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Zuwanderung und Auswanderung seit 1990 | Rumänien | bpb.de

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Zuwanderung und Auswanderung seit 1990

István Horváth

/ 7 Minuten zu lesen

Direkt nach dem Fall des kommunistischen Regimes wurden die Ausgabe von Reisepässen und internationale Reisen zunächst deutlich liberalisiert. Dennoch ergriff man auch in den 1990er Jahren und zu Beginn des neuen Jahrtausends einige Maßnahmen, um bestimmte Reisevorhaben zu unterbinden (etwa die Auswanderung "auf gut Glück" mit begrenzten finanziellen Mitteln).

Institutionelle und rechtliche Entwicklungen

So wurden Gebühren für Grenzübertritte erhoben und Ausreisende mussten nachweisen, dass sie über bestimmte Geldbeträge verfügten. Keine dieser Maßnahmen hat jedoch die Reisefreiheit der rumänischen Bürger erheblich eingeschränkt.

Gegen Ende der 1990er Jahre begann Rumänien wie andere Staaten auch, eine Reihe von Maßnahmen zur Regulierung der internationalen Mobilität von Arbeitskräften zu ergreifen (sowohl für zuwandernde als auch auswandernde). Ein wichtiger Schritt in diese Richtung war die Schaffung einer entsprechenden Aufsichtsbehörde im Jahr 2002 (Amt für Arbeitsmigration). Diese Behörde ist verantwortlich sowohl für die Zuwanderung ausländischer Arbeitskräfte als auch für die Bereitstellung von Informationen bzw. für die Beratung von Rumänen, die im Ausland arbeiten möchten. Sie ist außerdem aktiv im Bereich der Anwerbung und der Stellenvermittlung. Zu diesem Zweck hat Rumänien bilaterale Abkommen über die Migration von Arbeitskräften geschlossen (in einigen Fällen wurden auch Verträge mit privaten Jobagenturen geschlossen). Auch wenn einige private Firmen eine aktive Anwerbung von Arbeitskräften und Stellenvermittlung betreiben, organisiert das Amt für Arbeitsmigration den Großteil der Stellenvermittlung ins Ausland. 2006 konnte 53.029 rumänischen Arbeitskräften eine Stelle im Ausland vermittelt werden (das entspricht einer Steigerung von 137 % gegenüber 2002), hauptsächlich Saisonarbeit in Deutschland (dem Hauptziel für diese Form der Migration) sowie Spanien und Ungarn. Demgegenüber vermittelten private Agenturen nur 14.742 Stellen, viele davon an Studierende als Sommerjobs in den USA.

Im Jahr 2004 entwickelten die rumänischen Behörden mit dem Nationalen Migrationsplan einen neuen Ansatz für die Einwanderung. Vorrangiges Ziel dieser Initiative ist es, einen in sich schlüssigen Rahmen für Arbeitsmigration, Asylanträge und Einbürgerungsverfahren herzustellen. Darüber hinaus soll der Nationale Migrationsplan Institutionen, die für Zuwanderung, Asylverfahren und Integration zuständig sind, besser miteinander vernetzen. Dadurch soll unter anderem die Zuwanderung kontrolliert und gelenkt werden, irreguläre Zuwanderung bekämpft und verhindert, der Schutz für gefährdete Migranten und Migrantinnen verbessert und die gesellschaftliche Integration von Zugewanderten erleichtert werden. Wie effektiv dieser Rahmen ist, wird sich letztlich erst zeigen, wenn (bzw. falls) – wie von den Behörden erwartet – die Zuwanderung nach Rumänien zunimmt.

Auswanderung

In den ersten drei Jahren nach dem Fall des Kommunismus sind 170.000 Menschen legal aus Rumänien ausgewandert. 1990 hatte diese Abwanderung mit 96.929 Menschen ihren Höhepunkt. Sie resultierte aus der neuen Reisefreiheit und den turbulenten wirtschaftlichen und politischen Zuständen im Land.

Wiederum waren ethnische Minderheiten (insbesondere Deutsche und Ungarn) bei den Auswanderern überrepräsentiert. Unter den knapp 97.000 Auswanderern im Jahr 1990 befanden sich allein 60.000 Deutsche. In diesem Fall war die Ausreise durch die Aussiedlerpolitik der Bundesrepublik Deutschland gegenüber ethnischen Deutschen gefördert worden. Dennoch war die Emigration in dieser Zeit hauptsächlich wirtschaftlich motiviert. Zu Beginn der 1990er Jahre waren es vor allem hochqualifizierte junge Leute, die in verschiedenen europäischen Staaten sowie in den USA und Kanada langfristigen, legalen Aufenthaltsstatus erhielten. Danach bemühten sich zunehmend ungelernte oder nur schlecht ausgebildete Arbeitskräfte aus den ländlichen Gegenden um (zumeist vorübergehende) Ausreise.

Während der Umstellung und Neustrukturierung der rumänischen Wirtschaft (die ungefähr von 1990 bis 2002 andauerte), nahm die erwerbstätige Bevölkerung um 44 % ab. Mehr als 3,5 Millionen Stellen wurden abgebaut, vor allem in der Industrie, wo die Zahl der Stellen um die Hälfte abnahm. Dadurch sah sich eine beträchtliche Zahl von Rumänen gezwungen, ins Ausland zu gehen, um den Lebensunterhalt zu verdienen. In den vergangenen 17 Jahren haben sich die Zielländer für Arbeitsmigration aus Rumänien erheblich geändert, es können jedoch drei unterschiedliche Phasen festgestellt werden. In der ersten Phase (zwischen 1990 und 1995), als der Zugang zu verschiedenen westeuropäischen Staaten noch äußerst beschränkt war, gingen die rumänischen Arbeitskräfte hauptsächlich nach Israel, in die Türkei, nach Ungarn (zumeist Ungarischstämmige) und Deutschland. Während der zweiten Phase (1996-2002) zog es die Auswanderer eher nach Westen, vor allem nach Italien, zunehmend auch nach Spanien. Die dritte Phase der Arbeitsmigration wurde am 1. Januar 2002 symbolisch eingeläutet, als durch den Beitritt Rumäniens zum Abkommen von Schengen für rumänische Staatsbürger die Visapflicht in den Mitgliedstaaten entfiel. Ziele sind seitdem vor allem Italien, Spanien, Portugal und Großbritannien. Es bleibt abzuwarten, inwiefern Rumäniens Beitritt zur Europäischen Union (am 1. Januar 2007) auf die Zahlen der Abwanderungen oder die Bestimmungsländer der Arbeitsmigration Auswirkungen haben wird. Wichtig ist hierbei, dass nur zehn EU-Mitgliedstaaten rumänischen Arbeitskräften uneingeschränkten Zugang zu ihren jeweiligen Arbeitsmärkten geschaffen haben. Alle anderen haben Übergangsvereinbarungen getroffen, durch die rumänische Arbeitskräfte (für zwei bis sieben Jahre) von den jeweiligen Arbeitsmärkten ferngehalten werden. Dennoch geht man davon aus, dass Mitte 2007 rund 3,4 Millionen Rumänen im Ausland beschäftigt waren, davon nur 1,2 Millionen legal.

Zuwanderung

Zu Beginn der 1990er Jahre war die Zuwanderung nach Rumänien noch relativ mäßig. Zuwanderer in dieser Zeit waren zumeist Unternehmer, insbesondere aus der Türkei, aus dem Mittleren Osten (Syrien, Jordanien) und aus China. Bis 1996 wurden nur einige hundert Arbeitsgenehmigungen an Ausländer ausgestellt; Ende 2000 war diese Zahl auf 1.580 angestiegen. Seitdem hat die Zahl der Arbeitsgenehmigungen für ausländische Arbeitskräfte deutlich zugenommen, von 3.678 im Jahr 2005 auf 7.993 bis Ende 2006.

Der Zuwachs an ausländischen Arbeitskräften wird dem Erstarken der rumänischen Wirtschaft zugeschrieben, ebenso wie der Öffnung des Arbeitsmarktes im Zusammenhang mit dem EU-Beitritt. Seit 2004 expandiert der rumänische Arbeitsmarkt und im Jahr 2006 kam es in bestimmten Sektoren sogar zu Arbeitskräftemangel (z. B. in der Bekleidungsindustrie und im Baugewerbe). Unter diesen Umständen haben Unternehmen begonnen, ausländische Arbeitskräfte ins Land zu holen.

Die fünf wichtigsten Herkunftsländer temporärer ausländischer Arbeitskräfte in Rumänien

LandJahr
20052006
1. Türkei1.4811.721
2. China5291.129
3. Frankreich155310
4. Deutschland55200

Quelle: Ministerul Internelor si reformei Administrative (MIRA) (2007)

Im Jahr 2006 waren die wichtigsten Herkunftsländer ausländischer Arbeitskräfte die Türkei und China. Insgesamt 82 % der ausländischen Arbeitnehmerschaft in Rumänien ist männlich und 63 % in Bukarest und Umgebung registriert. Unter der Voraussetzung, dass der Arbeitsmarkt weiterhin wie erwartet wächst (bei gleichzeitiger Alterung der rumänischen Bevölkerung), wird ein Anstieg der ausländischen Arbeitskräfte auf 200.000 bis 300.000 in den Jahren 2013 bis 2015 erwartet.

Für die Zukunft gehen die rumänischen Behörden somit von einem erheblichen Anstieg der Zuwanderung aus. Zwischen 2007 und 2010 sollen schätzungsweise 15.000 bis 18.000 Menschen jährlich nach Rumänien zuwandern. Diese Vorhersagen basieren auf dem letztjährigen, zwar langsamen, aber stetigen Zuwachs an ausländischen Einwohnern in Rumänien. Allein während der letzten beiden Jahre ist die Gesamtzahl der ausländischen Einwohnern 45.900 im Jahr 2005 auf 48.200 im Jahr 2006 gestiegen.

Zuwanderung aus der Republik Moldau

Zuwanderer gesamt und Zuwanderer aus der Republik Moldau, 1991-2005 (bpb) Lizenz: cc by-nc-nd/2.0/de

Ausgehend von der zweiten Hälfte der 1990er Jahre nahm die Zuwanderung aus der benachbarten Republik Moldau erheblich zu. Aufgrund der historischen Verbundenheit der beiden Staaten wurde die Freizügigkeit zwischen den beiden Staaten seit 1991 durch das rumänische Staatsbürgerschaftsgesetz deutlich ausgeweitet. In diesem Gesetz wird die Zuwanderung von Moldauern praktisch als Wiedereinbürgerung definiert, so dass Nachfahren ehemaliger rumänischer Staatsangehöriger "die rumänische Staatsbürgerschaft auf Antrag wiedererwerben können, auch wenn sie derzeit eine andere Staatsbürgerschaft innehaben und sich nicht in Rumänien niederlassen". Während der 1990er Jahre haben schätzungsweise mehr als 250.000 Moldauer allein auf Grundlage dieses Gesetzes die rumänische Staatsbürgerschaft erhalten. So gesehen dürften die Zahlen in der Abbildung hinsichtlich der Einwanderung aus der Republik Moldau noch zu gering veranschlagt sein, da viele Menschen bereits als rumänische Staatsbürger einreisten (und somit nicht in den Einwanderungsstatistiken geführt werden).

Die Zuwanderung aus der Republik Moldau dürfte ihr Ende noch nicht erreicht haben; eine Fortsetzung dieser Migrationsbewegung, sogar ihr Anwachsen, kann nicht ausgeschlossen werden. Im Hinblick auf den EU-Beitritt hat Rumänien verbindliche Visa für moldauische Staatsbürger eingeführt, wodurch die Anträge von Moldauern auf die rumänische Staatsbürgerschaft noch einmal erheblich zugenommen haben. Nach jüngsten Berichten haben sich seit Anfang des Jahres 2007 rund 500.000 moldauische Staatsbürger (einschließlich der zugehörigen Kinder sogar rund 800.000 Personen) um die rumänische Staatsbürgerschaft beworben. Bis Ende des Jahres wird ein Anstieg auf 1,8 Millionen prognostiziert. Diese Werte sind außergewöhnlich hoch, zieht man in Betracht, dass die Republik Moldau gerade einmal über eine Gesamteinwohnerzahl von 3,8 Millionen verfügt.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Siehe MMSSF (2007a).

  2. Siehe Lazaroiu (2004) und Sandu (2006).

  3. Diese sind: Bulgarien, Tschechien, Zypern, Estland, Finnland, Lettland, Litauen, Polen, Slowakei, Slowenien und Schweden.

  4. Tudorica, I. und Lucian, D. (2007): "Trei milioane de romani muncesc in strainatate." Cotidianul, 18. Juni.

  5. Siehe Lăzăroiu(2004).

  6. Siehe SOPEMI (2003).

  7. Siehe MMSSF (2007b).

  8. Siehe MIRA (2007).

  9. Siehe MIRA (2007).

  10. Von 1812 bis 1918 galten die Einwohner Moldaus als Staatsbürger des russischen Reiches. Zwischen den beiden Weltkriegen wurden sie zu rumänischen Staatsbürgern. Aufgrund der historischen und sprachlichen Verbindungen zwischen den beiden Bevölkerungsgruppen sind viele Rumänen der Meinung, die rumänischsprachigen Moldauer seien als Teil der rumänischen Nation zu betrachten. Dieser Standpunkt wird von den meisten Mitgliedern der moldauischen Elite nicht geteilt. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion wurde Moldau zu einem unabhängigen Staat. Zeitgleich setzte Rumänien einen Prozess in Gang, der eine Vertiefung der Beziehungen beider Länder zum Ziel hatte (als potenziell erster Schritt auf dem Weg zu einer Wiedervereinigung). Im Zuge dieses Prozesses kam es unter anderem zu einer Erleichterung der Personenfreizügigkeit zwischen beiden Ländern.

  11. Siehe Iordachi (2003): 29.

  12. Siehe Iordachi (2003).

  13. Siehe Ciobanu, C. (2007): "Un milion de moldovenii vor cetatenia româna." Cotidianul, 5. Februar. Bucharest.

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