Damenfußball in der Verbotszeit
EM-Turnier im Zwielicht
Das EM-Turnier indes erweist sich als zwielichtiges Unterfangen. Mit 40.000 Zuschauern kalkulieren die Veranstalter bei der großspurig angekündigten "Europameisterschaft", allein 20.000 DM sollen die Kosten betragen. Doch nur rund 8.000 Zuschauer kommen an beiden Tagen ins Poststadion, die Einnahmen betragen lediglich 8.200 DM. Finanzielle Deckungslücken tun sich auf, Hotels stehen vor unbezahlten Rechnungen. Wegen "dringenden Verdachts des Betruges" (Der Tagesspiegel, 14.11.1957) wird gegen die Turnier-Verantwortlichen Willi Ruppert und Dr. Gert Bernats Haftbefehl erlassen.Auch sportlich wird das Turnier für den deutschen Frauenfußball zum Bumerang. Die deutschen Frauen spielen schlecht und verlieren das Endspiel mit 4:0 gegen England. Es ist eine ganz andere Elf als jene, die drei Wochen zuvor gegen Holland ansehnlichen Fußball geboten hatte. Die Berliner Morgenpost: "Uns mißfielen nicht allein die mäßigen Leistungen (die Engländerinnen ausgenommen), sondern vielmehr die allzu große Geschäftstüchtigkeit der Manager. Dieses Turnier mit vier Mannschaften /.../ als "Europameisterschaft" anzukündigen, war unfair. Daß die deutsche Mannschaft sich aus den `absolut besten Spielerinnen´ zusammensetzt, haben wir geglaubt – bis wir die deutsche Elf spielen sahen! /../ Die deutsche Elf, die kürzlich hier gegen Holland (2:0) spielte, (war) weitaus besser." (Berliner Morgenpost 5.11.1957). Rund 3.000 Zuschauer sehen das Finale und das Spiel um den dritten Platz, dass die Holländerinnen mit 8:1 gegen Österreichs Damenauswahl gewinnen.
Trotz Skandal: Anerkennung für Damenfußball
Trotz finanzieller Ungereimtheiten und vermeintlicher Betrügereien bei der sogenannten "Europameisterschaft" ist die Fußballeuphorie bei Frauen und Mädchen ungebrochen, auch wenn das große Zuschauerinteresse allmählich nachlässt. "Es war wirklich Sport", resümiert die Berliner Tageszeitung Der Tag. Nichts von Zirkusveranstaltungen á la "Frauen-Ringkampf oder Frauen-Catchen..., wo man sich lustig in die Locken greift, ganz gleich ob sie naturverwachsen oder nur angesteckt sind. ... Es ging in den Spielen um die "Europa-Meisterschaft" der Frauen im Poststadion durchaus sportlich und ästhetisch zu. ... Der Deutsche Städtetag, der es abgelehnt hat, den Frauen die Fußballplätze zu sperren, die in öffentlichem Besitz sind, weil das gegen den Grundsatz der Gleichberechtigung verstößt, braucht sich dieser Entscheidung nicht zu schämen. Die Frauen bemühen sich um Sport und erregen keinen Anstoß". (Der Tag, 5.11.1957)Und wenn die Fußballerinnen von dubiosen Geschäftemachern übervorteilt werden, hat das auch mit der strikten Ablehnung des DFB zu tun – meint der Berliner Tagesspiegel: "Das kategorische Nein des DFB zum Frauen-Fussball wäre besser nicht gesprochen worden. Stattdessen hätte er seinen Vereinen raten sollen, bei Bedarf Frauen-Fußball-Abteilungen zuzulassen. Ihm wäre dieser Sport nicht entglitten, die gewiß nicht positiven Erscheinungen des Frauen-Fußballs hätten sich vermeiden lassen, die ganze Geschichte sähe heute sicher ganz anders aus." (Der Tagesspiegel 16.10.1957)