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Editorial | Reichsbürger | bpb.de

Reichsbürger Editorial Wer sind die Reichsbürger? „Man kann einen Reichsbürger nicht überzeugen“. Von Fantasietiteln bis zur Kettensäge: Ein Gespräch mit Andreas Ferkau über Einschüchterung, Behördenalltag und die Grenzen von Bürgerfreundlichkeit Verschwörungsideologischer Souveränismus und Rechtsextremismus Die Prozesse gegen die Gruppe Reuß. Einblicke in das Denken der Angeklagten Ideologische Brücken. Über den Zusammenhang von Esoterik, Rechtsextremismus und dem Reichsbürgermilieu Exportierte Staatsverweigerung? Zum globalen Einfluss der US-amerikanischen Sovereign Citizens Vom Kontrollverlust zur Ideologie. Psychosoziale Dynamiken der Rekrutierung von Reichsbürgern

Editorial

Lorenz Abu Ayyash

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In seinem Bericht von 2024 schätzte das Bundesamt für Verfassungsschutz die Zahl der sogenannten Reichsbürger und Selbstverwalter in Deutschland auf 26 000 Personen. Ihre ideologische Ausrichtung ist vielfältig, eine einheitliche Weltanschauung existiert nicht: Während Selbstverwalter sich als von der Bundesrepublik und ihren Gesetzen unabhängige Individuen verstehen, gehen Reichsbürger meist einen Schritt weiter und vertreten die Auffassung, das Deutsche Reich bestehe bis heute weiter. Was diese Gruppen eint, ist die fundamentale Ablehnung der Souveränität der Bundesrepublik Deutschland.

In der Forschung ist umstritten, wie stark die Verbindung zwischen der Reichsbürger- und Selbstverwalterszene und dem Rechtsextremismus ist. Insbesondere in der frühen Phase des Milieus lassen sich jedoch ideologische Kontinuitäten ausmachen, in denen offen auf nationalsozialistische Traditionslinien Bezug genommen wurde. So berief sich etwa der Rechtsterrorist und Holocaustleugner Manfred Roeder in den 1970er Jahren positiv auf die letzte deutsche Reichsregierung unter dem von Hitler testamentarisch zu seinem Nachfolger bestimmten Admiral Karl Dönitz.

Was lange Zeit wie ein bizarres Randphänomen erscheinen mochte, wurde spätestens 2016 mit der Ermordung eines Polizisten in Georgensgmünd durch einen Reichsbürger von der breiteren Öffentlichkeit als ernstzunehmende Gefahr wahrgenommen. Mit der Festnahme der "Patriotischen Union" um Heinrich XIII. Prinz Reuß Ende 2022 erreichte die jüngere Geschichte der Reichsbürger einen vorläufigen Tiefpunkt. Den Angeklagten wird vorgeworfen, einen gewaltsamen Umsturz des politischen Systems geplant zu haben. Zwar mag die Gruppe nicht für alle Reichsbürger und Selbstverwalter stehen, doch verbindet dieses Milieu eine diffuse Mischung aus obskuren esoterischen Ideen, Geschichtsrevisionismus und der Überzeugung, dass die bestehende Rechtsordnung für sie nicht gilt.