"Es gibt Jahrzehnte, in denen nichts passiert, und Wochen, in denen Jahrzehnte passieren." Von wem dieses Zitat auch stammt (Lenin war es nicht!), er hatte sicher Wochen wie die im Februar 2025 vor Augen. Irgendwann in der kurzen Zeitspanne zwischen der Rede des US-Verteidigungsministers Pete Hegseth beim Treffen der Ukraine-Kontaktgruppe in Brüssel am 12. Februar, der Rede des amerikanischen Vizepräsidenten JD Vance auf der Münchner Sicherheitskonferenz am 14. Februar und dem Rauswurf des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj aus dem Weißen Haus am 28. Februar ist etwas Grundlegendes zwischen Europa und den USA zerbrochen – vielleicht sogar das westliche Bündnis selbst.
In seiner ersten Rede vor europäischen NATO-Mitgliedstaaten stellte Hegseth gleich zu Beginn fest, was aus US-Sicht alles nicht mehr zur Debatte stehe: weder eine NATO-Mitgliedschaft der Ukraine als Teil der Friedensverhandlungen mit Russland, noch eine vollständige Wiederherstellung der ukrainischen Souveränität ("ein illusorisches Ziel") oder gar eine Beteiligung der NATO oder von US-Truppen an einer künftigen Absicherungsmission.
Zwei Tage später erklärte Vance einem konsternierten europäischen Publikum auf der Münchner Sicherheitskonferenz, die größte Gefahr für Europa sei ohnehin nicht Russland oder China, sondern die "Gefahr von innen". In seiner Rede zeichnete er ein Zerrbild der europäischen Demokratien, in denen die Meinungsfreiheit ausgehöhlt und der Wählerwille systematisch missachtet werde. Dann forderte er die Europäer implizit auf, sich ideologisch der MAGA-Bewegung anzunähern und die Brandmauern zu den europäischen Rechtspopulisten einzureißen, wenn sie Verbündete Amerikas bleiben wollten.
Am 28. Februar kam es schließlich im Weißen Haus zu einem Eklat, als US-Präsident Trump und sein Vize den ukrainischen Präsidenten Selenskyj vor laufender Kamera demütigten, worauf dieser überstürzt abreiste. Zuvor hatte Trump deutlich gemacht, dass er die USA nicht länger als Partner an der Seite der Ukraine sehe, sondern als unparteiischen "Makler" zwischen den Kriegsparteien. Das Gespräch hatte aller Welt gezeigt, dass die Wiederherstellung der Beziehungen zu Russland für ihn deutlich wichtiger war als ein gerechter Frieden für die Ukraine. Vier Tage später setzte Trump die amerikanische Militärhilfe und die Versorgung mit Aufklärungsdaten für die Ukraine vorübergehend aus, um Kyjiw – und nicht Russland – zu Zugeständnissen zu zwingen.
Während des US-Präsidentschaftswahlkampfs und auch noch nach Trumps erneutem Wahlsieg am 5. November 2024 hatten die Europäer zunächst geschwankt zwischen vorsichtigem Optimismus (nach dem Motto "In Trumps erster Amtszeit waren die Beziehungen auf Arbeitsebene viel konstruktiver als erwartet") und der weit verbreiteten Sorge, dass eine Regierung Trump 2.0 ihr sicherheitspolitisches Engagement in Europa deutlich zurückfahren und die Ukraine weniger unterstützen könnte. Nach den Ereignissen vom Februar ist der Optimismus selbst in den "transatlantischsten" Ländern Europas verflogen.
Die Europäer stehen nun vor der Frage: Wie geht man damit um, wenn die Schutzmacht über Nacht zum Bully wird? Einer, der im Umgang mit der Ukraine, Dänemark oder Kanada bereits gezeigt hat, dass er nicht davor zurückschreckt, Partnern und Verbündeten die Daumenschrauben anzulegen, wenn sie nicht bereit sind, nach Trumps Playbook zu spielen. Einer, der das Wertefundament der EU als feindlich begreift. Aber auch einer, von dem die Sicherheit Europas noch immer existenziell abhängt – und mit dem die Europäer engste Handelsbeziehungen pflegen. Trumps Rückkehr ins Weiße Haus ist eine tiefe Zäsur. Die Europäer müssen sich nun als Kollektiv neu erfinden – oder aber ihr Schicksal in die Hände anderer legen.
Transatlantische Zeitenwende mit Vorboten
Dabei schien die NATO noch im April 2024, als sie ihr 75-jähriges Bestehen feierte, so relevant wie seit dem Ende des Kalten Krieges nicht mehr. Mit Finnland und Schweden hatte sie zwei mächtige neue Mitglieder gewonnen. Die europäischen Verteidigungsausgaben waren in die Höhe geschnellt, und der damalige US-Präsident Joe Biden nannte die NATO während des Jubiläumsfestaktes "die größte und effektivste Verteidigungsallianz in der Weltgeschichte". Die Amerikaner wüssten, so Biden, "dass wir mit unseren Freunden stärker sind. Und wir verstehen, dass dies eine heilige Verpflichtung ist."
Im Rückblick erscheint die Biden-Präsidentschaft gleichermaßen als letzte Sternstunde der transatlantischen Beziehungen und als Vorbotin für deren Niedergang. Als Biden im Januar 2021 nach vier disruptiven Jahren im Zeichen von America First unter Trump 1.0 sein Amt antrat, war seine wichtigste Botschaft an die Welt: "America is back, the transatlantic alliance is back."
Nach der russischen Vollinvasion der Ukraine im Februar 2022 erwies sich die Präsidentschaft Bidens als Glücksfall für Europa. Seine Regierungsmannschaft verbrachte viel Zeit und Mühe damit, die Europäer einzubinden und die westliche Unterstützung für Kyjiw zu koordinieren. Anders als die US-Regierung hatten die meisten Europäer den Krieg nicht kommen sehen. Er traf sie deshalb vollkommen unvorbereitet. Biden verstärkte rasch die amerikanische Truppenpräsenz in Europa und stellte Kyjiw umfangreiche militärische, finanzielle und humanitäre Unterstützung sowie Geheimdienstinformationen und militärische Beratung zur Verfügung. Er arbeitete dabei eng mit der Europäischen Union zusammen, um abgestimmte Sanktionen gegen Russland zu verhängen.
Mehr als dankbar überließen die Europäer – wie in so vielen Krisen des Kalten Krieges – den USA die Führung. Anstatt sich auf den Tag vorzubereiten, an dem Washington die Sicherheit Europas nicht mehr als vitales amerikanisches Interesse definieren könnte, begaben sie sich in eine noch größere Abhängigkeit vom Weißen Haus – politisch wie militärisch.
Währenddessen hatten die Europäer allerdings allzu bereitwillig ausgeblendet, dass der Krieg gegen die Ukraine zwei grundlegende Trends in den USA nicht verändert hatte: die Fokussierung der amerikanischen Außenpolitik auf Asien und die tiefe innenpolitische Spaltung in der Frage, ob die USA weiterhin in die Verteidigung Europas investieren sollen. Dabei hatte es auch unter dem europafreundlichen Biden nicht an Warnungen in diese Richtung gefehlt. Der mit den Europäern nicht abgestimmte Abzug der US-Truppen aus Afghanistan im Sommer 2021 und der AUKUS-Deal, der im darauffolgenden Herbst eine neue Sicherheitspartnerschaft zwischen den USA, Großbritannien und Australien zu Lasten Frankreichs begründete, waren die Umsetzung einer bereits von Bidens Vorgängern Obama und Trump angekündigten neuen Schwerpunktsetzung der US-Außenpolitik, der nun auch Biden folgte.
Schon damals wurden die Europäer mit den Folgen ihrer übergroßen sicherheitspolitischen Abhängigkeit von amerikanischen Fähigkeiten konfrontiert. Ohne die amerikanische Unterstützung hätten sie nicht einmal die Evakuierungsmission am Flughafen Kabul bewältigen können. "Europe, Afghanistan Is Your Wake-Up Call", schrieb der damalige Außenbeauftragte der EU Josep Borrell in einem Kommentar für die "New York Times".
Auch die Verabschiedung neuer industriepolitischer Maßnahmen wie des Inflation Reduction Act (IRA) und des CHIPS and Science Act 2022 hätte den Europäern als Warnung dienen können. Trotz der potenziell verheerenden Auswirkungen der 369 Milliarden US-Dollar umfassenden Klimasubventionen im Rahmen des IRA auf die europäische Industrie wurden die Folgen für die europäischen Verbündeten in der über ein Jahr andauernden Debatte über das Gesetz im Kongress kaum erwähnt. Wie die erste Trump-Administration förderte auch die Biden-Administration eine protektionistisch ausgerichtete Industriepolitik, die sich am unmittelbaren Nutzen für die US-Bürger orientierte. Wie zuvor beim Abzug aus Afghanistan und beim Abschluss des AUKUS-Abkommens wurden die Europäer nicht vorab konsultiert, sondern die Amerikaner folgten dem Prinzip der "Ex-post-Koordinierung" – was letztlich darauf hinauslief, sie vor vollendete Tatsachen zu stellen.
Totale Disruption unter Trump
Manches von dem, was die Europäer seit Trumps zweiter Amtseinführung am 20. Januar 2025 als tiefen Schock erleben, war also schon länger absehbar – und wäre auch bei einem anderen Wahlausgang auf sie zugekommen. So oder so besteht die Notwendigkeit für Europa, einen weitaus größeren finanziellen, personellen und materiellen Beitrag zur eigenen Sicherheit zu leisten, weil die USA ihre militärischen Ressourcen für das Engagement im indopazifischen Raum freisetzen wollen. Auch die amerikanische Erwartung, dass Europa einen immer größeren Anteil an der Unterstützung der Ukraine übernehmen und zudem den Löwenanteil der Kosten des Wiederaufbaus tragen sollte, ist keine Neuigkeit. Gleiches gilt für die europäische Chinapolitik, die die USA gerne stärker an der eigenen ausgerichtet sehen würden. Ebenso wäre Europa wohl auch im Falle eines Wahlsiegs der Demokraten mit einer tendenziell protektionistischen US-Agenda konfrontiert gewesen, die auf strategische Industriepolitik und reshoring, also die Rückverlagerung von Produktionsprozessen in die USA, zielt.
Das Ausmaß des Umbruchs, den die transatlantischen Beziehungen unter Trump nun erfahren, hat jedoch eine völlig neue Qualität – und ist auch nicht mit seiner ersten Amtszeit zu vergleichen. Die ersten Wochen von Trump 2.0 sind nicht einfach die weitere Umsetzung einer bereits seit Längerem laufenden strategischen Neuausrichtung der US-Außenpolitik. Sie bedeuten den Bruch mit dem überparteilichen Grundkonsens der vergangenen acht Jahrzehnte, der davon ausging, dass Amerikas Allianzen in Asien und Europa das Rückgrat der sogenannten liberalen internationalen Ordnung bilden und dass diese Ordnung dazu beiträgt, Amerikas Interessen und Werte zu schützen. In diesem Sinne galten die Verbündeten grundsätzlich als Multiplikatoren für Amerikas Macht und globale Strahlkraft – selbst wenn es innerhalb dieser Bündnisse immer wieder zu teils massiven Konflikten kam.
Für Trump hingegen sind Verbündete etwas, das Amerika schwächt: eine Last, kein Gewinn. Im TV-Duell mit seiner Kontrahentin Kamala Harris während des Präsidentschaftswahlkampfes 2024 sagte er: "Wir wurden von den europäischen Nationen sowohl beim Handel als auch bei der NATO abgezockt."
Ausweitung des Kulturkrieges auf Europa
Diese Überzeugungen waren zwar schon während der ersten Amtszeit Trumps handlungsleitend. Bei seinem Amtsantritt nach dem überraschenden Wahlsieg 2016 fehlte es ihm jedoch an erfahrenen Mitarbeitern, sodass er bei der Besetzung wichtiger Posten auf die "Erwachsenen im Raum" zurückgreifen musste, wie es damals hieß. Gemeint waren jene Mitglieder der traditionellen republikanischen außenpolitischen Elite, die die globale Führungsrolle der USA aufrechterhalten wollten und Amerikas Engagement in der NATO als strategisches Interesse Amerikas betrachteten. Aus dieser Erfahrung hat Trump eine wesentliche Lehre gezogen. Er und seine Unterstützer haben die Biden-Jahre dafür genutzt, Strategien zu entwickeln und qualifiziertes Personal zu rekrutieren, um sicherzustellen, dass Trump seine Ziele diesmal erreicht – und zwar ohne daran von den "Erwachsenen" oder vom sogenannten deep state gehindert zu werden.
Bei den Republikanern wurden all diejenigen, die ehemals traditionelle außenpolitische Positionen wie jene von der amerikanischen Vormachtstellung in der liberalen Weltordnung (American Primacy) und das Eintreten für den Freihandel befürworten, marginalisiert und von der Postenvergabe ausgeschlossen. In die Administration berufen wurden prioritizers, die in der Konfrontation mit China die größte Herausforderung sehen, und restrainers, die das amerikanische Engagement im Ausland grundsätzlich zurückfahren wollen.
Unter der Leitung seines Beraters Elon Musk und dessen "Department of Government Efficiency" hat sich Präsident Trump in den ersten Wochen seiner Amtszeit darauf konzentriert, die Regierungsbehörden zu demontieren, einschließlich der Schließung der United States Agency for International Development (USAID). Zehntausende von Spitzenbeamten wurden entlassen – laut Trump "die kranke politische Klasse, die unser Land hasst",
Trump und seinen Anhängern geht es um die Beseitigung dessen, was sie als tief verwurzelte "liberale Voreingenommenheit" im amerikanischen System ansehen. Es ist der Versuch, die amerikanische Demokratie von einem in den Augen der MAGA-Bewegung "fehlgeleiteten" Liberalismus zu befreien. Diesen Kulturkampf, und das ist das Neue unter Trump 2.0, hat Vizepräsident Vance im Februar 2025 auf Europa ausgeweitet. Das Bestreben, die liberalen Eliten zu entmachten, erstreckt sich nicht länger nur auf Amerika. Die Trump-Administration will auch Europa verändern und es ihrer Vorstellung von Demokratie anpassen. Damit verlieren viele europäischen Regierungen nicht nur ihren wichtigsten Wertepartner und mächtigsten Verbündeten im internationalen Systemwettbewerb.
Gleichzeitig war Vance mit einem Angebot nach Europa gereist, denn auch in Europa gibt es radikale politische Kräfte, die dem Geiste der MAGA-Bewegung nahestehen. Den Rechtspopulisten Europas bietet er ein neues transatlantisches Projekt an – vielen von ihnen sprach er in seiner Münchner Rede aus dem Herzen. Mit MAGA verbindet sie die Verachtung für "die herrschenden Eliten" und den deep state sowie der Kampf gegen Migranten, die "Klimalüge" und die "Cancel Culture". Gemeinsam ist ihnen auch die Ablehnung der EU als Institution, die vermeintlich "Wokeismus" verbreite und versuche, das Recht auf freie Meinungsäußerung einzuschränken.
Zudem müssen sich die Europäer darauf einstellen, dass die Trump-Administration ihr sicherheitspolitisches Engagement in Europa künftig an ideologische Gemeinsamkeiten knüpfen wird. Auf der für die MAGA-Bewegung wichtigen Conservative Political Action Conference in Washington am 20. Februar 2025 kritisierte Vance die Regulierung der Meinungsfreiheit im Internet durch die deutsche Bundesregierung und warnte davor, dass die amerikanische Öffentlichkeit die Verteidigung Deutschlands durch US-Soldaten nicht unterstützen könne, wenn man gleichzeitig "für einen bösen Tweet ins Gefängnis geworfen" werde.
Zwischen Management von Abhängigkeiten und Selbstbehauptung
Die transatlantischen Beziehungen haben in den zurückliegenden 80 Jahren viele Krisen erlebt. Die Zahl der Veröffentlichungen, die ein "Ende des Westens" beschworen haben, ist zahlreich – dennoch konnte bislang jeder Riss zwischen den Bündnispartnern wieder geschlossen werden. Doch dieses Mal ist es anders. Selbst wenn die Amerikaner in vier Jahren wieder einen europafreundlicheren Kandidaten (oder eine Kandidatin) wählten, gäbe es kein Zurück mehr zum Status quo ante. Trump hat der Partnerschaft die Geschäftsgrundlage entzogen. Seine Wiederwahl bestätigt die Regel, nicht die Ausnahme. Europa kann sich nicht auf ein Amerika verlassen, das "immer vier Jahre davon entfernt [ist], einen weiteren autoritären Nihilisten zu wählen", wie es der "New York Times"-Kolumnist David Brooks formulierte.
Inwieweit Trump die sicherheitspolitische Rolle der USA in Europa neu definieren wird, ist noch unklar. Nach Hegseths Brüsseler Rede weiß man, dass es das Ziel ist, die konventionelle Verteidigung so weit wie möglich auf die Europäer zu übertragen. US-Truppen sollen nicht mehr länger das Rückgrat der Vorwärtsverteidigung an der NATO-Ostflanke bilden, sondern nur noch als letztes Mittel zur Verfügung stehen. Geht es also vor allem darum, von einer tragenden Säule der europäischen Sicherheit zu einer unterstützenden Kraft zu werden? Oder muss sich Europa notfalls ganz ohne die USA verteidigen können? Schon nach den Erfahrungen der ersten Wochen von Trumps zweiter Amtszeit sollten die Europäer mit letzterem Szenario rechnen und entsprechend reagieren. Sie müssen die Fragmentierung der europäischen Verteidigungslandschaft überwinden, eine starke, wettbewerbsfähige und innovative verteidigungstechnologische und -industrielle Basis in Europa aufbauen und insgesamt mehr und intelligenter in ihre Verteidigungsfähigkeit und innovative Technologien investieren. Nur so können sie ihre Erpressbarkeit verringern.
Aber sie dürfen sich keinen Illusionen hingeben. Auch wenn sie jetzt mit Hochdruck daran arbeiten, ihre eigenen Fähigkeiten aufzubauen, ihre Streitkräfte zu verstärken und die amerikanischen Beiträge zur europäischen Sicherheit qualitativ und quantitativ zu ersetzen: Ohne die USA werden sich die Europäer mindestens in den nächsten fünf bis zehn Jahren nicht verteidigen können. Die Amerikaner stellen den Löwenanteil der sogenannten strategic enabler, zum Beispiel Aufklärung, Luftbetankung und Satellitenkommunikation. Sie können auf eine große Zahl schnell verlegbarer, kampfstarker Streitkräfte mit umfangreichen Munitionsvorräten zurückgreifen, über die die meisten europäischen Staaten nicht verfügen. Angesichts der nuklearen Drohgebärden Putins ist die amerikanische Nukleargarantie zudem ein elementarer Bestandteil der Abschreckung Russlands und die Lebensversicherung Europas. Frankreichs atomare force de frappe kann eine Ergänzung sein, und es lohnt sich, darüber mit Paris ins Gespräch zu kommen. Aber sie kann die erweiterte nukleare Abschreckung durch die USA nicht ersetzen.
Die Europäer haben also keine Wahl: Sie müssen alles daran setzen, auch mit der Trump-Administration konstruktiv zusammenzuarbeiten und gleichzeitig ihre eigene Unabhängigkeit mit hohem Tempo voranzutreiben. Im Idealfall gelingt es ihnen, mit den USA einen Plan auszuhandeln, in dem konkrete Schritte und eine Zeitachse für die Übernahme der konventionellen Verteidigungsfähigkeit Europas festgelegt werden. Ob sie diesen schwierigen Balanceakt vier Jahre lang durchhalten können, ist alles andere als sicher. Wenn sie sich nicht auseinanderdividieren lassen, wird am Ende ein neues Europa stehen.