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Kinder an die (finanzielle) Macht: Der Werderaner Zukunftshaushalt

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Der Werderaner Zukunftshaushalt ist ein Bürgerhaushalt der besonderen Art. Denn hier entscheiden ausschließlich Kinder und Jugendliche über die Verwendung eines Etats in Höhe von 200.000 Euro.

(© Johnny Cohen in Unsplash)

Ein neuer Belag für den Bolzplatz nebenan, Insektenhotels für die Stadt oder ein Spielplatz mit behindertengerechten Geräten? Die Bandbreite der Projekte des Werderaner Zukunftshaushalts ist groß – doch sie haben alle eines gemeinsam. Der Bürgerhaushalt ist speziell auf die Wünsche und Bedürfnisse der Werderaner Kinder und Jugendlichen ausgelegt. Denn: Alle zwei Jahre stehen mit dem Zukunftshaushalt 200.000 Euro zur Verfügung, über deren Verwendung junge Menschen allein entscheiden dürfen. Beschlossen wurde der Zukunftshaushalt 2020. Seitdem findet dieser alle zwei Jahre statt. Während im ersten Jahr jeweils die Wahl der zu fördernden Projekte erfolgt, werden im zweiten Jahr dann die Gewinnerprojekte umgesetzt.

Ablauf des Werderaner Zukunftshaushalts

In einem ersten Schritt werden alle Bürger*innen der Stadt Werder (Havel) dazu aufgerufen, ihre Projektvorschläge einzureichen. Um bereits in dieser Phase Kinder und Jugendliche aktiv einzubeziehen, gibt es den sogenannten „Zukunftsworkshop“. In diesem erarbeiten interessierte Kinder und Jugendliche gemeinsam Projektvorschläge für den Zukunftshaushalt. Kinder und Jugendliche sollen so ermutigt werden, auch eigene Ideen einzureichen. Zudem lernen sie in diesem Rahmen mehr über die bevorstehenden politischen Entscheidungsprozesse, erfahren aber auch die finanziellen Grenzen des Zukunftshaushalts.

Alle eingegangenen Projektideen werden anschließend von der Verwaltung auf verschiedene Kriterien hin geprüft. So wird beispielsweise darauf geachtet, dass das jeweilige Projekt die Kostengrenze von 30.000 Euro pro Projekt nicht übersteigt und ob das Projekt überhaupt zeitnah umsetzbar ist.

Zudem wird der sogenannte „Zukunftsrat“ ins Leben gerufen. Dieses Gremium setzt sich aus zufällig ausgelosten Kindern und Jugendlichen zusammen. Ihre Aufgabe ist es, die anstehende Wahl gemeinsam mit dem Kompetenzzentrum für Kinder- und Jugendbeteiligung und der Sachbearbeiterin für Bürgerbeteiligung vorzubereiten. So werden durch den Rat beispielsweise Entscheidungshilfen entwickelt. 2022 wurde den wahlberechtigten Kindern und Jugendlichen unter anderem geraten, ihre Wahlentscheidung so zu treffen, dass möglichst viele Personen von einem Projekt profitieren. Außerdem erarbeitet der Zukunftsrat eine Wahlbroschüre, in der alle zur Wahl stehenden Projekte vorgestellt werden. Diese Broschüren werden in den Werderaner Schulen verteilt und ermöglicht es allen jungen Wähler*innen, sich vorab eigenständig eine Meinung zu bilden. Die Wahl findet dann in den Schulen Werders statt, wobei alle Schüler*innen ab der vierten Klasse stimmberechtigt sind. Auch die Kinder und Jugendlichen, die zwar in Werder wohnen, aber nicht dort zur Schule gehen, dürfen an der Wahl teilnehmen. Sie stimmen per Briefwahl ab. Nach der Wahl tritt der Zukunftsrat ein letztes Mal zusammen, um gemeinsam die Stimmen auszuwerten. Dadurch sind die Kinder und Jugendlichen in den gesamten Prozess der Wahl involviert und erleben hautnah, wie politische Entscheidungsprozesse ablaufen.

Eine Seltenheit: Fokus auf die Partizipation von Kindern und Jugendlichen

Aufgrund der partizipativen Möglichkeit, die der Werderaner Zukunftshaushalt Kindern und Jugendlichen bietet, ist er eine echte Besonderheit. Zwar werden junge Menschen auch zunehmend durch Kinder- und Jugendparlamente in politische Prozesse einbezogen. Ihnen aber eine aktive Rolle in haushaltspolitischen Entscheidungen zuzusprechen, ist immer noch eine Seltenheit. Dabei bergen Kinder- und Jugendhaushalte große Potentiale: Zu einem können Gelder, die für Kinder- und Jugendförderung eingeplant sind, besser im Sinne der Zielgruppe eingesetzt werden. Zum anderen können partizipative Jugendhaushalte, wie der Werderaner Zukunftshaushalt, das Interesse und Verständnis von Kindern und Jugendlichen für kommunalpolitische Prozesse zu fördern. Ein neues Volleyballfeld, ein größerer Spielplatz – Projekte dieser Art sind fester Bestandteil der Lebensrealitäten junger Menschen. Dürfen sie darüber mitbestimmen, erleben Kinder und Jugendliche unmittelbar, wie ihr Alltag mit kommunalpolitischen Entscheidungen verwoben ist. Somit kann der Werderaner Zukunftshaushalt auch als Vorbild für andere Städte dienen. Er zeigt, was Kommunen beitragen können, um Kinder und Jugendliche zu mündigen Bürger*innen heranwachsen zu lassen.

Fussnoten

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