Unterrichtsmaterialien und Arbeitsblätter
Konzeption der Unterrichtseinheit
Vorüberlegungen zum Thema
Die Ereignisse der Jahre 1967/68 werden seit den 80er Jahren unter dem Kürzel "1968" zusammengefasst, die Beteiligten nennt man seither die "Achtundsechziger". Kaum ein Phänomen der deutschen Nachkriegsgeschichte ist so umstritten und hat so unterschiedliche Deutungen erfahren. Für die einen bedeutet "1968" "Freiheitsrevolte", "Fundamentalliberalisierung der westdeutschen Gesellschaft", "Aufbruch zur einzigen Reformära der Bundesrepublik", für die anderen, "Karneval", "Tumult", "Massenpsychose", "spätpubertäre Unmutsbezeugungen", "romantischer Rückfall" und "linker Faschismus". Der Deutungskampf um "1968" wird seit 40 Jahren hoch emotional geführt. Spätestens seit dem Zusammenbruch des kommunistischen Ostblocks überwiegen die negativen Urteile. Die Linke als historisches Projekt galt fortan für viele als erledigt und damit auch die 68er- Bewegung. Viele fühlen sich gerade im Jubiläumsjahr 2008 veranlasst, mit ihr abzurechnen.Ausgehend von den USA breitete sich in den 60er Jahren eine Protestbewegung über die ganze Welt aus. In Deutschland fand sie einen ersten Höhepunkt 1967. Nach der Erschießung des Studenten Benno Ohnesorg am 2. Juni kam es zu Demonstrationen und Gewalttätigkeiten in den großen Städten wie Berlin und Frankfurt und dauerte in dieser Intensität bis Herbst 1968.
Die 68er – Bewegung war keineswegs homogen. Die vielen kaum zu entflechtenden Strömungen geben ein verwirrendes Bild. Alle einte jedoch die Suche nach Neuorientierung, nach Verhältnissen, die Selbstbestimmung und Selbstverwirklichung ermöglichen würden. Die dunklen Seiten der 68er-Bewegung dürfen nicht ausgeblendet werden, dazu gehören Gewalt, Intoleranz und ideologische Verhärtung. Das Fanatische, Unbedingte, Irrationale, das heute der 68er-Bewegung zugeschrieben wird, gilt aber eher für den harten Kern der Bewegung und seine Chefideologen, die die revolutionäre Umwälzung der Gesellschaft und die Abschaffung des kapitalistischen Wirtschaftssystems forderten – auch unter Anwendung von Gewalt: "Macht kaputt, was Euch kaputt macht!" "1968" allein hat nicht alles verändert. Viel zu viel war bereits seit Jahren im Gang. Aber diesen Modernisierungsprozess haben die 68er vorangetrieben, so dass nach 68 fast nichts mehr so wie vorher war. "Und in diesem Sinn war "68" überall."
- Die politische Wende von 1969 und die Reformpolitik der 70er Jahre wären ohne die 68er Bewegung nicht möglich gewesen.
- Ein tiefer Mentalitätswandel führte zu neuen Verhaltensweisen in vielen Bereichen. Besonders eindrücklich im Bereich der Sexualität. Neue Werte wie Gleichheit, Kollektivität, Mitbestimmung oder soziale Gerechtigkeit standen nun in den Vordergrund, alte bürgerliche Werte wie Pflicht, Treue, Ehre, Gehorsam oder Vaterlandsliebe wurden in Frage gestellt.
- Ein neues Politikverständnis setzte sich im Gefolge der Politisierung in den Jahren 1967/68 in Deutschland durch. Protest als Element des Politischen war nun allgemein akzeptiert. Die Bundesrepublik wurde in der Folgezeit ein Land der Bürgerinitiativen. An der "Basis" der Parteien, in Gewerkschaften, Kirchen und Verbänden wurde mehr Mitsprache, mehr Transparenz und Begründungspflicht eingefordert, die Mitbestimmung in der Wirtschaft wurde ausgeweitet.
- Sehr schnell organisierte sich eine Frauenbewegung, andere soziale Gruppen folgten und forderten ihre Beteiligungsechte ein.

Text: Harald Schneider und Hans Woidt