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Neue Selbstorganisationen. Zwischen kultureller Autonomie und politischer Vereinnahmung | APuZ 11/1984 | bpb.de

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APuZ 11/1984 Demokratie, Wohlfahrtsstaat und neue soziale Bewegungen. Der Beitrag des Parteienwettbewerbs und der Regierungspolitik zur Entstehung der neuen sozialen Bewegungen Neue Selbstorganisationen. Zwischen kultureller Autonomie und politischer Vereinnahmung Hilfe zur Selbsthilfe. Ein Berliner Modell

Neue Selbstorganisationen. Zwischen kultureller Autonomie und politischer Vereinnahmung

Wolfgang Beywl /Hartmut Brombach

/ 33 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Unter der Bezeichnung „Neue Selbstorganisationen" firmieren die in den vergangenen 15 Jahren entstandenen Bürgerinitiativen, Selbsthilfezusammenschlüsse und andere kollektive Reaktionen auf neu entstandene Probleme des Reproduktionsbereichs. Ihre Gemeinsamkeit besteht in der gegen Fremdsteuerung durch Markt und Staat gerichteten „Bedürfnisorientierung": Die politische Kultur der Selbstorganisationen ist dadurch geprägt, daß die Gruppenmitglieder auf einer eigensinnig-lebensweltlichen Artikulation von Interessen beharren und dabei versuchen, sich gegen systemische Einflüsse abzuschotten. Die Binnenstruktur der Neuen Selbstorganisationen ist dementsprechend durch basisdemokratische und egalitäre Prinzipien gekennzeichnet. Basierend auf einer theoretisch begründeten Gegenstandsbestimmung werden die empirischen Forschungsergebnisse zur Verbreitung Neuer Selbstorganisationen vorgestellt. Gesondert betrachtet werden die alternativ-ökonomischen Projekte, die sowohl zusätzliche Arbeitsplätze schaffen als auch modellhaft ein neues Verständnis von Arbeit und Leben praktizieren. Bei allen diffusen kulturellen Gemeinsamkeiten fehlen den Neuen Selbstorganisationen ein politisch-ideologisches Selbstverständnis, insbesondere programmatische Zielvorstellungen über eine veränderte Gesellschaft. Dies mindert die Ausbreitungs-und Durchsetzungschancen der Neuen Selbstorganisationen und birgt die Gefahr ihrer Instrumentalisierung durch systemische Institutionen. Beispielhaft aufgezeigt wird dies am wiedererwachten, selektiven Interesse der Politik an kostensparenden, sozial integrativen, informellen Gemeinschaften im Bereich der sozialen Dienstleistungen und der beschäftigungswirksamen alternativ-ökonomischen Projekte. Das Resümee lautet, daß die antisystemischen Neuen Selbstorganisationen im Rahmen selektiver Förderungs-und Benachteiligungsmaßnahmen als zusätzliche Handlungsressource und Legitimationsquelle für eine Politik der Systemausweitung genutzt zu werden drohen.

Gegenstand dieses Beitrags sind „Neue Selbstorganisationen" im Reproduktionsbereich. Hierunter fallen so verschiedenartige Gruppenzusammenschlüsse wie Bürgerinitiativen bei der Verkehrsplanung und gegen Atomanlagen, autonome Frauenhäuser, Mieterinitiativen, Selbsthilfegruppen von chronisch Kranken, Lebens-und Arbeitsgemeinschaften der alternativen Ökonomie usw. Es ist bemerkenswert, welch großes politisches Interesse diesen informellen Organisationen in den vergangenen Jahren zugekommen ist, und dieses Interesse scheint eher noch größer zu werden als nachzulassen.

Die Wissenschaft tut sich schwer mit einer eigenständigen Bearbeitung des Gegenstandes. Theoretische Bemühungen ebenso wie empirische Forschungsvorhaben werden jeweils auf Teilbereiche bezogen, die unter aktuellem politischen Problemdruck stehen: Auf die Erforschung der Partizipationsmöglichkeiten in städtebaulichen Problemregionen folgte die Erfassung des Bürgerprotestes im Umweltbereich; gegen Ende der Hausbesetzerbewegung wurde nach Möglichkeiten der Selbsthilfe im Wohnungsbau gesucht, wo ebenso wie im Gesundheitssektor erhebliche quantitative und qualitative Mängel offensichtlich geworden waren.

Neuester Problem-und Forschungsschwerpunkt sind die Selbsthilfe Arbeitsloser, unkonventionelle Initiativen für jugendliche Arbeitslose und andere beschäftigungswirksame Selbstorganisationen.

In Unterschied zu den jeweils fachpolitisch begrenzten Studien werden in diesem Beitrag eine übergreifende theoretische Bestimmung der „Neuen Selbstorganisationen" vorgenommen und Ergebnisse über die quantitative Verbreitung und Verteilung auf unterschiedliche „Handlungsbereiche" präsentiert.

I. Die Wiederentdeckung der Selbstorganisation durch die Politik

Tabelle 1: Neue Selbstorganisationen im Raum Köln/Bonn; Stand 1979/80

„Was der einzelne für sich entscheiden kann, darf der Staat nicht an sich ziehen." Mit diesem Satz der Regierungserklärung von Helmut Kohl wurde das Thema Selbstorganisation in den Rang eines zentralen Streitpunktes in der sozialpolitischen Auseinandersetzung gehoben. Die CDU ist auf die anstehenden Debatten gut vorbereitet. Bereits 1975 forderte Heiner Geißler zur Lösung der „Neuen sozialen Frage" mehr soziales Engagement der Bürger, die „wieder stärker als bisher freiwillige soziale Dienste und Leistungen füreinander erbringen sollen." In Niedersachsen und Berlin stellte die CDU jeweils kurz nach ihrer Regierungsübernahme die Weichen auf Entstaatlichung und Eigeninitia-tive In Programmatik wie Realisierung ist die CDU bei der Förderung informeller Hilfe-und Selbsthilfeaktivitäten in Vorlage gegangen. Mit ähnlichem Nachdruck setzen sich DIE GRÜNEN für die Selbstorganisation ein. Als eines von vielen Beispielen sei ihr Antrag im Deutschen Bundestag angeführt, ein 100 Millionen DM schweres Sonderprogramm „zur Finanzierung von Ausbildungsplätzen in selbstverwalteten Betrieben" einzurichten „Selbstbestimmung der Betroffenen" ist für die basisdemokratische Bewegungspartei das ein-zig wirksame Mittel „gegen die ökonomische, ökologische und soziale Krise" Die stärkste Regierungspartei und die kleine Oppositionspartei scheinen sich einig darin, daß in der künftigen Sozialpolitik die Staatstätigkeit der Eigeninitiative nachzuordnen sein wird. Dieser Grundsatz ist die Hauptaussage des in letzter Zeit häufig bemühten „Subsidiaritätsprinzips": „Was der einzelne aus eigener Initiative und eigener Kraft leisten kann, darf die Gesellschaft ihm nicht entziehen und an sich reißen; ebensowenig darf das, was das kleinere und engere soziale Gebilde zu leisten und zum guten Ende zu führen vermag, ihm entzogen und umfassenderen oder übergeordneten Sozialgebilden Vorbehalten werden." Obwohl das Subsidiaritätsprinzip in dieser heute gebräuchlichen Formulierung auf die Enzyklika „Quadragesimo anno" zurückgeht, 1931 von Papst Pius XI auf Vorschlag des ihn beratenden Jesuiten Gustav Gundlach verbreitet, ist es dem Ursprung nach kein katholisches Prinzip! Vielmehr geht es auf den Republikaner Abraham Lincoln zurück, der es vor 130 Jahren, noch vor seinem Amtsantritt als Präsident'der Vereinigten Staaten, nahezu gleichlautend wie Helmut Kohl formulierte: „In all that the people can individually do as well for themselves, government ought not to interfere." Die im Subsidiaritätsprinzip enthaltene normative Vorstellung zum Verhältnis von Staat und Individuum bzw. Gemeinschaft ist verschiedensten politischen Ideologien gemein. Durch die akuten ökonomischen und fiskalischen Krisen bedingt, steht es nun im Mittelpunkt der sozialpolitischen Diskussion. Einer wachsenden Zahl von Politikern — sowohl im konservativen wie im alternativen Spektrum — erscheint die in ihm angelegte Förderung der informellen Hilfeleistungen in Familie und Nachbarschaft bzw.der Selbstorganisation von Betroffenen als Königsweg aus der Krise: „Eine neue politische Strategie müßte zwei Ziele verfolgen. Sie müßte einmal nach Wegen suchen, wie man die Rationalitätsfalle des Sozialstaates überwinden könnte, also fragen, wie man das soziale Netz des Staates strukturell ... entlasten könnte. Vor allem aber wäre zu überlegen, wie man das soziale Netz des Staates ergänzen könnte durch ein soziales Netz, das Menschen füreinander knüpfen. Es geht also um eine alternative So-zialpolitik." Der von liberal-konservativen CDU-Politikern beschworene, von Gewerkschaften und SPD angeprangerte Konsens von „Grün und Rechts" erweist sich bei näherem Hinsehen als brüchig. Erstens bedeutet „Vergemeinschaftung" bei den Christlich-Sozialen Revitalisierung der (Klein-) Familie, bei den Grün-Alternativen die „Förderung von alternativen sozialen Lebensformen und die Schaffung eines Bewußtseins um die begrenzten Problemlösungsfähigkeiten der . modernen Kleinfamilie" Zweitens halten die Konservativen an der Trennung von nutzen-maximierendem Wirtschaftssubjekt und altruistischem Privatmenschen als Leitbild der Sozialpolitik fest. Die Alternativen sehen darin eine gefährliche Fiktion: Tatsächlich hätten Kapital und Staatsmacht die Lebens-welt der Menschen soweit durchdrungen, daß nur noch eine radikale, antikapitalistische und antietatistische Umkehr das Menschliche retten könne.

Die Sozialdemokratie ist mehrheitlich gegen eine Vergemeinschaftung sozialpolitischer Aufgaben; dabei sieht sie über die grundlegenden Differenzen zwischen CDU und GRÜNEN geflissentlich hinweg. Mitte der siebziger Jahre — zeitgleich mit Heiner Geißlers Propagierung der Subsidiaritätspolitik — sah die SPD allein im weiteren Ausbau der öffentlichen Versorgungseinrichtungen eine Zukunftsperspektive: Demokratisierung hieß Beteiligung des Bürgers mittels geregelter Partizipationsverfahren an Entscheidungen der Sozialbürokratie Noch fünf Jahre später, trotz der bereits innerparteilich virulenten Kritik (die „Ökosozialisten" hatten sich für eine „moderne Fassung des Subsidiaritätsprinzips" und die „Vergemeinschaftung des sozialen Lebens ausgesprochen" verteidig-ten der Arbeits-und Sozialminister Herbert Ehrenberg und seine Staatssekretärin Anke Fuchs den kaum noch bezahlbaren, mit Funktionsmängel durchsetzten Sozialstaatsapparat gegen die Selbsthilfe: Sie bedeute die Rückkehr zum Zwang der mittelalterlichen Dorfgemeinschaft, könne die anonymen Wohltaten der Sozialbürokratie nicht ersetzen und sei — soweit in alternativen Projekten praktiziert — parasitär, da sie die Segnungen des Sozialstaates ausnutze Ähnlich unflexibel sind die Gewerkschaften: Noch heute dürfte die Stellungnahme des WSI-Mitarbeiters Gerhard Bäcker gültig sein: Bei aller Anerkennung der von ihnen vorgebrachten Kritik an qualitativen Defiziten der sozialen Versorgung sei die Mitarbeit in „selbstverwalteten Gruppen" eine letztlich individuelle, unpolitische und wirkungslose Strategie ). Heute zwingen verschärfte sozialpolitische Problemstellungen, die in der Bevölkerung verbreitete positive Bewertung von Selbsthilfe-und Alternativprojekten und nicht zuletzt die Konkurrenz der Grün-Alternativen in den Parlamenten sozialdemokratisch regierter Länder (Bremen, Hamburg, siehe insbesondere die Verhandlungen zwischen SPD und GRÜNEN in Hessen) die Sozialdemokratie dazu, das verdrängte Thema „Selbstorganisation" ernst zu nehmen

So nahm die SPD Nachhilfeunterricht bei Warnfried Dettling, den Alternativ-Theoretikern Adalbert Evers und Joseph Huber sowie bei den lange verschmähten Ökosozialisten aus den eigenen Reihen (auf der Tagung der Friedrich-Ebert-Stiftung „Selbsthilfe — ein Weg zurück oder Modell für die Zukunft?", Ende Februar 1984 in Berlin). Marie-Luise Weinbergers im Vorfeld der Tagung verbreiteter Aufsatz „Konservative, Sozialdemokraten und die Selbsthilfe" ist Ausdruck des programmatischen Defizits der Partei: Auf das Klagen über die „unheilige Allianz zwischen (grün-alternativen) Sozialromantikern und (konservativen) Sparkommissaren" beim Abbau des „Sozialstaats sozialdemokratischer Prägung" folgt die bemerkenswerte Einsicht in das Dilemma der SPD. „Eine Stärkung der kleinen Einheit stand und steht im Widerspruch der Arbeiterbewegung, sich gemäß dem Prinzip der Einheit im Großverband zu organisieren." Die Hinwendung zur Selbstorganisation geschieht letztlich widerwillig und unter Hinweis auf wahlstrategische Notwendigkeiten: Will die SPD bei allen . ideologischen Bauchschmerzen'den Anschluß an die aktuelle sozial-und gesellschaftspolitische Diskussion nicht verlieren, so muß sie sich für den Selbsthilfegedanken öffnen, ohne ihren Prinzipien untreu zu werden. Weinbergers — innerparteilich sicherlich umstrittener — Vorschlag lautet, die Selbsthilfe-und Alternativprojekte in den sozialstaatlichen Kompromiß einzubinden, und zwar durch ein System öffentlicher Förderung: „Solidarität durch Steuergelder"

Damit ist die Ebene kassenwirksamer Politik erreicht: Welche Selbstorganisationen sollen durch staatliche Subventionen zur Beseitigung sozialpolitischer Mißstände unterstützt werden? Auch bei diesem Thema hat die CDU die Nase vorn: Der Senator für Gesundheit, Soziales und Familie, Ulf Fink, berichtet stolz: „Dem Senat ist es hier in Berlin als erstem Bundesland gelungen, ein Förderungsprogramm für Selbsthilfegruppen durchzusetzen. (Es)... stehen zur Förderung von Selbsthilfe-gruppen 7, 5 Millionen DM zur Verfügung." Priorität haben Gesundheitsselbsthilfegrup-pen, (Selbst-) Hilfezusammenschlüsse von und für alte, pflegebedürftige und behinderte Menschen, Ausländer der zweiten und dritten Generation sowie Gruppen im Spannungsfeld Frau und Familie Was unter dem Etikett der Förderung „Alternativer Lebens-und Erwerbsformen sowie der autonomen Kulturarbeit" begonnen worden war endete in der selektiven Finanzierung von Selbsthilfezusammenschlüssen, die zwei Hauptbedingungen erfüllen: Erstens entlasten sie den Sozial-haushalt, indem kostenintensive Dienste der Versorgungs-Großorganisationen auf die billigen Selbst-und Fremdhilfegruppen übertragen werden Zweitens gehören die geförderten zu den „Gruppen guten Willens"; sie sind der anschauliche Beweis dafür, „daß Veränderungen möglich sind, ohne daß erst Steine fliegen Ellis Huber, Gesundheitsstadträtin in Berlin, berichtet über die Ausgrenzung kritischer Selbsthilfegruppen von den Wohltaten des Fink-Programms: „Selbsthilfegruppen und Alternativprojekte, die etablierte Interessen aufmischen und bekämpfen, die radikal hinterfragen und laut-stark kritisieren ..., lösen Verunsicherung aus ... Ihre Unterstützung wird ängstlich vermieden." Die CDU vergibt Gelder des Senatstopfs dann, wenn sie in ihr (staatspolitisches) Konzept passen. Die von Kaiser Wilhelm I.dekretierte Geburt der deutschen Sozialpolitik hatte ganz ähnliche Intentionen Selbstorganisation ist vom marginalen Rand-thema zu einem hochrangigen Issue der politischen Diskussion geworden. Die etablierten . Allerweltsparteien'(Kirchheimer) haben das Thema als neue Arena im Kampf um die Wählerstimmenmaximierung entdeckt. Sie präparieren aus der Vielfalt der Selbstorganisationen diejenigen heraus, die in ihr ideologisches Konzept passen, und versuchen so, die virulenten gesellschaftlichen Interessen zu befriedigen. Es ist eine offene Frage, ob die Parteien mit ihrer Instrumentalisierungsabsicht obsiegen, oder ob sich die Neuen Selbst-organisationen (auf der Basis der später beschriebenen kulturellen Verschiebungen) gegen Integration sperren und Veränderungen der politischen Kultur der Bundesrepublik auslösen

II. Zur Theorie der Neuen Selbstorganisationen

Schaubild 1: Selbsthilfe und Widerspruch in den Handlungsbereichen

In den letzten Jahren läßt sich eine Verschiebung des auf Selbstorganisationen gerichteten Interesses von einer politischen auf eine ökonomische Perspektive feststellen: Wurden in den siebziger Jahren unter Selbstorganisationen primär Zusammenschlüsse von Bürgern verstanden, die ihre Interessen gegenüber dem politischen System durchsetzen wollen, so stehen heute Verbraucher-, Klienten-bzw. Produzenten-Zusammenschlüsse im Vordergrund, die ihre Ziele außerhalb des formellen ökonomischen Systems verfolgen. Dem entspricht die Verlagerung des sozialwissenschaftlichen Interesses von der „Bürgerinitiativen-" auf die Selbsthilfegruppen Forschung 26). Die „Wendemarke" liegt um das Jahr 1980. Zu diesem Zeitpunkt befand ..... sich die Forschung über Bürgerinitiativen und Selbsthilfegruppen in einer Phase der Neuorientierung. Beide Phänomene wurden bisher kaum miteinander in Verbindung gebracht ... Vereinfacht ausgedrückt erschienen die Bürgerinitiativen als neue politische Herausforderung, während Selbsthilfe als ... historisches Restphänomen angesehen wurde, das vielleicht noch in bestimmten abgegrenzten Bereichen notwendig, aber nicht von gesellschaftlicher, gar zukünftiger Bedeutung sei."

Dieses Verhältnis scheint sich heute umgekehrt zu haben. Das Hauptaugenmerk von Politik und Wissenschaft ist auf kostensparende Hilfeformen im Bereich der personenbezogenen Dienstleistungen, auf Arbeitslosenselbsthilfe und auf alternative Projekte im Bereich der Jugendarbeitslosigkeit gerichtet

Zu den Neuen Selbstorganisationen werden hier beide Phänomene gerechnet: sowohl die auf das politische System gerichteten Bürgerinitiativen als auch die auf das ökonomische System bezogenen Selbsthilfegruppen. Die Tatsache, daß die Entstehung dieser Gruppen in der Auseinandersetzung mit den beiden systemischen Institutionen Markt und Staat geschieht, ist Ausgangspunkt für die nachfolgenden Überlegungen:

Neue Selbstorganisationen im Reproduktionsbereich — entstehen als kollektive Reaktionen auf systemisch produzierte Probleme;

— sind bedürfnisorientiert, was eine basisdemokratischen und kommunikativen Prinzi-pien entsprechende Binnenorganisation der Gruppen verlangt;

— sind dadurch gekennzeichnet, daß ihre Träger und die Nutznießer ihrer Leistungen dieselben Personen sind.

Zum ersten Aspekt: Selbstorganisationen sind in den vergangenen zehn bis fünfzehn Jahren nahezu ausschließlich im Reproduktionsbereich entstanden. Bei Fortbestehen der . alten'Probleme der Lohnarbeit und bei Anwachsen der durch technologischen Wandel induzierten . neuen Probleme der Arbeit findet die Konfliktaustragung zwischen Kapitaleignern und abhängig Beschäftigten (respektive den öffentlichen Körperschaften und ihren Beschäftigten) weiterhin in eingefahrenen Bahnen statt. Hingegen führen die veränderten Problemlagen und die sich wandelnden Handlungsbedingungen des Reproduktionssektors zu neuen Formen kollektiven Handelns

Dem liegt ein den modernen Gesellschaften eigentümlicher Prozeß zugrunde, in dessen Verlauf der Anteil derjenigen Bedürfnisfelder größer wird, die gesellschaftlicher Steuerung unterliegen. Der Vergesellschaftungsprozeß hat nach der Sphäre der Produktion auch die der Reproduktion erfaßt. Die Folgeprobleme der Überformung der natürlichen Umwelt, des städtischen Lebensraums und gar der Entwicklung der Persönlichkeit durch die kapitalistische Vergesellschaftung sind Ansatzpunkte der hier untersuchten Neuen Selbst-organisationen Dies gilt zunächst für die materielle Reproduktion, d. h. das marktliche und staatliche Güter-und Dienstleistungsangebot, die politisch gesteuerte Bereitstellung einer verkehrlich-räumlichen und sozialen Infrastruktur sowie die gesellschaftliche Produktion der Umweltbedingungen. Weiterhin werden in einem Prozeß fortschreitender kultureller Modernisierung und der Ausweitung von Systemsteuerung Felder symbolischer Reproduktion ebenfalls zunehmend unabhängig von den lebensweltlich strukturierten Handlungen der Menschen. Erziehung, zwischenmenschliche Beziehungen sowie private und kulturelle Identität werden einer Außen-Steuerung durch spezialisierte Subsysteme unterworfen. So sind das Schulsystem, die Massenmedien und die psychiatrischen sowie medizinischen Versorgungseinrichtungen systemische Institutionen . außengelenkter'symbolischer Reproduktion. Im Zuge einer Ausweitung der systemischen Steuerung auf weitere Bedürfnisbereiche entstehen . neue'gesellschaftliche Problemlagen. Parallel dazu schreitet ein gesellschaftlicher Differenzierungsprozeß fort, in dessen Verlauf ehemals integrierte Lebens-und Arbeitszusammenhänge institutionell, organisatorisch und räumlich aufgeteilt werden: Arbeit und Konsum, Berufssphäre und Privatleben, Produktion und Reproduktion treten auseinander. Im Rahmen der gesellschaftlichen Arbeitsteilung entstehen spezialisierte Unternehmen, Versorgungseinrichtungen usw., die jeweils bestimmte, aus dem Lebenszusammenhang der Menschen herausgelöste . Bedarfe'zugleich herstellen und befriedigen.

Neue Selbstorganisationen entstehen aus gleichen Betroffenheiten durch Folgeprobleme der differenzierten Produktionsstruktur Güter und Dienstleistungen werden nicht ausreichend, qualitativ unangemessen und insbesondere mit bedrohlichen Nebenwirkungen produziert. So sind die natürlichen Lebensgrundlagen durch ökologische Kreisläufe zerstörende und Ressourcen verschwendende Produktionsverfahren gefährdet; die Konzentration der werteschaffenden Arbeit auf den hochproduktiven industriellen Kernbereich führt zu Sinnproblemen bei denjenigen, die von der Arbeit ausgeschlossen sind » Die im zweiten Definitionskriterium genannten Merkmale sind in der Literatur häufig angesprochen. Dort werden die Neuen Selbstorganisationen als basisdemokratische Gemeinschaften dargestellt, die anti-hierarchisch strukturiert sind, das Avantgarde-und Stellvertreterprinzip entschieden ablehnen, die geschlechtsspezifischen Unterschiede abge-baut haben und somit die Artikulation authentischer Bedürfnisse ermöglichen Zutreffend ist, daß diese Ansprüche mit Nachdruck vertreten, z. B. formale Einengungen innerdemokratischer Strukturen vermieden und entgegenlaufende Tendenzen kritisiert werden. In unterschiedlichem Ausmaß werden Regelungen vereinbart, die die Basisdemokratie verankern sollen (z. B. daß Entscheidungen nur konsentisch, nicht durch Abstimmungen fallen, oder daß die Gruppe zur Hälfte aus weiblichen Mitgliedern bestehen soll). Es ginge an der Realität vorbei, die angestrebte interne Demokratisierung als umfassend verwirklicht anzusehen Nur diejenigen Neuen Selbstorganisationen, die zur „Alternativkultur“ zu rechnen sind, nicht aber jene, die zur sogenannten ersten Kultur oder den Übergangsbereichen zwischen „Stammkultur" und „Subkulturen" zählen verstehen sich als radikale basisdemokratische Modelle mit Blick auf ein „Neues Vergesellschaftungsmodell" und können als organisatorische Basis der Neuen sozialen Bewegungen bezeichnet werden Der Großteil der Neuen Selbst-organisationen befindet sich im Anfangs-oder Vorstadium sozialer Bewegung: Krisen-erscheinungen in verschiedenen Bereichen der Reproduktion führen „durch Bewußtwerden der eigenen veränderten Situation zu Gruppenbildungen unter denen, die die Folge der Krise erleiden" Konkret leiden die Mitglieder von Gesundheitsselbsthilfegruppen unter der fehlenden Menschlichkeit in Arztpraxen und Krankenhäusern, leiden die Mitglieder von Sanierungsinitiativen unter dem sozialen Zerfall des von ihnen bewohnten Viertels. Die Mitglieder von Selbstorganisationen bedienen sich in der Regel keiner sozi-alwissenschaftlichen Analyse zur Erklärung ihrer durch die Funktionsmechanismen des kapitalistisch-bürokratischen Systems bedingten Situation, sondern sie machen sich alltagstheoretische Erklärungen. Auf dieser Ebene einer diffusen Ablehnung von Ärzten, Bürokraten, Sozialarbeitern, Planern und Politikern sowie anderen Vertretern des . Systems liegt der Konsens der Neuen Selbstorganisationen, ein Konsens, der negativ ist, ein Sich-abgrenzen-Wollen. Teilweise ist diese Ablehnung gerichtet (gegen den Staat bzw. das Kapital), teilweise ist sie ungerichtet

Positiv gewendet besteht der Konsens in . Bedürfnisorientierung'. In einer der ersten Selbstverständnistexte der . Alternativ-Bewegung heißt es: „Ein . alternatives’ Vorhaben ist ganz einfach eines, daß einen andersartigen, wünschenswert(er) en Lebensstil beinhaltet. Das führt aber nur zu weiteren Fragen: Wie wir leben wollen, was für eine Gesellschaft wir wollen." . Bedürfnisorientierung'ist die gemeinsame Klammer in der Zielsetzung von Bürgerinitiativen „aus unmittelbarer Betroffenheit heraus" und von bedarfswirtschaftlichen Selbsthilfegruppierungen, die bei hoher persönlicher Involviertheit . neue Bedürfnisse befriedigen wollen, „als Widerpart zur institutionellen Sklerose (Olson) Die in Selbstorganisationen eingebrachten Bedürfnisse lassen sich zwar unter allgemeinen Bezeichnungen wie „Grundbedürfnisse nach Sinngebung" oder nach „gefühlsmäßigen zwischenmenschlichen Beziehungen" zusammenfassen doch werden die konkreten Inhalte jeweils einzigartig in jeder Gruppe ausgehandelt. Statt einer über die systematischen Medien Geld und Macht vermittelten Bedürfnisselektion in den etablierten Verbänden und Parteien insistieren die Neuen Selbstorganisationen darauf, „... einen Teil der formal organisierten Handlungsbereiche (zu) entdifferenzieren, dem Zugriff der Steuerungsmedien (zu) entziehen und diese . befreiten Gebiete* dem handlungskoordinierenden Mechanismus der Verständigung zurückzugeben"

Das dritte Definitionskriterium für Neue Selbstorganisationen, das . Identitätsprinzip', ist weniger substantiell als die beiden vorangegangenen. Es stammt aus der Genossenschaftstheorie und ist dann gegeben, wenn bei einer . Unternehmung'der Personenkreis der Leistungsersteller und der der Leistungsempfänger bzw. Nutznießer weitgehend übereinstimmt Die Gemeinwirtschaftslehre hat eine differenzierte Typologie der „Widmungsformen" entwickelt, die danach unterscheidet, welche Gruppierung Empfänger der , benefits ist Das Identitätsprinzip trifft für die „förderungswirtschaftliche" Leistungsabgabe zu. Bei den drei anderen Formen (gruppen-, stiftungs-und freigemeinwirtschaftliche) produzieren die Mitglieder der Non-Profit-Organisationen für die eigene soziale Schicht, für fremdes individuelles Wohl (z. B. Randgruppen) und schließlich für das Gemeinwohl. Gruppen, für die das Identitätsprinzip nicht zutrifft, können als Fremdorganisationen bezeichnet werden. Beispiele für Neue Fremd-organisationen sind die Umweltschutzorganisation „Green-peace" (freigemeinwirtschaftlich) oder die von Mittelschichtangehörigen organisierten Beschäftigungsinitiativen für arbeitslose Randgruppenangehörige

Der Übergang zwischen Fremd-und Selbstorganisation ist fließend, und es ist angebracht, die auf die neueste Geschichte der sozialen Bewegungen zurückgehende Trennung zwischen beiden Formen aufzuheben. Zu Beginn der Bürgerinitiativenbewegung wurde zwischen Fremd-und Selbstorganisationen nicht unterschieden; die Hauptsache war, daß zumindest einige Betroffene dabei waren Mit dem Niedergang der Kaderorganisationen und dem dort praktizierten Stellvertreterprinzip wurde . Bürgerinitiative'ebenso wie . Alternativprojekt'mit Betroffenenselbstorganisation gleichgesetzt. Dabei ist aus Fallstudien ersichtlich, daß Selbstorganisationen häufig mit Hilfe politischer oder sozialer Organisationen ins Leben gerufen werden oder von Dissidenten dieser Organisationen gegründet werden. Häufig arbeiten neue Selbstorganisationen zumindest auch für andere, nicht-organisationsfähige Betroffenengruppen und bedienen sich dabei typischer Handlungsmuster der Fremdorganisation, wie Anwaltsplanung oder Gemeinwesenarbeit

Die nachfolgende Darstellung ist weniger aus systematischen, denn aus pragmatischen Gründen auf Selbstorganisation beschränkt, da gegenwärtig nur für diesen Bereich ausreichende Daten zur Verfügung stehen Weitere in der Literatur genannte Definitionsmerkmale für Selbstorganisationen, wie Aprofessionalität, Solidarität, hohe Bewertung zwischenmenschlicher Beziehungen (zusammenfaßbar im Postmaterialismuskonzept) oder Bindung an konkrete lokale Milieus (DeZentralität) usw. stehen in engem Bezug zu dem genannten antisystemischen, bedürfnis-orientierten und basisdemokratischen Charakter der Neuen Organisationen.

III. Verbreitung und Verteilung der Neuen Selbstorganisationen

Tabelle 2: Verteilung alternativ-ökonomischer Projekte auf Wirtschaftsbereiche

Quantitative Größen, etwa zur Anzahl der Beteiligten, sagen wenig über die politische Folgenhaftigkeit kollektiven Handelns aus. Beispielsweise stehen Mitgliederzahl und öffentliche Beachtung neuer Umweltorganisationen einerseits und traditioneller Vereinigungen andererseits im Mißverhältnis: Den nominal etwa drei Millionen Mitgliedern des Deutschen Naturschutzrings (unter anderem Gartenvereine, Wander-und Alpenvereine) standen Ende der siebziger Jahre — zu ihrer Blütezeit — höchstens 300 000 Mitglieder von Bürgerinitiativen im Umweltschutz gegenüber Heute üben wenige tausend Aktivisten nachhaltigen Druck auf die Umweltpolitik aus -Adalbert Evers und Zoltan Szankay schlußfolgern aus dem offensichtlichen Mißverhältnis zwischen dem marginalen Umfang der Alternativbewegung und dem Ausmaß des politischen, publizistischen und sozialwissenschaftlichen Interesses an ihr: „Das, was mit den . Neuen Sozialen Bewegungen'entsteht, entsteht als ein krisenhafter Wandlungs-, ja Mutationsprozeß nicht an den Rändern, sondern im Zentrum der entwickelten Industriegesellschaft. Dieser Prozeß ist dabei, den tiefsten Einschnitt in die historische Verfaßtheit unserer Gesellschaften seit der Entstehung der Arbeiterbewegung hervorzubringen." Zuzustimmen ist der Auffassung, daß die Relevanz der Neuen Selbstorganisationen weniger auf ihrer Größenordnung als auf dem von ihnen — im unterschiedlichen Ausmaß — entwickelten alternativen Kulturmodell beruht. Deshalb sollen die nachfolgend vorgestellten quantitativen Ergebnisse im Zusammenhang mit den vorgetragenen theoretischen Überlegungen interpretiert werden.

In einer regionalen Bestandsaufnahme ist erstmalig versucht worden, das gesamte Spektrum Neuer Selbstorganisationen zu erfassen und ihre Verteilung auf verschiedene Problembereiche festzustellen In einem noch laufenden Forschungsprojekt werden die Zahlen für den Teilbereich „Alternative Ökonomie" aktualisiert, nicht zuletzt, weil ein gesteigertes politisches Interesse hieran besteht Abgeschlossen wird die Darstellung mit einer Hochschätzung der Gesamtzahl Neuer Selbstorganisationen in der Bundesrepublik Deutschland.

1. Schwerpunkte der Neuen Selbstorganisation — Ergebnisse einer Regionalstudie Der nachstehenden Tabelle 1 liegt eine auf zwei Dimensionen aufbauende Typologie zugrunde:

Geld und Macht vermittelt) auf Kosten einer lebensweltlich-kommunikativen Steuerung. Die soziale Integration geht von Handlungsbereich I zu Handlungsbereich III von Kommunikation auf systemische Kontrolle über. In der Merkmalsdimension „Handlungsform'' werden „Selbsthilfe" und „Widerspruch" unterschieden. Sie bezeichnen unterschiedliche Formen der Einflußnahme auf die Produktionsentscheidungen, die folgenreich für die Befriedigung der in den Selbstorganisationen Es werden drei „Handlungsbereiche" unterschieden. Die in ihnen jeweils zusammengefaßten Teilbereiche der Reproduktion sind in unterschiedlichem Ausmaß vergesellschaftet. Vom Handlungsbereich I (personelle/kulturelle Identität) über Handlungsbereich II (Wohnen und Lebensbereich) bis zum Handlungsbereich III (Umwelt) steigt der Anteil systemischer Steuerung (durch die Medien artikulierten Bedürfnisse sind. Organisationen, die vorwiegend die Handlungsform „Selbsthilfe" praktizieren, befriedigen die Bedürfnisse ihrer Mitglieder durch eigentätige Produktion von Gütern und Dienstleistungen. „Widerspruch" bedeutet, daß die Selbstorganisation versucht, die von Dritten (Staat und Unternehmen) vorgenommene Leistungserstellung in Quantität oder Qualität zu beeinflussen. Dies geschieht insbesondere durch die Veröffentlichung von Mißständen und Forderungen, durch Drohungen mit Legitimationsentzug usw. Im Untersuchungszeitraum gab es ca. 935 Neue Selbstorganisationen in der Untersu chungsregion. Davon sind ca. 60% der Selbsthilfe, 40% dem Widerspruch zuzurechnen. Dem Handlungsbereich I — personelle und kulturelle Identität — sind mit 535 Gruppen fast 60% der Grundgesamtheit zugeordnet. Hier sind Gruppen zusammengefaßt, die Probleme und Bedürfnisse aus dem Kernbereich der Lebenswelt bearbeiten. Beispielsweise sind dies Probleme des Selbstbewußtseins, der physischen und psychischen Gesundheit, von kommunikativen und emotionalen Beziehungen zu anderen Menschen sowie der sozio-kulturellen Orientierung. Auf eine kurze Formel gebracht reagieren die in diesem Handlungsbereich tätigen Initiativgruppen auf „Pathologien der Lebenswelt" Es dominieren Selbsthilfezusammenschlüsse wie Selbsterfahrungsgruppen von Männern und Frauen Krabbelstuben und Kinderläden, Gesundheitsselbsthilfegruppen oder Gruppen sozio-kulturell Benachteiligter. Charakteristisch für die hier erbrachten „personenorientierten Dienstleistungen" ist, daß ein qualitativ befriedigendes Ergebnis nur durch die aktive und konstruktive Mitarbeit der Klienten erreicht werden kann. Die Widerspruchs-gruppen des Handlungsbereiches I versuchen, die bürokratischen Dienstleistungsorganisationen (z. B. Schulen, Krankenhäuser, Versorgungseinrichtungen) zu beeinflussen. Das Nebeneinander von Selbsthilfe und Widerspruch verweist darauf, daß neben Freiräumen, in denen sowohl Selbsthilfe wie Widerspruch möglich ist, reglementierte Bereiche bestehen, in denen die Betroffenen die Leistungserstellung nicht in eigener Regie übernehmen können, so daß Widerspruch das einzig mögliche Mittel ist. Beispiel hierfür ist das verrechtlichte und bürokratische Schulsystem, auf das sich starke Widerspruchsaktivitäten richten (z. B. Bürgerinitiative gegen kooperative Gesamtschule), zu dem jedoch keine legalen Selbsthilfeaktivitäten außerhalb des öffentlich geregelten Erziehungswesens möglich sind. Im Handlungsbereich I sind die offensiv gegen bürokratische Versorgungsstrukturen opponierenden Gruppen in der Minderzahl, doch wächst das Mißtrauen gegen die großen Dienstleistungsorganisationen.

Die im Handlungsbereich II — Wohnen und Lebensbereich — aktiven 290 Selbstorganisationen bearbeiten Probleme der Wohnung, der Verkehrs-und Bebauungsplanung im Viertel, Infrastrukturdefizite in neuen oder überalterten Stadtteilen und Folgeschäden der Zerstörung traditionaler, kommunikativer und ökologischer Lebensräume. Charakteristisch für diese — auch „disparitär" genannten — Bedürfnisbereiche ist, daß die dort produzierten Leistungen den Bürgern durch staatlich-politisch normierte Leistungsangebote oder auch durch kollektive „Zwangskäufe" zufallen Folglich dominieren im Handlungsbereich II die Widerspruchsgruppen. Selbsthilfe ist, bedingt durch die eingeschränkte Verfügbarkeit der für die Bedürfnisbefriedigung notwendigen Ressourcen (z. B. Bauland, Verkehrsflächen) und die Machtverteilung (hoheitliche Planung durch Gebietskörperschaften), eine Ausnahme. Unter den Widerspruchsgruppen sind ca. 50 Mieterinitiativen, 80 im Wohnumfeld aktive Bürgerinitiativen (für Verkehrsberuhigung, andere Verkehrs-lenkung usw.) sowie 120 Stadtteilinitiativen in der Sanierungs-, Bebauungs-oder Verkehrsplanung, für die Einrichtung von Jugend-oder Kommunikationszentren oder für verbesserten Umweltschutz im Viertel. Unter den Selbsthilfegruppen befinden sich unter anderem selbstorganisierte Stadtteilzentren, Zusammenschlüsse von Wohngemeinschaften und 15 Hausbesetzergruppen.

Alle Selbstorganisationen des Handlungsbereiches III — Umwelt — sind Widerspruchs-gruppen. Ungefähr die Hälfte von ihnen gehört zur Ökologiebewegung, z. B. die 12 Anti-AKW-Gruppen. Bemerkenswert ist, daß es im Raum Köln-Bonn zum Untersuchungszeitpunkt keine bedeutsamen Atomanlagen gab und daß auch mittelfristig nicht mit einem Bau zu rechnen ist. Im zweiten wichtigen Problembereich — Stadtplanung und Verkehr — sind ca. 20 Gruppen aktiv, z. B. Fußgänger-und Fahrradfahrerinitiativen oder Aktionsgruppen gegen den Bau von Umgehungsstraßen bzw. Stadtautobahnen.

Zunächst sei das von der Literatur abweichende Ergebnis dieser Studie herausgestellt: Während dort als typische Initiativen Widerspruchsgruppen gelten, die überwiegend im Wohn-oder im Umwelt-bzw. Energiebereich tätig sind kommt unsere Untersuchung zu dem Schluß, daß erstens ca. 60% der Selbstorganisationen überwiegend die Handlungsform Selbsthilfe vorziehen und das zweitens — die Verteilung auf die Handlungsbereiche betreffend — ca. 60% Probleme personaler und kultureller Identität bearbeiten. rung des Selbst und der Lebensformen") verschoben. Andererseits wird die von Habermas als die „Grammatik der Lebensformen" angesprochene Problematik mit dem Vordringen systemischer Steuerung in die Sphäre der kommunikativen Verständigung bzw. mit der erlebbaren Bedrohung, daß der „Kern der Le-Zwischen den Handlungsbereichen I und II besteht ein nahezu spiegelbildliches Verteilungsverhältnis hinsichtlich der beiden Handlungsformen. Probleme der natürlichen Umwelt und der großräumigen Infrastruktur werden von relativ wenigen Selbstorganisationen bearbeitet, die ausschließlich Widerspruchs-gruppen sind. Das Verteilungsbild ist Ausdruck unterschiedlicher Handlungsbedingungen, die auf eine von Handlungsbereich I zu Handlungsbereich III zunehmende systemische Steuerung der Reproduktion zurückgehen. Während im Handlungsbereich I (noch) viele Nischen für selbstbestimmtes Handeln mit Aussicht auf kurzfristig zu erreichenden Erfolg bestehen, werden Selbstorganisationen der Handlungsbereiche II und III in eine langwierige Auseinandersetzung mit den systemischen Entscheidungsinstanzen gezwungen.

Einerseits kann die festgestellte Schwerpunktsetzung als „Ausweichbewegung" in Bereiche mit geringerer systemischer Durchdringung begriffen werden. Pointiert gesagt hat sich die Problemdefinition der oppositionellen Gruppierungen in den letzten 15 Jahren von einer sozio-ökonomischen („Verteilungsgerechtigkeit und Chancengleichheit") auf eine kommunikativ-kulturelle („Verändebenswelt" systemisch überformt wird, tatsächlich zu einem zentralen gesellschaftlichen Konflikt. Eine massive Gegenwehr ist dann angebracht und notwendig.

Beide Überlegungen führen zu der These, daß in den kommenden Jahren mit einer Ausbreitung der in Problembereichen der persönlichen und kulturellen Identität ansetzenden Selbstorganisationen zu rechnen ist. Die an systemisch beherrschten Konfliktlinien kämpfenden Selbstorganisationen dürften hingegen entweder stagnieren oder Ideologien und Aktionsformen entwickeln, welche die abgerissene Verbindung zwischen subjektiv Erlebbarem und angezielten gesellschaftlichen Veränderungsprozessen wiederherstellen (Neue Religionen, „Politik in erster Person"). 2. Alternative Ökonomie — Prüfstein der Selbstorganisation Alternativ-ökonomische Projekte sind — über ihre Marktteilnahme — in systemische Prozesse verwickelt, und ihre Existenz ist von der Bewältigung der zwischen System und Lebenswelt auftretenden Spannungen abhängig. Sie sind ein Sonderfall der Selbsthilfe, insofern sie eine Reintegration der aufgesplitterten Bedürfnisbereiche anstreben. Sie haben einen ganzheitlichen Ansatz der Problemlö25 sung, weshalb ihre Einordnung in die „Handlungsbereiche" nicht sinnvoll ist Im Unterschied zu den nicht-ökonomischen Selbstorganisationen versuchen sie, den Lebensunterhalt ihrer Mitglieder zu sichern. Die betriebswirtschaftliche Umsetzung dieses Ziels soll von den Erfordernissen des Marktsystems abgekoppelt sein und den lebensweltlichen Bedürfnissen der Mitarbeiter/innen folgen. In dem Maße, in dem die Steuerungsgröße „Profit" durch die Bedürfnisorientierung ersetzt wird, kann von einer bedarfswirtschaftlichen Ökonomie gesprochen werden

Die früheren Schätzungen über den Umfang des alternativ-ökonomischen Sektors in Höhe von 10 000 bis 20 000 Projekten liegen bei weitem zu hoch. Die Überschätzungen resultieren hauptsächlich aus der Vermischung nicht-ökonomischer Selbsthilfegruppen mit ökonomischen Projekten. Für die hier präsentierten Zahlenangaben werden folgende „weiche" Definitionskriterien anglegt

Alternativ-ökonomische Projekte sind ...

— Gruppen mit mindestens drei Mitgliedern, ausnahmsweise auch mit zwei Mitgliedern (Gruppenprinzip);

— Projekte mit einem Selbstverständnis als „Selbstverwalteter Betrieb", „Alternativprojekt" oder ähnlichem; die Mitarbeiter/innen vertreten dies nach außen und betonen dabei die „Bedürfnisorientierung" ihres Handelns; — Gruppen mit gleichem Entscheidungsrecht aller ständigen Mitarbeiter/innen auch bei grundsätzlichen Entscheidungen;

— Produzenten/innen-Kollektive, d. h. Träger/innen und Mitarbeiter/innen sind die gleichen Personen (Identitätsprinzip);

— Gruppen die zumindest anstreben, den Lebensunterhalt ihrer Mitarbeiter/innen zu sichern (Erwerbscharakter);

Nach Wirtschaftsbereichen unterschieden ergibt sich folgende branchenmäßige Zusammensetzung des alternativ-ökonomischen Wirtschaftssektors in der Bundesrepublik

Das Verteilungsbild spiegelt die ökonomischen, ideenmäßigen und personalen Voraussetzungen der Alternativökonomie wider:

— Im mit ca. 20% der Projekte recht kleinen Produktionssektor (A) sind zur Gründung alternativer Betriebe zumindest einige 10 000 DM Startkapital nötig, während in den Sektoren B und C manchmal einige tausend DM, in Ausnahmefällen gar kein Anfangskapital benötigt wird.

— Die Gebrauchswertorientierung ist — bei gegebenem Kapitalmangel — leichter in den Wirtschaftsbereichen B und C durchzuhalten. Im ca. 30% der Projekte umfassenden Bereich persönlicher Dienstleistungen und im Gastgewerbe sind die Tätigkeiten interaktions-und kommunikationsintensiv. Im Handelsbereich haben Alternativprojekte oft den Markteintritt für ökologische Produkte (z. B. naturbelassene Lebensmittel, Umweltschutzpapier) ermöglicht. Buchläden und Medienprojekte verkaufen Produkte mit einem spezifischen (politischen bzw. subkulturellen) Gebrauchs-wert an eine sozio-kulturell bestimmbare Sympathisanten-Szene.

— Schließlich bieten insbesondere der Handel und das Gastgewerbe Einstiegsmöglichkeiten für berufsunerfahrene Hochschulabsolventen, Studienabbrecher u. ä. neue Problemgruppen des Arbeitsmarktes. Im Handwerksbereich ist hingegen oft eine hohe formale Qualifikation (Meister) Voraussetzung für die Gewerbegründung.

Die Schätzung der absoluten Anzahl alternativ-ökonomischer Projekte fällt je nach Abgrenzungskriterien und Untersuchungsregion unterschiedlich aus. Eine Sekundäranalyse der drei abgeschlossenen Regionalstudien führt bei Vereinheitlichung der Definition zu ähnlichen Ergebnissen: Auf 10 000 Einwohner kommt etwa ein alternativ-ökonomisches Projekt. Auf die Bundesrepublik hochgerechnet sind dies etwa 6 000 Projekte. Bei durchschnittlich fünf bezahlten Mitarbeitern sind dies bundesweit 30 000 Arbeitsplätze.

Alternative Ökonomie im Kapitalismus ist unabdingbar labil. Den Projekten wird der Widerspruch zwischen systemischer Steuerung und Bedürfnisorientierung „durch die Gesamtökonomie ... notwendigerweise auf-geherrscht" Verweigern sich die Projekte der Marktanpassung und damit dem Prinzip der Gewinnmaximierung mit der Folge ausbleibender Kapitalbildung, hat dies „Selbstausbeutung" gegebenenfalls den finanziellen Zusammenbruch des Unternehmens zur Folge. Aus der Wirtschaftsgeschichte ist die

These gewonnen, daß ökonomische Selbsthilfebewegungen in der lang andauernden Depressionsphase entstehen und bei Durchschlagen des Kapitalmangels nach einigen Jahren wieder verschwinden Die vorliegenden Daten zur quantitativen Entwicklung der Alternativ-Ökonomie deuten auf das Ende ihrer Ausbreitung hin. Die systemisch vorgegebene Grenze scheint bereits erreicht

Die bestehenden Projekte geraten zunehmend in ein Entscheidungsdilemma: Sollen sie weiterhin bei relativer Marktdistanz auf dem Drahtseil der Alternativ-Ökonomie balancieren, oder sollen sie auf den vergleichsweise sicheren Grund der marktangepaßten Unternehmen überwechseln. Für die Binnen-struktur bedeutet dies eine Abkehr von den Prinzipien der Selbstorganisation, die sich insbesondere in der Wiedereinführung formeller Hierarchien und der Bindung der Entscheidungsbefugnisse an das Kapitaleigentum ausdrückt Aus dem Entscheidungsdilemma heraus können nur politische Prioritätensetzungen führen; das setzt voraus, daß der Gesellschaft die Innovationskraft der Alternativ-Ökonomie als so wertvoll erscheint, daß diese gegen marktliche Zwänge unterstützt wird.

Wie die Zahl von 30 000 bezahlten Arbeitsplätzen zeigt, ist der Stellenwert der Selbsthilfeökonomie als arbeitsmarktpolitisches Instrument offensichtlich marginal. Dabei ist die Nachfrage nach alternativen Beschäftigungsmöglichkeiten sehr hoch. Dies zeigt das Ausmaß unbezahlter (statt eines Berufes ausgeübter) Tätigkeiten im alternativen Sozial-dienstleistungssektor Die Alternativ-Okonomie ist keine gewinnträchtige Wachstumsbranche, sondern sie gibt eine Antwort darauf, „was und wie in gesellschaftlich sinnvoller Arbeit produziert werden soll" Ihre Chancen würden verkannt, wenn sie in der Logik des keynesianisehen „Aushebens und Zuschüttens tiefer Gräben" als Instrument der Konjunkturpolitik genutzt würde. Vielmehr bietet sie die Alternative einer selbstbestimmten, kommunikativen und bedürfnisorientierten Allokation von Arbeit, eine Alternative zur entfremdeten Ar-beit im industriellen Kern der Wirtschaft und zu sinnentleerter Arbeitslosigkeit. Wertvoll ist ihre gesellschaftspolitische, weniger ihre ökonomische Funktion. Sie schafft „soziale Labore", in denen praktische Antworten auf die Krise der Arbeitsgesellschaft gegeben werden. „Die Menschen wollen arbeiten, sie brauchen die Erfahrungen, die sich aus der Erwerbstätigkeit ergeben; aber sie wollen diese Erfahrungen unter Bedingungen machen, die sich nicht negativ auf ihr Menschsein auswirken."

IV. Zusammenfassung und Schlußbemerkungen

Tabelle 3: Neue Selbstorganisationen in der Bundesrepublik

Schätzt man aufgrund der vorliegenden Daten die Gesamtzahl der Neuen Selbstorganisationen in der Bundesrepublik hoch, so kommt man auf insgesamt 35 000 Gruppen

Davon sind, rechnet man die gesondert behandelten 6 000 alternativ-ökonomischen Projekte hinzu, 22 000 Selbsthilfezusammenschlüsse und 13 000 Initiativgruppen der Handlungsform „Widerspruch". Insgesamt dürften in diesen Gruppen zwischen 300 000 und 600 000 Menschen aktiv sein, d. h. regelmäßig und intensiv am Gruppenprozeß teilnehmen. Ein Vergleich mit Repräsentativbefragungen macht deutlich, daß es sich bei der hier vorgenommenen Schätzung des aktiven Widerspruchs-und Selbsthilfepotentials in der Bevölkerung um eine Untergrenze handelt

„Wenn ... nicht alles täuscht, so hat... die . Krise der Arbeitsgesellschaft'... eine Bewegung hervorgebracht, die das herkömmliche Parteiensystem und die Systemsteuerung, die dieses System aufgebaut hat, nämlich den Markt-Preis-Mechanismus im ökonomischen Makrobereich, das Hierarchie-Prinzip im wirtschaftlichen Mikrobereich und das Solidaritätsprinzip auf der politisch-gesellschaftlichen Ebene, ablehnt und nach neuen Paradigmen sucht." Wie die positive Resonanz in der Bevölkerung auf Konzepte wie Entstaatlichung, Entbürokratisierung, mehr Eigeninitiative und Mitmenschlichkeit zeigt, ist die in den Neuen Selbstorganisationen manifeste „Gegenwehr der Lebenswelt" (Habermas) aktiver Ausdruck eines verbreiteten Unbehagens an der Kultur.

Dies trifft zusammen mit einer ökonomisch-fiskalischen Krise des Steuerstaates. Die sozialen Sicherungssysteme sind bis an die Grenze belastet, und wenn das soziale Netz in den kommenden Jahren nicht reißen soll, müssen weitere erhebliche Einschnitte in den sozialen Besitzstand der Armen gemacht werden. Als neuer sozialpolitischer Grundkonsens drängt sich förmlich auf, „... daß die großorganisatorischen Systeme der sozialen Sicherung elementare Bedürftigkeiten nicht oder nicht mehr erreichen, und daß deshalb die lebensweltlichen, vormarktlichen und vor-staatlichen Hilfeformen, nämlich Eigeninitiative, Selbsthilfe und Selbstverantwortung, gestärkt werden müßten" Das wiedererwachte Interesse der Politik an den Selbstorganisationen scheint von diesem Grundkonsens getragen. Bei genauerem Hinsehen wird jedoch eine hohe Selektivität dieses Interesses deutlich. Drei Beispiele seien angeführt:

— In den kostenintensiven sozialen Leistungsbereichen werden nicht-ökonomische Selbsthilfegruppen zur Entlastung öffentlicher Haushalte genutzt. Dabei werden Arbeitsplätze im formellen Sektor abgebaut, ohne einen entsprechenden Ausgleich im informellen zu schaffen. Im gleichen Zuge werden sozialstaatliche Leistungen für die Armen gestrichen; das in Selbsthilfe-und Widerspiuchsgruppen vorhandene Protestpotential wird durch die Gruppenförderung teilweise gebunden

— Parallel dazu werden die ohnehin stagnierenden Widerspruchsaktivitäten staatlicherseits erschwert. So plant die Bundesregierung, die Bürgerbeteiligung bei der Genehmigung von Atomanlagen ebenso wie in Sanierungsgebieten einzuschränken und das Demonstrationsrecht so zu verschärfen, daß die gezielte Regelverletzung als bislang wirksamstes Mittel der Widerspruchsgruppen kriminalisiert wird.

— ökonomische Selbsthilfeprojekte werden dann gefördert, wenn sie bei Entlastung der Staatskasse arbeitsmarkt-und konjunkturpolitisch wirksam sind. Während die Sozialdemokraten die neuen Genossenschaftsprojekte in den gesellschaftlichen Solidarpakt einbinden möchten (konkret die Einhaltung von Tarifen, Arbeitszeit-und Arbeitsschutzregelungen zur Förderungsvoraussetzung machen), beabsichtigen die Christdemokraten die Integration mit entgegengesetzten Mitteln: Ausgewählte alternativ-ökonomische Betriebe sollen mit den „Neuen Selbständigen" in ein Programm für Mittelstandsförderung zusammengefaßt werden, bei Lockerung arbeitsrechtlicher Bestimmungen

Der antisystemische Protest droht im Rahmen selektiver Förderungs-und Benachteiligungsmaßnahmen als zusätzliche Handlungsressource und Legitimationsquelle für eine Politik der Systemausweitung genutzt zu werden.

Die Neuen Selbstorganisationen, sind dem weitgehend schutzlos ausgeliefert. Ihr Konsens besteht eben in der Ablehnung des Repertoires, welches im politischen System zur Durchsetzung von Interessen vorgesehen ist, z. B. in der Ablehnung zentraler Interessenverbände oder des Lobbyismus. Deutlich wird dies an den innerparteilichen Auseinandersetzungen der GRÜNEN und dem gespannten Verhältnis von Bürgerinitiativen und Selbsthilfegruppen zu dieser Partei, die mit dem Selbstverständnis des „parlamentarischen Arms der außerparlamentarischen Bewegungen" auftritt. Es gibt keine Anzeichen dafür, daß die Selbstorganisationen wirksame Formen der Kooperation („Vernetzung") und der Vertretung ihrer Interessen gegenüber dem politischen System entwickeln. Wertvolle Ressourcen, die die Neuen Selbst-organisationen für eine qualitative Erneuerung von Politik, Wirtschaft und Kultur bereithalten, drohen unterzugehen. Positiv gewendet besteht die Aufgabe darin, diese Potentiale zu verdeutlichen und in vielen Lebensbereichen konkrete Gestaltungsalternativen zu entwickeln, d. h. die Position der Neuen Selbstorganisationen verstärkt in die öffentliche Diskussion einzubringen.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Presse-und Informationsamt der Bundesregierung (Hrsg.), Programm der Erneuerung. Freiheit, Mitmenschlichkeit, Verantwortung. Die Regierungserklärung von Bundeskanzler Dr. Helmut. Kohl vor dem Deutschen Bundestag am 4. Mai 1983. Bonn 1983, S. 62.

  2. Dokumente zur Mannheimer Erklärung der CDU, in: H. Geißler, Die neue soziale Frage, Freiburg 1976, S. 155 ff.

  3. Vgl. die Veröffentlichungen der beiden Sozialminister: B. Breuel, Perspektiven des Aufbruchs, Düsseldorf 1983; U. Fink, Keine Angst vor Alternativen. Ein Minister wagt sich in die Szene, Freiburg 1983.

  4. Deutscher Bundestag (Hrsg.), Antrag des Abgeordneten Dr. Jannsen und der Fraktion DIE GRÜNEN. Förderung von Ausbildungsplätzen, Bundestagsdrucksache 10/892, Bonn 1984.

  5. Vgl. die Ausführungen zum Stichwort „sozial" im Programm der Bundespartei DIE GRÜNEN, in: M. Opielka u. a., Die Zukunft des Sozialstaats, Stuttgart 1983, S. 249.

  6. O. v. Nell-Breuning, Gerechtigkeit und Freiheit. Grundzüge katholischer Soziallehre, Wien 1980, S. 48.

  7. Zitiert nach Nell-Breuning, a. a. O. (Anm. 6), S. 49.

  8. W. Dettling, Die CDU und die Alternativen — entfernte Verwandte?, in: U. Fink, a. a. O. (Anm. 3), S. 57; s. a.: Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung (Hrsg.), Soziale Sicherheit, Bonn 1984, S. 18 ff.

  9. U. Lehmann-Brauns, Verwandte wider Willen — über ihren Umgang und seine Vorbereitung, in: U. Fink, a. a. O. (Anm. 3), S. 295; M. -L. Weinberger, Seltsame Koalition zwischen rechts und links bei der „Selbsthilfe", in: Die Neue Gesellschaft, (1984) 1.

  10. M. Opielka, a. a. O. (Anm. 5), S. 295.

  11. Vgl. die entsprechenden Passagen im Orientierungsrahmen85 bzw. im „Kommunalpolitischen Grundsatzprogramm", beschlossen vom Bundesparteitag der SPD am 14. bis 15. 11. 1975.

  12. J. Strasser/K. Traube, Die Zukunft des Fortschritts. Der Sozialismus und die Krise des Industrialismus, Bonn 1981: aktualisiert von K. -J. Scherer und F. Vilmar (Hrsg.), Ein alternatives Sozialismuskonzept. Perspektiven des Okosozialismus, Berlin (Typoskript des FB Politikwissenschaft der FU Berlin) 1983.

  13. H. Ehrenberg/A. Fuchs, Sozialstaat und Freiheit. Von der Zukunft des Sozialstaats, Frankfurt 1981, S. 75, S. 77, S. 83; gleiche Begründungen für seine Ablehnung der Alternativen Ökonomie gibt das Institut der Deutschen Wirtschaft, „Grüne“ Wirtschaft — Subventionierte Selbstverwirklichung, in: Der Arbeitgeber, (1983) 11, S. 418— 420.

  14. Vgl.den Aufsatz von G. Bäcker, Entprofessionalisierung und Laisierung sozialer Dienste — Richtungweisende Perspektive oder Rückzug?, in: WSI-Mitteilungen, (1979) 10, S. 526— 537; vgl. auch die Sammelbesprechung von W. Elsner, „Die Alternativen der Alternativbewegung". Bemerkungen zu einigen Denkfehlern einiger Theoretiker der alternativen Ökonomie, in: WSI-Mitteilungen, (1982) 1, S. 49— 55. Der Bericht des DGB-Landesbezirks NRW, Arbeitslosenarbeit in Nordrhein-Westfalen. Beispiele aus der Arbeit von Staat, gesellschaftlichen Organisationen und Arbeitslosen-Initiativen, Düsseldorf 1984, belegt die Berührungsängste des DGB mit Selbstorganisationen, deren Mitglieder (z. B. als Mitglieder einer Produktionsgenossenschaft) die Arbeitnehmerrolle aufheben: Ökonomische Projekte, in denen sich Arbeitslose ihren Lebensunterhalt verdienen, fehlen.

  15. Beispielhaft sei das Umfrageergebnis genannt, demzufolge es 57 Prozent der Bevölkerung befürworten, daß Projekte im Selbsthilfe-und Alternativbereich als Mittel gegen Arbeitslosigkeit vom Staat finanziell unterstützt werden; vgl. P. Grottian/M. Kück, Modell Berlin: 10 000 neue Arbeitsplätze im Selbsthilfe-und Alternativbereich, in: M. Bolle/P. Grottian (Hrsg.), Arbeit schaffen — jetzt!, Reinbek 1983, S. 128.

  16. Das Land Hessen will 1984 7 Millionen DM für das „Programm zur Förderung alternativer Wirtschaftsformen" bereitstellen. Die Landesregierung Nordrhein-Westfalen (Hrsg.) erwähnt im Landesbericht 1982, Düsseldorf 1983, S. 56, erstmals die wohlfahrtsrelevanten Wirkungen „bestimmter Formen der Schattenwirtschaft wie Eigenwirtschaft, Nachbarschaftshilfe, Arbeit in Hilfsvereinen, Hobbyformen der Landbewirtschaftung usw.". In NRW, Bremen und Hamburg sind ähnliche Förderungsprogramme wie in Hessen in Vorbereitung.

  17. M. -L. Weinberger, a. a. O. (Anm. 9).

  18. U. Fink, a. a. O. (Anm. 3), S. 18.

  19. Vgl. die „Kriterien für die Förderung von Selbsthilfegruppen", Senatsbeschluß vom 24. 8. 1982; abgedruckt in: U. Fink, a. a. O. (Anm. 3), S. 46 ff.

  20. Große Anfrage der CDU über Alternatives Leben vom 26. 12. 1981, Abgeordnetenhaus von Berlin, Drucksache 9/349 vom 8. 2. 1982; abgedruckt in: U. Fink, a. a. O. (Anm. 3), S. 29 f.

  21. Soweit damit neue Lücken in der sozialen Versorgung geschaffen werden, ist diese Entstaatlichung eine geschickt getarnte Form des Sozialabbaus; M. -L. Weinberger, a. a. O. (Anm. 9), behauptet dies für die Verlegung von Pflegemaßnahmen von Krankenhäuser in überlastete Sozialstationen, wobei 95 Millionen DM gespart und 1 500 Arbeitsplätze ersatzlos gestrichen werden.

  22. U. Fink, a. a. O. (Anm. 3), S. 9 ff.

  23. J E. Huber, Perspektive Selbsthilfe! Zur schwierigen Beziehung zwischen alternativem Leben und sozialer Politik, o. O. 1983 (Thesenpapier zur Tagung „Gemeinsam sind wir stärker. Leben und Lernen in Selbsthilfegruppen", Hamburg 18. — 20. 11.

  24. Kaiserliche Botschaft v. 17. 11. 1881, zitiert nach: V. Hentschel, Geschichte der deutschen Sozialpolitik 1880— 1980, Frankfurt 1983, S. 9: „Die Heilung der sozialen Schäden ... (ist)... nicht ausschließlich im Wege der Repression sozialdemokratischer Ausschreitungen, sondern gleichmäßig auf dem der positiven Förderung des Wohls der Arbeiter zu suchen."

  25. A. Evers, Die Auseinandersetzung um die staatliche Selbsthilfeförderung in Westberlin. Verfestigung alter oder Herausbildung neuer Selbstverständnisse?, o. O. 1983 (Referat auf der Selbsthilfe-tagung in Hamburg (vgl. Anm. 23), S. 7; Evers vermutet diese kulturellen Verschiebungen auch im Lager der „konservativen Reformer".

  26. W. Nelles/W. Beywl, Bürgerinitiativen und Selbsthilfegruppen, in: M. Irie (Hrsg.), Methoden und Anwendungen in der Marktpsychologie (Handbuch der Psychologie Bd. 12. 2), Göttingen 1983, S. 771.

  27. Die „Kostenexplosion im Gesundheitswesen" und die ab Mitte der siebziger Jahre einsetzende Kritik an der „Kontraproduktivität" der großen Versorgungssysteme (insbes.der Medizin, vgl. u. a. I. Illich) führten Ende der siebziger Jahre zu einem Forschungsschub im Bereich der Gesundheitsselbsthilfegruppen (vgl. Kickbusch/Trojan, a. a. O.); K. Deimer u. a., Selbsthilfe in der Sozialpolitik — ein Lösungsansatz?, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 34/83, S. 15, stellen folgerichtig fest, daß die grundlegenden Definitionsansätze durch die Gesundheits-Selbsthilfe-Gruppen-Forschung geprägt sind. Das Interesse an den ökonomischen Selbsthilfeprojekten wuchs erst mit dem Hoch-schnellen der Arbeitslosenzahlen auf die 2 Millionen-Marke.

  28. So argumentierte bereits C. Offe in seinem 1971 geschriebenen Aufsatz: Bürgerinitiativen und Reproduktion der Arbeitskraft im Spätkapitalismus, in: ders., Strukturprobleme des kapitalistischen Staates, Frankfurt 1972, S. 153— 168.

  29. Grundlage der Überlegungen ist das Buch von J. Habermas, Theorie des kommunikativen Handelns, Frankfurt 1981. Für die Anwendung der Theorie auf die Selbstorganisationsforschung vgl. ausführlich: W. Nelles/W. Beywl, Selbstorganisation. Handlungsperspektiven für Verbraucher, Frankfurt 1984 (im Erscheinen).

  30. Die Mehrzahl der traditionellen (vereinsmäßigen) Zusammenschlüsse des Reproduktionsbereiches bleibt damit ausgespart (z. B. Sportvereine, Gesangsvereine, Naturschutzvereine); vgl. zu möglichen Berührungspunkten: F. Kröll/S. Bartjes/R. Wiengarn, Vereine. Geschichte — Politik — Kultur, Frankfurt 1982.

  31. Vgl. K. -W. Brand/D. Büsser/D. Rucht, Aufbruch in eine andere Gesellschaft. Neue soziale Bewegungen in der Bundesrepublik, Frankfurt 1983, S. 246 ff.

  32. Vgl. M. Schenk, Kommunikationsstrukturen in Bürgerinitiativen, Tübingen 1982; seine empirischen Forschungen führen zu dem Ergebnis, daß oligarchische Organisationsstrukturen in Bürgerinitiativen stark ausgeprägt seien (S. 218); diesem Resultat liegt die Operationalisierung überzogener basisdemokratischer Zielsetzungen zugrunde.

  33. Vgl. die Übersicht „Selbstorganisationen" in: A. Trojan, Zur aktuellen Diskussion um die Förderung von Selbsthilfezusammenschlüssen, in: M.Opielka u. a„ a. a. O. (Anm. 5), S. 230.

  34. Der politisch-sozial avantgardistische Teil der Neuen Selbstorganisationen steht im Mittelpunkt des sozialwissenschaftlichen Interesses; vgl. die Synopsen von J. Huber, Die Alternativen der Alternativbewegung, Berlin 1980; P. Grottian/W. Nelles, Großstadt und neue soziale Bewegungen, Basel 1983; R. Schmidt, Zur alternativen Kultur, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 11/83, S. 41— 54.

  35. O. Rammstedt, Soziale Bewegung, Frankfurt 1978.

  36. Vgl. die Befragungsergebnisse alternativer Projekte von! H. Kreutz/G. Fröhlich/D. Maly, Die Bedeutung alternativer Tätigkeitsfelder und Tätigkeitsverläufe für den Arbeitsmarkt, Nürnberg 1983 (Forschungsbericht für die Bundensanstalt für Arbeit), S. 5 ff. Eine Gefahr liegt in der ideologischen Überhöhung der diffusen Negation als (einzige) Gemeinsamkeit alternativer Gruppen: .. ihre . Ideologie'ist die Uneinheitlichkeit, ist die Nicht-Ideologie." (R. Schmidt, a. a. O. [Anm. 36), S. 50).

  37. Dezentrale (Hrsg.), Alternativkatalog 1, Biel 1981, S. IV.

  38. K. Gretschmann, Wirtschaft im Schatten von Markt und Staat. Grenzen und Möglichkeiten einer Alternativ-Okonomie, Frankfurt 1983, S. 15, S. 13.

  39. Zur Begrifflichkeit vgl. S. Gasiet, Menschliche Bedürfnisse. Eine theoretische Synthese, Frankfurt 1981, Kap. 19; empirische Ergebnisse in W. Nelles/W. Beywl 1984, a. a. O. (Anm. 30), Kap II. 4. 2. 2. f.

  40. J. Habermas, a. a. O. (Anm. 30), S. 582; je mehr eine Selbstorganisation zur alternativen Kultur gehört, desto radikaler wird auf der basisdemokratisch ausgehandelten Steuerung über Bedürfnisse insistiert, was in der Version vom „totalen Leben" zur psychischen Überlastung der Gruppenmitglieder führen kann (vgl. M. Horx/A. Sellner/C. Stephan [Hrsg. ], Infrarot. Wider die Utopie des totalen Lebens, Berlin 1983).

  41. Vgl. R. Eschenburg, ökonomische Theorie und genossenschaftliche Zusammenarbeit, Tübingen 1971.

  42. W. Engelhardt, Gemeinwirtschaftliche Genossenschaften — ein möglicher Widmungstyp von Genossenschaften unter Sechsen, in: Zeitschrift für öffentliche und gemeinwirtschaftliche Unternehmen 1983, S. 29 ff.

  43. Vgl. zu letzteren den Forschungsbericht von F. Hegner und C. Schlegelmilch, Formen und Entwicklungschancen unkonventioneller Beschäftigungsinitiativen, Berlin 1983 (Diskussionspapier des Wissenschaftszentrums); sie fassen die förderungswirtschaftlichen, alternativökonomischen Projekte und die von kleinen wie großen Trägern der Wohlfahrtspflege initiierten, stiftungswirtschaftlichen Fremdorganisationen unter dem Begriff „unkonventionelle Beschäftigungsinitiativen" zusammen.

  44. VgL dazu die beiden Fallstudien „Frauenaktion 70" und „Kölner Bürgerinitiative gegen Obdachlosigkeit" bei H. Grossmann (Hrsg.), Bürgerinitiativen, Frankfurt 1971.

  45. Vgl. W. Nelles/W. Beywl 1984, a. a. O. (Anm. 30). Kap. II 4. 1. 2. f.

  46. Eine der wenigen umfassenden Studien zu Fremdorganisationen (allerdings bei Vernachlässigung ihres „neuen" Teils) führte das Wolfenden-Committee durch: The Future of Voluntary Organisations, London 1978.

  47. Ein wichtiger, hier nicht vorgestellter Analyse-ansatz zu den Neuen Selbstorganisationen ist der kulturtheoretische; vgl. K. Bremen, Neue soziale Bewegungen — Das Beispiel der Stollwerck-Besetzung in Köln, in: P. Grottian/W. Nelles, a. a. O. (Anm. 36), S. 175— 204; L. Kolenberger/H. -A. Schwarz, Abschlußbericht des Projekts „Zum Problem einer . Zweiten Kultur'in West-Berlin", Berlin 1982 (MS).

  48. W. Rüdig, Bürgerinitiativen im Umweltschutz. Eine Bestandsaufnahme der empirischen Befunde, in: V. Hauff (Hrsg.), Bürgerinitiativen in der Gesellschaft, Villingen 1980.

  49. Vgl. die Auswirkungen der spektakulären Aktionen kleiner Aktionsgruppen wie „Greenpeace" und „Robin Wood“ auf die Diskussion um das Einfuhrverbot für Robbenfelle, das Verbot der Dünnsäureverklappung und die Verschärfung der Technischen Anleitung Luft im Zusammenhang mit dem . Sauren Regen'.

  50. A. Evers/Z. Szankay, Was entsteht mit den neuen sozialen Bewegungen?, in: P. Grottian/W. Nelles, a. a. O. (Anm. 36), S. 24.

  51. Zum Untersuchungsdesign vgl. W. Nelles/W. Beywl 1984, a. a. O. (Anm. 30), Kap. II. 4. 1.

  52. Die Ergebnisse der Pilotstudie von W. Beywl/H. Brombach/M. Engelbert, Bestandsaufnahme alternativ-ökonomischer Projekte in NRW, werden voraussichtlich Mitte 1984 vom Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales, NRW, veröffentlicht.

  53. J. Habermas, a. a. O. (Anm. 30), S. 566.

  54. Der Bereich selbstorganisierter Psychotherapiegruppen ist in den letzten Jahren stark angewachsen und dürfte weit über der angegebenen Zahl liegen; die theoretische und empirische Forschung steckt in den Anfängen, weshalb nur Vermutungen über ihre Zuordnung zum Definitionsbereich Neuer Selbstorganisationen gemacht werden können. Andererseits weisen die Selbstorganisationen in allen drei „Handlungsbereichen" Selbsterfahrungselemente auf.

  55. A. Gartner/F. Riessman, Der aktive Konsument in der Dienstleistungsgesellschaft, Frankfurt 1978.

  56. C. Offe, „Ausdifferenzierung" oder „Integration" — Bemerkungen über strategische Alternativen der Verbraucherpolitik, in: G. Fleischmann (Hrsg.), Der kritische Verbraucher, Frankfurt 1981, S. 270.

  57. Vgl. (Anm. 50). zusammenfassend W.Rüdig, a. a. O.

  58. Integrierte Lebens-und Arbeitsgemeinschaften sind von einem Teil der alternativkulturellen Projekte verwirklicht; zu den bekanntesten zählen die „Ufa-Fabrik" in Berlin und die „Arbeiter-Selbsthilfe" in Oberursel.

  59. Präzise wirtschaftstheoretische Überlegungen bei K. Gretschmann, a. a. O. (Anm. 40).

  60. Vgl. J. Huber 1980, a. a. O. (Anm. 36), S. 28 ff.: L. Kolenberger/H. -A. Schwarz, a. a. O. (Anm. 49), S. A. 32 ff.; vgl. die Synopse von W. Beywl, Alternative Ökonomie — Modell zur Finanzierung von Selbsthilfeprojekte?, in: L. Bertels/H. -G. Nottenbohm (Hrsg.), ...... außer: man tut es." Beiträge zu wirtschaftlichen und sozialen Alternativen, Bochum 1983, S. 92 ff.

  61. Vgl.den vorangegangenen Abschnitt.

  62. Vgl. W. Beywl/H. Brombach/M. Engelbert, a. a. O. (Anm. 54).

  63. Grundlage der Schätzungen sind die vorliegenden Regionalstudien mit ähnlichen bzw. angleichbaren Definitionskriterien; vgl. H. Kreutz/G. Fröhlich/D. Maly, a. a. O. (Anm. 38) für Nürnberg/Hannover; P. Grottian/M. Kück, a. a. O. (Anm. 15) für Berlin; sowie für Hamburg: Ch. Personn/O. Tiefenthal, Bedingungen und Strukturen Alternativer Ökonomie. Empirische Analyse Hamburger Alternativprojekte, Hamburg 1984 (Dipl. -Arbeit, Inst. f. pol. Wissenschaften, Universität Hamburg, MS).

  64. R. Schwendter, Notate zur Kritik der alternativen Ökonomie, in: Arbeitsgemeinschaft sozialpolitischer Arbeitskreise (AG SPAK), Zur Alternativen Ökonomie I, Berlin 1978, S. 163.

  65. Aus der bislang fundiertesten Studie über alternativ-ökonomische Projekte von Ch. Personn/O. Tiefenthal, a. a. O. (Anm. 65), läßt sich ein Stundenlohn von 6, 76 DM netto errechnen.

  66. Vgl. dazu R. Dannert, Die langen Wellen der Konjunktur im Kapitalismus, in: Rundbrief alternative Ökonomie (hrsg. v. d. AG SPAK), Febr. 1981, 12, S. 37— 41; s. a. J. Huber, Die verlorene Unschuld der Ökologie, Frankfurt 1982.

  67. P. Grottian/M. Kück, a. a. O. (Anm. 15), S. 132; Ch. Personn/O. Tiefenthal, a. a. O. (Anm. 65), S. 50.

  68. Bei 30% der 44 Hamburger Projekte trifft „grundsätzliche Betriebsentscheidungen allein der Inhaber bzw. Geschäftsführer", Ch. Personn/O. Tiefenthal, a. a. O. (Anm. 65), S. 90.

  69. Mitarbeit in Neuen Fremdorganisationen, unbezahlte Tätigkeit in Projekten des Wirtschaftsbereiches C; vgl. P. Grottian/M. Kück, a. a. O. (Anm. 15), S. 140 ff; ein Großteil in ihren Ausbildungsberufen arbeitsloser Hochschulabsolventen drängt in selbstbestimmte Arbeitsplätze: „Diesen Zukunftsperspektiven liegt der Wunsch zugrunde, einer industriell geprägten, entfremdeten Arbeit und Arbeitsteilung zu entfliehen, deren individuelle Kosten und Anpassungsleistungen hoch erscheinen. Statt dessen erfolgt eine Rückorientierung auf stärker ganzheitlich-künstlerisches und kollektives Arbeiten". — C. Schlegelmilch, Grauer Arbeitsmarkt für Hochschulabsolventen, Berlin 1982 (Wissenschaftszentrum, MS) S. 33.

  70. K. Gretschmann, a. a. O. (Anm. 40), S. 48.

  71. M. Jahoda, Wieviel Arbeit braucht der Mensch? Arbeit und Arbeitslosigkeit im 20: Jahrhundert, Weinheim und Basel 1983, S. 141.

  72. Es wurde davon ausgegangen, daß in der Untersuchungsregion die Dichte der Selbstorganisationen doppelt so hoch wie im Bundesdurchschnitt ist; vgl. zum genauen Verfahren W. Nelles/W. Beywl 1984, a. a. O. (Anm. 30), Kap. II. 4. 1.

  73. Beispielsweise berichtet die Stern-Untersuchung „Lebensziele, Potentiale und Trends alternativen Verhaltens", Hamburg 1981, von 600 000 praktizierenden „Alternativlern" (S. 43) und 1, 3 Mio. Bürgern zwischen 14 und 54 Jahren, die mindestens einmal in einem normalen Monat in einer Bürgerinitiative mitarbeiten (S. 152).

  74. G. W. Wittkämper, Der Parteienwettbewerb als eskalierender Faktor, in: Ph. Herder-Dorneich/A. Schuller (Hrsg.), Die Anspruchsspirale, Stuttgart 1983, S. 96.

  75. P. Gross, Die Sicherheit des sozialen Netzes. Zukunftschancen einer aktiven Sozialpolitik, in: B. Schäfers (Hrsg.), Sozialpolitik in der Bundesrepublik, Opladen 1983, S. 38.

  76. Vgl. K. Ripuar, Krise der Kommunalfinanzen und sozialpolitische Implikationen, in: Alternative Kommunalpolitik, (1983) 4, S. 36— 40.

  77. Vgl. die Äußerung Helmut Kohls vor dem Bundesausschuß der CDU zum Thema Jugendarbeitslosigkeit: „CDU sieht in . Existenzgründungen’ ein Heilmittel", in: Frankfurter Rundschau v. 21. 2. 1984, S. 4.

Weitere Inhalte

Hartmut Brombach, M. A., geb. 1956; Studium der Sozial-und Geschichtswissenschaften in Bonn; arbeitete von 1980 bis 1982 in der Studiengruppe Partizipationsforschung am Seminar für Politische Wissenschaft der Universität Bonn an der empirischen Erforschung alternativer Verbraucherorganisationen mit; führt gegenwärtig (mit Wolfgang Bewyl und Matthias Engelbert) eine Untersuchung über alternativ-ökonomische Projekte in Nordrhein-Westfalen durch; forscherische Tätigkeit auf dem Gebiet der Alternativpublizistik seit 1979. Veröffentlichung (mit Wolfgang Beywl): Anmerkungen zu einer Theorie der Alternativ-presse, in: Publizistik 4/82, S. 551— 569.