Die Länder im Karibischen Raum befinden sich im Umbruch. Ihre wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen und politischen Probleme, mit denen sie zu kämpfen haben und die Ursache für die Instabilität in dieser Region sind, können nicht losgelöst gesehen werden von den äußeren Einwirkungen, die sich aus der internationalen Politik ergeben. Hinzu kommt, daß die Länder in ihrer wirtschaftlichen und politischen Bedeutung unterschiedlich einzuordnen sind. Trotz der Vielfalt, Widersprüchlichkeit und Eigenartigkeit ist der Karibische Raum aber unverkennbar ein eigenständiges Gebilde innerhalb Lateinamerikas. Die internationale Bedeutung dieser Region ergibt sich daraus, daß hier unmittelbar die Interessen der beiden Großmächte aufeinandertreffen. Die Sowjetunion versucht über Kuba und Nicaragua als Mitspieler von außen sich die innere Unruhe in den Ländern für ihre strategischen Ziele zunutze zu machen. Damit sind unmittelbar amerikanische Sicherheitsinteressen berührt. Eine Veränderung könnte längerfristig Auswirkungen auf das militärische Gleichgewicht in der Welt haben. Die Ereignisse um die Insel Grenada im Oktober 1983 haben das verdeutlicht. Längerfristig können die Probleme der Länder, Staaten und Inseln im Karibischen Raum nur gelöst werden, wenn die Ursachen für die innere Instabilität beseitigt werden. Das erfordert eine wirtschaftlich und politisch sinnvolle Reformpolitik, die durch eine mit den USA vereinbarte gemeinsame Sicherheitspolitik abgesichert wird.
I. Einleitung
Seit 1959 ist der Karibische Raum zu einem neuen Konfliktfeld in der internationalen Politik geworden. Mit der Übernahme der Macht durch Fidel Castro in Kuba steht die traditionelle Sicherheitspolitik der USA vor besonderen Schwierigkeiten. Die permanente Bedrohung, die von Kuba ausgeht, hat sich durch die revolutionäre Veränderung in Nicaragua im Jahre 1979 verstärkt. Spätestens seit der Entwicklung in Grenada im Oktober 1983 ist diese Gefahr von den Nachbarstaaten und den USA zum Anlaß genommen worden, Kuba und der Sowjetunion die Grenzen ihrer Subversionspolitik vor Augen zu führen.
Die Länder im Karibischen Raum sind aber nicht nur wegen sicherheitspolitischer Interessen der USA zu einem neuen Konfliktfeld der internationalen Politik geworden. Vielmehr bildet ihre innenpolitische Verfassung, namentlich eine wirtschaftliche, soziale und politische Entwicklung, die durch krasse Gegensätze dokumentiert wird, die eigentliche Ursache der politischen Instabilität. Ein Wandel ihrer inneren Verhältnisse ist unverkennbar. Diese sollen in einem allgemeinen, notgedrungen kurzen Überblick beschrieben, analysiert und bewertet werden.
über das, was der Begriff Karibischer Raum umfaßt, gibt es keine einheitliche Meinung Das ist nicht verwunderlich, weil die Unterschiede in den einzelnen Ländern zu groß sind. In der Karibik leben etwa 32 Millionen Menschen, davon allein in der Dominikanischen Republik, Haiti, Jamaika, Kuba und Puerto Rico mehr als 26 Millionen. Daneben gibt es selbständige Länder wie St. Lucia mit 125 000, Dominica mit 82 000 Einwohnern, nicht zu sprechen von den kleinen Inseln wie den Cayman-Islands mit 13 000 Einwohnern oder den Turks-und Caicos-Islands mit 6 000 Einwohnern. Weitere charakteristische Merkmale sind die großen Unterschiede in Bevölkerungsdichte und Pro-Kopf-Einkommen. Die Vielfalt wird durch die ethnischen Unter-. schiede in der Bevölkerungsstruktur verdeutlicht. Minderheiten europäischen Ursprungs leben zusammen mit Kreolen, Schwarzen und asiatischen Minderheiten. Es werden vier europäische Kolonialsprachen gesprochen: Englisch, Spanisch, Französisch, Niederländisch — Ausdruck für die koloniale Durchdringung des Karibischen Raums durch europäische Mächte, denn lange Zeit war die Herrschaft über diese Gebiete für die europäische Politik eine sehr wichtige Machtfrage.
Auch Armut und Reichtum sind mit eindrucksvollen Unterschieden vertreten. In Haiti ist das Elend vergleichbar mit dem Elend in einigen afrikanischen Ländern, während in Trinidad & Tobago und Barbados die Lebensbedingungen über dem Durchschnitt liegen.
Für unsere Zwecke verwenden wir den Begriff des Karibischen Raumes und der Karibik für die Darstellung der Entwicklung in den selbständigen Staaten und abhängigen Territorien. Diese werden wie folgt aufgeteilt: a) selbständige Staaten:
Antigua und Barbuda, Bahamas, Barbados, Belize, Dominica, Dominikanische Republik, Grenada, Guyana, Haiti, Jamaika, Kuba, St. Kitts-Nevis, St. Lucia, St. Vincent und Grenadines, Surinam, Trinidad und Tobago;
b) abhängige Territorien:
von Großbritannien abhängige Gebiete: Anguilla, Montserrat, Cayman-Islands, Turksund Caicos-Islands, Virgin-Islands;
von Frankreich abhängige Gebiete: Französisch Guayana, Guadeloupe, Martinique; von den Niederlanden abhängige Gebiete: Aruba, Bonaire, Curacao, Saba, St. Eustatius, St. Maarten;
von den USA abhängige Gebiete: Puerto Rico, Virgin-Islands, Guantänamo.
Zugegebenermaßen ist das eine eher nach politischen Kriterien vorgenommene Aufteilung; sie ist aber hilfreich, um im folgenden mit Fakten, Daten und Analysen die Situation zu beschreiben.
II. Länder, Bevölkerung, Strukturen
Abbildung 12
Tabelle Nr. 2: Anteil einiger wichtiger Exportprodukte am Gesamtexport für eingie Länder im Jahre 1980-81 in %) Quelle: CEPAL, Estudio Econömico de America Latina 1981, Santiago de Chile 1983.
Tabelle Nr. 2: Anteil einiger wichtiger Exportprodukte am Gesamtexport für eingie Länder im Jahre 1980-81 in %) Quelle: CEPAL, Estudio Econömico de America Latina 1981, Santiago de Chile 1983.
Die Karibik ist von der Natur sehr verschwenderisch ausgestattet worden. Klima und Boden sind gut, die Gewässer enthalten reichliche Fischgründe. Auch die Bedingungen für den Tourismus sind in den meisten Ländern geradezu ideal. Doch die unberechenbare Natur stört dieses Paradies immer wieder durch Hurrikane, die, wie in den letzten Jahren in Dominica, verheerende Verwüstungen anrichten. Im nachfolgenden sollen einige Zahlen und Daten die strukturellen Probleme verdeutlichen, mit denen die Länder und Inseln zu kämpfen haben. Dabei wird Kuba ausgenommen, weil dessen Entwicklung gesondert behandelt wird.
Die Bevölkerung im Karibischen Raum wächst in den meisten Ländern zu schnell. Viele Länder und Inseln sind übervölkert. Das gilt für Grenada, Barbados, Antigua und Barbuda, Jamaika, Haiti, St. Lucia, Puerto Rico, St. Vincent und Grenadines ebenso wie für Trinidad & Tobago. Dagegen steht genügend Raum für die Menschen in Surinam, Guyana und Belize zur Verfügung. Die Übervölkerung in einigen Ländern und Inseln hat dazu geführt, daß eine sehr starke Abwanderung erfolgt. Viele Bewohner der Karibik ziehen es vor, in den USA eine Lebensexistenz zu suchen oder nach Großbritannien auszuwandern. Vor allem die gebildete Schicht macht davon Gebrauch. Für die Entwicklung der einzelnen Länder hat das nachhaltige Folgen, da wichtige Positionen nicht mehr mit qualifiziertem Personal besetzt werden können. Da das Bevölkerungswachstum für die meisten Länder zu hoch ist, fehlen andererseits Arbeitsplätze, die neu und zusätzlich geschaffen werden müßten. Die finanziellen Mittel der Regierungen reichen nicht aus, um den Bildungsstand der Bevölkerung zu heben. Soziale Fürsorge muß zwangsläufig vernachlässigt werden. In Haiti wird diese Situation besonders deutlich;
hier beträgt das durchschnittliche Lebensalter nur 53 Jahre. Ähnliche Entwicklungen gibt es in Belize, in der Dominikanischen Republik, in St. Kitts-Nevis, St. Lucia, St. Vincent und Grenadines.
Die Wirtschaftsstruktur wurde in den meisten Ländern in der Kolonialzeit festgelegt.
Da man die Plantagenwirtschaft sehr extensiv betrieb und die Ureinwohner einem schnellen Ausrottungsprozeß zum Opfer fielen, mußten aus Afrika Sklaven importiert werden, die als billige Arbeitskräfte auf den Plantagen arbeiteten. Nachdem England 1834 die Sklaverei aufgehoben hatte, wurden die schwarzen Sklaven durch indische und malaiische Kontraktarbeiter ersetzt, die vornehmlich in den niederländischen und britischen Besitzungen seßhaft wurden. An der Besitzstruktur hat sich seither wenig geändert. Der landwirtschaftlich nutzbare Boden steht einer kleinen Schicht zur Verfügung, während die früheren Sklavenarbeiter sich als Kleinbauern seßhaft machten, die über das eigene Existenzminimum hinaus wenig produzieren. In den meisten Ländern ist die Infrastruktur unzureichend und es fehlt zudem an einer Vermarktung der Produkte.
Die Wirtschaftsstruktur ist aufgebaut auf Landwirtschaft, Bergbau und Tourismus, wobei die kolonialen Nachwirkungen unverkennbar sind. Sie machen sich in der Bevölkerungsstruktur sowie in der sozialen Organisationsform bemerkbar.
Auch der Karibische Raum wird von den Grundproblemen der Weltwirtschaft nicht verschont. Das wirtschaftliche Wachstum ist ebenso wie der Außenhandel stark zurückgegangen, wobei insbesondere die hohen Zinsen das Wirtschaftswachstum beeinträchtigen. Da die Länder der Karibik zum großen Teil vom US-Dollar abhängig sind, trifft sie dessen Aufwertung spürbar. Die wirtschaftliche Entwicklung in den USA und in den europäischen Ländern hat auch negative Auswirkungen auf den Tourismus.
In allen Ländern ist der Anteil der Landwirtschaft am Bruttoinlandsprodukt sehr hoch. Besonders vom Weltmarktpreis stark abhängige Produkte wie Zucker, Kaffee, Kakao, Bananen und sonstige tropische Früchte werden angebaut. Da es weltweit ein Überangebot an Zucker gibt, sind die Exporterlöse für dieses Produkt in den letzten Jahren sehr stark zurückgegangen. Andererseits müssen die meisten Länder, mit Ausnahme von Trinidad & Tobago, das Erdöl und Erdölprodukte exportiert, Erdöl einführen, erhalten aber immer weniger Erlöse für ihre Exporte. Angesichts dessen, daß sie immer mehr für die notwendigen Importe zahlen müssen, ist ihre Außenhandelsbilanz in den letzten Jahren zunehmend negativer geworden.
Nachfolgende Übersicht gibt einen Überblick über den Anteil wichtiger Exportprodukte am Gesamtexport für einige ausgewählte Länder: von 30— 40%. Wegen mangelnder finanzieller Mittel sind sie nicht in der Lage, die sozialen Vorsorgeprogramme zu finanzieren. Die Kindersterblichkeit ist hoch und die ärztliche Versorgung mehr als unzureichend. Auch der Bildungsstand der Bevölkerung ist teilweise mehr als lückenhaft. Die Anzahl der Analphabeten steigt.
Besonders faszinierend im Karibischen Raum ist die kulturelle Vielfalt, die oft auch auf einer deutschen, dänischen, jüdischen, polnischen, indischen, arabischen und asiatischen Abstammung beruht. Die rassische Vielfalt hat ein Völkergemisch hervorgebracht, das auch in den Sprachen einen besonderen Ausdruck findet. Neben den europäischen Sprachen Englisch, Französisch, Spanisch und Niederländisch haben sich eigene Sprachen herausgebildet (z. B. Papiamento). Auch die Religionszugehörigkeit ist sehr vielfältig. Katholiken und Protestanten lebten mit Angehörigen arabischer und indischer Religionen zusammen. Die Verschmelzung von afrikanischen und europäischen Kulturelementen brachte eine eigene Kultur hervor. Das „Creo-le" ist hier nur ein Synonym für die Verbindung von Symbolen, Ritualen und Verhaltensweisen aus afrikanischen Naturreligionen und europäischen christlichen Lebenseinstellungen. Besondere Kultformen haben sich herausgebildet; in Haiti existiert der Voodoo neben dem Katholizismus in einer eigenartigen Weise.
'Trotz seiner Vielfalt, Widersprüchlichkeit und Eigenartigkeit ist der Karibische Raum unverkennbar ein eigenständiges Gebilde innerhalb Lateinamerikas.
Die politische Struktur im Karibischen Raum ist geprägt von kulturellen, sozialen und wirtschaftlichen Elementen. In den englischsprachigen Gebieten ist der britische Einfluß überdeutlich; hier könnte sich der Parlamentarismus besonders gut entwickeln. Im krassen Gegensatz dazu steht die „dynastische Bereicherungsdiktatur" in Haiti, zweifellos das-41 jenige System, welches am deutlichsten von den Interessen einer Familie bestimmt wird. Kuba wiederum bildet durch seine politische Struktur als totalitärer Einparteienstaat einen Fremdkörper in diesem Raum, denn in einem Land, in dem das Volk total überwacht und organisiert wird, gibt es keine Entfaltungsspielräume für die Eigenarten des kubani-sehen Volkes. Auch die Militärdiktatur von Desi Bouterse in Surinam will nicht so recht in das Bild passen, das in den letzten Jahren von einer zunehmenden eigenständigen demokratischen Entwicklung in den meisten Ländern des Karibischen Raumes geprägt wurde. Dies gilt gleichermaßen für Guyana, in dem James Burnham ein Präsidialsystem geschaffen hat, das eher den Caudillo-Traditionen südamerikanischer Diktatoren entspricht. Die dargestellten Orientierungsdaten verdeutlichen die Vielfalt und Widersprüchlichkeit sowie einen außerordentlich starken Wandel in der Karibik, deren Staaten und Länder sich in einem sehr dynamischen Prozeß der Veränderung befinden. Die Ursachen der Instabilität sind in den meisten Ländern überwiegend innenpolitischer und innengesellschaftlicher Natur. Kennzeichen sind hier insbesondere große kulturelle, soziale und wirtschaftliche Unterschiede und Ungerechtigkeiten, die den Boden für gewaltsame Veränderungen bilden können. Eine Gefahr ist darin zu sehen, daß die Kubaner und Sowjets als Mitspieler von außen versuchen, diese innere Situation für ihre strategischen Ziele auszunutzen.
III. Die Entwicklung in den einzelnen Ländern
Abbildung 13
Tabelle Nr. 3 4) Soziale Grunddaten für die karibischen Länder (Stand 1977, wenn nicht anders vermerkt)
Tabelle Nr. 3 4) Soziale Grunddaten für die karibischen Länder (Stand 1977, wenn nicht anders vermerkt)
1. Antigua und Barbuda Die Inseln sind am 1. November 1981 unabhängig geworden. Sie umfassen die Inseln Antigua (280 qkm, 76 400 Einwohner), Barbuda (160 qkm, 1 600 Einwohner) und Redonda (2 qkm, unbewohnt). Der Tourismus ist der wichtigste Wirtschaftszweig, der 60% der Arbeitsplätze sichert. Daneben hat die Landwirtschaft (Baumwolle, Mais, Gemüse) eine gewisse Bedeutung. Die Arbeitslosigkeit ist sehr hoch und erreicht mehr als 40%. Seit den Wahlen vom 24. April 1980 regiert die „Antigua Labour Party" mit 13 von 17 Sitzen im Parlament. Die Oppositionspartei „Progressive Labour Movement" hat drei Sitze, der für Barbuda reservierte Sitz ging an einen Unabhängigen. Regierungs-und Oppositionspartei vertreten einen gemäßigten sozialdemokratischen Kurs und betreiben eine prowestliche Politik. 2. Bahamas Das Staatsgebiet besteht aus mehr als 700 Inseln. Der demographische Zuwachs beläuft sich auf jährlich 2, 4%. Während die Wirtschaft sehr stark vom Tourismus abhängt, spielen Landwirtschaft und Industrie eine untergeordnete Rolle. Am 10. Juni 1982 gewann Premierminister Lynder Oscar Pindling, der das Land seit 17 Jahren regiert, mit seiner „Progressive Liberal Party" (PLP) die Parlamentswahlen. Die PLP gewann 32 der 43 Sitze, das oppositionelle „Free National Movement" erhielt elf. Die linksgerichtete „Vanguard Nationalist and Socialist Party" blieb ohne Mandat. Pindling betreibt eine konservative, prowestliche Politik. Allerdings kontrolliert er aufmerksam ausländische Investitionen. Der Landerwerb durch ausländische Käufer wurde stark eingeschränkt. 3. Barbados Die Insel erlangte 1966 ihre Unabhängigkeit. Sie wird von 270 000 Menschen bewohnt. Der Tourismus ist nach wie vor der wichtigste Wirtschaftszweig, die Industrie ist etwas gewachsen. Im Vergleich zu anderen Inseln ist der Lebensstandard auf Barbados recht hoch. Am 18. Juni 1981 fanden die letzten Parlamentswahlen statt. Premierminister Tom Adams gewann mit seiner „Barbados Labour Party" 17 Mandate, die oppositionelle „Democratic Labour Party", die eine stärker linksliberale und nationalistische Politik vertritt, erhielt die restlichen zehn Sitze im Parlament. Adams vertritt einen rechtsliberalen Kurs, der in der Außenpolitik prowestlich markiert ist. 4. Belize Belize erlangte am 21. September 1981 die Unabhängigkeit, wobei die Entwicklung hierzu wegen der bestehenden Grenzstreitigkeiten mit Guatemala zunächst lange verzögert wurde. Das Land ist noch dünn besiedelt. Der Anteil der Urbevölkerung, der Maya-Indianer, an der Gesamtbevölkerung beträgt noch 13%. Land-und Forstwirtschaft bilden die wirtschaftliche Grundlage (Zuckerrohr, Zitrusfrüchte). Am 21. November 1979 gewann die „People’s United Party" (PUP) die letzten Parlamentswahlen. Dominierender Führer dieser Partei ist Premierminister George C. Price. Die PUP gewann 13 der 18 Sitze im Parlament; die „United Democratic Party" bekam fünf Mandate und bildet die Opposition. Price vertritt eine nationalistische Politik, die geprägt ist von vagen wirtschaftlichen Vorstellungen, durchsetzt mit sozialistischen Fragmenten. Fidel Castro hat einem unabhängigen Belize Unterstützung angeboten, so daß Price mit guten Beziehungen zu Kuba liebäugelte, während er sich in seiner Außenpolitik gegenüber den USA eher zurückhaltend verhält. 5. Dominica Das Land erhielt am 3. November 1978 seine Unabhängigkeit. Wirtschaftlich befindet sich die Insel in einer schwierigen Situation. Wirbelstürme haben in den letzten Jahren verheerende Verwüstungen angerichtet. Die Bananenproduktion, die für den Export große Bedeutung hatte, wurde fast vollständig zerstört. Die Arbeitslosenquote liegt bei über 40%. Auch die Lebenshaltungskosten sind gewaltig gestiegen. Am 21. Juli 1980 fanden die letzten Wahlen statt. Die von Eugenia Char-B les, einer resoluten Rechtsanwältin, geführte „Dominica Freedom Party" errang mit einem Anteil von 17 der 21 Parlamentssitze einen überzeugenden Sieg, während die frühere Regierungspartei „Dominica Labour Party", die das Land zwanzig Jahre regiert und heruntergewirtschaftet hatte, noch zwei Sitze erhielt, zwei weitere Sitze verblieben unabhängigen Kandidaten. Eugenia Charles verfolgt eine pro-westliche Politik. 6. Dominikanische Republik Die jüngste Geschichte der Dominikanischen Republik ist wesentlich durch die 30jährige Amtszeit des Diktators Trujillo bestimmt worden. Nachdem dieser 1961 ermordet wurde, fanden 1962 die ersten freien Wahlen statt. Sie wurden von Juan Bosch mit seiner reformistischen „Partido Revolucionario Dominicano“ (PRD) gewonnen, der nur sieben Monate amtierte und durch einen Militärputsch gestürzt wurde. Der sich anschließende Bürgerkrieg wurde 1965 durch die Intervention amerikanischer Truppen beendet. Danach regierte bis 1978 Präsident Joaquin Balaguer, der eine bewußt antikommunistische und pro-westliche Politik verfolgte. Am 16. Mai 1982 fanden die letzten Präsidentschafts-und Parlamentswahlen statt, die die gemäßigte sozialdemokratische PRD gewann. Neuer Präsident wurde Salvador Jorge Blanco, der ein Reformprogramm, das wirtschaftliche Opfer vorsieht, verkündete, da der Import des lebensnotwendigen Erdöls durch den Erlös des Exports von Zucker nicht mehr finanziert werden kann. Alternative Energiequellen sollen erschlossen, Investitionen sollen erleichtert werden, eine Steuer-und Finanzreform ist geplant, ebenso eine Reduzierung der Ausgaben. Weiterhin sollen die Arbeitslosigkeit, die die 25 %-Marke überschritten hat, bekämpft, die Inflation reduziert, der Export von Agrarprodukten erhöht und der Tourismus nachdrücklich gefördert werden. Außenpolitisch tritt Präsident Blanco für eine enge wirtschaftliche und politische Zusammenarbeit mit den USA ein. Er sprach sich gegen die sofortige Aufnahme von diplomatischen Beziehungen zu Kuba aus. Die Streitkräfte, wichtigster Macht-faktor im Lande, sicherten ihm volle Unterstützung zu. Mit diesem Programm übernahm Salvador Jorge Blanco am 16. August 1982 die Bürde des Präsidentenamtes.
Grenada Die Insel, die im Oktober 1983 weltweites Aufsehen erlangte, wurde am 7. Februar 1974 unabhängig. Wirtschaftlich ist die Muskatnuß das wichtigste Exportprodukt, auch der Tourismus ist ein bedeutender Wirtschaftsbereich. Ein politischer Wandel vollzog sich, als am 13. Mai 1979 Premierminister Eric Gary, der das Land diktatorisch regiert hatte, von dem Führer der sozialistischen Oppositionspartei „New Jewel (Joint Endeavour for Welfare, Education and Liberation) Movement", Maurice Bishop, durch einen Putsch gestürzt wurde. Bishop verfolgte einen sozialistischen und kubafreundlichen Kurs. Wahlen fanden nicht mehr statt. In der Wirtschaftspolitik steuerte er einen gemischten Kurs zwischen privatwirtschaftlichen und sozialistischen Maßnahmen. Außenpolitisch wurde die Bindung an Kuba und andere sozialistische Länder zunehmend enger. Mit kubanischer Hilfe wurde ein internationaler Flughafen (Point Salines Airport) mit einer drei km langen Landebahn gebaut, von dem die USA befürchteten, daß er zu einem Zwischenlandeplatz für kubanische und sowjetische Truppen-transporte auf dem Wege nach Afrika werden könnte. Die einseitige Ausrichtung Grenadas auf Kuba führte zu einer Isolierung in der eigenen Region und gegenüber den USA. Bishop ließ politische Gegner verhaften und foltern und verbot regierungsfeindliche Publikationen. Es gelang ihm nicht, die wirtschaftlichen Probleme zu lösen. Die Arbeitslosigkeit erreichte 1981 mehr als 40%. Bishop selbst sah sich auch im eigenen Lager immer stärkerer Kritik ausgesetzt. Am 19. Juni 1980 entging er einem Attentat, das drei Tote und 20 Verletzte forderte. Die Entwicklung erreichte ihren Höhepunkt am 14. Oktober 1983, als Maurice Bishop vom Zentralkomitee des NJM seiner Ämter enthoben und am 19. Oktober 1983 erschossen wurde 7). Sein Rivale in der Partei, Bernard Coard, ein Vertreter des orthodoxen marxistischen Flügels des NJM, der gute Verbindungen zu Kuba hatte, versuchte in diesen Tagen die Macht an sich zu reißen und beschuldigte Bishop, zu pragmatisch gegenüber dem Privatsektor vorzugehen. Am Tage der Erschießung Bishops wurde die 1979 gebildete Revolutionäre Volksregierung aufgelöst und ein 16köpfiger Revolutionärer Militärrat gebildet.
Die Nachbarstaaten Barbados, Jamaika und Dominica erkannten die Militärregierung nicht an. Am 21. Oktober 1983 forderten sechs der sieben Mitgliedstaaten der „Organization of Eastern Caribbean States" (OECS) die USA zu einem militärischen Eingreifen in Grenada auf. Auf der Tagung der CARICOM-Staaten am 22. und 23. Oktober 1983 wurde der Militärrat in Grenada als eine Bedrohung für die karibische Region bezeichnet. Jamaika, Barbados und andere kleine Inselstaaten befürworteten eine militärische Intervention. Am 23. Oktober 1983 ersuchten fünf Mitgliedstaaten der OECS die USA, eine gemeinsame Anstrengung zu unternehmen, um auf der Insel Ordnung und Demokratie wiederherzustellen.
In den Morgenstunden des 25. Oktober 1983 landeten 1900 amerikanische Soldaten als Teil einer multinationalen Truppe zusammen mit 300 Soldaten aus einigen karibischen Ländern auf Grenada. Die USA begründeten die Intervention mit der Bedrohung von Leib und Leben von rd. 1 000 US-Bürgern auf der Insel. Außerdem sollten Chaos verhindert und die Wiederherstellung von Recht und Ordnung und der demokratischen Institutionen erreicht werden. Die etwa 750 kubanischen Kräfte, die bestens bewaffnet und ausgebildet und als Bauarbeiter eingesetzt waren, leisteten zunächst heftigen Widerstand, mußten aber schließlich gegenüber der verstärkten Übermacht kapitulieren. Die Bevölkerung Grenadas begrüßte die Intervention. Die amerikanischen Truppen wurden bis auf ein kleines Kontingent alsbald abgezogen. Ebenfalls befinden sich noch Sicherheitskräfte der karibischen Nachbarstaaten auf der Insel.
Fidel Castro mußte seine Ohnmacht eingestehen; ihm blieb nur der Rückzug auf verbale Attacken gegenüber den USA Das Leben auf der Insel normalisierte sich. Am 2. November 1983 gab Generalgouverneur Scoon den Abbruch der diplomatischen Beziehungen zur Sowjetunion und Libyen bekannt. Die Beziehungen zu Kuba wurden nicht formell abgebrochen, aber praktisch eingefroren. Aus den vorgefundenen Dokumenten ergab sich, daß aus Abkommen mit der Sowjetunion, Kuba und Nordkorea für die Zeit von 1980 bis 1985 Waffenlieferungen im Werte von 37, 8 Mio. Dollar vorgesehen waren. Große Waffenarsenale wurden gefunden. Am 9. November 1983 bildete Scoon eine Interimsregierung. Wahlen sollen innerhalb eines Jahres stattfinden. Die USA stellten eine Soforthilfe zur Verfügung sowie weitere Hilfsmaßnahmen in Aussicht. 8. Guyana Guyana, das am 23. Mai 1966 unabhängig wurde, ist ein dünn besiedeltes Land. Die Bevölkerung ist vielschichtig zusammengesetzt und die ethnischen Unterschiede machen sich auch in der sozialen und politischen Ordnung des Landes bemerkbar. Guyana verfügt über große Bauxitvorkommen; Zucker und Reis sind weitere Produkte von wirtschaftlicher Bedeutung. Die Wirtschaft liegt darnieder. Ursächlich dafür sind nicht nur die niedrigen Weltmarktpreise für die Exportprodukte (Bauxit, Zucker, Reis), sondern vor allem die unvorstellbare Mißwirtschaft der Regierung des Präsidenten Forbes S. Burnham. Mit seiner Partei „People’s National Congress" (PNC) regiert er seit 1964. Am 17. März 1970 wurde das Land zur „Kooperativen Republik Guyana" erklärt.
Bei den letzten Wahlen am 15. Dezember 1980 gewann die PNC 53 von 65 Parlaments-sitzen. Die marxistische und moskauorientierte „People’s Progressive Party" von Cheddie Jagan erhielt nur zehn Mandate, die rechtsorientierte „United Force" (UF) bekam zwei Sitze. Andere Parteien boykottierten die Wahlen; sie warfen Burnham und seiner PNC Manipulation, Benachteiligung der Opposition und Einschüchterung der Bevölkerung vor. In der Tat konnte Burnham nur durch eine massive Wahlfälschung an der Macht bleiben. Am 17. Februar 1981 wurde in London der Bericht einer internationalen Parlamentariergruppe veröffentlicht, in dem die Wahlmanipulationen bestätigt wurden. Vorher hatte sich Burnham am 6. Oktober 1980 aufgrund einer neuen Verfassung, durch die ein Präsidialsystem eingeführt wurde, zum ersten Präsidenten des Landes proklamieren lassen. Nach der neuen Verfassung ernennt der Präsident die Regierungsmitglieder und kann Gesetze des Parlamentes mit seinem Veto verhindern. Am 25. Januar 1981 ließ sich Burnham direkt zum Präsidenten wählen. Die drittgrößte Partei des Landes, die „Working People’s Alliance", bekennt sich ebenfalls zum revolutionären Sozialismus. Die nichtmarxistische Opposition ist schwach. Der Widerstand gegen Burnhams Willkürherrschaft kommt aus einer Solidaritätsverbindung von Kirchenvertretern und Arbeitern. Burnham hat sich durch seine autoritäre und antiwestliche Politik selbst isoliert. Der Grenzstreit mit Venezuela dauert fort. Auch Fidel Castro hat seine Unterstützung versagt. 9. Haiti Haiti ist mit Abstand das ärmste Land Lateinamerikas; die Lebensbedingungen der Bevölkerung sind schier unerträglich. 80% der Beschäftigten arbeiten in der Landwirtschaft (Kaffee). Es gibt eine starke Verflechtung mit amerikanischen Wirtschaftsinteressen. Kein Land der Hemisphäre hat derart ungerechte soziale und wirtschaftliche Verhältnisse. Die Arbeitslosigkeit liegt bei über 50%, die Analphabetenrate bei mehr als 80%. Fast eine Million Haitianer leben außerhalb ihres Landes. Durch einen Militärputsch im Jahre 1957 kam Francois Duvalier an die Macht. Er errichtete ein Terrorregime und vernichtete jede Opposition. Politische Stabilität konnte dadurch nicht entstehen. Als der Diktator 1971 starb, folgte ihm sein damals 18 Jahre alter Sohn Jean-Claude Duvalier als Präsident auf Lebenszeit. Die „Parti de l’Unit Nationale" ist eine Staatspartei, die den Interessen der Dynastie Duvalier dient. Auch wenn sich unter dem gegenwärtigen Präsidenten die Situation etwas entspannt hat, so herrschen nach wie vor Willkür und politische Verfolgung. Die von seinem Vater ins Leben gerufene und berüchtigte Sicherheitstruppe der „Toutons Macoutes" wurde zwar formal aufgelöst, existiert aber tatsächlich unter dem Namen „Volontaires de la Scurit Nationale" weiter. Das Regime hat sich auch außenpolitisch isoliert. Haiti ist das Land, wo durch die sozialen, wirtschaftlichen und politischen Verhältnisse die Gefahr für eine gewaltsame Explosion am größten ist. 10. Jamaika Jamaika gehört politisch und wirtschaftlich zu den größeren Staaten im Karibischen Raum. Das Land erhielt am 6. August 1962 seine Unabhängigkeit. Eine wenig produktive Landwirtschaft, eine schwach ausgebildete Industrie und der Tourismus bilden zusammen mit dem Bergbausektor (Bauxit) die wirtschaftliche Grundlage. Die von Michael Manley geführte „People's National Party" (PNP), die von 1972 bis 1980 regierte, hat das Land ziemlich herabgewirtschaftet. Dazu trug sicher auch die enge Bindung bei, die Manley mit Kuba einging. Seine sozialistische Politik führte das Land in eine schwere und dauerhafte Krise. Am 30. Oktober 1980 fanden Parlamentswahlen statt, die Edward Seaga mit seiner „Jamaica Labour Party" (JLP) eindeutig gewann. Die JLP bekam 51 Parlamentssitze, die PNP nur neun. Das Stimmenverhältnis war für die Partei Manleys allerdings günstiger als die Sitzverteilung aussagt, sie erhielt 42, 6%, die JLP 57, 6%. Seaga gewann die Wahl, weil die Bevölkerung ihm eher eine Lösung der wirtschaftlichen und sozialen Probleme zutraute. Er versuchte eine Sanierung der Wirtschaft, die Tourismusindustrie wurde wieder stärker gefördert, ausländisches Kapital angelockt. Der wirtschaftliche Aufschwung vollzog sich mühsam, aber doch spürbar. Das Land wurde wieder kreditwürdig. Außenpolitisch setzte Seaga mit dem Abbruch der diplomatischen Beziehungen zu Kuba ein eindeutiges Zeichen. Die Bindung an die USA ist wirtschaftlich und politisch eng. Am 15. Dezember 1983 setzte Seaga vorgezogene Parlamentswahlen an. Die PNP boykottierte die Wahlen, weil Seaga eine Absprache über die Neufassung der Wählerlisten nicht eingehalten habe. Die JLP gewann alle 60 Mandate. 11. St. Kitts-Nevis Am 19. September 1983 erlangten die beiden Inseln, die von 50 000 Einwohnern bewohnt werden, nach 360 Jahren ihre Unabhängigkeit. Ihre wirtschaftliche Grundlage bilden Landwirtschaft und Tourismus. Die Auswanderungsrate ist hoch, da es an Arbeitsplätzen mangelt. Die letzten Wahlen vom Februar 1980 gewann das konservative „People’s Action Movement" unter Kennedy Simmonds, der mit der Reformistischen Partei von Nevis ein Bündnis einging und die seit 30 Jahren regierende Labour Party ablöste. Am 23. November 1983 wurde der neue Staat als 158. Mitglied in die UNO aufgenommen. 12. St. Lucia Am 22. Februar 1979 wurde die Insel in die Unabhängigkeit entlassen. Ihre 125 000 Einwohner leben größtenteils von der Landwirtschaft und vom Tourismus. Die Arbeitslosenquote ist sehr hoch. Im Juli 1979 hatte die linksorientierte „St. Lucia Labour Party" (SLLP) die Wahlen gewonnen. Doch alsbald kam es in der Regierungspartei zu Auseinandersetzungen, die Anfang 1981 zum Bruch zwischen Premierminister Allen Louisy und seinem Stellvertreter George Odium führten. Odium gründete daraufhin die „Progressive Labour Party", die einen sozialistischen Kurs steuert. Zusammen mit der oppositionellen „United Workers Party" (UWP) stürzte die PLP die Regierung. Am 3. Mai 1982 kam es zu Neuwahlen. Die UWP gewann sie mit 14 von 17 Sit47 zen, die SLLP bekam zwei und die prokubanische PLP einen Sitz. Der Führer der UWP, John Compton, wurde neuer Premierminister. Er vertritt eine marktwirtschaftlich orientierte Wirtschaftspolitik und befürwortet eine engere Beziehung zu den USA. 13. St. Vincent und Grenadines Auf der Inselgruppe, zu den neben der Haupt-insel St. Vincent auch ein Teil der Grenadinen (Bequia, Mustique, Canouan, Union Islands u. a.) gehören, leben rd. 100 000 Menschen. Der Staat erlangte am 27. Oktober 1979 die Unabhängigkeit. Die Landwirtschaft ist nach wie vor die wirtschaftliche Basis, weil der Tourismus noch nicht ausgebaut ist. Die Arbeitslosigkeit ist auch hier groß. Streiks haben die sozialen Konflikte in den letzten Jahren verstärkt. Bei den letzten Wahlen am 5. Dezember 1979 gewann die konservative „St. Vincent Labour Party" unter Premierminister Milton Cato elf von 13 Sitzen im Parlament. Zwei gingen an die „New Democratic Party", geführt von dem früheren Premierminister James Mitchell. 14. Surinam Die Niederlande entließen ihre frühere Kolonie Surinam am 25. November 1975 in die Unabhängigkeit. Das Land ist fünfmal größer als die Niederlande, wird aber nur von 410 000 Menschen bewohnt. Bauxit, Aluminium und Reis sind die wichtigsten Produkte und Vorkommen, über die Surinam verfügt. Die Abwanderung der Bevölkerung, die durch starke Rassenunterschiede gekennzeichnet ist, in die Niederlande war in den letzten Jahren beträchtlich. Arbeitsplätze fehlen, die sozialen Spannungen nehmen zu. Am 25. Februar 1980 wurde die gewählte Regierung des Ministerpräsidenten Henck Arron von jungen Offizieren durch einen Putsch gestürzt. Etwa die Hälfte der 800 Mann starken Armee stand hinter dem Putsch. Die Entwicklung nach dem Putsch war unübersichtlich. Mehrere Gegenputsche wurden unternommen, blieben jedoch erfolglos. Im Februar 1982 übernahm ein Militärrat die Macht. Desi Bouterse, der Vorsitzende des Militärrates, erwies sich als der starke Mann. Seine Widersacher ließ er liquidieren. Die Linksorientierung des Militärrates war unverkennbar. Nach Streiks, die im letzten Jahresdrittel als Protest gegen den Militärrat organisiert wurden, holte Bouterse zu einem brutalen Schlag gegen die Opposition aus. Am 8. Dezember 1982 wurden 15 führende Oppositionelle verhaftet und im Gefängnis erschossen. Nach diesen Säuberungen setzte sich eine kubafreundliche Linie durch. Bouterse selbst scheint ein unberechenbarer Mann zu sein, der über keine klaren politischen Vorstellungen verfügt. Seine antiwestliche Einstellung wurde allerdings deutlich. Kubaner halfen bei der Ausbildung der Volksmiliz. Die Ereignisse in Grenada veranlaßten Oberstleutnant Bouterse, am 25. Oktober 1983 den kubanischen Botschafter und das Botschaftspersonal zum Verlassen des Landes aufzufordern. Bouterse hatte offensichtlich den Eindruck gewonnen, daß Kuba sich zu sehr in die inneren Angelegenheiten des Landes eingemischt habe. Ob damit allerdings ein Wandel der außenpolitischen Richtung verbunden ist, scheint zweifelhaft. 15. Trinidad und Tobago Am 31. August 1962 wurde das Land unabhängig. Durch eine neue Verfassung ist Trinidad und Tobago seit dem 1. August 1976 eine parlamentarische Republik innerhalb des Commonwealth. Größter Wirtschaftszweig ist die Erdölproduktion. Dieser Bereich macht auch den Großteil der Exporte aus. Inzwischen wird eigenes und importiertes Erdöl im Lande verarbeitet. Beträchtlich sind auch die Erdgasvorkommen. Die Industrie erlangt zunehmend größere Bedeutung. Von 1956 bis zum Tode von Dr. Eric Williams am 29. März 1981 wurde das Land von diesem und seinem „People's National Movement" (PNM) regiert. Für die beiden Inseln war das ein Glücksfall. Nach dem Tode von Williams übernahm George Chambers die Regierungsverantwortung. Am 9. November 1981 gewann er mit PNM die Wahlen und erhielt 26 von 36 Sitzen. Die drei in der „National Alliance" zusammengeschlossenen Oppositionsparteien errangen acht und der „Congress of Democratic Action" zwei Sitze. Chambers vertritt eine gemäßigte Politik. 16. Abhängige Gebiete Von Großbritannien noch nicht unabhängig sind Anguilla (88 qkm, 6 500 Einwohner), eine Insel, die am 19. Dezember 1980 aus der Bindung an die Inselgruppe St. Kitts-Nevis entlassen und zu einer selbständigen Einheit unter britischer Kontrolle wurde, Montserrat (106 qkm, 12 073 Einwohner), die Cayman-Islands (259 qkm, 17 000 Einwohner), die Turksund Caicos-Islands (430 qkm, 7 436 Einwohner) sowie die Virgin-Islands (153 qkm, 11 500 Einwohner). Wirtschaftlich ragen die Cayman-Islands, die als Steuerparadies ausgebaut wurden (411 Banken und 343 Versicherungsgesellschaften), hervor. Auf allen Inseln gibt es Bestrebungen für eine Unabhängigkeit, doch haben diese in den letzten Jahren an Bedeutung verloren.
Zu den französischen Territorien in der Karibik gehören die als Überseedepartements geführten Inseln Guadeloupe (1 779 qkm, 328 400 Einwohner) und Martinique (1102 qkm, 326 536 Einwohner). Hinzu kommt auf dem südamerikanischen Festland das Überseedepartement Guyane Francaise (90 000 qkm, 74 000 Einwohner). Auf den beiden Inseln leben vornehmlich Schwarze und Mulatten. Die Landwirtschaft (Zucker, Bananen) stellt die wirtschaftliche Grundlage dar. Weil hier die französischen Sozialgesetze und Mindestlöhne gelten, befinden sich die Einwohner gegenüber denen der anderen Inseln im Vorteil. Die eigenen Einnahmen würden den relativ hohen Lebensstandard der Bevölkerung nicht erlauben. Dennoch gibt es Ansätze für eine Unabhängigkeitsbewegung. Die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung tritt zwar für das Fortbestehen des jetzigen Status ein, aber radikale Minderheiten versuchen, die arbeitslose Jugend gegen das Mutterland aufzuwiegeln. Sowohl die kommunistischen Parteien auf beiden Inseln als auch der radikale linke Flügel der „Progressiven Partei von Martinique" unterhalten enge Kontakte zu Kuba. Für die europäische Raumfahrt hat Guyane große Bedeutung, weil die Europäer hier ihr Raumfahrtzentrum eingerichtet haben. Die Bevölkerung besteht zu 60% aus Afrikanern und Mulatten, zu 40% aus Weißen, Indianern und Chinesen. Die Arbeitslosigkeit ist hoch und erreicht mehr als 30%. Bei den letzten Regionalwahlen am 20. Februar 1983 gewann die „Parti Socialiste Guayanais" 42% der Stimmen, die moderatere R. P. R. und U. D. F. 35, 4%, die „LUnion des Travailleurs" 11, 2 %
Die niederländischen Antillen umfassen die Inseln Aruba (193 qkm, 66 500 Einwohner), Bonaire (288 qkm, 9 061 Einwohner) Curacao (444 qkm, 162 362 Einwohner), Saba (13 qkm, 1 008 Einwohner), St. Eustatius (21 qkm, 1 344 Einwohner) und einen Teil von St. Maarten (34 qkm, 14 762 Einwohner). Curacao und Aruba sind wirtschaftlich wegen des bedeutenden Hafens und der erdölverarbeitenden Industrie wichtig. Seit 1954 besitzen die Inseln innerhalb des Königreichs der Niederlande ihre Autonomie. Die niederländische Regierung ist bereit, den Inseln ihre Unabhängigkeit zu gewähren, wenn sie das wünschen. In einem Referendum sprach sich Aruba 1977 für die Unabhängigkeit aus, da es die Vorherrschaft von Curacao nicht ertragen will. Am 28. Oktober 1981 wurde vereinbart, die Insel 1996 in die Unabhängigkeit zu entlassen. Zu den Gebieten, die von den USA abhängig sind, zählen Puerto Rico, die Virgin-Islands (344 qkm, 96 000 Einwohner mit den Insel St. Croix und St. Thomas) und das auf kubanischem Gebiet gelegene Pachtgebiet Guantänamo Bay (111, 9 qkm), ebenso die Insel Navassa (5 qkm), die nicht zum Pachtgebiet gehört und von Kuba beansprucht wird. Puerto Rico gehört seit dem spanisch-amerikanischen Krieg von 1898 zu den USA. Die Insel besitzt eine beschränkte Autonomie („El Estado Libre y Asociado de Puerto Rico"). Außenpolitik, Verteidigung, Telekommunikation, Luftfahrt und Postverkehr, Zoll und Einwanderung werden von den USA wahrgenommen. Die Bürger der Insel sind amerikanische Staatsangehörige. Wirtschaftlich profitiert das Land von der engen Bindung an das amerikanische Mutterland, doch spielt die Frage der staatlichen Zugehörigkeit eine wichtige Rolle. Hinsichtlich der Frage, ob die Insel unabhängig oder 51. Bundesstaat der USA werden soll, hat die große Mehrheit der Bevölkerung sich für den gegenwärtigen Status ausgesprochen. Die letzten Gouverneurs-wahlen vom 4. November 1980 gewann Carlos Romero Barcelo. Seine Partei „Partido Nuevo Progresista" erreichte schließlich einen knappen Vorsprung, nachdem es im Wahlkampf zu heftigen und gewaltsamen Auseinandersetzungen gekommen war. Die starke Opposition wird von dem früheren Gouverneur Rafael Hernandez und seiner „Partido Populär Democrätico" geführt. Die politisch kleine „Partido Socialista Puertoriquefio" vertritt ein unabhängiges sozialistisches Modell mit guten Kontakten zu Kuba und Moskau. Die von den USA auf kubanischem Territorium unterhaltene Militärbasis Guantänamo beruht auf zwei Abkommen aus den Jahren 1903 und 1934. Für einen unbestimmten Zeitraum hat Kuba den USA dieses Gebiet („complete jurisdiction and control") übertragen. Für Fidel Castro ist dies ein schwer erträglicher Zustand. Die Amerikaner lehnen alle Verhandlungen darüber bisher ab. 17. Regionale Zusammenarbeit Größe und wirtschaftliche Probleme sowie gemeinsame koloniale Vergangenheit der meisten Inselstaaten haben kein starkes Gefühl der Verbundenheit hinterlassen. Individualismus und Eigenständigkeit sind stärker ausgeprägt. Dies sind keine guten Voraussetzungen für eine Integrationspolitik, für die es Ansätze gegeben hat. 1958 versuchte die britische Regierung mit der Gründung der „West Indies'Federation" die ehemaligen Kolonial-gebiete zu einem Staatsgebilde zu vereinigen. Der Versuch war erfolglos, da Jamaika 1962 austrat und auch Trinidad & Tobago die Föderation verließ. 1968 wurde ein neuer Versuch unternommen. Dieses Mal einigte man sich auf die „Caribbean Free Trade Area" (CARIFTA). Barbados, Guyana, Jamaika und Trinidad & Tobago unterzeichneten ein entsprechendes Abkommen, dem Antigua, Dominica, Grenada, Montserrat, St. Kitts-Nevis, Anguilla, St. Lucia, St. Vincent und Belize beitraten. Die Ergebnisse dieser Freihandelspolitik waren nicht überzeugend, doch wurden die Bemühungen um eine regionale Integration dennoch fortgesetzt. Am 4. Juli 1973 gründeten Barbados, Guyana, Jamaika und Trinidad & Tobago den „Caribbean Common Market" (CARICOM). Nach und nach traten alle Mitgliedsländer der CARIFTA bei. Nach dem Vertrag soll eine wirtschaftliche Integration durch die Schaffung eines gemeinsamen Marktes, eine praktische Zusammenarbeit in bestimmten Bereichen (Schiffahrt, Gesundheit, Erziehung u. a.) sowie eine Koordination der Außenpolitik erreicht werden. Einige institutioneile Einrichtungen wurden bisher geschaffen. Doch die Schwierigkeiten der Zusammenarbeit sind unverkennbar. Die Unterschiede in den Mitgliedsländern sind, was Raum, Bevölkerung und wirtschaftliches Leistungsvermögen anbetrifft, beträchtlich. Politische Schwierigkeiten kamen durch die Entwicklung in Guyana und Grenada (seit 1979)
hinzu. Vom 16. bis 18. November 1982 trafen sich die Regierungschefs der Mitgliedsländer nach sieben Jahren zu der dritten CARI-COM-Konferenz. Unverkennbar war der Gegensatz zwischen der Mehrheit der Mitglieds-länder und den sozialistischen Vorstellungen verbundenen Regierungschefs von Grenada und Guyana. Ob eine politische Integration überhaupt sinnvoll oder möglich ist, kann bezweifelt werden. Ein zumindest beachtenswerter Schritt in diese Richtung ist das am 5. Juli 1981 in Kraft getretene Abkommen über die Gründung der „Organization of Eastern Caribbean States" (OECS). Antigua und Barbuda, Dominica, Grenada, St. Vincent, St. Lucia, St. Kitts-Nevis und Montserrat haben sich zusammengeschlossen, um gemeinsame Fragen der Wirtschaft, Außenpolitik, Verteidigung und Sicherheit zu entscheiden. Seit 1982 besteht zwischen Barbados und den OECS-Mitgliedstaaten mit Ausnahme von Grenada ein Verteidigungsabkommen. Darin ist die Schaffung einer gemeinsamen Küstenwacht und der gegenseitige Beistand im Falle der Bedrohung der inneren Sicherheit der Mitgliedsländer vorgesehen. Am 21. Oktober 1983 ergriffen die Regierungschefs von Barbados (Tom Adams) und Dominica (Eugenia Charles) die Initiative und beschlossen die Invasion der Insel Grenada. Nach dem Sturz der marxistischen Regierung in Grenada sollen die Sicherheitsstreitkräfte verstärkt werden. Seit Dezember 1983 werden mit amerikanischer Hilfe Polizisten und Soldaten ausgebildet. Die Pläne über eine regionale Armee werden weiterverfolgt.
IV. Der Karibische Raum und die internationale Politik
Abbildung 14
Tabelle Nr. 4) Grunddaten über Sprache und Religion in ausgewählten Ländern 1983
Tabelle Nr. 4) Grunddaten über Sprache und Religion in ausgewählten Ländern 1983
1. Die Karibik im Ost-West-Konflikt Die internationale Politik hat durch die sowjetische Besetzung Afghanistans und durch den Regierungsantritt des amerikanischen Präsidenten Reagan ein neues Muster bekommen. Die USA sind von einer komplexen Schau der internationalen Politik zu einer Globalstrategie übergegangen, die den prinzipiellen Konfliktcharakter zwischen den beiden Führungsmächten Sowjetunion und USA wieder in den Vordergrund rückt. Die Welt ist damit wieder zu einer einzigen strategischen Bühne geworden, auf der die Auseinandersetzung mit der Sowjetunion auf der Basis militärischer und politischer Stärke geführt wird. Gemeinsame Vereinbarungen werden vom Wohlverhalten der Sowjetunion abhängig gemacht.
Diese außenpolitische Neuorientierung wird in den USA getragen von einem Nationalismus, der das Verlangen der Amerikaner zum Ausdruck bringt, Stolz und Prestige Amerikas wiederherzustellen, den Willen bekundet, erlittene Demütigungen zu beenden und erneut die weltpolitische Führungsrolle zu übernehmen. In den USA beruht dieser Nationalismus auf einem neue Wertpatriotismus, der Risikobereitschaft zu einem wichtigen Element des politischen Handelns macht. Dies ist ein neues Muster, das die amerikanische Politik nach innen und außen bestimmt
Die sowjetische Außenpolitik ist aus ideologischen und machtpolitischen Gründen prinzipiell expansiv. Sie muß im Rahmen einer Globalstrategie gesehen werden, die von sowjetischer Seite mit einer kontinuierlichen Aufrüstung in den letzten zwanzig Jahren militärisch abgestützt wurde. Auf dieser Basis versucht die Sowjetunion ihren Einfluß weltweit auszudehnen. Die taktischen Mittel dieser Politik ändern sich unter dem Begriff der „friedlichen Koexistenz" ständig, nicht dagegen ihre strategischen Ziele.
Die Sowjetunion hat im Rahmen ihrer Global-strategie die Karibik und Zentralamerika zu einem neuen Kampffeld ihrer Expansionspolitik ausgewählt. Über den Satelliten Kuba versucht sie, das politische Gleichgewicht einseitig zu ihren Gunsten zu verändern, nunmehr unmittelbar in einem Gebiet, das zu den traditionellen Einflußsphären der USA gehört. Die sowjetische Unterstützung Kubas, Nicaraguas und marxistisch-und moskauorientierter Guerillabewegungen in Zentralamerika (El Salvador, Guatemala, Honduras, neuerdings auch Costa Rica und Panama) verfolgt das Ziel, die amerikanische Position in dieser empfindlichen Zone zu schwächen.
Die Unterstützung der illegalen Gruppen erfolgt nicht direkt durch die Sowjetunion; sie zieht es vor, Unterstützung und Hilfe über Stellvertreter zu leisten. In der Karibik geschieht das hauptsächlich über Kuba. Osteuropäische Länder (Bulgarien, Tschechoslowakei) sowie Kuba sorgen für Ausbildung, Finanzierung und Versorgung der revolutionären Gruppen. Dreh-und Angelpunkt all dieser Maßnahmen ist die KGB-Zentrale in Moskau. Sie plant und trägt die internationalen Subversionen unter Einsatz aller Mittel, die Erfolg versprechen. 2. Der kubanische Einfluß Seit 1959 ist Kuba ein sozialistisches Land, regiert von der „Partido Communista de Cuba" (PCC), die das Land totalitär beherrscht. Die Veränderungen, die es seit 1959 im Land gegeben hat, sind beachtlich. Fidel Castro und seine Mitkämpfer haben 1959 erfolgreich gegen eine verhaßte Diktatur gekämpft. Sie haben damit nicht nur ein Regime gestürzt, sondern auch, was bis heute nachwirkt, den Einfluß der in der Region mächtigen Vereinigten Staaten beendet. Castro wandte sich konsequent dem Kommunismus und der Sowjetunion zu. Nur mit ihrer Hilfe, durch eine sowjetisch unterstützte Militarisierung des Landes, konnte und kann er seine Macht verteidigen. Kuba ist nach Brasilien die stärkste Militärmacht in Lateinamerika 9). Die stark bekämpfte Abhängigkeit von amerikanischen Interessen und Einflüssen wurde ersetzt durch eine wesentlich spürbarere Abhängigkeit und Fremdbestimmung durch die Sowjetunion. Damit verbunden war eine Isolierung und Blockade durch die USA. Castro und seine noch wenigen Mitarbeiter aus der Zeit der Guerilla (1953— 1959) empfinden eine natürliche Solidarität mit anderen Guerillakämpfern. Die mißlungene Invasion in der Schweinebucht im Jahre 1961, die Raketen-krise von 1962 und die Ereignisse um Grenada im Oktober 1983 sind Erfahrungen, die die kubanische Politik bestimmen. Eine als permanent empfundene Bedrohung durch die USA verbindet sich mit dem Unbehagen, daß Kuba irgendwann im Kräftespiel der beiden Großmächte geopfert werden könnte.
Im Lande selbst ist einiges erreicht worden , 10). Die Lebensverhältnisse für die Menschen sind zwar bescheiden, es gibt aber keine Die Lebensverhältnisse für die Menschen sind zwar bescheiden, es gibt aber keinen Hunger und keine Armut. Die Gesundheitsfürsorge ist umfassend und kostenlos. Das Bildungsniveau wurde angehoben und das Bildungssystem erreicht alle Kubaner. 1981 besuchten 3, 2 Mio. von 9, 7 Mio. Einwohnern die Schulen und Universitäten. Die wirtschaftliche Lage ist nicht gut, aber die Bevölkerung wird mit den für die wichtigsten Lebensbedürfnisse erforderlichen Gütern versorgt. Die Versorgung der Funktionärsschicht, die über Privilegien verfügt, ist wesentlich besser, doch halten sich Korruption und Mißbrauch in Grenzen. 80% der Devisen Kubas kommen aus dem Zuckerexport, für den die Sowjetunion weit über dem Weltmarktniveau liegende Preise zahlt. 1983 sank Kubas Zucker-produktion gegenüber 1982 um mehr als 10%. Auch die Schuldenlast mit 3, 5 Mrd. $gegenüber westlichen Banken drückt schwer. Die Schulden gegenüber dem Ostblock sind in ihrer Höhe noch nicht bekannt, mit Ausnahme der Verpflichtungen gegenüber der Sowjetunion, die 8, 8 Mrd. $betragen. Da Kuba sich in totaler Abhängigkeit von sowjetischer Hilfe befindet — 1982 stellte die Sowjetunion gewiß nicht ohne eigene Interessen Kuba täglich 11— 12 Mio. $zur Verfügung —, scheinen dessen Zukunftsaussichten keineswegs günstig.
Nach außen hin hat sich Kuba Mio. $zur Verfügung —, scheinen dessen Zukunftsaussichten keineswegs günstig.
Nach außen hin hat sich Kuba als der Anstifter und Förderer von Revolutionen betätigt 11). 1975 und 1976 engagierte es sich in Afrika und schickte fast 36 000 Soldaten nach Angola. In Äthiopien waren 1977 mehr als 17 000 kubanische Soldaten im Einsatz. Kubanische Militär-und Sicherheitsberater sind in mehr als einem Dutzend afrikanischer und asiatischer Staaten tätig. Seit 1979 wurde die Hilfe auf Nicaragua und Grenada konzentriert und subversive Tätigkeiten in ganz Lateinamerika fanden stärkere kubanische Unterstützung. Im Rahmen der Strategie der politischen Destabilisierung wurde in der Karibik und in Zentralamerika’ eine neue Zone regionaler Konflikte eröffnet. Dabei geht es um zwei Dinge: Zum einen erfolgt eine direkte Unterstützung der Guerilla in Guatemala, El Salvador, Honduras und Costa Rica durch Ausbildung und Waffenlieferung, zum anderen dienen El Salvador und neuerdings auch Honduras als bündelndes Magnetfeld für eine heftige antiamerikanische Meinungsströmung. Heimliche Wühlarbeit und gezielte Propaganda sollen eine Stimmung gegen die USA erzeugen. Das ideologische Konzept dieser Politik begründet Carlos Rafael Rodriguez, Mitglied des Politbüros und des Sekretariats des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Kubas, folgendermaßen: „Kuba hat die Pflicht und wird sie immer haben, den proletarischen revolutionären Internationalismus ausüben. Das ist einer seiner entscheidenden Beiträge zum historischen Sieg des Sozialismus über den Kapitalismus. Das ist nicht nur ein Akt der Identifikation oder Sympathie.
Es handelt sich auch um eine mit unserer ganzen strategischen Konzeption verbundene Pflicht." 12)
Fidel Castro hat diese Zielrichtung in seinem Bericht auf dem zweiten Kongreß der Kommunistischen Partei Kubas im Jahre 1980 bekräftigt. Der Sieg der Sandinistas hat die Kubaner offenbar überzeugt, daß nur die Unterstützung des bewaffneten Kampfes zur Macht führe — eine alte These Castros, die er schon in den sechziger Jahren vertreten hatte.
Die seit 1980 mit allen Mitteln in Nicaragua vorangetriebene Militarisierung hat zu einer neuen Bedrohung in der Region geführt. Die Aufrüstung Nicaraguas erfolgt parallel zu einer erheblichen Steigerung der sowjetischen Waffenlieferungen nach Kuba. In Nicaragua stehen gegenwärtig 22 000 Soldaten unter Waffen, 100 000 Mann in Reservebataillonen, ergänzt durch 150 000 Milizionäre. Nicht mit-gerechnet sind die stark angestiegenen Polizeieinheiten. Auch die Zahl der ausländischen Berater ist beträchtlich. 6 000 Kubaner arbeiten in Schlüsselpositionen, davon 1 800 im Militär-und Sicherheitswesen, ferner 300 aus der DDR, 80 Bulgaren, 30 Nordkoreaner und 15 PLO-Experten. Die Zahl der sowjetischen Berater ist nicht bekannt.
Fidel Castro verfolgt das Ziel, all jene Gruppen, die sich zum revolutionären Kampf entschlossen haben, mit Waffen, Geld, Schulung und Propaganda zu unterstützen. Doch zu Beginn des Jahres 1984 sieht die Bilanz für ihn eher düster aus. Das kubanische Modell hat seinen Reiz verloren, vor allem in den Ländern, in denen ähnliche Versuche klägliche Ergebnisse mit sich gebracht haben (Jamaika, Grenada, Guyana, Surinam). Zudem hat die Machtdemonstration Präsident Reagans in Grenada im Oktober 1983 die Rolle Castros als möglichen Beschützer revolutionärer Bewegungen und Regierungen im Karibischen Raum entwertet.
V. Die USA und die Karibik
Abbildung 15
Tabelle Nr. 5 Politische Systeme in eingien Ländern
Tabelle Nr. 5 Politische Systeme in eingien Ländern
Die Beziehungen der USA zu den Ländern im Karibischen Raum sind sehr komplex, wobei auf die historische Entwicklung des Verhältnisses hier nicht eingegangen werden kann. Bedeutsam ist, daß die amerikanische Politik gegenüber den Ländern im Karibischen Raum, die auch indirekte Interventionen nicht scheute (Kuba, Dominikanische Republik), ihren Teil dazu beigetragen hat, die USA als eine nicht besonders akzeptierte Macht zu empfinden. Soweit der Antiamerikanismus nicht bloß als propagandistisches Schlagwort benutzt wird, ist der Vorbehalt der Völker der karibischen Länder gegen die und zugleich der Respekt vor den Amerikanern nicht mit diesem Begriff zu erfassen. Die Probleme sind vielschichtiger und verdienen eine differenziertere Betrachtungsweise, für die allerdings hier kein Raum bleibt.
Die Grundprinzipien der amerikanischen Politik in der Karibik lassen sich in vier Stichworten zusammenfassen: Demokratie, Selbstbestimmung, wirtschaftliche Entwicklung und gemeinsame Sicherheit. Während die USA früher die Sicherheit in ihrer eigenen Hemisphäre als selbstverständlich hinnehmen konnten, hat sich diese Situation durch die Machtübernahme Fidel Castros in Kuba 1959 und durch die Entwicklung in Zentralamerika seit 1979 verändert. Besonders schmerzhaft müssen die Amerikaner eine solche Veränderung vor ihrer eigenen Haustür empfinden. Es wäre falsch, wollte man den sicherheitspolitischen Aspekt der amerikanischen Politik gegenüber dem Karibischen Raum als ausschließliches Prinzip in den Vordergrund stellen. Allerdings können nur durch die Gewährung einer sicherheitspolitischen Garantie die beiden anderen Grundsätze der amerikanischen Politik gegenüber der Karibik und Mittelamerika, nämlich a) die demokratische Selbstbestimmung und b) die wirtschaftliche und soziale Entwicklung zu fördern, durchgesetzt werden.
Unbestritten ist auch, daß es ökonomische und militärische Interessen der Amerikaner gibt. In Krisenzeiten kommen 50 % des amerikanischen Nachschubs für die NATO aus Häfen, die im Golf von Mexiko liegen. Eine ernsthafte Bedrohung der amerikanischen Schiffahrtsrouten durch die Karibik hätte Konsequenzen für die Bündnisverpflichtungen der USA innerhalb der NATO. Die Sicherheit des Panama-Kanals hat ebenfalls strategische Bedeutung. Während 1970 sowjetische Schiffe nur rd. 200 Schiffstage im Süd-atlantik operierten, waren es 1980 bereits 2 600 Schiffstage. Die Sowjets haben einen 2: 1-Vorteil, was die Unterseeboote anbetrifft. Sie können auf Kuba operieren und von dort Luftsicherung betreiben. Kuba ist eine Basis, von der aus alle karibischen Seewege, die durch vier Knotenpunkte führen, gut überwacht werden können. In der Nähe von Havanna haben die Sowjets die größte außerhalb der Sowjetunion installierte elektronische Überwachungsanlage eingerichtet, die es ihnen erlaubt, den Schiffsverkehr in diesem Raum zu überwachen. Die kubanische Militärstärke ist größer, als für Verteidigungszwecke notwendig ist. Das Heer verfügt über 225 000 Soldaten, die Marine über 11 000 und die Luftstreitkräfte über 16 000. 2, 3 % der kubanischen Bevölkerung dienen in den Streitkräften. Der sowjetische Einfluß in Kuba ist nicht zu unterschätzen. Eine 2 600 bis 3 000 Mann starke Brigade ist in der Nähe von Havanna stationiert. Es gibt weiter 6 000— 8 000 Zivil-und rd. 2 000 sowjetische Militärberater in Kuba. Die sowjetische Waffenhilfe für Kuba hat seit 1960 2, 5 Mrd. US-Dollar erreicht. 1981 haben die Sowjets dreimal mehr Militärausrüstungen nach Kuba geliefert als im Jahre 1980. Sie nutzen Kuba und Nicaragua, um die Guerilleros in der Karibik und in Mittelamerika mit Waffen zu beliefern. Der politische Einfluß der Sowjetunion in Kuba wird vornehmlich über die massive wirtschaftliche Hilfe, über die Anwesenheit der zahlreichen sowjetischen Berater und durch die ständigen sowjetisch-kubanischen Konsultationen gesichert 13).
Auch die wirtschaftlichen Interessen der USA und der Mehrheit der Länder im Karibischen Raum müssen gesehen werden. 54% aller ausländischen Tonnagen und 45% des Rohöls für die USA passieren die Seewege in der Karibik. Die zukünftige Erdölversorgung ist für die Amerikaner ein besonders wichtiges An-liegen, wobei die mexikanischen Erdölvorkommen für die amerikanische Energieversorgung eine große Rolle spielen. Auch sind der amerikanische Markt für den Export der karibischen Produkte unersetzlich und die amerikanischen Rohstoffimporte aus dem karibischen Becken von allergrößtem Interesse. Mexiko ist nach Kanada der zweitgrößte Lieferant von Silber, Zink, Gips, Quecksilber, Antimon, Wismut, Barium und Blei. Venezuela stellt 28% der amerikanischen Eisenerz-importe, 23% seiner Erdölprodukte und 8% seines Rohöls. Fast 50% des amerikanischen Bauxitbedarfs kommen aus Jamaika. Das Caribbean Basin ist der viertgrößte Auslandsmarkt für amerikanische Produkte. Mehr als 8% der amerikanischen Auslandsinvestitionen und mehr als 32% der amerikanischen Investitionen in Entwicklungsländern konzentrieren sich in der Karibik. Darüber hinaus hat die amerikanische Politik aber längst erkannt, daß man die Instabilität in den karibischen und zentralamerikanischen Ländern nur durch eine vernünftige Reformpolitik lösen kann. Deshalb hat Präsident Reagan am 24. Februar 1982 mit seiner „Caribbean Basin Initiative" einige Vorschläge für die stärkere wirtschaftliche Hilfe der USA für diesen Raum bekanntgegeben Das Programm umfaßt drei Punkte: a) Verbesserung der Handelsbedingungen für die Länder im Karibischen Raum, was vornehmlich einen freieren Zugang zum amerikanischen Markt bedeutet; b) Verstärkung der Investitionen in den karibischen Ländern; c) finanzielle Hilfen. Erst in der zweiten Jahreshälfte 1983 hat der amerikanische Kongreß das Programm mit einigen Änderungen akzeptiert. Eine Beschleunigung hat sich durch die Ereignisse in Grenada ergeben. Gebunden ist die Hilfe an die Achtung der Menschenrechte und die Sicherung des Eigentums ausländischer Staatsbürger. Das Programm stellt einen ersten Schritt dar. Weitere werden folgen müssen, wenn man vermeiden will, daß die sozialen und politischen Konflikte in der Region zunehmen. Bis jedoch einmal die Ursachen von Unruhe, Armut, und Elend beseitigt sind, wird noch ein langer Weg zurückzulegen sein. Der Karibische Raum bleibt gewiß für längere Zeit ein Konfliktfeld in der internationalen Politik.
Josef Thesing, geb. 1937, Studium der Politikwissenschaft in München und Freiburg; 1966— 1973 Beratungs-und Dozententätigkeit in Lateinamerika; seit 1978 Leiter des Büros für Internationale Zusammenarbeit der Konrad-Adenauer-Stiftung e. V., in Sankt Augustin. Veröffentlichungen u. a.: La Politica, Guatemala 1970; Politica y Sociedad, Bogota 1972; Politica y Desarrollo, Bogota 1973; (Hrsg.), Politik und Entwicklung in Lateinamerika, Mainz 1976; Wandel des politischen Systems in Spanien 1975 bis 1978, in: R. Biskup u. a. (Hrsg.), Spanien und die Europäischen Gemeinschaften, Bern-Stuttgart 1982; Zentralamerika im Umbruch, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 46/82.
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