Die Ursprünge des modernen philippinischen Nationalstaats gehen auf die sich überlappende Geschichte dreier Imperien zurück: Spanien, USA und Japan. Dies macht die Philippinen zu einer Art imperialem Artefakt: Die spanischen, nordamerikanischen und japanischen Kolonialregime sowie deren postkolonialer Nachfolger, die Republik, versuchten, Macht über das gesellschaftliche Leben zu erlangen, wurden jedoch selbst von den neuen Formen des Lebens untergraben und überwunden, die sie hervorgebracht hatten. Es ist diese dialektische Bewegung von Imperien, die sich deutlich an der Geschichte der Philippinen ablesen lässt.
Zunächst wäre da der Name. Die Bezeichnung „Philippinen“, oder einst „las islas Filipinas“, leitet sich von Philipp II. ab, dem habsburgischen Thronfolger, und wurde von einem der spanischen Entdecker geprägt, kurz bevor diese 1565 den Archipel besetzten. Vor der spanischen Eroberung gab es keine „Philippinen“. Im Gegensatz zu anderen Teilen Südostasiens gehörten die Inseln nie zu einem größeren asiatischen Reich; genauso wenig standen sie unter Einfluss einer der „großen Traditionen“ Asiens. Mit anderen Worten waren die Bewohner jener Inseln, die später als las islas Filipinas bekannt wurden, zunächst frei von imperialen Launen.
Worin bestand diese Freiheit? Spanische Berichte über die indigene Bevölkerung zum Zeitpunkt des Kontakts, Mitte des 16. Jahrhunderts, vermitteln ein auffallend einheitliches Bild von den typischen Merkmalen der vorkolonialen Gesellschaft.
Vorkoloniale Gesellschaftsstruktur
Die indigenen Gemeinschaften waren in relativ autonomen Dörfer organisiert, angeführt von einem Häuptling, einem sogenannten Datu, dessen Familie sowie einer Gruppe loyaler Krieger, sogenannte Maharlika und Timaua (wörtlich: befreite Männer). Diese wurden wiederum von ihren Sklaven unterstützt, von denen die meisten eher Schuldknechte als Leibeigene waren. Es kam nicht selten vor, dass Sklaven mit ihren Herren verwandt waren. Ihr Status als Sklaven war in feine Abstufungen der Abhängigkeit unterteilt, nach der Nähe zum Haus ihres Herren, den Bedingungen ihrer Gefangenschaft, der Art und Frequenz ihrer Dienste und so weiter. Es war durchaus möglich, dass Versklavte und Herren Mischehen eingingen und ihr Nachwuchs schließlich freigelassen wurde. Ebenso bestand die Chance, dass Sklaven genug Ressourcen anhäufen konnten, um ihre Freiheit zu erkaufen und später selbst Sklaven zu besitzen (die wiederum ihre eigenen Sklaven besitzen konnten und so weiter).
Spanische Herrschaft
Bei ihren Versuchen, den Archipel zu erobern, wurden spanische Missionare zu den wichtigsten Akteuren der Kolonialherrschaft. Wie in den Amerikas studierten sie systematisch die indigenen Kulturen und Sprachen, um in den lokalen Sprachen predigen zu können. Durch ihr Werk der Evangelisierung schufen sie die Grundlage einer kolonialen öffentlichen Sphäre, getragen von der periodischen Einhaltung von Ritualen und Festtagen. Die Missionare monopolisierten die technischen Mittel der Repräsentanz: Sie veröffentlichten die ersten Bücher, schränkten den Umlauf nicht-religiöser Publikationen ein und regelten die Inhalte und Methoden der Grundbildung und der höheren Bildung. Sie dominierten außerdem die koloniale Politik und prangerten die Missetaten spanischer Beamter an, während sie örtliche Wahlen beaufsichtigten, um sich gegen Ketzer und Umstürzler abzusichern. Durch das Taufen, Trauen und Bestatten lernten die Missionare die intimsten Details aus den Leben ihrer Gemeindemitglieder kennen. Zum Beispiel konnten die Priester durch das Abnehmen von Beichten und das Auftragen von Buße das Verhalten der Bekehrten besser kontrollieren, ihre Gedanken und Handlungen überwachen. Auf diese Weise übte der Missionar eine Macht aus, die in keinem Verhältnis zu seinen religiösen und sozialen Funktionen stand. Wie ein Beobachter es formulierte, war ein spanischer Mönch mehr wert als 300 spanische Soldaten.
Neben spanischen Mönchen gab es eine andere Gruppe, die es den Spaniern ermöglichte, die Inseln zu halten: die Chinesen, oder genauer gesagt, Händler, von denen die meisten der Hoklo-Volksgruppe angehörten, aus südlichen Provinzen wie Fukien (Fujian) oder den Städten Amoy (Xiamen) und Kanton (Guangzhou). Als Kaufleute hatten sie den niedrigsten sozialen Status im Kaiserreich China inne und lange mit den Völkern Südostasiens Handel betrieben. Die spanische Kolonisierung eröffnete neue Möglichkeiten, da die Spanier nach Waren und Dienstleistungen verlangten, die von den indigenen Völkern nicht zur Verfügung gestellt werden konnten, wie zimmern, mauern, drucken und dergleichen. Noch wichtiger war, dass chinesische Händler als Vermittler dienten, die gegen mexikanisches Silber begehrte, asiatische Güter für die Märkte Amerikas und Europas beschafften. Dieser Handel wurde bekannt als der Manila-Acapulco-Galeonenhandel. Die Spanier profitierten demnach vom Zusammentreffen chinesischer Kaufleute und indigener Arbeitskräfte und konnten auf diese Weise asiatische Produkte von Manila nach Acapulco liefern, von dort über Land nach Veracruz und schließlich über den Atlantik nach Sevilla und zu den europäischen Märkten. Die spanische Kolonisierung schaffte somit die Grundlagen für die Integration der Inseln in den globalen kapitalistischen Markt, die sich während der folgenden Jahrhunderte weiter intensivierte.
Diese Reformen berührten jeden Teil der Kolonie und lösten eine Reihe sozialer Veränderungen aus. Während sie die Ausbeutung und Armut bäuerlicher Produzenten verstärkten, bescherten sie der spanischen Kolonie enormen Wohlstand. Bescheidene Vermögen fielen Landbesitzern in den Provinzen zu, die eine neue koloniale Mittelschicht bildeten, die sich von den alten principales (Häuptlingen) von einst unterschied. Dieses neue Bürgertum war zum Großteil das Resultat von Verbindungen zwischen christianisierten, indigenen Frauen und chinesischen Männern. Die spanische Politik hatte eine explizit rassistische Ausrichtung, insbesondere mit Blick auf die Chinesen. Da sie als Bedrohung betrachtet wurden, verlangten die Spanier von den Chinesen, zum katholischen Glauben überzutreten, wenn sie im Land bleiben wollten. Um den Übertritt zu erleichtern, wurden chinesische Männer dazu ermutigt, indigene Frauen zu heiraten, die mutmaßlich helfen würden, ihre Partner innerhalb eines christlichen Umfelds zu halten. Ihre Nachkommen wurden als „chinesische Mestizen“ bezeichnet. Sie profitierten vom Geschäftssinn ihrer Väter, während sie sich mit dem katholischen Glauben und den indigenen Kulturen ihrer Mütter identifizierten, wodurch sie in der Kolonie eine besondere Stellung einnahmen.
Nahezu alle erhielten Bildung, was unter anderem hieß, dass sie Spanisch lernten. Viele besuchten die spanischen Universitäten in Manila oder Europa und kehrten mit liberalen Idealen und dem Bestreben, ihre Rechte geltend zu machen, in die Kolonie zurück. Bald stellten sie die soziale Macht und den kulturellen Einfluss der spanischen Mönche infrage, die sie als reaktionäre Kräfte und Hindernis auf dem Weg zu Fortschritt und Modernität betrachteten. Die hochgebildete und wohlhabende Mestizen- und Indio-Bourgeoisie forderte vor dem Gesetz die gleiche Anerkennung wie für Spanier und prägte somit die Anfänge eines philippinischen Nationalbewusstseins. Ganz wie die kreolischen Eliten der Amerikas fühlten sich die Filipinos berechtigt, an der Verwaltung der Kolonie mitzuwirken, von der sie ausgeschlossen wurden. Als erste selbstbewusste philippinische Bevölkerung der Kolonie organisierten sie sich, um für Reformen zu werben, Repräsentanz im spanischen Parlament einzufordern, Romane zu schreiben und Zeitungen zu veröffentlichen, in denen spanische Missetaten angeprangert wurden.
Die spanischen Behörden wiesen alle Forderungen nach Reformen zurück. Infolge des Verlusts ihres amerikanischen Imperiums in den 1820er Jahren betrachteten sie jegliche Regung kolonialer Untertanen als Umsturzversuche gegenüber dem Regime. Sie verfolgten eine Politik der harten Hand, beschuldigten philippinische Nationalisten der Subversion und inhaftieren, verbannten oder ermordeten alle, die Veränderungen forderten. Angesichts der spanischen Unterdrückung radikalisierten sich die Filipinos und begannen schließlich, für ihre Unabhängigkeit zu kämpfen. Im Jahr 1896, inmitten der kubanischen Revolution zwei Ozeane weiter, lancierten die philippinischen Nationalisten das, was die Spanier am meisten fürchteten: einen bewaffneten Sturz des Kolonialregimes, die Philippinische Revolution von 1896.
Amerikanische Invasion und Besatzung
Zwei Generationen nach dem Amerikanischen Bürgerkrieg und kaum anderthalb Jahrzehnte nach dem letzten Indianerkrieg im Westen erklärten die USA im April 1898 Spanien unter einem humanitären Vorwand den Krieg: um leidende kubanische Revolutionäre vor der Barbarei ihrer spanischen Unterdrücker zu retten. Interessanterweise wurde der erste Schuss dieses Krieges nicht in der Karibik, sondern im Südchinesischen Meer abgefeuert. Am 1. Mai 1898 begab sich Admiral George Deweys Geschwader von einer Basis in Hong Kong zur Bucht von Manila und zerstörte umgehend die lecken Holzschiffe der spanischen Flotte, ohne dabei einen einzigen Verlust zu erleiden. Während er auf Verstärkung zu Land wartete, ließ Dewey die philippinischen Revolutionäre unter Führung Emilio Aguinaldos den Kampf gegen die Spanier erledigen. Die Filipinos waren dabei so erfolgreich, dass sie beschlossen, im Juni 1898 ihre Unabhängigkeit zu erklären; im August standen sie kurz davor, Manila einzunehmen. Unterdessen hatte US-Präsident William McKinley die Politik der USA gegenüber den Philippinen zu einer Politik der „wohlwollenden Assimilation“ erklärt – mit dem Ziel, so behauptete er, die Filipinos nach Jahrhunderten der Gefangenschaft durch (das katholische) Spanien zu christianisieren und zu bilden.
Die Filipinos hatten ihrerseits andere Vorstellungen. Nachdem sie gerade den einen Kolonialherren gestürzt hatten, waren sie nicht bereit, die Überheblichkeit eines anderen zu erdulden. In den Schützengräben unmittelbar vor Manila warteten sie darauf, ihren endgültigen Sieg über Spanien zu erringen. Doch die amerikanischen Truppen zwangen die Filipinos, ihre Stellungen zu räumen, und hinderten sie daran, die Stadt einzunehmen. Zuvor hatten die Spanier und Amerikaner die Inszenierung einer „Scheinschlacht“ um Manila vereinbart, um das Gesicht der Spanier zu wahren und die Filipinos aus der Stadt zu halten, wodurch es den Anschein erweckte, als hätten die Spanier gegen andere Weiße verloren und nicht gegen einen Haufen Eingeborener und Mestizen. Wütend über diese Täuschung zogen sich die Filipinos in eine Stadt nördlich von Manila zurück. Dort beriefen sie einen Verfassungskonvent ein, bei dem die Erste Philippinische Republik konstituiert und ein Kongress einberufen wurde, der Gesetze ausarbeitete und Botschafter entsandte, um die internationale Anerkennung der neuen Nation sicherzustellen.
Doch diese Bestrebungen erwiesen sich als aussichtslos. Unwillens, die neue Philippinische Republik anzuerkennen, setzten die amerikanischen Streitkräfte die Schikanierung philippinischer Truppen fort, bis im Februar 1899 der Krieg zwischen beiden Parteien offen ausbrach. Konfrontiert mit der deutlich überlegenen Feuerkraft der Amerikaner griffen die Filipinos auf Guerilla-Kriegsführung zurück. Der Philippinisch-Amerikanische Krieg, der erste von vielen amerikanischen Kriegen in Asien, verkam rasch zu einem brutalen Vernichtungskampf. Amerikanische Truppen brannten Dörfer nieder, um die Unterstützung der Guerillas zu untergraben, und steckten Bewohner in Internierungslager. Sie machten regelmäßig Gebrauch von Foltermethoden, insbesondere Waterboarding, und wie alle Besatzungsarmeen vergewaltigten, raubten und plünderten sie sich durch den Archipel.
(© mr-kartographie 2025)
(© mr-kartographie 2025)
Es waren gerade die Bösartigkeit und Brutalität des Krieges, die den unmittelbaren Hintergrund der amerikanischen Kolonialpolitik stellten. Zögerlich, das Thema der philippinischen Unabhängigkeit zu entpolitisieren und -militarisieren, versuchten die Amerikaner die Filipinos zur Kooperation zu bewegen, indem sie deren Beteiligung an der Kolonialverwaltung ausweiteten. Dazu gehörte der Ausbau der kolonialen Kontrolle auf zwei Gebiete, in denen die Spanier chronisch gescheitert waren: die Moro-Gebiete im Süden und die Philippinischen Kordilleren im Norden. Die USA machten diese beiden Gebiete zu „besonderen Provinzen“, die bis 1913 keiner Zivilherrschaft unterstanden, sondern der Kontrolle des Militärs.
Die koloniale Vormundschaft hatte die Entstehung eines ausgedehnten Netzwerks öffentlicher Schulen mit sich gebracht, um die Bildung zu demokratisieren und zu säkularisieren. Amerikanisches Englisch war als Lehrmedium vorgesehen, um die erstaunliche linguistische Vielfalt des Archipels zu überwinden und zu unterdrücken. In den 1920er Jahren wurden die öffentlichen Schulen, wie alle anderen Bereiche des Kolonialstaats, rapide „philippinisiert“, da nun philippinische Lehrer, unter den wachsamen Augen eines amerikanischen Direktors, die Schülerinnen und Schüler unterrichteten. Ähnliche Maßnahmen der kolonialen Aufstandsbekämpfung kopierte man in den Bereichen der öffentlichen Gesundheit, des Gefängniswesens und in den Strafkolonien, dem Kolonialmilitär, sowie in der höheren Bildung bei der Gründung der ersten öffentlichen Universität der Nation, der Universität der Philippinen, im Jahr 1908. Zusammen mit der Universität der Philippinen sollten die kolonialen Konfessionsschulen Inkubatoren für eine neue Generation philippinischer Eliten werden, deren Nachfahren das Land noch heute regieren.
Gleichzeitig versuchten die Amerikaner Profit zu machen, indem sie die Philippinen für den freien Handel öffneten. Ab 1909 wurde landwirtschaftlichen Erzeugnissen von den Philippinen ein zollfreier Zugang zum US-Markt gewährt, was die philippinische Elite mit Grundbesitz zu Reichtum führte. Allerdings machte es die philippinische Wirtschaft auch zutiefst abhängig von den USA und anfällig für deren zahlreiche Booms und Blasen. Zusätzlich hatte es langfristig zur Folge, dass die Diversifizierung der Anbauprodukte und des Marktes sowie die Entwicklung der herstellenden Industrie gebremst wurden.
Dieser freie Strom von landwirtschaftlichen Erzeugnissen in die USA wurde begleitet von der zunehmenden Migration philippinischer Arbeiter in die USA, besonders nach Hawaii, Alaska und an die Westküste. Filipinos reisten bereits ab 1901, zunächst rekrutiert als Stewards für die US Navy, nach Amerika ein. 1903 schufen die USA zudem ein Stipendienprogramm, das es einer kleinen Zahl von Kindern lokaler Eliten ermöglichte, in Amerika zu studieren und nach ihrer Rückkehr Positionen in der Kolonialverwaltung einzunehmen. Schon 1905 und besonders ab den 1920er Jahren begannen landwirtschaftliche Produzenten in den USA, als Reaktion auf den akuten Arbeitskräftemangel philippinische Arbeiter anzuheuern – ein Mangel, der zu einem Großteil auf eine Reihe von Gesetzen zum Ausschluss von Asiaten zurückgeht, die chinesische und japanische Arbeiter daran hinderten, in die USA einzureisen. Da es sich bei den Philippinen um US-Territorium handelte, waren philippinische Arbeiter von diesen rassistischen Arbeitsverboten ausgeschlossen.
Amerikanische Nativisten bedienten sich verschiedener Maßnahmen, um Filipinos in den USA auszuschließen. So versuchten sie mit einem gewissem Erfolg, Rassengesetze zu verabschieden: Sie nahmen Filipinos das Recht, Eigentum zu erwerben, enthielten ihnen Heiratslizenzen vor, schlossen sie aus öffentlichen Einrichtungen aus. Viele Filipinos kämpften vor Gericht dagegen an und ließen sich beispielsweise in Bundesstaaten wie Washington oder New Mexico trauen. Nativisten griffen aus Verzweiflung auf Gewalt zurück – verübten Bombenanschläge auf Migrantenunterkünfte, schikanierten und verprügelten Filipinos, randalierten für die Schließung von besonders bei Filipinos und anderen Migranten beliebten Taxi Dance Halls. Da die Filipinos wegen ihres legalen Status als amerikanische Staatsbürger nicht segregiert oder ausgewiesen werden konnten, warben Nativisten im US-Kongress dafür, ihnen zu geben, was sie seit jeher wollten: Unabhängigkeit. Als Angehörige einer unabhängigen und souveränen Nation würden die Filipinos ihren Status als Staatsbürger verlieren, (wieder) zu Ausländern werden und als solche den Ausschlussklauseln des rassistischen Einwanderungsgesetzes aus dem Jahr 1924 unterliegen. Mit anderen Worten: Wenn sie ihnen ihre Freiheit gewähren, wären die Amerikaner die „gefährlichen" Filipinos wieder los.
Japanische Kolonisierung der Philippinen
Die Japaner sahen sich mit einer ähnlichen Aufgabe wie ihre euro-amerikanischen Vorgänger konfrontiert: der Notwendigkeit, die Akzeptanz des Volkes zu sichern und gleichzeitig jegliche Form von Widerstand zu unterdrücken. Sie überzeugten den Großteil der philippinischen Eliten, von denen einige Posten in der Regierung des Commonwealth innehatten, mit dem neuen Kolonialregime zu kollaborieren. Sie nötigten außerdem gewöhnliche Menschen, sie mit Essen und Diensten zu versorgen, und in manchen besetzten Territorien zwangen sie Frauen und Mädchen zur Sexarbeit und missbrauchten sie als „Trostfrauen“ für ihre Truppen.
Das Leben unter den Besatzern war brutal und gefährlich. Die Menschen lebten in einem Zustand permanenten Terrors, da japanische Truppen routinemäßig Männer, denen sie zutrauten, sich dem Guerilla-Widerstand anzuschließen, willkürlich verhafteten und folterten. Die Weigerung, sich japanischen Soldaten zu fügen, hatte oft eine harte Ohrfeige zur Folge – eine enorme Erniedrigung für Filipinos –, während die willkürlichen Verhaftungen häufig im Standrecht endeten. Während des Krieges brach zudem die Wirtschaft ein. Nahrung war rar und Arbeitslosigkeit weitverbreitet, was viele dazu zwang, sich mit zwielichtigen Geschäften auf dem Schwarzmarkt durchzuschlagen. Hyperinflation gehörte zur Tagesordnung, weil sich die Besatzungswährung als quasi wertlos herausstellte.
In Anbetracht dieser widrigen Umstände unter japanischer Fremdherrschaft ist es kein Wunder, dass der Guerilla-Widerstand auf dem gesamten Archipel Fahrt aufnahm. Zwei Hauptgruppen bildeten sich heraus: eine, die mit dem amerikanischen Kolonialmilitär verbunden war, den USAFFE (United States Armed Forces in the Far East); und eine, die den militanten Bauern- und Arbeitergewerkschaften nahestand, die wiederum lose mit der Kommunistischen Partei der Philippinen verbündet waren, und sich selbst als „Huks“ bezeichnete, kurz für Hukbong Laban sa mga Hapon, also „antijapanische Volksarmee“. Diese Guerillakräfte setzten die Japaner unermüdlich unter Druck, bedrängten und überfielen sie, während sie lokale Konflikte schlichteten und Kollaborateure bestraften. In vielen Städten setzten die Guerillas Schattenregierungen ein, stellten Dienste und Nahrung zur Verfügung, sammelten Informationen, schmuggelten Vorräte und gaben sogar eine eigene Währung heraus, während sie den Weg für den amerikanischen Gegenangriff bereiteten. Um die Amerikaner zu überlisten, inszenierte Tokyo die Gründung der Zweiten Philippinischen Republik, mit dem chinesischen Mestizen Jose P. Laurel, einem ehemaligen Richter des Obersten Gerichtshofs, als Präsidenten. Die Bevölkerung sah skeptisch zu, wie die Japaner und deren philippinische Kollaborateure eine aufwendige Parade aufführten, mit dem Ziel, den japanischen Imperialismus mit dem philippinischen Nationalismus unter der Überschrift „Asien für die Asiaten“ in Einklang zu bringen.
Die japanische Okkupation hinterließ ein wichtiges Erbe: Indem sie einen erbitterten Guerilla-Widerstand hervorrief, bereitete sie den Weg für die Radikalisierung dieser Gruppen in der Nachkriegszeit. Während die mit den USAFFE verbundenen Truppen Anerkennung und Rückvergütung erhielten, schmähte man jene, die zu den Huks gehörten, als Kommunisten und enthielt ihnen die Anerkennung als wichtige Widerstandskämpfer vor. Sie wurden schikaniert und in manchen Fällen inhaftiert, weshalb sich viele in die Berge zurückzogen, um dort einen Aufstand anzuzetteln, der als Huk-Rebellion bekannt wurde. Das Ganze wurde dadurch verschlimmert, dass General Douglas MacArthur in seiner Funktion als Prokonsul des amerikanisch okkupierten Japans kurzerhand alle begnadigte, die mit den Japanern kollaboriert hatten, insbesondere philippinische Eliten, und somit die Wiederherstellung der kolonialen Oligarchie sicherstellte und noch größere Ressentiments unter denen schürte, die während der Okkupation gekämpft hatten.
Ein Jahr nach Erlangung der Unabhängigkeit sah sich die neue Republik, die infolge des Zweiten Weltkriegs noch immer in Trümmern lag, mit einem verheerenden Bürgerkrieg konfrontiert. In Anbetracht des aufkommenden Kalten Krieges stellten die USA den philippinischen Streitkräften massive militärische Hilfen zur Verfügung, um die Rebellion niederzuschlagen. Als Vorgeschmack auf Vietnam und den Iran setzten die USA auch die neu geschaffene CIA ein, um die Wahlen zukünftiger philippinischer Präsidenten zu lenken, die in der Lage sein sollten, mit ähnlichen Aufständen umzugehen. Die Nachkriegszerstörung schuf nicht nur die Voraussetzungen für die Huk-Rebellion. Sie bereitete auch den Weg für die Rückkehr und Verfeinerung des amerikanischen Imperialismus in Form von Wiederaufbau, Auslandshilfen, der Expansion von Militärbasen sowie der Bewaffnung und Ausbildung des philippinischen Militärs, um verschiedene regionale Aufstände zu bekämpfen. Die japanische Niederlage schuf somit die Voraussetzungen für die amerikanische Vorherrschaft auf den Philippinen sowie in einem großen Teil des asiatisch-pazifischen Raums.
Die Republik der Philippinen wurde, so wie sie über Jahrhunderte der Kolonialherrschaft hinweg entstand, etwas Hybrides: formal unabhängig, praktisch jedoch eine Neo-Kolonie der USA. Bis heute ist sie gerade in Anbetracht des gegenwärtigen Drucks, den China auf ihre Hoheitsgewässer und Inseln ausübt, an die geopolitischen Entwürfe und Interessen der USA gebunden, selbst wenn ihre politischen und kulturellen Entwicklungen sich in andere Richtungen bewegt haben.
Zusammenfassend könnten wir also fragen, was uns die Geschichte der Philippinen über Imperien als solche lehrt. Von der kolonialen Peripherie aus erscheint das Imperium als eine Lebensweise, die auf Machtverhältnissen, Strukturen der Ungleichheit und dem Fortbestehen von Ungerechtigkeiten beruht. Doch es bringt auch neue Lebensformen, neuartige historische Akteure und anhaltende soziale Konflikte hervor, deren Lösung weiterhin aussteht. Letztere neigen dazu, die Legitimität der Kräfte ersterer infrage zu stellen. Auf diese Weise untergraben sie die erzwungene Stabilität und den erzwungenen Konsens jeder imperialen Ordnung. Die Geschichte der Philippinen, von der ersten spanischen Siedlung bis zum letzten Kontingent amerikanischen Militärpersonals vor Ort, umreißt die Geschichte dieser widerstreitenden Kräfte. Janusköpfig blicken die Philippinen gleichzeitig in die Vergangenheit ihrer imperialen Ursprünge und in die Zukunft ihrer postkolonialen Möglichkeiten.
Aus dem Englischen von Maximilian Murmann, München