Die EG-Öko-Audit-Verordnung im verflixten siebten Jahr. Geschichte und Zukunft einer ungewöhnlichen Ehe zwischen staatlicher Regulierung und freiwilligem betrieblichen Umweltschutz. | APuZ 48/1999 | bpb.de
Die EG-Öko-Audit-Verordnung im verflixten siebten Jahr. Geschichte und Zukunft einer ungewöhnlichen Ehe zwischen staatlicher Regulierung und freiwilligem betrieblichen Umweltschutz.
Alexandra Bültmann/Frank Wätzold
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Zusammenfassung
Mit der EG-Öko-Audit-Verordnung hat die Europäische Union einen gesetzlichen Rahmen für freiwilligen betrieblichen Umweltschutz geschaffen. Vereinfacht erklärt, ist die Öko-Audit-Verordnung ein Umweltmanagementstandard, der zusätzlich Vorschriften über ein Zertifizierungssystem mit unabhängigen Umweltgutachtern und Registrierungsstellen enthält. In Deutschland wurde nach langen Diskussionen ein System geschaffen, in dem die Schlüsselfunktionen, d. h. die Zulassung und Kontrolle von Umweltgutachtern und die Registrierung teilnehmender Unternehmen, von wirtschaftsnahen Organisationen wahrgenommen werden. Nicht zuletzt deshalb ist die Zahl der teilnehmenden Unternehmen in Deutschland vergleichsweise hoch. Allerdings ist die Anzahl der Neuzugänge seit einigen Monaten rückläufig. Wichtige Gründe hierfür sind die Konkurrenz der privaten Umweltmanagementnorm ISO 14001 und die Erfahrung vieler Unternehmen, daß sich der durch die Teilnahme am Öko-Audit erworbene Imagegewinn nur begrenzt in konkreten Vorteilen wie Umsatzsteigerung, günstigen Versicherungskonditionen oder einer verbesserten Kooperation mit Behörden niedergeschlagen hat. Dementsprechend wurden im Rahmen der anstehenden Revision der Öko-Audit-Verordnung eine Reihe von Änderungen erarbeitet, die an diesen beiden Punkten ansetzen. Der Herausforderung der ISO 14001 soll dadurch begegnet werden, daß einerseits in organisatorischen Fragen eine Annäherung gesucht und andererseits das Öko-Audit als Auszeichnung für ökologische Höchstleistungen von der ISO-Norm abgesetzt wird. Um das Öko-Audit für die Unternehmen attraktiver zu machen, will man insbesondere auf die verstärkte Information der Öffentlichkeit und Vollzugserleichterungen für teilnehmende Unternehmen setzen.
I. Einleitung
Mit der EG-Öko-Audit-Verordnung (Verordnung [EWG] Nr. 1836/93 vom 29. Juni 1993) hat die Europäische Union einen gesetzlichen Rahmen für freiwilligen Umweltschutz der Wirtschaft geschaffen Diese auf den ersten Blick verblüffende Kombination aus staatlicher Regulierung und freiwilligem betrieblichen Umweltschutz befindet sich nun im siebten Jahr ihrer Existenz. Das siebte Jahr, das gemeinhin als Bewährungsprobe für viele Ehen gilt, wird auch für die weitere Entwicklung des Öko-Audit-Systems von großer Bedeutung sein. Im europäischen Vergleich haben in Deutschland bisher sehr viele Unternehmen an EMAS teilgenommen, doch ist in der letzten Zeit die Zahl der Neuzugänge rückläufig. Wichtige Gründe hierfür sind die Konkurrenz des von der privaten International Standardisation Organisation entwickelten Umweltmanagementstandards ISO 14001 und die Erfahrung vieler Unternehmen, daß sich der durch die Teilnahme am Öko-Audit erworbene Imagegewinn nur begrenzt in konkreten Vorteilen wie Umsatzsteigerungen oder einer verbesserten Kooperation mit Behörden niedergeschlagen hat. Alle genannten Aspekte spielen bei der aktuellen Diskussion um die anstehende Revision der Öko-Audit-Verordnung auf europäischer Ebene eine wichtige Rolle.
Ziel unseres Beitrages ist es, die bisherige Entwicklung des Öko-Audit-Systems in Deutschland nachzuzeichnen und die Gründe für die im Ver gleich mit anderen Ländern hohen Teilnehmer-zahlen zu analysieren. Darauf aufbauend diskutieren wir die aktuellen Probleme des Systems in Verbindung mit möglichen Lösungsansätzen.
II. Die Öko-Audit-Verordnung
Abbildung 5
Abbildung 2: Nutzeneffekte durch die Teilnahme am Öko-Audit Quelle: Vorläufige Ergebnisse einer vom UBA 1998 durchgeführten Erhebung (die Angaben beziehen sich auf 890 ausgewertete Fragebögen; die endgültigen Ergebnisse sind im Erscheinen).
Abbildung 2: Nutzeneffekte durch die Teilnahme am Öko-Audit Quelle: Vorläufige Ergebnisse einer vom UBA 1998 durchgeführten Erhebung (die Angaben beziehen sich auf 890 ausgewertete Fragebögen; die endgültigen Ergebnisse sind im Erscheinen).
Vereinfacht erklärt, ist die Öko-Audit-Verordnung ein Umweltmanagementstandard, der zusätzlich Vorschriften über ein Zertifizierungssystem mit unabhängigen Umweltgutachtern und Registrierungsstellen umfaßt. An dem Standard können sich alle Unternehmen beteiligen, die an einem oder mehreren Standorten eine gewerbliche Tätigkeit ausüben. Die Teilnahme an diesem Standard ist freiwillig, aber sobald sich ein Unternehmen zur Teilnahme entschließt, muß es die Anforderung der Verordnung erfüllen (siehe Abbildung 1). Zunächst wird eine betriebliche Umweltpolitik formuliert, in der umweltbezogene Gesamtziele und Handlungsgrundsätze festgelegt werden. Dies muß die Verpflichtungen einschließen, alle einschlägigen Umweltvorschriften einzuhalten und den betrieblichen Umweltschutz kontinuierlich zu verbessern. In einer ersten Umweltprüfung wird die aktuelle Situation des betrieblichen Umweltschutzes am Standort erhoben. Aufbauend auf den allgemeinen Zielen der betrieblichen Umweltpolitik und den Ergebnissen der Umweltprüfung wird ein Umweltprogramm erstellt. Das Programm enthält nicht nur konkrete Ziele, sondern auch getroffene oder geplante Maßnahmen zur Erreichung der Ziele und Fristen für die Durchführung der beschlossenen Maßnahmen. Weiterhin muß ein Umweltmanagementsystem geschaffen werden, das die Organisationsstruktur, Verantwortlichkeiten und Abläufe des betrieblichen Umweltschutzes festlegt. Nachdem das Umweltmanagementsystem in Kraft ist, wird eine Umweltbetriebsprüfung durchgeführt, die das bestehende Umweltmanagementsystem daraufhin untersucht, ob es geeignet ist, die firmeninternen und gesetzlichen Vorgaben und Ziele zu erreichen. Auf der Grundlage der Umweltbetriebsprüfung werden neue Ziele festgelegt und gegebenenfalls Korrekturmaßnahmen eingeleitet. Die Öffentlichkeit wird über den betrieblichen Umweltschutz in einer Umwelterklärung informiert. Diese muß alle für den betrieblichen Umweltschutz wichtigen Faktoren enthalten und, soweit sie in relevantem Umfang existieren, in einer Zusammenfassung quantitativer Kenngrößen (z. B. Schadstoffemissionen) darstellen. Schließlich muß das Unternehmen Umweltprogramm, Umweltmanagementsystem und Umweltbetriebsprüfung von einem unabhängigen Umweltgutachter prüfen und die Umwelterklärung validieren lassen.
Mit der anschließenden Aufnahme in ein offizielles Register ist das Unternehmen berechtigt, eine sogenannte Teilnahmeerklärung zu führen und diese für Werbezwecke einzusetzen. Eine Verwendung der Teilnahmeerklärung für die Produktwerbung ist allerdings nicht gestattet. Die Eintragung in das Register ist jeweils für drei Jahre gültig. Wenn das Unternehmen längerfristig im Register verbleiben möchte, muß es in einem dreijährigen Zyklus die Umweltbetriebsprüfung wiederholen, die Umwelterklärung aktualisieren und eine eineute Überprüfung und Validierung veranlassen.
Gemäß Artikel 1 der Öko-Audit-Verordnung werden die genannten Schritte mit dem Ziel durchgeführt, den betrieblichen Umweltschutz zu verbessern
III. Entstehung der Öko-AuditVerordnung und ihre Umsetzung in Deutschland
1. Entstehungsgeschichte der europäischen Verordnung
Die Idee, ein europäisches Öko-Audit-System zu schaffen, tauchte zu Beginn der neunziger Jahre in der Europäischen Kommission auf Im Dezember 1990 veröffentlichte die Kommission einen Vorschlag für ein obligatorisches Öko-Audit-System, der von der europäischen Wirtschaft vehement abgelehnt wurde. Zentraler Kritikpunkt war der verpflichtende Charakter des geplanten Audit-Systems. Die Kommission legte daraufhin im März 1992 einen erneuten Vorschlag vor, der nunmehr eine freiwillige Teilnahme am Öko-Audit vorsah. Daraufhin wurde die Einführung einer Verordnung nur noch von der deutschen Wirtschaft, ebenso wie von der Bundesregierung, abgelehnt. Ein wichtiger Grund für die ablehnende Haltung der deutschen Unternehmen ist in ihrer traditionell technologieorientierten Auffassung von Umweltschutz zu sehen. Ein typisch deutsches Unternehmen, das mit einem Umweltproblem konfrontiert wurde, sah bislang die primäre Lösung in der Entwicklung und dem Einbau einer Reinigungstechnologie. Die mit der Öko-AuditVerordnung verbundene managementorientierte Herangehensweise war den Unternehmen fremd. Zudem befürchtete die deutsche Wirtschaft, daß das in Deutschland zur damaligen Zeit hohe Umweltbewußtsein der Bevölkerung die Unternehmen zur Teilnahme zwingen könnte, die Verordnung also de facto ihren freiwilligen Charakter verlieren würde. Auf dem Treffen des EU-Ministerrats im März 1993 wurde die Verordnung von allen Mitglieds-Staaten außer Deutschland unterstützt. Die Bundesregierung wußte, daß sie langfristig die Verordnung nicht verhindern konnte, da der sich bereits abzeichnende Vertrag von Maastricht für die Verabschiedung der Öko-Audit-Verordnung nicht mehr Einstimmigkeit fordern, sondern eine Mehrheitsregel vorsehen würde. Insofern akzeptierte Deutschland die Verordnung, so daß sie im Juni 1993 verabschiedet werden konnte.
2. Entwicklung des deutschen Zulassungs-, Aufsichts-und Registrierungssystems
Die Öko-Audit-Verordnung verlangt von den Mitgliedstaaten die Schaffung eines Systems zur Zulassung und Aufsicht von Umweltgutachtern sowie zur Registrierung von teilnehmenden Unternehmensstandorten.
Nachdem die Öko-Audit-Verordnung verabschiedet worden war, änderte die deutsche Wirtschaft ihre ablehnende Haltung, und ihre Verbände beteiligten sich intensiv an der Diskussion um die Ausgestaltung des Zulassungs-, Aufsichts-und Registrierungssystems. Die Auseinandersetzung hierüber fand in erster Linie zwischen Unternehmensverbänden und dem Bundesministerium für Wirtschaft auf der einen Seite sowie Umweltverbänden und dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) auf der anderen Seite statt Die „Wirtschaftsseite“ strebte ein System mit möglichst geringer Bedeutung staatlicher Stellen an und forderte, daß die Zulassungs-, Kontroll-und Registrierungsaufgaben von wirtschaftsnahen Organisationen vorgenommen werden sollten Die Wirtschaftsverbände vermuteten, daß ein starker staatlicher Einfluß zu zusätzlichen behördlichen Kontrollen und unnötigem bürokratischen Aufwand führen würde. Die Unternehmensvertreter argumentierten, daß angesichts des freiwilligen Charakters der Verordnung ein von der Mehrzahl der Unternehmen akzeptiertes System eine notwendige Bedingung für hohe Teilnehmerzahlen wäre. Die „Umweltseite“ forderte hingegen einen starken staatlichen Einfluß bei den Zulassungs-, Aufsichts-und Registrierungsaufgaben. In einem zu starken Einfluß von wirtschaftsnahen Organisationen wurde eine Gefahr für die Unabhängigkeit,
Glaubwürdigkeit und Transparenz des Systems gesehen.
In Anbetracht der Tatsache, daß der Erfolg von EMAS von der Akzeptanz der Unternehmen abhängt, setzte sich die Wirtschaftsseite durch. Die wesentlichen Aufgaben im Rahmen der Zulassung und Kontrolle von Umweltgutachtern wurden an die neu gegründete wirtschaftsnahe Deutsche Akkreditierungs-und Zulassungsgesellschaft für Umweltgutachter mbH (DAU) delegiert. Allerdings ist dem BMU die RechtsaufSicht über die DAU übertragen und um einige fachaufsichtliche Elemente (die Befugnis, neben der Rechtmäßigkeit auch die inhaltliche Richtigkeit bestimmter Aufsichtsentscheidungen zu überprüfen) erweitert worden. Ergänzend wurde ein pluralistisch zusammengesetzter Ausschuß -der Umweltgutachterausschuß (UGA) -eingerichtet. Seine wesentlichen Aufgaben sind die Erarbeitung von Richtlinien für die Zulassungs-und Aufsichtstätigkeiten der DAU und die Beratung des BMU in allen Zulassungs-und Aufsichtsfragen. Die Registrierungstätigkeiten wurden den Industrie-und Handelskammern (IHK) und Handwerkskammern (HwK) übertragen. Bevor sie einen Standort in das Register aufnehmen, müssen die Kammern allerdings die zuständigen Umweltbehörden informieren und ihnen die Möglichkeit einräumen, gegen die geplante Registrierung zu protestieren, falls der Registrierungskandidat nicht alle relevanten Umweltvorschriften einhält. Das deutsche Zulassungs-, Aufsichts-und Registrierungssystem wurde im Umweltauditgesetz (UAG) gesetzlich verankert.
3. Das Zulassungs-, Auf'sichts-und Registrierungssystem in der Praxis
Die Durchführung der Zulassung und Aufsicht von Umweltgutachtern obliegt der DAU Im Rahmen der Zulassung ist sicherzustellen, daß die Antragsteller zuverlässig, unabhängig und fachkundig sind. Während die Prüfung der ersten beiden Kriterien anhand schriftlich eingereichter Unterlagen erfolgt, wird die Fachkunde in einer mündlichen Prüfung festgestellt. Seit Ende 1996 liegt die Durchfallquote bei rund 60 Prozent, nachdem sie anfangs deutlich niedriger war. Bei den Aufsichtsverfahren über die Umweltgutachter wird zwischen Regel-und Anlaßaufsicht unterschieden. Die Regelaufsicht erfolgt alle drei Jahre und kontrolliert sowohl das Fortbestehen der Zulassungsanforderungen als auch die Dualität der vorgenommenen Begutachtungen. Neben einer ausführlichen Prüfung der Begutachtungsun-terlagen (z. B. Niederschriften über Besuche auf dem Betriebsgelände) wird jeweils abwechselnd ein Witnessaudit (Begleitung des Umweltgutachters bei der Begutachtung eines Unternehmens) und ein Geschäftsstellenaudit (Kontrolle der Geschäftsräume des Umweltgutachters) durchgeführt. Eine Anlaßaufsicht erfolgt, wenn Anhaltspunkte für einen Pflichtenverstoß des Umweltgutachters vorliegen.
Bis September 1999 wurden etwa 110 Regelaufsichts-und 74 Anlaßaufsichtsverfahren durchgeführt bzw. eingeleitet. Die Anlaßaufsicht resultierte zumeist aus einer Vereinbarung zwischen den registerführenden Kammern und der DAU, die vorsieht, daß die DAU informiert wird, wenn es im Zuge der Registrierung Probleme gibt. Bei den gemeldeten Problemen handelte es sich i. d. R. um den Einwand einer Behörde, daß ein bereits begutachteter Standort gegen Umweltvorschriften verstoße. In einem solchen Fall wird automatisch ein Aufsichtsverfahren gegen den beteiligten Umweltgutachter eröffnet. Obwohl einige Aufsichtsverfahren eingestellt wurden, weil sich der Einwand der Behörde als unbegründet erwies, lag in den meisten Fällen ein Fehlverhalten des Umweltgutachters vor. Bisher hat die DAU sowohl im Rahmen der Regel-als auch der Anlaßaufsicht relativ milde Sanktionen ergriffen. In den meisten Fällen erfolgte ein Hinweis, der eher erläuternden Charakter hat, oder eine Verwarnung, die einen eher mahnenden Charakter aufweist. In einigen wenigen Fällen hat die DAU darüber hinaus eine erneute Begutachtung des Standortes angeordnet und durch ein Witnessaudit begleitet. In keinem Fall ist jedoch die Weiterführung der gutachterlichen Tätigkeit untersagt oder die Zulassung entzogen worden. Zu berücksichtigen ist allerdings, daß die DAU für die Aufsichtsmaßnahmen Gebühren verlangt, die ebenfalls als eine Art Sanktion wirken.
Im Rahmen des Registrierungsverfahrens werden von den registerführenden Kammern eine Reihe von Gegebenheiten und Unterlagen kontrolliert. Geprüft wird u. a., ob der Umweltgutachter für die entsprechenden Unternehmensbereiche zugelassen ist und ob die in der Öko-Audit-Verordnung enthaltenen Anforderungen an den Inhalt der Umwelterklärung vollständig erfüllt sind. Bei Beanstandungen der Kammern (bisher bei ca. fünf Prozent der Anträge) werden Nachbesserungen verlangt, und die Eintragung in das Register erfolgt erst, wenn diese erfüllt sind. Zeitgleich zu den Prüfungen der Kammern wird bei den zuständigen Umweltbehörden nachgefragt, ob ein Verstoß gegen einschlägige Umweltvorschriften vofliegt. Erhebt die Behörde Einspruch (bisher in ca.sechs Prozent der Anträge) und stellt sich heraus, daß das Unternehmen tatsächlich gegen Umwelt-vorschriften verstößt, so verlangen die Behörden in der Regel einen Sanierungsplan, der sicherstellt, daß der Verstoß in einem absehbaren Zeitraum beseitigt ist. In den allermeisten Fällen gelingt es, eine Einigung zwischen Behörde und Unternehmen zu erzielen. Zu einer Verweigerung der Eintragung kam es bisher erst einmal, und aus dem Register gestrichen wurde noch kein Standort. Als Gesamteindruck kristallisiert sich heraus, daß die am Zulassungs-, Aufsichts-und Registrierungssystem beteiligten Organisationen bisher zuverlässig arbeiten. Die wirtschaftsnahen Organisationen scheinen im Rahmen der Kontroll-und Registrierungsaufgaben Fehlverhalten von Umweltgutachtern und Unternehmen konsequent zu verfolgen, sie jedoch nicht allzu streng zu sanktionieren. Die Tatsache, daß das Fehlverhalten häufig eher auf Anfangsschwierigkeiten mit dem System und Problemen mit der Interpretation der Öko-Audit-Verordnung als auf „böse Absicht“ zurückzuführen war, läßt ein anfänglich mildes Vorgehen gerechtfertigt erscheinen. Die Gründe dafür, daß sich die Befürchtungen der Kritiker eines wirtschaftsnahen Systems bisher nicht erfüllt haben, dürften in einer für das Öko-Audit-System spezifischen Interessen-konstellation liegen. Ein unglaubwürdiges ÖkoAudit-System ist für die beteiligten Unternehmen und Wirtschaftsverbände nutzlos. Damit die EMAS-Teilnehmer positive Imageeffekte realisieren können, muß EMAS von der umweltorientierten Öffentlichkeit akzeptiert werden. Es sollte allerdings nicht vergessen werden, daß ein Aufsichtssystem mit hoher Kontrolldichte nur die Wahrscheinlichkeit erhöht, daß der Umwelt-gutachter bei Fehlverhalten entdeckt wird. Kein Kontrollsystem ist in der Lage, Fehlverhalten hundertprozentig auszuschließen
IV. Zwischenbilanz -Gründe für die vergleichsweise hohen Teilnehmer-zahlen in Deutschland
Am 24. April 1999 waren in Deutschland 2 020 Standorte registriert, dies entsprach 74, 7 Prozent aller 2 704 EU-weit registrierten Standorte. Berücksichtigt man, daß Deutschland als einziges EU-Mitgliedsland gegen die Öko-Audit-Verordnung opponiert hat, ist dies ein erstaunliches Ergebnis. Als Erklärungen für die positive Resonanz der Unternehmen sind die wirtschaftsnahe Ausgestaltung des Zulassungs-, Aufsichts-und Registrierungssystems sowie die Unterstützung der teilnehmenden Unternehmen mit Information, Beratung und finanziellen Mitteln zu nennen. Zudem lassen Umfragen, in denen registrierte Unternehmen nach dem Nutzen der Teilnahme am Öko-Audit gefragt wurden, erkennen, daß ein Nachholbedarf in Sachen Umweltmanagement besteht.
1. Nachholbedarf in Sachen Umweltmanagement
Abbildung 2 zeigt, welche Vorteile sich für deutsche Unternehmen durch die Teilnahme am ÖkoAudit realisiert haben. Im Rahmen einer Befragung wurden die Unternehmen gebeten, auf einer Skala von 0 (trifft nicht zu) bis 10 (trifft voll zu) anzugeben, welche Nutzeneffekte sie durch die EMAS-Teilnahme erzielen konnten.
An erster Stelle der Nutzeneffekte steht die Verbesserung von Organisation und Dokumentation (7. 7) . Auch in bezug auf die Erhöhung der Rechtssicherheit (7, 2), die Verbesserung des Firmen-image (6, 9) und die Motivation der Mitarbeiter (6, 6) konnten relativ große Wirkungen erzielt werden. Allerdings scheint sich die Imageverbesserung nur in geringem Maße in konkreten Vorteilen wie einer verbesserten Kooperation mit Behörden (4. 8) , positiven Markteffekten (4, 2) oder günstigeren Versicherungen und Krediten (2, 4) niedergeschlagen zu haben. Die Erzielung von Kosteneinsparungen rangiert ebenfalls relativ weit unten (4, 2). Einer anderen Unternehmensbefragung zufolge amortisiert sich die Einführung eines Umweltmanagementsystems bei knapp der Hälfte der Unternehmen dennoch in durchschnittlich weniger als 1, 5 Jahren Die von den Unternehmen besonders herausgestellten Gebiete Organisation und Dokumentation sind originäre Bestandteile von (Umwelt-) Managementsystemen. Daß speziell in diesen Bereichen Verbesserungen erzielt werden konnten, läßt darauf schließen, daß viele deutsche Unternehmen in Sachen Umweltmanagement einen Nachholbedarf besaßen bzw. noch besitzen. 2. Förderung von Öko-Audit-Teilnehmern Weitere Gründe für die hohen Teilnehmerzahlen sind in dem umfangreichen Informations-und Beratungsangebot sowie der finanziellen Unterstützung der am Öko-Audit teilnehmenden Unternehmen zu sehen. In Deutschland werden Fördermaßnahmen insbesondere von den Wirtschaftsund Umweltministerien der Länder sowie den HwK und IHK durchgeführt. Eine von den Autoren durchgeführte Umfrage hat ergeben, daß nahezu alle Kammern und Ministerien in irgendeiner Form in diesem Bereich tätig sind Während sich die Kammern grundsätzlich auf die Bereitstellung von Information und Beratung beschränken, sind die Ministerien zumeist in beiden Bereichen aktiv. Die finanzielle Förderung umfaßt sowohl die Unterstützung von Pilotprojekten als auch die Breitenförderung. Es kann vermutet werden, daß zwischen 30 und 60 Prozent aller EMAS-Teilnehmer finanzielle Unterstützung erhalten haben
3. Einfluß wirtschaftsnaher Organisationen
Die Öko-Audit-Verordnung dürfte nicht zuletzt durch die Einbeziehung von wirtschaftsnahen Organisationen in das Zulassungs-, Aufsichts-und Registrierungssystems auf eine positive Resonanz bei den Unternehmen gestoßen sein. Die Befürchtung der Unternehmen, daß ihre Teilnahme am Öko-Audit zu zusätzlichen behördlichen Kontrollen oder unnötigem administrativen Aufwand füh-ren könnte, wurde damit abgeschwächt. Außerdem haben die Wirtschaftsverbände ein Interesse daran, für ein System zu werben, in dem sie die Schlüsselpositionen besetzen. Ein besonderes Interesse an hohen Teilnehmerzahlen haben die IHK und HwK. Sie sind darauf angewiesen, die für die Registrierungstätigkeit anfallenden Kosten durch die Gebühren zu decken, die sie von den registrierten Standorten erheben. Nicht zuletzt damit kann das große Engagement der Kammern bei den Beratungs-und Informationsmaßnahmen erklärt werden, die so eine Nachfrage nach der angebotenen Dienstleistung „Registrierung“ zu erzeugen suchen.
Zusammenfassend läßt sich festhalten, daß die Einbindung der Unternehmensverbände in das Zulassungs-, Kontroll-und Registrierungssystem von zentraler Bedeutung für die vergleichsweise hohen Teilnehmerzahlen in Deutschland ist. Dies hat nicht nur den Unternehmen Vertrauen in EMAS vermittelt, sondern auch die Kammern neben den Landesministerien zu einer umfassenden Fördertätigkeit veranlaßt. Ironischerweise dürfte auch die traditionelle Technologieorientierung deutscher Unternehmen, die ursprünglich mitverantwortlich für die Ablehnung der ÖkoAudit-Verordnung war, zum Erfolg des ÖkoAudits beigetragen haben. Die bisher wenig ausgeprägte Managementorientierung deutscher Unternehmen führt nun dazu, daß sie von der Beteiligung an einem Umweltmanagementstandard besonders profitieren können.
V. Aktuelle Entwicklungen
1. Anzahl der Teilnehmer steigt langsamer
In den letzten Monaten zeichnete sich ab, daß sich die bisherige Erfolgsgeschichte von EMAS in Deutschland möglicherweise nicht fortsetzen wird. So wurden in den ersten vier Monaten des Jahres 1999 durchschnittlich ca. 50 zusätzliche EMAS-Teilnehmer pro Monat registriert, während der monatliche Zuwachs im Durchschnitt des Jahres 1998 noch bei ca. 65 Teilnehmern lag.
Wichtige Gründe für diese Entwicklung sind einerseits die Erfahrung vieler Unternehmen, daß ihre Teilnahme am Öko-Audit weder von Behörden, Kunden oder Versicherungen noch von der breiten Öffentlichkeit in dem erwarteten Maße honoriert wird, und andererseits die Konkurrenz des Umweltmanagementstandards ISO 14001.
2. Herausforderung durch die ISO 14001
Bei der Verabschiedung der Öko-Audit-Verordnung existierte noch kein international gültiger Umweltmanagementstandard; insofern war das Öko-Audit-System konkurrenzlos. Dies änderte sich im Oktober 1996, als die ISO-Norm 14001 für Umweltmanagementsysteme in Kraft trat. Inzwischen ist die ISO 14001 der weit-und europaweit meisteingesetzte Umweltmanagementstandard. In Deutschland waren am 24. April 1999 bereits 1 300 Unternehmen nach ISO 14001 zertifiziert, EU-weit betrug die Zahl 4 527 Für den relativen Erfolg der ISO-Norm gibt es eine Reihe von Gründen Zu nennen sind die weltweite Gültigkeit, die leichtverständliche Beschreibung des Umweltmanagementsystems und die dem Gualitätsmanagementstandard ISO 9001 verwandte Sprache und Struktur. Es ist anzunehmen, daß auch die vergleichsweise geringen Anforderungen der ISO 14001 für eine Reihe von Unternehmen als Pluspunkt gelten. Der ISO-Standard sieht weder die Veröffentlichung einer Umwelterklärung vor, noch ist die Einhaltung aller umweltrechtlichen Vorschriften und die kontinuierliche Verbesserung des betrieblichen Umweltschutzes unabdingbare Voraussetzung für eine Zertifizierung. Im Zusammenhang mit der anstehenden Revision der Öko-Audit-Verordnung (EMAS II) wurde eine Reihe von Vorschlägen entwickelt, wie EMAS für die Unternehmen attraktiver werden und der Herausforderung durch die ISO 14001 standhalten könnte.
VI. Revision der Öko-AuditVerordnung
In Artikel 20 der Öko-Audit-Verordnung ist festgelegt, daß das Öko-Audit-System spätestens fünf Jahre nach Inkrafttreten der Verordnung anhand der gemachten Erfahrungen überprüft und gegebenenfalls geändert werden soll. Am 30. Oktober 1998 hat die Europäische Kommission einen entsprechenden Änderungsentwurf zur Beratung vor-gelegt. Nach den Stellungnahmen der zuständigen Ausschüsse und des Europäischen Parlaments hat der EU-Ministerrat am 24. Juni 1999 eine leicht veränderte Fassung des Entwurfs verabschiedet. Zur endgültigen Verabschiedung einer revidierten Öko-Audit-Verordnung ist es erforderlich, daß auch das Europäische Parlament dieser veränderten Fassung zustimmt. Zur Zeit (August 1999) steht die Zustimmung des Parlaments noch aus.
Angesichts der in Kapitel 5 beschriebenen Entwicklungen ist es ein wichtiges Ziel der Revision, die Attraktivität des Öko-Audits zu erhöhen. In bezug auf die ISO 14001 wird angestrebt, die Konkurrenzsituation, die sich zwischen den beiden Standards entwickelt hat, zu entschärfen. Zu diesem Zweck wird einerseits in organisatorischen Fragen wie der Ausgestaltung des Umweltmanagementsystems eine Annäherung an die ISO-Norm gesucht. Andererseits wird EMAS im Sinne einer „ökologischen Star Performance“ von der ISO-Norm abgegrenzt, indem die zusätzlichen Anforderungen der Öko-Audit-Verordnung betont werden Im folgenden werden wir ausgewählte Aspekte der geplanten Revision vorstellen und vor dem Hintergrund der in Deutschland gemachten Erfahrungen diskutieren Die vom Ministerrat gebilligte Fassung des Entwurfs bildet die Grundlage unserer Ausführungen.
1. Übernahme des Umweltmanagementsystems der ISO 14001
Der Entwurf für eine revidierte Öko-Audit-Verordnung sieht vor, die in der Öko-Audit-Verordnung enthaltenen Vorschriften für Umweltmanagementsysteme durch die wörtliche Übernahme des entsprechenden Teils der ISO 14001 zu ersetzen. Die Einrichtung eines Umweltmanagementsystems dürfte durch die Übernahme der Vorschriften der ISO 14001 für viele Unternehmen einfacher und damit kostengünstiger werden. Bisher gibt es keine Anhaltspunkte dafür, daß die in der ISO 14001 und der Öko-Audit-Verordnung enthaltenen Vorschriften für Umweltmanagementsysteme den betrieblichen Umweltschutz nicht gleichermaßen fördern können. Insofern ist die Übernahme des Managementteils der ISO 14001 als effizienzsteigernde Maßnahme zu begrüßen. Ein weiterer positiver Effekt ist die erhöhte Kompatibilität der beiden Standards. Den Unternehmen wird es erleichtert, sich nach beiden Standards zertifizieren zu lassen oder zwischen ISO 14001 und EMAS zu wechseln.
2. Verbesserung des Bekanntheitsgrades von EMAS
Im aktuellen Entwurf zu EMAS II finden sich drei Maßnahmen, mit deren Hilfe das Öko-Audit der Öffentlichkeit nähergebracht werden soll. Erstens werden die Mitgliedstaaten in Artikel 12 (1) nicht nur aufgefordert, die Öffentlichkeit über EMAS zu informieren, sondern es werden auch explizit die Mittel genannt, mit denen die Informationen transportiert werden sollen (Fachveröffentlichungen, Lokalzeitungen, Werbekampagnen oder andere geeignete Maßnahmen). Die Angabe konkreter Mittel geht über Artikel 15 der ursprünglichen Verordnung hinaus. Zweitens soll ein werbewirksames Logo geschaffen werden, das es den Unternehmen erleichtert, mit ihrer Teilnahme am Öko-Audit zu werben (Art. 8). Das Zeichen darf auf validierten Umwelterklärungen, eingetragenen Briefköpfen und anderen umweltbezogenen Informationsmaterialien verwendet werden. Das Aufdrucken auf Produkten oder Produktverpackungen ist nicht gestattet, um Verwechslungen mit produktbezogenen Umweltzeichen zu vermeiden. Drittens wird die Möglichkeit eröffnet, bestimmte Informationen aus der Umwelterklärung heraus-zugreifen und im Rahmen anderer umweltbezogener Veröffentlichungen zu verwenden. Grundsätzlich sind alle drei Maßnahmen zu befürworten. Der vom Gesetzgeber intendierte Effekt, daß die Unternehmen von der allgemeinen Öffentlichkeit, Nachbarn oder Verbrauchern für die Teilnahme am Öko-Audit belohnt werden, kann nur dann zur Wirkung kommen, wenn das Öko-Audit bekannt und die Teilnahme leicht kommunizierbar ist. Die Maßnahmen zielen in diese Richtung. Damit tragen sie dazu bei, die Attraktivität des Öko-Audits, auch im Vergleich zu der weniger auf Öffentlichkeitswirkung setzenden ISO 14001, zu steigern.
3. Deregulierung /Substitution für Unternehmen mit Öko-Audit-Zertifikat
Der EMAS-II-Entwurf enthält eine Aufforderung an die Mitgliedstaaten, die Teilnahme eines Unternehmens am Öko-Audit beim Vollzug von Umweltvorschriften in der Weise zu berücksichtigen, daß unnötige Doppelarbeit bei Unternehmen und Uberwachungsbehörden vermieden wird (Art. 10). Im Klartext heißt das, daß die Kontrollen durch den Umweltgutachter und die Veröffentlichung der Umwelterklärung dazu genutzt werden sollen, den registrierten Standorten Erleichterungen bei bestehenden Kontroll-und Berichtspflichten zu gewähren.
Unter den Stichworten Substitution und Deregulierung sind in Deutschland bereits Schritte in diese Richtung unternommen worden. Im Rahmen des „Umweltpakts Bayern“ hat Bayern als erstes Bundesland begonnen, Unternehmen mit Öko-Audit-Zertifikat entsprechende Erleichterungen einzuräumen. Inzwischen sind andere Bundesländer diesem Beispiel gefolgt. Um das Thema Substitution/Deregulierung ist in Deutschland eine hitzige Diskussion entbrannt. Die Befürworter argumentieren, daß die Kontrollen durch zugelassene Umweltgutachter in Verbindung mit dem unter staatlicher Letztkontrolle stehenden Zulassungs-, Aufsichts-und Registrierungssystem sowie der Verpflichtung, alle relevanten umweltrechtlichen Vorschriften einzuhalten, die behördliche Überwachung teilweise oder vollkommen überflüssig machten. Zudem seien die in der Umwelt-erklärung veröffentlichten und wiederum von Umweltgutachtern geprüften Umweltdaten geeignet, die Berichtspflichten an die Behörde zu ersetzen Die Gegner befürchten die Aushöhlung der Umweltgesetzgebung. Sie sind nicht davon überzeugt, daß das System der privaten, dem Wettbewerb unterliegenden Umweltgutachter eine der Behördenüberwachung adäquate Kontrolle garantieren kann
Aus unserer Sicht ist es sinnvoll, Berichtspflichten und behördliche Überwachung zu reduzieren, wenn im Rahmen der Öko-Audit-Teilnahme Vergleichbares geleistet wird. Doppelarbeiten sind nicht nur eine Verschwendung von Ressourcen, sondern dürften darüber hinaus für potentielle und tatsächliche EMAS-Teilnehmer demotivierend wirken. Die behördliche Überwachung darf aller dings nicht vollständig eingestellt werden. Müssen Unternehmen (und Umweltgutachter) nicht mit einer hinreichend großen Wahrscheinlichkeit mit der Aufdeckung von möglichen Rechtsverstößen rechnen, wird sich der Anreiz, Umweltvorschriften einzuhalten, reduzieren. Überspitzt formuliert, wäre dann das System, an dem einst Unternehmen teilgenommen haben, um sich als Umweltvorreiter zu profilieren, zu einem System geworden, an dem bevorzugt „schwarze Schafe“ teilnehmen, die der Kontrolle der Vollzugsbehörden entgehen wollen. Entsteht solch ein Bild von EMAS in der Öffentlichkeit, dürfte dies das Ende des Öko-Audits bedeuten
4. Öffnung für nichtgewerbliche Bereiche
Während die EG-Öko-Audit-Verordnung bisher nur für Unternehmen des gewerblichen Sektors offensteht, sieht der Entwurf zu EMAS II die generelle Öffnung für alle nichtgewerblichen Bereiche vor (Art. 3) Bereits in der derzeit gültigen Öko-Audit-Verordnung wird den Mitgliedstaaten explizit die Möglichkeit eingeräumt, versuchsweise nichtgewerblichen Sektoren die Teilnahme am Öko-Audit zu ermöglichen. Mit der Erweiterungsverordnung vom 3. Februar 1998 hat Deutschland von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht. Am 20. Mai 1999 waren 249 nichtgewerbliche Standorte registriert.
Die respektablen Teilnehmerzahlen nichtgewerblicher Unternehmen in Deutschland zeigen, daß hier ein Potential an zusätzlichen Teilnehmern liegt, das durch die Öffnung der Verordnung erschlossen werden kann. Allerdings hat die Heterogenität der Teilnehmer kritische Stimmen laut werden lassen. Sie befürchten, daß die Öffentlichkeit den „ökologischen Wert“ der Teilnahme nicht mehr erkennen und damit auch nicht honorieren kann, wenn die Chemiefabrik das gleiche Logo führt wie die Stadtverwaltung. Dem ist entgegen-zuhalten, daß durch den größeren Teilnehmerkreis mehr Menschen mit EMAS in Kontakt kommen. Dies trägt zur Bekanntheit von EMAS bei und erhöht die mit der Teilnahme verbundenen Image-effekte auch für gewerbliche Unternehmen. 5. Höhere Anforderungen an EMAS-Teilnahme
Der Entwurf zu EMAS II enthält eine Reihe von Vorschlägen, die darauf abzielen, durch regelmäßigere Kontrollen und Berichterstattung die Verbesserung des betrieblichen Umweltschutzes voranzutreiben bzw. die Glaubwürdigkeit des Öko-Audits zu erhöhen. Beispielsweise sieht EMAS II vor, die Aktualisierung und Validierung der Umwelterklärung nicht mehr alle drei Jahre, sondern jährlich vorzunehmen (Art. 3 [2b]).
Dieser Vorschlag ist kritisch zu beurteilen, da durch diese Verfahren Kosten verursacht werden, denen kein adäquater Nutzen gegenübersteht. Die jährliche Validierung würde kaum zu einer Erhöhung der Glaubwürdigkeit beitragen. Die Kritik an der Glaubwürdigkeit des Systems entzündet sich im Moment an dem unzulänglichen Anreiz des Umweltgutachters, strenge Kontrollen durchzuführen Wenn sich die Kritik aber auf die Validierung selbst konzentriert, führt es nicht zu einer Erhöhung der Glaubwürdigkeit des Systems, wenn diese häufiger durchgeführt wird.
Allgemein ist bei Maßnahmen zur Erhöhung der Glaubwürdigkeit respektive der Verbesserung des Umweltschutzes die folgende Problematik zu bedenken. Aktuell besteht die entscheidende Gefahr für das Öko-Audit-System in einer sinkenden Teilnahmebereitschaft. Da die Vorschläge zur Erhöhung der Glaubwürdigkeit von EMAS in der Regel mit höheren Kosten behaftet sind, führen sie tendenziell dazu, die Bereitschaft, an EMAS teilzunehmen, weiter zu verringern. Damit stehen den mit diesen Vorschlägen auf der Ebene des betrieblichen Umweltschutzes erreichten ökologischen Verbesserungen geringere Teilnehmerzahlen gegenüber. Insofern ist in der Summe für den Umweltschutz nicht unbedingt etwas gewonnen. Diese Analyse behält nicht ihre Gültigkeit, wenn EMAS in der Zukunft in eine Glaubwürdigkeitskrise gerät. Dann sind höhere Anforderungen an eine EMAS-Teilnahme möglicherweise die richtige Antwort.
VII. Die Zukunft des Öko-Audits
Zur Zeit geht die größte Bedrohung für die Zukunft des Öko-Audits von der abnehmenden Teilnahmebereitschaft der Unternehmen aus. Diese ist sowohl auf die mangelnde Attraktivität des Öko-Audits als auch auf die Konkurrenz des ISO-Standards 14001 zurückzuführen. Dementsprechend enthält der Entwurf zu EMAS II eine Reihe von Änderungsvorschlägen, die an diesen beiden Punkten ansetzen.
Unserer Ansicht nach ist die gegenüber der ISO-Norm verfolgte Strategie, EMAS als den anspruchsvolleren Standard zu positionieren, der von besonders umweltengagierten Unternehmen gewählt werden kann, die einzig erfolgversprechende. Es ist unwahrscheinlich, daß es auf Dauer Platz für zwei gleichwertige Systeme gibt, und ein Kräftemessen auf der gleichen Ebene würde unweigerlich zugunsten des ISO-Standards ausgehen. Die ISO 14001 bietet Vorteile, z. B. weltweite Gültigkeit, bei denen EMAS per definitionem nicht mithalten kann.
Auch die zur Steigerung der Attraktivität des Öko-Audits vorgeschlagenen Maßnahmen sind grundsätzlich zu begrüßen. Das gilt um so mehr, als sie darauf gerichtet sind, gerade aus den Zusatzanforderungen der Öko-Audit-Verordnung Nutzen zu ziehen und so aus Unternehmenssicht gegenüber der ISO-Norm bestehende Nachteile in Vorteile zu verwandeln. Dennoch sei an dieser Stelle noch einmal betont, daß insbesondere im Zusammenhang mit Vollzugserleichterungen die Glaubwürdigkeit des Öko-Audits nicht aus dem Blickfeld geraten darf. Der Ruf, der Standard für besonders umweltbewußte Unternehmen zu sein, ist schnell verspielt. Insgesamt wird die Zukunft des Öko-Audits davon abhängen, inwieweit es gelingt, die Attraktivität von EMAS für die Unternehmen zu erhöhen, ohne die Glaubwürdigkeit des Öko-Audits zu gefährden. Ob die im Rahmen von EMAS II geplanten Maßnahmen dies erreichen können, werden die folgenden Monate zeigen.
Alexandra Bültmann, Diplomvolkswirtin, geb. 1971; seit 1998 wissenschaftliche Mitarbeiterin am UFZ-Umweltforschungszentrum Leipzig-Halle (Abt. Ökologische Ökonomie und Umweltsoziologie). -Veröffentlichungen u. a.: Produktökobilanzen und ihre Anwendung in deutschen Unternehmen, Berlin 1997; Die Förderung des ÖkoAudit-Systems in Deutschland, Leipzig 1999. Frank W ätzold, Dr. rer. pol., geb. 1965; seit 1997 Wissenschaftler am UFZ-Umweltforschungszentrum Leipzig-Halle (Abt. Ökologische Ökonomie und Umweltsoziologie). -Veröffentlichungen u. a.: Umweltökonomische Konzeptionen bei ökologischer Unsicherheit, Berlin 1998; Aufsätze zu den Themen Öko-Audit, Umweltabgaben sowie Ökonomie und Naturschutz.
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