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Migrationspolitik – April 2024 | Migrationspolitik – Monatsrückblick | bpb.de

Migrationspolitik – April 2024

Vera Hanewinkel

/ 9 Minuten zu lesen

In Deutschland sind immer mehr Geflüchtete erwerbstätig. Das britische Parlament hat Abschiebungen nach Ruanda gebilligt. Im Sudan gehen Krieg und Vertreibung unvermindert weiter. Der Monatsrückblick.

Millionen Menschen fliehen vor den Kämpfen in Sudan. Hunderttausende von ihnen finden Zuflucht im benachbarten Tschad, wie hier im Flüchtlingslager Djabel im Osten des Landes (Dezember 2023). (© picture-alliance, ASSOCIATED PRESS | Michael Knief)

Bevölkerung mit Migrationshintergrund wächst

Immer mehr Menschen in Deutschland haben einen Interner Link: Migrationshintergrund. Von den fast 83,9 Millionen Einwohner:innen Deutschlands hatten 2023 rund 24,9 Millionen einen Migrationshintergrund – das sind 29,7 Prozent der Bevölkerung. Der Anteil stieg damit im Vergleich zum Vorjahr um einen Prozentpunkt (2022: 23,8 Mio. Menschen mit Migrationshintergrund, 28,7 Prozent der Bevölkerung). Das geht aus den Externer Link: vom Statistischen Bundesamt veröffentlichten Erstergebnissen des Mikrozensus 2023 hervor. 12,4 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund waren deutsche Staatsangehörige; mehr als die Hälfte davon hatte keine eigene Migrationserfahrung (7,0 Millionen), war also in Deutschland geboren worden. 12,5 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund waren ausländische Staatsangehörige, darunter 1,8 Millionen ohne eigene Migrationserfahrung. Die meisten Menschen mit Migrationshintergrund (15,4 Millionen) waren selbst in einem europäischen Land geboren worden oder hatten mindestens ein Elternteil, auf das dies zutrifft. Darunter waren 7,6 Millionen Menschen mit Herkunftsbezügen zu einem anderen EU-Mitgliedsland. Nach eigenem Geburtsland bzw. Geburtsland der Eltern betrachtet hatten die meisten Menschen Migrationsbezüge zur Türkei (2,9 Millionen), Polen (2,2 Millionen), zur Russischen Föderation (1,4 Millionen), Kasachstan und Syrien (jeweils rund 1,3 Millionen), Rumänien (1,2 Millionen) und zur Ukraine (1,0 Million).

Statistisch wird allen Personen ein Migrationshintergrund zugeschrieben, die nicht seit Geburt die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen oder mindestens ein Elternteil haben, auf das dies zutrifft.

Grafik: Bevölkerung mit Migrationshintergrund in Deutschland

In absoluten Zahlen, Anteile an der Gesamtbevölkerung in Prozent, 2023

In absoluten Zahlen, Anteile an der Gesamtbevölkerung in Prozent, 2023

In absoluten Zahlen, Anteile an der Gesamtbevölkerung in Prozent, 2023

Quelle: Statistisches Bundesamt: Mikrozensus – Bevölkerung nach Migrationshintergrund, Erstergebnisse 2023
Lizenz: cc by-nc-nd/4.0/deed.de

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Immer mehr Geflüchtete arbeiten

Die Arbeitsmarktintegration der 2015 nach Deutschland geflüchteten Menschen schreitet voran; rund zwei Drittel von ihnen (64 Prozent) hatten 2022 einen Job. Die meisten erwerbstätigen Geflüchteten waren sozialversicherungspflichtig (90 Prozent) und in Vollzeit (76 Prozent) beschäftigt. Das geht aus einem Externer Link: Bericht des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hervor, der auf einer Auswertung der Externer Link: repräsentativen IAB-BAMF-SOEP-Befragung von Geflüchteten beruht. Auffällig ist der große Geschlechterunterschied: 2022 waren 75 Prozent der 2015 nach Deutschland eingereisten männlichen Geflüchteten erwerbstätig, aber nur 31 Prozent der im gleichen Jahr zugezogenen geflüchteten Frauen. Die Gründe dafür sind vielschichtig. So übernehmen Frauen häufiger Sorgearbeit wie die Betreuung von Kleinkindern, investieren weniger in sprachliche und Berufsbildung und nutzen seltener Beratungsangebote. Zudem waren sie im Herkunftsland im Durchschnitt seltener erwerbstätig oder haben in Berufen gearbeitet, bei denen in Deutschland hohe Zugangshürden bestehen (etwa im Erziehungsbereich). Durch einen Abbau von Hindernissen, etwa die Aufhebung von Beschäftigungsverboten für Schutzsuchende und Geduldete und schnelleren Zugang zu Sprachkursen und Qualifizierungsmaßnahmen könnte die Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten weiter beschleunigt werden. Zur Einordnung der Zahlen: 2022 belief sich die durchschnittliche Erwerbstätigenquote in der Gesamtbevölkerung auf 77 Prozent, die der Bevölkerung mit „eigener Migrationserfahrung“ auf 70 Prozent.

Kriminalitätsstatistik 2023: Mehr ausländische Tatverdächtige

Die Veröffentlichung der Externer Link: Polizeilichen Kriminalitätsstatistik (PKS) für das Jahr 2023 hat eine Debatte über Interner Link: Ausländerkriminalität in Deutschland ausgelöst. Anlass ist die gestiegene Zahl sogenannter nichtdeutscher Tatverdächtiger, also Personen ohne deutsche Staatsangehörigkeit, die im Verdacht stehen oder standen, eine Straftat begangen zu haben. 2023 wurden in der PKS 2.246.767 Tatverdächtige erfasst. Zieht man davon ausländerrechtliche Verstöße (wie zum Beispiel unerlaubte Einreisen) ab, beläuft sich die Zahl der Tatverdächtigen auf 2.017.552. Von diesen waren 34,4 Prozent (694.981) ausländische Staatsangehörige. Damit ist die Zahl nichtdeutscher Tatverdächtiger gegenüber dem Vorjahr um 13,5 Prozent gestiegen, während sich die Zahl deutscher Tatverdächtiger um ein Prozent erhöhte. Das Bundeskriminalamt führt diese Entwicklung vor allem auf die umfangreiche Zuwanderung nach Deutschland in den Jahren 2022 und 2023 zurück, wodurch sich sowohl die absolute Zahl als auch der Anteil der im Land lebenden Ausländer:innen an der Gesamtbevölkerung deutlich erhöht habe. Zu den nichtdeutschen Tatverdächtigen zählen auch Reisende oder Pendler, die gar nicht in Deutschland leben.

2023 wurden der Polizei insgesamt 5.641.758 Straftaten bekannt (ohne ausländerrechtliche Verstöße, von denen 298.909 erfasst wurden), was einen Anstieg um 4,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr bedeutet. Diese Entwicklung Externer Link: führt das Bundeskriminalamt (BKA) neben der durch Zuwanderung gewachsenen Bevölkerung in Deutschland (mehr Menschen führen potenziell zu mehr Straftaten) auch auf Nachwirkungen der Corona-Pandemie zurück. Zum einen hielten sich seit dem Ende der mobilitätsbeschränkenden Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie wieder mehr Menschen im öffentlichen Raum auf, was zu mehr Tatanlässen und -gelegenheiten führe. Zum anderen sei laut BKA gerade der Anstieg der Interner Link: Kinder- und Jugendkriminalität auf die psychischen Belastungen dieser Altersgruppe während der Pandemie zurückzuführen, etwa auf Schulschließungen und soziale Isolation. Interner Link: Junge Menschen, insbesondere junge Männer, hätten grundsätzlich in allen Gesellschaften die höchste Kriminalitätsneigung. Schließlich seien auch wirtschaftliche und soziale Belastungen – etwa durch die Inflation und gestiegene Lebenshaltungskosten – kriminalitätsfördernde Faktoren. Menschen in schwierigen sozialen Lebenslagen neigten häufiger zu Kriminalität als sozial gut eingebettete Menschen ohne wirtschaftliche Nöte.

Die PKS ist eine Ausgangsstatistik: Sie enthält nur die von der Polizei abschließend bearbeiteten Fälle, sagt aber nichts darüber aus, ob die ermittelten Tatverdächtigen später auch tatsächlich gerichtlich verurteilt oder aber freigesprochen werden. Die Statistik deckt zudem nur das Hellfeld ab, also die der Polizei bekannt gewordenen Straftaten. Zu den Faktoren, die die Zahl der in der PKS erfassten Straftaten und Tatverdächtigen beeinflussen, zählen damit die Kontrollintensität der Polizei und das Anzeigeverhalten der Opfer oder Zeugen. Interner Link: In der Kriminalforschung gibt es Hinweise darauf, dass die Wahrscheinlichkeit, von der Polizei kontrolliert oder von anderen Menschen angezeigt zu werden, für migrantisch gelesene Personen höher ist als für den Rest der Bevölkerung. Wegen solcher Verzerrungen gibt es seit Jahren Kritik von Kriminolog:innen an der Aussagekraft der PKS. Es bestehe die Gefahr, dass die Statistik falsch interpretiert und politisch instrumentalisiert werde, obwohl sie die tatsächliche Entwicklung der Kriminalität nicht vollständig abbilde.

Das behalten wir im Auge: Flucht im und aus dem Sudan

Seit über einem Jahr herrscht Interner Link: Krieg im Sudan: Seit April 2023 bekämpfen sich dort Einheiten des sudanesischen Militärs (Sudanese Armed Forces, SAF) und die paramilitärischen sogenannten schnellen Eingreiftruppen (Rapid Support Forces, RSF). Ein Ende der Kämpfe ist weiterhin nicht in Sicht. Die Kampfhandlungen haben Externer Link: fast 8,9 Millionen Menschen vertrieben: Knapp 6,8 Millionen davon sind innerhalb des Landes auf der Flucht, mehr als 1,8 Millionen sind in die Nachbarländer geflohen, insbesondere in den Tschad (592.264) und nach Ägypten (500.000) (Stand: 19. Mai 2024). Unter den Flüchtlingen sind auch rund 530.000 Menschen, die in den ebenfalls Interner Link: benachbarten Südsudan zurückgekehrt sind, von wo sie ursprünglich auf der Suche nach Sicherheit in den Sudan geflohen waren. Von Binnenvertreibungen sind im Sudan insbesondere die Region Darfur im Südwesten des Landes sowie die Bundesstaaten River Nile, Sennar und White Nile im (Süd-)Osten betroffen.

Bereits vor Ausbruch der Kämpfe zwischen den SAF und den RSF war es Interner Link: im Sudan aufgrund multipler Ursachen immer wieder zu umfangreichen Binnenvertreibungen gekommen. Die Zahl der Binnenvertriebenen belief sich nach Externer Link: Angaben der Internationalen Organisation für Migration (IOM) vor Kriegsbeginn auf 3,8 Millionen Menschen. Seitdem ist ihre Zahl auf mehr als neun Millionen gestiegen. Damit gibt es im Sudan derzeit mehr Binnenvertriebene als in jedem anderen Land der Welt. 17,7 Millionen Menschen im Sudan – fast ein Drittel der Bevölkerung des Landes – sind Externer Link: von Hunger und Unterernährung bedroht oder bereits betroffen. Auf einer Geberkonferenz im April 2024 wurden Hilfen in Höhe von mehr als zwei Milliarden Euro zugesagt. Deutschland will den Sudan und seine Nachbarn mit 244 Millionen Euro unterstützen. Von den Vereinten Nationen werden bis Ende 2024 2,7 Milliarden US-Dollar für die Versorgung von 14,7 Millionen Menschen veranschlagt.

Britisches Parlament erlaubt Abschiebungen nach Ruanda

Das britische Oberhaus hat einem Gesetz zugestimmt, welches Ruanda zu einem sicheren Land erklärt und Abschiebungen von Asylsuchenden dorthin erlaubt. Mit dem Externer Link: „Safety of Rwanda Bill“ umgeht die britische Regierung ein Interner Link: Urteil des Obersten Gerichtshofs (Supreme Court) des Vereinigten Königreichs von November 2023. Dieser hatte entschieden, dass der ostafrikanische Staat kein sicheres Drittland sei. Abschiebungen dorthin würden sowohl die Europäische Menschenrechtskonvention als auch die Interner Link: Genfer Flüchtlingskonvention und die internationale Konvention gegen Folter verletzen. Es bestehe insbesondere die Gefahr des Verstoßes gegen das im Völkerrecht verbriefte PInterner Link: rinzip der Nichtzurückweisung (Non-Refoulement) in Gebiete, in denen schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen drohen. Daraufhin hatte die britische Regierung ein Gesetz ins Parlament eingebracht, welches Ruanda zu einem sicheren Drittland erklärt, die Möglichkeiten einschränkt, gerichtlich gegen Abschiebungen dorthin vorzugehen, und Teile der geltenden nationalen Bestimmungen zum Menschenrechtsschutz aus dem Externer Link: Human Rights Act 1998 aussetzt. Premierminister Rishi Sunak begrüßte die nun erfolgte Zustimmung des Oberhauses zu diesem Gesetz. Der erste Abschiebeflug soll im Frühsommer stattfinden, nach der kurzfristig angesetzten Parlamentswahl in Großbritannien am 4. Juli. Der Ausbau von Abschiebehaftplätzen und die Ausbildung von zusätzlichem Begleitpersonal für Abschiebeflüge seien schon angelaufen. 5.700 Migrant:innen seien aktuell für eine Abschiebung nach Ruanda vorgemerkt.

Bereits Interner Link: im April 2022 hatte die britische Regierung ein Abkommen mit Ruanda getroffen, um irregulär ins Vereinigte Königreich eingereiste Menschen dorthin abschieben zu können. Ein erster Abschiebeflug war im Juni 2022 vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gestoppt worden. Das Abkommen mit Ruanda sieht vor, dass irregulär ins Vereinigte Königreich eingereiste Personen nach Ruanda abgeschoben werden können. Möchten sie Asyl beantragen, wird ihr Antrag in Ruanda geprüft. Sie dürfen aber auch im Anschluss nicht von dort in das Vereinigte Königreich zurückkehren, selbst wenn sie einen Schutzstatus erhalten. Von den Abschiebungen erhofft sich die britische Regierung einen Abschreckungseffekt. Premierminister Sunak hat die Reduzierung der irregulären Migration unter dem Slogan „Stop the Boats“ zu einem zentralen Vorhaben seiner Regierung erklärt. Es ist bislang nicht klar, wie viele Asylsuchende das Vereinigte überhaupt realistisch in das ostafrikanische Land abschieben kann. Ruandas Aufnahmekapazitäten sind begrenzt, 2020 hat das Land nach Angaben der britischen Regierung über 228 Asylanträge entscheiden müssen. Allein über den Ärmelkanal sind in den ersten vier Monaten des Jahres 2024 Externer Link: mehr als 6.200 Menschen irregulär ins Vereinigte Königreich eingereist.

Als Gegenleistung für die Bereitschaft zur Migrationszusammenarbeit Externer Link: beabsichtigt die britische Regierung Ruanda über einen Zeitraum von fünf Jahren mit 370 Millionen britischen Pfund (etwa 432 Millionen Euro) für die wirtschaftliche Entwicklung zu unterstützen. In den dafür geschaffenen Fonds zahlt das Vereinigte Königreich weitere 20.000 Pfund pro aufgenommener Person und einmalig weitere 120 Millionen britische Pfund ein, wenn 300 Personen aufgenommen wurden. Zur Deckung der Lebensunterhalts- und Unterbringungskosten und der Kosten für die Durchführung der Asylvorgänge zahlt die britische Regierung dem ostafrikanischen Land zusätzlich bis zu 151.000 britische Pfund (etwa 176.000 Euro) für jede dorthin abgeschobene Person. Hinzu kommen weitere Kosten, etwa für Flüge und das für Abschiebungen benötigte Personal. Die Kosten könnten damit deutlich höher ausfallen als bei einem Verbleib im Vereinigten Königreich – zumindest dann, wenn die Abschiebungen nach Ruanda nicht maßgeblich die Zahl irregulärer Einreisen in das Vereinigte Königreich reduzieren.

In den EU-Staaten werden die Entwicklungen bezüglich der asylpolitischen Kooperation mit Ruanda aufmerksam beobachtet. In Deutschland fordern etwa CDU und FDP die Auslagerung von Asylverfahren in Drittstaaten.

Was vom Monat übrig blieb…

  • Der Bundestag hat eine Externer Link: Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes verabschiedet, um eine einheitliche Rechtsgrundlage für die Einführung einer Interner Link: Bezahlkarte für Geflüchtete zu schaffen. Damit sollen diese zukünftig einen Teil der staatlichen Beiträge zum Lebensunterhalt als Guthaben statt als Bargeld erhalten. Die Bundesländer hatten sich bereits im November 2023 mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) Interner Link: auf die Einführung einer solchen Bezahlkarte geeinigt. Uneinigkeit gab es allerdings darüber, ob es notwendig sei, die Einführung der Karte durch ein Bundesgesetz abzusichern. Die Länder hatten auf eine solche Rechtsgrundlage gepocht, auf die sich die Regierungsparteien schließlich Anfang April 2024 einigen konnten. Die konkrete Ausgestaltung der Bezahlkarte – etwa die Möglichkeit, ihre Nutzung regional einzuschränken – obliegt den Ländern.

  • Das Externer Link: Europäische Parlament und der Externer Link: Europäische Rat haben den Gesetzestexten zur Interner Link: Reform der europäischen Asylpolitik zugestimmt. Damit ist die Interner Link: asylpolitische Einigung formell bestätigt, die Parlament und Rat im Dezember 2023 getroffen hatte n. Die Gesetze treten in Kraft, sobald sie im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht werden. Zur Anwendung kommen die Verordnungen voraussichtlich zwei Jahre später. Bis dahin sollen die Mitgliedstaaten auch die im Gesetzespaket enthaltenen Richtlinien in nationales Recht überführt haben. In der Praxis wird sich dann zeigen, ob die Reform tatsächlich zu mehr Einheitlichkeit und Effizienz im Gemeinsamen Europäischen Asylsystem (GEAS) führt.

  • In Europa werden mehr als 51.400 unbegleitete minderjährige Geflüchtete vermisst, die zwischen 2021 und 2023 nach Europa gekommen sind. Das hat eine Externer Link: Recherche des Journalist:innen-Netzwerks „Lost in Europe“ ergeben. Dazu hatte das Netzwerk Daten aus den 27 EU-Mitgliedstaaten sowie Moldau, Norwegen, dem Vereinigten Königreich und der Schweiz angefragt. Nur 13 Staaten haben Zahlen zu verschwundenen minderjährigen Geflüchteten zur Verfügung gestellt. Die höchsten Zahlen meldeten Italien (22.899) und Österreich (20.077), gefolgt von Belgien (2.2.41) und Deutschland (2.005). Als Ursachen für das Verschwinden nennen Expert:innen u. a. überlastete Hilfsstrukturen und Frust über lange Asylverfahren, die geflüchtete Kinder und Jugendliche dazu veranlassen können, in andere Länder oder Landesteile weiterzuwandern und den Kontakt zu Behörden abzubrechen. Sie warnen, dass die vermissten Kinder Opfer von Ausbeutung werden könnten. Im Mai will die EU ein einheitliches Registrierungssystem für unbegleitete minderjährige Geflüchtete einführen.

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Vera Hanewinkel ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Migrationsforschung und Interkulturelle Studien (IMIS) der Universität Osnabrück.
E-Mail: E-Mail Link: vera.hanewinkel@uni-osnabrueck.de