Ereignis
Der Aktivist für Menschenrechte Bekim Blakaj kam rein zufällig dazu, sich professionell mit Menschenrechten zu befassen: 1999, zur Zeit der serbisch-albanischen Konflikte und der NATO-Bombardierung, fand er sich selbst in einer Opferrolle wieder. Damals studierte Bekim Blakaj in Belgrad an der Fakultät für Informatik, Management und Organisation. Er wurde am 13. Mai mit drei weiteren albanischen Studierenden wegen angeblichen Terrorismusverdachts verhaftet, der eigentliche Grund lag aber in seiner Zugehörigkeit zur albanischen Volksgruppe. Er wurde 26 Tage lang in den Räumen der Belgrader Polizei festgehalten, von dort wurde er in das zentrale Gefängnis der Stadt verlegt. Er erinnert sich, dass ihn vor allem die Behandlung, die er dort erfuhr, und sein eigener Zustand dazu brachten, darüber nachzudenken, was es bedeutet, jenen zu helfen, deren Rechte beschnitten wurden.
Seitdem leistet Bekim Blakaj durch die Dokumentation von Kriegsverbrechen einen wesentlichen Beitrag zur Versöhnung von Serben und Albanern. Darüber hinaus ermöglicht er Opfern aus verschiedenen Volksgruppen, öffentliche Aufmerksamkeit zu erhalten. Er engagiert sich in der Bildung junger Menschen aus verschiedenen ethnischen Gruppen und bemüht sich dabei, die Distanz zwischen Albanern und Serben im Kosovo zu verringern und gegenseitiges Vertrauen zu schaffen, vor allem durch die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit und durch das Anerkennen des Leids aller von dem Konflikt betroffenen Volksgruppen. Wie er selbst sagte, „müssen beide Volksgruppen die bestehenden Vorurteile zerschlagen. Der Aufbau des gegenseitigen Vertrauens wird nur gelingen, wenn beide Seiten die Verantwortung übernehmen und die von ihnen begangenen Verbrechen sowie die Ungerechtigkeit gegenüber der anderen Seite eingestehen, wenn sie Mitgefühl verspüren und die Opfer nicht mehr in die ‚Unseren‘ und die ‚Ihren‘ aufteilen.“
Bekim Blakaj hat mit zahlreichen Beiträgen zur Auseinandersetzung mit der Vergangenheit und zur Versöhnung beigetragen – besonders hervorzuheben ist die Arbeit an seinem Werk „Erinnerungsbuch Kosovo“, in dem alle Opfer des Kosovo-Krieges von 1998 bis 2000 dokumentiert sind. Aufgelistet sind 13.535 Personen, die damals getötet wurden oder verschwunden sind, darunter über 10.000 Zivilistinnen und Zivilisten, und davon wiederum 1.133 Kinder.
Biografie
Bekim Blakaj wurde in Istok (Kosovo) geboren, wo er die Grundschule und das Gymnasium absolvierte. Anschließend studierte er an der Fakultät für Informatik, Management und Organisation an der Universität Belgrad. Seit 2000 ist er Mitarbeiter des „Fonds für humanitäres Recht im Kosovo“ (FHPK), zuerst als Forscher und später als Koordinator des Projekts Erinnerungsbuch Kosovo. Blakaj beschäftigt sich im Rahmen des FHPK mit der Auflistung von menschlichen Verlusten, der Dokumentation von Kriegsverbrechen, dem Monitoring von Gerichtsverhandlungen zu Kriegsverbrechen, der Festlegung von Kriterien zur Wahrheitsfindung sowie mit Bildungs- und Versöhnungsprojekten.
Im Jahr 2006 wurde Bekim Blakaj Leiter des FHPK und führte die Organisation zu ihrer Unabhängigkeit im Jahr 2011. Derzeit hat er die Funktion des ausführenden Direktors des FHPK inne und leitet die Organisation mit dem Ziel, die Menschenrechte zu schützen, Kriegsverbrechen zu dokumentieren, Gerechtigkeit für die Opfer durchzusetzen und eine Gedenkkultur zu etablieren. Sein Engagement hinsichtlich der Dokumentation der Wahrheit und dem Aufbau einer gerechteren Gesellschaft hat ihn zu einer prominenten Figur in der Transitionszeit im Kosovo und auf dem ganzen ex-jugoslawischen Gebiet gemacht. Er ist Träger der Preise „Mirёdita, dobar dan!“ und „Europäer des Jahres 2024“.
Erinnerungsspuren
2023 erhielt Bekim Blakaj den Preis „Mirёdita, dobar dan!“, der an Personen verliehen wird, die durch ihre Arbeit und ihren Einsatz zu einem besseren Verhältnis zwischen dem Kosovo und der serbischen Gesellschaft beitragen. Die Arbeit von Blakaj, die einen wahrhaften Frieden zwischen den beiden Gesellschaften anstrebt, leistete einen großen Beitrag auf dem Gebiet der Menschenrechte, der Gerechtigkeit in der Transitionszeit und der Konfrontation mit der Vergangenheit.
Bekim Blakaj erhielt zudem den Preis „Europäer des Jahres 2024“ für seinen bedeutenden Beitrag zur Verbreitung europäischer Ideen und Werte im Kosovo. Der Preis wird vom Büro der EU im Kosovo an eine Einzelperson oder eine Institution verliehen, von der man annimmt, dass sie im Vorjahr in besonderer Weise zur Verbreitung der europäischen Idee im Kosovo beigetragen hat.
Begründung des Preises: