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Migration und Migrationspolitik in Spanien | Regionalprofil Südeuropa | bpb.de

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Migration und Migrationspolitik in Spanien

Dr. Mercedes Fernández

/ 5 Minuten zu lesen

Ab den 1970er Jahren nahm die Einwanderung in Spanien zu. Die ausländische Bevölkerung wuchs schnell. Heute sind 15,4 Prozent der Bevölkerung des Landes im Ausland Geborene.

Puerta del Sol, Madrid. Spaniens Bevölkerung ist durch Einwanderung geprägt: 15,4 Prozent wurden im Ausland geboren. (© picture-alliance, Design Pics)

Spanien ist traditionell ein Auswanderungsland. In den 1970er Jahren begann Spanien jedoch, sich zu einem Einwanderungsland zu entwickeln, als ausgewanderte Spanier/-innen zurückkehrten und immer mehr ausländische Staatsangehörige ins Land kamen und sich dort niederließen. Im Jahr 1980 lebten rund 180.000 Ausländer/-innen in Spanien, von denen 65 Prozent aus Europa und 25 Prozent vom amerikanischen Doppelkontinent stammten.

Der Wirtschaftsboom, der in den späten 1990er Jahren einsetzte und mehr als ein Jahrzehnt andauerte, wirkte als anziehender (Pull-)Faktor: Menschen aus Ländern mit niedrigerem Einkommen kamen nach Spanien, angelockt von den dortigen Beschäftigungsmöglichkeiten, vor allem im Bau- und Gastgewerbe sowie in der Landwirtschaft. Der weltweite Wirtschaftsabschwung zwischen 2007 und 2014 bremste die Zuwanderung, aber die meisten der bereits in Spanien ansässigen Eingewanderten verließen das Land nicht.

Einwanderung nach, Auswanderung aus und Wanderungssaldo in Spanien 2008–2020 (© bpb)

Am 1. Januar 2021 lebten etwa 5,4 Millionen ausländische Staatsangehörige in Spanien, was 11,4 Prozent der Bevölkerung des Landes entspricht (siehe Tabelle 1). Die wichtigsten Herkunftsgebiete waren die EU-27 (29,2 Prozent), Afrika (22,1 Prozent) und Südamerika (20,9 Prozent). Zu den zahlenmäßig am stärksten vertretenen Nationalitäten zählten Staatsangehörige Marokkos (rund 870.000 Personen), Rumäniens (rund 640.000 Personen) und Kolumbiens (rund 290.000 Personen). Unterteilt man die ausländische Bevölkerung nach Geschlecht, so waren 50,1 Prozent Männer und 49,9 Prozent Frauen. Die zugewanderte Bevölkerung ist jünger als die spanische. Spanische Staatsangehörige sind im Durchschnitt 44,7 Jahre alt, während ausländische Staatsangehörige durchschnittlich 36,6 Jahre alt sind.

Tabelle 1: In Spanien registrierte Bevölkerung nach Staatsangehörigkeit 1998-2021

JahrStaatsangehörigkeit
SpanienAuslandGesamtbevölkerungAnteil ausländischer Staatsangehöriger (in Prozent)
199839.215.566637.08539.852.6511,60%
199939.453.204748.95440.202.1601,86%
200039.575.911923.87940.499.7912,28%
200139.746.1851.370.65741.116.8423,33%
200239.859.9481.977.94641.837.8944,73%
200340.052.8962.664.16842.717.0646,24%
200440.163.3583.034.32643.197.6847,02%
200540.377.9203.730.61044.108.5308,46%
200640.564.7984.144.16644.708.9649,27%
200740.681.1834.519.55445.200.73710,00%
200840.889.0605.268.76246.157.82211,41%
200941.097.1365.648.67146.745.80712,08%
201041.273.2975.747.73447.021.03112,22%
201141.439.0065.751.48747.190.49312,19%
201241.529.0635.736.25847.265.32112,14%
201341.583.5455.546.23847.129.78311,77%
201441.747.8545.023.48746.771.34110,74%
201541.894.7384.729.64446.624.38210,14%
201641.938.4274.618.58146.557.0089,92%
201741.999.3254.572.80746.572.1329,82%
201841.988.2894.734.69146.722.98010,13%
201941.989.3305.036.87847.026.20810,71%
202042.016.6425.434.15347.450.79511,45%
2021 (vorläufig)41.936.8275.407.82247.344.64911,4 %

Quelle: Nationales Statistikinstitut (Instituto Nacional de Estadística, INE): Población (españoles/extranjeros) por País de Nacimiento, sexo y año [Bevölkerung (Spanier/Ausländer) nach Geburtsland, Geschlecht und Jahr] [Externer Link: https://ine.es/jaxi/Datos.htm?path=/t20/e245/p08/l1/&file=01006.px (Zugriff: 12.11.2021)].

Viele Eingewanderte haben die spanische Staatsangehörigkeit angenommen. Am 1. Januar 2021 lebten nach vorläufigen Daten fast 7,3 Millionen im Ausland geborene Menschen in Spanien (15,4 Prozent der Gesamtbevölkerung). Von diesen waren 2,4 Millionen (33 Prozent) spanische Staatsangehörige (siehe Tabelle 2). Eingewanderte aus Lateinamerika können sich vergleichsweise leicht einbürgern lassen. Sie können bereits nach zwei Jahren Aufenthalt in Spanien einen Antrag auf Einbürgerung stellen, während für die meisten Eingewanderten eine Einbürgerung erst nach zehn Jahren rechtmäßigen Aufenthalts in Spanien möglich ist. Tatsächlich stammen rund 60 Prozent derjenigen, die seit 2009 die spanische Staatsangehörigkeit erworben haben, aus Lateinamerika.

Tabelle 2: Im Ausland geborene Bevölkerung nach Staatsangehörigkeit

JahrIm Ausland Geborene mit spanischer StaatsangehörigkeitIm Ausland Geborene mit ausländischer StaatsangehörigkeitGesamtzahl der im Ausland GeborenenAnteil (eingebürgerter) spanischer Staatsangehöriger an allen im Ausland Geborenen
1998593.573580.1951.173.76751%
1999594.404664.6501.259.05447%
2000640.833831.6261.472.45844%
2001671.1361.298.1331.969.26934%
2002704.0361.890.0162.594.05227%
2003749.0732.553.3673.302.44023%
2004786.8582.906.9483.693.80621%
2005827.2873.564.1974.391.48419%
2006881.7473.955.8754.837.62218%
2007942.2184.307.7755.249.99318%
20081.037.6635.006.8656.044.52817%
20091.131.7975.334.4816.466.27818%
20101.220.8395.383.3426.604.18118%
20111.333.1665.344.6736.677.83920%
20121.464.8175.294.9636.759.78022%
20131.563.8805.076.6566.640.53624%
20141.730.3234.553.3896.283.71228%
20151.896.1064.266.8266.162.93231%
20161.973.6964.150.0736.123.76932%
20172.076.8654.103.4776.180.34234%
20182.137.7694.249.1356.386.90433%
20192.220.9754.521.9736.742.94833%
20192.220.9754.521.9736.742.94833%
20202.317.7834.913.4127.231.19532%
2021 (vorläufig)2.407.6524.885.2417.292.89333%

Quelle: Nationales Statistikinstitut (Instituto Nacional de Estadística, INE): Población (españoles/extranjeros) por País de Nacimiento, sexo y año [Bevölkerung (Spanier/Ausländer) nach Geburtsland, Geschlecht und Jahr].
Externer Link: https://ine.es/jaxi/Datos.htm?path=/t20/e245/p08/l1/&file=01006.px (Zugriff: 12.11.2021).

Staatliche Stellen zur Steuerung der Migration

Für die Steuerung der Migration ist in Spanien in erster Linie das Ministerium für Eingliederung, soziale Sicherheit und Migration (Ministerio de Inclusión, Seguridad Social Y Migraciones) zuständig. Es wurde im Januar 2020 gegründet und übernahm das Staatssekretariat für Migration (Secretaría de Estado de Migraciones), die Generaldirektion für Migration (Dirección General de Migraciones) sowie die Generaldirektion für internationalen Schutz und humanitäre Hilfe (Dirección General de Programas de Protección Internacional y Atención Humanitaria, GDIHA). Während die Generaldirektion für Migration für administrative Angelegenheiten im Zusammenhang mit der Einwanderung und Unterstützung von im Ausland lebenden spanischen Staatsangehörigen zuständig ist, fallen alle Angelegenheiten im Zusammenhang mit dem humanitären Schutz und der Integrationspolitik für Eingewanderte in den Verantwortungsbereich der GDIHA. Die Ständige Beobachtungsstelle für Einwanderung (Observatorio Permanente de la Inmigración) und die Spanische Beobachtungsstelle für Rassismus und Fremdenfeindlichkeit (Observatorio Español del Racismo y la Xenofobia) führen Forschungsprojekte durch und stellen Daten über Migration und Diskriminierung in Spanien zusammen, die den oben genannten öffentlichen Einrichtungen als Grundlage für die Gestaltung der Migrationspolitik dienen.

Die Integrationspolitik in Spanien folgt einem Modell der Mehrebenenverwaltung (Multi-Level Governance), das die Zentralregierung, die regionalen Behörden (autonome Gemeinschaften), die lokalen Gebietskörperschaften (Stadt- und Gemeinderäte) und die Zivilgesellschaft (Gewerkschaften, Arbeitgeberorganisationen, Nichtregierungsorganisationen und Einwandererverbände) umfasst. Die Koordination der verschiedenen Ebenen wird von drei Gremien unterstützt:

Mehrebenenverwaltung der Zentralregierung in Spanien

VerwaltungsebeneEinheit
ZentralInterministerielle Kommission für Ausländerfragen
(Comisión Interministerial de Extranjería)
RegionalSektorkonferenz Einwanderung
(Conferencia Sectorial de Inmigración)
LokalForum für die soziale Integration von Eingewanderten
(Foro para la Integración Social de los Inmigrantes)

Politische Entwicklungen

Die wichtigsten jüngeren politischen Entwicklungen in Bezug auf die Integration von Eingewanderten sind:

  • Die Strategischen Pläne für Staatsbürgerschaft und Integration (Planes Estratégicos de Ciudadanía e Integración, PECI), welche darauf abzielten, die gesellschaftliche Integration von Eingewanderten zu fördern. Hierfür wurden die Bedingungen für ihren Zugang zu Gesundheit, Arbeit, Bildung, Wohnraum und sozialen Dienstleistungen an diejenigen der spanischen Staatsangehörigen angepasst. Implementiert wurden die Strategiepläne 2007-2010 sowie 2011-2014. Allerdings konnten die im zweiten Plan vorgeschlagenen Maßnahmen aufgrund des wirtschaftlichen Abschwungs, den Spanien in jenen Jahren erlebte, nicht umgesetzt werden.

  • Der Nationale Aktionsplan für soziale Inklusion 2013-2016 (Plan Nacional de Acción para la Inclusión Social, PNAIN), der eine Reihe spezifischer Maßnahmen beinhaltete, die sich positiv auf die Migrationsbevölkerung auswirken sollten, insbesondere mit Blick auf die Gleichbehandlung.

  • Schließlich finden sich spezifische Maßnahmen zum Schutz und zur Verbesserung der Rechte von Wanderarbeitskräften im Strategieplan der Arbeits- und Sozialversicherungsbehörde (Plan Estratégico de la Inspección de Trabajo y Seguridad Social) für den Zeitraum 2018-2020 und im Masterplan für menschenwürdige Arbeit (Plan Director por un Trabajo Digno) 2018-2019-2020.

Derzeit (im Herbst 2021) arbeitet die Generaldirektion für internationalen Schutz und humanitäre Hilfe an einem neuen Strategieplan für Staatsbürgerschaft und Integration. In der Zwischenzeit hat sie ein jährliches Förderprogramm aufgelegt, das sich an Nichtregierungsorganisationen (NROs) richtet, die sich für das Zusammenleben und den sozialen Zusammenhalt einsetzen. NROs und zivilgesellschaftliche Organisationen (einschließlich Vereine und Verbände von Eingewanderten) sind für die Integration von Migrantinnen und Migranten von entscheidender Bedeutung, weil sie die Umsetzung regionaler und lokaler Integrationsmaßnahmen fördern. Sie bewerben sich nicht nur auf öffentliche Ausschreibungen für Integrationsmaßnahmen, sondern konzipieren oft auch eigene Projekte, die unter anderem außerschulische Aktivitäten, Freizeitgestaltung, Gesundheitsfürsorge, Erwachsenenbildung, Spracherwerb, interkulturelle Mediation und Rechtsberatung umfassen.

Zu den wichtigsten aktuellen Herausforderungen beim Umgang mit Einwanderung gehört die Gestaltung des Zusammenlebens und des sozialen Zusammenhalts. In diesem Zusammenhang scheint eine stärkere Investition in öffentliche Einrichtungen angezeigt, die sowohl die Koexistenz als auch das Diversitätsmanagement fördern. Eine weitere Herausforderung ist die Schaffung von gleichen Rechten für Kinder von Eingewanderten (die sogenannte zweite Generation) im Vergleich zu Menschen spanischer Herkunft. Dazu gehören Strategien gegen einwandererfeindliche, rassistische und fremdenfeindliche Diskurse wie Sensibilisierung, Vorurteilsprävention und eine integrative Bildungspolitik.

Übersetzung aus dem Englischen: Vera Hanewinkel

Weitere Inhalte

war von 2012 bis 2018 Leiterin des Instituts für Migrationsstudien der der Päpstlichen Universität Comillas in Madrid, Spanien. Im September 2021 wurde sie erneut zur Direktorin des Instituts berufen. Ihr Schwerpunkt liegt auf Forschungsprojekten zu sozialem Zusammenhalt, Rassismus, dem Zusammenhang zwischen Migration und Entwicklung und der Arbeitsmarktintegration von Eingewanderten.