbank unterminieren werde. Ds EWS beruht noch weitgehend auf einem Vertrauensvorschuß, da die für eine erfolgreiche Währungsintegration notwendige wirtschaftspolitische Harmonisierung vorerst auf das Prinzip Hoffnung gründet und institutionell nicht abgesichert ist. Das bewußt als Experiment angelegte EWS ist vornehmlich ein organisatorischer Rah-men, der anhand der praktischen Erfahrungen ausgefüllt werden muß. Stellenwert und langfristiges Entwicklungspotential wichtiger Systemelemente — wie der ECU und der vorgesehene europäische Währungsfonds — bleiben vorerst ebenso offen wie die Beziehungen des EWS zum internationalen Währungssystem.

Durch Beschluß des Europäischen Rates — der Konferenz der Staatsbzw. Regierungschefs der EG-Mitgliedsländer — ist ein neues Europäisches Währungssystem (EWS) faktisch mit Wirkung vom 13. März 1979, formell rückwirkend zum Januar, in Kraft gesetzt worden. Damit hat ein potentiell folgenreiches Experiment begonnen. Die Ausgestaltung des EWS und die Frage des Beitritts haben nicht nur zu zwischenstaatlichen, sondern in mehreren europäischen Ländern auch zu innenpolitischen Auseinandersetzungen geführt, die bereits darauf hindeuten, daß mit den hochkomplexen Währungsregelungen im engeren Sinn weitreichende, aber unterschiedlich eingeschätzte und bewertete Folgen für den westeuropäischen Integrationsprozeß und die beteiligten nationalen wirtschaftlichen und politischen Systeme verbunden sind. Der neue Vorstoß im Währungsbereich mußte vor allem deshalb überraschen, weil die bisherigen Erfahrungen mit Initiativen zur europäischen Währungsintegration stark enttäuscht hatten.

I. Währungspolitik und westeuropäische Integration

Versucht man, den Stellenwert der Währungspolitik im Integrationsprozeß 1) zu bestimmen, so ist erst einmal festzuhalten, daß die Währungshoheit traditionell zu den wesentlichen staatlichen Souveränitätsrechten gerechnet wird. Dies dürfte auch der wichtigste Grund sein, warum eine Übertragung von Währungskompetenzen im EWG-Vertrag nicht vorgesehen ist Die Tntegrationsfortschritte in Richtung gemeinsamer Markt in den 50er und 60er Jahren erhöhten aber die Interdependenz der wirtschaftlichen Entwicklung. Sie engten die reale nationale Handlungsfreiheit in der Wirtschafts-und Währungspolitik zunehmend ein und verstärkten den gemeinsamen Handlungsbedarf. Auf der EWG-Gipfelkonferenz im De-zember 1969 in Den Haag fiel eine Grundsatzentscheidung zugunsten einer verstärkten Integration in bisher vernachlässigten Bereichen. Eine Sachverständigenkommission unter Vorsitz des luxemburgischen Ministerpräsidenten Werner erhielt den Auftrag, einen Stufenplan zur Errichtung einer Wirtschafts-und Währungsunion (WWU) auszuarbeiten.

Grundsätzlich wurden zwei integrationspolitische Strategien vertreten — kurz als „Krö-nungs-" und „Motorthese" bezeichnet. Die Anhänger der „Krönungsthese" plädierten für den sachlichen und zeitlichen Vorrang der wirtschaftspolitischen gegenüber der währungspolitischen Integration und wurden deshalb auch Ökonomisten genannt. Erst Integrationsfortschritte bei den Zielen und Instrumenten der Wirtschaftspolitik und damit verbunden eine Harmonisierung der wirtschaftlichen Entwicklung schüfen die Basis für die Währungsintegration. Unveränderliche Wechselkurse oder eine gemeinsame europäische Währung seien nur als Krönung des wirt- Integrationsprozesses denkbar. Eine vorrangige Festschreibung der Wechselkurse trotz unterschiedlicher Wirtschafts-, insbesondere Stabilitätspolitik, der Mitgliedsländer sei dagegen zum Scheitern verurteilt oder führe bei großzügiger Kredithilfe an die defizitären Länder zur Inflationsgemeinschaft, in der die Mitglieder faktisch dem Diktat der unsolidesten Partner unterworfen seien.

Die Anhänger der „Motorthese" — die soge-nannten Monetaristen — traten hingegen dafür ein, den nächsten Integrationsschritt im Währungsbereich zu tun. Dabei gingen sie implizit davon aus, daß z. B. eine stärkere gemeinschaftliche Bindung der Wechselkurse leichter durchsetzbar sei als eine Harmonisierung der staatlichen Finanzpolitik. Sie argumentierten, die Währungsintegration schaffe ein festes Scharnier zwischen den beteiligten Volkswirtschaften und übe damit einen Druck aus zugunsten größerer Ziel-und Instrumentenabstimmung auch in der Wirtschaftspolitik. Die Währungsintegration sei somit geeignet, als Motor die Integration insgesamt voranzutreiben.

Beide Strategieansätze spiegeln nicht nur abstrakte integrationsmethodische Differenzen, sondern auch unterschiedliche Interessenperspektiven der Mitgliedsländer. So konnte es angesichts des unterschiedlichen Stabilitätsrisikos beider Ansätze z. B. nicht überraschen, daß die besonders stabilitätsorientierte Bundesrepublik Deutschland und die Niederlande im ökonomistischen, Frankreich und Belgien dagegen im monetaristischen Lager standen. Bedeutsam war darüber hinaus vor allem für Frankreich, daß das monetaristische Konzept es ermöglichte, konkrete Integrationsentscheidungen in den politisch besonders sensitiven Bereichen zumindest vorerst zu vermeiden.

Die Werner-Kommission einigte sich 1970 auf einen Kompromiß, der die divergierenden Strategien mit Hilfe des Parallelitätsansatzes zu harmonisieren versuchte. Statt der wirtschaftspolitischen oder währungspolitischen Integrationsmaßnahmen Vorrang zu gewähren, wurden parallele Fortschritte in beiden Bereichen vorgeschlagen um stufenweise innerhalb eines Jahrzehnts die WWU zu erreichen. Die politischen Konsequenzen wurden von der Kommission deutlich herausgearbeitet: „Die Wirtschafts-und Währungsunion erscheint ... als ein Ferment für die Entwicklung der politischen Union, ohne die sie auf die Dauer nicht bestehen kann." Innenpolitische Rücksichten insbesondere der französischen Regierung bewirkten, daß die am 9. Februar 1971 getroffene Ratsentscheidung über die WWU deutlich hinter den Vorschlägen der Werner-Kommission zurückblieb. Allein für die erste Stufe 1971— 1973 wurden konkrete Schritte beschlossen: Im Währungsbereich eine Verringerung der Bandbreiten der Wechselkurse unter den Mitgliedsländern in Verbindung mit einem gemeinschaftlichen Beistandssystem, im Bereich der Wirtschaftspolitik verstärkte institutionalisierte Koordinationsverfahren mit gemeinschaftlichen Richtwerten insbesondere für die Haushalts-und Geldpolitik, aber als Empfehlungen ohne bindende Wirkung. Gegenüber dem Werner-Plan wurden die Maßnahmen zur wirtschaftspolitischen Harmonisierung damit weiter geschwächt und die längerfristigen politischen Ziele und Konsequenzen bewußt nur vage angesprochen

Der „grandiose Versuch" mit der WWU einen integrationspolitischen Durchbruch zu erzielen, scheiterte bereits in der Startphase. Diese fiel zeitlich mit dem Zusammenbruch des 1944 in Bretton Woods konzipierten internationalen Währungssystems zusammen. Vom Wechselkursverbund der EG — der sogenannten Schlange — verblieb schließlich nur ein Torso, bestehend aus den EG-Mitgliedsländern Bundesrepublik Deutschland, Dänemark und Benelux-Staaten Neben den extrem ungünstigen Umweltbedingungen — stichwortartig: die weltweite Inflationstendenz Anfang der siebziger Jahre, der schon erwähnte Kollaps des internationalen Währungssystems, die Ölkrise und schließlich die schlimmste weltweite Rezession seit 1929 — ist die entscheidende Ursache für das Scheitern der WWU in der Unfähigkeit zur gemeinsamen Krisenbewältigung zu sehen. Die wachsende Neigung zu na-tionalen Alleingängen, wobei die Mitgliedsländer „sowohl den Grad ihrer eigenen gegenseitigen Abhängigkeit als auch die durch ein gemeinschaftliches Vorgehen gebotenen Möglichkeiten unterschätzten" führte u. a. zu vorher nicht gekannten Unterschieden in den Inflationsraten, die von 7 Prozent in der Bundesrepublik bis zu 25 Prozent in Großbritannien und Italien reichten. Auch wenn die WWU als Ziel offiziell nie aufgegeben wurde, tendierte ihre praktische Bedeutung gegen Null.

II. Begründung und Ziele des EWS

Trotz vereinzelter Anstoßversuche wurde die europäische Währungsintegration erst wieder zu einem ernstgenommenen Thema der politischen Auseinandersetzung, als der französische Staatspräsident Giscard d’Estaing und der deutsche Bundeskanzler Helmut Schmidt gemeinsam die Initiative ergriffen und das Projekt des EWS ihren Kollegen auf den Tagungen des Europäischen Rates in Kopenhagen (April 1978) und Bremen (Juli 1978) unterbreiteten.

Dabei konnte die französische Trägerschaft für eine erneute Initiative im Währungsbereich weniger überraschen. Frankreich war in der Vergangenheit als wichtigster Verfechter des monetaristischen Konzeptes hervorgetreten, und die französische Regierung galt international als einer der schärfsten Kritiker flexibler Wechselkurse. Giscard d’Estaing hat z. B. bei einer Analyse der weltwirtschaftlichen Situation von den vier industrialisierten Polen — Nordamerika, Japan, Osteuropa und Westeuropa — allein Westeuropa das Handikap der fehlenden internen Währungsstabilität zu tragen habe

überraschen mußte dagegen, daß Bundeskanzler Schmidt die Währungsinitiative mittrug. Auf dem Hintergrund der bisherigen deutschen Position legte dies den Schluß einer „konzeptionellen Kehrtwende" nahe Fragt man nach den Gründen für den deutschen Positionswechsel und die damit verbundene größere Risikobereitschaft, so gibt es eine ganze Palette von ökonomischen und politischen Argumenten:

— Bundeskanzler Schmidt hat die Erosion des Gemeinsamen Marktes und damit des Integrationskernes der EG an erster Stelle genannt: „Ich bin überzeugt, daß der Gemeinsame Markt zugrunde gehen wird, sofern es nicht gelingt, die Schrumpfung aufzuhalten, der er bereits infolge des unter Währungschaos -

hat er liegt." Als Indikator herangezogen, daß die Zuwachsrate des innergemeinschaftlichen Handels erstmals seit 1973 hinter jener des Welthandels zurückgeblieben sei. Er hat dies auf das gewachsene Währungsrisiko zurückgeführt, das insbesondere kleine und mittlere Unternehmen abschrecke. Zu betonen ist, daß bei der Gründung der EWG stabile Wechselkurse als selbstverständliche Geschäftsgrundlage angesehen wurden. Insofern haben die Währungsturbulenzen in der Tat eine ganz neue Situation geschaffen und gerade in den Bereichen mit einem Integrationsvorsprung zur Desintegration geführt. Da der Außenhandel der EG-Mitgliedsländer zu rund 50 °/o innergemeinschaftlicher Handel ist, könnte mit einem stabilen EG-Währungsverbund diese Hälfte stärker abgesichert und die Chance für ein weiteres Wachstum verbessert werden. — Eine bessere Absicherung ihrer EG-Exporte ist für die außerordentlich außenhandelsabhängige Bundesrepublik von besonderem Interesse, da der Kursverfall des US-Dollar, der in der Vergangenheit zeitweilig weit über das durch die unterschiedlichen Inflationsraten gerechtfertigte Maß hinausging, die Exportchancen unterminiert und damit auch Arbeitsplätze gefährdet. Die bisherigen Erfahrungen haben daher unter den Befürwortern flexibler Wechselkurse zu Ernüchterung geführt. Die Hoffnung, daß flexible Wechselkurse die grundlegenden ökonomischen Daten widerspiegeln und zu mittel-oder langfristig einigermaßen stabilen Erwartungen führen würden, hat sich bisher nicht erfüllt. Hier ist vor allem das Störpotential der im Umfang ständig wachsenden, hochreagiblen und auch politisch sensitiven internationalen Kapitalbewegungen zu nennen. So kommt auch der „Sachverständigenrat Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung", einer der engagiertesten Verfechter flexibler Wechselkurse, zu dem Schluß: „Die Bewegung der Wechselkurse, die eigentlich Veränderungen der gesamtwirtschaftlichen Bedingungen eines Landes nur konstatieren sollte, kann sie diktieren. Wohlgemerkt, dies ist nicht der Regelfall. Aber man kann ihn auch nicht einfach als Ausnahme qualifizieren." Ein stabiler europäischer Währungsverbund könnte aus deutscher Sicht den zusätzlichen Vorteil haben, die Last einer möglichen Spekulationswelle aus dem Dollar auf mehrere Schultern zu verteilen. — Als entscheidende Voraussetzung für den neuen Versuch ist vom Bundeskanzler die deutliche Annäherung bei den wirtschaftspolitischen Zielen herausgestellt worden: „Und dieses Experiment, dieses Wagnis, das natür-lieh mit Risiken behaftet ist, eines Währungsverbundes — das durfte und konnte man nur eingehen, nachdem man klar gesehen hat, daß von Rom bis nach London, von Paris nach Kopenhagen, alle Regierungen wirklich den Willen haben, ihre Währungen zu stabilisieren, das heißt nach innen die Inflation zu bekämpfen." Der auf dem Londoner Wirtschaftsgipfel 1977 ins Kommunique aufgenommene Satz: „Inflation ist kein Heilmittel gegen Arbeitslosigkeit, sondern eine ihrer Hauptursachen" dokumentiert die offizielle Abkehr von der in einigen Ländern tief verankerten These, man könne ein Weniger an Arbeitslosigkeit gegen ein Mehr an Inflation tauschen.

Auch in dieser Hinsicht ist bei denjenigen, die sich von flexiblen Wechselkursen eine Befreiung dem Joch der Zahlungsbilanzdisziplin aus erhofft hatten, aufgrund der Erfahrungen ein Umdenkungsprozeß eingetreten. Eine laxe Stabilitätspolitik wurde unter der Herrschaft des Floating zwar durch Absinken des Wechselkurses aufgefangen, aber dies führte zu einer Erhöhung der Importpreise und damit zu einer Inflations-Abwertungs-Spirale, die die irgendwann unvermeidbare Inflationsbekämpfung erheblich erschwerte. Schmidt hat nun die Argumentation der Ökonomisten geradezu umgekehrt: „Meine Einschätzung ist, daß wir einen Rückschlag bei der Koordinierung unserer Wirtschaftspolitik innerhalb der EG riskieren, wenn wir diesen Störfaktor unruhig schwankender Wechselkurse nicht wenigstens innerhalb der EG so weit ausschalten, wie dies nur eben möglich ist."

— Die Erfahrungen mit der europäischen Minischlange werden positiv bewertet. Obwohl auch unter den Teilnehmern Wechselkursänderungen vorgekommen seien, habe die Schlange zur äußeren und inneren Stabilität beigetragen. Sie habe die Verantwortung der politischen Instanzen für den Wechselkurs ebenso gestärkt wie ihre innenpolitische Position in der Inflationsbekämpfung — Die bisher angeführten Gründe sind zwar überwiegend ökonomisch ausgerichtet, enthalten aber teilweise schon eine stark politische Komponente. Dies gilt insbesondere für die Gefahr einer Desintegration der EG, der die Bundesrepublik schon aus rein politischen Gründen entgegentreten muß, gegebenenfalls auch um den Preis ökonomischer Risiken. Der Berliner Zentralbankpräsident Hiss, ehemals enger Berater Schmidts, hat das überzeugend so formuliert: „Wir brauchen die politische Solidarität unserer Partner, die wir am besten mit Solidarität im ökonomischen Bereich vergelten können."

— Schließlich ist als offiziell nicht angeführter, aber in der Publizistik herausgestellter Grund die angebliche Irritation insbesondere des Bundeskanzlers über die Politik der amerikanischen Regierung zu nennen, die zu einer stärkeren politischen Orientierung auf die EG geführt habe. Als Kritikpunkte werden vor allem die amerikanische Währungspolitik — Haltung des „benign neglect" gegenüber der Kursentwicklung des Dollar — und die Nuklearpolitik — u. a. Versuch der Blockade des deutsch-brasilianischen Nuklearabkommens und Verzögerung der Uranlieferungen nach Europa — herangezogen

Damit sind die wichtigsten für den deutschen Positionswechsel herangezogenen Gründe — überwiegend aus der Sicht der Regierung — dargestellt, ohne sie auf ihre Überzeugungskraft und mögliche Gegenargumente zu prüfen. Dies wird bei der Einzelanalyse nachzuholen sein.

Die mit dem EWS verfolgten Ziele lassen sich grob abgrenzen, wenn man das EWS mit der WWU und der Schlange vergleicht. Das EWS ist nicht einfach die Wiederaufnahme der WWU. Seine Reichweite ist erheblich geringer, und es kann allenfalls als eine Vorstufe, eine Vorbereitung auf den „großen Sprung", betrachtet werden. Die Gründe machen auch seinen eher defensiven Charakter deutlich, im Vergleich zur offensiven WWU-Konzeption. Damit ist es aber auch stärker als die WWU eine Antwort auf unmittelbare, drängende Probleme und eher in der konkreten Interessenstruktur verankert. Andererseits geht das EWS deutlich über die Schlange hinaus. Es ist nicht — wie manche Beobachter vermutet haben — nur ein neues Etikett für die alte Schlange mit dem Ziel, Frankreichs Prestige zu schonen und ihm einen erneuten Beitritt zu ermöglichen. Von deutscher Regierungsseite ist man zwar einerseits Hoffnungen — etwa auf weitreichende supranationale Entscheidungsbefugnisse im Zusammenhang mit dem EWS — entgegengetreten, gleichzeitig wurde aber betont, daß das EWS für weiterführende Entwicklungen zumindest offengehalten werden müsse

III. Das Instrumentarium des EWS

Im folgenden soll analysiert werden, was im einzelnen unter dem EWS zu verstehen, d. h. wie es nach der Entschließung des Europäischen Rates im Dezember 1978 ausgestaltet ist. Bei der Behandlung der wichtigsten Instru-mente sollen die im Verhandlungsprozeß aufgetretenen Hauptkontroversen einbezogen werden. Zu betonen ist vorweg der stark experimentelle Charakter des EWS. Er kommt schon darin zum Ausdruck, daß eine bis zu zweijährige Anlaufphase vorgesehen ist, während der das EWS primär auf Abkommen der Notenbanken abgestützt werden soll. Erst danach soll das System konsolidiert und auf „geeignete Rechtsvorschriften" gegründet werden. Erst dann sollen auch bestimmte Instrumente — wie der Europäische Währungsfonds — ins Leben gerufen werden, die bisher nur in Umrissen erkennbar sind.

Kurz zusammengefaßt besteht das EWS aus einem Wechselkursverbund, dessen Existenz u. a. durch große gegenseitige Kreditlinien und eine partielle Zusammenlegung der Währungsreserven abgesichert wird. Hinzu kommt als neues Zahlungsmittel — vorerst zwischen den Notenbanken — eine europäische Währungseinheit und nach der Anlaufphase als institutionelles Systemzentrum ein europäischer Währungsfonds, wobei Währungseinheit und -fonds wegen ihres Entwicklungspotentials langfristig von besonderer Bedeutung sind.

1. Die Europäische Währungseinheit (ECU) „Zentraler Punkt des EWS ist eine europäische Währungseinheit (ECU)." Die ECU — der Name ist die Abkürzung für European Currency Unit und deckt sich mit der Bezeichnung einer französischen Silbermünze des Mittelalters — ist eine neu geschaffene künstliche Währung. Ihr Wert bemißt sich nach einem Währungskorb, in dem die Währungen der EG-Mitgliedsländer gewichtet vertreten sind. Wert und Zusammensetzung des Korbes werden zu Beginn von einer bereits bestehenden Europäischen Rechnungseinheit (ERE) übernommen. Der Anteil der einzelnen Währungen an dem Korb bemißt sich vor allem nach dem Anteil der Mitgliedsländer am Bruttosozialprodukt der EG und dem innergemeinschaftlichen Handel. Z. B. ist der Anteil der DM am Währungskorb mit 27, 3 °/0 am höchsten, es folgt der französische Franc mit 19, 5%. Aus diesen Prozentwerten errechnete sich am Bezugstag — 28. 6. 1974 — eine Korbzusammensetzung von DM 0, 828, FF 1, 15 usw. An dieser Zusammensetzung des Korbes ist festgehalten worden, obwohl wegen der Aufwertung der DM und der Abwertung anderer Währungen DM 0, 828 heute einen erheblich höheren Anteil als 27, 3 % repräsentieren. Der Wert des Währungskorbes und damit der ECU in nationaler Währung ändert sich mit den täglichen Kursverschiebungen und kann an-hand der einzelnen Währungsbeträge im Korb jederzeit errechnet werden. 1 ECU entspricht zur Zeit rd. DM 2, 50. Die Gewichte der nationalen Währungen innerhalb des ECU-Währungskorbes sollen im Laufe von sechs Monaten nach Inkrafttreten des EWS und danach spätestens alle fünf Jahre überprüft werden.

Die Verwendung der ECU ist vorerst auf die Währungsbehörden der am EWS teilnehmenden Länder beschränkt. Die ECU soll als Bezugspunkt für die Festlegung der Wechselkurse und als Indikator für Wechselkursabweichungen dienen. Interventionen am Devisenmarkt und Kredite im Rahmen des EWS sollen in ECU abgerechnet, und auch der Saldenausgleich zwischen den Währungsbehörden der Mitgliedsländer soll in ECU vorgenommen werden. Nicht diese vorerst bescheidenen Funktionen aber sind es, die die Phantasie beflügeln, sondern es ist das in der ECU steckende Entwicklungspotential. Die ECU könnte durch Übernahme weiterer Funktionen und Förderung auch des privaten Gebrauchs — z. B. Anleihen in ECU — im Laufe der Zeit zu einer europäischen Parallelwährung neben den nationalen Währungen ausgebaut werden, um auf diesem experimentellen Wege die europäische Währungseinheit vorzubereiten Dabei handelt es sich aber vorerst um Zukunftsspekulationen. Ihre Verwirklichung setzt eine erhebliche Weiterentwicklung des EWS und diese wiederum praktische Erfolge voraus. Dies gilt auch für die Hoffnung, die ECU werde sich zu einer internationalen Reservewährung entwickeln.

Guthaben in ECU sollen grundsätzlich auf zwei Wegen geschaffen werden. Während der Anlaufphase ist allerdings nur der folgende Weg vorgesehen: Die beteiligten Zentralbanken hinterlegen 20 Prozent ihrer Goldund Dollarreserven beim bereits bestehenden Europäischen Fonds für währungspolitische Zusammenarbeit (EFWZ) und erhalten dafür eine Gutschrift in ECU. Der Eigentumstitel an den ieponierten Gold-und Dollarreserven ver-

oleibt vorerst bei den Zentralbanken. Erst in der Endphase des EWS ist eine echte, d. h. juch rechtlich abgesicherte Zusammenlegung von mindestens 20 Prozent der nationalen Währungsreserven bei dem neuen Europäischen Währungsfonds (EWF) — er tritt an die Stelle des EFWZ — vorgesehen. Auf diesem Wege geschaffene ECU würden offensichtlich nicht zu einer Vermehrung von Währungsreserven führen, sondern nur zu einer Änderung der Form.

Für die Endphase des EWS ist allerdings auch vorgesehen, daß der EWF gegen Hinterlegung der nationalen Währung ECU zur Verfügung stellen darf. Mit einem solchen Verfahren ist — ähnlich wie bei den Ziehungsrechten des Internationalen Währungsfonds (IWF) — eine Neuschaffung von Währungsreserven verbunden. Die Deutsche Bundesbank z. B. erhielte gegen die nationale DM — die sie über die Notenpresse beliebig herstellen könnte — ein international verwendbares Zahlungsmittel. Wirtschaftlich betrachtet handelt es sich um einen der Deutschen Bundesbank eingeräumten Kredit Es dürfte daher einleuchten, daß für so geschaffene ECU hinsichtlich Höhe, Bedingungen usw. klare Regelungen getroffen werden müssen, um Mißbrauch auszuschließen. Anscheinend ist an eine IWF-ähnliche Regelung gedacht, wie die bisher einzige grobe Festlegung auf der Bremer Ratstagung verdeutlicht: „Die Verwendung von durch Hinterlegung von Währungen der Mitgliedsländer geschaffenen EWE [= ECU — der Verf. ] wird Bedingungen unterliegen, die je nach dem Betrag und der Fälligkeit variieren." In der Anlaufphase des EWS sollen statt der Ausgabe von ECU gegen nationale Währung in ECU abgerechnete Kredite gewährt werden, was unter dem ökonomischen Aspekt keinen Unterschied macht.

2. Wechselkurs-und Interventionsmechanismus Das Ziel einer europäischen Stabilitätszone soll dadurch erreicht werden, daß die Teilnehmer am EWS untereinander relativ feste Wechselkurse vereinbaren, während der Kurs gegenüber dritten Währungen flexibel bleibt Grundsätzlich gilt, je enger der Wechselkursverbund, desto größer die Notwendigkeit einer wirtschaftspolitischen Harmonisierung und desto schneller bei Wechselkursabweichungen die Verpflichtung, durch Interventionen am Devisenmarkt den Verbund aufrechtzuerhalten. Die gefundene Regelung ist ein Kompromiß, der sich in den Grundzügen am Modell der Schlange orientiert, in wichtigen Einzelbestimmungen aber auch neue Wege geht. Die Festlegung der Wechselkurse steht unter dem Vorbehalt, daß grundsätzlich auch in Zukunft Wechselkursänderungen möglich bleiben, wie sie auch in der Schlange mehrfach vorgekommen sind. Die zulässige Bandbreite der Wechselkurse wird mit ± 2, 25 Prozent vom festgelegten Leitkurs wie in der Schlange fixiert. Als Ubergangslösung ist für die Länder, die sich durch die Regelbandbreite noch für überfordert halten, eine größere Bandbreite von bis zu ± 6 Prozent vorgesehen. Insbesondere Italien hat diesen erheblich größeren Spielraum für notwendig gehalten und in den Verhandlungen durchgesetzt Werden die Bandbreiten überschritten, sind die Währungsbehörden zu Interventionen am Devisenmarkt verpflichtet, und zwar in Gemeinschaftswährungen. Die Ausgestaltung dieser Interventionspflicht war einer der kon-schußländern, d. h. zwischen Ländern mit schwachen und harten Währungen verlief. Der Interessenkonflikt ist aus den Zeiten des Bretton-Woods-Systems nur allzu bekannt. Hartwährungsländer mit niedrigen Preissteigerungsraten befürchten, daß eine ihnen auferlegte einseitige Interventionsverpflichtung zu einer „importierten Inflation" führen werde. Muß die Bundesbank z. B. ständig fremde Währungen gegen DM kaufen, um den Wechselkurs innerhalb der Bandbreite zu halten, so erhöht sie die umlaufende DM-Menge und schafft damit ein Inflationspotential. So kann es nicht überraschen, daß insbesondere die Bundesrepublik, und hier wiederum vor allem die Bundesbank, in den Verhandlungen über den Interventionsmechanismus das Augenmerk vor allem auf die Inflationsgefahr richtete. Trotz grundsätzlicher Übereinstimmung, daß die Inflation ein zu bekämpfendes Übel sei, lag für den britischen Schatzkanzler Healey als Vertreter einer schwachen Währung der Akzent dagegen deutlich auf der Deflationsgefahr: „Wir gehen von der festen Über-zeugung aus, daß ein Europäisches Währungssystem keinerlei eingebaute deflationäre Tendenzen haben darf und daß aus diesem Grunde die wirtschaftlichen und finanziellen Verpflichtungen, die es beinhaltet, die stärkeren Länder nicht minder als die schwächeren treffen müssen, denn sonst wird größere Wechselkursstabilität nur dadurch erreicht, daß sich die schwächeren Länder unnötigerweise zu deflationären Politiken gezwungen sehen und dadurch das Wachstum innerhalb der Gemeinschaft, ja in der ganzen übrigen Welt, beeinträchtigt wird." Die zur Harmonisierung der interessenbedingt unterschiedlichen Akzentuierungen häufig angebotene Zauberformel lautet „symmetrische Verpflichtungen". Der Nachteil ist nur, daß das Verständnis von Symmetrie wiederum unterschiedlich ist.

Die unterschiedlichen Interessen manifestierten sich in zwei unterschiedlichen Vorschlägen für die Wechselkursfixierung — „Paritätengitter" und „Korblösung" hießen die Alternativen. Beim Paritätengitter werden die nationalen Wechselkurse am Tage X in ECU festgeschrieben. Daraus ergeben sich die Leitkurse zwischen allen beteiligten Währungen, z. B. DM-FF, DM-Lire usw. Weicht nun am Devisenmarkt der Wechselkurs zwischen z. B. pflichtet, mit Käufen bzw. Verkäufen ihrer Währungen zu intervenieren.

Bei der Korblösung wird der Wechselkurs dagegen in Relation zum ECU-Währungskorb bestimmt, dessen Wert sich mit den Kursveränderungen bewegt. Der bewegliche Bezugspunkt kann dazu führen, daß z. B. die DM die obere Grenze ihrer Bandbreite erreicht und damit Interventionen auslöst, ohne daß eine andere schwächere Währung gleichzeitig an die untere Grenze gelangt. Die Korblösung bedeutet im Kern, daß die durchschnittliche Kursentwicklung zum Maßstab wird, und damit erhöht sich für Länder mit besonders niedrigen Preissteigerungsraten wie die Bundesrepublik die Gefahr stabilitätswidriger Interventionsverpflichtungen. Die Deutsche Bundesbank hat als eine Bedingung für das EWS daher auch gefordert, daß es kein einseitiges Interventionssystem zu Lasten starker Währungen geben dürfe 30).

Der gefundene Kompromiß enthält als Basis die Festlegung der Wechselkurse in Form des Paritätengitters. Zusätzlich wird aber ein Frühwarnsystem installiert, das sich an der Korblösung orientiert. Zeigt ein anhand des Korbes berechneter „Abweichungsindikator" an, daß eine Währung mehr als 75 Prozent ihrer zulässigen Abweichungsspanne überschreitet, „so besteht eine Vermutung, daß die betreffenden Behörden diese Situation durch angemessene Maßnahmen korrigieren werden, und zwar durch a) diversifizierte Interventionen b) interne währungspolitische Maßnahmen c) Änderungen der Leitkurse d) andere wirtschaftspolitische Maßnahmen. Falls solche Maßnahmen aufgrund von besonderen Umständen nicht getroffen werden, so sollen den anderen Behörden die Gründe hierfür insbesondere im Rahmen der . Konzertierung zwischen den Zentralbanken'mitgeteilt werden. Erforderlichenfalls finden dann Konsultationen in den entsprechenden Gemeinschaftsgremien, einschließlich Ministerrat, statt."

Zeigt der Abweichungsindikator z. B. für die DM an, daß die kritische Schwelle überschritten ist, geraten Bundesregierung und Bundes-» bank in Reaktionszwang. Insbesondere die Bundesbank hat sich bei den Verhandlungen strikt geweigert, eine automatische Interventionspflicht zu akzeptieren Der Kompromiß enthält daher nur eine Handlungsvermutung, wobei eine Reihe von Handlungsfeldern angeboten wird. Wird der Handlungsvermutung nicht entsprochen, wären in unserem Fall die deutschen Akteure unter Rechtfertigungszwang, zuerst im Kreis der Notenbanken und gegebenenfalls bis auf die Ebene des EG-Ministerrats.

Mit dieser Regelung ist offenbar versucht worden, eine Handlungsautomatik zu vermeiden, dem „Abweichler" aber die Beweislast bei einer etwaigen Handlungsverweigerung aufzubürden um damit zumindest ein psychisches Druckmittel zu erhalten Bei der Beantwortung der Frage, wer zum Handeln verpflichtet ist, wäre auch die folgende Zielbestimmung zu berücksichtigen: „Wir sind entschlossen, den dauerhaften Erfolg des EWS durch eine auf größere innere und äußere Stabilität gerichtete Politik sowohl für Defizit-als auch für Überschußländer zu gewährleisten." Uber den Stellenwert des Frühwarnsystems gibt es bereits Meinungsverschiedenheiten, wobei auf seifen der deutschen Regierung die Tendenz besteht, ihn niedrig anzusetzen Ob es sich hier um einen verdeckten Konflikt handelt, wird die Praxis zeigen. Vorgesehen ist jedenfalls, daß die Bestimmungen nach sechs Monaten „im Lichte der Erfahrungen überprüft werden"

Eine Art Notbremse bei zu stark abweichender Wirtschaftsund Währungsentwicklung ist die in dem obigen Maßnahmenkatalog auch ausdrücklich genannte Möglichkeit der Paritätsänderung. „Anpassungen der Leitkurse werden im gegenseitigen Einvernehmen vorgenommen, und zwar nach einem gemeinsamen Verfahren, in das alle am Wechselkursmechanismus beteiligten Länder sowie die Kommission einbezogen sind." Das geforderte gegenseitige Einvernehmen hat zu Befürchtungen geführt, der Griff zur Notbremse könne gegebenenfalls blockiert werden. Diese Befüchtungen sind in der Bundesrepublik insbesondere von der Bundestagsopposition hervorgehoben worden, die sich auch auf Zusagen der Regierung berufen hat: „Die CDU/CSU hält die Bundesregierung ausdrücklich an ihrer Zusage fest, die sie der Deutschen Bundesbank gegeben hat, und auch an der Zusage, die der Herr Bundesfinanzminister Matthöfer in der letzten Woche im Finanzausschuß gegeben hat, daß äußerstenfalls auch ohne dieses Einvernehmen eine Wechselkursanpassung erfolgen muß." Ein solcher Schritt wäre ein Bruch der EWS-Vereinbarung und damit ein Ausbruch aus dem System.

Größer noch als die Gefahr, daß ein Land an einer gewünschten Paritätsänderung gehindert wird, dürfte die Gefahr einzuschätzen sein, daß notwendige Paritätsänderungen nicht oder erst zu spät und unter dem Druck einer Krise vorgenommen werden. Die Skepsis in diesem Punkt wird offenbar auch von Bundesbankpräsident Emminger geteilt: „Es hat sich schon in der Mini-, Schlange'manchmal als schwierig erwiesen, Wechselkurs-Korrekturen rechtzeitig und ausreichend vorzunehmen Wie wird dies nach dem Beitritt von mehreren . schwergewichtigen'Währungen sein, bei denen Prestige-Gesichtspunkte und politische Hemmungen möglicherweise eine noch viel stärkere Rolle spielen werden?" 3. Währungskredite und Europäischer Währungsfonds

Bei festen Wechselkursen muß die Einhaltung der Bandbreiten gegebenenfalls durch Interventionen am Devisenmarkt gesichert werden.

Nähert sich eine Währung dem unteren Grenzpunkt, müssen die betreffenden Währungsbehörden eigene Währung aufkaufen, um den Kurs innerhalb der Bandbreite zu hal-ten.

Dazu benötigen sie Währungsreserven oder Währungskredite. Je höher die Währungsreserven, desto größer die Fähigkeit, einen eventuellen Druck auf die eigene Währung auszuhalten und notwendige wirtschafts-. und währungspolitische Anpassungsmaßnahmen in Ruhe und ohne übermäßige Härten durchzuführen. Ein starkes Polster an Währungsreserven ist aber auch eine Versuchung, die notwendigen Maßnahmen zu unterlassen oder zu lange aufzuschieben. Die „richtige"

Höhe der Währungsreserven ist daher schwer zu bestimmen. Wie bereits erwähnt, ist für die Endphase des EWS vorgesehen, zusätzliche Währungsreserven dadurch zu schaffen, daß in einer Größenordnung von 20 Prozent der nationalen Währungsreserven ECU gegen die Hinterlegung eigener Währung verfügbar gemacht werden. Für die Anlaufphase wurden statt dessen entsprechende Währungskredite vorgesehen.

Bei den Verhandlungen zeigte sich wiederum der Interessengegensatz zwischen Ländern mit starken und schwachen Währungen, wahrscheinlichen Gläubigern und Schuldnern, und zwar insbesondere hinsichtlich Höhe und Konditionen der Kredite. Im Ergebnis hat man sich an den bereits bestehenden Kreditmöglichkeiten orientiert, diese aber erheblich aufgestockt und die Bedingungen verbessert.

Wie schon bisher in der Schlange gibt es für die Teilnehmer am EWS eine sehr kurzfristige Fazilität in unbegrenzter Höhe, d. h., befindet sich eine Währung unter Druck, kann die betreffende Notenbank für Interventionen unbegrenzt auf die Währungen der Partnerländer zurückgreifen. Der Ausgleich der dabei entstehenden Salden ist 45 Tage nach Ende des Monats der Intervention, d. h. durchschnittlich nach 60 Tagen, fällig

Tage nach Ende des Monats der Intervention, d. h. durchschnittlich nach 60 Tagen, fällig 43).

Der kurzfristige Währungsbeistand ist auf 14 Mrd. ECU (= 35 Mrd. DM) angehoben worden.

Er hat eine Laufzeit von drei Monaten und kann zweimal 44) verlängert werden. Träger des sehr kurzfristigen und kurzfristigen Währungsbeistandes sind die Zentralbanken über den EFWZ.

Der mittelfristige finanzielle Beistand, der grundsätzlich konditional, d. h. mit wirtschaftspolitischen Auflagen für den Kreditnehmer versehen ist, hat nunmehr ein Volumen von 11 Mrd. ECU (= 27, 5 Mrd. DM). Die Laufzeit beträgt zwei bis fünf Jahre. Entscheidungen trifft der EG-Ministerrat. Kurz-und mittelfristiger Beistand zusammen sind mehr als verdoppelt worden und erreichen ein Volumen von 25 Mrd. ECU (= 62, 5 Mrd. DM), was etwa 20 Prozent der Währungsreserven der EG-Mitgliedsländer entspricht. Die einzelnen Länder haben entsprechend ihrem ökonomischen Gewicht Quoten, die die Höhe der Kreditaufnahme bzw.den Beitrag zur Finanzierung regeln.

In der Endphase des EWS sollen die bestehenden Kreditmechanismen zu einem einzigen Fonds zusammengefaßt werden. In der Bremer Skizze ist für diese Endphase die Konsolidierung der bestehenden Vereinbarungen und Einrichtungen im EWF vorgesehen, der damit die Nachfolge des EFWZ antreten würde. Der EWF soll durch einen ratifikationsbedürftigen Vertrag errichtet werden. Dabei dürften hinsichtlich Aufgaben und institutionellem Aufbau noch schwierige Probleme zu lösen sein. Bisher scheint eher an bescheidene Zuständigkeiten für den Saldenausgleich und die Währungskredite gedacht zu werden. Je mehr der EWF als Kern eines europäischen Zentralbanksystems ausgebaut würde, desto gravierender wären die Fragen nach der Besetzung und dem Entscheidungsmodus, zumal das Verhältnis Regierung-Zentralbank in den einzelnen EG-Ländern sehr unterschiedlich geregelt ist. Im existierenden EFWZ entscheiden die Zentralbankpräsidenten nach dem Einstimmigkeitsprinzip und „im Rahmen der allgemeinen wirtschaftspolitischen Leitlinien, die der Rat auf Grund des Vertrages beschließt, und entsprechend den Richtlinien, die er einstimmig auf Vorschlag der Kommission erlassen kann" 45).

IV. Ressourcentransfer als flankierende Maßnahme

Ein zentraler Punkt der Verhandlungen über das EWS war eine Finanzhilfe für die — so die diplomatische Wortschöpfung — „weniger wohlhabenden Mitgliedstaaten". Anders als bei den Währungskrediten im engeren Sinn ist die Beziehung zwischen Ressourcentransfer und Währungssystem nicht so eindeutig. Eine ablehnende Position bezieht Bundesbankvizepräsident Pöhl: „Für die Funktionsfähigkeit des EWS ist eine Subventionierung wirtschaftlich schwächerer Länder keineswegs erforderlich. Nach meiner Auffassung haben die beiden in der Diskussion verknüpften Fragen, nämlich Schaffung eines neuen Währungssystems und Ressourcentransfer, nur sehr wenig miteinander zu tun." Auch wenn ein Ressourcentransfer schwerlich als notwendige Voraussetzung für die Funktionsfähigkeit des EWS angesehen werden kann, ist andererseits zu berücksichtigen, daß eine konsequente Stabilitätspolitik sich regional unterschiedlich auswirkt und die Probleme in den wirtschaftlich ohnehin schwachen Regionen verschärfen kann.

So nimmt es nicht wunder, daß die EG-Mitgliedsländer mit geringerer durchschnittlicher Wirtschaftskraft und besonderen regionalen Problemen, insbesondere Irland, Großbritannien und Italien, darauf bestanden ha-ben, flankierende Maßnahmen zur Milderung der regionalen Unterschiede in die Verhandlungen über das EWS einzubeziehen. Diese Forderung wurde teilweise erfüllt, indem parallel zu den Verhandlungen über die Währungsfragen auch das Problem des Ressourcentransfers aufgegriffen und auf der Dezembertagung des Europäischen Rates in die Entscheidung über das EWS einbezogen wurde

Der Versuch, die EWS-Verhandlungen zum Aufhänger für eine allgemeine Diskussion der Verteilungswirkungen der EG-Regelungen, vor allem des EG-Haushalts, zu machen, lag nahe, zumal der bestehende Ressourcentrans-fer zur Kritik geradezu einlädt Dennoch besteht mit einer solchen Koppelung von Währungs-und allgemeiner Verteilungsfrage die Gefahr einer Überlastung der Währungsverhandlungen, eine Situation, die in der Vergangenheit in ähnlicher Weise auf der internationalen Ebene — Währungssystem und Entwicklungshilfe — zu beobachten war

Als Formen eines flankierenden Ressourcentransfers kamen eine Mittelaufstockung für bereits existierende EG-Programme, z. B. im Rahmen des Regionalfonds oder der Europäischen Investitionsbank, ein neues Sonderprogramm oder ein direkter Finanzausgleich mit freier Verfügung der Mittel für die Empfänger in Frage. Die letztgenannte Möglichkeit ist — wiederum eine Parallele zur internationalen Entwicklungshilfe — nicht ernsthaft erwogen worden.

Der beschlossene Kompromiß sieht vor, daß die „weniger wohlhabenden Mitgliedstaaten", sofern sie „tatsächlich und uneingeschränkt an dem Wechselkurs-und Interventionsmechanismus teilnehmen" für einen Zeitraum von fünf Jahren zusätzliche Darlehen bis zu 1 Mrd. ERE mit • einer Zinsverbilligung von 3 °/o erhalten. „Die so bereitgestellten Mittel sind auf die Finanzierung von ausgewählten Infrastrukturvorhaben und -Programmen zu konzentrieren, wobei jegliche direkte oder indirekte Verzerrung der Wettbewerbsstellung spezifischer Industrien innerhalb der Mitgliedstaaten vermieden werden muß." „Die Gesamtkosten für diese Maßnahme, die über einen Zeitraum von fünf Jahren in Jahrestranchen von jeweils 200 Mill. ERE aufgeteilt werden, dürfen 1 Milliarde ERE nicht übersteigen."

Damit wurden die weit höheren Erwartungen Italiens und Irlands, die ihren Beitritt zum EWS in starkem Maße an eine befriedigende Regelung des Ressourcentransfers geknüpft hatten, quantitativ und qualitativ enttäuscht und der Beitritt beider Länder zeitweilig in Frage gestellt. Zu den hohen Erwartungen dürfte wiederum beigetragen haben, daß der französische Staatspräsident und der deutsche Bundeskanzler als Initiatoren ihr ganzes Prestige zugunsten des EWS eingesetzt hatten und daher kalkuliert wurde, sie wären zu größeren finanziellen Opfern als Preis für eine möglichst umfassende Teilnahme der EG-Länder bereit. Diese Kalkulation erwies sich im Hinblick auf den französischen Staatspräsidenten als Fehlspekulation. Nach übereinstimmenden Presseberichten war es Giscard d'Estaing, der auf der Dezembersitzung des Europäischen Rates sowohl die bescheidene Höhe des flankierenden Ressourcentransfers als auch hinsichtlich der Form den Verzicht auf eine Aufstockung des Regionalfonds durchsetzte Bundeskanzler Schmidt hat demgegenüber vor dem Bundestag ausdrücklich die weitergehende deutsche Opferbereitschaft be-tont: „Die Bundesrepublik Deutschland war zu größeren Leistungen bereit, auch innerhalb des Regionalfonds. Wir sind für eine Ausweitung des Regionalfonds eingetreten."

Die Diskussion um die gewichtige Frage des Ressourcentransfers steht erst am Anfang. Die flankierenden Maßnahmen im Rahmen des EWS sollen nach Ablauf der Startphase überprüft werden. Darüber hinaus gaben die EWS-Verhandlungen den Anstoß für den Auftrag an die EG-Kommission, „die Beziehung zwischen einer größeren Konvergenz der wirtschaftlichen Leistung der Mitgliedstaaten und dem Einsatz von Gemeinschaftsinstrumenten, insbesondere den Geldern zum Abbau der strukturbedingten Ungleichgewichte" zu untersuchen.

V. Mitgliederkreis und Außenbeziehungen

Ein wichtiges Motiv für das EWS war die Erkenntnis einer zunehmenden Auseinanderentwicklung in der EG und daraus resultierend der Versuch eines integrationspolitischen Impulses, zumal mit der anstehenden Aufnahme neuer Mitglieder in die EG (Griechenland, Spanien, Portugal) eine noch größere wirtschaftliche Heterogenität zu erwarten ist. Unter dem Gesichtspunkt der EG-Einheit war die Beteiligung möglichst aller EG-Mitglieder am EWS ein wichtiges Erfolgskriterium. Dem möglichen stärkeren politischen Impuls stand aber ein größeres ökonomisches Stabilitätsrisiko gegenüber

Nachdem Italien und Irland trotz Unzufriedenheit mit dem flankierenden Ressourcentransfer den ausgehandelten Kompromiß nach einigern Schwanken akzeptierten, war es schließlich allein Großbritannien, das eine Vollmitgliedschaft im EWS, u. a. mit dem Hinweis auf zu große Schlangenähnlichkeit vorerst ablehnte. Die britische Regierung hat eine Übernahme der Wechselkurs-und Interventionsverpflichtungen verweigert, andererseits aber in den Verhandlungen versucht, die britische Beteiligung an anderen Momenten des EWS und den Einfluß auf die Entwicklung des EWS möglichst zu erhalten. Die britische Verhandlungsdevise: möglichst wenig Verpflichtungen, aber viel Rechte, hat wenig Gegenliebe gefunden, im Ergebnis aber zu einem komplizierten Status der Teilmitgliedschaft geführt. Bei wichtigen Beschlüssen zur Wechselkurs-politik sind im Gemeinschaftsrahmen gegenseitige Konsultationen zwischen den Teilnehmern und den Nichtteilnehmern an den Wechselkursvereinbarungen vorgesehen Großbritannien hat freie Wahl und sich bisher nicht entschieden, ob es 20 °/o seiner Währungsreserven hinterlegen und dafür ECU erhalten will. An der Erhöhung der mittelfristigen Kredite partizipieren die Briten, nicht dagegen an der Anhebung der kurzfristigen Kredite. Auch vom flankierenden Ressourcentransfer ist Großbritannien ausgeschlossen.

Die EWS-Vereinbarung greift partiell über die EG-Länder hinaus: „Europäische Länder mit besonders engen wirtschaftlichen und finanziellen Bindungen zu den Europäischen Gemeinschaften können sich an dem Wechselkurs-und Interventionsmechanismus beteiligen. Eine derartige Beteiligung muß auf der Grundlage von Vereinbarungen zwischen den Zentralbanken erfolgen; diese Vereinbarungen sind dem Rat und der Kommission der EG mitzuteilen." Grundsätzlich gilt, je mehr das EWS als Motor für die politische Integration der EG konzipiert wird, desto unattraktiver ist eine Mitgliedschaft für nicht der EG angehörende Länder, und umgekehrt, je mehr der Charakter einer rein währungspolitischen Zweckgemeinschaft betont wird, um so begrenzter dürften die integrationspolitischen Impulse ausfallen. Das EWS ist in stärkerem Maße als die Schlange auf die EG-Integration orientiert. Diese Einschätzung hat z. B. in dem Schlangenmitgliedsland Norwegen dazu geführt, daß die Gegner eines EG-Beitritts sich vehement gegen eine Assoziierung Norwegens an das EWS gewandt haben, mit dem Argument, diese führe zu einem EG-Beitritt „durch die Hintertür" Norwegen und Schweden haben die angebotene Teilmitgliedschaft vorerst abgelehnt, während zwei weitere mögliche Interessenten, Osterreich und die Schweiz, sich noch nicht abschließend geäußert haben.

Schweizer Äußerungen machen aber das grundsätzliche Dilemma deutlich. Einerseits wird befürchtet, daß Entwicklungen wie die Erweiterung der EG und das EWS den Neutralen und Nichtmitgliedern der EG faktisch einen Satellitenstatus zuweisen, sie von Entscheidungsprozessen ausschließen, die sich existentiell auf sie auswirken Andererseits wirkt der Neutralitätsstatus als Hindernis für enge Bindungen. Wenig Neutralitätsbedenken läßt dagegen die Äußerung des österreichischen Finanzministers Androsch erkennen, Österreich solle „aus politischen und integrationspolitischen Gründen nicht außerhalb des Systems bleiben" Maßgebliche österreichische Sprecher haben aber die bis-her angebotene Teilmitgliedschaft als diskriminierend abgelehnt, da sie nur mit Pflichten — Beteiligung am Wechselkursund Interventionsmechanismus — nicht dagegen mit Rechten — z. B. kurzund mittelfristige Kreditfazilitäten — verbunden sei

Obwohl insbesondere auf deutscher Seite Ent täuschung über die USA ein Motiv für das EWS war hat der britische Premierminister Callaghan mehrfach gefordert, das EWS so anzulegen, daß es den späteren Beitritt auch der USA erlaube Dieser Gedanke ist auf dem Hintergrund der britischen Zielvorstellung zu sehen, wonach das EWS als erster Schritt zu einer neuen internationalen Währungsordnung, weniger dagegen als Instrument zugunsten einer vollen Wirtschafts-und Währungsunion der EG anzusehen sei

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Andere Überlegungen zielen auf ein ausgehandeltes Floating zwischen dem europäischen Währungsverbund und dem US-Dollar wobei die in den amerikanischen Währungsmaßnahmen vom November 1978 signalisierte Bereitschaft der USA, größere Verantwortung für die Kursentwicklung des Dollar zu übernehmen, das allgemei-ne Klima deutlich verbessert hat In der Brüsseler Entschließung heißt es nur: „Die Dauerhaftigkeit des EWS und seine internationalen Auswirkungen erfordern eine Koordinierung der Wechselkurspolitik gegenüber Drittländern und soweit möglich eine Konzertierung mit den Währungsbehörden dieser Länder." Damit ist die Frage nach dem Stellenwert des EWS für das internationale Währungssystem aufgeworfen, wobei vor al-lem das Verhältnis zum US-Dollar und dem IWF interessiert.

Eine mit dem EWS verbundene Perspektive ist die Entwicklung der ECU zu einer internationalen Reservewährung neben dem US-Dollar. Einzelne nationale europäische Währungen sind durch eine solche Funktion überfordert. Dies gilt auch für die DM, die sich dennoch zu einer „Reservewährung wider Willen" entwik-kelt hat, in der etwa 8% der Währungsreserven von ausländischen Währungsbehörden gehalten werden Die USA haben mehrfach erklärt, daß sie gegen eine Reduzierung der Reservewährungsrolle des Dollar und die allmähliche Übernahme einer Reservewährungsfunktion durch die ECU grundsätzlich keine Einwände hätten Abgesehen davon, daß eine solche Entwicklung nur beschränkt plan-bar ist, wäre damit aber eine Reihe ungelöster Probleme verbunden. So ist der Stellenwert der Reservewährungen für eine zukünftige internationale Währungsordnung offen, insbesondere das Verhältnis zu den SZR Eine Konkurrenz zwischen den Reservewährungen Dollar und ECU könnte zudem die Unsicherheit im System verstärken, wenn die Währungsbehörden dritter Länder z. B. abrupt und mehrfach von einer Reservewährung in eine andere umsteigen würden

Die USA haben nach einigem Zögern gegenüber dem EWS die Position einer qualifizierten Unterstützung eingenommen. Sie haben als positiv bewertetes Grundziel des EWS die politische und ökonomische Integration hervorgehoben und einschränkend vor allem die Bedingung genannt, daß die Rolle des IWF nicht beeinträchtigt werden dürfe Befürchtungen hinsichtlich möglicher negativer Auswirkungen auf den IWF beziehen sich vor allem auf die SZR, die allgemeine Überwachungsfunktion des IWF einschließlich der Aufsicht über die Wechselkursentwicklung und die IWF-Kredite

Da der angestrebte EWF Elemente eines regionalen IWF enthalten, wenn auch darüber hinausgehen würde, sind Bedenken wegen möglicher Friktionen keineswegs abwegig. Wären z. B. die Konditionen und wirtschaftspolitischen Auflagen für Kredite im Rahmen des EWS sehr viel günstiger als beim IWF, dürften EWS-Mitglieder schwerlich auf Kredite des IWF zurückgreifen und diesem wäre ein wichtiges Einflußinstrument genommen Wenn die Friktionsgefahr im Verhältnis von globaler und regionaler Währungsorganisation auch nicht geleugnet werden kann, muß andererseits betont werden, daß ein föderalistisch abgestuftes internationales Währungssystem die Chance eröffnet, die unterschiedliche Integrationsbereitschaft auf globaler und re-gionaler Ebene besser zu nutzen. Bei sinnvoller Koordinierung kann der vorgesehene EWF den IWF regional entlasten und das EWS die Funktionsfähigkeit des internationalen Währungssystems stärken. Die Auswirkungen des EWS auf das internationale Währungssystem und den IWF hängen aber von der konkreten Entwicklung ab und lassen sich nicht abstrakt prognostizieren. In der Entschließung über das EWS wird das Problem überspielt, indem schlicht festgestellt wird: „Das EWS ist und bleibt uneingeschränkt mit den betreffenden Vorschriften des IWF-Abkommens vereinbar."

VI. Die Diskussionen um das EWS in der Bundesrepublik Deutschland

Das Spektrum der Kritik gegenüber dem EWS war breit, wobei unter dem Länderaspekt die heftigste und in der Stoßrichtung gegensätzlichste Kritik in Großbritannien und in der Bundesrepublik Deutschland geäußert wurde. In Großbritannien wurde das EWS teilweise als Versuch der Bundesrepublik interpretiert, ihre europäischen Wirtschaftskonkurrenten lahmzulegen und als Folge betont, „daß wir wirtschaftlich ein Satellit einer zentralisierten Europäischen Gemeinschaft werden"

In der Bundesrepublik Deutschland entzündete sich die Kritik dagegen an dem anvisierten Einbringen eines Teils der Währungsreserven, in einer Zeitung poetisch als „Rheingold auf der Opferschale" beklagt vor allem aber an der Befürchtung einer stärkeren Geldentwertung. So warf der CSU-Vorsitzende Strauß Bundeskanzler Schmidt z. B. einen „europäischen Husarenritt zu Lasten der deutschen Sparer" vor. Methodisch kritisierten Sprecher der Bundestagsopposition vor allem den selbstgesetzten Zeit-und Prestigedruck, der zu einer Erpreßbarkeit des Bundeskanzlers führe Die von Schmidt und Giscard d’Estaing praktizierte Gipfeldiplomatie, das Arbeiten mit persönlichen Beauftragten unter Umgehendes normalen Apparates in der ersten Phase sollte vermutlich verhindern, daß der Schwung der politischen Initiative unter dem Gewicht routinierter Bedenken erlahmte. Wie die Vieldeutigkeit der Bremer Leitlinien und die daran anschließenden Verhandlungen zeigten, kam es aber nicht ohne Grund zu einem „Kartell der Bedenkenträger"

Eine Schlüsselrolle fiel der als „Hüter der Währungsstabilität" angesehenen und institutionell mit weitgehender Unabhängigkeit ausgestatteten Deutschen Bundesbank zu. Ihre funktionale und institutionelle Rolle wurde durch das EWS existentiell betroffen. Im Zusammenhang mit der Gefahr eines vom EWS ausgehenden stärkeren Inflationstrends in der Bundesrepublik wurde von Kritikern eine Unterminierung der Stellung der Deutschen Bundesbank angeprangert ein Vorwurf, der sich zu einem zentralen Diskussionspunkt ent-wickelte. Die Phalanx der Vorwärtsverteidiger der Bundesbankstellung gegen mögliche Gefährdungen war beeindruckend. Sie umfaßte Parteien — vor allem die CDU/CSU aber auch die FDP —, wissenschaftliche Gremien, insbesondere den Sachverständigenrat, und den wissenschaftlichen Beirat beim Bundeswirtschaftsministerium sowie große Wirtschaftsverbände

Die Bundesbank war sich des Gewichtes ihrer Stellungnahme zum EWS wohl bewußt. Sie hat sich von ihren zu Beginn offensichtlich starken Bedenken nicht zu einer Ablehnung verleiten lassen, sondern im Verhandlungsprozeß versucht, die Risiken zu mindern. Obwohl auch innerhalb der Bundesbank unterschiedliche Akzentuierungen erkennbar waren hat der Zentralbankrat einstimmig ein Positionspapier verabschiedet Man kann wohl davon ausgehen, daß die darin fixierten wichtigsten Forderungen den Charakter von Bedingungen hatten und die deutsehe Verhandlungsposition in hohem Maße bestimmt haben Vor dem Bundestag hat Bundeskanzler Schmidt betont: „Die Bundesbank hat ihre Verantwortung voll ausgeschöpft. Wir haben das begrüßt." Die Vermutung liegt nahe, daß die Bundesregierung die Unabhängigkeit der Bundesbank und deren Bedenken in den Verhandlungen mit den EG-Partnern taktisch genutzt hat. Dabei ist es zweifellos auch gelungen, die Stabilitätsrisiken zu mindern, was u. a. die Bundestagsopposition zu einer deutlichen Kurskorrektur in Richtung bedingter Zustimmung veranlaßt hat Die schwierige Güterabwägung wird auch in der Stellungnahme von Bundesbankpräsident Emminger deutlich, der mehrmals den Stabilitätswillen der Regierungen als „Geschäftsgrundlage" des EWS herausgestellt hat „... wir sollten gerade von unserer Seite aus das Risiko einschließlich des Stabilitätsrisikos nicht verkleinern. Aber man muß auch anerkennen, daß dieses geplante Währungsunternehmen heute ein so wichtiges europapolitisches Ziel ansteuert, daß man gewisse Risiken auf sich nehmen muß. Die Bundesbank wird aber dafür sorgen, daß das Stabilitätsrisiko nicht zu groß werden wird."

Die mit institutioneilen Änderungen verknüpften Probleme für die Unabhängigkeit der Bundesbank sind bis zum Ende der Experimentierphase des EWS aufgeschoben, aber nicht aufgehoben. Angesichts ihrer Bedeutung ist von deutscher Regierungsseite gefordert worden, die endgültige vertragliche Fixierung auf Art. 236 EG-Vertrag abzustützen, d. h. durch Ratifizierung in allen beteiligten Parlamenten Dann dürfte die bisherige Diskussion in vertiefter Form und unter Verwertung der bis dahin vorliegenden Erfahrungen mit der Anfangsphase des EWS wieder aufzunehmen sein.

VII. Startverzögerung und Perspektiven des EWS

Das EWS ist interpretiert worden als Ergebnis verstärkten Handlungsdrucks von außen — Dollarverfall — sowie von innen — Desintegrationstendenzen in der EG — und größerer innerer Handlungsfähigkeit, wobei insbesondere der deutsch-französische Akkord und die Stärkung Giscard d'Estaings nach den französischen Parlamentswahlen im März 1978 herangezogen worden sind Ob die innere Handlungsfähigkeit wirklich vorhanden ist, erscheint aber unter verschiedenen Gesichtspunkten fraglich.

Der britische Premierminister Callaghan hat die abschließenden EWS-Verhandlungen in Brüssel so charakterisiert: „What happened was that the national considerations by the nine members prevailed over the attempt to get an international agreement." Der Eindruck des absoluten Vorrangs eng definierter „nationaler Interessen''gegenüber den Gemeinschaftsinteressen wurde in der Folgezeit noch untermauert. Der für den 1. Januar 1979 fest geplante Start des EWS wurde wegen eines Streites über die Folgen für die Agrarpreise blockiert, der primär zwischen den treibenden Kräften des EWS, der französischen und der deutschen Regierung, ausgetragen wurde. Der gemeinsame Agrarmarkt der EG wurde als am stärksten integrierter Teilbereich ausgestaltet So wurden z. B. die staatlichen Mindestpreise — Interventionspreise — für landwirtschaftliche Produkte vom EG-Ministerrat beschlossen und einheitlich in einer europäischen Rechnungseinheit definiert. Die nationalen Preise z. B. in DM oder FF, zu denen staatliche Stellen ein Überangebot etwa von Weizen aufkauften, bestimmten sich aus dem Verhältnis zwischen nationaler Währung und europäischer Rechnungseinheit. Eine Aufwertung der DM oder Abwertung des FF hätte bei unverändertem Weizenpreis ausgedrückt* in Rechnungseinheiten eigentlich zu niedrigeren DM — bzw. höheren FF — Interventionspreisen führen müssen. Die damit verbundenen Folgen für Bauern und Verbraucher — z. B. Einkommensverluste für die deutschen Bauern — wurden jedoch für nicht zumutbar gehalten. Deshalb wurden die Agrarpreise gegenüber Wechselkursänderungen isoliert. Bei einer Aufwertung der DM z. B. wurde das Verhältnis DM-Rechnungseinheit nicht entsprechend geändert, und damit blieben auch die alten DM-Interventionspreise erhalten. Unter diesen Umständen hätte es sich allerdings für einen französischen Bauern angeboten, seinen Weizen in der Bundesrepublik den staatlichen Stellen zu den alten DM-Preisen zu verkaufen. Beim Umtausch seines DM-Erlöses in FF hätte er in Höhe der DM-Aufwertung einen zusätzlichen Gewinn eingestrichen. Um das zu verhindern, wurden die Exporte in Aufwertungsländer mit einem Grenzausgleich belastet, die Exporte aus Aufwertungsländern dagegen entsprechend entlastet. Das einheitliche Agrarpreissystem der EG ist also seit langem eine Fiktion, auch wenn man sich bemüht hat, den bei Auf-und Abwertungen eingeführten Grenzausgleich in der Folgezeit wieder zu verringern.

Wenn die Agrarpreise künftig in ECU festgelegt werden sollen, ergibt sich die Frage, was mit dem gegenwärtigen Grenzausgleich und im Fall künftiger Wechselkursänderungen geschehen soll. In der Brüsseler Entschließung heißt es dazu: „Der Europäische Rat ist der Auffassung, daß die Einführung des EWS als solche nicht zu Änderungen der vor dem 1. Januar bestehenden Situation führen sollte bezüglich der in Landeswährungen ausgedrückten Agrarpreise, Währungsausgleichsbeträge und allen anderen für die Zwecke der gemeinsamen Agrarpolitik festgesetzten Beträge. Der Europäische Rat betont, daß es im Interesse der Wiederherstellung der Preiseinheit in der gemeinsamen Agrarpolitik, unter gebührender Berücksichtigung der Preispolitik, wichtig ist, daß die Schaffung dauerhafter Währungsausgleichsbeträge künftig verhindert wird und die bestehenden Währungsausgleichsbeträge schrittweise verringert werden."

Die französische Regierung versuchte nun, durchaus im Einklang mit dem in der Entschließung festgelegten Ziel, aber über den Wortlaut hinausgehend, durchzusetzen, daß sowohl der bestehende Grenzausgleich als auch der bei möglichen künftigen Paritätsänderungen neu entstehende nach einem festen Terminplan abgebaut wurden. Als Druckinstrument setzte sie das EWS ein, indem sie seinen Start von einer Lösung dieser Frage abhängig machte.

Die französische wie auch die deutsche Regierung stehen in der Agrarpreisfrage unter starkem innenpolitischen Druck, insbesondere der politisch potenten Bauernverbände Dem französischen Staatspräsidenten wird von Gaullisten wie Kommunisten ohnehin vorgeworfen, bei der EWS-Vereinbarung die nationalen Interessen Frankreichs verraten zu ha-ben In der Bundesrepublik befürchtet Landwirtschaftsminister Ertl für den Fall, daß mögliche zukünftige Aufwertungen direkt in niedrigere DM-Preise für die Bauern umgesetzt würden, „daß es in Deutschland bald keinen mehr gibt, der Landwirtschaftsminister sein möchte, es sei denn, er ist ein politischer Selbstmörder"

Bundesbankpräsident Emminger hat in diesem Zusammenhang wiederum das „vitale Interesse" betont, bei notwendigen Wechselkursänderungen öffentliche Debatten und Verzögerungen zu vermeiden, und deshalb gefordert, „that the present controversy over the agricultural compensatory arrangements will be resolved in such a way that decisions on parity adjustments will be clearly separated from those on agricultural pnces" Damit wird noch einmal die auch bei der Diskussion des Ressourcentransfers deutliche Gefahr einer Überlastung des EWS unterstrichen, wenn dieses als Verhandlungshebel für Veränderungen in anderen Teilbereichen benutzt wird

Anfang März kam es zwischen den Agrarministern aller EG-Länder mit Ausnahme Großbritanniens zu einem, in den Details allerdings noch abzuklärenden Kompromiß, der einen sukzessiven Abbau der bestehenden Grenzausgleichsbeträge, eine grundsätzlich zweijährige Frist für den Abbau eventueller neuer Ausgleichsbeträge und Garantien gegen Einkommensverluste der Bauern in den Aufwertungsländern umfaßte Daraufhin hat die französische Regierung ihren Vorbehalt zurückgezogen, und das EWS ist mit dem am 12. März bestehenden Kursgefüge — formell rückwirkend zum 1. Januar — in Kraft gesetzt worden.

Trotz der Startverzögerung des EWS haben sich die Wechselkurse der beteiligten Währungen seit Dezember 1978 in der vorgesehenen Bandbreite bewegt. Zwar sind die Differenzen in den Inflationsraten — etwa im Vergleich zur Startphase der WWU — immer noch beträchtlich, aber kurzfristig erscheinen die Startbedingungen für das EWS hinsichtlich sowohl der Zahlungsbilanzsituation der Mitgliedsländer als auch der Glaubwürdigkeit der Wechselkurse günstig Aber die Situation kann sich schnell ändern, und bereits die Turbulenzen hinsichtlich der Ölversorgung werfen dunkle Schatten voraus.

Die Gretchenfrage für die Erfolgschancen des EWS lautet: Gelingt es, die äußere Wechselkursstabilität durch eine innere Stabilitätspolitik der Mitgliedsländer zu sichern? Käme es im Rahmen des EWS zu häufigen Wechselkursänderungen oder einem Anstieg der Geldentwertungsrate, wäre das System, gemessen an den Zielen, gescheitert. Das EWS beruht auf einem Vertrauensvorschuß, da die notwendige wirtschaftspolitische Harmonisierung zwischen den Mitgliedern institutionell nicht abgesichert ist. Das Prinzip Hoffnung wird bisher nur gestützt durch eine wirtschaftspolitische Zielannäherung der Regierungen, insbesondere einem höheren Stellenwert des Stabilitätszieles, und dem Trend zu geringeren Geldentwertungsraten. Die entscheidende Frage ist aber auch hier nicht die der Regierungsziele, sondern die der Handlungsfähigkeit, d. h.der Durchsetzbarkeit einer hinreichend harmonisierten Wirtschaftspolitik. Der integrationspolitische Erfolg des EWS hängt davon ab, ob es einen Handlungsrahmen stellt, der die Harmonisierung der Wirtschaftspolitik in der EG begün-stigt und damit auch bessere Chancen für eine institutionelle Absicherung schafft.

Das EWS, die Direktwahlen zum Europäischen Parlament und die anstehende Erweiterung der Mitgliedschaft sind zu Recht als die wichtigste Ereigniskombination für die EG seit 1957 charakterisiert worden, u). Es handelt sich aber keineswegs um eine spannungsfreie Kombination. Z. B. erhöht die Neuaufnahme von Mitgliedern mit anderen wirtschaftlichen, sozialen und politischen Strukturen die Heterogenität in der EG und erschwert damit die Integration. Das EWS zielt demgegenüber — ebenso wie die Direktwahl zum Europäischen Parlament — auf Vertiefung der Integration. Es kann geradezu als integrationspolitisches Gegengewicht interpretiert werden, um eine drohende Auseinanderentwicklung in der EG und die Degeneration zur Zollunion zu vermeiden. Das EWS ist aber nicht mehr als eine Grob-skizze, die anhand der praktischen Erfahrungen ausgefüllt werden muß. Es ist bewußt als lernfähiges System angelegt, wie insbesondere die bis zu zweijährige Anlaufphase zeigt, während der vor allem die spätere institutionelle Struktur offenbleibt. Stellenwert und langfristiges Entwicklungspotential wichtiger System-elemente, wie der ECU und des vorgesehenen EWF, lassen sich daher schwer prognostizieren. So läßt sich heute auch nicht ausmachen, ob das EWS vorrangig als Instrument im Dienste der wirtschaftlichen und politischen Integration innerhalb der EG verstanden und ausgebaut oder dem Aufbau einer möglichst umfassenden regionalen europäischen Währungszone unter Einschluß auch von Nicht-EG-Mitgliedern und nur beschränkten Integrationszielen dienen wird. Offen bleiben auch die Interdependenzbeziehungen von EWS und internationalem Währungssystem. Wird sich das EWS zu einem regionalen Stützpfeiler eines föderalistisch aufgebauten internationalen Währungssystems entwickeln und das Gesamtsystem wie den IWF als rudimentäres Systemzentrum stärken, oder wird es zentrifugale Kräfte freisetzen und das Gesamtsystem schwächen? Solche Erwägungen setzen allerdings bereits einen Mindesterfolg des EWS im Sinne seiner Existenzbehauptung voraus, also eine optimistische Annahme.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Aus Platzgründen muß auf eine Skizze der Entwicklung der Integrationstheorie im Kontext der europäischen Nachkriegsentwicklung verzichtet werden. Für einen Überblick über die unterschiedlichen integrationstheoretischen Ansätze vgl. Eva Senghaas-Knobloch, Frieden durch Integration und Assoziation. Literaturbericht und Problemstudien, Stuttgart 1969; für den in der westeuropäischen Entwicklung besonders wichtigen Neofunktionalismus vgl. insbesondere Ernst B. Haas, Beyond the Nation-State, Stanford 1964, und wegen wichtiger Modifikationen Ernst B. Haas, Die Einigung Europas, in: Beate Kohler (Hrsg.), Erfolge und Krisen der Integration, Köln 1969.

  2. Ein allzu bescheidenes Zugeständnis an die Gemeinschaftsbedürfnisse sind die Art. 104— 109. So legt Art. 107 z. B. fest, daß jedes Mitglied seine Wechselkurspolitik als eine „Angelegenheit von gemeinsamem Interesse" behandelt.

  3. Unter dem politischen Aspekt ist allerdings „die Auffassung abzulehnen, die Vereinbarung unveränderlicher Wechselkurse käme einer Währungsunion gleich. Eine solche Vereinbarung kann gebrochen werden. Dagegen dürfte es schwerfallen, nur zur Überwindung einer Krise eine einmal aufgegebene nationale Währung wiedereinzuführen." Hans R. Krämer, Die Bemühungen der EWG um die Errichtung einer Währungsunion, Kieler Diskussionsbeiträge Nr. 6, Kiel 1970, S. 19.

  4. Dabei wurde angestrebt, die Parallelität zumindest auf drei Ebenen zu verankern:

  5. Bericht an Rat und Kommission über die stufenweise Verwirklichung der Wirtschafts-und Währungsunion in der Gemeinschaft (WernerBericht) v. 8. 10. 1970, abgedruckt in: Dieter Gehrmann, Sabine Harmsen, Monetäre Integration in der EWG, Dokumente und Bibliographie, Hamburg 1972, S. 125.

  6. Von Kritikern wurde neben der monetaristischen Schlagseite bemängelt, daß wegen der unzulänglichen demokratischen Partizipations-und Kontrollmöglichkeiten auch forcierte Anstrengungen zur Vergemeinschaftung der Wirtschaftspolitik krisenträchtig seien. Vgl. Dieter Grosser, Politische Probleme einer europäischen Wirtschafts-und Währungsunion, in: Politische Vierteljahresschrift, Heft 171971, S. 2 ff.

  7. So der Leiter der Europaabteilung im Bundeswirtschaftsministerium, Ulrich Everling, Möglichkeiten und Grenzen der Europapolitik. Zum Stand der europäischen Integration, in: Europa-Archiv, Fg. 4/1978, S. 104.

  8. Von den außerhalb der EG stehenden europäischen Ländern gehörten Norwegen und Schweden der Schlange zeitweilig an, während sich Österreich und die Schweiz teilweise an ihr orientierten. Wegen des dominierenden Gewichts der DM ist die Minischlange auch als DM-Block charakterisiert worden.

  9. Kommission der Europäischen Gemeinschaften, Mitteilungen über die Aussichten der Wirtschafts-und Währungsunion, Brüssel November 1977, Kap. I. b).

  10. Zu nennen ist insbesondere der Kommissionspräsident der EG, Roy Jenkins, der den Anlaß der ersten Jean-Monnet-Vorlesung zu dem Versuch genutzt hat, die Diskussion um die Währungsunion neu zu eröffnen. Jenkins hat vor allem den praktischen Nutzen einer Währungsunion für die Lösung wichtiger ökonomischer Gegenwartsprobleme betont, ist aber auf wenig öffentliche Resonanz gestoßen. Vgl. Roy Jenkins, Rede in Florenz am 27. 10. 1977 (Jean-Monnet-Vorlesung) in: Europa-Archiv, Fg. 1/1978, S. D 1 ff.

  11. Vgl. Interview in: Die Welt v. 13. 7. 1978.

  12. So in vorsichtiger Form z. B.der frühere Vorsitzende des Sachverständigenrates und jetzige Präsident der Landeszentralbank in Baden-Württemberg. Vgl. Norbert Kloten, Deutschlands Geld-und Finanzpolitik und die Europäische Gemeinschaft, in: Deutsche Bundesbank: Auszüge aus Presseartikeln (im folgenden zitiert als APA) v. 16. 10. 1978, S. 4.

  13. Helmut Schmidt: Rede vor dem Europäischen Industrieverband UNICE am 7. 12. 1978 in Brüssel, in: Bulletin des Presseund Informationsamtes der Bundesregierung, Nr. 153 v. 20. 12. 1978, S. 1414.

  14. Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Jahresgutachten 1978/79 (Bundestags-Drucksache 8/2313), Zf. 337. Eine besonders kritische Einstellung gegenüber flexiblen Wechselkursen findet sich bei den Zentralbanken: „Since 1973, I would say that the central bankers'instinctive doubts about the magic or merits of floating exchange rates have been steadily strengthened by experience." Gordon Richardson, The View of the Central Banker on Monetary Integration, in: APA v. 19. 2. 1979, S. 8.

  15. Helmut Schmidt, Rede vor dem Europäischen Industrieverband, a. a. O., S. 1415. Der deutsche Wirtschaftsminister hat vor allem auf den deutsch-französischen Akkord auch in der ordnungspolitischen Zielsetzung verwiesen: „Frankreich und die Bundesrepublik — ob man. dies nun mag oder nicht — sind die stärksten wirtschaftlichen Kräfte in Westeuropa. Erst seitdem sich unser westlicher Nachbar zum Markt hin und vom Staat weg orientiert, können wir die währungspolitische Gemeinsamkeit mit Aussicht auf Erfolg versuchen." Otto Graf Lambsdorff: Aussicht auf 1979: Trotz Zuversicht kein Grund zum unreflektierten Jubeln, in: Handelsblatt v. 29. /30. 12.

  16. Erklärung der Gipfelkonferenz von London, in: Bulletin des Presse-und Informationsamtes der Bundesregierung, Nr. 49 v. 11. 5. 1977, S. 446.

  17. Interview in: Süddeutsche Zeitung v. 14. 7.

  18. Die Erfahrungen mit flexiblen Wechselkursen werden unter diesem Aspekt von Schmidt negativ bewertet: „... ich habe erfahren, daß das freie Floaten der eigenen Währungen das Verantwortungsbewußtsein derjenigen mindert, die die Verantwortung für die eigene Währung tragen: die Regierungen, die Parlamente, die Notenbanken." Helmut Schmidt, Rede vor dem Europäischen Industrieverband, a. a. O., S. 1415.

  19. Zitiert nach Landeszentralbankpräsident Hiss, Wechselkursänderungen im EG-Währungssystem weder zu häufig noch zu spät, in: Handelsblatt v.

  20. Vgl. z. B. Claus Dertinger, Los von Amerika?, in: Die Welt v. 5. 7. 1978; Heinz Stadlmann, Eine Währung für Europa, in: FAZ v. 14. 10. 1978. Auch

  21. Vgl. Ulrich Everling, Die Europäische Gemeinschaft nach den Gipfelkonferenzen, in: Integration, Nr. 4/1978, S. 138.

  22. Entschließung des Europäischen Rates v. 5. 12. 1978 über die Errichtung eines Europäischen Währungssystems und damit zusammenhängende Fragen (im folgenden zitiert als Entschließung), in: Bulletin des Presse-und Informationsamtes der Bundesregierung, Nr. 146 v. 8. 12. 1978, S. 1361 ff., A 2. 1.

  23. Für eine Diskussion verschiedener Ansätze zu einer europäischen Parallelwährung vgl. Roland Vaubel, Die Pläne für eine europäische Parallel-währung — ein Überblick, in: Die Weltwirtschaft, H. 2 1972, S. 136 ff. Vgl. auch Giovanni Magnifico, Eine Währung für Europa, Baden-Baden 1977.

  24. „Der Prozeß einer allmählichen Währungssubstitution könnte durch die wirtschaftspolitischen Instanzen oder durch den Markt gesteuert werden." Für eine weitgehend marktwirtschaftliche Lösung spricht nach Ansicht des Sachverständigenrates, daß damit ein Automatikelement eingebaut und der politische Entscheidungsprozeß entlastet werde. Sachverständigenrat, Jahresgutach-ten 1978/79, a. a. O„ Zf. 362.

  25. Insofern ist die Hinterlegung nationaler Währung unter geldtheoretischen Gesichtspunkten überflüssig, und die vorgesehene Regelung bleibt hinter dem beim IWF seit 1968 eingeführten Kunstgeld „Sonderziehungsrechte" (SZR) zurück. Die SZR haben keine andere Deckung als das Vertrauen in ihre Verwendbarkeit als Zahlungsmittel. Dieses Vertrauen wird dadurch gesichert, daß jedes Teilnehmerland an der SZR-Vereinbarung sich verpflichten muß, bis zum Zweifachen des ihm zugeteilten SZR-Betrages SZR als Zahlungsmittel zu akzeptieren. Zur Entstehung der SZR vgl. Uwe Andersen, Das internationale Währungssystem zwischen nationaler Souveränität und supranationaler Integration, Berlin 1977, S. 297 ff.

  26. Schlußfolgerungen der Präsidentschaft des Europäischen Rates, in: Bulletin des Presseund Informationsamtes der Bundesregierung Nr. 77 v.

  27. Als bescheidenere Alternative ist von einer Expertengruppe vorgeschlagen worden, statt fester Wechselkurse nur eine besser kalkulierbare Veränderung der Wechselkurse anzustreben, indem die EG-Staaten „die Wechselkurse ihrer Valuten in Abhängigkeit von Referenzkursen steuern, die der relativen Preisentwicklung — gemessen auf der Basis der Großhandelspreise — laufend angepaßt werden". Damit werden die unterschiedlichen Inflationsraten als Datum hingenommen. Zur Diskussion dieses Vorschlages aus der Sicht eines Gruppenmitgliedes vgl. Hans-Eckart Scharrer, Währungsintegration und Wechselkurssteuerung in der Gemeinschaft, in: Integration, Nr. 4/1978, S. 157 ff.

  28. In der Brüsseler Entschließung heißt es dazu nur lapidar: „Wir ersuchen den Rat (Wirtschafts-und Finanzminister), seine Koordinierungsverfahren auszubauen, damit ein größeres Maß an Konvergenz erzielt wird." Entschließung, a. a. O., B 1.

  29. Vgl. dazu Helmut Schmidts Erklärung im Bundestag, Deutscher Bundestag — Stenographischer Bericht v. 6. 12. 1978 (Plenarprotokoll 8/122) S. 9485.

  30. Erklärung im Britischen Unterhaus, in: APA v. 23. 11. 1978, S. 5; vgl. auch die Ausführungen des Gouverneurs der Bank von England Gordon Richardson, The View of the Central Banker, a. a. O., S. 10.

  31. Entschließung, a. a. O., A 3. 6.

  32. Der Sachverständigenrat hat mit Bezug auf das Stabilitätsziel für eine bewußt asymmetrische Anpassungsverpflichtung plädiert. Er hat vorgeschlagen, den Abweichungsindikator nur bei Abweichungen nach unten einzusetzen. „Erreichte die Währung eines Mitgliedslandes diesen Stabilisierungspunkt, so hätte es Absprachen darüber -zu treffen, inwieweit es seine Geldmengenpolitik verändern müßte, wenn bei nachfolgendem Erreichen eines unteren Interventionspunktes die symmetrischen Interventionen und der Anspruch auf den währungspolitischen Beistand erhalten bleiben sol-len." (Sachverständigenrat, Jahresgutachten 1978/79, a. a. O., Zf. 350) Zu Vorschlägen für eine Harmonisierung der Geldpolitik als Basis der Wechselkursstabilisierung vgl. Sachverständigenrat, Jahresgutachten 1976/77 (Bundestags-Drucksache 7/5902), Zf. 467 ff.

  33. Das Problem symmetrischer Anpassungslasten für währungsstarke und -schwache Länder und der Stellenwert von Indikatoren für die Auslösung von Handlungen sind bereits bei den Verhandlungen über die Reform des internationalen Währungssystems ausführlich diskutiert worden. Vgl. Uwe Andersen, a. a. O., S. 396 ff.

  34. Entschließung, a. a. O., A 1. 3.

  35. Vgl. die Interviews mit Bundesfinanzminister Matthöfer und EG-Kommissar Tugendhat, in: Wirtschaftswoche v. 8. 1. 1979.

  36. Entschließung, a. a. O., A 3. 6.

  37. Ebd., A 3. 2.

  38. Die Notwendigkeit der Einstimmigkeit resultiert daraus, daß Wechselkursänderungen durch Interventionsverpflichtungen aller Teilnehmer „gedeckt" werden. Insofern ist das EWS strikter als das alte Bretton-Woods-System, in dem der Wechselkurs eines Landes faktisch gegenüber dem Dollar fixiert und durch einseitige Interventionen am Devisenmarkt innerhalb der Bandbreite gehalten wurde.

  39. So der Abgeordnete Häfele, Deutscher Bundestag, a. a. O., S. 9490.

  40. Die letzte Wechselkursänderung im Rahmen der Schlange im Oktober 1978 kam erst unter starkem spekulativen Druck zustande. Allein in der ersten Oktoberhälfte mußte die Deutsche Bundesbank im Rahmen ihrer Interventionsverpflichtung 6 Mrd. DM einsetzen.

  41. Otmar Emminger, Aktuelle Konjunktur-und Währungsprobleme, a. a. O., S. 3.

  42. In der Schlange mußte der Ausgleich nach durchschnittlich 45 Tagen vorgenommen werden.

  43. Satzung des EFWZ, Art. 2. Verordnung des Rates v. 3. 4. 1973 zur Errichtung eines EFWZ sowie Satzung sind abgedruckt in: Europäische Gemeinschaften, Währungsausschuß, Kompendium von Gemeinschaftstexten im Bereich der Währungspolitik, o. O., 1974, S. 79 ff.

  44. Interview in: Welt am Sonntag v. 10. 12. 1978.

  45. Zur Begründung wird in der Brüsseler Entschließung auf die angestrebte „Konvergenz der Wirtschaftspolitik und der wirtschaftlichen Lei-stung" verwiesen. „Deshalb müssen Maßnahmen zur Stärkung des Wirtschaftspotentials der weniger wohlhabenden Länder der Gemeinschaft ergriffen werden. Hierfür sind in erster Linie die betreffenden Mitgliedstaaten selbst verantwortlich. Gemeinschaftliche Maßnahmen können und sollen hierfür Unterstützung leisten." Entschließung, a. a. O., B 2.

  46. Bei den Ausgaben dominient der Agrarbereich, und nach methodisch allerdings anfechtbaren Verteilungsrechnungen profitiert das relativ reiche Dänemark auf Pro-Kopf-Basis am meisten, während das relativ arme Großbritannien zu den Nettozahlern zählt.

  47. Vgl. Uwe Andersen, a. a. O., S. 331 ff., 395 ff.

  48. Entschließung, a. a. O., B 3.

  49. Ebd., B 3. 4.

  50. Ebd., B 3. 2.

  51. In der Frage des Regionalfonds waren anscheinend innenpolitische Rücksichten Giscard d'Estaings ausschlaggebend. Die Aufstockung des Regionalfonds wird auch vom Europäischen Parlament gefordert, die Gaullisten lehnen aber eine Ausweitung der Befugnisse des Europäischen Parlamentes ab und werfen der Regierung eine zu weitgehende Integrationsbereitschaft vor. Vgl. z. B.: 32 Stunden zerfurchten den Kanzler, in: Die Welt v. 7. 12. 1978.

  52. Deutscher Bundestag, a. a. O., S. 9488.

  53. Entschließung, a. a. O., B 4.

  54. So hat z. B. die Bundesbank ziemlich eindeutig optiert: „Um das Stabilitätsrisiko zu begrenzen, sollte man mit dem neuen System vorsichtig und schrittweise beginnen, d. h. gegebenenfalls nicht mit dem sofortigen Beitritt aller außenstehenden EG-Länder rechnen, sofern nicht die Gewähr für eine ausreichende Konvergenz auf einer stabilen Basis gegeben ist." Otmar Emminger, Aktuelle Konjunktur-und Währungsprobleme, a. a. O., S. 3.

  55. So Callaghan im Unterhaus. Vgl. Callaghan , Put National Interest Before Euro-Cash', in: Daily Telegraph v. 7. 12. 1978.

  56. Vgl. Entschließung, a. a. O., A 3. 2.

  57. Die britische Währung ist im ECU-Währungskorb enthalten. Solange Großbritannien sich am Wechselkurs-und Interventionsmechanismus nicht beteiligt, wird für den Korb in seiner Funktion als Abweichungsindikator das Pfund nicht mit seinem aktuellen Kurs bewertet, sondern mit seinem Leitkurs und damit faktisch als durchlaufender Posten behandelt.

  58. Entschließung, a. a. O., A 5. 2.

  59. VgL: Zurückhaltung in Skandinavien, in: Neue Zürcher Zeitung v. 8. 12. 1978.

  60. VgL: Entwicklung der EG setzt Neutrale unter Druck, in: Süddeutsche Zeitung v. 29. 11. 1978.

  61. Zitiert nach: Österreich will sich an das EWS anhängen, in: Die Welt v. 8. 12. 1978.

  62. Vgl. u. a. ebd.

  63. Andererseits hat innerhalb der Bundesregierung vor allem Wirtschaftsminister Graf Lambsdorff die Notwendigkeit betont, die währungspolitischen Maßnahmen der Europäer mit den USA abzustimmen, da dies für die Beziehungen zu dem amerikanischen Bündnispartner auch von fundamentaler allgemeinpolitischer Bedeutung sei. Vgl.: DM soll keine europäische Reservewährung werden, in: Börsen-Zeitung v. 20. 4. 1978.

  64. Vgl.: Scharfe Kritik Callaghans an der EG, in: Neue Zürcher Zeitung v. 16. 11. 1978.

  65. Vgl.: Britain Not to Join EMS Without Changes-Healey, in: Financial Times v. 30. 11. 1978.

  66. Dabei könnten der EWF und die ECU eine wichtige Rolle spielen. Der dänische Notenbankpräsident hat z. B. zur Diskussion gestellt, bei Kapitalbewegungen vom Dollar in die DM den EWF zwischenzuschalten. Die amerikanische Verschuldung und die deutsche Forderung gegenüber dem EWF würden in ECU ausgedrückt. Vgl. Erik Hoffmeyer, The E. M. S. and its Wider World Context, in: APA v. 19. 2. 1979, S. 12 f.

  67. Um die von den ökonomischen Grunddaten nicht gerechtfertigte Talfahrt des US-Dollar zu stoppen, haben die USA in Abstimmung insbesondere mit den deutschen, japanischen und schweizerischen Währungsbehörden verstärkte amerikanische Interventionen am Devisenmarkt angekündigt und zu diesem Zweck Fremdwährungsmittel in Höhe von 30 Mrd. Dollar mobilisiert. Eine neue Maßnahme sind Anleihen der amerikanischen Regierung in Fremdwährungen, z. B. Anleihen in DM am deutschen Geldund Kapitalmarkt. Vgl. Joint Statement of Secretary of the Treasury, W. Michael Blumenthal and Federal Reserve Board Chairman, G. William Miller, Washington, November 1, 1978, in: APA v. 3. 11. 1978, S. 1 f.

  68. Emminger hat von einer „historischen Wende in der amerikanischen Währungspolitik" gesprochen, einer „endgültigen Abkehr der Vereinigten Staaten vom . benign neglect', von der wohlwollenden Gleichgültigkeit, gegenüber der äußeren Dollarstabilität", Otmar Emminger, Der Dollar, in: APA v. 15. 11. 1978, 1 ff.

  69. Entschließung, a. a. O., A 5. 1.

  70. So Bundesfinanzminister Matthöfer. Vgl.: Matt-höfer optimistisch über Währungszukunft, in: VWD-Finanzen v. 31. 1. 1979.

  71. So z. B.der für Währungsfragen zuständige Staatssekretär im Finanzministerium Solomon: „We will not resist change, but rather will be concerned to insure that any change be an improvement and that it be accomplished smoothly and in a männer which strengthens our open international trade and payments Systems." Anthony M. Solomon, The Evolving International Monetary System, in: APA v. 26. 1. 1979, S. 7.

  72. Die SZR haben die vorgesehene Rolle, sich als „rational" geschaffenes Weltgeld fortschreitend zum wichtigsten internationalen Reservemedium zu entwickeln, aus einer Reihe von Gründen bisher nicht spielen können. Vorschläge, den größten Teil der als Währungsreserven gehaltenen US-Dollar in SZR umzutauschen und die Funktion der Reservewährung abzubauen, sind bisher nicht verwirklicht worden. Kritik an der Rolle der Reservewährungen gibt es auch in den USA. „Wir sollten uns so fest wie andere Länder gegen das außerordentliche, aber giftige Privileg wehren, unsere Währung weiterhin die Rolle der Weltwährung spielen zu lassen mit der großen und unvermeidlichen Gefahr und Versuchung starker innerer Inflation und großer Zahlungsbilanzdefizite." Robert Triffin, a. a. O., S. 338.

  73. Eine eingehende Analyse der Konkurrenzsituation zwischen US-Dollar und britischem Pfund in der Zwischenkriegszeit bietet William Adams Brown, jr.: The International Gold Standard Re-interpreted 1914— 34, 2 vols., New York 1940. Zur Diskussion des Vorschlages multipler Reservewährungen in den 60er Jahren vgl. Uwe Andersen, a. a. O., S. 253 ff.

  74. Dabei könnte die Erfahrung der 50er Jahre eine Rolle gespielt haben, als die Europäische Zahlungsunion (EZU) als regionales Konkurrenzmodell den IWF zeitweilig in den Hintergrund drängte. Vgl. dazu Uwe Andersen, a. a. O., S. 170 ff.

  75. Vgl.: USA nennen Bedingungen für größere Schlange, in: Handelsblatt v. 13. 6. 1978.

  76. Eine andere Verbindung ist vermutet worden im Zusammenhang mit dem Beschluß, die internationale Liquidität im Rahmen des IWF erheblich auszuweiten. Da die Bundesregierung innerhalb des EWS regional einer starken Ausweitung der Währungskredite zugestimmt habe, sei sie in Zugzwang geraten und habe sich trotz stabilitätspolitischer Bedenken einem entsprechenden Beschluß auf der globalen. Ebene nicht widersetzen können. Vgl.: Weltwährungsfonds: Zu hoher Preis?, in: Handelsblatt v. 26. 9. 1978. -

  77. Entschließung, a. a. O., A 5. 3.

  78. So angeblich der Exponent des linken Labour-Flügels, Energieminister Benn. Vgl.: Europa-Krach bei der Labour Party, in: Süddeutsche Zeitung v. 25. 10. 1978.

  79. So eine Gruppe britischer Politiker, die sich mit einer „Safeguard Britain Campaign" gegen einen britischen Beitritt zum EWS gewandt hat. Zitiert nach: Ein Satellit der Gemeinschaft, in: FAZ v. 20. 10. 1978.

  80. Vgl. Winfried Reimann, Rheingold auf der Opferschale, in: Börsen-Zeitung v. 16. 8. 1978.

  81. Zitiert nach CSU-Information, Nr. 8/78 v. 5. 7. bis 18. 7. 1978.

  82. Vgl. Gerhard Stoltenberg, Fundamente für eine Währungsund Stabilitätspolitik, in: Das Parlament v. 23. 9. 1978, S. 4 und Ausführungen des Abgeordneten Häfele, CDU-Experte: Währungsverbund ein Weg in die Irre, in: Süddeutsche Zeitung v. 3. 11. 1978.

  83. Vgl. Rainer Hellmann, Das europäische Währungssystem, Vorgeschichte und Motive, in: Integration, Nr. 4/78, S. 141 f.

  84. Dieses Kartell umfaßte offenbar auch Teile der Regierung. Z. B. hat Staatssekretär Schlecht sich als einen der ursprünglichen „Bedenkenträger" eingestuft. Vgl.: Staatsdefizit 1979 unter 60 Mrd. DM, in: Börsen-Zeitung v. 30. 11. 1978.

  85. Die Argumente werden besonders klar vom Sachverständigenrat artikuliert: „Eine Änderung der deutschen Geldverfassung bedeutete es auch, wenn über vielfältige Detailregelungen zur Interventionspflicht der Bundesbank und zur Unterordnung der deutschen Geldpolitik unter die Erfordernisse einer Aufrechterhaltung bestimmter Wechselkurse die geldpolitische Verantwortung der Organe der Deutschen Bundesbank ausgehöhlt würde. Die quasi-gesetzgeberische Tätigkeit der Organe der Europäischen Gemeinschaft erlaubte es, hier schrittweise Veränderungen vorzunehmen, die je für sich wenig bedeutend erscheinen mögen, die im ganzen jedoch die Grundlage der Stabilitätspolitik in der Bundesrepublik einschneidend verändern können. Sehen muß man auch, daß das Europäische Währungssystem die Verteilung der Gewichte in der Stabilitätspolitik auf Kosten der autonomen Bundesbank und zugunsten der Bundesregierung verschieben würde." Sachverständigenrat, Jahresgutachten 1978/79, a. a. O., Zf. 358.

  86. Vgl. z. B. Helmut Kohl, Die Geldpolitik der Bundesrepublik Deutschland, in: Das Parlament v. 23. 9. 1978, S. 1.

  87. In einem Acht-Punkte-Katalog der FDP-Bundestagsfraktion wurde u. a. gefordert, die Unabhängigkeit der Bundesbank zu sichern. Vgl.: FDP für Mitwirkung am Währungssystem, in: Süddeutsche Zeitung v. 9. 11. 1978.

  88. Vgl. Stellungnahme des Wissenschaftlichen Beirates beim Bundesministerium für Wirtschaft zum Europäischen Währungssystem, Gießen, v. 14. 10. 1978, in: APA v. 27. 10. 1978, S. 4 f.

  89. Neben den Vertretern der Kreditinstitute vor allem der Deutsche Industrieund Handelstag. Vgl.: Deutscher Industrie-und Handelstag: Stabilitätsziel nicht verwässern, in: Frankfurter Rundschau v. 13. 9. 1978.

  90. Besonders skeptisch gegenüber weitreichenden europäischen Währungsplänen hat sich z. B.der Landeszentralbankpräsident Schleswig-Holsteins, Schöllhorn, geäußert (vgl.: Schöllhorn auf der Jahrestagung des BDI: Absage an Europa-Monetaristen, in: Börsen-Zeitung v. 23. 5. 1978), während Bundesbankvizepräsident Pöhl bei allen Vorbehalten im einzelnen die mit dem EWS verbundene „große und vielleicht historische Chance" betont hat. Vgl. Karl Otto Pöhl, The International Economic and Monetary Situation, in: APA v. 18. 11. 1978, S. 5.

  91. Das höchste Entscheidungsorgan der Bundesbank, in dem das Bundesbankdirektorium und die Präsidenten der Landeszentralbanken der einzelnen Bundesländer vertreten sind.

  92. Vgl. Bundesbankpräsident Emminger, IWF-Konferenz bringt gedämpften Konjunkturoptimismus, in: VWD-Finanzen v. 26. 9. 1978.

  93. Sie sind zusammengestellt in Otmar Emminger, Aktuelle Konjunkturund Währungsprobleme, a. a. O., S. 3.

  94. Ein Symbol für die Bedeutung, die die Regierung der Haltung der Bundesbank zumaß, war die höchst ungewöhnliche Anwesenheit des Bundeskanzlers bei der mit dem EWS befaßten Sitzung des Zentralbankrats am 30. 11. 1978.

  95. Deutscher Bundestag, a. a. O., S. 9485.

  96. Vgl, die Rede des CDU-Abgeordneten Häfele, in: Deutscher Bundestag, a. a. O., S. 9485 ff.

  97. Vgl. Interview mit Notenbankchef Otmar Emminger, in: Süddeutsche Zeitung v. 30. 12. 1978.

  98. „Bilanz" -Interview mit Bundesbankpräsident Otmar Emminger im ZDF am 29. 11. 1978, in: APA v. 1. 12. 1978, S. 2.

  99. So Staatssekretär Schlecht, vgl.: Staatsdefizit 1979 unter 60 Mrd. DM, a. a. O.

  100. Vgl. Rainer Hellman, a. a. O., S. 140.

  101. Zitiert nach: Callaghan , Put National Interest'Before Euro-Cash, a. a. O.

  102. Die negativen Folgen des zu starken Integrationsvorsprungs sind häufig kritisiert worden. „Die Agrarpolitik ist auch ein Beispiel dafür, daß die Antizipation einer höheren Stufe der Integration für einen Teilbereich nur zur Konfliktverschärfung beiträgt, wenn der allgemeine Stand der Integration divergierende Entwicklungen in allen anderen Bereichen zuläßt." Fritz Franzmeyer, Alternative Entscheidungsstrukturen in einer Wirtschaftsund Währungsunion, DIW-Sonderheft 112, Berlin 1976, S. 64.

  103. Entschließung, a. a. O., A 6. 1 c.

  104. Deutsche Agrarexporte nach Frankreich werden zur Zeit mit über 20 °/o aus der Gemeinschaftskasse subventioniert, französische Agrarexporte in die Bundesrepublik entsprechend belastet.

  105. Die deutschen Bauern sehen sich einem dreifachen Druck ausgesetzt. Die Überschußproduktion bei vielen Agrarprodukten und der mit dem Ankauf der Agrarberge verbundene extreme staatliche Finanzaufwand haben die EG-Kommission veranlaßt, bei einigen Produkten ein Einfrieren der in Rechnungseinheiten ausgedrückten Preise vorzu-schlagen, um über die Preise die Produktion möglichst zu beschränken. Ein Abbau des Grenzausgleichs würde die deutschen Bauern zusätzlich belasten, und schließlich will auch der Finanzminister Steuerprivilegien der Landwirte reduzieren.

  106. So hat z. B.der Gaullistenführer Chirac nach der Brüsseler Entscheidung über das EWS erklärt: „Alles spricht dafür, daß man hinter dem Schleier der Worte und technokratischen Begriffe die Unterjochung Frankreichs vorbereitet, daß man mit der Idee der Erniedrigung Frankreichs einverstanden ist." Zitiert nach: Chirac ruft zum Kampf ge-gen die . Erniedrigung'Frankreichs, in: FAZ v. 8. 12. 1978.

  107. Zitiert nach Hans-Hagen Bremer, Schmidts Traum, Ertls Alptraum, in: Die Zeit v. 23. 2. 1979.

  108. Otmar Emminger, The View of the Central Banker on Monetary Integration, in: APA v. 19. 2.

  109. Vgl. auch den Beitrag von Wirtschaftsminister Graf Lambsdorff, in: Deutscher Bundestag, a. a. O., S. 9504.

  110. Vgl.: Paris gibt den Weg zum Währungssystem frei, in: Süddeutsche Zeitung v. 8. 3. 1979.

  111. Vgl. Otmar Emminger, View, a. a. O., S. 5.

Weitere Inhalte

Uwe Andersen, Dr. phil., Dipl. -Pol., geb. 1940; Studium der Politikwissenschaft und Volkswirtschaftslehre an der FU Berlin und der Yale University, New Haven; wiss. Assistent am Geschwister-Scholl-Institut der Universität München. Veröffentlichungen: Buch-und Zeitschriftenaufsätze insbesondere zu Themen der politischen Ökonomie; Buchpublikationen u. a.: Einführung in die Vermögenspolitik (Beck’sche Schwarze Reihe, Bd. 138), München 1976; Das internationale Währungssystem zwischen nationaler Souveränität und supranationaler Integration, Berlin 1977.