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Das deutsch-amerikanische Verhältnis aus heutiger Sicht | APuZ 13/1982 | bpb.de

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APuZ 13/1982 Die Außenpolitik der Regierung Reagan im Spannungsfeld von Kontinuität und Wandel Das deutsch-amerikanische Verhältnis aus heutiger Sicht Neuanfang zwischen Deutschen und Amerikanern

Das deutsch-amerikanische Verhältnis aus heutiger Sicht

Lawrence S. Eagleburger

/ 13 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Die deutsch-amerikanischen Beziehungen haben eine lange, jetzt schon dreihundert Jahre währende Tradition. Obwohl Deutsche und Amerikaner sich in zwei Weltkriegen auch als Feinde gegenüberstanden, sind ihre beiderseitigen Beziehungen doch ganz überwiegend geprägt von einer Anerkennung der jeweiligen Eigenschaften, Erfahrungen und Leistungen. Diese wechselseitige Wertschätzung sollte auch in Zeiten der Irritation nicht vergessen werden, ja, eine Besinnung auf diese Gemeinsamkeiten hilft, Mißverständnisse im einzelnen zu klären und zu überwinden. Vor allem für die der Nachkriegs-„Gründergeneration" nachfolgenden kritischen jüngeren Generation auf beiden Seiten des Atlantiks ist es ganz entscheidend, daß von den Älteren begonnen wird, für sie tragfähige Brücken zueinander zu bauen. Denn diese nachwachsende Generation lebt nicht mehr in der unmittelbaren Erfahrung einer gemeinsamen Bedrohung, sondern sie nimmt im Gegenteil, und dies zu Recht, für sich in Anspruch, die bisherigen gemeinsamen Werte zu überprüfen. Als Koordinator für die deutsch-amerikanische Zusammenarbeit auf amerikanischer Seite schildert der Autor aus seiner Sicht die Fundamente der deutsch-amerikanischen Beziehungen und nennt eine Reihe von Möglichkeiten, die zu ihrer Stärkung zu realisieren wären — von der Information über den kritischen Meinungsaustausch bis hin zur praktischen Zusammenarbeit.

Während des Besuches von Bundeskanzler Schmidt in Washington im Januar dieses Jahres wurden Staatsminister Dr. Hildegard Hamm-Brücher und ich zu Koordinatoren der deutsch-amerikanischen Zusammenarbeit ernannt Ich betrachte das als eine große Ehre und als eine wichtige Aufgabe, und ich freue mich ganz besonders auf die Gelegenheit, mit einer so ausgezeichneten Partnerin wie Dr. Hamm-Brücher zu kooperieren. Dr. Hamm-Brücher und ich trafen am 22. Februar in Washington zu unserer ersten Arbeitssitzung zusammen, und wir stehen also am Beginn unserer Aufgabe.

Vereinfacht gesagt, sehe ich unser Ziel darin, die Verständigung und das Kennenlernen zwischen unseren Völkern zu fördern, wobei wir uns auf die reiche Tradition deutsch-amerikanischer Beziehungen berufen können. Es ist durchaus angebracht, gelegentlich daran zu erinnern, wie reich diese Tradition ist. Deutsche haben in der Neuen Welt und bei der Gründung der Vereinigten Staaten eine wichtige Rolle gespielt. Ein deutscher Kartograph, Martin Waldseemüller, war der erste, der im Jahr 1507 die Neue Welt als „Amerika“ bezeichnete. Peter Minuit, der die Insel Manhattan von den Indianern kaufte, war in Deutschland geboren. Bereits im Jahr 1607 waren Deutsche unter den Begleitern von Kapitän John Smith in Jamestown, der ersten Siedlung in den Vereinigten Staaten.

Aber die ersten deutschen Einwanderer, die feste Siedlungen in diesem Lande gründeten, waren 13 Mennoniten-Familien aus Krefeld im Rheinland. Im Jahr 1683 ließen sie sich in dem späteren Germantown nieder, das heute ein Vorort von Philadelphia ist. Zu den ersten berühmten deutschen Ansiedlern gehörten Franz Pastorius, der erste Bürgermeister von Germantown, John Peter Zenger, der das New York Weekly Journal herausgab und für die Pressefreiheit kämpfte, ferner Jacob Leisler, einer der Führer des erfolglosen Aufstandes gegen die Briten im kolonialen New York. Deutsche Einwanderer kamen mit den gleichen Hoffnungen nach den Vereinigten Staa-ten wie alle anderen: mit der Hoffnung auf Freiheit vor religiöser Verfolgung, Freiheit der Rede — ein neues Leben in Freiheit in der Neuen Welt unter dem Schutz der Rechte des einzelnen.

Zum Zeitpunkt der Gründung unseres Staates vor 206 Jahren waren etwa neun oder zehn Prozent der Bevölkerung der ursprünglichen 13 Staaten deutscher Abstammung. Einer der berühmtesten und geachtetsten Einwanderer war Baron von Steuben, der während der amerikanischen Revolution eine entscheidende Rolle spielte. In Valley Forge vermittelte er der sich in einem desolaten Zustand befindenden Kontinentalarmee Disziplin und Stolz, die sie zu einer leistungsfähigeren und wirksameren Streitmacht werden ließ. Später hatte er als Generalinspekteur der Revolutionsarmee eine zentrale Funktion als Berater von General George Washington inne. In Yorktown nahm er die ersten britischen Kapitulationsangebote entgegen.

In diesem Jahrhundert war das Verhältnis zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten äußerst komplex und schwankte von ausgezeichnet bis zum Krieg gegeneinander. Nicht lange nach dem Ersten Weltkrieg begannen die Vereinigten Staaten die Versuche Deutschlands zu unterstützen, wirtschaftlich wieder auf die Beine zu kommen und einige der harten Bedingungen des VersaillerVertrages zu revidieren. Nach 1945, als der Kalte Krieg Europa zu überziehen begann, entwikkelte sich in den Vereinigten Staaten ein Gefühl des Verständnisses für Deutschland, das zehn Jahre nach dem Krieg zur Aufnahme Deutschlands in die westliche Völkergemeinschaft führte. Es entwickelte sich ein Verhältnis, das viele Beobachter als eine „besondere Beziehung" bezeichnen, die weit über das hinausging, was die Diplomatie des Kalten Krieges erforderte.

Nach über drei Jahrzehnten einer Zusammen arbeit, die unsere Nationen in einem engen und geschätzten Verhältnis verbunden ha. 'wäre es keine Übertreibung, wenn man sagen würde, daß die Bundesrepublik Deutschland einer unserer engsten und wichtigsten Verbündeten ist und bleibt. Die Notwendigkeit einer kontinuierlichen festen Bindung der Zusammenarbeit zwischen unseren beiden Ländern wird von der Gründergeneration auf beiden Seiten des Atlantiks wohl begriffen; dieses Axiom, das wir von der älteren Generation für selbstverständlich ansehen, wird jedoch von der jüngeren Generation, die jetzt in unseren beiden Ländern an die Verantwortung gelangt, nicht fraglos hingenommen. über die jüngere Generation ist viel gesagt und geschrieben worden. Ich bin bezüglich ihrer Fähigkeit, die Bedeutung des Atlantischen Bündnisses und anhaltender enger amerikanisch-deutscher Beziehungen zu verstehen und zu begreifen, keineswegs pessimistisch. Trotzdem ist und bleibt es unsere Aufgabe, der jüngeren Generation diese Notwendigkeit in klaren und deutlichen Worten zu erläutern. Jüngere Menschen in unseren beiden Ländern beginnen damit, daß sie die „ersten" Fragen stellen, und wir müssen bereit sein, sie zu beantworten. Das ist die Aufgabe der Führungsrollen, in denen wir uns heute befinden. Ich bin überzeugt, daß meine Aufgabe in allen Gruppen unserer Gesellschaften und innerhalb der jüngeren Generation wesentlich erleichtert wird, weil ein so großes Reservoir an gutem Willen in unseren beiden Ländern weiterhin für den anderen vorhanden ist.

In jüngster Zeit hat eine öffentliche Darstellung von Meinungsverschiedenheiten stattgefunden, die von den Medien sowohl in der Bundesrepublik Deutschland als auch in den Vereinigten Staaten wie durch ein Vergrößerungsglas betrachtet wurde. Das hat sich in beiden Ländern auf die Art und Weise ausge-wirkt, wie wir einander betrachten, und ich halte es für unsere wichtigste Aufgabe, diese Darstellungen und Vorstellungen wieder in die richtige Dimension zu rücken. Die Zeit nach dem Kriege ist erfüllt von zahlreichen Beispielen der Zusammenarbeit und der herzlichen Gefühle zwischen unseren beiden Ländern. Diese positiven Gefühle sind nicht nur aus einer Erkenntnis entstanden, daß man aus sicherheitspolitischen, politischen oder wirt-

schaftlichen Überlegungen einander braucht, sondern sie entstanden aus einem Gefühl des gemeinsamen Ethos, das dem amerikanisch-europäischen Verhältnis zugrunde liegt und ihm seine besondere Bedeutung verleiht. Dieses gemeinsame Ethos ist in den letzten Jahren in den Hintergrund gedrängt worden, vielleicht weil es weniger offenkundig ist als das Macht-und Sicherheitsverhältnis und weniger greifbar als das nationale Eigeninteresse. Aber dieses Ethos ist die philosophische und emotionale Grundsubstanz unseres Verhältnisses und das Element, das in Zeiten der Krise und Herausforderung aus den westlichen Demokratien natürliche Verbündete macht. Unser Gefühl für gemeinsame westliche Werte und Traditionen ist der Mörtel, der unsere Beziehung zusammenhält. Es sind diese gemeinsamen Werte, an die wir uns immer wieder neu erinnern und die wir abwägen und überprüfen müssen — ein Prozeß, der unsere Beziehung noch stärker machen wird.

Bundeskanzler Schmidt hat kürzlich nach seiner Rückkehr von seiner Reise in die Vereinigten Staaten dazu festgestellt: „Es besteht doch aber auch gar kein Zweifel: Die Amerikaner und die Europäer sind keine eineiigen Zwillinge, die sich stets und überall identisch verhalten müßten. Sie sind Partner mit gemeinsamen Idealen und zentralen gemeinsamen Interessen, aber auch mit sehr unterschiedlichen Vorstellungen und Interessen im einzelnen; Partner, die sich immer wieder neu abstimmen müssen und die das auch können, weil sie eben nicht nur historisch und politisch, nicht nur wirtschaftlich und militärisch eng verbunden sind, sondern weil sie auch durch die gemeinsamen Wertvorstellungen von Demokratie, von der Freiheit der Person und vom Frieden verbunden sind."

Wir selbst dürfen nicht vergessen, noch dürfen wir versäumen, der jüngeren Generation auf beiden Seiten des Atlantiks die Grundtatsache weiterzugeben, daß wir ein gemeinsames Erbe und die gemeinsamen Werte der westlichen Zivilisation miteinander teilen. Wir dürfen nicht vergessen, noch dürfen wir anderen zugestehen, daß sie die Tatsache vergessen, daß das atlantische Bündnis während der letzten 31 Jahre auf beiden Seiten des Atlantiks Wohlstand und Demokratie garantiert hat.

Die Aufgabe, vor der Staatsminister Dr. Flamm-Brücher und ich stehen, besteht darin, wieder ein Gefühl für die Perspektive dieser Bindungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten herzustellen. Prosperität und militärische Bereitschaft sind wichtige Grundlagen unserer pluralistischen demokratischen Gesellschaften. Aber sie können nicht die einzige Grundlage unserer Partnerschaft bilden. Junge Menschen von heute erinnern sich nicht mehr an die schweren Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg. Sie haben nicht die Ungewißheit der vierziger und fünfziger Jahre erfahren, als es zeitweilig so schien, als ob die sowjetische Aggression die Welt erneut in einen Krieg stürzen würde. Die jüngere Generation von heute kennt nur eine Welt, die gekennzeichnet ist von stabilen Volkswirtschaften und Weltfrieden. Ihre Probleme richten sich darauf, was man aus der reichen materiellen und geistigen Ernte machen kann, die unsere Gesellschaften hervorgebracht haben. Für ihre heutigen Anliegen sind heroische Geschichten des Mutes und des Leidens nicht mehr relevant. Es leuchtet ihnen nicht immer ein, warum sie sich auf Ideen von Menschen auf der anderen Seite des Atlantiks beziehen sollten. Für sie sind die dringenden Probleme die Probleme der Familie, der Nachbarschaft und der örtlichen Gemeinschaft. Die Perspektive, die wir wieder herzustellen suchen, ist also nicht notwendigerweise die der Vergangenheit. Wir wollen nicht die Erinnerungen an die Herausforderungen von vor 30 Jahren wiedererwecken. Wir wollen keine „Nachfolge" in dem direkten Sinne der großen Gründergeneration unseres Bündnisses schaffen.

Unsere Aufgabe besteht vielmehr darin, die Relevanz der pluralistischen Demokratie für die neuen Anliegen der achtziger Jahre aufzuzeigen. meiner Ansicht besteht kein Zweifel, daß wir diese Aufgabe erfüllen können. Außenminister Haig hat es am 13. September 1981 in Berlin so formuliert:

„Eine pluralistische Gesellschaft mit einem Gleichgewicht zwischen der Freiheit des einzelnen und dem Gemeinwohl ist an sich schon eine revolutionäre Idee. Die Demokratie hat uns befähigt noch nie dagewesene Möglichkeiten für unsere Bürger zu schaffen. Aber die Demokratie ist auch das Erbe aller Menschen. Die Idee vom Menschen als schöpferischem und verantwortlichem Einzelwesen hat der modernen Geschichte ihre besondere Form verliehen. Wiederholte Unterdrückungsversuche haben sie stärker und anziehender gemacht denn je. Ich glaube, daß die demokratische Revolution, die sich mit der Leistung unserer Gesellschaft beweist, die beste Hoffnung auf menschlichen Fortschritt bietet. Die Demokratien des Westens genießen ein einmaliges Vorrecht — und haben eine zwingende Verpflichtung —, ihre eigene revolutionäre Doktrin in der ganzen Welt zu verkünden.“ „Die beste Hoffnung auf menschlichen Fortschritt'1 — das ist die Botschaft, die die Demokratie seit über drei Jahrhunderten der ganzen Welt vermittelt hat. Es war diese Hoffnung, die die ersten Einwanderer aus Krefeld vor 300 Jahren in die wilden und unbekannten amerikanischen Kolonien geführt hat. Es war diese gleiche Hoffnung, die die großen Führer Europas und Nordamerikas dazu bewegt hat, vor über 30 Jahren die Atlantische Gemeinschaft zu gründen.

Was wir auf beiden Seiten des Atlantiks also letztlich gemeinsam haben, ist nicht lediglich ein gemeinsames Interesse an der Verteidigung oder selbst die starken wirtschaftlichen Bindungen, die uns verknüpfen. Unsere Hauptbindung ist die Botschaft der Hoffnung und des Fortschritts, die dem demokratischen Ideal entspringt. Junge Menschen auf beiden Seiten des Atlantiks haben viele Hoffnungen und Wünsche gemeinsam. Sie wollen ihr Leben und das ihrer Mitbürger verbessern. Manchmal scheinen die Probleme unlösbar, und manchmal scheinen unsere Systeme unfähig zu sein, auf ihre Erfordernisse zu reagieren.

Frau Hamm-Brücher und ich können dazu beitragen, die deutsch-amerikanischen Beziehungen wieder in die richtige Perspektive zu rükken, indem wir die Grundlagen unserer westlichen Gesellschaft deutlicher hervorheben und Menschen von beiden Seiten des Atlantiks zusammenbringen, die gemeinsame Ziele und Interessen haben. Diese Anstrengungen sollten sich in erster Linie auf jüngere Menschen konzentrieren, aber nicht nur auf diese allein. Viele Menschen aus dem Geschäftsleben, der Bildung und aus dem Journalismus werden ebenfalls von einem engen Kontakt miteinander profitieren. Unser Gesamtziel sollte es sein, eine Identität der Interessen herbeizuführen auf der Basis der Visionen und Herausforderungen der achtziger Jahre, die genauso stark ist wie die der vierziger und fünfziger Jahre.

Zu Beginn sind unsere Anstrengungen jetzt auf zwei Haupttätigkeiten gerichtet: Die Bildung eines informellen Ausschusses von Beratern und die Vorbereitung für die 300-Jahr-Feier der deutschen Einwanderung im Jahr 1983. Was die Beratergruppe angeht, so suchen wir gegenwärtig überall in den Vereinigten Staaten nach wichtigen Persönlichkeiten, die sich dieser Aufgabe annehmen. Es wird sich um prominente Persönlichkeiten aus verschiedenen Gruppen unserer Gesellschaft handeln, die ihren Rat zu Projekten und Initiativen geben werden, die wir in Angriff nehmen sollten. Wir planen eine baldige Zusammenkunft dieser Persönlichkeiten, und wir hoffen, daß sie in ihre jeweiligen Gemeinden mit dem Interesse an'der und der Verantwortung für die Förderung deutsch-amerikanischer Kontakte zurückkehren werden — sei es, daß sie deutsche Besucher betreuen oder einfach die Einführung von mehr Fremdsprachenkursen an den örtlichen Universitäten empfehlen. Staatsminister Hamm-Brücher bildet eine ähnliche Gruppe prominenter Deutscher, die sie beraten soll.

Unsere zweite Haupttätigkeit, die 300-Jahr-Feier der deutschen Einwanderung, ist in Washington bereits in das Planungsstadium eingetreten. Der 6. Oktober 1983 wird der 300. Jahrestag der Ankunft der 13 Mennoni-ten-Familien aus Krefeld, die Germantown in Pennsylvanien gründeten, in den Vereinigten Staaten sein.

Die amerikanische Regierung arbeitet an der Vorbereitung einer Reihe von Veranstaltungen, die während des ganzen Jahres 1983 über-al in den Vereinigten Staaten stattfinden solen, und wir planen als Krönung dieser Feier-

chkeiten eine besondere Feier im Oktober in Philadelphia.

Wenn wir uns jetzt auf unsere grundlegenden Tätigkeiten konzentrieren und den Rahmen ur ihre Verwirklichung schaffen, dann werden wir mögliche Initiativen auf den folgen-

en Gebieten ins Auge fassen. Unsere Planun31 gen befinden sich noch in einem frühen Stadium, und wir prüfen eine Reihe von Möglichkeiten. Geschäftsaustausch:'Wir hoffen, daß amerikanische Firmen mit Niederlassungen in Deutschland oder mit Handelsbeziehungen zu deutschen Firmen Projekte entwickeln, in deren Rahmen ihre Beschäftigten in unseren beiden Ländern die Möglichkeit bekämen, in das jeweils andere Land zu reisen.

Militäraustausch: Wir prüfen Wege, um die bereits bestehende ausgezeichnete Verbindung und Koordination weiter auszubauen, die auf örtlicher Ebene in Deutschland zwischen amerikanischen Befehlshabern und führenden Persönlichkeiten der zivilen Behörden bestehen.

Deutschlandkunde in den USA: Wir prüfen Mittel und Wege, um die Verbesserung der Deutschlandkunde in den Vereinigten Staaten zu fördern und die Zahl der Angebote auf diesem Gebiet zu erhöhen. Dazu könnten der Ausbau von Lehrplänen für Fremdsprachen-studien, internationale Politik und Wirtschaft, internationale Kommunikation und andere geeignete Lehrangebote angehören.

Jugendaustausch: Aul diesem Gebiet wird bereits Hervorragendes geleistet; wir suchen jedoch nach Mitteln und Wegen, um den Kontakt zwischen der Jugend unserer beiden Länder weiter zu fördern und zu verstärken.

Journalisten: ^!! sind bemüht, einen regelmäßigen Dialog zwischen Mitarbeitern der Medien auf allen Ebenen zustande zu bringen, der vielleicht zu einer deutlicher gefaßten Organisation amerikanischer und deutscher Journalisten führen würde. Hier könnten sich Journalistenschulen und andere Einrichtungen in den Vereinigten Staaten beteiligen.

Parlamentarieraustausch: Es wird über Möglichkeiten gesprochen, die Kontakte zwischen amerikanischen Kongreßmitgliedern und deutschen Bundestagsabgeordneten und, was vielleicht ebenso wichtig ist, die Kontakte zwischen ihren Mitarbeitern zu verstärken und zu intensivieren. Wir hoffen, daß Seminare und andere Veranstaltungen junge Politiker in der Bundesrepublik Deutschland mit ihren entsprechenden Partnern in den Vereinigten Staaten wie auch ihre Mitarbeiter für einen längeren Zeitraum zusammenführen werden. Wir arbeiten mit einer Reihe von Senatoren und Kongreßabgeordneten und ihren Mitarbeitern zusammen, um Ideen für eine Verstärkung des Austausches und der Verständigung zwischen beiden Parlamentariergruppen zu entwickeln.

Auf der Arbeitsebene entwickeln Mitarbeiter des amerikanischen Außenministeriums und des Amtes für Internationale Kommunikation (ICA) neue Ideen und neue Wege, um die Menschen in unseren beiden Ländern zusammenzubringen, die normalerweise nicht in Kontakt miteinander kommen. Wir hoffen, eine Vermittlerrolle zu spielen, wenn es darum geht, deutsche und amerikanische Gruppen mit gemeinsamen Interessen einander näherzubringen, die in der Vergangenheit keinen Kontakt miteinander hatten. Wir hoffen, daß sich das auf alle Formen des Kontakts erstrecken wird, angefangen von Korrespondenzen und regelmäßigen Treffen bis hin zur Entwicklung gemeinsamer Projekte. Ein Beispiel dieser Art von Projekten wäre, Angestellte und Facharbeiter der verschiedensten Industriezweige zusammenzubringen, um Gedanken und Erfahrungen auszutauschen und ein Verständnis für den Lebensstil, die Denkweise und den Standpunkt des anderen zu gewinnen. Eine weitere Vermittlerrolle, die wir zu spielen hoffen, besteht darin, Gruppen oder Einzelpersonen, die über Mittel für Projekte verfügen, mit jenen zusammenzubringen, die Ideen und Pläne für Projekte haben und wissen, wie sie verwirklicht werden können.

In der kurzen Zeit, in der wir an diesem Projekt gearbeitet haben, wurden wir überrascht von dem Interesse und der Begeisterung, die überall in den Vereinigten Staaten aufkommen, wenn die Menschen von unserer Arbeit erfahren. Wir haben von zahlreichen Gruppen überall in den Vereinigten Staaten unaufgefordert Briefe und Anrufe erhalten, und ich stelle fest, daß das Reservoir an gutem Willen in den Vereinigten Staaten viel größer ist, als ich es mir vorgestellt hatte, dies gilt auch für die Zahl erfolgreicher Austausch-und Kontaktprogramme, die derzeit laufen. Ebenso wenig besteht ein Mangel an guten Ideen, die so bald wie möglich weiterentwickelt und ausgeführt werden sollten. Wir haben eine sehr anspruchsvolle Aufgabe, aber ich nehme sie mit Freuden, Begeisterung und mit einer Verpflichtung an, unsere Völker von Angesicht zu Angesicht zusammenzubringen. Wachsende Verständigung zwischen zwei Nationen ist nicht ausschließlich Aufgabe des diplomatischen Corps oder der Regierung. Die tiefste und produktivste Art der Verständigung wird durch Einzelpersonen und kleine Gruppen entwickelt — seien es Studenten, Geschäftsleute, Offiziere oder sonstige Gruppen von Einzelpersonen in unseren beiden Ländern mit ähnlichen Interessen oder Berufen. Das ist ein Gebiet, wo wir hoffen, daß unsere Arbeit Früchte tragen wird.

Wir stehen vor einer gewaltigen Aufgabe, einer Aufgabe von großer Bedeutung. Wir haben begonnen, die Dynamik des Interesses an den deutsch-amerikanischen Beziehungen zu begreifen, und es ist offensichtlich, daß mehr als genug solches Interesse besteht. Wir müssen in dieser Richtung Weiterarbeiten und stolz auf die Tatsache sein, daß die deutsch-amerikanische Partnerschaft der Angelpunkt der wirtschaftlichen, politischen und sicherheitspolitischen Interessen in der freien Welt ist und bleibt. Diese Partnerschaft ist und bleibt gesund.

Die gegenwärtigen Entwicklungen, die das Atlantische Bündnis und die deutsch-amerikanischen Beziehungen berühren, stellen eine Herausforderung wie auch eine Chance dar. Die Herausforderung besteht darin, sich den Fragen einer jüngeren Generation zu stellen, die ihre Grundüberzeugungen überprüft und eine Überprüfung der Werte und Interessen der älteren Generation fordert. Dieser Prozeß ist für die heutige Nachfolgegeneration nicht ungewöhnlich, sondern gehört zu jeder demokratischen Gesellschaft. Wir gehörten alle einmal einer jüngeren Generation an, die die Dinge in Frage stellte — in der Hoffnung, unsere zu Gesellschaft verbessern.

Auf der anderen Seite jedoch stellen die heutigen Entwicklungen, die die amerikanisch-deutschen Beziehungen berühren, eine Chance dar, ein noch dauerhafteres und festeres Verhältnis auf der Grundlage beiderseitiger Überzeugungen und politischer und moralischer Werte des Atlantischen Bündnisses aufzubauen. Das ist der gesunde Prozeß der Überprüfung und Neubewertung, der uns nach meiner Überzeugung auf lange Sicht auf eine höhere Ebene der Verständigung und der gemeinsamen Verpflichtung auf diejenigen Werte heben wird, die von grundlegender Bedeutung für unsere westliche Zivilisation sind.

Das ist unsere Aufgabe, und ich freue mich auf diese Herausforderung sowie auf die Chance, eng mit Staatsminister Dr. Hamm-Brücher und anderen in unseren beiden Ländern zusammenzuarbeiten.

Fussnoten

Weitere Inhalte

Lawrence S. Eagleburger, geb. 1930 in Milwaukee, Wisconsin; Staatssekretär für Politische Angelegenheiten im US-Außenministerium. Im State Department in Washington befaßte sich Eagleburger mit Europa-und NATO-Fragen und gehörte bis 1967 dem Stab des Nationalen Sicherheitsrates mit dem Arbeitsgebiet Europa an. Nach fast einjähriger Beratertätigkeit für Henry Kissinger ging er 1969 als Leiter der politischen Abteilung zur amerikanischen NATO-Mission nach Brüssel. In den Jahren 1971 bis 1977 folgten Tätigkeiten auf hohen Posten im amerikanischen Verteidigungsministerium, im Weißen Haus und wiederum im State Department. Von 1977 bis Anfang 1981 vertrat Eagleburger sein Land als Botschafter in Belgrad, dann Übernahme des Amtes des Unterstaatssekretärs für Europäische Angelegenheiten; seit Februar 1982 Staatssekretär.