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Die schwierige Überredung zum Krieg Zur psychologischen Mobilmachung der deutschen Bevölkerung 1933-1939 | APuZ 32-33/1989 | bpb.de

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APuZ 32-33/1989 Die schwierige Überredung zum Krieg Zur psychologischen Mobilmachung der deutschen Bevölkerung 1933-1939 Der Zweite Weltkrieg in der internationalen Forschung Konzeptionen, Thesen und Kontroversen Die Wehrmacht in der Endphase Realität und Perzeption Artikel 1

Die schwierige Überredung zum Krieg Zur psychologischen Mobilmachung der deutschen Bevölkerung 1933-1939

Wolfram Wette

/ 37 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Mit Hitlers Ernennung zum Reichskanzler 1933 wurde die Schwelle von der Nachkriegszeit in eine neue Vorkriegszeit endgültig überschritten. Die Politik des NS-Regimes war in den Jahren 1933— 1939, entgegen dem nach außen erweckten Schein, auf allen wesentlichen Feldern auf Kriegsvorbereitung ausgerichtet. Dabei konnte der Nationalsozialismus an ältere militaristische Trends in der öffentlichen Meinung anknüpfen. So läßt sich konstatieren, daß es neben den einschneidenden Veränderungen von 1933 auch Elemente der Kontinuität gab — etwa das Streben nach Weltmachtgeltung bei den deutschen Eliten in Wirtschaft, Gesellschaft, Bürokratie, Justiz und Militär. Es war verbunden mit einer Ablehnung von Friedenspolitik und der Bereitschaft zur kriegerischen Gewaltanwendung. Nach der Inbesitznahme der staatlichen Propagandamittel in der Phase der Machtergreifung betrieben Hitler, sein Propagandaminister Goebbels und ihre vielen Gehilfen mehrere Jahre lang ein groß angelegtes Täuschungsmanöver. Mit einer Serie von „Friedensreden“ verschleierten sie vor dem Ausland wie vor der deutschen Bevölkerung die Kriegsvorbereitungen. Gleichzeitig pries man soldatische Tugenden. Seit 1936 arbeitete die NS-Propaganda zunehmend mit Einschüchterungsparolen. Im November 1938 ließ Hitler dann endgültig die „pazifistische Platte“ absetzen und — mit den Mitteln der altbewährten Einkreisungspropaganda und der prophylaktischen Kriegsschuldabwälzung — die Manipulation der öffentlichen Meinung aufeinen härteren Kurs umschalten. Die deutsche Bevölkerung sollte nunmehr psychologisch auf den Krieg vorbereitet und für ihn mobil gemacht werden. Das gelang nur zum Teil. Anfang September 1939 gab es keine Begeisterung wie 1914, sondern eine gedrückte Stimmung, Kriegsfurcht und Friedenshoffnungen. Aber die Fülle der propagierten Feindbilder hatte zu einer weitgehenden politischen Desorientierung in der deutschen Bevölkerung geführt. Hinzu kam die Angst vor Repressionen. So erklärt es sich, daß die Mehrheit der Deutschen Hitler in widerwilligem Gehorsam in den Krieg folgte.

Gelegentlich ist in der internationalen Öffentlichkeit die Meinung anzutreffen, Hitler habe es leicht gehabt, das angeblich aggressionslüsteme deutsche Volk in seine Kriegspläne einzuspannen. Verhielt es sich tatsächlich so? Wie schon der Titel des Beitrages signalisieren möchte, war dies keineswegs der Fall. Vielmehr bedurfte es — trotz prägender Traditionen des preußisch-deutschen Militarismus — einer mehrjährigen schwierigen Überredung durch die NS-Regierung, um die deutsche Bevölkerung ein zweites Mal binnen eines Vierteljahrhunderts für einen Krieg zu mobilisieren, der, wie er aufgrund der Kriegsziele Hitlers angelegt war, sich wiederum zu einem Weltkrieg entwickeln mußte.

Das Jahr 1933: Zäsur und Kontinuität zugleich

Als der Führer der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP), Adolf Hitler, am 30. Januar 1933 zum Reichskanzler des Deutschen Reiches ernannt wurde, war jene Phase der Nachkriegszeit, in der die Hoffnung bestand, man könne das internationale System stabilisieren, den Krieg ächten und eine dauerhafte Friedensordnung etablieren, unwiderruflich beendet. Nicht wenige — Kommunisten, Sozialdemokraten, Pazifisten — hatten gewarnt: „Hitler bedeutet Krieg!“ Sie sollten recht behalten.

Mit dem Jahre 1933 mündete, wie heute offen zutage' liegt, die von friedenspolitischen Anstrengungen vielfältiger Art begleitete Nachkriegszeit in eine neue Vorkriegszeit ein. Denn was die an die Macht gekommene NSDAP — sie verkörperte die deutsche Version der in mehreren europäischen Ländern entstandenen faschistischen Bewegungen — sogleich in die Tat umzusetzen begann, war entgegen dem nach außen erweckten Schein nichts anderes als eine Politik der Kriegsvorbereitungen

Wer Hitlers programmatische Schriften gelesen hatte, dem konnte bekannt sein, daß dieser militante Nationalist und fanatische Antisemit bereits seit einem Jahrzehnt von der Idee besessen war, das durch die Niederlage im Weltkrieg 1914/18 gedemütigte und mit der Kriegsschuld belastete Deutschland müsse erneut den Weg der Gewalt gehen, um „Lebensraum“ zu erobern und um eine unanfechtbare Weltmachtstellung zu erlangen Hitler an der Macht: Das bedeutete, daß nun umgehend die Voraussetzungen für einen neuerlichen deutschen „Griff nach der Weltmacht“ geschaffen wurden.

Fraglos bedeutete der Regierungsantritt Hitlers eine Zäsur in der jüngeren deutschen und europäischen Geschichte, da mit ihm die aggressivsten Kräfte und Strömungen an die Regierung gelangten, die es damals in Deutschland gab Aber hin-rweiterte Fassung eines Beitrages, der zuerst veröflentlicht wurde unter dem Titel: „Difficult Persua-Spn'The Psychological Mobilization ofthe German Kopulation for World War II (1933-1939)“, in:

JEsCo ^ear^°°^ on Peace and Conflict Studies 1985, New ^Ofk-Westport, Connecticut-London 1987, p. 49— 71. ter der Kulisse des historischen Einschnitts gab es auch Kontinuitäten, die für die Geschichte des im Jahre 1871 gegründeten deutschen Nationalstaats insgesamt charakteristisch waren. Dazu gehörte das traditionelle Bündnis bestimmter Eliten in Wirtschaft, Gesellschaft, Bürokratie, Justiz und Militär ebenso wie deren Groß-und Weltmachtstreben. Hitlers Massenpartei, die sich vornehmlich aus dem deklassierten Mittelstand sowie aus kleinbürgerlichen und bäuerlichen Schichten zusammensetzte, verbündete sich mit diesen traditionellen Eliten. Man muß also sowohl den Bruch sehen, den die „Machtergreifung“ der Hitler-Leute bedeutete, als auch die Kontinuitäten, ohne die sich weder die Machtergreifung noch die Aufrüstungspolitik begreifen lassen.

Gemäß der Auffassung, daß der zukünftige Krieg noch mehr als der Weltkrieg 1914 bis 1918 ein „totaler“ Krieg sein werde reichte die Politik der Kriegsvorbereitungen in nahezu alle Bereiche des staatlichen und gesellschaftlichen Lebens hinein. Man denke nur an die Diplomatie, die das Ausscheren des Deutschen Reiches aus früher eingegangenen multilateralen Verpflichtungen zu rechtfertigen und, zusammen mit der Propaganda einen Beitrag zur Verschleierung der deutschen Rüstungsund Kriegspläne zu leisten hatte. Man denke an die Maßnahmen zur materiellen und personellen Aufrüstung, an die innenpolitische Disziplinierung der gesamten deutschen Bevölkerung, an di Sozial-und Wirtschaftspolitik an die Unterdrückung oppositioneller Teile der Bevölkerung durch rücksichtslosen Terror, nicht zuletzt aber an die psychologische Mobilmachung der deutschen Bevölkerung für den von der Nazi-Regierung geplanten Krieg durch eine umfassende Propaganda

Militaristische Tendenzen vor Hitler

Bezeichnend für den schon vor Hitler erreichten Grad der Militarisierung Deutschlands war es, daß gewisse militärische Verhaltensweisen ziviler Politiker mehr oder minder kritiklos hingenommen wurden. Paul von Hindenburg zum Beispiel, der 1925 zum ersten und 1932 zum zweiten Male gewählte Reichspräsident der ersten deutschen Republik, liebte es, in der Öffentlichkeit in der preußischen Uniform aufzutreten. Damit erinnerte er nicht nur daran, daß er von 1916 bis 1918 der Chef des obersten deutschen militärischen Führungsgremiums („Oberste Heeresleitung“) gewesen war, sondern setzte auch jene unselige militaristische Tradition fort, die der zivile Reichsgründer Bismarck geschaffen hatte.

Die Militarisierung zeigte sich auch in anderer Weise: Mehrere ehemalige hohe Militärs bekleideten wichtige Staatsämter, obwohl sich die Reichs-wehr doch aus der Politik heraushalten und als „Staat im Staate“ angesehen werden wollte. Ein enger Mitarbeiter Hindenburgs aus der Zeit des Ersten Weltkrieges, General Wilhelm Groener, war von 1928 bis 1932 Reichswehrminister und 1931/32 zugleich Reichsinnenminister. Ein anderer politisierender General, Kurt von Schleicher, wurde 1932 Reichskanzler und übte zugleich das Amt des Reichswehrministers aus. Aber schon seine beiden „zivilen“ Vorgänger Heinrich Brüning und Franz von Papen waren ausgesprochen „militärfromme“ Politiker, die dem zunehmenden Einfluß der Reichswehr auf die deutsche Politik keinen nachdrücklichen Widerstand entgegensetzten. In der Endphase der Weimarer Republik, in den Jahren 1930 bis 1933, entwickelte sich das deutsche Regierungssystem in raschen Schritten von einer parlamentarischen Demokratie zu einer Staatsform, die einer Militärdiktatur ähnlicher war als einer Republik.

Parallel zu diesen politisch-institutionellen Vorgängen vollzog sich eine Militarisierung in den Köpfen der Menschen Der Beginn dieser neuen Tendenz läßt sich ziemlich exakt auf das Jahr 1929 datieren. Als wichtiges Indiz für die Trendwende in der politischen Stimmungslage kann gelten, daß jetzt eine bestimmte Literatur, die nationalistisch und kriegsverherrlichend war, auf das Interesse eines Massenpublikums stieß, also in ungewöhnlich hohen Auflagen verkauft wurde.

Seit 1929 wurde Deutschland von einer regelrechten Welle nationalistischer Kriegsbücher und Kriegsfilme überschwemmt Mit anderen Worten: Bereits mehrere Jahre vor Hitlers Regierungsantritt zeichnete sich ein Boom von Kulturprodukten mit militaristischer und ein gleichzeitiger Niedergang von solchen mit pazifistischer Tendenz ab. Die Auswertung des einschlägigen Schrifttums läßt erkennen, daß die Zahl der Bücher, die sich allgemein mit „Wehrfragen“ auseinandersetzten, zwischen 1929 und 1935 kontinuierlich anstieg. Für die Jahre 1930 bis 1932 fällt besonders die hohe Zahl jener Schriften ins Auge, die sich mit zukünftigen Kriegen befaßten. Die Zahl der Bücher, die man allgemein — ohne Analyse der Tendenz — unter der Rubrik „Weltkriegsbücher“ zusammenfassen kann, stieg in den Jahren 1929 bis 1932 merklich an und erreichte nach dem Regierungsantritt Hitlers in den Jahren 1933 bis 1935 mit mehr als 500 Titelnjährlich einen absoluten Höhepunkt. Mit dem Jahr 1935 endete dann die militärpolitische Diskussion in der Öffentlichkeit, was darauf zurückgeführt werden kann, daß das militaristische Gesellschaftskonzept zu diesem Zeitpunkt weitgehend in die Wirklichkeit umgesetzt war.

Wie bereits angedeutet wurde, verlief die Entwicklung der Bücher mit pazifistischer Tendenz genau umgekehrt. Die Linie zeigt hier zwischen 1929 und 1933 kontinuierlich nach unten. Seit 1933 wurde pazifistische Literatur in Deutschland nicht mehr verlegt, sondern öffentlich verbrannt.

Es gab damals ein einziges Buch mit einer Antikriegstendenz, das sich trotz dieser militaristischen Trendwende am Markt behaupten konnte: Erich Maria Remarques Roman „Im Westen nichts Neues“ Er erreichte im Jahre 1930 eine deutschsprachige Spitzenauflage von einer Million Exemplaren und von zwei Millionen in Fremdsprachen, u. a. in englischer Sprache. Dieses Buch bot eine ungeschminkte Reportage des Kriegsalltags und verzichtete auf jedes Heldenpathos. Daher wurde es von der nationalistischen Rechten in Deutschland erbittert bekämpft, und zwar in Worten wie auch mit Taten. Die Berliner NSDAP unter Gauleiter Goebbels — Hitlers späterem Propagandaminister — sprengte Ende 1930 die Erstaufführung des Filmes „Im Westen nichts Neues“. Eine zweite Aufführung mußte abgesagt werden. Die NSDAP veranstaltete große öffentliche Protestkundgebungen gegen den Film. Die Frontkämpferverbände stimmten in den Protest ein. Schließlich wurde die Aufführung des Films von einer Zensurbehörde unter dem Vorwand verboten, daß er das deutsche Ansehen im Ausland gefährde. Reichskanzler Heinrich Brüning, der der katholischen Zentrumspartei angehörte, pflichtete dieser Entscheidung bei.

Auch das Kino wurde in diesen Jahren „Kriegsschauplatz“, auf dem ideologische und innenpolitische Konflikte ausgetragen wurden Die Entwicklungstendenzen im deutschen Film liefen mit dem Boom an kriegsverherrlichender Literatur durchaus parallel. Der fortschrittliche Film, der sich der Kritik sozialer Verhältnisse zuwandte und auch pazifistische Inhalte zu vermitteln suchte, mußte zunehmend einem militaristischen Film-Genre weichen, in dem Rebellen, Kriegshelden und Führer zu Leitbildern stilisiert wurden.

Kriegsliteratur und Wirtschaftskrise

Wie läßt sich diese Flut rechtsgerichteter Kriegs-bücher und Kriegsfilme erklären? Es ist auffallend, daß sie mit der ökonomischen Krise von 1929 zeitlich zusammenfiel. In der Wirtschaftskrise fand Kriegsliteratur ein aufnahmebereites Massenpublikum. Hieraus kann gefolgert werden, daß sich die Konsumenten dieser Literatur von der Außenpolitik der Verständigung, wie sie von den demokratischen Parteien der Weimarer Republik vertreten wurde, nichts mehr versprachen und eher für die Alternative autoritärer und schließlich gewaltsamer Lösungen in der Innen-und der Außenpolitik optierten. Einer Spezialuntersuchung zufolge war es insbesondere das mittelständische Bürgertum das in der Krisenphase der Weimarer Republik Positionen übernahm, nach denen Gewalt wieder ein adäquates Mittel der Politik sei. Man akzeptierte, was die Kriegsliteratur anbot — den verklärenden Rückblick auf den Krieg. Anders ausgedrückt: Im Zuge dieser militaristischen und antipazifistischen Welle wurden die Schwellenwerte des Vorbehalts gegenüber der Gewalt reduziert.

Um Mißverständnisse zu vermeiden: Es wäre unsinnig, zu behaupten, eine Mehrheit der deutschen Bevölkerung habe bereits vor 1933 Hitlers Kriegs-pläne unterstützt. Das konnte schon deshalb nicht der Fall sein, weil Hitlers programmatisches Buch „Mein Kampf“ viel zu wenig bekannt war und dort, wo es gelesen worden war. nicht ernst genommen wurde Was sich in der öffentlichen Meinung zwischen 1929 und 1933 abspielte, war diffuser, ist aber gleichwohl als ein deutlicher Trend erkennbar: Unter dem Einfluß der massenhaft angebotenen Kriegsliteratur wurde eine Mehrheit der deutschen Bevölkerung in der Zeit der wirtschaftlichen und politischen Krise immer mehr bereit, eine Militarisierung des gesellschaftlichen Lebens zu akzeptieren. Und diese Bereitschaft bildete die Grundlage für die Hinnahme einer späteren Übertragung der Gewaltmethoden in die Außenpolitik.

In dem geschilderten politischen Klima konnte die aggressivste und am entschiedensten gegen Demokratie, Sozialismus und Pazifismus agitierende Partei, nämlich die NSDAP Hitlers, in wenigen Jahren zur stärksten politischen Kraft in Deutschland werden. Die NSDAP und ihre Hilfsorganisationen haben den Stimmungsumschwung nur zum Teil selbst hervorgerufen, gewiß aber sich seiner bedient. Sie konnten an den schon zuvor begonnenen Prozeß der Remilitarisierung der öffentlichen Meinung anknüpfen, ihn verstärken und beschleunigen. Die Bereitschaft zur Hinnahme oder zur Befürwortung gewaltsamer politischer Lösungen konnte bei Bedarf — und nach Schaffung entsprechender personeller und materieller Voraussetzungen, genauer: nach vollzogener Aufrüstung — jederzeit aktualisiert werden.

Deutsche Sonderentwicklung

Während sich die öffentliche Meinung in den meisten anderen Ländern, besonders in den westlichen Demokratien USA, Großbritannien und Frankreich, in zunehmendem Maße am Gedanken der Kriegsächtung orientierte, wie er im Briand-Kellogg-Stresemann-Pakt von 1928 völkerrechtlich ge-faßt worden war, begann in Deutschland eine Sonderentwicklung Hier, wo der Krieg schon immer als etwas Natürliches, etwas Schicksalhaftes und daher als etwas Selbstverständliches angesehen worden war, wo die Formel vom Krieg als einem legitimen Mittel der Politik letztlich nie in Zweifel gezogen worden war, konnte sich die Kriegsäch tungsidee nicht dauerhaft durchsetzen.

Zwar hatte sich nach dem Ende des Ersten Weltkrieges auch in Deutschland eine politische Position des gemäßigten Pazifismus artikuliert, erkennbar an Begriffen wie „Völkerbund“ und „Abrüstung“ Im großen und ganzen waren die Verfechter solcher Ideen identisch mit jenen Parteien, welche die erste Demokratie auf deutschem Boden unterstützten. Zwar wollten auch sie eine Revision des als ungerecht empfundenen Versailler Friedensvertrages von 1919, aber dies sollte auf dem Verhandlungswege geschehen. Die deutschen Nationalisten dagegen — sie waren weitgehend identisch mit den Gegnern der Demokratie — konnten sich auch eine gewaltsame Revision dieses Vertrages vorstellen, und zwar als Vorstufe wie als Voraussetzung für die langfristige Wiedergewinnung einer deutschen Weltmachtstellung.

Vordergründig stellte die Unterschrift des deutschen Außenministers Gustav Stresemann unter den Kriegsächtungspakt von 1928 einen weithin sichtbaren Sieg des pazifistischen Gedankenguts dar. Aber dieser auf der Idee des Gewaltverzichts beruhende Trend ließ sich in Deutschland nicht stabilisieren. Die Außenpolitik der Verständigung war nur noch etwa bis zum Jahre 1930 mehrheitsfähig. Seitdem geriet sie unter den massiven Beschuß der nationalistischen Rechten, besonders der Nazi-Partei, die den republikanischen Pazifismus pauschal als schwächlich denunzierte und machtpolitische Parolen propagierte. Diese Entwicklung lief den Intentionen des Briand-Kellogg-Paktes direkt entgegen. Tatsächlich war der — zur Zeit seines Abschlusses als welthistorisches Ereignis apostrophierte — Kriegsächtungspakt bereits nach wenigen Jahren aus dem öffentlichen Bewußtsein der Deutschen entschwunden. Er vermochte keine nachhaltige friedensstiftende Kraft mehr zu entfalten.

Einige Charakteristika der NS-Propaganda

Welche Einstellung hatten die führenden Männer der NSDAP zur Propaganda? Die Ansichten von Hitler und Goebbels hierzu resultierten aus einer bestimmten Interpretation des Kriegsausgangs 1918. Sie glaubten, die Erfolge der britischen und der französischen Propaganda während des Weltkrieges und das Fehlen einer ähnlich qualifizierten deutschen Kriegspropaganda hätten maßgeblich zur Niederlage des kaiserlichen Deutschlands beigetragen. Ihre naheliegende Schlußfolgerung lautete, daß die Propaganda in einem künftigen Kriege eine noch sehr viel bedeutendere Rolle spielen werde und sich jede Regierung rechtzeitig darauf einstellen müsse.

Unter den politischen Kampfmethoden der NSDAP hatte die Propaganda schon immer einen sehr hohen Stellenwert. Hitler selbst verfügte unbestreitbar über eine propagandistische Begabung. Er entwickelte bereits in den zwanziger Jahren in mehreren Publikationen seine Anschauungen über die Aufgaben und Methoden der politischen Propaganda Dabei machte er sich die Erfahrungen der alliierten Kriegspropaganda ebenso zunutze wie die Erkenntnisse der in den Vereinigten Staaten entwickelten Reklametechnik. Hitler und seine Mitar-beiter führten diese Methoden erstmals systematisch in die deutsche Politik ein. Die Propaganda sollte sich auf wenige Schlagworte beschränken, diese ständig wiederholen, den geistigen Anspruch einer politischen Aussage niedrig halten, Differenzierungen möglichst vermeiden, auf das gefühlsmäßige Empfinden der Massen eingehen und nicht so sehr auf den Verstand. Wenn man diese Lehren beachtete, so glaubte Hitler nicht zu Unrecht, könnte die Propaganda eine scharfe Waffe und damit ein echtes Herrschaftsmittel werden, und zwar im innenpolitischen Kampf nicht minder als in einem zukünftigen Kriege.

Ein weiteres Spezifikum der NS-Propaganda war bereits vor 1933 die Verwendung eines Vokabulars, das den Willen zum Gebrauch von Gewalt in der politischen Auseinandersetzung zum Ausdruck brachte. Hitlers Reden waren mit unflätigen Angriffen gegen die politischen Gegner gespickt. Er pflegte sie als übelste Kriminelle zu beschimpfen und ihnen alle nur denkbar schlechten Eigenschaften zur Last zu legen. Auf diese Weise sollte suggeriert werden, daß man sich im Kampf gegen solche Feinde keinerlei Rücksicht auferlegen dürfe. Zusätzlich wurden die in die Feindrolle gedrängten politischen Gegner durch Tiervergleiche entmenschlicht. Schimpfworte wie „Wanze“, „Parasit“, „Ungeziefer“, „Spulwurm“, „Viper“ sollten die Assoziation hervorrufen, daß die so bezeichneten Menschen und Menschengruppen ebenso heimtückische und listige Eigenschaften, wie sie angeblich die zum Vergleich herangezogenen Kleinlebe-wesen hätten. Indirekt wurde damit die Möglichkeit ihrer physischen Vernichtung — Ausrottung — nahegelegt.

In der nationalsozialistischen (faschistischen) Propagandasprache waren Begriffe wie „brutal“, „rücksichtslos“, „unerbittlich“, „mitleidlos“, „unbarmherzig“, „unduldsam“ und „fanatisch“ regelmäßig wiederkehrende Vokabeln. Den Gegner galt es zu „zertrümmern“, zu „vernichten“, zu „beseitigen“, zu „vertilgen“. Hier wird deutlich, daß das Propagandavokabular nichts anderes als der sprachliche Ausdruck einer Politik wär, in der die Gewalt ihren dominierenden Platz hatte In der Gewaltsprache offenbarte sich der Gewaltcharakter der Politik.

Die NS-Propaganda bot einfache Lösungen der aktuellen Misere an, und dies auf doppelte Weise: Erstens verwies sie mit ihren antisemitischen, antidemokratischen, antipazifistischen und antisozialistischen Feindbildern auf Sündenböcke für das eigene Mißgeschick, kanalisierte damit die angestaute Aggressivität und trug so maßgeblich zur Radikalisierung der ökonomisch gefährdeten Mittelschichten bei. Zweitens präsentierte die NSDAP mit Hitler einen „Führer“, einen „starken Mann“, der angeblich in der Lage war, die abgewirtschafteten Repräsentanten der Republik zu ersetzen und das Wunder allseitiger Besserung der Verhältnisse zu vollbringen.

Hinzu kamen die für Deutschland typischen obrigkeitsstaatlichen Traditionen, das wenig ausgeprägte demokratische Bewußtsein und der für einige philosophische Strömungen typische Irrationalismus. Diese Faktoren gehörten mit zur massenpsychologischen Ausgangslage, in welcher die NS-Propaganda ihre beachtlichen Erfolge erzielen konnte. Sie reichten allerdings nie für eine parlamentarische Mehrheit aus, wohl aber für die Entwicklung der NSDAP zur stärksten deutschen Partei (Juli-Wahlen 1932: 37, 8 Prozent der Stimmen).

Die Inbesitznahme der Propagandamittel

Mit der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler einer Koalitionsregierung in den Besitz der Regierungsmacht gelangt, gingen die NS-Politiker sogleich mit großer Zielstrebigkeit daran, sich die Verfügungsgewalt über sämtliche Institutionen zu verschaffen, die für Propagandazwecke von Bedeutung sein konnten. Das Ziel der NS-Propagandapolitik war von Beginn an die vollständige Monopolisierung politischer Informationen.

Einer der Wege zu diesem Ziel bestand in der rigorosen Einschränkung der Presse-, Meinungs-und Versammlungsfreiheit durch „Notverordnungen“, d. h. durch eine Ausnahmegesetzgebung. Parallel dazu lief die faktische Ausschaltung der innenpolitischen Gegner — erst der Kommunisten, dann der Sozialdemokraten und der Gewerkschaften, schließlich auch der bürgerlichen Parteien.

Die wichtigste institutioneile Neuerung war die Schaffung des „Reichsministeriums für Volksauf klärung und Propaganda“ Mit der Einrichtung dieser Institution, die ein Novum in der deutschen Geschichte darstellte, machte die von Hitler geführte Regierung deutlich, welchen herausgehobenen Stellenwert sie der Propaganda als eines politischen Führungsmittels zuerkannte. Zum Propagandaminister avancierte der bisherige „Reichspropagandaleiter“ der NSDAP, Joseph Goebbels einer der wenigen Intellektuellen im Führungskreis der Partei, ein Mann zudem mit rhetorischer und organisatorischer Begabung, in dem manche einet fast schon genialen Meinungsmacher sahen. Vom ersten bis zum letzten Jahr der NS-Herrschaft waren Hitler und Goebbels die tonangebenden Propa gandisten, an denen sich ein ganzes Heer nachge ordnetet Funktionäre orientierte. Hitler und Goebbels hatten längst erkannt, daß dem Rundfunk als dem damals modernsten Massenkommunikationsmittel eine Schlüsselrolle bei der ideologischen Uniformierung der deutschen Bevölkerung zufallen würde. Das von Goebbels geleitete Propagandaministerium sicherte sich daher umgehend die Verfügungsgewalt über dieses Medium, indem es sich die Sendeanstalten organisatorisch und wirtschaftlich zuordnete. Eine im Propagandaministerium geschaffene Rundfunkabteilung nahm die inhaltliche Programmgestaltung unter vollständige Kontrolle.

Gleichzeitig ging die NS-Rundfunkpolitik daran, die Massenproduktion billiger Rundfunkgeräte zu beschleunigen, um so die Voraussetzungen für den möglichst wirkungsvollen Einsatz dieses modernsten, aber 1933 in Deutschland noch wenig verbreiteten Mediums zu schaffen Bis 1939 wurden so viele Kleinradios — „Volksempfänger“ genannt — produziert, daß 70 Prozent der deutschen Haushalte über ein eigenes Radio verfügten, was eine entscheidende Voraussetzung für die Massenwirksamkeit der NS-Propaganda war.

Der Inbesitznahme des Mediums Rundfunk folgte die „Gleichschaltung“ der Presse Das war keine leichte Sache, denn es gab vor 1933 in Deutschland eine so vielfältige Presselandschaft wie in keiner anderen Industrienation. Die NS-Regierung ging hier mehrgleisig vor: Sie beschlagnahmte Zeitungen samt ihrer Druckereien und Verlagsbetriebe und übereignete sie der NSDAP. Sie brachte die Berufsorganisationen der Verleger und der Journalisten durch Personalveränderungen auf den eigenen Kurs, und sie stellte durch spezielle gesetzgeberische Maßnahmen (z. B. „Schriftleitergesetz“ vom 4. Oktober 1933) sicher, daß jeder Journalist mit Berufsverbot belangt werden konnte, der sich mit der staatlich verordneten Ideologie nicht in Einklang befand. .

Damit kein Sektor des kulturellen Lebens von der Kontrolle durch den NS-Staat ausgenommen blieb, wurde zusätzlich eine „Reichskulturkammer“ eingerichtet. Unter ihrem Dach arbeiteten die Reichsschrifttumskammer, Reichspressekammer, Reichsrundfunkkammer, Reichstheaterkammer, Reichsmusikkammer, Reichskammer der bildenden Künste und die Reichsfilmkammer. Diese breit gefächerte Aufgabenverteilung spiegelte die Absicht des Regimes wider, alle Bereiche des politischen und kulturellen Lebens lückenlos kontrollieren und steuern zu können.

Als maßgebliches Lenkungsgremium, in dem die inhaltlichen Leitlinien vorgegeben wurden, richtete Goebbels die täglichen Pressekonferenzen im Propagandaministerium ein Hier wurden detaillierte Anweisungen, Tagesparolen und Sprachregelungen für sämtliche Medien herausgegeben. Damit waren die organisatorischen, materiellen, personellen und technischen Voraussetzungen für eine umfassende Meinungsmanipulation gegeben. Trotz mancher Kompetenzstreitigkeiten, die für das NS-Herrschaftssystem durchaus charakteristisch waren, arbeitete der zentralisierte NS-Propaganda-apparat in der Folgezeit wirkungsvoll.

Diese Schilderung der Inbesitznahme der Medien durch die NS-Regierung könnte den Eindruck erwecken, daß die „Gleichschaltung“ auf diesem Felde der Politik ausschließlich eine Folge des zielstrebigen und harten Zugreifens der NSDAP war — ein Prozeß also, für den sich in der Literatur der Begriff der „Machtergreifung“ durchgesetzt hat. Das ist jedoch nur die halbe Wahrheit. Denn mit dem machtpolitischen Zugriff der Nazis korrespondierte die offene Kollaboration oder zumindest die widerwillig-gehorsame Mitarbeit der meisten etablierten Meinungsmacher. Nur wo diese „Selbstgleichschaltung“ nicht funktionierte, half staatlicher Zwang nach. Nirgendwo durfte auch nur ein Hauch von Pluralität bestehen bleiben. Hitler verlangte im ideologischen Bereich absolute Unterwerfung.

Das Täuschungsmanöver der „Friedensreden“ (1933— 1936)

In den ersten Jahren der nationalsozialistischen Herrschaft wurde der Propaganda die Erfüllung einer doppelten Aufgabe abverlangt: Erstens sollte sie den Aufbau des totalitären Herrschaftssystems innenpolitisch begleiten und absichem. Die zweite Aufgabe gehörte noch unmittelbarer in die Politik der Kriegsvorbereitung: Es galt, die materielle und personelle Aufrüstung, die sogleich nach Hitlers Ernennung zum Reichskanzler begonnen wurde — wobei man auf bereits vorliegende Planungen zurückgreifen konnte —, zu verschleiern, und zwar sowohl vor dem Ausland als auch vor der eigenen Bevölkerung, soweit sie nicht unmittelbar von den Maßnahmen betroffen war. Einschüchterung der innenpolitischen Gegner und Verschleierung der Kriegsvorbereitungen: Dies waren die beiden zentralen Rollen, welche die NS-Propaganda nach 1933 zu übernehmen hatte.

In den Äußerungen der führenden NS-Politiker wurde in den Jahren 1933 bis 1936, aber auch'noch bis ins Kriegsjahr 1939 hinein, nichts häufiger betont als die absolute Friedenswilligkeit der von Hitler geführten deutschen Regierung Bereits zwei Tage nach seiner Ernennung zum Reichskanzler verkündete Hitler in einer viel beachteten Rundfunkrede am 1. Februar 1933 seine „nationale Regierung“ sei erfüllt von der Größe der Pflicht, „für die Erhaltung und Festigung des Friedens einzutreten, dessen die Welt heute mehr bedarfals je zuvor“. Kurz darauf erklärte er gegenüber englischen und amerikanischen Pressevertretern er sei häufig zu Unrecht als ein Mann beschrieben worden, der blutrünstige Brandreden gegen fremde Staaten halte; jeder, der wie er selbst den Krieg kenne, wünsche für das deutsche Volk nichts als Frieden und Ruhe.

Des Reichskanzlers Regierungserklärung zur Außenpolitik vom 17. Mai 1933 wurde — in Fortsetzung der vollmundigen Friedensbeteuerungen der zurückliegenden Monate — von der deutschen Propaganda als große „Friedensrede“ angepriesen. In vielen Sprachen nachgedruckt und weltweit verbreitet, dürfte gerade diese Rede im In-und Ausland viele Menschen hinsichtlich des wahren Charakters der nationalsozialistischen Politik getäuscht haben. Hitler erklärte bei dieser Gelegenheit — fast schon in der Tonlage eines überzeugten Pazifisten —, ein neuer Krieg wäre ein „Wahnsinn ohne Ende“, er würde nur das europäische Gleichgewicht stören, und daher sei es „der tiefernste Wunsch der nationalen Regierung des deutschen Reiches, eine solche unfriedliche Entwicklung durch ihre aufrichtige und tätige Mitarbeit zu verhindern“. Worte und Taten: Goebbels mahnte im Rundfunk (17. Juli 1933) die Welt möge nun doch endlich einsehen, daß die deutsche Regierung und mit ihr das deutsche Volk nichts sehnlicher wünschten, als in Frieden und in innerer und äußerer Ruhe ihrer Arbeit nachzugehen und ihr tägliches Brot zu verdienen. Fast gleichzeitig ließ er in einer reichsweiten Aktion pazifistische Literatur öffentlich verbrennen.

Derselbe Propagandaminister Goebbels reiste dann im September 1933 nach Genf, wo in den Sitzungen des Völkerbundes seit geraumer Zeit über Abrüstungsprobleme diskutiert wurde. Vor Vertretern der internationalen Presse, die seiner Einladung gefolgt waren, gab er seinem Bedauern darüber Ausdruck, daß die nationalsozialistische Politik der vergangenen Monate im Ausland auf „Verständnislosigkeit, Mißtrauen oder gar Ablehnung“ gestoßen sei. Erneut behauptete er, das ganze Aufbauwerk der deutschen Regierung habe nichts mit Revanche und Krieg zu tun, sondern sei „von dem Geiste des Friedens getragen“

Beteuerungen dieser Art hinderten Hitler allerdings nicht daran, wenige Wochen später (am 14. Oktober 1933) bekanntzugeben, daß Deutschland die Abrüstungskonferenz verlassen und aus dem Völkerbund austreten werde. Zur Beschwichtigung des Auslandes wurden wiederum einige „Friedensreden“ gehalten. Intern gestand Hitler jedoch ein, daß nun die Gefahr eines Einmarsches französischer Truppen in das Rheinland bestand. Tatsächlich geschah jedoch nichts dergleichen.

Vielleicht lag das Ausbleiben deutlicherer ausländischer Reaktionen auch daran, daß die NS-Propa-ganda sich zu diesem Zeitpunkt insgesamt sehr zurückhaltend und defensiv gab. So wurde zum Beispiel das Thema „Antibolschewismus“ in der Form der Bollwerk-These vorgetragen. Man behauptete, das NS-Regime könne für sich in Anspruch nehmen, Deutschland und Europa und damit zugleich die „abendländische Kultur“ überhaupt vor dem Bolschewismus gerettet zu haben, indem es sich diesem als unüberwindliches Bollwerk in den Weg gestellt habe. Propagandistische Variationen dieser Art machten nicht nur beim deutschen Bürgertum Eindruck, sondern auch im westlichen Ausland — in Frankreich nicht weniger als in Großbritannien und in den USA, vom faschistischen Italien ganz zu schweigen.

Das nach den Friedensbeteuerungen zweithäufigste Propagandathema war die Forderung nach Gleichberechtigung für Deutschland Da Parolen wie „Revision von Versailles“ und „Gleichberechtigung für die Deutschen“ keine Erfindung der NS-Propaganda darstellten, sondern seit der Weimarer Zeit zum gängigen Sprachschatz der politischen Rechten gehörten, fiel es nicht schwer, der deutschen Bevölkerung und dem Ausland zu suggerieren, das NS-Regime wolle letztlich doch nichts anderes als die friedliche Außenpolitik der früheren Weimarer Regierungen fortzusetzen.

Man mußte schon genauer hinsehen, um zu erkennen, daß die Gleichberechtigungs-Forderung einen bestimmten politischen Kern hatte, nämlich in der Rüstungsfrage. Darüber wurde auch offen gesprochen. Hitler erklärte in seiner bereits erwähnten „Friedensrede“ vom 17. Mai 1933, Deutschland wolle eine „tatsächliche Gleichberechtigung im Sinne der Abrüstung der anderen Nationen“, um sogleich hinzuzufügen, wenn die anderen Staaten nicht abrüstungswillig seien, dann müsse Deutschland auf seiner Forderung nach Gleichberechtigung bestehen, was nichts anderes hieß als: auf seinem Recht zur Aufrüstung.

Die Abrüstungsforderung, von der NS-Propaganda nicht minder virtuos in Szene gesetzt, richtete sich ausschließlich an die Adresse der anderen europäischen Staaten. Deutschland, so wurde argumen-tiert, habe infolge der militärischen Bestimmungen des Versailler Friedensvertrages längst einseitig abgerüstet und warte nun seit Jahren vergebens auf die Einlösung des Abrüstungsversprechens der anderen. Diese Argumentation bot dann auch das geeignete Alibi für den Austritt aus dem Völkerbund und aus der Genfer Abrüstungskonferenz.

Hitler bestritt nicht, daß er eine Revision des Versailler Vertrages wollte. Dabei berief er sich auf das Nationalitätenprinzip: Es liege im Interesse aller, eine Neuordnung der Staaten nach den wirklichen Volksgrenzen in vernünftiger Weise zu bewerkstelligen. Natürlich wolle Deutschland die Revision nur auf friedlichem Wege, nämlich durch Verhandlungen.

Betrachtet man die Propagandathemen, welche vom NS-Regime in den Jahren 1933 bis 1936 in den Vordergrund gestellt wurden, noch einmal zusammenfassend, so fällt ein gemeinsamer Grundzug auf: Sie waren allesamt populär, und sie konnten, für sich allein genommen, also ohne Berücksichtigung der Taten Hitler-Deutschlands, durchaus als eine kontinuierliche Fortsetzung der Politik der Weimarer Regierungen mißverstanden werden.

Auch die ausschließlich auf die innenpolitische Szene gemünzte Propaganda war in diesen Jahren der geheimen Aufrüstung eher zurückhaltend und keineswegs leicht zu durchschauen. Man beschränkte sich auf die Verherrlichung von Tugenden, die der konservativ-nationalistischen Ideen-und Wertewelt seit jeher vertraut waren und die jetzt zur Staatsideologie erhoben wurden, ohne deswegen schon aggressiv zu wirken: Edelmut, Heroismus, Männlichkeit, Opferbereitschaft. Disziplin, Einordnungsvermögen, glühende Hingabe an den Staat und an die gemeinsame nationale Sache.

Es war unter propagandistischen Gesichtspunkten schon gekonnt, wie Hitler, Goebbels und ihre vielen Helfer die geheime materielle und personelle Mobilmachung in den ersten drei bis vier Jahren der NS-Herrschaft verschleierten. Ein grandioses Täuschungsmanöver, das seinen Zweck im großen und ganzen erfüllte; denn das NS-Regime konnte in jenen Jahren, vom Ausland ungestört, den raschen Ausbau seiner militärischen Macht bewerkstelligen. Rückblickend hat sich Goebbels später (1940) in triumphierender Weise mit den Erfolgen seiner Propagandastrategie gebrüstet: „Bis jetzt ist es uns gelungen, den Gegner über die eigentlichen Ziele Deutschlands im unklaren zu lassen, genauso wie unsere innenpolitischen Gegner bis 1932 gar nicht gemerkt hatten, wohin wir steuerten, daß der Schwur auf die Legalität nur ein Kunstgriffwar. Wir wollten legal an die Macht kommen, aber wir wollten sie doch nicht legal gebrauchen . . . Man hätte uns ja erdrücken können . . . Nein, man hat uns durch die Gefahrenzone hindurch gelassen. Genauso war das in der Außenpolitik . . . 1933 hätte ein französischer Ministerpräsident sagen müssen (und wäre ich französischer Ministerpräsident gewesen, ich hätte es gesagt): Der Mann ist Reichs-kanzler geworden, der das Buch , Mein Kampf 1 geschrieben hat, in dem das und das steht. Der Mann kann nicht in unserer Nachbarschaft geduldet werden. Entweder er verschwindet, oder wir marschieren. Das wäre durchaus logisch gewesen. Man hat darauf verzichtet. Man hat uns gelassen, man hat uns durch die Risikozone ungehindert durchgehen lassen, und wir konnten alle gefährlichen Klippen umschiffen, und als wir fertig waren, gut gerüstet, besser als sie, fingen sie den Krieg an.“

Mit Ausnahme der Behauptung, die anderen hätten den Krieg angefangen, entsprach dieser Rückblick des Propagandaministers durchaus den Tatsachen. Denn die ersten Jahre der forcierten Aufrüstung, von Goebbels als „Risikozone“ bezeichnet, riefen — nicht zuletzt dank der Verschleierungs-und Täuschungspropaganda — keine der Siegermächte des Ersten Weltkrieges auf den Plan.

Wehrmachtpropaganda

Die Rolle der Wehrmacht bei der psychologischen Mobilmachung der deutschen Bevölkerung für den geplanten Krieg war in den ersten Jahren der nationalsozialistischen Herrschaft ganz auf den Bereich der Innenpolitik beschränkt. Sämtliche Propagandathemen, die in irgendeiner Weise das Feld der Außenpolitik berührten, behielt sich Goebbels vor.

Was er von der Wehrmacht erwartete, offenbarte Hitler den Befehlshabern der Reichswehr bereits in der ersten Besprechung wenige Tage nach seiner Ernennung zum Reichskanzler. Offen sprach er seine weitreichenden Kriegspläne an, nämlich „Eroberung neuen Lebensraumes im Osten und dessen rücksichtslose Germanisierung", um dann die Aufgabe der Offiziere in der Phase der Kriegsvorbereitung zu erläutern: Ertüchtigung der Jugend und Stärkung des Wehrwillens mit allen Mitteln; Einstellung der Jugend und des gesamten Volkes auf den Gedanken, daß nur der Kampf Deutschland retten könne; keine Duldung pazifistischer Gesinnung; Aufbau der Wehrmacht und Wiedereinführung der Allgemeinen Wehrpflicht. Diese Vorstellungen kamen den Wünschen der Militärs in so hohem Maße entgegen, daß man von einer Identität der Interessen von NS-Regierung und Wehrmacht ausgehen kann.

Wie die führenden NS-Propagandisten waren auch die maßgeblichen Offiziere des Reichswehrministeriums — es wurde 1935 bezeichnenderweise in „Reichskriegsministerium“ umbenannt — der Ansicht, daß die Propaganda in einem künftigen Kriege eine wesentlich größere Rolle spielen werde als bislang, daß ferner schon in der Phase der Kriegsvorbereitung die psychologische Mobilmachung der Soldaten wie der ganzen Bevölkerung gleichrangig neben die personelle und materielle Mobilmachung treten müsse.

Ansätze zur Verwirklichung dieser Vorstellungen hatte es bereits in der Weimarer Republik gegeben. Aber erst jetzt hatten die Militärs freie Bahn, um ihren Beitrag zur „geistigen Kriegführung“ zu leisten. Da das von Goebbels dirigierte Propaganda-ministerium die „große“ Propaganda machte, konnte sich die Wehrmacht in der „Risikozone“ auf die Sympathiewerbung für das Militär konzentrieren. Daneben liefen — natürlich im geheimen -die organisatorischen Vorbereitungen für die künftige psychologische Kriegführung also besonders für die Frontpropaganda, die mit dem Beginn der Kampfhandlungen einsetzen sollte.

In diesem Zusammenhang muß erwähnt werden, daß die Sympathiewerbung für die Wehrmacht nicht nur von den verschiedenen militärischen Institutionen betrieben wurde, sondern auch von vielen anderen Organen der Partei und des Staates, zum Beispiel von der „Deutschen Arbeitsfront“ (DAF), von den Schulen und Universitäten, der Hitler-Jugend, der SA, dem „Arbeitsdienst“ und anderen. Die kontinuierliche Indoktrination der deutschen Bevölkerung mit soldatischen und heroischen Idealen war institutionell vielseitig abgesichert und konnte daher, sämtliche Entwicklungsstadien eines heranwachsenden Jugendlichen berücksichtigend, permanent betrieben werden.

Einschüchterungspropaganda

In den „Friedensjahren“ 1933 bis 1939, die in Wirklichkeit Jahre der intensiven Kriegsvorbereitung waren, läßt sich kein bestimmtes Datum ausmachen, von dem an die deutsche Propaganda sichtbar von ihrem Friedensthema auf eine dezidiert militaristische Gangart umgeschaltet hätte, die man bereits als unmittelbare Einstimmung auf den bevorstehenden Krieg ansehen könnte. Die Propaganda vollzog keinen plötzlichen Schwenk, sondern sie änderte ihre Stoßrichtung in einem mehrjährigen, abgestuften Prozeß. Etwa seit dem Frühjahr 1936 -bereits ein Jahr zuvor war die Allgemeine Wehrpflicht wieder eingeführt worden — wurden die heuchlerischen Beschwörungen der Friedensliebe mit deutlichen Hinweisen auf die zwischenzeitlich wiedergewonnene eigene militärische Machtstellung verbunden. Verbales „Säbelrasseln“ war fortan ein fester Bestandteil der Verlautbarungen des NS-Regimes.

In diesen Jahren (1936— 1939) weitete das NS-Regime Zug um Zug seinen machtpolitischen Handlungsspielraum aus. Dabei folgten die einzelnen Aktionen einem ziemlich einheitlichen Handlungsmuster: Das von Hitler gesteckte politische Teilziel wurde zunächst propagandistisch aufbereitet; mit dem Einsatz militärischer Gewalt wurden sodann, unter Ausnutzung des Überraschungsmoments, in raschem Zugriff vollendete Tatsachen geschaffen; hernach fiel der Propaganda die Aufgabe zu, der Weltöffentlichkeit zu versichern, daß das Deutsche Reich nun keine weiteren territorialen Ansprüche mehr habe und die Erhaltung des Friedens nach wie vor das höchste Ziel der deutschen Regierung sei. Gleichzeitig wurde jedoch mit einem drohenden Unterton auf die inzwischen zurückgewonnenen militärischen Fähigkeiten hingewiesen. Auf die Phase der Einschläferung folgte so die Phase der Einschüchterung.

Nach diesem Handlungsmuster vollzog sich die »Remilitarisierung des Rheinlandes“: Am 7. März 1936 marschierten deutsche Truppen überraschend in das laut Versailler Vertrag entmilitarisierte Rheinland ein. Um erwartete Proteste oder gar Gegenaktionen des Auslandes zu entschärfen und um von seinen weitergehenden Absichten abzulenken, zauberte Hitler unmittelbar nach dem Einmarsch ein Sieben-Punkte-Programm zur Errichtung eines Systems der „europäischen Friedenssicherung“ aus dem Hut Es enthielt ein Angebot zum Abschluß von Nichtangriffspakten und bewegte sich im übrigen im Rahmen der seit mehreren Jahren erprobten „Friedensreden“. Drei Wochen später ließ Hitler die deutsche Bevölkerung auf dem Wege einer Rundfunkansprache wissen: „Ich glaube nicht, daß in der Welt ein Mann mehr von Frieden und für den Frieden geredet und gerungen hat als ich.“ Gleichzeitig verkündete die Propaganda, mit der Remilitarisierung des Rheinlandes sei der Kampf um die Gleichberechtigung Deutschlands abgeschlossen. Hitler wurde der Bevölkerung damit als erfolgreicher Vollstrecker der in der Weimarer Zeit erfolglos gebliebenen Bestrebungen zur Revision des Versailler Vertrages präsentiert.

Während des NSDAP-Parteitages von 1937 drohte Hitler offener als je zuvor mit dem Einsatz der Wehrmacht, wobei er ganz allgemein auf eine angebliche „bolschewistische Weltgefahr“ hinwies. Heute sei jedenfalls die Zeit vorbei, in der man einem wehrlosen Volk alles habe zumuten können. Die deutschen Soldaten seien heute sogar noch besser als früher

Am 20. Februar 1938 legte Hitler vor dem — ausschließlich aus Nationalsozialisten zusammengesetzten — Reichstag einen Rechenschaftsbericht über die zurückliegenden fünf Jahre ab Es war für ihn eine gute Gelegenheit, gegenüber dem Ausland wie der eigenen Bevölkerung die inzwischen erreichte Machtfülle zu demonstrieren: „Das deutsche Friedensheer ist aufgestellt! Eine gewaltige Luftwaffe schützt unsere Heimat! Eine neue Macht zur See unsere Küsten! Inmitten der gigantischen Steigerung unserer allgemeinen Produktion wurde es möglich, eine Aufrüstung ohnegleichen durchzuführen!“ Weiterhin redete Hitler von „Verteidigen bis zum letzten Atemzug“, von „blinder Treue und blindem Gehorsam“, von „blitzschnellem Handeln“, falls das Ausland zu intervenieren beabsichtige, sowie von „Stahl und Eisen“, das die deutsche Heimat schützen würden.

Das Jahr 1938 brachte eine weitere Steigerung der verbalen Aggressivität in der nationalsozialistischen Propaganda. Die Friedensphrasen traten zunehmend hinter unmißverständlichen Drohungen zurück, Deutschland sei künftig zum Äußersten entschlossen und zu keinem Kompromiß mehr bereit.

Am 12. März 1938 marschierten deutsche Truppen in Österreich ein Die Propaganda pries diese neuerliche Aggressionshandlung als „Freundschaftsbesuch“ und als „Friedenswerk“. Hitler, so hieß es, habe Österreich davor bewahrt, wie Spanien im Bürgerkrieg zu versinken. Durch den „Anschluß“ des deutschsprachigen Nachbarlandes sei Deutschland nun wieder eine „Weltmacht“ geworden, die von keiner anderen Macht mehr bezwungen werden könne.

Das nächste Ziel Hitlers war die Tschechoslowakei, Goebbels inszenierte einen regelrechten Propagandafeldzug um eine militärische Lösung der soge-nannten Sudetenkrise — die angeblich durch tschechische Gewalttätigkeiten gegen den sudetendeutschen Bevölkerungsteil hervorgerufen war — vorzubereiten. Durch diese Kampagne entstand in der deutschen Bevölkerung, wie wir aus den Berichten der Meinungsforschungsinstanzen des „Dritten Reiches“ wissen erstmals eine aktuelle und konkrete Kriegsfurcht Sie wich einer allgemeinen Erleichterung, als Ende September 1938 überraschend das Treffen Hitlers mit dem britischen Premierminister Chamberlain, dem französischen Ministerpräsidenten Daladier und dem italienischen Diktator Mussolini zustande kam, das mit dem Münchener Abkommen endete. Es forderte die — an der Münchener Konferenz nicht beteiligte -Tschechoslowakei auf, die Sudetengebiete bis zum 10. Oktober 1938 zu räumen, woraufhin der Einmarsch deutscher Truppen in dieses Gebiet erfolgte. Im In-und Ausland herrschte allgemeine Erleichterung darüber, daß es noch einmal gelungen war, den Krieg zu vermeiden. Die deutsche Propaganda pries Hitler in den höchsten Tönen, weil diese Entwicklung angeblich sein Verdienst gewesen sei. Dieser zeigte sich von dem unblutig errungenen Sieg allerdings eher enttäuscht und visierte für das kommende Frühjahr seine nächsten Teilziele an. nämlich die Eroberung der „Resttschechei" und des an der Ostgrenze gelegenen Memelgebietes.

Die „pazifistische Platte“ wird abgesetzt

Der Umstand, daß es während der Sudetenkrise zu einem raschen Ansteigen der Kriegsfurcht in der deutschen Bevölkerung gekommen war, zeigte der NS-Führung. daß die psychologische Mobilmachung noch nicht jenes Stadium erreicht hatte, das die Propagandisten für nötig hielten. Daher kam Hitler nun zu der Überzeugung, der Zeitpunkt sei gekommen, die bereits seit längerem eingeleitete Umstellung von den sanften Friedensbeteuerungen auf Drohgebärden zu forcieren. Dabei ging es ihm in erster Linie darum, auf die deutsche Bevölkerung einzuwirken, sie psychologisch auf kriegerische Lösungen vorzubereiten, und erst in zweiter Linie um die Einschüchterung des Auslandes. Diesen neuen Propagandakurs verkündete Hitler persönlich in einer Geheimrede, die er am 10. November 1938 vor etwa 400 deutschen Journalisten und Verlegern, darunter sämtlichen Spitzenfunktionären des NS-Propagandaapparates, hielt. Bei dieser Gelegenheit sprach er in aller Offenheit aus, daß die Friedensphrasen der zurückliegenden Jahre ein großes Täuschungsmanöver darstellten, um die eigene Aufrüstung propagandistisch abzuschirmen und das In-und Ausland irrezuführen. Für das Verständnis der psychologischen Mobilmachung der deutschen Bevölkerung auf den nunmehr absehbaren Kriegsbeginn stellt diese Rede ein Schlüsseldokument dar. Daher werden hier wichtige Passagen im Wortlaut wiedergegeben: „Die Umstände haben mich gezwungen, jahrzehntelang fast nur vom Frieden zu . reden. Nur unter der fortgesetzten Betonung des deutschen Friedenswillens und der Friedensabsichten war es mir möglich, dem deutschen Volk Stück für Stück die Freiheit zu erringen und ihm die Rüstung zu geben, die immer wieder für den nächsten Schritt als Voraussetzung notwendig war. Es ist selbstverständlich, daß eine solche jahrzehntelang betriebene Friedenspropaganda auch ihre bedenklichen Seiten hat; denn es kann nur zu leicht dahin führen, daß sich in den Gehirnen vieler Menschen die Auffassung festsetzt, daß das heutige Regime an sich identisch sei mit dem Entschluß und dem Willen, den Frieden unter allen Umständen zu bewahren. Das würde aber nicht nur zu einerfalschen Beurteilung der Zielsetzung dieses Systems führen, sondern es würde vor allem auch dahin führen, daß die deutsche Nation, statt den Ereignissen gegenüber gewappnet zu sein, mit einem Geist erfüllt wird, der aufdie Dauer als Defaitismus gerade die Erfolge des heutigen Regimes nehmen würde und nehmen müßte. Der Zwang war die Ursache, warum ichjahrelang nur vom Frieden redete. Es war nunmehr notwendig, das deutsche Volk psychologisch umzustellen und ihm langsam klarzumachen, daß es Dinge gibt, die, wenn sie nichtmitfriedlichen Mitteln durchgesetzt werden können, mit den Mitteln der Gewalt durchgesetzt werden müssen. Dazu war es aber notwendig, nicht etwa nur die Gewalt als solche zu propagieren, sondern es war notwendig, dem deutschen Volk bestimmte außen-politische Vorgänge so zu beleuchten, daß die innere Stimme des Volkes selbst langsam nach der Gewalt zu schreien begann. Das heißt also, bestimmte Vorgänge so zu beleuchten, daß im Gehirn der breiten Masse des Volkes ganz automatisch allmählich die Überzeugung ausgelöst wurde: wenn man das eben nicht im guten abstellen kann, dann muß man es mit Gewalt abstellen; so aber kann es auf keinen Fall weitergehen.“ Diese Umstellung der Propaganda, fuhr Hitler fort, sei seit Monaten planmäßig begonnen, planmäßig fortgeführt und verstärkt worden. Die „pazifistische Platte“ habe sich jetzt „bei uns abgespielt“, weil man ihr ohnehin nicht mehr glaube

Gemäß den Weisungen des Diktators stand das Jahr bis zum Beginn des Krieges im September 1939 im Zeichen einer planmäßigen psychologischen Mobilmachung für den Krieg. Durch eine Intensivierung der Wehrmachtpropaganda sollte das Selbstvertrauen des deutschen Volkes zu seiner eigenen Kraft, d. h. zu seinen militärischen Machtmitteln gestärkt werden. Die Wehrmacht wurde nun durch alle zur Verfügung stehenden Publikationsmittel in den Mittelpunkt des öffentlichen Interesses gerückt.

Ganz allmählich und eher indirekt machte die Propaganda die Bevölkerung auch mit einem Kriegsziel vertraut. Es gehe, wie nun mehrfach zu vernehmen war, um die Sicherstellung der Ernährung des deutschen Volkes, was nur durch die Erweiterung seines „Lebensraums“ möglich sein werde. Diese öffentliche Propagierung des Lebensraumprogramms begann mit Hitlers Reichstagsrede vom 30. Januar 1939 In allgemeiner Weise wurde von besitzenden und besitzlosen Völkern geredet und die Schlußfolgerung gezogen, daß Deutschland nicht auf die Dauer zu den besitzlosen gehören könne. Da war es dann nicht mehr weit bis zu der Argumentation, nur bei einem Macht-und Besitzausgleich sei „wirklicher Frieden“ möglich. Die Lebensraumpropaganda spielte bei der militärischen Besetzung des restlichen Teils der Tschechoslowakei im März 1939 erstmals eine größere Rolle. *

Einkreisungspropaganda und prophylaktische Kriegsschuldabwälzung

Im Frühjahr und Sommer 1939 wurde die Propaganda direkt auf die unmittelbare Kriegsvorbereitung zugeschnitten. Zwei Themen traten jetzt in den Vordergrund: Erstens die Behauptung, Deutschland werde von feindlichen Mächten eingekreist — eine ähnliche Propaganda hatte schon vor 1914 zur Mobilisierung für den Krieg beigetragen — zweitens die vorsorgliche Schuldzuweisung an die anderen Staaten, falls diese nicht zur Erfüllung der deutschen Lebensraumforderungen bereit sein sollten.

Um bei der deutschen Bevölkerung Bedrohtheitsgefühle zu stimulieren, behauptete die NS-Propaganda nun, in England säßen böse Kriegshetzer, die einen Eisenring um das friedliebende Deutschland zu legen versuchten England, Frankreich und die USA verträten die Interessen des „Weltjudentums“, der „Weltdemokratie“ und damit auch des „Weltbolschewismus“. Das Ziel dieser Feindbild-fixierung war klar: Die Deutschen sollten glauben, sie befänden sich in der gleichen Situation wie 1914, umgeben von neidischen Nachbarn und kriegshetzerischen Konkurrenten, die das friedliebende Deutsche Reich überfallen wollten.

Der Kampf gegen jenen Paragraphen des Versailler Vertrages, welcher das wilhelminische Deutschland mit der Kriegsschuld belastete, hatte seit dem Jahre 1919 unter dem Stichwort „Kriegsschuldlüge“ zur propagandistischen Standardausrüstung der deutschen Nationalisten gehört. Die NS-Propaganda nahm dieses Stichwort nun in veränderter Form wieder auf, um bereits im Vorfeld einer kriegerischen Auseinandersetzung die voraussichtlichen Gegner — nämlich zunächst Großbritannien. Frankreich und dann auch die USA — mit dem Odium der Kriegsschuld zu belasten. Da Krieg, wie die nationalsozialistischen Führer wußten, trotz aller psychologischen Mobilisierungsbemühungen nach wie vor unpopulär war, sollte bereits prophylaktisch klargestellt werden, daß Deutschland einem Abwehrkampf, also einem Verteidigungskrieg entgegengehe Konnten die eigenen Aggressionspläne auf diese Weise glaubhaft verschleiert werden?

Seit Mai 1939 wartete Hitler auf eine passende Gelegenheit, Polen anzugreifen. Da sie sich nicht von alleine einstellte, ließ Hitler Ende August einen fingierten polnischen Angriff auf den deutschen Sender Gleiwitz inszenieren, um die eigenen Maßnahmen als Verteidigungshandlungen hinstellen zu können. Vorab bereitete seit August 1939 eine antipolnische Verteufelungskampagne — mit frei erfundenen Schilderungen polnischer Terrorakte gegen in Polen lebende Deutsche — den Boden. Sie verfolgte das Ziel, ein gewaltsames Vorgehen als notwendig, ja als unabwendbar erscheinen zu lassen. Den Überfall der deutschen Wehrmacht auf Polen, der am 1. September 1939 begann, verkaufte die deutsche Propaganda als „Gegenschlag“. Es werde „zurückgeschossen“, behauptete Hitler. Als der deutschen Aktion die Kriegserklärungen Großbritanniens und Frankreichs folgten, war es selbstverständlich, daß die NS-Propaganda in Fortsetzung ihrer seit längerem eingeübten Linie die Version verbreitete, Deutschland befände sich in einem aufgezwungenen und daher gerechten Krieg. Damit hatte die seit 1933 zielstrebig verfolgte Täuschungspropaganda ihren vorläufigen Höhepunkt erreicht.

Kriegsfurcht in der deutschen Bevölkerung

Anders als am Beginn des Ersten Weltkrieges im August 1914 war im September 1939 in der deutschen Bevölkerung von Kriegsbegeisterung wenig zu spüren. Die Stimmung war eine völlig andere -gekennzeichnet durch Betroffenheit, Angst, Apathie, Passivität, Beklemmung, Unruhe. Die Deutschen — zumindest der größere Teil der deutschen Bevölkerung — wollten keinen Krieg. Die in denJahren 1933 bis 1939 verfaßten Stimmungs-und Lageberichte, die uns ein ziemlich genaues Bild von der Einstellung der deutschen Bevölkerung vermitteln, lassen keinen anderen Schluß zu als den, daß „die Deutschen nicht aggressionslüstem oder kriegsbegeistert, sondern eher resigniert, voller Kriegsfurcht und Friedenssehnsucht waren“ Bedeutete dies, daß die psychologische Mobilmachung, die das NS-Regime mit so großem Aufwand betrieben hatte, mißlungen war?

Die Beantwortung dieser Frage hängt von dem Maßstab ab, den man anlegt. Wenn es das Propagandaziel der NS-Regierung war, eine an den Erfahrungen des August 1914 orientierte Kriegsbegeisterung zu entfachen, so läßt sich eindeutig sagen, daß dieses Ziel verfehlt wurde. Die deutsche Bevölkerung hatte die bis 1938 weitgehend gewaltlos errungenen außenpolitischen Erfolge Hitlers begrüßt. Aber die Furcht vor einem neuen Krieg war dadurch nicht geschwunden. Auch lebten die friedensbewahrenden Traditionen, denen sich die 1933 verbotene sozialistische Arbeiterbewegung und der bürgerliche Pazifismus verbunden fühlten, fort, auch wenn sie 1939 längst nicht mehr artikuliert werden konnten. Das großangelegte Täuschungsmanöver der mehrjährigen regierungsamtlichen Friedensbeteuerungen hatte bei vielen Deutschen -zumindest zeitweilig — die illusionäre Hoffnung wachsen lassen, die Naziführer könnten es mit ihren Friedensabsichten doch ernst meinen. Tatsächlich hatte die Friedensdemagogie Neben-und Folgewir-kungen, die sich selbst in der letzten Phase der psyChologischen Mobilmachung (zwischen November 1938 und September 1939) nicht mehr vollständig neutralisieren ließen.

Eine freudige Kriegsbejahung hat es am Beginn des weiten Weltkrieges nur bei einem kleinen Teil der evÖlkerung gegeben. Bei der Mehrheit dominierten Widerwillen und Furcht. Aber diese Mehrheit, 16 auch nach dem Beginn des Krieges immer wie-der Friedenshoffnungen anhing, sah keine Möglichkeit, diesen Hoffnungen und Wünschen Ausdruck zu geben oder sie gar politisch wirksam werden zu lassen. Der NS-Propaganda war es zwar nicht gelungen, diese Mehrheit der Deutschen auf ihren Kriegskurs mitzureißen, aber sie hatte etwas anderes zu bewerkstelligen vermocht, nämlich eine weitgehende Desorientierung der Bevölkerung über die wirklichen Absichten der deutschen Regierung wie auch die der anderen Mächte. Der Strudel von propagandistischen Schlagworten — „Plutokraten“, „Weltjudentum“, „Lebensraum“, „Einkreiser“, „Weltbolschewismus“ — hinterließ allenthalben Verwirrung.

Gab es wirklich Feinde, die Deutschland angreifen wollten? Waren es die angelsächsischen Plutokraten? Oder die Polen, angestiftet von Franzosen und Engländern? Oder das angeblich allgegenwärtige Weltjudentum? Oder der Weltbolschewismus, mit dem man allerdings soeben einen Nichtangriffsvertrag (Hitler-Stalin-Pakt vom August 1939) geschlossen hatte? War Deutschland schon wieder eingekreist?

Die desinformierte und desorientierte deutsche Bevölkerung wußte auf diese Fragen keine klaren Antworten zu geben. Aber es war der auf Verwirrung angelegten NS-Propaganda immerhin doch gelungen, ein unbestimmtes Gefühl des Bedrohtseins zu wecken. Hinzu kam die in Deutschland weit verbreitete fatalistische Einstellung, der zufolge Krieg ein schicksalhafter Vorgang sei, den man von Zeit zu Zeit zu erleiden hatte. Schließlich wirkte sich nun die jahrelange Einschüchterung, Disziplinierung und Verfolgung der innenpolitischen Gegner aus. Dies alles zusammengenommen führte 1939 dann zu jenem Minimum an Kriegsbereitschaft, das Hitler und seine Leute benötigten, um den lange geplanten Kriegskurs in die Tat umzusetzen. Es manifestierte sich bei der deutschen Bevölkerung als widerwillig-loyales Verhalten.

Beim Beginn des Zweiten Weltkrieges schrien die Deutschen nicht „Hurra!“ wie 1914, aber sie folgten. Die meisten von ihnen wollten keinen Krieg, schon gar keinen Weltkrieg, aber sie verhielten sich letztlich doch so, wie die nationalsozialistische Regierung es wünschte: keine Revolution, keine massenhafte Weigerung, nicht einmal verbaler Widerspruch. Fatalismus und Angst vor dem allmächtig erscheinenden Unterdrückungsapparat wiesen auf den Weg des widerwilligen Gehorsams.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Eine umfassende Analyse der deutschen Kriegsvorbereitungen bietet das Werk: Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg, Band 1: Ursachen und Voraussetzungen der deutschen Kriegspolitik, bearb. von Wilhelm Deist, Manfred Messerschmidt, Hans-Erich Volkmann, Wolfram Wette. Stuttgart 1979. Vgl. jetzt auch die englische Übersetzung des gesamten Bandes: dies., The Build-Up of German Aggression (= Germany and the Second World War, Vol. 1), Oxford 1989, sowie die Taschenbuchausgabe: Ursachen und Voraussetzungen des Zweiten Weltkrieges, Frankfurt 1989.

  2. Vgl. Eberhard Jäckel, Hitlers Weltanschauung. Entwurf einer Herrschaft, Tübingen 1969. Zum Stand der Hitler-Forschung vgl. Gerhard Schreiber, Hitler. Interpretationen 1923— 1983. Ergebnisse, Methoden und Probleme der Forschung, Darmstadt 19882.

  3. „Griff nach der Weltmacht“ lautet der Titel der berühmt gewordenen Analyse der Kriegszielpolitik des kaiserlichen Deutschland 1914/18 des Hamburger Historikers Fritz Fischer, Düsseldorf 1961.

  4. Vgl. hierzu den aus einer Rundfunk-Sendereihe hervorgegangenen Sammelband von Oswald Hirschfeld (Hrsg.), Auf dem Weg ins Dritte Reich. Kräfte — Tendenzen — Strömungen, Bonn 1981 (= Schriftenreihe der Bundeszentrale für politische Bildung, Band 175).

  5. Vgl. Fritz Fischer, Bündnis der Eliten. Zur Kontinuität der Machtstrukturen in Deutschland 1871— 1945. Düsseldorf 1979.

  6. Siehe dazu die Schrift eines der politisch einflußreichsten deutschen Generäle aus der Zeit des Ersten Weltkrieges: Erich Ludendorff, Der totale Krieg, München 1935.

  7. Einschlägig die Spezialstudie von Jutta Sywottek, Mobilmachung für den totalen Krieg. Die propagandistische Vorbereitung der deutschen Bevölkerung auf den Zweiten Weltkrieg, Opladen 1976.

  8. Zur Sozialpolitik vgl. das voluminöse Werk von Timothy W. Mason, Arbeiterklasse und Volksgemeinschaft. Dokumente und Materialien zur deutschen Arbeiterpolitik 1936— 1939, Opladen 1975.

  9. Vgl. Wolfram Wette, Ideologien, Propaganda und Innenpolitik als Voraussetzungen der Kriegspolitik des Dritten Reiches, in: Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg. Bd. 1 (Anm. 1), S. 23- 173. Auf die in diesem Werk vorgetragenen Forschungsergebnisse stützen sich die folgenden Ausführungen.

  10. Vgl. Andreas Hillgruber, Militarismus am Ende der Weimarer Republik und im „Dritten Reich“, in: ders., Großmachtpolitik und Militarismus im 20. Jahrhundert. 3 Beiträge zum Kontinuitätsproblem. Düsseldorf 1974, S. 37— 51; Michael Geyer, Aufrüstung oder Sicherheit. Die Reichswehr in der Krise der Machtpolitik 1924— 1936, Wiesbaden 1980.

  11. Zu dieser These vgl. Wolfram Wette, Von Kellogg bis Hitler (1928— 1933). Die öffentliche Meinung zwischen Kriegsächtung und Kriegsverherrlichung, in: Karl Holl/Wolfram Wette (Hrsg.), Pazifismus in der Weimarer Republik. Beiträge zur historischen Friedensforschung, Paderborn 1981, 5. 149-172.

  12. Vgl. hierzu und zu den folgenden Zahlen meinen in Anm. H erwähnten Aufsatz.

  13. Erich Maria Remarque, Im Westen nichts Neues, Berlin 1929.

  14. Vgl. Siegfried Kracauer, Von Caligari bis Hitler. Ein Beitrag zur Geschichte des deutschen Films, Hamburg 1958, S. 131 ff.

  15. Vgl. Karl Prümm, Die Literatur des Soldatischen Nationalismus der 20er Jahre (1918— 1933). Gruppenideologie und Epochenproblematik, 2 Bde, Kronberg 1974.

  16. Zeit vgl. Heinrich August Winkler, Mittelstand. Demokratie und Nationalsozialismus. Die politische Entwicklung von Handwerk und Kleinhandel in der Weimarer Republik. Köln 1972.

  17. Adolf Hitler. Mein Kampf, München 1930. Zur Entwicklung der Auflagen und zur Perzeption dieses „ungelesenen Bestsellers“ vgl. Karl Lange. Hitlers unbeachtete Maximen. „Mein Kampf“ und die Öffentlichkeit, Stuttgart 1968.

  18. Näheresdazu wird in meinem in Anm. 11 genannten Be: trag „Von Kellogg bis Hitler“ ausgeführt.

  19. In diesem Zusammenhang vgl. Kurt Sontheimer, Antide-

  20. Vgl. besonders Adolf Hitler, Mein Kampf, München tereEa P: »Kriegspropaganda", S. 193 ff. und 197 f.; weiEne

  21. Die NS-Propagandasprache wurde mehrfach untersucht. Vgl. u. a. Detlev Grieswelle, Propaganda der Friedlosigkeit. Eine Studie zu Hitlers Rhetorik 1920— 1933, Stuttgart 1972; Lutz Winckler, Studie zur gesellschaftlichen Funktion faschistischer Sprache, Frankfurt 19712; Kenneth Burke, Die Rhetorik in Hitlers „Mein Kampf'und andere Essays zur Strategie der Überredung, Frankfurt 1967.

  22. Zur Rolle der Gewalt von NS-Kampforganisationen vor 1933 vgl. Wolfgang Sauer. Die Mobilmachung der Gewalt, in: Karl Dietrich Bracher/Wolfgang Sauer/Gerhard Schulz, Die nationalsozialistische Machtergreifung. Studien zur Errichtung des totalitären Herrschaftssystems in Deutschland 1933/34, Köln-Opladen 1960, S. 685-972.

  23. Vgl. Reichsgesetzblatt 1933 I, S. 104. Einzelheiten über die Aufgaben in: Willi A. Boelcke (Hrsg.), Kriegsprope ganda 1939— 1941. Geheime Ministerkonferenzen i® Reichspropagandaministerium, Stuttgart 1966, S. 123f J. Sywottek (Anm. 7), S. 23 ff.

  24. Über Goebbels informieren bereits mehrere Biogn phien. Hier seien genannt: Ernest K. Bramsted. Goebbe und die nationalsozialistische Propaganda 1925-194 Frankfurt 1971; Helmut Heiber, Joseph Goebbels, Berlin 1962; Viktor Reimann, Dr. Joseph Goebbels, Wien-Mi®'chen-Zürich 1971.

  25. Vgl. dazu die Schriften des NSDAP-Rundfunkexperten Eugen Hadamowski, Dein Rundfunk. Das Rundfunkbuch ür alle Volksgenossen. München 1934; ders., Propaganda und nationale Macht. Die Organisation der öffentlichen Meinung für die nationale Politik. Oldenburg 1933; ders., Der xundfunk im Dienste der Volksführung, Leipzig 1934.

  26. Vgl. Klaus Scheel, Krieg über Ätherwellen. NS-Rundnink und Monopole 1933-1945, Berlin (DDR) 1970, 26. 69: E-K. Bramsted (Anm. 24), S. 126.

  27. Zur NS-Pressepohtik vgl. Karl-Dietrich Abel. Presselenung im NS-Staat. Eine Studie zur Geschichte der Publizistik H der nationalsozialistischen Zeit, Berlin 1968; Oron James 126, Presse in der Zwangsjacke 1933— 1945, Düsseldorf 1705.

  28. Siehe Fritz Sänger, Politik der Täuschungen. Mißbrauch der Presse im Dritten Reich. Weisungen, Informationen, Notizen 1933-1939, Wien 1975; W. A. Boelcke (Anm. 23).

  29. Der Ausdruck „Selbstgleichschaltung“, der den Vorgang adäquat auf den Punkt bringt, stammt von Karl Dietrich Bracher, Die deutsche Diktatur. Entstehung, Struktur, Folgen des Nationalsozialismus, Köln-Berlin 1969. S. 270 f.

  30. Vgl. hierzu im einzelnen meinen Beitrag „Ideologien, Propaganda und Innenpolitik“ (Anm. 9), S. 113— 121.

  31. Text dieser Rede in: Max Domarus, Hitler. Reden und Proklamationen 1932— 1945. Bd. I: Triumph (1932— 1938), Würzburg 1962, S. 191-194, hier: S. 193.

  32. Ebda., S. 200.

  33. Ebda., S. 273.

  34. Rundfunkrede von Goebbels am 17. Juni 1933, abgedruckt in: Joseph Goebbels, Signale der neuen Zeit, München 1938, S. 185. Zur Rolle des „Reichsministers für Volks-aufklärung und Propaganda“ in der Phase 1933— 1939 vgl jetzt auch: Die Tagebücher von Joseph Goebbels. Sämtlichf Fragmente, hrsg. v. Elke Fröhlich, Bde. 2 und 3, München New York-London-Paris 1987.

  35. J. Goebbels (Anm. 34), S. 234 ff.

  36. Texte der Reden Hitlers in: M. Domarus (Anm. 31) S. 306f., S. 314.

  37. Zur antibolschewistischen Propaganda vgl. J. Sywottek SAnm.

  38. Zur Analyse dieser und der folgenden Propagandathe'nen vgl. W. Wette (Anm. 9), s 114-121.

  39. Siehe im einzelnen Wilhelm Deist, Die Aufrüstung der Wehrmacht, in: Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg, Bd. I (Anm. 1), S. 369— 532.

  40. Geheime Erklärung von Goebbels am 5. April 1940 vor geladenen Vertretern der deutschen Presse. Auszugsweise abgedruckt in: Hans-AdolfJacobsen, Der Zweite Weltkrieg. Grundzüge der Politik und Strategie in Dokumenten, Frankfurt 1965, S. 180f.

  41. Rede Hitlers vor den Wehrmacht-Befehlshabern am 3. Februar 1933. Text in: Hans-Adolf Jacobsen, 1939— 1945. Der Zweite Weltkrieg in Chronik und Dokumenten, Darmstadt 196P, S. 95 f.

  42. Vgl. Hasso von Wedel, Die Propagandatruppen der Deutschen Wehrmacht, Neckargemünd 1962.

  43. Vgl. Regierungserklärung Hitlers vom 7. März 1936, in: M. Domarus (Anm. 31), S. 583 ff.

  44. Rundfunkrede Hitlers vom 28. März 1936, in: M. Domarus (Anm. 31), S. 614ff.; Einzelheiten bei W. Wette (Anm. 9), S. 129; dort auch Ausführungen über die deutsche Propaganda während der Olympischen Spiele 1936 in Berlin, auf die an dieser Stelle nicht eingegangen werden kann.

  45. Hitlers Rede auf dem Parteitag von 1937, in: M. Domarus (Anm. 31), S. 726ff.

  46. Reichstagsrede Hitlers vom 20. Februar 1938, in: M. Domarus (Anm. 31), S. 796 ff.

  47. Vgl. Gerhard Botz, Die Eingliederung Österreichs in das Deutsche Reich. Planung und Verwirklichung des politisch-administrativen Anschlusses (1938-1940), Wien-Zürich-München 1972.

  48. Vgl. im einzelnen E. K. Bramsted (Anm. 24), S. 241 ff.; J. Sywottek (Anm. 7). S. 121 ff.

  49. Diese aufschlußreichen Stimmungsberichte liegen jeW gedruckt vor: Meldungen aus dem Reich. Die geheime® Lageberichte des Sicherheitsdienstes der SS, hrsg. und eit gel. von Heinz Boberach, 17 Bände. Herrsching 1984.

  50. Vgl. Marlis G. Steinert, Hitlers Krieg und die Deu sehen. Stimmung und Haltung der deutschen Bevölkerung im Zweiten Weltkrieg, Düsseldorf-Wien 1970, S. 77ff.

  51. Hitlers Rede vom 10. November 1938, in: M. Domarus (Anm. 31), S. 973-977, hier: S. 974.

  52. In: Max Domarus. Hitler. Reden und Proklamationen. Bd. II: Untergang (1939— 1945), Würzburg 1963, S. 10471067; zum Lebensraum-Programm S. 1053 f.

  53. Zur Parallele der Einkreisungspropaganda in der Vorgeschichte der beiden Weltkriege vgl. die Untersuchung von Lindley Fraser. Kriegsschuld und Propaganda. Deutschland zwischen zwei Weltkriegen, Zürich 1947.

  54. Goebbels veröffentlichte in der NSDAP-Zeitung „Völkischer Beobachter“ im Mai/Jutii 1939 mehrere Aufsätze über die angebliche „Einkreisung“. Einzelheiten bei W. Wette (Anm. 9), S. 135.

  55. Die Propaganda der prophylaktischen Kriegsschuldabwälzung wird ausführlich analysiert bei J. Sywottek (Anm. 7), S. 186 ff.

  56. M. G. Steinert (Anm. SO) -S. 26. Weitere Belege für " esen Befund bei W. Wette (Anm. 9), S. 25 ff. und 137 ff.

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Wolfram Wette, Dr. phil., geb. 1940; Historiker am Militärgeschichtlichen Forschungsamt, Freiburg; Lehrbeauftragter an der Universität Freiburg. Veröffentlichungen u. a.: Kriegstheorien deutscher Sozialisten, Stuttgart u. a. 1971; Friedensforschung, Militärgeschichtsforschung, Geschichtswissenschaft. Aspekte einer Kooperation, in: Aus Politik und Zeit-geschichte, B 7/74; (Mitautor) Das Deutsche Reich und der Zweite Weltkrieg, Bd. 1: Ursachen und Voraussetzungen der deutschen Kriegspolitik, Stuttgart 1979; (Mithrsg.) Pazifismus in der Weimarer Republik, Paderborn 1981; (Mitautor) Bomben und Legenden, Freiburg 1981; (Mithrsg.) „Unternehmen Barbarossa“, Paderborn 1984; Sozialdemokratie und Pazifismus in der Weimarer Republik, in: Archiv für Sozialgeschichte, (1986); Geschichte und Frieden. Aufgaben historischer Friedensforschung, Bonn 1987; Gustav Noske. Eine politische Biographie, Düsseldorf 19882; (Mitautor) Ursachen und Voraussetzungen des Zweiten Weltkrieges, Frankfurt 1989.