Das Modellprojekt „Frauenhaus Berlin". Hilfen für mißhandelte Frauen
Carol Hagemann-White, Barbara Kavemann, Johanna Kootz, Ute Weinmann, Carola Christine Wildt, Roswitha Burgard, Ursula Scheu Ursula Roswitha Burgard Carola Christine Wildt Ute Weinmann Johanna Kootz Barbara Kavemann Carol Hagemann-White Scheu
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Zusammenfassung
Das Problem der Mißhandlung von Frauen und Kindern in der Familie ist lange Zeit tabuisiert worden. Das Bundesministerium für Jugend, Familie und Gesundheit hat 1976— 1979 das Berliner Frauenhaus gefördert, um Erkenntnisse zur Mißhandlungsproblematik und zu den Erfordernissen wirkungsvoller Hilfen dagegen zu gewinnen. Im Abschlußbericht der wissenschaftlichen Begleitung des Projektes sind Ausmaß und Formen von Mißhandlung deutlich geworden, dabei auch die Mitbetroffenheit der Kinder. Es hat sich gezeigt, daß Mißhandlung kein „Randgruppenphänomen''ist, sondern in allen sozialen Schichten vorkommt. Die geschlechtsspezifische Diskriminierung und Rollenfestlegung von Frauen sind grundlegend für die Schwierigkeit, die Mißhandlungsbeziehung zu verändern oder zu lösen. Das Frauenhaus mit seiner konsequent und umfassend an den Bedürfnissen der Frauen ansetzenden Konzeption kann wirkungsvollen Schutz, Unterstützung und Beratung geben. Nach dem Frauenhausaufenthalt sind die Frauen jedoch meist mit den vielfältigen Schwierigkeiten des Neuanfangs alleingelassen. Viele Veränderungen sind notwendig, damit Frauen eine gewaltfreie Lebensperspektive haben können; hierfür weist der Bericht die Richtung und gibt Empfehlungen.
Das Problem der Gewalt in der Familie, der Mißhandlung von Frauen und Kindern, ist lange Zeit vollständig tabuisiert worden. Auch heute wird das Ausmaß an psychischer und physischer Gewalt in den Beziehungen zwischen Männern und Frauen noch vielfach geleugnet oder herabgespielt. Dennoch ist ein Bewußtseinswandel eingeleitet.
Aul den Erfahrungen in England aufbauend hat seit Anfang/Mitte der siebziger Jahre auch die autonome Frauenbewegung in der Bundesrepublik Deutschland auf das gesellschaftliche Problem der Frauenmißhandlung aufmerksam gemacht und sich für die Schaffung von Frauenhäusern eingesetzt, die mißhandelten Frauen und ihren Kindern wirkungsvollen Schutz, Hilfe und Beratung geben sollen.
Das Bundesministerium für Jugend, Familie > und Gesundheit hat vom 1. November 1976 bis 31. Dezember 1979 in Berlin die erste Einrichtung in der Bundesrepublik zum Schutz und zur Hilfe für mißhandelte Frauen und ihre Kinder — das Berliner Frauenhaus — als Mo-
dellprojekt gefördert. Der Berliner Senat hat " ährend der Modellphase eine Anteilsfinan-
zierung und seit dem 1. Januar 1980 die Sicherung des Fortbestandes übernommen.
Träger des Projektes ist der „Verein zur Förderung des Schutzes mißhandelter Frauen e. V.", der sich zusammensetzt aus sechs Vertreterinnen des öffentlichen Lebens, aus je drei Vertreterinnen der Mitarbeiterinnen, der Frauen-
haus-Initiativgruppe sowie der Bewohnerinnen. 'm Verlauf der Modellphase war eine stetig steigende Inanspruchnahme des Frauenhau-
8 festzustellen, die auf die zunehmende Beanntheit der Einrichtung zurückzuführen ist.
iele soziale Dienste weisen betroffene Frauen auf das Frauenhaus hin. Aber der Anteil der Frauen, der aufgrund der überfüllten Räumlichkeiten keine Möglichkeit sieht, im Frauenhaus zu bleiben, und der wenig oder keine Hilfe erhält, ist immer noch sehr groß. Mittlerweile gibt es rund 60 Frauenhäuser in größeren und mittleren Städten der Bundesrepublik, von denen einige, in der Regel aber nur zum Teil, aus öffentlichen Mitteln finanziert werden, und noch einmal so viele Frauenhaus-initiativen, inzwischen auch in ländlichen Gegenden und kleineren Städten. Verschiedene große Städte, darunter Berlin, haben bereits mehr als ein Frauenhaus. Alle bestehenden Häuser sind überfüllt. Das Ausmaß des wirklichen Bedarfs wird durch die gegenwärtigen Zahlen der Inanspruchnahme noch längst nicht offengelegt.
Die wissenschaftliche Begleituntersuchung des Modellprojektes wurde im Zeitraum August 1977 — April 1980 von der Arbeitsgruppe sozialwissenschaftliche Frauenforschung in Zusammenarbeit mit Mitarbeiterinnen des Frauenhauses durchgeführt. Der Untersuchungsauftrag bezog sich auf — eine Überprüfung der Maßnahmen sofortiger und längerfristiger Hilfen für mißhandelte Frauen und ihre Kinder im Frauenhaus;
— die Erarbeitung von Empfehlungen, die dazu beitragen können, daß Behörden und Institutionen ihre Handlungspielräume besser nutzen bzw. erweitern, um den Belangen mißhandelter Frauen in angemessener Weise gerecht zu werden.
Oberstes Ziel und Interesse der wissenschaftlichen wie der praktischen Arbeit für mißhandelte Frauen und ihre Kinder — und mit ihnen — ist die Veränderung ihrer Situation, die Unterstützung der Frauen bei der Stärkung ihres Selbstwertgefühls und beim Aufbau einer selbstbestimmten, gewaltfreien Lebensperspektive. Die Hilfskonzeption des Frauenhauses ist parteilich, d. h„ die Arbeit setzt ausdrücklich und uneingeschränkt an den Bedürfnissen und In-39sic^ um die Zusammenfassung des Ab-die u^. °er^ts der wissenschaftlichen Begleitung, ur die fnformationsarbeit vom Arbeitsstab Famnpolitik 'm ^undesministerium für Jugend, ^ra^b ite Gesundheit gekürzt und redaktionell teressen der mißhandelten Frau an. Es findet kein Bemühen um Neutralität statt, denn die mißhandelten Frauen sind so eindeutig in der schwächeren und diskriminierten Position, daß diese nur durch Parteinahme ausgeglichen werden kann, will man ihnen wirklich helfen. Für die praktische Beratungs-und Unterstützungsarbeit wie für die Forschungstätigkeit haben die Wünsche und selbstentwikkelten Zielvorstellungen der Frauen Vorrang. Die Frauen sind zudem nur dann bereit, sich offen und vertrauensvoll mitzuteilen, wenn sie sich ernst genommen fühlen. Das verlangte von der Forschungsgruppe die Bereitschaft, Frauen bei der Veränderung ihrer bisherigen Situation zu unterstützen und ihre Bewertung der eigenen Erfahrungen anzuerkennen. Neben ausgedehnter teilnehmender Beobachtung der Beratung der Frauen und der Arbeit mit Kindern im Frauenhaus sowie vielen Gruppengesprächen wertete die wissenschaftliche Begleitung Daten aus folgenden Erhebungen aus:
— Während anderthalb Jahren wurden statistische Daten für alle ins Frauenhaus kommenden Frauen erhoben: 1 090 statistische Bögen konnten ausgewertet werden.
— 300 dieser Frauen haben ausführliche Erhebungsbögen über die Mißhandlungen und ihre Lebenssituation vor dem Frauenhausaufenthalt beantwortet.
— In Teilauszählungen und Zusatzerhebungen wurde die mehrmalige Inanspruchnahme des Frauenhauses untersucht.
— 106 Mädchen und Jungen im schulpflichtigen Alter haben in eigenen Aufnahmebögen ihre Betroffenheit von der Mißhandlung der Mutter und ihre eigene Situation beschrieben. — Türkisch sprechende Mitarbeiterinnen protokollierten Gespräche mit türkischen Bewohnerinnen während und nach ihrem Frauenhausaufenthalt.
— Nachgehende Gespräche wurden mit 56 ehemaligen Bewohnerinnen geführt, deren Frauenhausaufenthalt zwischen einem halben Jahr und zweieinhalb Jahren zurücklag (alle ehemalige Bewohnerinnen wurden, soweit möglich, angeschrieben).
— 47Kinder ehemaliger Bewohnerinnen nahmen an Treffen teil, bei denen sie über ihre gegenwärtige Situation sprechen konnten. — Im Bezirk Schöneberg wurden 44 vertiefte Interviews mit Polizeibeamten durchgeführt sowie 29 Interviews mit Sozialarbeiter/innen in Einrichtungen des Bezirksamtes und der freien Wohlfahrtspflege. Auf dem Hintergrund einer breiteren Fragebogenerhebung in den sozialen Diensten dienten die Interviews zur Einschätzung der Möglichkeiten herkömmlicher Einrichtungen, mißhandelten Frauen Hilfe zu bieten.
Das Modellprojekt „Hilfen für mißhandelte Frauen — Berliner Frauenhaus" und die Forschungsergebnisse der wissenschaftlichen Begleituntersuchung haben zur Enttabuisierung von Frauenmißhandlungen beigetragen, unsere Kenntnisse der Problematik erweitert und wichtige Erfahrungen mit einer völlig neu entworfenen Hilfskonzeption gemacht und ausgewertet. Aus der Fülle des Materials liegt nun der Abschlußbericht der wissenschaftlichen Begleitung vor; diese Kurzfassung faßt die wichtigsten Ergebnisse zusammen.
I. Ausmaß und Formen der Mißhandlung, wie sie im Modellprojekt deutlich geworden sind
Immer noch herrscht vielfach die Einstellung vor, nur besonders wuchtige Schläge als Mißhandlung zu bewerten. Diese Einstellung drückt Verleugnung der tatsächlichen Gewalt oder auch Unwissen aus. Gewalttätigkeit geschieht auch ohne Schläge — z. B. als Beschimpfung und Erniedrigung, erzwungene Schlaflosigkeit, Einschüchterung, ständige Kontrolle und Verbote oder Vergewaltigung. Unter Mißhandlung ist jeder Angriff auf die körperliche und seelische Unversehrtheit eines Menschen zu verstehen, der unter Ausnutzung einer gesellschaftlich vorgeprägten Machtposition geschieht, wie z. B. zwischen Erwachsenem und Kind, Mann und Frau. Seit Beginn des Modells bis Ende 1979 waren rund 2500 Frauen und ebenso viele Kinder ins Frauenhaus gekommen, um unmittelbaren Schutz und Hilfe in einer ausweglos erscheinenden Situation zu finden. Ständig war das Haus überfüllt — eine Erfahrung, die praktisch alle Frauenhäuser schon bald nach ihrer Errichtung machen —, oft bis • jenseits der Grenze einer menschenwürdigen Unterbringung. Über ein Fünftel der Neuaufnahmen waren Frauen, die zum zweiten Mal oder noch öfter hier Schutz suchen.
Die weitaus meisten Frauen waren wiederholt, oft jahre-, zum Teil sogar jahrzehntelang mit großer Brutalität körperlich und seelisch mißhandelt worden, mit massiven Folgen körperlicher, seelischer und sozialer Art. In der Regel gehörte Vergewaltigung, z. T. mit Gegenständen, mit dazu. Meist waren auch . die Kinder der Gewalttätigkeit ausgesetzt, entweder durch das Miterleben der gegen die Mutter ausgeübten Gewalt oder durch unmittelbare eigene Mißhandlung.
Die Erfahrungen im Berliner Frauenhaus haben das Vorurteil klar widerlegt, daß Frauen es sich einfach machen, indem sie „alles hinwerfen“ und ins Frauenhaus kommen, statt sich um eine Lösung des Konfliktes zu bemühen. 30% der befragten Frauen gaben an, seit einem Jahr mißhandelt worden zu sein, 24% seit ungefähr drei Jahren, 16% seit ungefähr sechs Jahren, über 20% seit zehn Jahren und länger. Die in der Untersuchung befragten Frauen waren körperlich, seelisch, sexuell, materiell auf die unwürdigste Art und Weise unter Druck gesetzt und mißhandelt worden. 83% wurden geschlagen, getreten, geboxt, gewürgt. 40% wurden — überwiegend bzw. zusätzlich — seelisch und nervlich „fertiggemacht”. 25% wurden mit Gegenständen verletzt oder bedroht, 27 % nannten Morddrohungen oder Mordversuche. 50% der Frauen sagten, sie seien auf sexuellem Gebiet zu Dingen gezwungen worden, die sie nicht wollten, bzw.
vergewaltigt worden. Fast alle Frauen wurden von ihren Freunden und den Nachbarn isoliertwurden bevormundet, materiell abhängig gehalten, gedemütigt. Frauen mußten erleben, Wie sie für geistig unzurechnungsfähig erklärt, in der Wohnung ein-öder aus ihr ausgesperrt wurden, von Verwandten, Bekannten, Nachbarn keine Hilfe erhielten. Für viele war mit das Schlimmste, daß sie vor den Augen der Kinder mißhandelt und verächtlich gemacht wurden.
Auf die Frage, wie mißhandelt sie und bedroht wurden, gaben Frauen z. B. die folgenden Antworten: Er hat mich mit Füßen und mit schweren Ab^tzen am ganzen Körper getreten, mir eine Bierflasche auf den Kopf gehauen, mit dem Messer ist er auf mich zugegangen und er hat mich gewürgt und wollte mich aus dem Fenster schmeißen." „Er hat mich geschlagen — Nasenbeinbruch —, vergewaltigt, ist in meine neue Wohnung eingedrungen, hat mich auf der Arbeitsstelle schlecht gemacht und mir seine Liebesabenteuer mit anderen Frauen aufgeschwätzt." „Als ich mich wehrte, eine Abtreibung machen zu lassen, fing er an, mich täglich zu schlagen. Als ich im 5. Monat schwanger war, schlug er mich so stark, daß ich drei Wochen bewußtlos im Krankenhaus lag. Er drohte immer, einmal mit aller Gewalt auf den Bauch zu schlagen, es würde zwar weh tun, aber dann wäre alles vorbei. Als das Kind 6 Monate war (das Kind kam gesund zur Welt), schlug er mich so, daß ich hinfiel und auf etwas Hartes stieß. Ich streckte beide Beine auf einem Hocker aus und rieb mir die Schienbeine. Mit einem Karateschlag brach er beide Beine mitten im Unterschenkeln durch, überhaupt hatte ich kaum noch einen Knochen im Körper, der nicht schon gebrochen ist...
Nach dem Beinbruch mußte ich mich auf Knien durch die Wohnung schleppen, den Haushalt machen und das Kind versorgen und bekam noch Vorwürfe, wenn oben auf den Schränken noch Staub war.“ „Er hat weder gesoffen noch sonst irgendwas, es ging eigentlich nur um mich, daß er mich als seinen Besitz angeschaut hat. Daß ich jederzeit zur Verfügung war, ob als Schreibkraft, ob als Hausfrau, ob als Mutter für die Kinder, ob für ihn, ich hatte für ihn da zu sein."
Von den Mißhandlungen haben die Frauen vielfältige Schäden und Verletzungen davongetragen. Die Folgen reichen von psychosomatischen Krankheiten (Magenbeschwerden, Herz-und Kreislaufstörungen, Schlaflosigkeit), akuten und dauerhaften Verletzungen und Beeinträchtigungen (z. B. dauerhafte Mißhandlungspuren im Gesicht, Gehbehinderungen, Sterilität aufgrund von Unterleibsverletzungen) bis zu psychischen wie Folgeschäden Angstzuständen, tiefer Hoffnungslosigkeit, Selbstmordgedanken, Abhängigkeitserkrankungen (Schlafmittel, Alkohol), Zweifel an der eigenen Wahrnehmung, schlimmstenfalls psychiatrischen Erkrankungsbildern.
II. Die Mitbetroffenheit der Kinder
Allen Mädchen und Jungen, die mit ihren Müttern ins Frauenhaus kommen, ist gemeinsam, daß sie von Mißhandlung betroffen sind.
über ein Drittel der Mütter gaben an, daß ihre Kinder auch mißhandelt worden sind: Sie wurden geschlagen (auch mit Gegenständen), getreten, geboxt, gewürgt, erlebten Beschimpfungen, Anbrüllen, Eingesperrt-Werden. Die vereinzelten Antworten, daß die Kinder (meist die Töchter) auch sexuell bedrängt oder mißbraucht wurden, geben sicher nur einen Teil des Problems wieder, weil hier die Tabuisierung noch größer ist als bei den anderen Gewaltformen. Bei rund der Hälfte der Frauen hatten die Kinder die Mißhandlung der Mutter unmittelbar miterlebt und nach Einschätzung der Mütter sehr darunter gelitten. Mißhandlung kann die Mädchen und Jungen plötzlich und unerwartet treffen, sie aber kann auch Bestandteil ihres Lebens von Anfang an sein, so daß sie sich und die Mutter nur unter der Mißhandlung kennen.
Sehr früh begreifen Mädchen und Jungen Mißhandlung als willkürlich und unberechenbar, jeder Anlaß kann Gewalt auslösen. Das zwingt dazu, alles zu vermeiden, was falsch sein könnte: Angst vor Mißhandlung macht sprachlos, bewegungslos, unfähig. Sie erzwingt starke Reduzierung der Äußerungs-und Bewegungsmöglichkeiten der Kinder. Manche Mädchen und Jungen können nicht rennen •und toben, haben kein Zutrauen in ihre Geschicklichkeit und Körperkräfte, sprechen Babysprache und können sich nicht ausdrücken, verstecken sich, wenn sie angesprochen werden, erschrecken vor lauten Stimmen, vor geschlossenen Türen, weinen, wenn sie sich schmutzig gemacht haben.
Dazu ist die Erfahrung, selbst geschlagen zu werden, gar nicht nötig: Mädchen und Jungen erleben, daß der Vater die Machtposition hat, die Mutter oder sie selbst zu demütigen, in Angst zu versetzen, zu schlagen oder seelisch zu quälen, sexuelle Gewalt anzuwenden. Auch wenn er freundlich zu ihnen ist und immer nur die Frau oder den Bruder/die Schwester schlägt, haben sie keine Garantie, daß die Mißhandlung nicht sie selbst treffen kann.
Die unmittelbare Erfahrung und Mitbetroffenheit von Männergewalt und das erzwungene Schweigen darüber belasten die seelische und soziale Entwicklung von Mädchen und Jungen massiv. In der Mißhandlungssituation herrscht auch ein verschärfter Druck zur Anpassung an das traditonelle Frauen-bzw. Männerbild; in brutaler Weise wird dort demonstriert, daß eine Frau nichts wert ist.
Die wissenschaftliche Begleitung fand bestätigt, daß die Betroffenheit von Mißhandlung geschlechtspezifisch verschieden ist. Die Mädchen erleben die Mißhandlung ihrer Mutter als etwas, was sie selbst auch trifft. Während manche Mädchen sehr früh eingeschüchtert und angepaßt werden, wehren sich andere nicht nur gegen die, Mißhandlung, sondern auch gegen die Annahme dieser Frauenrolle. Viele Frauen berichteten, daß die Töchter trotz eigener Gefährdung eingeschritten waren; selbst ganz kleine Töchter versuchten, sich dem Vater entgegenzustellen. Bei den Jungen war hingegen festzustellen, daß sie zwar unter der Mißhandlung der Mutter litten, jedoch mit zunehmendem Alter weniger Solidarität mit ihr zeigten. Wenn Jungen erwachsen werden, haben sie die Möglichkeit, in die Machtposition des Vaters aufzusteigen. Der Sohn, der die Brutalität des Vaters am eigenen Leibe erfährt, kann trotzdem die Stärke des Vaters bewundern, die Schwäche der Mutter verachten.
Oft strafen und mißhandeln beide Elternteile die Kinder. Die meisten Strafen kommen vom Vater, obwohl dieser doch weit weniger mit den Kindern zusammen ist (86% der Frauen waren vorrangig oder allein für die Kinder verantwortlich). Viele Mißhandlungen, die von den Müttern kommen, hängen mit der eigenen Mißhandlungssituation der Frau zusammen: Kinder werden geschlagen bzw. eingeschüchtert, damit sie nicht laut sind, keine Unordnung machen usw., um dem Vater keinen Anlaß zu Unwillen und ausbrechender Gewalttättigkeit zu geben.
Einige Situationsbeschreibungen von Müttern und Kindern:
„Und das Kind wurde jedesmal wach dadurch, die saß nur noch da und hat gezittert. Man sah direkt, wie das Kind abgebaut hat, sie war seelisch im Eimer."
„Sigrid hat gemerkt, wenn der besoffen nach Hause kam, dann hat sie Mäuschen gespielt, ja? In die nächste Ecke verkrochen, die hatte nämlich totale Angst vor ihm."
„ Unser Vater hat unsja gar nicht vielgetan. Ej hat ja meistens nur meiner Mutter und meiB nein kleinen Bruder was getan. Meinen kleinen Bruder, den hat er immer gehauen, wenn er geweint hat, dann hab ich ihn schnell genommen, denn meine Mutterhatteja meistens keine Zeit, die mußte Essen machen und so... Und dann hat er ihn immer auf den Sessel geworfen, so richtig draufgeknallt." (Mädchen, 12 Jahre)
III. Die soziale Situation der mißhandelten Frauen
Die Erfahrung des Frauenhauses zeigt: Gewalt gegen Frauen kommt in allen sozialen Schichten, Bildungs-und Berufsgruppen vor. Unter den Frauen, die ins Frauenhaus kommen, sind Selbständige, Beamtinnen, Angestellte, Arbeiterinnen, Frauen in einer Ausbildung (Studium, Umschulung). Das gleiche gilt für die mißhandelnden Männer.
Zwar fanden sich, gemessen am Durchschnitt der Bevölkerung, die höheren sozialen Status-gruppen unterrepräsentiert. Die Ursache hierfür kann jedoch einerseits in dem stärkeren sozialen Druck auf Frauen in diesen Status-gruppen liegen, das Ansehen des Mannes zu schonen, andererseits in u. U. größeren Möglichkeiten der Frau, eine Alternative zu finden.
Als völlig fehlgehend haben sich die Theorien herausgestellt, die Mißhandlung als Verhaltensweise von Psychopathen, Alkoholabhängigen, Arbeitslosen, Unterschichtsangehörigen erklären — oder die für die Seite der Frau unterstellen, daß gewisse Frauen ein solches Gewaltverhältnis in der Beziehung suchten, »ab und zu" Schläge „bräuchten" als Bestätigung des Interesses des Mannes an ihnen. Weder gehören mißhandelnde Männer zu einem besonderen „Tätertypus“ noch sind die mißhandelten Frauen masochistisch.
Die „Randgruppen" -Erklärungen gehen schon deshalb fehl, weil sie nicht sagen können, warum in der jeweils herangezogenen Belastungssituation es regelmäßig Männer sind, die Frauen mißhandeln, und nicht umgekehrt. Wenn besondere Problemlagen, wie z. B. Alkoholmißbrauch oder schlechte Wohnverhält-nisse, hervorgehoben werden, werden Anlässe und Umstände, unter denen Frauenmißhand-ung am ehesten öffentlich und „auffällig“ wird, 2u Unrecht mit Ursache und tatsächlichem Ausmaß gleichgesetzt.
Mißhandelt werden Frauen jeden Alters, auch wenn im Frauenhaus die Gruppe der über 50jährigen stark unterrepräsentiert ist. Mißhandelt werden Frauen von ihren Verlobten, Ehemännern oder geschiedenen Männern, von Freunden oder Männern, mit denen sie verwandt sind. Mißhandlung beginnt vor der Ehe oder erst mit der Eheschließung, besonders häufig (20 % der Frauen berichteten dies) in der Schwangerschaft oder mit der Geburt eines Kindes. Ein Fünftel der Frauen war schon einmal von einem anderen Mann mißhandelt worden. Die meisten Frauen hatten ein bis zwei Kinder zu versorgen. Rund 40 % hatten eigenes, z. T. allerdings für ihren Lebensunterhalt unzureichendes Einkommen aus eigener Erwerbstätigkeit, rund 18 % bezogen Rente oder andere Sozialunterstützungen. Die Daten wiesen jedoch durchweg die eindeutige Verfügungsgewalt des Mißhandlers über alle finanziellen Mittel aus, auch dann, wenn die Frau die Hauptverdienerin war. Ein knappes Viertel der Frauen war wirtschaftlich völlig abhängig vom Mann. , Ausländische Frauen, die ins Frauenhaus kommen, haben noch größere Schwierigkeiten, bei den Behörden Hilfe zu suchen oder eine Wohnung zu finden. Außerdem droht ihnen, wenn sie sich trennen und auf Sozialhilfe angewiesen sind, der Entzug (Nichtverlängerung) der Aufenthaltserlaubnis und die Abschiebung ins Heimatland; dort können sie als alleinstehende, geschiedene Frau praktisch nicht leben und sind oft zudem noch wegen ihrer Entscheidung zur Trennung von den Angehörigen bedroht. Wenn sie dem Ehemann in die Bundesrepublik nachgereist sind und sich noch keine drei bzw. vier Jahre hier aufhalten, erhalten sie keine Arbeitserlaubnis.
IV. Hilfsangebote der Polizei und der sozialen Dienste
Die Erhebung der wissenschaftlichen Begleitung bei den sozialen Diensten. sowie die Auswertung der Aussagen von Bewohnerinnen und von Mitarbeiterinnen des Frauenhauses haben ergeben, daß die sozialen Dienste nur sehr begrenzt imstande sind, mißhandelten Frauen und ihren Kindern Hilfe und Unterstützung zu geben. Dies folgt wesentlich aus der organisatorischen Struktur der sozialen Einrichtungen, z. B.der arbeitsteiligen Aufgabenbestimmung (etwa zwischen Sozialamt, Jugendamt, Wohnungsamt, Polizei, Gericht) und der Festlegung von Dienstzeiten (über 40 % der Frauen, die im Frauenhaus Schutz suchten, kamen außerhalb üblicher Dienstzeiten).
Entscheidend ist auch, daß diese Einrichtungen andere Zielsetzungen und Aufgaben haben, als das Problem von Gewalt gegen Frauen anzugehen, daß sie beide Seiten hören müssen, ehe sie einer bedrohten Frau helfen, daß es für Entscheidungen Dienstwege gibt, die Zeit kosten. Dies bedeutet: Eine unmittelbare, umfassende Hilfe ist nicht möglich.
Obwohl die Situation akuter Gewalttätigkeit in den Aufgabenbereich der Polizei fällt, berichten Frauen regelmäßig, daß sie in bedrohlichen Situationen oder bei massiven Mißhandlungen die Polizei gerufen haben und dennoch keinen Schutz bzw. keine Hilfe erhalten haben. In der Erhebung der wissenschaftlichen Begleitung berichteten Polizeibeamte, daß sie sich außerstande sähen, eine mißhandelte Frau vor weiterer Gefahr wirksam zu schützen, da sie den Mann allenfalls für ein paar Stunden mitnehmen könnten, dieser danach aber die Frau erneut bedrohen werde. Sie beklagten sich, daß Frauen oft keine Anzeige wegen Körperverletzung stellen. In der Regel ist jedoch ein Strafantrag auch bei brutaler Mißhandlung aussichtslos: Das Verfahren wird „mangels öffentlichen Interesses" eingestellt, was die betroffenen Frauen meist schockiert und entmutigt.
Die derzeitige juristische Lage, insbesondere die Richtlinien der Staatsanwaltschaft, schließt eine Strafverfolgung sowohl der einfachen wie auch der gefährlichen Körperverletzung (§ 223 und § 223a StGB) praktisch aus, sofern Frauen von Männern mißhandelt werden, mit denen sie zusammenleben oder befreundet sind. Der Polizei sind insoweit tatsächlich die Hände gebunden, als sie auch bei dem Offizialdelikt gefährlicher Körperverletzung keine Ermittlungen — die ja dem Mann die Illegalität von Mißhandlung verdeutlichen würden — durchführen sollen. Bedenklich ist jedoch die Ansicht fast aller befragten Polizeibeamten, daß sie ihre — von der Strafverfolgung ja unabhängige — Aufgabe der Gefahrenabwehrnur dann wahrnehmen können, wenn die bedrohte Frau auch Strafanzeige stellt.
Die institutioneilen Grenzen der Hilfsmog lichkeiten sowohl der Polizei wie auch der sozialen Dienste werden verschärft durch persönliche und berufstypische Einstellungen von Polizeibeamten und Sozialarbeiter(innen), die eine Bagatellisierung von Mißhandlung bzw. Bedrohung nahelegen bzw. von einer selbst-oder mitverschuldeten Notlage ausgehen — obwohl sie das nicht von der Verpflichtung zum Handeln entbinden würde. Die Zurückhaltung und Zwiespältigkeit der hilfesu chenden Frauen, ihre Pläne und Wünsche offenzulegen, führt dazu, daß die Mitarbeiter/innen dieser Institutionen die Frauen oft als resigniert oder unentschlossen erleben, so daß man meint, ihnen nicht helfen zu können.
Deutlich wahrgenommen wird von den Angehörigen der sozialen Dienste und der Polizei die Begrenzung ihrer Hilfe durch die Funktionen dieser Einrichtungen. Polizeibeamte äußerten, daß polizeiliche oder strafrechtliche Maßnahmen dem Problem der Frauenmiß-Handlunggrundsätzlich nicht beikommen. Sozialarbeiter/innen in den Ämtern sehen, daß ihre Funktion, zu kontrollieren oder Maßnahmen einzuleiten (besonders Sorgerechtsentzug), wirkungsvolle und umfassende Hilfe blockiert.
Sie halten, ebenso wie Mitarbeiter/innen der freien Träger der Wohlfahrtspflege, basisnahe und Selbsthilfeansätze für besser geeignet, weil sie schnell und unbürokratisch helfen können und Anonymität gewährleisten.
V. Die Schwierigkeiten für eine Frau, die Mißhandlungsbeziehung zu verändern oder zu lösen
Bevor sie ins Frauenhaus kamen, hatten fast zwei Drittel der Frauen versucht, Hilfe zu finden, die Mißhandlungsbeziehung immer wieder ganz oder zeitweise zu verlassen. Der wichtigste Hinderungsgrund, Hilfe zu suchen, war die Angst vor den Reaktionen des Mannes. Hinzu kam jedoch die Befürchtung, wegen der Mißhandlung verachtet zu werden: Weil zumeist die Frau für das Gelingen einer Ehe verantwortlich gemacht wird, muß sie damit rechnen, daß ihr Verschulden unterstellt wird, wenn die Mißhandlung bekannt wird.
Die meisten Frauen haben versucht, bei Personen, die ihnen nahestehen, Schutz und Hilfe zu finden. Selbst dort, wo die Hilfsbereitschaft groß war, konnten die Verwandten und Bekannten jedoch keinen ausreichenden Schutz gewähren — oft wurden sie selbst bedroht. Nach wiederholten Mißhandlungen wird die Hilfesuche im privaten Bereich zunehmend schwieriger.
Jeweils ein Viertel der Frauen hatten schon einmal bei der Polizei oder bei der Familien-fürsorge um Hilfe nachgesucht. Ein Teil von ihnen hat dort moralische Unterstützung erfahren, aber ein sofort wirksamer Schutz konnte ihnen nicht geboten werden. Ein solcher Schutz wäre aber die Voraussetzung für weitere Schritte zur Veränderung ihrer Lage gewesen. In den nachgehenden Gesprächen erwies sich dies als eine der wichtigsten Stärken des Hilfsangebots vom Frauenhaus: sofort und ohne Vorbedingungen aufgenommen zu Werden und sich in Sicherheit zu wissen.
Fast alle Frauen berichteten von eigenen Bemühungen, durch Gespräche und durch Anpassung an die Wünsche des Mannes die Beziehung zu verändern. Als sie ins Frauenhaus kamen, waren rund 85% überzeugt, daß sie sich endgültig von dem Mißhandler trennen würden. Allerdings haben sie vielfach erst im Frauenhaus die mit einer Trennung verbundenen weiteren Schwierigkeiten praktisch erfahren: Verlust der bisherigen Existenzgrundlage und des Hausrats, rechtliche Auseinandersetzungen, Konflikte mit den Kindern, ein „Marathonlauf" durch verschiedene Behörden und die Ungewissheit, ob sie sich und die Kinder schützen und durchbringen können. Eine vorläufige Klärung der materiellen und rechtlichen Situation erfordert meist ein bis zwei Monate. Dementsprechend weist die statistische Auswertung eine deutliche Beziehung zwischen Aufenthaltsdauer und Durchsetzung der zunächst angestrebten Trennung aus. Erst bei einem Aufenthalt von länger als einem Monat zogen Frauen häufiger in eine eigene Wohnung, wenn sie das Frauenhaus verließen, als daß sie zum mißhandelnden Mann zurückgingen. Die wichtigste Voraussetzung für den Beginn eines neuen, eigenständigen Lebens ist eine angemessene Wohnung; dies ist zugleich die größte Schwierigkeit. Nach wie vor erleben Bewohnerinnen des Frauenhauses besondere Diskriminierungen auf dem ohnehin angespannten Wohnungsmarkt. Die Durchsetzung des Anspruchs auf die bisherige Ehewohnung bedeutet jedoch oft eine verschärfte Bedrohung, da der Mann mit der Wohnung, der Umgebung und den Nachbarn vertraut ist. Vor allem die Schwierigkeiten der Wohnungssuche waren dafür ausschlaggebend, daß rund 6% der Frauen länger als ein Vierteljahr im Frauenhaus wohnten.
Die Erhebung mit ehemaligen Bewohnerinnen hat gezeigt, daß auch die Frauen, die eine Trennung vom Mißhandler durchgesetzt hatten, noch jahrelang gegen erhebliche Schwierigkeiten anzukämpfen hatten. Das größte Problem war die anhaltende Bedrohung, die in Mehrzahl der auch nach über zwei der Fälle Jahren noch weiterging. Alle ehemaligen Bewohnerinnen waren durch die fortbestehende Angst vor erneuter Mißhandlung eingeschränkt und beeinträchtigt. Um die Gefahr zu verringern, haben sie oft auf ihre Rechte verzichtet (Ehewohnung, Hausrat, Unterhalt), den Arbeitsplatz aufgegeben, weil der Mann dort auftauchte und sie bedrohte oder schlecht machte.
Einmal in einer Mißhandlungsbeziehung gelebt zu haben, kann für Frauen bedeuten, auf längere Zeit ein eingeschränktes Leben führen zu müssen: Kette vor der Wohnungstür, nur auf besonderes Klingelzeichen wird geöffnet, vor keine -Angst Telefonanrufen, Eintra gung ins Telefonbuch, kein Namensschild an der Tür, abends zu verlassen das Angst, Haus usw. Gemeinsame Kinder bedeuten meist, daß die Frau keinen Schlußstrich unter die Beziehung und die damit verbundene Bedrohung setzen kann. Viele Frauen berichten, daß der Mann sie und die Kinder bedroht und einschüchtert oder erneut mißhandelt, wenn er sein Besuchsrecht bei den Kindern wahrnimmt.
Etwa die Hälfte aller Frauen, die das Frauenhaus in Anspruch nahmen, kehrten — meist nach kurzer Zeit — zum mißhandelnden Mann zurück. Die nachgehende Erhebung hat jedoch ergeben, daß diese Auszugsstatistiken keine Aussage erlauben, wie viele Frauen die Beziehung zum mißhandelnden Mann aufrechterhalten. Ein beträchtlicher Anteil der Frauen, die zunächst zurückgegangen waren, hatte sich in der Zwischenzeit getrennt, während Frauen, die vom Frauenhaus in die eigene Wohnung zogen, oft doch noch einmal versucht hatten, die Beziehung zum Mißhandler zu verändern. Die Erfahrungen, die Frauen mit diesen Versuchen gemacht hatten, waren, bis auf seltene Ausnahmen, eindeutig negativ: Auch wenn sie nach Bitten, Versprechen, Selbstmorddrohungen des Mannes zu ihm zurückkehrten, sie nach kurzer Zeit — oft sofort — wieder bedroht und mißhandelt Alle Frauen, die zum Zeitpunkt der nachgehenden Gespräche mit dem mißhandelnden Mann wieder zusammenlebten, mußten mit starker Selbsteinschränkung und der bedrükkenden Angst vor einem Wiederbeginn der Mißhandlungen leben; die Situation der Kinder war durch Zerrissenheit im ständigen Streit der Eltern über Erziehungsfragen gekennzeichnet. Die hartnäckig fortgesetzte Bedrohung, die Diskriminierung alleinstehender Frauen als nicht vollwertig, die Schwierigkeiten, sich eine eigenständige Existenz aufbauen kön zu -nen (Probleme mit Vermietern, mit Behörden, bei der Arbeitssuche, bei sozialen Kontakten), vor allem, wenn kleine Kinder da sind, die Angst vor Alter und damit verbundenem Verlust an sozialem Ansehen — all dies bringt mit sich, daß Frauen sich der Mißhandlung ausgeliefert fühlen und sich nur schwer aus der Beziehung lösen können, auch wenn sie demütigend und gewaltbestimmt ist. Frauen meinen oft, daß ihre Verantwortung für die Kinder einschließt, Ehe und Familie um jeden Preis zu erhalten, auch wenn sie im Grunde nur noch Fassade sind.
In den nachgehenden Gesprächen stellte sich heraus, daß der soziale Kontakt zu anderen Frauen in ähnlicher Situation — meist durch das Frauenhaus entstanden — von sehr großer Bedeutung war für die Bestärkung der Frau in ihrem Entschluß, trotz aller Schwierigkeiten die Mißhandlung nicht mehr zuzulassen. Eine nachgehende Beratung, die vom Frauenhaus ausgeht, und Frauentreffpunkte im Stadtteil könnten vermutlich dazu beitragen, daß weniger Frauen in eine unveränderte Mißhandlungssituation zurückkehren.
VI. Schutz, Beratung und Unterstützung im Frauenhaus
Die Konzeption von Schutz, Hilfe und Beratung im Frauenhaus geht von folgenden, Grundprinzipien und Zielvorstellungen aus: — Alle schutzsuchenden Frauen und ihre Kinder werden aufgenommen, zu jeder Tages-und Nachtzeit, auch wenn sie wiederholt ins Frauenhaus flüchten. Dieser unmittelbare Schutz vor Gewalt hat Vorrang gegenüber a len dadurch bedingten Belastungen der Le bensumstände im Haus durch Überfüllun und Unruhe. — Es gibt keine bürokratische, hierarchische Organisation des Hauses; es ist selbstverwaltet und hat keinen Heimcharakter. Die schutz-suchenden Frauen werden nicht aktenmäßig erfaßt oder in irgendeiner Form kontrolliert. — Planstellen für qualifizierte Mitarbeiterinnen sind notwendig, damit die mißhandelten Frauen ein kontinuierliches, zuverlässiges Beratungsangebot erhalten.
— Die Mitarbeiterinnen gehen von einem parteilichen Ansatz aus. D. h.: Die Beratungsarbeit orientiert sich ausdrücklich und ohne Vorbehalt an den Interessen und Bedürfnissen der mißhandelten Frauen.
— Die Mitarbeiterinnen im Team sind gleichberechtigt und prinzipiell für alle auftauchenden Fragen und Beratungsbedürfnisse ansprechbar. — Mädchen und Jungen benötigen qualifizierte Unterstützung und Beratung, um das Schweigen zu brechen und mit der Bewältigung ihrer meist traumatischen Erfahrungen zu beginnen. Eine Entlastung der Mütter von ihren Kindern und der Kinder von ihren Müttern ist in dieser Situation wichtige Aufgabe des Frauenhauses.
— Im Frauenhaus gibt es männlichen keine Mitarbeiter. Frauen sollen -durch das solidari sche und selbstbestimmte Zusammenleben mit Frauen ihr Selbstwertgefühl als Frau (wieder) entwickeln können.
— Auch eine Aufgabe des Frauenhauses ist Öffentlichkeitsarbeit, die zur Enttabuisierung von Frauenmißhandlung und zu besseren Chancen für eine selbstbestimmte Lebensplanung für Frauen beiträgt.
Diese Grundsätze wurden von den ehemaligen Bewohnerinnen in der Erhebung trotz teilweiser Kritik an den Folgeerscheinungen (Unruhe, Überfüllung, Konflikte im Haus) entschieden bejaht. Sie bestätigten auch, daß sowohl gegenseitige Hilfe der Bewohnerinnen wie auch qualifizierte, festangestellte Mitar-Leiterinnen wesentliche Bestandteile einer wirksamen Hilfe für sie waren. Nach Aussagen der Frauen tragen die Bewohnerinnen zu Ler Hilfe, die das Haus bietet, bei durch eine Vertrauensgemeinschaft, die die bisherige Iso-
ation aufbricht und Schamgefühle abbauen hilft. Daher fanden die meisten Frauen es bes-ser, wenn neu ankommende Frauen von Bewohnerinnen aufgenommen werden. Diese raxis vermittelt auch von Anfang an, daß hier betroffene Frauen über sich selbst entschei-den. Frauen erleben die Gespräche mit Bewohnerinnen als gegenseitigen Erfahrungsaustausch von großer Wichtigkeit; neben der emotionalen Unterstützung liegt darin die Chance, mehr Klarheit und Distanz zu den eigenen Erlebnissen zu gewinnen und verschiedene mögliche Handlungswege mit ihren Folgen nachzuvollziehen. Die praktische Solidarität (z. B. bei Ämtergängen, beim Nachholen persönlicher Dinge aus der Wohnung, bei Kinderversorgung und Alltagsproblemen) entlastet nicht nur, sondern vermittelt auch, daß Frauen sich gegenseitig helfen können. Frauen berichteten auch, daß ihre Erfahrungen mit der eigenen Fähigkeit, zu entscheiden, zu organisieren und zu handeln, ihr Selbstbewußtsein entschieden gestärkt hatten.
Im Unterschied dazu werden die Gespräche mit Mitarbeiterinnen als Möglichkeit gesehen, Probleme ihrer individuellen Situation anzugehen und konkrete Entscheidungen zu treffen. Nachdem die meisten Frauen jahrelang ihre Probleme hinter denen anderer zurückstellen mußten, brauchen sie zur Aufarbeitung ihrer Mißhandlungserfahrungen und der Folgeprobleme Gespräche, in denen es ausschließlich um sie selbst, um ihre Person geht. Die Mitarbeiterinnen sind in anderer Weise belastbar als andere Bewohnerinnen, die ja oft tief in den eigenen Problemen stekken, und haben zudem eine Art Schweigepflicht, die es Frauen erleichtert, über Tabubereiche wie Alkoholprobleme, Sexualität oder Ambivalenz gegenüber Kindern zu sprechen. Sie sind kontinuierlich und zuverlässig ansprechbar. Bei den Mitarbeiterinnen rechnen Frauen vor allem auch mit sachkundigen, zuverlässigen Informationen und Einschätzungen zu den vielen Problemen, die in einer Mißhandlungsbeziehung oft fatal miteinander verstrickt sind (Entscheidungen über rechtliche Schritte gegenüber dem Mißhandler verlangen oft eine Einschätzung der eigenen psychischen Belastbarkeit, vielleicht auch der zu erwartenden Reaktionen der Kinder; Entscheidungen über notwendige Therapien können die Frage nach der Reaktion des Jugendamtes bzw.des Richters hinsichtlich des strittigen Sorgerechts aufwerfen, etc.). Komplizierte Problemlagen sind eher die Regel als die Ausnahme. Probleme in vielen Lebensbereichen müssen zugleich bedacht, vorläufige Lösungen gefunden werden.
Voraussetzung für eine wirksame Unterstützung im Frauenhaus sind daher ausreichende und qualifizierte Planstellen. Die Qualifikationen müssen der Vielfalt der Probleme und Hindernisse entsprechen, d. h.: Ausbildung in psychosozialer Beratung sowie in Spezial-kenntnissen. Die Anforderungen, die die Beratung täglich stellt (z. B. Spezialkenntnisse in der Psychologie und der Medizin, im Recht, in der Institutionenkunde, der Berufsberatung und der Erziehungsberatung), können nur durch Teamarbeit erfüllt werden, durch Kooperation und gegenseitige Vermittlung des jeweiligen Fachwissens durch die Mitarbeiterinnen untereinander.
Ehrenamtliche Mitarbeiterinnen leisten Adhoc-Hilfe im Einzelfall.
Bei der Aufnahme, meist durch Bewohnerinnen, erhält die Frau die Zusicherung, daß sie hier Schutz findet, aktenmäßig nicht erfaßt wird und selbst bestimmen kann, wie lange sie bleibt. Erste praktische Fragen (ob sie ärztliche Hilfe braucht, was mit den Kindern, der Arbeitsstelle ist, usw.) werden geklärt. Im Erstgespräch mit einer Mitarbeiterin (am gleichen Tag oder am nächsten Werktag) wird sie darin unterstützt, alle Aspekte ihrer Situation offen zu überlegen; sie wird dazu ermutigt, an sich selber zu denken und sich die Veränderung ihrer gewaltbestimmten Situation zuzutrauen. Konkrete, unmittelbare Entscheidungen werden ihr nicht abverlangt. Weitere Einzelberatung durch die gleiche Mitarbeiterin wird je nach den Wünschen der Frau angestrebt: über die Entwicklung der Mißhandlungsbeziehung, über das eigene Selbstwertgefühl und Rollen-verständnis, über Probleme der Frau im Verhältnis zu ihren Kindern, über Erziehungsfragen, Klärung der materiellen und rechtlichen Situation (z. B. Antrag auf Sozialhilfe; Anmeldung bei der Einwohnermeldestelle; Antrag auf Auskunftssperre über den derzeitigen Aufenthaltsort; u. U. Umschulung der Kinder; Suche nach einem Kindergartenplatz; Beratung in Scheidungs-, Unterhalts-und Sorgerechtsfragen; gegebenenfalls Weiterverfolgung der Strafanzeige gegen den mißhandelnden Mann; Wohnungssuche; Antrag auf Wohnberechtigungsschein; Arbeitsplatzsuche usw.), Bestärkung der Frau, ihre Rechte durchzusetzen. Besondere Beratung und Handlungsunterstützung ist erforderlich für körperlich und seelisch stark geschädigte Frauen. Dies gilt auch bei Tabletten-und Alkoholabhängigkeit, da diese Frauen nicht im Haus bleiben können und Möglichkeiten für eine Kur oder Therapie gefunden werden müssen. Intensive und umfassende Beratungsbedürfnisse haben vor allem auch ausländische Frauen mit ihren besonderen Problemen: einerseits Sprach-, Integrations-und Diskriminierungsprobleme (die die Begleitung durch eine sprachkundige Mitarbeiterin oft längere Zeit notwendig machen), andererseits besondere Probleme mit Scheidung und Sorgerechtsregelung und mit der Gefahr, daß der Mann die Kinder ins Heimatland entführen kann. Hinzu kommen Probleme der Aufenthalts-und Arbeitserlaubnis. Die ständige Notwendigkeit, Frauen bei der Wahrnehmung ihrer Rechte gegenüber den Ämtern zu unterstützen, bindet viel Arbeitszeit der Mitarbeiterinnen. Zusätzlich müssen Frauen, als Schutz vor Bedrohung und zur Durchsetzung ihrer Interessen, anfangs auf Wegen (z. B. zu Ämtern) begleitet werden, meist von anderen Bewohnerinnen oder ehrenamtlich arbeitenden Frauen.
Die kontinuierliche Einzelberatung wird oft durch vielfältige andere Anforderungen, die aus dem Zusammenleben entstehen, zurückgedrängt. Hierzu gehören:
— Telefonische und ambulante Beratung von Frauen, die (noch) nicht ins Frauenhaus kommen wollen (den allgemeinen Telefondienst machen die Bewohnerinnen);
— Bewältigung akuter Bedrohungssituationen für einzelne Frauen oder für das Frauenhaus, Stabilisierung und praktische Schritte bei Terror gegen das Haus, wie z. B. bei Brand-anschlägen, randalierenden oder bedrohlich auflauernden Männern vor dem Haus, Bombendrohungen und Telefonterror;
— Gruppengespräche und Gruppenberatungen, Beratung der Zimmergemeinschaften bei Konflikten, Unterstützung der Bewohnerinnen bei der Selbstorganisation.
Nur wenige Abgrenzungen einzelner Arbeitsbereiche gegeneinander sind im Frauenhaus möglich. Eine klare Bereichsdifferenzierung hat sich zwischen der Arbeit mit den Frauen und der mit den Kindern entwickelt. Trotz Schwierigkeiten mit dem Informationsaustausch erwies sich diese Arbeitsteilung als unvermeidlich. Nach mehrjährigem Bestehen des Frauenhauses zeigt sich, daß nachgehende Beratung als eigener Arbeitsbereich notwendig ist, der größtenteils außerhalb des Frauenhauses stattfindet. Hierfür standen bislang nur Zeitverträge im Rahmen des ABM-Programms zur Verfügung, so daß die dringend erforderliche Kontinuität oft nicht gewährleistet werden konnte.
Die materiellen Schwierigkeiten und die Auseinandersetzung mit Behörden sowie die meist jahrelang sich hinziehenden Schet dungsprozesse machen eine praktische Unterstützung in der ersten Zeit nach dem Auszug aus dem Frauenhaus wichtig. Akute Bedrohung durch den Mißhandler erfordert häufig intensive Einsätze der Mitarbeiterin. Anhand der erhobenen Daten konnte ein durchschnittlicher Bedarf an nachgehender Beratung für rd. 90 bis 100 ehemalige Bewohnerinnen errechnet werden. Mit der Dauer des zeitlichen Abstands nach dem Auszug nimmt das Bedürfnis nach Unterstützung gegenüber Ämtern ab, das Bedürfnis nach Vermittlung von Kontakt zu anderen Frauen in ähnlicher Situation (Gruppentreffen) zu. über 40 % der ehemaligen Bewohnerinnen, die bereits vor mehr als einem Jahr aus dem Frauenhaus ausgezogen waren, äußerten noch das Bedürfnis nach einer Nachbetreuung; nur die wenigsten von ihnen hatten diese Möglichkeit gehabt» Als Auswirkung des Frauenhausaufenthaltes stellten fast alle ehemaligen Bewohnerinnen fest, daß sie selbstsicherer geworden waren.
Vor allem die Frauen, die länger im Frauenhaus gewohnt hatten oder die Trennung vom Mißhandler durchsetzen konnten, beschrieben, wie ihr Selbstbild von sich als Frau und ihre Beziehung zu anderen Frauen positiver geworden war. Der Mutter-Kind-Beziehung kam die Möglichkeit zugute, endlich nach Vorstellungen zu erziehen, die die Frau selbst verantworten kann.
Einige Frauen hatten die Möglichkeit, aus dem Frauenhaus aus-und in eine der mit dem Frauenhaus in Verbindung stehenden „Wohngemeinschaften der 2. Stufe" einzuziehen und wichtige Erfahrungen im längeren Zusammenleben mit anderen Frauen zu machen. Diese Wohnform kann Schutz vor weiterer Bedrohung, Unterstützung (auch bei einem Neubeginn im Beruf, z. B. Umschulung) und Stärkung des Selbstbewußtseins als Frau geben, ohne die oft zermürbende Belastung des Lebens in einem überfüllten Haus mit täglicher Fluktuation.
VII. Die Arbeit mit Mädchen und Jungen im Frauenhaus
Die Arbeit mit Kindern begann im Frauenhaus als schlichte Notwendigkeit: als Reaktion auf die Masse der Mädchen und Jungen, auf ihre Mitbetroffenheit von Mißhandlung, auf die mit dem Umzug ins Frauenhaus für sie verbundene Umstellung und große Verunsicherung.'Kinderbetreuung ist zum einen notwendig, damit im Frauenhaus selber die mißhandelten Frauen entlastet werden und sie mehr Ruhe und Zeit für Klärungsprozesse und praktische Probleme finden, damit auch Beratungsgespräche ungestört und fruchtbar möglich werden. Zum anderen haben auch die Mädchen und -Jungen durch die Mißhandlungssituation große Belastungen und Entwicklungsbeeinträchtigungen erfahren, bei deren Bewältigung sie unterstützt werden müssen. Auch hre Bedürfnisse müssen berücksichtigt werden. Das Frauenhaus soll den Kindern einen reiraum bieten, in dem sie ohne Furcht vor träfe toben und sich ausleben können und die ngste, die sie so lange unterdrückt haben, ab-schütteln können. Ihr Selbstvertrauen muß ge-Sarkt werden. Ihnen soll vermittelt werden, uß jede Frau und jedes Kind ein Recht auf Un-
ersehrtheit. Würde und ein gewaltfreies Le-en haben, auf eigene Bedürfnisse und Wünsche, und daß Mißhandlung nie gerechtfertigt ist, auch wenn sie als „gerechte Strafe" von den Erwachsenen legitimiert wird.
Mädchen und Jungen in einer Familie, in der der Vater zur Mutter und eventuell zu ihnen gewalttätig ist, haben keine positiven Leitbilder für ihr späteres eigenes Verhalten in Beziehungen mitbekommen. Besonders für Mädchen bedeutet die Erfahrung, wie die Mutter behandelt wird, eine große Gefährdung dr Persönlichkeitsentwicklung und des Selbstwertgefühls. Deshalb muß bei der Kinderbetreuung im Frauenhaus in besonderer Weise auf die Benachteiligungen und auf die Bedürfnisse der Mädchen eingegangen werden. Sie müssen zu Selbstbewußsein und Entfaltung ihrer Möglichkeiten ermutigt werden; hierfür haben sich u. a. Gesprächsgruppen für Mädchen bewährt.
Für Mädchen wie Jungen ist wichtig, daß sie in Einzelgesprächen wie auch in der allgemeinen Behandlung von Gewalt und Mißhandlung durch die Mitarbeiterinnen eine Möglichkeit erhalten, ihre traumatischen Erlebnisse aufzuarbeiten. Sie werden als eigene Personen mit eigenen Rechten respektiert, nicht nur als Mitbringsel ihrer Mütter angesehen. Die Mitarbeiterinnen im Kinderbereich haben die Aufgabe, die Interessen der Mädchen und Jungen im Frauenhaus zu vertreten bzw. sie zu ermutigen, das selber zu tun. Es hat sich herausgestellt, daß eine kontinuierliche Gruppen-arbeit, getrennt nach Altersgruppen, erforderlich ist Die Zusammenarbeit mit den Müttern muß Bestandteil der Arbeit sein, da dies für die weitere Perspektive der Mädchen und Jungen entscheidend ist.
Für die Arbeit mit Kindern im Frauenhaus lassen sich nur begrenzt Erfahrungen in anderen Einrichtungen übertragen: Die starke Fluktuation und die ständige Notwendigkeit, heftige Spannungen aufzuarbeiten, prägen die Situation der Mädchen und Jungen und verlangen große Flexibilität. Wichtig ist neben der bewußten Auseinandersetzung mit Gewalterfahrungen auch die mit gesellschaftlich selbstverständlichen Ungleichheiten.
VIII. Die Überfrachtung des Frauenhauses mit vielschichtigen Problemen
Weil Frauenmißhandlung und das Ausgeliefertsein an die gewaltbestimmte Situation mit den allgemeinen und vielfältigen Benachteiligungen von Frauen in der Gesellschaft Zusammenhängen, bringen mißhandelte Frauen eine Fülle von zusätzlichen Problemen mit ins Frauenhaus, die teils Folge der Mißhandlung sind, teils Gründe, die eine neue, gewaltfreie Lebensperspektive erschweren.
Insoweit ergänzende Hilfsangebote fehlen, die den besonderen Problemen von Frauen angemessen sind, wird das Frauenhaus zur Sammelstelle für alle Folgeprobleme der Benachteiligung von Frauen. Dies erhöht die psychische Belastung der Mitarbeiterinnen sowie der Bewohnerinnen und bedeutet, daß eine ausreichende Unterstützung auch für nur eine Frau enorme Energien fordern kann. Es bestehen Wechselwirkungen einerseits zwischen der Inanspruchnahme des Frauenhauses, seinen Möglichkeiten, mißhandelten Frauen wirkungsvollen Schutz und Beratung zu bieten, und andererseits der Existenz oder dem Fehlen unterstützender und Folgeeinrichtungen.
IX. Empfehlungen zur Schaffung wirkungsvollerer Hilfen gegen Frauenmißhandlung
Die Arbeit des Frauenhauses nach der hier dargestellten Konzeption hat sich, trotz der vielfältigen praktischen Schwierigkeiten und vor allem Problemüberlastungen, eindeutig bewährt.
Angesichts der großen und steigenden Inanspruchnahme und des ständig sichtbarer werdenden Ausmaßes der Mißhandlung von Frauen und Kindern ist es dringend nötig, mehr Frauenhäuser mit festangestellten, qualifizierten Mitarbeiterinnen und einer angemessenen Ausstattung einzurichten.
Während der Modellphase arbeiteten im Berliner Frauenhaus acht Mitarbeiterinnen mit Planstellen sowie acht ABM-Mitarbeiterinnen. Aufgrund der systematischen Praxisbeobachtung hat die wissenschaftliche Begleitung einen Personalschlüssel berechnet: Ein Frauenhaus, das von durchschnittlich 35 Frauen und etwa ebenso vielen Kindern in
Anspruch genommen wird, beinötigt für die Frauenberatung acht Planstellen (BAT II a IV b), für die Arbeit mit den Kindern acht Stellen (BAT V c/VI b), für die Instandhaltung und Verwaltung des Hauses zwei Stellen (BAT VI b) und für die nachgehende Beratung und Betreuung fünf Stellen (BAT II a/IV b).
Die Organisationsform des Berliner Frauenhauses mit einem eigenständigen Trägerverein hat sich bewährt.
Die Empfehlungen der wissenschaftlichen Begleitung betreffen folgende Bereiche: a) Allgemeine Verbesserung der Beratung und Hilfe für Frauen und Kinder, um die Benachteiligung und Abhängigkeit von Frauen und Kindern in der Gesellschaft abzubauen Basisnahe und bedürfnisorientierte Beratungsstellen, Frauentreffpunkte im Stadttet mehr Erholungsangebote für Frauen sind not wendig. Es fehlen Therapieangebote, die die spezifischen Probleme von Frauen unter bewußter Einbeziehung der Erfahrung von Männergewalt aufarbeiten; dies ist bei Alkohol-und Tablettenabhängigkeit besonders schwerwiegend. Auch die Verbesserung der Berufs-möglichkeiten von Frauen durch Umschulung und Ausbildung ist notwendig.
Die Betroffenheit der Kinder vom Machtgefälle und von der Mißhandlung hat deutlich gemacht, daß auch für sie ausdrücklich an ihren Problemen und Bedürfnissen orientierte Beratungsangebote sowie Kinder-und Jugendlichen-Wohngemeinschaften und Kinderschutzhäuser notwendig sind.
b) Ergänzende und Folgeeinrichtungen zum Frauenhaus:
Entsprechend den Problemlagen der ins Frauenhaus kommenden Frauen und Kinder bei der Verbesserung ihrer Lebenssituation hat sich vor allem der Bedarf an nachgehenderBeratung durch festangestellte, qualifizierte Mitarbeiterinnen herausgestellt. In diesem Rahmen sind auch besondere Unterstützungs-und Beratungsangebote für die betroffenen Mädchen und Jungen notwendig.
Schutz und Beratung werden länger gebraucht, als ein Aufenthalt im Frauenhaus zumutbar ist — außerdem wird das Haus von neuen Frauen in akuter Notsituation gebraucht. Angegliedert an das Frauenhaus sollte es daher für Wohngemeinschaften mit Unterstützungsfunktion eine Anzahl von Wohnungen der zweiten Stufe geben, z. B. für Frauen mit mehreren Kindern, oder für Frauen, die besonders schwer eine Wohnung finden, wie z. B. Ausländerinnen. Außerdem sind für körperlich und seelisch besonders belastete und geschädigte Frauen angemessen betreute Pflege-und Wohnmöglichkeiten notwendig. C Bessere Ausschöpfung vorhandener Hand^ngspielräume in bestehenden sozialen Eindchtungen: Durch Aus-und Fortbildung der Mitarbeiter dler öffentlichen Einrichtungen muß das Tabu der Frauenmißhandlung abgebaut und Prohlembewußtsein geschaffen werden. Wichtig lst dies auch für die Bereiche, die mit Kindern zu tun haben (Schulen, Kindertagesstätten). m Bereich der sozialen Dienste:
" Eine Neustrukturierung der sozialen Dien- stein Richtung auf Überwindung der Zersplit-
erung der Kompetenzen und auf eine ganzheitliche Beratung und Hilfe wäre für mißhandelte Frauen besonders wichtig.
— Das Anliegen von mißhandelten und bedrohten Frauen, ihre neue Adresse nicht an den Mißhandler weiterzugeben, muß aus-, nahmslos respektiert werden. Die Verfahren der Verwaltung insbesondere bei der Bearbeitung von Anträgen auf Leistungen und in Sorgerechtsfragen müssen daraufhin überprüft und geändert werden.
— Anträge auf materielle Leistungen beim Sozialamt werden oft mit Zeitverzögerungen bearbeitet, die für alle Betroffenen unzumutbar sind. Insbesondere bei akut bedrohten Frauen und bei Frauen, die infolge von Mißhandlungen ihre gesamte Habe haben aufgeben müssen, erfordern die Dringlichkeit ihrer Notsituation und die Bedrohung eine zügige Bearbeitung.
— Bei der Stellungnahme der Familienfürsorge zum Sorgerecht muß darauf hingewiesen werden, daß ein gewalttätiger Mann grundsätzlich zur Erziehung nicht geeignet ist.
Vor einer Stellungnahme zum Sorgerecht sollten die Kinder selbst gefragt werden; ihr Wunsch muß berücksichtigt werden.
Daß eine Frau einen gewalttätigen Mann verläßt und mit den Kindern ins Frauenhaus geht, darf nicht gegen sie verwendet werden. Die Wohnsituation im Frauenhaus ist für Frauen und Kinder eine — zwar belastende — Übergangssituation, die aber in jedem Falle der Mißhandlungssituation vorzuziehen ist Da die Frau die Kinder aus einer von Gewalt geprägten Lebenssituation befreit, ist zunächst davon auszugehen, daß sie für das Wohl der Kinder verantwortlich handelt, was im Hinblick auf das Sorgerecht positiv bewertet werden sollte.
Im Bereich der ärztlichen Hilfe:
— Durch Aufklärung und Fortbildung sollten Ärzte dazu veranlaßt werden, auf Anzeichen von Mißhandlungsverletzungen zu achten, gegebenenfalls Patientinnen von sich aus danach fragen.
— Es ist erforderlich, einen Katalog von Indikatoren für die Diagnose von Mißhandlungsverletzungen zu erstellen (vergleichbar dem für die Diagnose von Kindesmißhandlungen). Damit soll die gezielte Untersuchung entsprechender Verletzungen verbessert und die Feststellung von zurückliegenden und wiederholten Mißhandlungsverletzungen ermöglicht werden. — Mißhandlung als Behandlungsanlaß muß statistisch erfaßt werden.
— Jeder mißhandelten Frau soll ein Attest ausgestellt werden, das den vollen Umfang der Verletzungen und die Aussagen der Frau über die Ursachen festhält.
— Vor allem bei der Aufnahme in ein Krankenhaus sollen mißhandelte Frauen außer einer umfassenden Untersuchungauch fnformationen über Handlungsmöglichkeiten sowie Schutz erhalten.
— Die Praxis der Verschreibung von Psychopharmaka sollte daraufhin untersucht werden, inwieweit damit Frauen behandelt werden, die in Mißhandlungsbeziehungen leben. Bei dieser Art ärztlicher „Hilfe" wird nach den Erfahrungen im Frauenhaus in vielen Fällen Medikamentensucht und -abhängigkeit in Kauf genommen.
Im Bereich der Staatsanwaltschaft:
— Das öffentliche Interesse an der Verfolgung einer Strafanzeige, die eine Frau gegen den Mißhandler stellt, sollte generell bejaht werden, da der Rechtsfrieden über den Lebens-kreis der einzelnen Frau hinaus durch Frauenmißhandlung gestört die Strafverfolgung und ein gegenwärtiges Anliegen der Allgemeinheit ist. Die Richtlinien für das Strafverfahren müssen dahingehend ergänzt bzw. verdeutlicht werden..
— Entsprechend dem Legalitätsprinzip hat die Staatsanwaltschaft dafür zu sorgen, daß die Polizei bei allen Einsätzen wegen „Familienstreitigkeiten" Ermittlungen durchführt.
— Die Bagatellisierung von Frauenmißhandlung durch die routinemäßige Einstufung selbst brutaler Mißhandlungen (Würgen bis zur Bewußtlosigkeit, Messerstiche in die Brust, Fußtritte in den Unterleib) als „einfache Körperverletzung" muß unterbunden werden. Hier sind klare Dienstanweisungen sowohl an die Polizeidienststellen, die Anzeigen und Strafanträge aufnehmen, als auch an die Staatsanwaltschaft erforderlich.
— Angesichts der mangelnden Erfahrungen mit der Strafverfolgung von Mißhandlung, der starken Bedrohung der als Zeugin aussagenden Frau und des mangelnden Problembewußtseins bei vielen zuständigen Stellen ist die Durchführung von Modellprojekten bei der Staatsanwaltschaft in Zusammenarbeit mit Frauenhäusern zu empfehlen, um Strafverfahren gegen Mißhandler nach den geltenden Gesetzen durchzuführen.
Im Bereich der Polizei:
— In der Ausbildung der Polizeibeamten (insbesondere Grundausbildung zum mittleren Dienst) sollte Frauenmißhandlung als Unterrichtsthema ausdrücklich und angemessen behandelt werden. Die in der Ausbildung gebräuchlichen Lehrbücher (insbesondere für Psychologie), die die gängigen Vorurteile gegen Frauen verstärken, müssen revidiert oder ersetzt werden. Weiter sollte eine effektive, praxisorientierte Vorbereitung auf Einsätze in Mißhandlungssituationen erfolgen, besonders im Hinblick auf die juristische und medizinische Einschätzung der Situation und auf ein für die betroffene Frau angemessenes Verhalten. — Bei jedem Einsatz in sogenannten „Familienstreitigkeiten" sollten die Einsatzbeamten eindeutig und unmißverständlich erklären, daß Gewaltanwendung unter allen Umständen rechtswidrig und strafbar ist, sowie dafür sorgen, daß die Frau Schutz und gegebenenfalls ärztliche Versorgung und Informationen über Hilfsmöglichkeiten erhält. Wünschenswert wäre die Erstellung einer gedruckten Karte mit Hinweisen über mögliche rechtliche Schritte, wichtigen Telefonnummern, Adressen von Beratungsstellen etc.. Einsatzbeamte müssen dazu verpflichtet werden, unaufgefordert ihren Namen, Revier und Dienstnummer zu nennen, damit sie gegebenenfalls als Zeugen (auch in Scheidungsverfahren) benannt werden können.
— Der Einsatz weiblicher Polifeibeamter bei „Familienstreitigkeiten" wäre zu begrüßen.
Im Bereich der Gerichte:
— Wenn mißhandelte Frauen einstweilige Anordnungen beantragen, ist eine schnelle Entscheidung unbedingt erforderlich, insbesondere beim einstweiligen Sorgerecht und bei der Überlassung der Wohnung. Stellt die Anhörung des Mannes vor der Entscheidung über die elterliche Sorge oder die Ehewohnung eine Gefährdung der Kinder oder der Frau dar, so sollte eine Entscheidung ohne dessen Anhörung und ohne mündliche Verhandlung erfolgen. Das rechtliche Gehör soll dann nachträglich gewährt werden.
— Wenn Mutter und Kind länger im Frauenhaus gewohnt haben, sollte gegebenenfalls die Einschätzung der Mitarbeiterinnen des Frauenhauses, die das Kind kennen, in strittigen Fragen des Sorge-und Verkehrsrechts me r Gewicht haben als der Bericht des Jugendamtes. — Um den Schutz der Frauen gegen fortgesetzte Bedrohung auch nach der Trennung zu sichern, sollten Strafrichter verstärkt von der Möglichkeit Gebrauch machen, im Rahmen des Strafverfahrens dem MißhandlerAuflagen zu erteilen. Angemessene Auflagen wären in diesen Fällen, dem Mann für eine ausreichende Frist zu untersagen, das Haus zu betreten, in dem die Frau ihre Wohnung hat, oder notfalls sich in dem Bezirk oder in dem Ort aufzuhalten, wo die bedrohte Frau lebt. (Vergleichbare Auflagen, die die Freizügigkeit infolge der Straffälligkeit einschränken, werden z. B. Drogenabhängigen gemacht, um ihren Kontakt zu der „Szene“ zu verhindern.)
Veränderungen, die alle öffentlichen Einrichtungen betreffen:
Mißhandlungen sollten in allen Einrichtungen statistisch erfaßt werden.
Männliche Mitarbeiter, von denen bekannt wird, daß sie selbst eine Frau mißhandelt haben, müssen aus allen Dienststellen versetzt werden, bei denen mißhandelte Frauen Hilfe suchen. d) Gesetzliche Veränderungen:
— Die Vorschriften für die Zuweisung der Ehewohnung bei der Scheidung in der Hausratsverordnung sind dahin gehend zu ergänzen, daß bei Mißhandlung immer der Mißhandler die Wohnung zu räumen hat. Das muß auch für den Fall des Getrenntlebens verankert werden.
— Aus verschiedenen Gründen werden mißhandelte Frauen es oft vorziehen oder genötigt sein, eine neue Wohnung zu suchen. Um dies zu erleichtern, sollten Auflagen an alle Empfänger staatlicher Zuschüsse für Wohnungsbau bzw. -Sanierung gemacht werden, einen Teil ihrer Wohnungen bevorzugt an alleinstehende Personen mit Kindern zu vermieten. — Die Polizei sollte die Möglichkeit erhalten, einer bedrohten Frau wirksamen Schutz zu gehen, damit sie eine realistische Frist hat, in der sie sich um eine anderweitige Unterkunft oder um eine einstweilige Verfügung bemühen kann. Dazu müßte die Polizei die Möglichkeit haben, einem gewalttätigen Mann Auflagen zu erteilen, die Wohnung sofort zu verlassen and innerhalb von 48 Stunden nicht wieder zu etreten bzw.den Mann notfalls in Gewahrsam zu nehmen.
, Die gesetzliche Bestimmung zu § 223a GB sollte dahin gehend ergänzt werden, daß der Tatbestand der „gefährlichen Körperverletzung" auch bei wiederholter Körperverletzung gegeben ist. Die schweren gesundheitlichen Schäden, die Frauen nach jahrelangen wiederholten Mißhandlungen dayontragen, auch wenn keine Waffe, kein Gegenstand dabei benutzt wurde, machen deutlich, daß es dem Rechtsgedanken der besonderen Gefährlichkeit entspricht, die Wiederholung in das Gesetz aufzunehmen.
— Die einschränkende Formulierung des § 177 StGB, wonach der erzwungene Geschlechtsverkehr nur außerhalb der Ehe strafbar ist, ist ersatzlos zu streichen, damit auch eheliche Vergewaltigung unter Strafe gestellt wird.
— Für Ausländerinnen ist eine gesetzliche Absicherung ihrer persönlichen Existenz durch eigene Aufenthalts-und Arbeitserlaubnis erforderlich, wenn sie durch Ehe mit einem Deutschen oder als nachziehende Familienangehörige nach Deutschland kommen und sich infolge von Mißhandlung trennen wollen. Nicht sie, sondern der Mann hat sich strafbar gemacht und sollte die Folgen tragen.
— Zum Schutz der Kinder und zur Sicherung ihrer Rechte müssen Kinder das Recht haben, sich von einem mißhandelnden Elternteil zu trennen. Das Recht des persönlichen Umgangs muß generell gesetzlich dahin gehend verändert werden, daß es sich ausschließlich am Wohl des Kindes orientiert und nicht mehr als Recht des nichtsorgeberechtigten Elternteils über das Kind ausgelegt werden kann. Dem Kind aufgezwungene Besuche sind in jedem Fall ein Mißbrauch der elterlichen Rechte und müssen eindeutig untersagt werden.
Kinder, die vor Gericht aussagen, sollten die Möglichkeit haben, durch eigene, besonders qualifizierte Anwälte/innen vertreten zu werden. Veränderungen in dem Verhalten bestehender Einrichtungen gegenüber der Mißhandlung von Frauen und Kindern wie auch neue Gesetze müssen darauf angelegt sein, die Gewalt, die Männer gegen Frauen anwenden, eindeutig und unmißverständlich zu verurteilen. Es ist notwendig, auch dann Stellung zu nehmen, wenn die betroffene Frau sich dazu nicht äußert. Erst eine Vielzahl solcher Stellungnahmen können Mut machen.
Das Machtgefälle zwischen Mann und Frau, Erwachsenen und Kindern muß als Hintergrund jeder Mißhandlung durchschaubar gemacht werden. Ungleiche können nicht als Gleiche behandelt werden, ohne Unrecht zu tun. Veränderungen müssen zum Ziel haben, dieses Machtgefälle, seine sozialen und individuellen Konsequenzen abzubauen. Der im Grundgesetz verankerte besondere Schutz von Ehe und Familie darf nicht zur Folge haben, daß die einzelnen Mitglieder der Familie den staatlichen Schutz ihrer Grundrechte verlieren. Frauen müssen die Gewißheit haben, daß Mißhandlung gesellschaftlich als strafbar angesehen wird und daß ihre Strafanzeigen verfolgt werden.
Alle rechtlichen und amtlichen Handlungen müssen vom Respekt für die Wünsche der Frau und die der Kinder getragen werden. Bei einem Interessenkonflikt zwischen Frauen und ihren Kindern muß beiden die Möglichkeit gegeben werden, in Ruhe (und mit Abstand voneinander) zu einer Entscheidung zu gelangen.
Ein Klima der Verharmlosung von Gewalt gegen Frauen — auch in den Medien — trägt erheblich dazu bei, daß Frauen in solchem Ausmaß der Mißhandlung ausgeliefert sind. Die genannten Grundsätze werden nur dann für tatsächliche Veränderungen wirksam werden können, wenn sich die Veränderungen im öffentlichen Bewußtsein, die durch die Frauenhäuser in Gang gesetzt worden sind, fortsetzen.
Die wissenschaftliche Begleituntersuchung zum Modellprojekt „Frauenhaus Berlin" wurde durchgeführt von einem Berliner Forscherinnenteam, zu dem Carol Hagemann-White, Privatdozentin für Soziologie, Dipl. Soz. Barbara Kavemann, Dipl. Soz. Johanna Kootz, Dipl. Soz. Ute Weinmann und Dipl. Päd. Carola Christine Wildt — die zusammen die Arbeitsgruppe sozialwissenschaftliche Frauenforschung bildeten—gehörten; im Forschungsteam waren Mitarbeiterinnen des Frauenhauses kontinuierlich an der Forschungsarbeit beteiligt, von ihnen haben am Abschlußbericht vor allem Dipl. Psych. Roswitha Burgard und Dipl. Psych. Ursula Scheu mitgearbeitet. Zu Frauenfragen haben die Autorinnen außerdem veröffentlicht: Roswitha Burgard, Wie Frauen „verrückt“ gemacht werden, Berlin 1977; Carol Hagemann-White, Frauenbewegung und Psychoanalyse, Frankfurt 1980; Johanna Kootz, Gisela Brandt, Gisela Steppke, Zur Frauenfrage im Kapitalismus, Frankfurt 1973; Ursula Scheu, Wir werden nicht als Mädchen geboren, wir w erden dazu gemacht, Frankfurt 1977; Carola Christine Wildt, Monika Savier, Mädchen zwischen Anpassung und Widerstand, München 1978;
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