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Migrationspolitik – März 2024 | Migrationspolitik – Monatsrückblick | bpb.de

Migrationspolitik – Monatsrückblick Juni 2024 Migrationspolitik – Mai 2024

Migrationspolitik – März 2024

Vera Hanewinkel

/ 7 Minuten zu lesen

Die Lage der Zivilbevölkerung im Gazastreifen verschlechtert sich weiter. Die EU will Ägypten mehr Geld zahlen, um irregulärer Migration entgegenzuwirken.

Deir al-Balah, Gazastreifen: Palästinenserinnen stehen Schlange, um die von Hilfsorganisationen verteilten Lebensmittel in Empfang zu nehmen (Aufnahmedatum: 12.03.2024). (© picture-alliance, Anadolu / Ashraf Amra)

Das behalten wir im Blick: Die Situation im Gazastreifen

Im Krieg zwischen der islamistischen Terror-Organisation Hamas und der israelischen Armee ist kein Ende der Kampfhandlungen in Sicht. Auf palästinensischer Seite werden nach Angaben des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums in Gaza inzwischen Externer Link: mehr als 33.000 Todesopfer und 76.000 Verletzte gezählt, auf israelischer Seite wurden seit dem 7. Oktober 2023 fast 1.500 Menschen getötet und rund 7.000 verletzt, zudem befinden sich weiterhin vermutlich 133 israelische Geiseln in der Gewalt der Hamas (Stand: 12. April 2024). 1,7 Millionen Palästinenser:innen sind nach Angaben des UN-Hilfswerks für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA) innerhalb des Gazastreifens auf der Flucht. Die meisten (rund 1,5 Millionen Menschen) halten sich im Süden in und um die Stadt Rafah in der Nähe der ägyptischen Grenze auf.

Zuletzt hat die internationale Kritik an Israels militärischem Vorgehen im Gazastreifen – auch von engen Verbündeten wie den USA und Deutschland – stark zugenommen, insbesondere nach dem Tod von sieben internationalen Hilfskräften der US-Hilfsorganisation World Central Kitchen (WCK) nach einem israelischen Luftangriff. Wenige Tage später zog Israel Truppen aus Chan Junis im südlichen Gazastreifen ab. Trotz des Teilabzugs sei nach Angaben von Israels Generalstabschef Herzi Halevi ein Ende des Gaza-Kriegs „noch lange nicht in Sicht“. Zuvor warnten Vertreter:innen zahlreicher Regierungen im Zuge der ursprünglich geplanten israelischen Bodenoffensive auf Rafah vor einer humanitäre Katastrophe. Der EU-Außenbeauftragte Joseph Borrell rief zum Verzicht auf eine solche Offensive auf.

Die Vereinten Nationen prognostizieren, dass bis Mitte Juli 2024 1,1 Millionen Menschen von Externer Link: "katastrophaler Ernährungsunsicherheit" bedroht sein könnten. Nach wie vor gelangen zu wenige Lastwagen mit Hilfsgütern in den Gazastreifen, der Norden des Küstenstreifens ist hiervon besonders betroffen. Daher haben einige Staaten mit Abwürfen von Hilfsgütern aus der Luft über dem Gazastreifen begonnen (Deutschland beteiligte sich ab Mitte März) und auch über den Seeweg sollen nun Hilfslieferungen in den Gazastreifen gelangen. Ende März hat Deutschland seine Zahlungen an das umstrittene Interner Link: UN-Hilfswerk UNRWA wieder aufgenommen. Rund 45 Millionen Euro sollen an die regionale Arbeit von UNRWA in Jordanien, Libanon, Syrien und im Westjordanland gehen. Die Interner Link: Zahlungen waren im Januar gestoppt worden, nachdem Israel den Vereinten Nationen Informationen vorgelegt hatte, wonach mindestens zwölf UNRWA-Mitarbeiter in den Interner Link: Überfall der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 verwickelt gewesen sein sollen.

Am 25. März 2024 verabschiedete der UN-Sicherheitsrat die Externer Link: Resolution 2728 und forderte von Israel und der Hamas eine „sofortige Waffenruhe“ und die bedingungslose Freilassung aller von der Hamas festgehaltenen Geiseln. In Israel demonstrierten Zehntausende gegen Premierminister Netanyahu und forderten Neuwahlen sowie die Freilassung der von der Hamas entführten Geiseln. Welche Konsequenzen der großangelegte iranische Luftangriff auf Israel in der Nacht des 13. auf den 14. April für die Entwicklung des Kriegs im Gazastreifen haben wird, ist derzeit noch unklar.

EU und Ägypten schließen Partnerschaftsabkommen

Die EU und Ägypten haben am 17. März in Kairo ein Externer Link: Partnerschaftsabkommen unterzeichnet. Darin wurde mit Ägypten ein neues Finanz- und Investitionspaket in Höhe von 7,4 Milliarden Euro für die kommenden vier Jahre vereinbart, das unter anderem in die Wirtschaft und den Energiesektor fließen soll. 200 Millionen Euro sind für Maßnahmen zur „Kontrolle der illegalen Migration“ vorgesehen, etwa zum Ausbau von Grenzkontrollen, Rückführungen und die Bekämpfung der Schleusung von Migrant:innen. Gleichzeitig verspricht die EU mehr legale Zuwanderungsmöglichkeiten für ägyptische Staatsangehörige, etwa über sogenannte Fachkräftepartnerschaften.

Die Zusammenarbeit mit Ägypten ist nicht neu. Die EU kooperiert seit Jahren mit dem nordafrikanischen Land. Bislang sind Externer Link: laut EU-Kommission allein im Rahmen des Instruments für Nachbarschaft, Entwicklungszusammenarbeit und internationale Zusammenarbeit etwa 181 Millionen Euro im Bereich des Migrationsmanagements nach Ägypten geflossen. Menschenrechtsorganisationen kritisieren die Migrationszusammenarbeit mit Ägypten. Das Land schneidet sowohl im Externer Link: Transformationsindex der Bertelsmann-Stiftung, welcher die Qualität von Demokratie in einzelnen Ländern misst, als auch im Externer Link: Human Freedom Index als eines der Länder mit den schlechtesten Werten ab. Demokratie und menschliche Freiheiten seien in Ägypten in den letzten Jahren immer weiter erodiert und eingeschränkt worden.

Ägypten gilt als wichtiges Transitland auf dem Weg nach Europa. Wegen einer schweren Wirtschaftskrise in Ägypten kommen aber in letzter Zeit auch wieder mehr ägyptische Staatsangehörige über das Mittelmeer nach Europa – 2022 etwa stellten sie mit 21.753 Menschen die größte Gruppe der Migrant:innen, die über das zentrale Mittelmeer nach Europa gelangten. Im Externer Link: Februar 2024 waren beim UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) in Ägypten rund 540.000 Flüchtlinge und Asylsuchende registriert, die meisten davon aus dem benachbarten Sudan (267.227). Insgesamt sind von dort Externer Link: nach Angaben von UNHCR seit dem Interner Link: Ausbruch der Kämpfe zwischen rivalisierenden Armeeeinheiten im April 2023 etwa 500.000 Menschen nach Ägypten geflohen (Stand: 19. März 2024). Die zweitgrößte Flüchtlingsgruppe in dem nordafrikanischen Land sind syrische Staatsangehörige, von denen im Februar 2024 155.825 beim UNHCR registriert waren. Aus dem benachbarten Gazastreifen hat es bislang keine umfassende Flucht nach Ägypten gegeben, weil Ägypten seinen Grenzübergang für palästinensische Schutzsuchende geschlossen hält.

Zahl ausländischer Ärztinnen und Ärzte deutlich gestiegen

Die Zahl ausländischer Ärzt:innen in Deutschland hat sich innerhalb von zehn Jahren mehr als verdoppelt. Das geht aus Berichten der Zeitungen der Funke Mediengruppe hervor, die sich auf die Ärztestatistik der Bundesärztekammer berufen. Demnach gab es Ende 2023 in Deutschland 63.763 ausländische Ärzt:innen, die meisten davon aus Syrien (6.120), Rumänien (4.668), Österreich (2.993), Griechenland (2.943), Russland (2.941) und der Türkei (2.628). Zum Vergleich: Externer Link: Ende 2013 waren in Deutschland 31.236 ausländische Ärzt:innen erfasst, Ende 1993 10.275. Gerade in ländlichen Regionen helfen ausländische Ärzt:innen den dort zunehmenden Ärztemangel abzufedern. Zwar steigt die absolute Zahl der Ärzte in Deutschland, allerdings arbeiten immer mehr Ärzte in Teilzeit. Zudem nähern sich die geburtenstarken Jahrgänge dem Ruhestand, sodass in absehbarer Zeit viele Ärzt:innen aus dem Dienst ausscheiden dürften. Bereits jetzt sind gut die Hälfte aller Ärzt:innen in Deutschland älter als 50 Jahre (46 Prozent im Jahr 2022).

Parallel steigt der Versorgungsbedarf durch die Zunahme von Volkskrankheiten, aber auch die demografische Alterung. Letztere führt auch zu einem zunehmenden Personalbedarf in anderen Bereichen, etwa in der Alten- und Krankenpflege. Hier wird bereits seit Jahren versucht, ausländisches Personal zu rekrutieren, etwa über das seit 2013 laufende Programm Triple Win. Externer Link: 2022 und 2023 wurden darüber insgesamt 2.850 Personen in die Pflege vermittelt. Insgesamt hatten 2022 Externer Link: gut ein Viertel der Beschäftigten in Gesundheits- und Pflegeberufen einen Migrationshintergrund, darunter auch Menschen, die nach Deutschland geflüchtet sind. Im Juni 2023 gab es Externer Link: 21.100 Beschäftigte in Pflegeberufen, die im Kontext von Fluchtmigration in Land gekommen sind. Anfang März 2024 traten Externer Link: Neuregelungen des im August 2023 reformierten Fachkräfteeinwanderungsgesetzes in Kraft: Diese erlauben es ausreisepflichtigen Ausländer:innen – etwa abgelehnten Asylsuchenden – unter bestimmten Bedingungen in Deutschland eine Aufenthaltserlaubnis zur Berufsausbildung zu erhalten, etwa im Bereich der Pflege. Aktuell fehlen nach Einschätzung des GVK-Spitzenverbandes der gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen 30.000 Vollzeitkräfte in der Pflege. Die Zahl der Pflegebedürftigen sei 2023 Externer Link: gegenüber dem Vorjahr sprunghaft angestiegen.

Migration immer gefährlicher: Zahl der Todesfälle erreicht neuen Höchststand

Die Zahl der weltweit auf Migrationsrouten ums Leben gekommenen Menschen hat 2023 einen neuen Höchststand erreicht. Das Externer Link: teilte die Internationale Organisation für Migration (IOM) mit, welche seit 2014 entsprechende Daten sammelt. 2023 sind weltweit mindestens 8.565 Menschen während ihrer Migration verstorben – so viele wie noch nie seit Beginn der Aufzeichnungen 2014. Die Zahl stieg damit um 20 Prozent zum Vorjahr 2022 und lag höher als 2016, als mit 8.084 die bisher meisten Menschen auf Migrationsrouten umgekommen waren.

Das Mittelmeer war auch 2023 wieder die tödlichste Migrationsroute: 3.129 Migrant:innen starben bei der Überfahrt oder werden seither vermisst, so viele wie zuletzt 2017. Auf Migrationsrouten in Afrika (1.866) und Asien (2.138) kam es 2023 zu bisher beispiellos vielen Todesfällen. Die IOM geht von einer hohen Dunkelziffer aus, da sich die Datenerfassung gerade auf Migrationsrouten in abgelegenen Gegenden wie dem Darién-Dschungel in Panama oder auf dem Meer schwierig gestalte. Innerhalb von zehn Jahren hat die IOM Externer Link: mehr als 64.000 Todes- und Vermisstenfälle erfasst. Für das Mittelmeer meldet die IOM Externer Link: seit 2014 über 29.000 Todes- und Vermisstenfälle.

Was vom Monat übrig blieb…

Für zugewanderte Lehrkräfte soll es zukünftig einfacher werden, in Schulen in Deutschland zu arbeiten. Die Kultusministerkonferenz (KMK) der Länder hat angesichts des Lehrkräftemangels beschlossen, die Externer Link: Karrierewege ins Lehramt auszuweiten und etwa die Qualifizierung zu sogenannten Ein-Fach-Lehrkräften zu ermöglichen. Während in Deutschland Lehramtsstudierende üblicherweise in zwei Fächern ausgebildet werden, studieren Lehrkräfte in anderen Ländern häufig nur ein Fach.

Externer Link: Laut Statistischem Bundesamt sind viele Berufe in Deutschland hochgradig auf Eingewanderte angewiesen. Demnach hatten 2022 rund 60 Prozent der Beschäftigten in Reinigungsberufen und 46 Prozent in der Gastronomie eine Einwanderungsgeschichte. Auch in anderen Branchen wie dem Hochbau (40 Prozent), der Fahrzeugführung im Straßenverkehr (39,6) oder in der Körperpflege (35,8) waren Eingewanderte und ihre direkten Nachkommen stark vertreten. Insgesamt hatten gut 25 Prozent aller Erwerbstätigen von 15 bis 64 Jahren eine Einwanderungsgeschichte.

Die Zahl der Migrant:innen, Interner Link: die in kleinen Booten über den Ärmelkanal Großbritannien erreichen, ist Externer Link: gestiegen. Im ersten Quartal 2024 waren es insgesamt 5.435 und damit deutlich mehr als im Vorjahresquartal (Januar – März 2023: 3.793 Ankünfte) und im ersten Quartal 2022 (4.548). Die Überfahrten zu stoppen, ist eines der zentralen Vorhaben des britischen Premierministers Rishi Sunak. Dazu hält er an einem Abkommen mit Ruanda fest, um Bootsmigrant:innen dorthin abschieben zu können, obwohl das Interner Link: oberste britische Gericht entschieden hat, dass Ruanda nicht als sicheres Land gelten könne, um Asylsuchende dorthin zu überführen.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Die Angaben stammen entweder von den israelischen Behörden, oder von dem von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministerium sowie Medienbüro in Gaza. Sie müssen noch unabhängig überprüft werden. Die Vereinten Nationen waren bisher nicht in der Lage, unabhängige, umfassende und überprüfte Opferzahlen vorzulegen.

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Weitere Inhalte

Vera Hanewinkel ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Migrationsforschung und Interkulturelle Studien (IMIS) der Universität Osnabrück.
E-Mail: E-Mail Link: vera.hanewinkel@uni-osnabrueck.de