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Probleme der Demokratisierung in Ungarn | APuZ 6/1992 | bpb.de

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APuZ 6/1992 Europa nach der Revolution. Ost und West vor säkularen Herausforderungen Polen nach dem Kommunismus -quo vadis? Die Tschechoslowakei -eine Rückkehr zu sich selbst Probleme der Demokratisierung in Ungarn Die Einheit und die Spaltung Europas. Die Auswirkungen der mitteleuropäischen Revolution von 1989 auf Gesamteuropa

Probleme der Demokratisierung in Ungarn

Mt Szabo

/ 38 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Von den ehemaligen Ostblockländem werden die drei Reformstaaten Polen, Tschechoslowakei und Ungarn aufgrund gemeinsamer wirtschaftlicher, politischer und kultureller Voraussetzungen auch von der westeuropäischen Außenpolitik als eine „mitteleuropäische“ Staatengruppe behandelt. Zu den Gemeinsamkeiten zählen die vorangeschrittene politische Transformation und ihre Institutionalisierung, die geographisch bedingten wirtschaftlichen und kulturellen Verbindungen zu Westeuropa und die Traditionen aus Zeiten der K. u. K. -Monarchie. In dieser Staatengruppe hat die Entwicklung Ungarns zu Marktwirtschaft und Demokratie bereits in der Regierungszeit Kädär begonnen, Ansätze, die allerdings erst nach Kdrs Abtreten 1988 zu ernsthaften Reformbemühungen führten. Der Übergang zum Verfassungsstaat und der Aufbau neuer politischer Insitutionen ist weitgehend abgeschlossen. Ungarn ist kein Präsidialsystem, sondern eine parlamentarische Demokratie, in der ein stabiles und berechenbares Mehrparteiensystem die Regierbarkeit sichert. Trotz der politischen Stabilität sind Ungleichgewichte in das politische System eingebaut: eine allzu starke Regierungsposition, die Benachteiligung kleiner Parteien, die Probleme der Vertretung von industriellen und Arbeitnehmerinteressen und die weitgehende Zentralisierung der Verwaltungsstruktur. Der Übergang zur Marktwirtschaft, seine unmittelbaren gesellschaftlichen Auswirkungen und die hohen sozialen Folgekosten resultieren in sozialen und politischen Konflikten. Diese, gepaart mit den im Prozeß der Vergangenheitsbewältigung transparent gewordenen Problemen der politischen Kultur, stellen für die weitere Entwicklung große Herausforderungen dar.

I. Postkommunistische Politik in Ostmitteleuropa

Die Charakterisierung neuerer Entwicklungen in den postkommunistischen Ländern Ostmitteleuropas stellt eine Herausforderung für die Politik-und Sozialwissenschaften dar Die „Ideen von 1989“ knüpfen an die Traditionen vorangegangener revolutionärer Bewegungen von 1789 und 1848 an. Die gemeinsamen Prinzipien von Freiheit, Gleichheit, Autonomie, Liberalisierung und Demokratisierung, Marktwirtschaft und europäischer Einigung bilden eine Kontinuität zwischen den Protestbewegungen Die nach der ersten Euphorie der Selbstbehauptung eingetretenen Enttäuschungen und Desillusionierungen folgen der üblichen Dynamik revolutionärer Umbrüche, die von der Wiederkehr des Alltags nach charismatischen Zeiten geprägt ist. Zugleich sind jedoch auch vom klassischen Schema abweichende Züge festzustellen: die Rückkehr zu früheren oder die Übernahme von anderen, bereits existierenden Modellen, die meistens gewaltfreien Übergänge, die (bisher) ausgebliebene Einmischung äußerer Feinde Der Wechsel vom Sozialismus zum Kapitalismus scheint gut vorbereitet gewesen zu sein: Es gab Reformen, die bereits in Richtung Rechtsstaatlichkeit und Marktwirtschaft gewirkt hatten, und die alten politischen Eliten waren auch (meistens) kompromißbereit gegenüber den aufkommenden neuen politischen Kräften.

Dieser Übergang hat in den drei Reformstaaten Polen, Tschechoslowakei und Ungarn viele Ähnlichkeiten und Gemeinsamkeiten Zwar gab es hinsichtlich der Toleranz-und Kompromißfähigkeit der alten Eliten beachtliche Unterschiede, aber von einem gewissen Punkt an glichen sich die Bilder: Verhandlungstische, an denen die institutionellen und Verfahrensregeln ausgearbeitet wurden. Bei den neuen politischen Kräften und ihrem Eintreten für die zivile Gesellschaft lassen sich auch Unterschiede im Grad der politischen Reife und Organisation feststellen, die mit den verschiedenen Toleranzgrenzen des alten Systems Zusammenhängen; aber letztlich ist allerorts für eine gewaltfreie, konsensfähige Alternative entschieden worden. Von den „Runden Tischen“ führte der Weg zu den ersten freien Parlamentswahlen, mit denen die Rollen von Regierung und von parlamentarischer bzw. außerparlamentarischer Opposition verteilt wurden. Die Wahlen und der Auf-und Ausbau neuer politischer Institutionen stellen die Geburt von neuen politischen Gruppierungen und die ersten Schritte zu einer demokratischen politischen Kultur dar.

Neben den formalen Ähnlichkeiten des Ablaufs, die auch auf gegenseitigen Lernprozessen beruhen, gibt es auch wichtige inhaltliche Unterschiede Einen von ihnen kann man nach der angelsächsischen Terminologie unter die verschiedenen „Konfliktstrukturen“ (cleavages) von „nationbuilding", „state-building“ und „democratization" fassen Für Polen und Ungarn waren die national-staatlichen Rahmen gegeben und wurden durch den Systemwechsel nicht in Frage gestellt; es fehlen die großen territorialen Minderheiten, die ihre Forderung nach Autonomie bis zur Sezessionsfrage erheben könnten. In diesen Ländern sind die Ebenen der Demokratisierung und der Ausbau der Marktwirtschaft die ausschlaggebenden Elemente. Im Falle der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik hat es einen bisher historisch einmaligen Prozeß der Herstellung der nationalen und staatlichen Einheit gegeben. Damit ist dieser früher souveräne Staat -mit den bekannten Konsequenzen -Teil eines der politisch und wirtschaftlich führenden Länder der EG und NATO geworden und verließ die Arena „postkommunistischer“ Politik. Die Tschechoslowakei zeigt die meisten Spuren einer „nachholenden“ Staats-und Nationenbildung, die den Verlauf der Demokratisierung und der marktwirtschaftlichen Entwicklung nachhaltig beeinflussen könnte. Die ungelösten Probleme der Staaten-und Nationenbildung beherrschen das Bild des postkommunistischen Südosteuropas und der durch den Zerfall der Sowjetunion entstehenden politischen Gemeinwesen

Polen und Ungarn sind die beiden Länder Ostmitteleuropas, in denen die Lösung der wirtschaftlichen und politischen Probleme am wenigsten von Nationalitätenkonflikten beeinflußt wird. Hoffentlich können und werden die daraus resultierenden Probleme auch im Falle der Tschechoslowakei eine Lösung finden, damit die in der Außenpolitik bereits begonnene Zusammenarbeit dieser drei Länder innenpolitisch nicht gestört wird. Man darf sich natürlich keine Illusionen darüber machen, daß die Reformstaaten sich von den Problemen der zerfallenden Sowjetunion und von den krisengeschüttelten postkommunistischen Staaten Südosteuropas leicht abgrenzen könnten; aber ihre Ausgangsbedingungen sind günstiger als die der anderen post-kommunistischen Staatengruppe. Positiv wirken sich bei ihnen aus die lebendigen Traditionen von Bürgerlichkeit, Marktwirtschaft, Rechtsstaatlichkeit (gemeinsam praktiziert im Rahmen der K. u. K. -Monarchie), und die geographisch und kulturell bedingten Beziehungen zu den westlichen Teilen Europas Die Ausnutzung der daraus erwachsenden Möglichkeiten hängt aber von der Lem-und Leistungsfähigkeit der neuen Eliten, von Prozessen in Kultur und Gesellschaft ab, die sich bisher nur in Konturen gezeigt haben.

Die östlichen und westlichen Nachbarn beeinflussen das Schicksal der ostmitteleuropäischen Region. Im Westen scheint mit dem in der westeuropäischen Union verankerten wiedervereinigten Deutschland ein vielversprechendes Vermittlungsland zu existieren, das allerdings (u. a.) mit seinen eigenen Problemen belastet ist und deshalb den wirtschaftlichen und politischen Erwartungen der ostmitteleuropäischen Länder nicht ohne weiteres nachkommen kann. Offen ist die Entwicklung auf dem Gebiet der ehemaligen UdSSR. Die außenpolitische Orientierung der drei ostmitteleuropäischen Länder ist in dieser Situation eindeutig pro-westlich, jedoch durch einen Mangel an sicherheitsund wirtschaftspolitischer Integration mit den führenden Westmächten geprägt. Die bisherige Zusammenarbeit Polens, Ungarns und der Tschechoslowakei wird als eine Übergangslösung bis zur Mitgliedschaft in den westeuropäischen Organen angesehen eine Art „Notgemeinschaft“ oder „Kartell“, wo ein jeder die Konkurrenz um Westhilfe und -anbindung gegenseitig kontrollieren und institutionalisieren will. Es ist eine von der Auflösung des Ostblocks bedingte Übergangsform zur Westintegration -oder doch zumindest so beabsichtigt.

Verglichen mit dem postkommunistischen Südosteuropa und der UdSSR sind die drei Länder Ostmitteleuropas in ihren politischen Transformationsprozessen viel weiter fortgeschritten. Die kommunistischen Strukturen sind aufgelöst bis in die einzelnen Ebenen von Militär, Polizei und Sicherheitsdiensten hinein. Die ehemaligen kommunistischen Parteien sind nicht mehr die entscheidenden politischen Faktoren. Die Kräfte eines fundamentalistischen Nationalismus haben hier, gebremst durch das Gewaltmonopol des Staates und die Vermittlung der parlamentarischen Institutionen, die Schwelle zu gewaltsamen Protesten und Auseinandersetzungen noch nicht überschritten. Auf der Ebene von Wirtschaft und Gesellschaft ist ein schwieriger Weg zu gehen, zwischen Sozialverträglichkeit und radikalem Wandel. In der Entwicklung von Kultur und Gesellschaft sind sowohl die Altlasten eines „parochialen", fundamentalen Nationalismus als auch Traditionen einer liberalen, offenen Gesellschaft vorhanden. Deren Chancen hängen von den demokratischen Entwicklungen im internationalen und besonders im europäischen Umfeld ab. Inzwischen kann man die inneren Demokratisierungsprozesse in den ostmitteleuropäischen Ländern irreversibel nennen. Es gibt kein Zurück mehr, aber die Aussichten sind noch weitgehend unsicher.

II. Vom Parteien-zum Verfassungsstaat

Der spezifische Charakter des politischen Wandels in Ungarn ist in mehrfacher Hinsicht auf die antistalinistische Revolution von 1956 und ihre Nachwirkungen zurückzuführen. Dieser Volksaufstand, der das Schicksal auch anderer ostmitteleuropäischer Revolten unter der Herrschaft des Kommunismus, die Niederschlagung durch sowjetische Intervention, teilt, hat nachhaltige Wirkungen gezeitigt und einen „ungarischen Sonderweg“ zur Folge gehabt. Der damit an die Macht gekommene Jänos Kädär, Mitbegründer der (kommunistischen) Ungarischen Sozialistischen Arbeiterpartei (USAP), begann eine merkwürdige, Reform und Konservativismus vereinigende Politik des „Kdrismus", der Stabilität und Freiräume für die Entwicklung der zivilen Gesellschaft sicherte und nicht zu leugnende, wenn auch in ihren Nachwirkungen ambivalente, wirtschaftliche Erfolge vorweisen konnte Während Polen von wiederkehrenden Reform-und Protestzyklen bewegt wurde, in der DDR und in der Tschechoslowakei nach den „Ereignissen“ von 1953 und 1968 Friedhofsruhe und „Normalisierung“ herrschten, entwickelten sich in Ungarn wirtschaftliche, gesellschaftliche und in bescheidenem Maße auch politische Freiräume, die von der Partei toleriert oder sogar gutgeheißen wurden. Parallel zu Polen, aber ohne die dort vorangegangenen langen Krisen und Mobilisierungsphasen, kam eine weitgehend geregelte und institutionalisierte Auswechslung der politischen Eliten zustande Ungleich der DDR und der Tschechoslowakei, wo die Erstarrung und Unbeweglichkeit der alten Eliten bis zur letzten Minute nicht zu brechen waren, konnte man in Ungarn unter weniger dramatischen und krisenbelasteten Bedingungen einen geordneten Übergang wagen, der ohne große Massenmobilisierung erste Fortschritte brachte.

Die institutionalisierten Ergebnisse dieses Über-ganges waren im politischen System in einigen AnSätzen bereits vorhanden. Ungarn erscheint in dieser Ausgangslage stabiler als die wegen des Föderalismusstreits verunsicherte Tschechoslowakei, und das durch das extreme Verhältniswahlrecht in den ersten wirklich freien Parlamentswahlen vom Oktober 1991 in die Nähe der Unregierbarkeit gerückte Polen. Diese relative politische Stabilität hängt damit zusammen, daß -im Gegensatz zu Polen und der Tschechoslowakei -in Ungarn zu Beginn der Systemtransformation keine „umbrella Organization“ als Einheitsverband des zivilen Protestes stand (wie Solidamosc oder Bürgerforum), dessen später notwendige, aber schmerzhafte Auflösung damit auch nicht zum Unsicherheitsfaktor für die postkommunistische Politik werden konnte Im ungarischen Parlament sind sechs Parteien vertreten, deutlich weniger als in Polen oder in der Tschechoslowakei. Daraus haben sich drei „Säulen“ der parlamentarischen Politik formiert: die die Regierungskoalition tragende Mehrheit der drei christlich-nationalen Parteien, die beiden liberalen Parteien und die eine Sozialistische Partei (der Reformflügel der ehemaligen USAP) in der Opposition. Weder starke politische Subkulturen (Regionen, Minderheiten, Konfessionen) wie im Falle der Tschechoslowakei, noch die Folgen eines destabilisierend wirkenden Verhältnis-wahlrechts wie in Polen sind in Ungarn wirksam geworden in Richtung auf eine stärkere Zersplitterung der Parteienlandschaft.

Stabilität heißt aber nicht immer Demokratie. Die Prinzipien von Effektivität, Rationalisierung und Stabilität sind manchmal sehr kontraproduktiv vom Gesichtspunkt der Partizipation, Dezentralisierung und Autonomie. In diesem Sinne sind zwar auch in Ungarn Spannungen und Probleme der Demokratisierung zu verorten, aber sie haben andere Gründe als die in Polen und in der Tschechoslowakei.

Seit dem 23. Oktober 1989 ist Ungarn keine Volksrepublik mehr. Die Ausrufung der neuen Staatsform Republik war mit einer Reihe von Verfassungsänderungen verbunden, die darauf abzielten, das bisherige politische System qualitativ zu verändern. Die neue ungarische Republik hat in ihrer Orientierung am westlichen Modell der reprä-sentativen Demokratie und Rechtsstaatlichkeit während ihrer im Oktober 1991 zweijährigen Lebenszeit eine Reihe von „Kinderkrankheiten“ überstanden. Was sind die Errungenschaften und Probleme in der neueren Entwicklungsphase des politischen Systems in Ungarn? Welche Richtung ist in Zukunft einzuschlagen? 1. Einheit der Macht vs. Gewaltenteilung Ein charakteristischer Zug der „sozialistischen Demokratie“ war die These von der Einheit der Staatsmacht, von der direkten Verkörperung der Volkssouveränität im Parlament. Ihr wurde über pseudoplebiszitäre Elemente wie z. B. das fast nie praktizierte imperative Mandat des Abgeordneten, über Referenden, „Räte“ -Verwaltung usw. ein kaum ausgefüllter Rahmen zugeteilt. Es gab lediglich ein kollektives Staatsoberhaupt, kein Verfassungsgericht, und die Regierung sollte ein dem Parlament verantwortliches untergeordnetes Organ sein. In der politischen Realität jedoch sind alle Staatsorgane, vom Parlament bis zur Regierung, von der allmächtigen Parteibürokratie kontrolliert und gelenkt worden

Die Gewaltenteilung ist erst in der Verfassung der neuen ungarischen Republik fest verankert worden. Es heißt, daß das Parlament jetzt nur eines der Organe zur Ausübung der Volkssouveränität darstellt. Die pseudoplebiszitären Elemente wurden abgebaut, während dem Referendum eine verfassungsrechtlich geregelte Rolle in der neuen Politik zukommt. Die politische Aktivität des Parlaments ist im Kontext des neuentstandenen Verfassungsgerichts, der Arbeit von Staatspräsident und Regierung zu verstehen. Die Staatsorgane haben jetzt ihre eigene Funktion im System von „checks and balances" nach der normativen Regelung der Verfassung 2. Das Staatsoberhaupt Als „demokratisches“ Element galt es in sozialistischen Systemen, die Institution des Staatsoberhauptes zu „kollektivieren“ und diesem Organ Funktionen zuzusprechen, die das Parlament praktisch überflüssig machten. Dieses Kollektivorgan hieß in Ungarn „Präsidentialrat der Ungarischen Volksrepublik“ (N^pköztärsasäg Elnöki Tanäcsa, NET) und hatte weitgehend die Gesetzgebungskompetenzen des Parlaments durch seine Dekrete übernommen. Im Prozeß der Verfassungsänderung wurde vor allem die Wahl und die Befugnisse des zukünftigen individuellen Präsidenten diskutiert. Im Prozeß der Gespräche am „Runden Tisch“ im Sommer 1989 strebte die damalige Staatspartei, die Ungarische Sozialistische Arbeiterpartei, eine Lösung nach dem „polnischen Patent“ an. Das hätte die entweder in direkter Wahl oder plebiszitär bestimmte Berufung eines Präsidenten bedeutet, dem damit relativ weite Machtbefugnisse über das Staatswesen zugeteilt worden wären. Aussichtsreicher Kandidat bei solchen Erwägungen war der bekannte Reformpolitiker Imre Pozsgay. Es sei dahingestellt, ob dieses Modell wirklich den ihm zugesprochenen Vorteil eines stabilen „Machtzentrums“ in der Zeit der turbulenten Veränderungen gebracht hätte oder nur einfach die Machtposition der USAP festschreiben sollte. Der Streit um das Präsidentenamt zerstörte die Einheit der Oppositionsparteien; einige von ihnen stimmten gegen den Vorschlag der USAP und setzten sich erfolgreich für die indirekte Wahl des Präsidenten ein. So sind in der Verfassungsänderung die Wahl des Präsidenten durch das Parlament und seine enger definierten Befugnisse angenommen worden. Die Gründe der Niederlage eines plebiszitären Modells liegen in der Ablehnung eines „starken Mannes“, wie ihn die Ungarn von Kaiser Franz Josef I. bis zu Jänos Kdär kennengelernt haben.

Zum ungarischen Staatspräsidenten ist vom Parlament am 3. August 1990 der ehemals politisch verfolgte Schriftsteller Ärpäd Göncz gewählt worden. Er war der Kandidat der größten liberalen Oppositionspartei, der „Allianz der Freien Demokraten“ (Szabad Demokratäk Szövetsege, SZDSZ). Seine Wahl erfolgte nach einem „Pakt“ für die „Regierbarkeit“ von seinen Liberalen mit der führenden Kraft der Regierungskoalition, dem „Ungarischen Demokratischen Forum“ (Magyar Demokrata Forum, MDF). Es folgten Veränderungen der im Oktober 1989 modifizierten Verfassung und für die SZDSZ der politische Vorteil der Präsidentenaufstellung

Das politische Gewicht des Staatspräsidenten Göncz ist weitaus geringer als das seiner Amtskollegen Havel und Walesa. Im politischen Alltag übernimmt der Präsident „Repräsentationsfunktionen“ im Staatsleben, beim Empfang von Diplomaten, bei der Verkündigung von Gesetzen, der Vergabe von Auszeichnungen usw; andererseits übt er aber auch Kontrolle aus über die Gesetzgebung, dies jedoch nur in Kooperation mit anderen Staatsorganen. Eine größere Rolle spielt er im Kriegs-und Ausnahmezustand; er ist Oberbefehlshaber der Armee, doch war dies wiederum so umstritten, daß das Verfassungsgericht mit der Interpretation dieses Passus beauftragt wurde. Die Befugnisse des Staatspräsidenten wurden im Beschluß des Verfassungsgerichtes vom Herbst 1991 im Sinne der Verfassung restriktiv interpretiert

Göncz hat in seiner bisherigen Amtszeit mehrfach versucht, seine Kompetenzen auch politisch umzudeuten (z. B. hat er eines der wichtigsten Gesetze, das „Entschädigungsgesetz“, nicht verkündet, sondern dem Verfassungsgericht wegen verfassungsrechtlicher Bedenken zugeleitet) und sogar zu erweitern (z. B. verbot er im Oktober 1990 bei der Taxifahrer-Blockade den Einsatz der Armee, was zur erwähnten Verfassungsstreitigkeit geführt hat, bis hin zur Ablehnung einiger Ernennungen im Sommer 1991). Doch muß sich der Präsident, solange ihm nicht eine neue Verfassung eine stärkere Stellung zuweist, mit seinen neutralen „Repräsentationsfunktionen“ zufriedengeben. 3. Vom „entmachteten“ zum „allmächtigen“ Parlament?

Das Parlament war nach der alten Verfassung als Träger der Volkssouveränität allmächtig, aber ohnmächtig in der politischen Realität. Seine Zusammensetzung, Wahl, Funktionsweise und Gesetzgebung wurden in den meisten Fällen vom Zentralkomitee der kommunistischen Partei kontrolliert Die neue Verfassung hat Grundsätzliches verändert. Die Wahlen sind frei, plural und geheim, das Parlament bestimmt seine Statuten selbst und ist allein und rechtmäßig mit der Gesetzgebung betraut. Ein Überbleibsel des alten Systems ist die unikamerale Organisation. Diese Form stellt einen wichtigen Unterschied zu den Parlamenten Polens und der Tschechoslowakei dar, wo aus den historischen Traditionen und der föderalen Struktur Zweikammer-Parlamente resultierten. In älteren ungarischen Traditionen gab es zwei Kammern, und auch in den neueren Reformdiskussionen wurden Vorschläge zum Zweikammersystem gemacht, aber in Ermangelung föderalistischer Voraussetzungen hätte das nur eine Art „Verbandsrepräsentation“ sein können, und als solche war es beim Runden Tisch nicht mehrheitsfähig.

Die Ausübung der Gesetzgebungsfunktion in der Zeit des Systemwandels bedeutet für das Parlament eine Überlastung, weil die Grundlagen der politisch-sozialen und wirtschaftlichen Institutionen des Landes zugleich gesetzlich neu reguliert und etabliert werden sollten. Das Parlament versucht, dem erhöhten Leistungszwang durch Professionalisierung der Tätigkeit der Abgeordneten, Erweiterung der Sitzungszeiten, Einsatz von Experten und Ausbau von verschiedenen administrativen Strukturen und der Ausschüsse nachzukommen, um wenigstens die „allerwichtigsten“ Gesetze verabschieden zu können (77 im Jahre 1990), dennoch kommt es zu zahlreichen unerledigten oder verspäteten Gesetzesvorhaben. Die „Feuerwehrarbeit“ schlägt sich leider auch in der Qualität der Gesetze nieder, die dann oft vom Verfassungsgericht korrigiert werden

So nimmt es nicht wunder, daß für die zweite große Aufgabe des Parlamentes, für die Kontrolle von Regierung und Verwaltung, kaum Zeit und Energie bleibt Die Zusammenarbeit der SZDSZ und MDF hatte zur Folge, daß zwecks Gewährleistung der Regierbarkeit auch die Kontrollrechte des Parlamentes über die Regierung eingeschränkt wurden. In Anlehnung an das System der Bundesrepublik Deutschland wurde das „konstruktive Mißtrauensvotum“ eingeführt, das die Arbeit einzelner Minister wie die der Regierung als Ganzes gegenüber dem Parlament verantwortlich macht. Das Instrument der Interpellation besitzt keinen besonderen politischen Sanktionswert, es wird sogar von den Koalitionspartnern gegeneinander davon Gebrauch gemacht, als Signal für Unzufriedenheiten in der Regierungskoalition.

In allen zentralen Verwaltungsorganen herrscht eine rege aber unübersichtliche Umbautätigkeit, der mit traditionellen parlamentarischen Kontrollmechanismen schwer zu folgen ist. Bei den Debatten über Haushalt, Regierungsprogramme, Verfassungsänderungen usw. wird das Parlament ständig unter Zeitdruck gesetzt, so daß mit dem Ver-weis auf die Wichtigkeit einzelner Entscheidungen keine oder nur begrenzte Möglichkeiten vorhanden sind für gründlichere Vorbereitungen, für verstärkte Arbeit in den Ausschüssen usw. Zur Überraschung der überforderten und konsensinteressierten Abgeordneten sehen sie ihre Entscheidungen oft vor ein Korrektiv gestellt, das Verfassungsgericht. 4. Ein neues Verfassungsorgan: das Verfassungsgericht Um die Nonnenkontrolle zu sichern, haben ungarische Reformer schon länger die Einführung eines entsprechenden Verfassungsorgans erwogen. 1983 wurde ein Verfassungsrat ins Leben gerufen, was allerdings keine wirkliche Verfassungsgerichtsbarkeit darstellte, sondern nur Signalfunktionen innerhalb des bestehenden Systems übernahm. Anstelle eines symbolischen Organs entstand im Laufe seiner Konstitutionalisierung jedoch ein machtvolles Verfassungsgericht Es ist kein integrierter Teil der Rechtsprechung, sondern ein eigenständiges Verfassungsorgan. Die im Parlament vertretenen Parteien schlagen ihre Kandidaten vor, die dann vom Plenum gewählt werden. Die Anzahl der Richter beträgt 15, ihre Amtszeit erstreckt sich über neun Jahre. Bis zur nächsten Parlamentswahl besteht es allerdings aus nur zehn Richtern.

Das ungarische Verfassungsgericht übernimmt ähnliche Funktionen wie das bundesdeutsche: Entscheidungen über Verfassungsstreitigkeiten, individuelle oder von Verbänden und Staatsorganen vorgebrachte Verfassungsbeschwerden, Kontrolle über die Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen und anderen Rechtsakten. Im Unterschied zur Bundesrepublik gibt es keine Entscheidung über die Verfassungsmäßigkeit der Parteien und anderer politischer Organisationen. Darüber hinaus wird dem Verfassungsgericht auf Antrag bestimmter Staatsorgane zugestanden, eine nicht an konkrete Fälle gebundene Verfassungsinterpretation zu liefern. Die Befugnisse des Gerichts sind im internationalen Vergleich recht weitgehend. Das entspricht der ursprünglichen verfassungsrechtlichen Annahme, daß in der schwierigen Situation der neuen und noch nicht tradierten politischen Institutionen viele Spannungen, Probleme und Unsicherheiten auftreten können, die durch die Verfassungsgerichtsbarkeit gelöst werden können.

Kritik richtete sich gegen die Gefahr einer Übernahme legislativer Funktionen. Das neue Organ muß sich manchmal selbst die Grenzen setzen: Durch die in der Verfassung offen gelassene Möglichkeit zur präventiven Normenkontrolle, die Prüfung der Verfassungskonformität von Gesetzesvorlagen, könnte sich das Gericht direkt ins Gesetzgebungsverfahren einschalten. Dies aber wird abgelehnt, und die Normenkontrolle nur bei endgültig verabschiedeten Gesetzesvorlagen ausgeübt. Kritiker und Verteidiger stimmen darin überein, daß eine Modifizierung und Differenzierung der Befugnisse dieses machtvollen Organs in einer neuen Verfassung nach den bewegten Zeiten des Systemwandels nötig wäre, und die Funktion des Gerichtes weniger an der Innovation als an der Gewährung von Stabilität orientiert werden sollte. 5. Starke oder schwache Regierung?

In der Vergangenheit hielt die Regierung in der Volksrepublik Ungarn eine eher schwache Position. Der Ministerrat war ein Kolletivorgan, das vom Ministerpräsidenten nur repräsentiert, aber nicht wirklich geführt wurde. Obwohl er formell vom Parlament gewählt war und im Sinne der Verfassung auch politisch von diesem kontrolliert werden konnte, waren in der politischen Realität sowohl die Kandidatur als auch die Bestimmung seines Programms und die politische Kontrolle über dessen Vollstreckung bei der USAP angesiedelt. Es gab auch eine direkte und enge Verbindung von Partei-und Ministerialbürokratie auf der Ebene einzelner Politikbereiche. Die Vorbereitung der wichtigsten politischen Entscheidungen lag beim ZK der USAP, weswegen weder beim Parlament noch beim Ministerpräsidenten oder beim Ministerrat größere Apparate zur Entscheidungsvorbereitung bestanden Die Trennung von Partei und Staat, nicht erst seit 1989 ein politisches Ziel, ist mit der Auflösung des Einparteiensystems Wirklichkeit geworden.

Die erste, von Jözsef Antall (MDF) nach der freien Parlamentswahl im Frühjahr 1990 gebildete Regierung ist dem Parlament verantwortlich und baut auf das Kanzlerprinzip. Der Ministerpräsident wird auf Vorschlag des Staatspräsidenten vom Parlament gewählt, vor dem er auch sein Programm zur Diskussion stellt. Die Minister werden auf Vorschlag des Ministerpräsidenten vom Staatspräsidenten ernannt oder zurückberufen, sie müssen ihren Eid vor dem Parlament ablegen. Konstruktives Mißtrauensvotum und Kanzlerprinzip sind aufgrund des „Paktes“ von MDF und SZDSZ zur Stärkung der Regierung dem Parlament gegenüber als Verfassungsänderungen verabschiedet worden. Zugleich hat man die Zahl der an eine qualifizierte Mehrheitsentscheidung gebundenen Gesetze verringert, um das Gesetzgebungsverfahren für die Regierungsmehrheit zu erleichtern. Der damalige Trend, die Regierung gegenüber dem Parlament, die Regierungskoalition gegenüber der Opposition, den Ministerpräsidenten gegenüber den Ministern zu stärken, hat dazu geführt, daß Jözsef Antall ein wirklicher „Herr im Hause“ wurde Er besitzt in seiner eigenen Partei, der MDF, und auch gegenüber den Koalitionsparteien eine große Autorität, die sich im ganzen Staatsleben durchgesetzt hat. Diese Position ist teilweise dem MDF/SZDSZ-Pakt zu verdanken, wobei zu fragen ist, ob nicht die langanhaltenden Konflikte um den „starken Mann“ in der Position des Staatspräsidenten, die zu einer vielleicht allzu symbolischen Position führten, nicht gerade Tür und Tor geöffnet haben für den „starken Mann“ an der Spitze von Regierung und Bürokratie. 6. Von der „politischen“ zur „unabhängigen“ Justiz Die Richter und Staatsanwälte in der Volksrepublik waren in großer Zahl Parteimitglieder. Trotz der Deklarierung richterlicher Unabhängigkeit konnte man die Möglichkeit „politischer Justiz“ nicht ausschließen, obwohl seit den sechziger Jahren immer weniger Fälle von politischem Mißbrauch der Justizorgane bekannt geworden sind. In der neuen Verfassung waren das Verbot der Mitgliedschaft in politischen Parteien und das der Ausübung jeglicher politischer Aktivität wichtige Schritte zur Realisierung der richterlichen Unabhängigkeit. Eine bewußte Personalpolitik versucht die Selektion von Richtern und ihre Anpassung an die neuen Erwartungen zu unterstützen, da es äußerst schwer wäre, die grundlegenden Veränderungen des ganzen Rechtssystems und die laufenden Rehabilitierungen und Entschädigungen von kompromittierten Richtern vollziehen zu lassen. Eine Erhöhung des Einkommens soll die Qualität des Richterstandes anheben. Die Organisationsstruktur der Justiz ist bisher unangetastet geblieben, aber in einer neuen Verfassung wäre auch sie, insbesondere die der Staatsanwaltschaft, neu zu gestalten.

Zusammenfassend läßt sich über den ungarischen Verfassungsstaat sagen, daß er die wichtigsten Elemente von Rechtsstaatlichkeit und Gewaltenteilung bereits institutionalisiert hat und sich vom alten Parteienstaat völlig loslösen konnte. Beide Aussagen lassen sich aber gegenseitig relativieren. Das neue Verfassungsgebilde ist weit davon entfernt, sich als vollendet und perfekt darzustellen, und das politische System befindet sich in einer ständigen Transformation, in der die neuen Elemente noch nicht tief genug verwurzelt sind. In den Jahren 1989/90 ist die Verfassung neunmal verändert worden, teilweise nicht unerheblich. Obwohl Konsens besteht, daß systematisch eine neue Verfassung vorbereitet werden sollte, sind die Zeitpläne dafür unterschiedlich. Einige wollen dies schon in der laufenden Legislaturperiode vollenden, während andere mit Hinweis auf die Unabgeschlossenheit der Wandlungsprozesse sich dies nur unter längerfristigen Perspektiven vorstellen können. Meines Erachtens ist der zweite Standpunkt realitätsgerechter. Der stabile Zustand sollte einer konsensfähigen Verfassung vorausgehen; Ungarn ist von diesem Zustand noch weit entfernt.

III. Vom Einparteienstaat zum Pluralismus

Die Veränderungen von staatsrechtlichen Normen und zentralen Staatsorganen sind nicht aus dem Kontext des politischen Systemumbaus als Ganzem zu lösen. Die Dynamik der gesellschaftlich-politischen Pluralisierung und der Ausbau der Rechtsstaatlichkeit haben sich gegenseitig bestimmt. Die Macht der USAP war nicht verfassungsrechtlich verankert und geregelt -jetzt sollte es anders sein: Die institutionalisierten und geregelten politischen Prozesse sollten ihre Dynamik in demokratischen Wahlen manifestieren. 1. Parteien und Wahlen Die Entstehung oder Neuorganisierung von politischen Parteien in Ungarn erfolgte parallel zur Auflösung der politisch-administrativen Kontrolle der USAP zwischen 1988 und 1990 Die illegal und informell entstandenen Parteien mußten sich zuerst als soziale Bewegungen, Vereine und Clubs organisieren, erst nach der Verabschiedung des Parteiengesetztes 1989 konnten sie sich als Parteien registrieren lassen. Das ungarische Parteiengesetz ähnelt dem bundesdeutschen: Es regelt die Chancengleichheit, sichert staatliche Finanzhilfe auf der Basis der Wahlergebnisse und macht die Finanzen kontrollierbar. Vor den Wahlen gab es große Diskussionen um die Chancengleichheit, weil die Rechtsnachfolgerin der USAP, die USP, 80 Prozent der Presse in Besitz hatte, abgesehen von anderen Vergünstigungen.

Eine Folge der Verhältnisse im osteuropäischen Einparteiensystem ist das Verbot der Organisierung von Parteien am Arbeitsplatz. Es richtet sich gegen die Aufrechterhaltung der von der USAP in den letzten vier Jahrzehnten organisierten riesigen Infrastruktur in den Betrieben, die Räumlichkeiten, Stellen und andere Ressourcen nach parteipolitischen Interessen zuwies.

Die Anerkennung des Parteienstatus anläßlich der ersten freien Wahlen hat wenigstens zu einem Minimum an staatlicher Wahlkampfhilfe, zu Sendezeiten in Radio und Fernsehen, zu Geld und Räumlichkeiten geführt. Der Zugang dazu wurde erleichtert, so daß auch kleinere Gruppierungen staatliche Mittel beantragen konnten. Gerechte Selektionsprinzipien ließen sich für den Neuanfang schwer treffen. So läßt sich erklären, daß von den mehr als 80 Parteien, die vor der Wahl existierten, noch mehr als 60 registriert wurden. Gemäß den Bestimmungen des Wahlgesetzes werden bei zukünftigen Wahlen die staatlichen Gelder nach Stimmenanteilen vergeben.

Das ungarische Wahlsystem vereint die Elemente der Personen-und der Listenwahl. Von 386 Parlamentssitzen werden 176 in Einzelbezirken vergeben, wo zur Kandidatenaufstellung 750 Unterschriften benötigt werden. Wenn im ersten Durchgang keine absolute Mehrheit zustande-kommt -nach den bisherigen Erfahrungen eher eine Ausnahme -, dann genügt im zweiten eine relative Mehrheit. Dies trägt zur Konzentration der Stimmen und zur Koalitionenbildung bei. Bei den Wahlen vom Frühjahr 1990 wurden 152 Sitze in 20 territorialen Listen gewählt, wo nur die Parteien jenseits der Vier-Prozenthürde Mandate erwerben konnten. 58 Sitze gingen an die so-genannte „nationale Liste“. Von den größeren Parteien, die in mindestens einem Viertel der Wahlkreise kandidierten, haben 17 diese Hürde übersprungen. Die Bestimmungen des Wahlgesetzes haben nach dem bundesdeutschen Muster (mit Hürden-und Auszählungsmethoden nach Hagenbach/Bischoff) gegen kleine bzw. „Splitter“ -Parteien und für die Regierbarkeit gewirkt. Die größeren Parteien haben davon profitiert. Sechs von ihnen, abgesehen von einigen unabhängigen Abgeordneten und einem eher lokalen Wählerbund mit einem Sitz, haben den Einstieg ins Parlament geschafft. Die Entrüstung bei den kleinen „Versager“ -Parteien war groß, und es gab viel Kritik am Wahlgesetz.

Trotzdem haben die Wahlen vom Frühjahr 1990 zumindest klare Mehrheitsverhältnisse im Parlament geschaffen. Die Ergebnisse wurden mehrfach und kontrovers diskutiert, aber entgegen allen Einwänden zeichnete sich immerhin ein deutliches und im Gegensatz zu Polen und der Tschechoslowakei relativ zuverlässiges Bild der politischen Kräfteverteilung ab. Der Block der christlich-nationalen Parteien mit dem Ungarischen Demokratischen Forum (MDF; 164 Sitze; 42, 7 Prozent) an der Spitze, der Unabhängigen Partei der Kleinen Landwirte (FKGP; 44 Sitze; 11, 4 Prozent) und der Christlich-Demokratischen Volkspartei (KDNP; 21 Sitze; 5, 4 Prozent) bildet die Regierungskoalition. Die zwei kleineren Parteien knüpfen an ihren kurzzeitigen Erfolg in der Nachkriegsdemokratie (1945-1948) an, als die Kleinlandwirte die absolute Mehrheit hatten. Jetzt müssen sie sich mit der Zustimmung der älteren ländlichen Bevölkerung zufriedengeben, aber sie haben einige ihrer Hochburgen auf dem Lande auch nach Jahrzehnten wieder erobern können. Das MDF ist eine Neugründung während des Systemwandels und knüpft an die Traditionen des „populistischen“ nationalen Liberalkonservativismus an. Erfolg bei der Intelligenz und der Mittelklasse hat ihm die Ablehnung der Schocktherapie vom wirtschaftlich-sozialen Wandel und die Hervorhebung einer „Reform mit Maß“ gebracht. Im „catch all party“ -MDF sind verschiedene Flügel und Tendenzen vorhanden, auch die „radikalen“ Populisten. Die beiden liberalen Parteien, die Allianz der Freien Demokraten (SZDSZ; 94 Sitze; 23, 6 Prozent) und der Verband der Jungen Demokraten (FIDESZ; 22 Sitze; 5, 4 Prozent) teilen die Idee von einem „radikalen Kurs“ gegenüber dem MDF. Sie sind konfessionell neutral bzw. indifferent und ablehnend gegenüber dem ungarischen Nationalismus. Beide Parteien entstammen der demokratischen Opposition und unterschieden sich ursprünglich nur in der Altersstruktur ihrer Mitglieder (Mitgliedschaft im FIDESZ ist nur unter 35 Jahren möglich; die Wähler sind jüngere, gebildete, „urbane“ Leute). Die beiden liberalen Parteien teilen die Oppositionsbank mit der Rechtsnachfolgerin der ehemaligen Staatspartei, mit der Ungarischen Sozialistischen Partei (MSZP; 33 Sitze, 8, 5 Prozent), die besonders günstige Ergebnisse bei der Intelligenz und Bürokratie verbuchen konnte. Die Sozialdemokraten und die „kadaristischen“ Sozialisten (weiterhin USAP) und sogar die als Opposition (gegen den Donaustaudamm) hervorgetretenen Grünen sind unter der Vier-Prozenthürde geblieben.

Die politischen Kräfteverhältnisse sind durch die Wahlergebnisse bestimmt, aber es zeichneten sich schon vorher Konfliktlinien und Kooperationen ab, die die weitere Entwicklung vorgeprägt haben. Die zwischen dem Wahltag und der Regierungsbildung getroffenen Vereinbarungen zwischen MDF und SZDSZ sicherten der Regierungskoalition gute Möglichkeiten, konnten aber den Konflikt zwischen den christlich-nationalen und den liberalen Parteien nicht grundsätzlich mildern. Auch die Opposition ist in sich zerstritten, nicht zuletzt wegen des Paktes zwischen den beiden großen Parteien. Die anfänglich angenommene Kooperationsbereitschaft zwischen den beiden liberalen Parteien SZDSZ und FIDESZ ist dadurch beeinträchtigt worden, ihre Entwicklung verläuft in entgegengesetzte Richtungen. Während die SZDSZ den Radikalismus der ehemaligen antikommunistischen Opposition zu retten versucht, ist die jüngere Generation an konstruktiven politischen Modellen interessiert und lehnt die „fundamentaloppositionelle“ Haltung ab. Die USAP sah sich als „sozialistisch“ von den anderen isoliert, eine „Opposition innerhalb der Opposition“, obwohl durchaus verschiedene Kooperationserfahrungen unter den parlamentarischen Oppositionsparteien bestehen. Zwischen den Koalitionsparteien bahnen sich Konflikte an, besonders zwischen dem MDF und den Klein-landwirten in der Eigentums-und Bodenfrage bei Entschädigungs-und Reprivatisierungsverfahren. Die innere Einheit der Parteien ist eher schwach ausgeprägt, es gibt starke Flügel-und Fraktionsbildungen, parteiinterne Spannungs-und Konfliktlinien. Nach einem Jahr zeigen die Umfragen, daß vom Zwist der Großen die kleinen Parteien profitieren In den Kommunalwahlen im Herbst 1990 wurden die Unabhängigen und die Opposition insgesamt in den politischen Vordergrund gerückt.

Eines der größten und stetig wachsenden politischen Lager ist in Ungarn das der Nichtwähler Beim ersten Durchgang der Parlamentswahlen blieben rund 37 Prozent, beim zweiten 54 Prozent der Wahlberechtigten den Urnen fern. Bei den Kommunalwahlen in Budapest und in größeren Städten beteiligten sich gerade 30 Prozent an den Wahlen, in kleineren Orten durchschnittlich etwas mehr als 50 Prozent. Parteien-und Politik-verdrossenheit nach vier Jahrzehnten erzwungener Wahlrituale, die von oben, ohne Massenmobilisierung erfolgte Demokratisierung und die verheerenden existentiellen Sorgen bestimmen bei vielen Menchen die desinteressierte Haltung zu ihrer politischen Gegenwart und Zukunft. 2. Interessenvertretung -gespalten Die Integrationskraft des politischen Systems wird auch durch die Probleme anderer institutioneller Ebenen beeinträchtigt. Während im Parteiensystem nach der Auflösung des Einparteienkomplexes und der Etablierung eines freigewählten Parlaments klare Zäsuren erkennbar wurden, fehlen die sichtbaren Fortschritte auf der Ebene der Verbände und Gewerkschaften, die nicht in jedem Fall direkt im Machtfeld der USAP standen und deshalb nicht ohne weiteres aufzulösen sind, schon gar nicht gegen den Willen ihrer Mitglieder.

So existiert in Ungarn eine zweifache Landschaft von Gewerkschaften, und auch bei den Verbänden gibt es die ehemaligen, „offiziellen“ und die neuen, „autonomen“ Die „offiziellen“ führen ihre Geschäfte ohne den alten Monopolanspruch weiter, betonen ihre Parteiunabhängigkeit, wollen aber mit ihrem im Parteienstaat erhaltenen Vermögen weiter wirtschaften. Die neuen, „autonomen“, die mit klaren politischen Zielsetzungen gegen das alte System entstanden sind, stehen fast ohne materielle Grundausstattung da und sind meistens auch unabhängig von den Parteien. Der Streit zwischen den Lagern um Ressourcen und Einfluß verringert das Gewicht der Gewerkschaften und Verbände im politischen System Ungarns. In den Auseinandersetzungen um das Vermögen der alten Gewerkschaften haben diese sich wieder den Sozialisten genähert, und auch innerhalb der neuen Gewerkschaften ist eine Differenzierung eingetreten (Orientierung an der MDF oder SZDSZ bzw.den Unabhängigen).

Der größte Arbeitgeber in Ungarn ist weiterhin der Staat. Beim Versuch, einen „Rat für Interessenausgleich“ ins Leben zu rufen, fanden sich die nichtstaatlichen Arbeitgeber und Arbeitnehmer in einem Lager gegen die staatliche Wirtschafts-und Machtpolitik. Für die Regierung ist es eine bequeme Situation, daß die Gewerkschaften nicht wirklich mobilisierungsfähig sind: Bei Sanierungen, Schließungen usw. sind die Belegschaften meistens isoliert, und mit diesem Protest kann man leichter umgehen als mit einer solidarischen Gewerkschaftsbewegung. Eine Strukturschwäche des politischen Systems in Ungarn besteht darin, daß die im Parlament vertretenen „etablierten“ Parteien ohne ein Umfeld von Vereinen und Verbänden dastehen und zudem wegen ihrer privilegierten Position oder der parlamentarischen Überlastung nicht aktiv an der Basis mitarbeiten können. Gleichzeitig fehlt den nicht im Parlament vertretenen Parteien (Sozialdemokraten, Grüne) und anderen politischen Gruppierungen zusammen mit den nicht parteiförmig organisierten Interessengruppen der geregelte Zugang zur politischen Willensbildung. Dies bedeutet eine gefährliche Tendenz der Abschließung der im Parlament vertretenen Parteien von der Gesellschaft. Die Konsequenzen für das nächste Wahlergebnis lassen sich nicht voraussagen, aber daß die neue Bewegung des aus der USP ausgetretenen Imre Pozsgay ankündigt, dann im Sinne einer überparteilichen Zielsetzung und gegen den „neuen Parteienstaat“ zu kandidieren, ist ein sinnfälliges Zeichen. 3. Zentralisierung und Dezentralisierung Alle sozialistischen Systeme waren zentralistisch verwaltet; Föderalismus gab es in Ungarn weder in der K. u. K. -Monarchie noch in der Zwischenkriegszeit, und die stalinistischen und poststalinistischen Systeme haben den Zentralismus noch weiter ausgedehnt. Auch von den vorsozialistischen ungarischen Traditionen her ist nicht auf Impulse zur Dezentralisierung zu hoffen, anders als bei Traditionen des alten Mehrparteiensystems, die einen Ausgangspunkt für die Demokratisierung bilden konnten. Es gab schon früher Proteste gegen die Zusammenlegung von Dörfern und die Vernichtung ihrer Infrastruktur, aber die „Räte" -Selbstverwaltung, das allein ideologisch legitimierte zentralisierte Verwaltungssystem, ist bis zu den Kommunalwahlen im Herbst 1990 unangetastet geblieben Um den politischen Machtwechsel auf lokaler Ebene weiterzuführen, war die erste Aufgabe des neuen Parlaments, ein neues kommunales Wahl-und Selbstverwaltungsgesetz zu entwerfen und zu verabschieden.

Um dieses System kam es zwischen der liberalen Opposition und der christlich-nationalen Regierung zu erbitterten Streitigkeiten. Das aufgrund des neuen Gesetzes ausgebaute Selbstverwaltungssystem kann noch nicht wirklich dezentral funktionieren, weil ihm die wirtschaftlichen Voraussetzungen fehlen. Die Regierung will die früher zentralstaatliche Finanzierung von Aufgaben wie Schulen, Verkehr, soziale Einrichtungen usw. abschaffen. Örtliche Steuern, kommunale Einnahmen sollen als neue Quellen erschlossen werden, um die staatliche Finanzierung und Subventionierung abzubauen. So entsteht eine Kluft. Während die kommunalen und sozialen Ausgaben ständig die Haushalte belasten, steht der Komplex der Einnahmen vor der Umstellung von planwirtschaftlichen, zentralen auf die noch gar nicht existierenden marktwirtschaftlichen, dezentralen Quellen. Bis zur Klärung der Eigentumsverhältnisse kann die Selbstverwaltung ihre von den „Räten“ ererbten Ressourcen, insbesondere die Immobilien, nicht als eigenes Vermögen ansehen und nutzen. Die örtlichen Privatunternehmen befinden sich gerade erst im Aufbau: Wie soll man sie besteuern? Die Regierung hat die Selbstverwaltungen mit den vom Parteienstaat ererbten Funktionen überlastet, stellt aber die dazugehörige zentrale Finanzierung zurück, obwohl das neue System noch keinen Bestand hat.

Ohne das entsprechende soziale und wirtschaftliche Umfeld, aber mit der an marktwirtschaftlichen Elementen orientierten gesetzlichen Regelung der Selbstverwaltung steht die lokale Politik ständig im Konflikt und ist auf die Kooperation mit der Regierung angewiesen. Die machtpolitische Seite des Selbstverwaltungssystems färbt noch das Bild: Die großen Mehrheiten der Bürgermeister und Abgeordneten werden in den größeren Städten von den liberalen Oppositionsparteien SZDSZ (wie Gäbor Demszky, Bürgermeister von Budapest, im alten System politisch verfolgter Oppositioneller) und FIDESZ gestellt, oder aber an kleineren Orten von unabhängigen Kanditaten (von denen allerdings viele früher in der Verwaltung des alten Systems tätig waren).

Der politische Unterschied zwischen der Zusammensetzung der territorialen Selbstverwaltung und der zentralen Regierung macht die Lage der Selbstverwaltung in einem Land mit zentralistischen Traditionen und einem sehr großen staatlichen Wirtschaftsanteil und damit ausgedehnten Möglichkeiten staatlicher Intervention ziemlich prekär. Kein Wunder, daß bereits viele Bürgermeister zurückgetreten sind.

IV. Herausforderungen an die neue Politik

Die schwierigen Fragen der sozialen Kosten des Ausbaus einer funktionierenden Marktwirtschaft, die Probleme mit der tradierten politischen Kultur, die Gefahren der internationalen Politik (der Krisen in den Republiken der ehemaligen Sowjetunion und Jugoslawiens) und das Fehlen jeglicher sicherheits-und wirtschaftspolitischer Anbindungen an größere Integrationsstrukturen machen die weitere Institutionalisierung des Rechtsstaates und der Demokratie in Ungarn zugleich notwendig und schwierig. Obwohl nach zwei Jahren der neuen Republik das alte System nicht mehr zurückkehren kann und nach der Auflösung des Warschauer Paktes und dem Abzug der sowjetischen Truppen auch die völkerrechtliche Souveränität wiederhergestellt wurde, stellen sich noch genug Probleme für die weitere Liberalisierung und Demokratisierung. 1. Wirtschaft und Gesellschaft im Übergang Trotz der Wirtschaftsreformen in der Kädär-Ära leidet die ungarische Ökonomie unter der strukturellen Erblast der Planwirtschaft. Über mehrere Jahrzehnte wurden Kohle-und Eisenindustrie (beides Mangelwaren in Ungarn, die importiert werden müssen) als Modelle „sozialistischer“ Industrialisierung forciert ausgebaut. Die Planung orientierte sich mehr oder weniger am von der RGW gesetzten Rahmen, und die billigen Rohstoffe und Energiequellen bzw. die gesicherten Absatzmärkte für industrielle und Agrarprodukte wurden als vorgegebene Rahmenbedingungen angenommen Der schnelle Zusammenbruch des RGW und insbesondere des sowjetischen Handels hat diese Orientierung für die ungarische Wirtschaft gegenstandslos gemacht. Obwohl die notgedrungene Umstellung auf die Konditionen des Westens relativ flexibel und schnell vorgenommen wurde bleiben schwerwiegende Folgekosten, bleiben Betriebsschließungen, rasch steigende Arbeitslosigkeit (1991 ca.sechs Prozent im landesweiten Durchschnitt, örtlich bis zu zehn Prozent und mehr), Überproduktion und Mangel bzw. Preiserhöhungen nicht erspart.

Bei der Aufarbeitung dieser Herausforderungen waren einige Erfahrungen mit marktwirtschaftlichen Systemelementen und Unternehmensformen sicherlich nützlich. Aber neben den positiven Errungenschaften aus der Kädär-Ära gibt es zu viele schwerwiegende Belastungen, so etwa die Folgekosten der vormals kaum effektiv eingesetzten Westkredite Die Rückzahlung der alten und der für den Strukturwandel unentbehrlichen neuen Kredite sind aus den Ressourcen des Landes zu finanzieren, was bei der großen Mehrheit der Bevölkerung zu Verarmung, Inflation und Überlastung führt. Der Systemwandel definiert und polarisiert Nutznießer-und Verliererposten. Der Begriff der „Eindrittelgesellschaft“ scheint angebracht, da die Mehrheit an den Rand gedrückt wird, während ein Teil der Gesellschaft vom selben Prozeß profitiert.

Die Ungleichheiten der Lastenverteilung ergeben sich auf mehreren Ebenen: -entsprechend dem Bildungsniveau (ungelernte vs. gelernte Arbeiter), -in den wirtschaftlich-gesellschaftlichen Sektoren (moderne Industrie, Dienstleistungen, bestimmte Beamtenschichten vs. Bildungssektor, Wissenschaft, Kultur), -regional (traditionelle Schwerindustrieregionen, an der ehemaligen Sowjetunion orientierte Nord-Ost-Gebiete vs. Metropole Budapest, Westgebiete mit Fremdenverkehr), -generationsspezifisch (Pensionäre vs. Berufstätige, Jugend mit vs. Jugend ohne Ausbildung), -nach flexiblen oder unflexiblen sozialen Ausgangslagen („Yuppies“, alte und neue Mehr-verdienende und Wohlhabende vs. Großfamilien, Zigeuner).

Eine gefährliche soziale Tendenz ist in der „Anhäufung von Benachteiligungen“ zu sehen. Die Zahl der Verbrechen steigt mit der Verschlechterung der sozialen Situation und dem Autoritätsverlust der Polizei an.

Diese gefährlichen sozialen Veränderungen spielen sich angesichts der Auflösung des Sozialstaates ab. Es ist sicherlich vieles an der Art und Weise der staatlichen Wohlfahrts-bzw. Sozialpolitik im Sozialismus zu kritisieren, und sie fügt sich nicht in die angestrebte neue marktwirtschaftliche Ordnung. Aber es fehlt bisher ein klares und umsetzbares Konzept für die Sozial-, Familien-und Gesundheitspolitik, was zur Aufrechterhaltung der bestehenden Fassaden führt, die weder in der alten noch in neuer Weise funktionieren können. Schon in den letzten Jahren der Regierung Kädär war eine Tendenz zu beobachten, nach der der Abbau der staatlichen Finanzierung mit einer Erweiterung der privaten Initiativen in der Kultur, Sozial-und Gesundheitspolitik verknüpft war. Aber wo sind die dazu notwendigen Ressourcen dieser enteigneten und gleichgeschalteten Gesellschaft, und wo sind ihre (früher existierenden) Erfahrungen mit solidarischer, autonomer Selbstorganisation und Selbsthilfe nach vier Jahrzehnten der als „sozialistische Errungenschaft“ vielgepriesenen Verstaatlichung dieser Bereiche?

Ein Dilemma läßt sich hier identifizieren: Wenn der staatliche Sektor seine Zuständigkeiten für und Verfügungsrechte über gewisse soziale Funktionen nicht aufgibt, reproduziert er das alte System, aber seine radikale Beschneidung schiebt die wesentlichen und ehemals funktionierenden Bereiche ins Abseits. Nur ein sehr maßvoller, parallel zur Wiederherstellung der Marktmechanismen zu entwikkelnder Umbau des Sozialstaates, eine „soziale Marktwirtschaft“, wie die Parteien dies nach bundesdeutschem Vorbild nennen, könnte die Gefahren vermeiden. Das ist aber in der gegenwärtigen Mangelsituation nur sehr schwer zu verwirklichen. Die Umstellung hat bisher Anarchie mehr als Markt gebracht.

Die sozialen Spannungen und Kosten des Über-gangs von der Plan-zur Marktwirtschaft sind während der sogenannten Taxifahrer-Blockade im Oktober 1990 in einer schwerwiegenden politischen Krise manifest geworden Obwohl der Protest von einer Gruppierung des Mittelstandes, von Unternehmern im Personen-und Güterverkehr angeführt wurde (mit dem Ziel der Verhinderung bzw. Rückgängigmachung von Benzinpreiserhöhungen), waren am Rande der Fahrzeugbarrikaden Verarmte (Pensionäre, Obdachlose und Arbeitslose) zu sehen, was als ein Protest gegen die „unsoziale“ Wirtschaftspolitik der Regierung gedacht war und auch so interpretiert wurde. Es gibt nur eine sehr begrenzte Bereitschaft für die Übernahme von sozialen Kosten des Übergangs durch die Wohlhabenden und zugleich eine Toleranz-schwelle bei den Armen, die nicht weiter zu belasten sind. Mit den wirtschafts-und sozialpolitischen Zielvorstellungen der christlich-nationalen Regierung ist die ungarische Entwicklung weit entfernt von der Schocktherapie eines Balczerowicz in Polen oder eines Väclav Klaus in der Tschechoslowakei, aber auch dieser Weg scheint zu unvermeidlichen Konflikten zwischen Sozialverträglichkeit und Rationalisierung zu führen.

Während für die „Abfederung“ der unumgänglichen sozialen Kosten nur das Mittel ihrer mehr oder minder geschickten Verteilung bleibt -die jede Opposition gerne der Regierung überläßt -, ist mit dem Thema „Eigentum“ ein zentraler Prüfstein im Streit um wirtschaftspolitische Konzepte der Parteien erreicht, in der heiklen Frage von Privatisierung und Reprivatisierung

Die Frage von der „Wiedergutmachung“ und/oder „Reprivatisierung“ wurde schon vor dem Systemwandel diskutiert, aber die entscheidenden Konturen des Reprivatisierungskonzeptes sind 1991 herausgearbeitet worden. Dabei kam es zu einer Zerreißprobe in der Regierungskoalition mit der Kleinlandwirtepartei. Die Position der Kleinlandwirtepartei ist als „fundamentalistisch“ zu bezeichnen: Nach dem Zweiten Weltkrieg war sie eine treibende Kraft bei der Neuverteilung des Bodens, besonders des Groß-grundbesitzes an Landlose und Kleinbauern, und schon in der Zwischenkriegszeit trat sie (ähnlich wie andere „Agrarparteien“ Ostmittel-europas) für eine ausgeglichene Grundeigentumsstruktur ein. Nach dem Systemwandel festigte sie die „historischen Rechte“ von „ 1947“ -nach der Aufteilung des Großgrundbesitzes und vor der Kollektivierung -und betrieb damit die Auflösung der kollektiven Agrarbetriebe. Die Legitimitätsgrundlage dieser Konzeption ist in dem „Gerechtigkeitsprinzip“ zu verorten, das an dem Modell einer Gesellschaft der kleinen „Farmer“ orientiert war.

Die liberalen Oppositionsparteien haben unterschiedliche Standpunkte vertreten. Nach Ansicht der Jungdemokraten sollten die neuen Generationen nicht für die nichtbeglichenen Schulden der Väter und Großväter zur Rechenschaft gezogen werden. Deshalb nehmen sie gegen die Entschädigung und Reprivatisierung Stellung, befürworten damit allerdings nicht die Erhaltung existierender Strukturen, sondern ihre Zerschlagung durch Privatisierung an die gegenwärtig kapitalstärksten Wirtschaftssubjekte. Diese rationale Argumentation und die Ablehnung der Gedanken von historischen Rechten wurde bei den Freien Demokraten durch ein „nivellierendes“ Konzept er-, gänzt: Da alle unter den Kommunisten gelitten hätten, sollten alle gleichermaßen an den vergesellschafteten Gütern beteiligt werden. Diese radikaldemokratische, auf Gleichheitsprinzip und Individualität aufbauende Auffassung wird in derselben Weise der gesellschaftlich-historischen Realität gerecht wie der ihr als Vorbild dienenden Vertragstheorie.

Die Sozialisten wendeten sich gegen jegliche Form von Reprivatisierung und traten für die Erhaltung der Formen „kollektiven Eigentums“ und der Genossenschaften ein. Die führende Kraft der Regierungskoalition, die MDF, hat versucht, entsprechend ihrem Selbstverständnis als „nationales Zentrum“ bzw. „Volkspartei“, eine Kompromißlösung vorzubereiten, in der Entschädigung, Privatisierung, Reprivatisierung und der Erhalt von „lebensfähigen Genossenschaften“ eine Einheit bilden können. Das mehrmals modifizierte „Entschädigungsgesetz“ befristete die Anmeldung von Ansprüchen bis Mitte Dezember 1991. Die Lösung dieser riesigen administrativen Aufgabe, die vor vierzig Jahren kollektivierten Vermögen in äußerst differenzierten Entschädigungs-, Rückgabe-und Privatisierungsverfahren umzuwandeln, wird verheerende Konsequenzen für die ungarische Wirtschaft und Gesellschaft haben, die sich derzeit noch gar nicht kalkulieren lassen. Eindeutig handelt es sich bei der Wiederherstellung alter Eigentumspositionen bzw. ihrer Entschädigung um staatsinterventionistische Eingriffe in Wirtschaft und Gesellschaft. Die neuen oder wiedereingesetzten wirtschaftlichen Akteure werden die Produkte eines „politischen Kapitalismus“ sein. Parallel dazu läuft die Privatisierung durch eine Art von Treuhand-Institution, die auch in Ungarn im Mittelpunkt der Kritik steht 2. Vergangenheitsbewältigung und politische Kultur Die sich wandelnden Strukturen bestimmen auch das Verhältnis zur Vergangenheit und den Problemkomplex der Bewältigung des kommunistischen Erbes (wie in allen ostmitteleuropäischen Ländern einschließlich der ehemaligen DDR Die Vergangenheit drängt sich gleich mehrfach auf: bei Problemen der Alltagskultur (Statuen, Straßen-und Ortsnamen, Symbole, Denkmäler usw.), und damit im Zusammenhang der Neubestimmung von Mechanismen des Vergessens und des Gedenkens, sowohl individuell (Lebenslauf, Verdrängungen, Tabus) als auch gruppenspezifisch (Geschichtsinterpretation, Geschichtsunterricht, politische Bildung). Eine besondere Herausforderung stellt die „Verrechtlichung“ dieser Neu-bestimmung des Gedächtnisses dar, deren positive Folgen die verschiedenen Entschädigungen und nachträglichen Vergüngstigungen sind, während sich die negativen Sanktionen gegen diejenigen richten, die einer Aufarbeitung ihrer sozialistischen Vergangenheit bisher ungeschoren aus dem Weg gehen konnten.

Im ungarischen Fall sind besonders die mit der antistalinistischen Revolution von 1956 entstandenen Unterdrückungsmaßnahmen und Verfolgungen bis zum Sturz Kädärs noch gar nicht aufgearbeitet worden. Schon früher vorgenommene Rehabilitierungen und Verurteilungen waren halbherzig und ungenügend und haben wichtige Komplexe, wie z. B. die Verfolgung von Kardinal Mindszenty und anderer Geistlicher, bisher gar nicht berührt. Eine beeindruckende symbolisch-kulturelle Eröffnung des Tabubruchs im Zusammenhang der Ereignisse von 1956 stellte die Wiederbeerdigung des Führers der Revolution, Imre Nagy, und seiner Kampfgefährten am 16. Juni 1989, am Gedenktag ihrer Hin-richtung, dar Damit wurde eine Reihe von Neu-interpretationen, Rehabilitierungen und Entschädigungen eröffnet (für Lagerinsassen, Kriegsgefangene, politische Gefangene), die das „Entschädigungsgesetz“ vollenden sollte. Nach der ersten Welle positiver Sanktionen ist aber auch die Frage der negativen Sanktionen, der Verurteilung der „Täter“, in den Vordergrund getreten.

Das MDF hat schon früh einen „Justitia“ -Plan vorgelegt zur Aufarbeitung der „Sünden des Kommunismus“, insbesondere um der „Täter“ rechtlich habhaft zu werden. Im Herbst 1991 wurde im Parlament eine auf der Basis dieses Initiativpaketes entstandene Gesetzesvorlage eingebracht und anschließend verabschiedet. Das Gesetz hebt die Verjährung bestimmter Straftaten (Mord, schwere Körperverletzung mit Todes-folge, Landesverrat) auf und emotionalisierte damit die (noch laufenden) Diskussionen um die Vergangenheitsbewältigung in einer für Ungarn bisher ungewohnten und leider wenig zivilisierten Form. Ungeachtet der juristischen und politischen Konsequenzen fühlt man sich mit den Problemen einer nicht-oder antidemokratischen politischen Kultur konfrontiert

Die Abgrenzung von Opfer und Täter fällt nach Jahrzehnten manchmal schwer. Die Rachsüchtigen sehen sich im Besitz des Schlüssels zu Wahrheit und Gerechtigkeit und meinen, sich über alle Zweifelsfragen hinwegsetzen zu können. Das ist, gemessen an ihrem tatsächlichen Leiden, psychologisch verständlich -nur, wie lassen sich die aus diesen Gefühlszuständen resultierenden Forderungen mit den Institutionen des Rechtes und des Rechtsstaates vereinbaren? Bei den Diskussionen um das neue Gesetz ist der Konflikt im Verhältnis der materiellen zur formellen Gerechtigkeit hervorgetreten, der besonders dann brisant wird, wenn die Verfahrensregeln des Rechtsstaates in Frage gestellt werden. Das MDF steht zwischen den aufgepeitschten Leidenschaften der Opfer, die nicht immer eindeutig als solche zu identifizieren sind, und dem Wunsch, die Revisionen und Verfahren nach rechtsstaatlichen Grundsätzen zu lösen. Es muß an die nicht sehr ruhmreiche Phase Ungarns während der deutschen Okkupation im Zweiten Weltkrieg erinnert werden, als den Besetzern eine hohe Zahl von anonymen Anschuldigungen zugespielt wurde. Kann „Justitia“ die persönlichen Verfehlungen und Racheakte von der „Verrechnung“ fernhalten? Hat es einen Sinn, nach Jahrzehnten eines ursprünglich erzwungenen, aber dann doch realen gesellschaftlichen Friedens die alten Konflikte Wiederaufleben zu lassen?

Wer wirklich Vergangenheitsbewältigung will, darf nicht bei der kommunistischen Vergangenheit aufhören, und doch fällt genau dies den an die vorkummunistischen Traditionen anknüpfenden Regierungsparteien schwer. Diese Traditionen sind nach den Jahrzehnten der Verfolgung und Verdrängung „geheiligt“ und ohne Hinterfragung in die Politik zurückgekehrt, obwohl auch sie an den Maßstäben der demokratischen Werte zu prüfen wären. Können sie Träger einer neuen politischen Kultur in Ostmitteleuropa werden? Intoleranz, Nationalismus, Gewalt und die Verfolgung von Minderheiten und Andersdenkenden sind in dieser Region nicht erst die „Innovationen“ der kommunistischen Politik gewesen.

Das Wiederaufflammen alter Konflikte, das Wiederaufleben alter Denkweisen ist ein sehr gefährliches Spiel unter dem Deckmantel der Vergangenheitsbewältigung, weil man mit der Verurteilung der Kommunisten indirekt die Rehabilitierung aller von ihnen verdrängten politischen Traditionen in die Wege leiten könnte. Das Zusammenwirken von nicht-oder antidemokratischen Traditionselementen der vorkommunistischen politischen Kultur mit der Erblast der kommunistischen Periode stellt eine schwerwiegende Herausforderung für die neuen Demokratien in Ostmitteleuropa dar. Hier ist, „last but not least“, das Problem des ansteigenden Nationalbewußtseins hervorzuheben. Das Wiederaufflammen von Nationalitätenkonflikten, von nationalen Komplexen und „Wunden“ nach Jahrzehnten der Verdrängung ist in der politischen Rhetorik mit dem Wunsch, Mitglied der EG zu werden, „problemlos“ zu vereinigen -aber nicht in der politischen Wirklichkeit. Der Konsens der neuen Demokratien sollte statt an Traditionselementen und an der Berufung auf nationale und ethnische Identitäten an einem „Verfassungspatriotismus“ orientiert werden, der die Gemeinsamkeiten der neuen Demokratien in ihren Zielen und Institutionen untereinander und mit Westeuropa betont. Der gewaltlose, konsensuale, institutionalisierte Weg ist der einzige, der von Ostmitteleuropa nach Europa führt.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Der Begriff Ostmitteleuropa, wie er hier verwendet wird, geht auf den ungarischen Historiker Jenö Szücs, Die drei historischen Regionen Europas, Frankfurt am Main 1991, zurück. Von den postkommunistischen Ländern dieser Region werden Tschechoslowakei hier nur Polen, die und Ungarn analysiert, weil der DDR durch die Wiedervereinigung der Anschluß an die westliche Region gelungen ist, und die Westperipherie der in Auflösung befindlichen Vielvölkerstaaten Sowjetunion und Jugoslawien noch nicht vom eigentlichen Ost-und Südosteuropa getrennt zu sehen ist.

  2. Einen Überblick über die neueren Diskussionen gibt Ferenc Miszlivetz, Mitteleuropa -Der Weg nach Europa, in: Die Neue Gesellschaft/Frankfurter Hefte, 38 (1991) 11, S. 970-983.

  3. Vgl. Ralf Dahrendorf, Betrachtungen über die Revolution in Europa, Stuttgart 1990.

  4. Vgl. Jaques Rupnik/Dominique Moisi, 1989 in historischer Perspektive, in: Transit, (1991) 1, S. 5-16.

  5. Vgl. Rainer Deppe/Helmut Dubiel/Ulrich Rödel (Hrsg.), Demokratischer Umbruch in Osteuropa, Frankfurt am Main 1991.

  6. Vgl. Mt Szabo, Die Rolle von sozialen Bewegungen im Systemwandel in Osteuropa: ein Vergleich zwischen Ungarn, Polen und der DDR, in: Österreichische Zeitschrift für Politikwissenschaft, 20 (1991) 3, S. 275-289.

  7. Seymour M. Lipset/Stein Rokkan, Cleavage Structures, Party Systems, and Voter Alignments: an Introduction, in: dies. (Eds.), Party Systems and Voter Alignments: Cross-National Perspectives, New York 1967, S. 1-67.

  8. Vgl. Jacques Rupnik, Das Ende des Kommunismus und das Wiedererwachen der Nationalismen (mit Diskussion), in: Transit, (1990) 1, S. 132-153.

  9. Vgl. Erhard Busek/Gerhard Wilfinger (Hrsg.), Aufbruch nach Mitteleuropa, Wien 1986; Hans-Peter Burmeister/Frank Boldt/György Mszros (Hrsg.), Mitteleuropa -Traum oder Trauma?, Bremen 1988; Sven Papcke/Werner Weidenfeld (Hrsg.), Traumland Mitteleuropa?, Darmstadt 1988; Frank Herterich/Christian Semler (Hrsg.), Dazwischen. Ostmitteleuropäische Reflexionen, Frankfurt am Main 1989.

  10. Vgl. Kathrin Sitzler, Regionale Kooperation und europäische Integration, in: Südosteuropa, 39 (1990) 11-12, S. 686-708.

  11. Vgl. Agnes Heller/Ferenc Fehr, Ungarn 1956. Geschichte einer antistalinistischen Revolution, Hamburg 1982.

  12. Vgl. Ferenc Fehr, „Kädärismus“. Analyse des tolerantesten Blocklandes Osteuropas, in: ders. /Agnes Heller (Hrsg.), Diktatur über die Bedürfnisse, Hamburg 1979, S. 119-161; Hubertus Knabe, Der Kädärismus und seine Auswirkungen auf das politisch-soziale System in Ungarn, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 36-37/87, S. 13-25.

  13. Vgl. Andräs Bozöki, Political Transition and Institutional Changes in Hungary, in: Südosteuropa, 39 (1990), 9, S. 538-549.

  14. Vgl. Klaus Ziemer, Auf dem Weg zum Systemwandel in Polen, in: Osteuropa, 39 (1989) 9, S. 11 f.; Georg W. Strobel, Politisches System und Pluralismus in Polen, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 12-13/90, S. 3-16; Wulf Schade, Das Parteienspektrum in der Republik Polen, in: Osteuropa, 41 (1991) 10, S. 953-963; Ursula Feist/Pavel Uttitz, Parteien und Wahlen in der Tschechoslowakei, in: Zeitschrift für Parlamentsfragen, 21 (1990) 4, S. 582-600; Karel Vodicka, Die neue Parteienlandschaft in der Tschechoslowakei, in: Osteuropa, 41 (1991) 2, S. 150-160.

  15. Vgl. Georg Brunner, Das Regierungssystem -Verfassung und Verwaltung, in: Klaus D. Grothusen (Hrsg.), Ungarn. Südosteuropa-Handbuch, Bd. V, Göttingen 1987, S. 212-249.

  16. Vgl. Kathrin Sitzler, Ungarns politische Reformen im Spiegel der neuen Verfassungskonzeption, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 23/89, S. 29-38; Gabor Haimai, Die Verfassung der Republik Ungarn, in: Jahrbuch des öffentlichen Rechts der Gegenwart, 39 (1990), S. 258-283.

  17. Textveröffentlichung (Ungarische) in: Sändor Kurtän/Pter Sändor/Läszlö Vass (Hrsg.), Magyarorszäg Politikai Evkönyve (Jahrbuch für Ungarische Politik), Budapest 1991, S. 428-430.

  18. Der Beschluß ist gekürzt abgedruckt (ungarisch) in: Magyar Hirlap vom 24. September 1991.

  19. Vgl. Georg Brunner, Ansätze zu einem „sozialistischen Parlamentarismus“ im sowjetischen Hegemonialbereich, in: Ralf Rytlewski (Hrsg.), Politik und Gesellschaft in sozialistischen Ländern (Politische Vierteljahresschrift, 30 [1989] Sonderheft 20), S. 151-177.

  20. Vgl. Istvän Somogyvri, Törvnyalkots 1990-ben, in: S. Kurtän/P. Sändor/L. Vass (Anm. 17), S. 447-456.

  21. Vgl. Richard Nunez, Nhny megjegyzes a magyar Parlament felügyaeleti funkciöjäröl, in: S. Kurtän/P. Sändor/L. Vass (Anm. 17), S. 146-149.

  22. Vgl. Gäbor Haimai, Alkotmäny es alkotmänybiräskodäs, in: S. Kurtän/P. Sändor/L. Vass (Anm. 17), S. 149-156.

  23. Vgl. Milhäly Bihari, The Political System in Hungary, in: Attila Gergely (Ed.), Almanach of the Institute of Sociology of the Hungarian Academy of Sciences, Budapest 1988, S. 15-25.

  24. Vgl. Mihly Bihari, Change of Regime and Power in Hungary, in: S. Kurtän/P. Sändor/L. Vass (Anm. 17), S. 33-48.

  25. Zur Entwicklung von Parteiensystem, Wahlrecht und Wahlverfahren vgl. Rudolf Töks, Vom Post-Kommunismus zur Demokratie. Politik, Parteien und Wahlen in Ungarn, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 45/90, S. 16-33; Andräs Körösänyi, Hungary, in: Electoral Studies, 9 (1990) 4, S. 337-345; ders., Revival of the Past or a New Beginning? The Nature of Post-Communist Politics, in: Political Quarterly, 62 (1991) 1, S. 52-75; Attila Ägh, The Year of Incomplete Changes, in: S. Kurtän/P. Sändor/L. Vass (Anm. 17), S. 16-32; John R. Hibbing/Samuel C. Patterson, A Democratic Legislature in the Making: the Historie Hungarian Elections of 1990, in: György Szoboszlai (Ed.), A Magyar Politikatudomänyi Trsasg Evkönyve, Budapest 1990, S. 117-128; Jänos Simon/Läszlö Bruszt, Ungarisches Wählerverhalten an der Schwelle zur parlamentarischen Demokratie, in: Südosteuropa, 39 (1990) 1, S. 36-51; Zoltän Bräny, On the Road to Democracy: the Hungarian Elections of 1990, in: Südosteuropa, 39 (1990) 5, S. 318-329.

  26. Vgl. die Szonda-Ipsos -Ergebnisse, kommentiert in: Magyar Hemzet vom 23. Mai 1991.

  27. Vgl. Jänos Simon, A „nem-välasztök“ välasztäsa, in: S. Kurtän/P. Sändor/L. Vass (Anm. 17), S. 120-128.

  28. Vgl. Lszl Thoma, A magyar szakszervezetek talakuläsa 1988-1990, in: S. Kurtän/P. Sändor/L. Vass (Anm. 17.), S. 388-392.

  29. Vgl. Kukorelli Istvän, Pärtok, civil tärsadalom a Parlamenten kivül, in: S. Kurtän/P. Sändor/L. Vass (Anm. 17.), S. 187-193; Zoltän Töth, Önkormänyzati välasztäsok, in: ebd., S. 195-207.

  30. Vgl. Miklös Losoncz, Die Entwicklung der ungarischen Wirtschaft 1945-1988, in: Heiner Timmermann (Hrsg.), Ungarn nach 1945, Saarbrücken 1990, S. 187-201; Andreas Wass von Czege, Ungarische Wirtschaftspolitik in der Nachkriegszeit, in: H. Timmermann (ebd.), S. 201-233.

  31. Vgl. Gerd Biro, Diversifizierung der ungarischen Außenwirtschaftsbeziehungen, in: Südosteuropa, 40 (1991) 9, S. 527-537.

  32. Vgl. Ulrich E. Cichy, Trotz Reformen am Rand des wirtschaftlichen Abgrunds, in: Vierteljahresschrift der Friedrich-Ebert-Stiftung, (1990) 122. S. 365-377; Joseph Pozsgai, Ungarn: Der schwierige Übergang von der Planwirtschaft zum Markt, in: Südosteuropa, 40 (1991) 1-2, S. 117-121.

  33. Vgl. Mt Szabö, Das erste Jahr der Republik Ungarn: Von der Etablierung der parlamentarischen Demokratie zu ihrer ersten Krise, in: Südosteuropa, 40 (1991) 3-4, S. 156-169.

  34. Vgl. Dokumentation und Analyse der Wirtschaftspolitik der im Parlament vertretenen Parteien (ungarisch), in: S. Kurtän/P. Sändor/L. Vass (Anm. 17), S. 346-388.

  35. Vgl. Gerd Bird, Privatisierung in Ungarn, in: Südosteuropa, 39 (1990) 11-12, S. 673-685; zu den Umwälzungen s. a. Jänos Mtys Koväcs, Das Große Experiment, Über die Grenzen unseres ökonomischen Wissens, in: Transit, (1990) 1, S. 84-110.

  36. Siehe dazu den Sonderband Rückkehr der Geschichte?, Transit, (1991) 2; Läszlö Varga, Geschichte in der Gegenwart -das Ende der kollektiven Verdrängung und der demokratische Umbruch in Ungarn, in: R. Deppe/H. Dubiel/U. Rödel (Anm. 5.), S. 206-221.

  37. Vgl. Mt Szabö, Kriterien des Gedenkens. Die Bestattung von Imre Nagy als politisches Symbolereignis, in: Osteuropa, 41 (1991) 10, S. 985-997.

  38. Vgl. Eine Frage der Katharsis, in: Budapester Rundschau vom 18. November 1991, S. lf.

  39. Vgl. Miklös Szabö, Restauration oder Aufarbeitung? Geschichte und politische Kultur in Ungarn, in: Transit, (1991) 2, S. 72-81; ders. A nemzeti srelmek szerepe a rendszervlts folyamatäban in: S. Kurtän/P. Sandor/L. Vass (Anm. 17.), S. 228-234.

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Mate Szabo, Dr. rer. pol., geb. 1956; Dozent für Politikwissenschaft an der Universität Eötvös Loränd, Budapest, Fakultät für Staats-und Rechtswissenschaften; z. Z. Stipendiat der Alexander von Humboldt-Stiftung beim Institut für Politische Wissenschaft der Universität Hamburg. Veröffentlichungen u. a.: Neue soziale Bewegungen in Ungarn, in: Wolfgang Luthardt/Arno Waschkuhn (Hrsg.), Politik und Repräsentation, Marburg 1988; Political Education in Hungary, in: Südosteuropa, (1989) 7-8; Legitimationsprobleme des institutioneilen Wandels -der Fall Ungarn, in: Südosteuropa, (1990) 3-4; Die Rolle von sozialen Bewegungen im Systemwandel in Osteuropa, in: Österreichische Zeitschrift für Politikwissenschaft, 20 (1991) 3.