Migration prägt seit jeher unsere Gesellschaften. Sie findet schon immer und ständig statt, ist also gewissermaßen Normalität. Gleichwohl wird Migration häufig erst bei Problemen sichtbar oder wird angesichts von Konflikten thematisiert und diskutiert. Was aber ist eigentlich Migration? Wer sind Migrantinnen und Migranten? Wie wurde in der Geschichte und wie wird heute politisch auf Migration reagiert? Wie gehen unsere Gesellschaften mit Migration um? Dieses Grundlagendossier gibt Antworten auf häufige Fragen zum Thema und verweist auf weiterführende Beiträge zu migrationsbezogenen Themen.
Was ist Migration?
Damit ist eine weitere Bedingung angesprochen, die häufig mit Migration verbunden wird: Das Passieren einer Staatsgrenze. Neben dieser Internationalen Migration gibt es aber auch die sogenannte Binnenmigration, bei der der Lebensmittelpunkt über eine Grenze innerhalb eines Landes (z.B. Kreis- bzw. Bundesländergrenze) verlegt wird. Wanderungen innerhalb der Europäischen Union können als Zwischenform beider Migrationsarten gelten, da sie durch die Europäische Freizügigkeit so gut wie keinen rechtlichen Beschränkungen unterliegen.
Nicht unbedeutend für die Einordnung menschlicher Mobilität als Migration ist schließlich die angenommene oder tatsächliche Motivation, den Aufenthaltsort für längere Zeit zu wechseln. Dies kann zum Beispiel die Suche nach einem besseren Auskommen (Arbeitsmigration), die Gründung einer Familie (Familienmigration), das Streben nach (Aus-)Bildung (Bildungsmigration), die Flucht vor angedrohter oder befürchteter Verfolgung und Gewalt (Flucht- bzw. Gewaltmigration) oder auch die Suche nach Abenteuer oder einem ruhigeren Leben (Lifestyle Migration) umfassen.
Wer ist Migrantin oder Migrant?
Darüber hinaus werden Menschen häufig als Migrantinnen und Migranten bezeichnet – oder sehen sich selber so – die zwar nicht selbst migriert sind, in deren Familienbiografie es jedoch Migrationserfahrungen gibt. In Deutschland ist dann häufig von einem "Migrationshintergrund" die Rede. Damit werden hierzulande seit 2005 statistisch alle Menschen gefasst, die entweder selbst oder deren Eltern oder Großeltern seit 1949 aus einem anderen Land nach Deutschland gekommen sind. Damit umfasst der Begriff Migrationshintergrund eine so große und heterogene Personengruppe – in Deutschland hat etwa ein Fünftel der Bevölkerung offiziell-statistisch einen Migrationshintergrund – dass die Aussagekraft dieser Kategorie umstritten ist. Wie lange jemand als Migrantin gilt oder sich als Migrant fühlt, hängt einerseits von der individuellen Situation als auch von gesellschaftlichen Zuschreibungen ab, die steten Veränderungen unterworfen sind. Ein Blick in die (deutsche) Migrationsgeschichte zeigt, dass die Zuschreibung als Migrant häufig nach zwei oder drei Generation keine Rolle mehr spielt.
Sind Migranten Ausländer?
In modernen Nationalstaaten gibt es darüber hinaus die Möglichkeit, unter bestimmten Bedingungen die Staatsangehörigkeit des Aufnahmelandes zu erwerben. So können beispielsweise Migrantinnen oder Migranten in Deutschland nach sechs bis acht Jahren Aufenthalt eine Einbürgerung beantragen. Wird die deutsche Staatsangehörigkeit gewährt, gelten sie im rechtlichen Sinne nicht mehr als Ausländer. Eine dritte Möglichkeit ist ethnisch privilegierte Migration, etwa von Deutschen aus Osteuropa. Ihnen wurde als "Aussiedler" bzw. "Spätaussiedler" mit der Einreise in die Bundesrepublik automatisch die deutsche Staatsangehörigkeit zugesprochen. Damit wanderten sie quasi als Deutsche und nicht etwa als Ausländer nach Deutschland ein.
Die hier hervorgehobene rechtliche Dimension verweist auf weitere Zuschreibungen als Ausländer oder Ausländerin. Bis zum Beginn des 21. Jahrhunderts war dies der in Deutschland übliche Begriff für Migrantinnen und Migranten, Menschen also, die unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit als fremd und nicht vollständig der Gesellschaft zugehörig angesehen wurden, weil sie oder Ihre Vorfahren aus einem anderen Land gekommen waren. Der Begriff wirkt bis heute nach. Immer noch werden manchmal Menschen als Ausländer bezeichnet, die das im rechtlichen Sinne nicht sind.
Was ist ein Migrations-"Hintergrund"?
Im öffentlichen Diskurs, hat der Ausdruck "mit Migrationshintergrund" den Begriff "Ausländer" abgelöst. Er kann dabei aber weiter die gleiche exkludierende Wirkung haben, weil auch Menschen, die in Deutschland geboren wurden und aufgewachsen sind weiterhin sprachlich als "nicht zugehörig" bzw. "anders" markiert werden. Nach der offiziellen Definition des Statistischen Bundesamtes haben in Deutschland alle Menschen einen Migrationshintergrund, die nach 1949 auf das heutige Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zugewandert sind, sowie alle in Deutschland geborenen Ausländer und alle in Deutschland als Deutsche Geborenen mit zumindest einem zugewanderten oder als Ausländer in Deutschland geborenen Elternteil. Vereinfacht ausgedrückt sind das alle Einwohner, die keine deutsche Staatsangehörigkeit besitzen, sowie jene, die entweder selbst oder deren Eltern oder Großeltern seit 1949 nach Deutschland gezogen sind. Die Jahreszahl bezieht sich auf die Staatsgründung der Bundesrepublik bzw. der DDR und blendet jene Menschen aus, die vor und während des Zweiten Weltkrieges oder in der unmittelbaren Nachkriegszeit in das Gebiet der heutigen Bundesrepublik gekommen sind. In früheren Definitionen des Statistischen Bundesamtes und des Bundesinnenministeriums wurde 1955 (das Jahr des Anwerbeabkommens für italienische "Gastarbeiter") als Stichjahr gewählt, was einen Großteil der Aussiedlerzuwanderung in die junge Bundesrepublik ausschloss.
Die Aussagekraft der Kategorie "Menschen mit Migrationshintergrund" ist umstritten, da sie einen sehr großen und heterogenen Bevölkerungsteil umfasst. 2015 hatten nach Angaben des Statistischen Bundesamtes 17,1 Millionen Einwohner Deutschlands einen Migrationshintergrund und damit etwa ein Fünftel der Gesamtbevölkerung. Andererseits belegt die statistische Erhebung des Migrationshintergrundes die Normalität, die Zuzüge aus dem Ausland in Deutschland gewonnen haben und bekräftigt damit das, was in Deutschland lange Zeit nicht akzeptiert wurde: Deutschland ist ein Einwanderungsland.
Sind Flüchtlinge auch Migranten?
Tatsächlich lassen sich Migrationsentscheidungen selten eindeutig in 'freiwillig' oder 'erzwungen' einordnen. Häufig sind es mehrere Motive, die einer konkreten Migrationsentscheidung zugrunde liegen: politische oder soziale Diskriminierung und Verfolgung, die ungleiche Verteilung wirtschaftlicher Chancen, die Vernichtung von Lebensgrundlagen durch Krieg, Umweltzerstörung, Klimawandel oder ungerechte Welthandelsregime, der Wunsch nach Verbesserung der eigenen Situation oder besseren Zukunftschancen für die eigenen Kinder. Migrationsmotive hängen häufig eng miteinander zusammen und lassen sich nicht immer analytisch scharf trennen.
Daneben ist die politische Unterscheidung zwischen Flüchtlingen und Migranten mit der Verteilung von Migrationschancen verbunden, die manche Migranten vor anderen bevorzugt, indem sie als Flüchtlinge anerkannt werden (oder umgekehrt). Dies führt in Zeiten restriktiver Migrationspolitik dazu, dass Menschen mit eher "freiwilligen" Migrationsmotiven versuchen, einen Asylantrag zu stellen und auf die Anerkennung als Flüchtling hoffen, um so ihr Wanderungsprojekt realisieren zu können. In Zeiten offener Grenzen wandern Flüchtlinge dagegen umgekehrt eher als Arbeitsmigrantinnen und -migranten, anstatt sich den strengen Asylverfahren mit möglichen Freizügigkeitsbeschränkungen oder (temporären) Arbeitsverboten auszusetzen. Schließlich ist die Selbst- oder Fremdzuschreibung als Flüchtling auch mit moralischen Forderungen aufgeladen, die die Legitimität der jeweiligen Migration hervorheben sollen.
Gibt es ein Recht auf Migration?
Darüber hinaus kennt das Völkerrecht ein individuelles Recht auf Auswanderung (und Rückkehr in das Herkunftsland). Artikel 13,2 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte bestimmt: "Jeder hat das Recht, jedes Land, einschließlich seines eigenen, zu verlassen und in sein Land zurückzukehren." Dem folgt allerdings kein Recht auf Einwanderung in ein Land der eigenen Wahl und auch keine automatische Verpflichtung von Staaten, Migranten zu ihrem Territorium zuzulassen, die die Voraussetzung zur Schutzgewährung gemäß der Genfer Flüchtlingskonvention nicht erfüllen.
Daneben lässt sich aus anderen Rechtsgebieten ein Recht auf Migration ableiten. Ein Beispiel ist das Recht auf Familiennachzug, das sich in Deutschland aus dem im Grundgesetz verankerten Schutz der Familie ergibt. Auch die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte (Art. 16), die Europäische Menschenrechtskonvention (Art. 8), die Grundrechtecharta der EU (Art. 33) begründen den staatlichen und gesellschaftlichen Schutz der Familie.
Schließlich gibt es aufgrund imperialer, (post)kolonialer, zwischenstaatlicher oder supranationaler Freizügigkeitsbestimmungen oder auch aufgrund von Politiken ethnisch privilegierter Migration für Angehörige bestimmter Staaten oder einzelner ethnisch konstruierter Gruppen das Recht auf Migration in einem bestimmten überstaatlichen Raum oder zwischen bestimmten Ländern. Das gilt beispielsweise für die Migration von EU-Staatsangehörigen innerhalb der Europäischen Union oder die Zuwanderung von Aussiedlern aus Osteuropa und den Nachfolgestaaten der Sowjetunion in die Bundesrepublik.
Was ist illegale Migration?
Auch wenn in der Berichterstattung der illegale Grenzübertritt – versteckt in Lastwagen, nachts auf Booten oder heimlich über die grüne Grenze – im Vordergrund steht, macht diese Art der irregulären Migration nur einen kleinen Teil des Gesamtphänomens aus. Wie groß der Umfang irregulärer Migration tatsächlich ist, lässt sich nicht beziffern, da irreguläre Migrantinnen und Migranten behördlich nicht erfasst werden. Offizielle Schätzungen versuchen daher von der Zahl entdeckter "Irregulärer" auf die Gesamtzahl hochzurechnen. Dies kann zu Verzerrungen bei der Einschätzung des Gesamtphänomens führen.
Menschen, die sich irregulär in einem Land aufhalten, stehen im Alltag unter großem Druck, da die Angst vor Entdeckung häufig ihr gesamtes Verhalten bestimmt. Jede Krankheit und jede Verkehrskontrolle könnten die fehlenden oder abgelaufenen Aufenthaltspapiere auffliegen lassen und zu einer Ausweisung führen. Entsprechend sind irreguläre Migrantinnen und Migranten in der Regel darum bemüht, jeden Kontakt zu Behörden zu vermeiden und sich möglichst gesetzestreu und damit unauffällig zu verhalten. Ihre Bezeichnung als "Illegale" bzw. "illegale Migrantinnen oder Migranten" bezieht sich auf aufenthaltsrechtliche Vergehen, meist Ordnungswidrigkeiten, und nicht auf kriminelle Straftaten.
Gibt es heute noch Gastarbeiter?
Kernidee des "Gastarbeiter"-Modells war der zeitlich befristete Aufenthalt: Ausländische Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sollten für ein paar Jahre in den Betrieben der Anwerbestaaten arbeiten, um dann mit dem Erwirtschafteten wieder in ihr Herkunftsland zurückzukehren oder weiterzuwandern. In den wirtschaftlich boomenden Jahrzehnten der Nachkriegszeit kamen so beispielsweise über 15 Millionen Menschen nach Westeuropa, von denen die Mehrheit wieder zurückkehrte, sich ein Teil jedoch längerfristig niederließ. Die "Gastarbeiter"-Migration gilt daher neben der Wanderung aus den (ehemaligen) Kolonien als Prototyp der Einwanderung nach Westeuropa. Auch nach dem Ende der offiziellen Anwerbephase Anfang der 1970er Jahre blieben viele der angeworbenen Migrantinnen und Migranten mit ihren Familien in der neuen Heimat. Entsprechend leben hier noch "Gastarbeiter" der ersten Generation und ihre Familien.
Das Muster der temporären, also zeitlich befristeten Arbeitsmigration gibt es auch heute noch und in einzelnen Fällen werden hierzu auch wieder zwischenstaatliche Anwerbeverträge geschlossen. In den meisten Fällen vollzieht sich diese Migration jedoch im Rahmen von anderen aufenthalts- und arbeitsrechtlichen Bestimmungen, etwa zur Beschäftigung von Werkvertragsarbeitnehmern oder im Zuge der Europäischen Freizügigkeit. Entsprechend wird mit Blick auf die seit der Wirtschaftskrise 2008 gestiegene Migration junger, gut ausgebildeter Menschen aus Spanien oder Griechenland – beides in den 1950er und 1960er Jahren Staaten, mit denen die Bundesrepublik bilaterale Abkommen zur Anwerbung von Arbeitskräften geschlossen hatte – seit einigen Jahren auch von einer "neuen Gastarbeit" gesprochen. Außerhalb Europas, etwa in den arabischen Golfstaaten, ist "Gastarbeit" weiterhin das vorherrschende Arbeitsmigrationsmodell.
Was ist Residenzpflicht?
Offizieller Hintergrund der Residenzpflicht ist eine bessere Verteilung von Geflüchteten auf die Kommunen, die für die Unterbringung zuständig sind, und eine bessere Kontrolle über den Aufenthalt von Geflüchteten während des Asylverfahrens. Zudem sollen damit Verwaltungsvorgänge vereinfacht und sicherheitspolitische Belange gestärkt werden. Demgegenüber kritisieren Menschenrechtsorganisationen, dass sich Asylverfahren häufig über Jahre hinziehen und die Residenzpflicht dadurch einen tiefen Einschnitt in die Lebensgestaltung und Grundrechte der Betroffenen bedeuten kann.
Anfang 2015 wurde die Residenzpflicht durch eine Asylrechtsnovelle bundesweit auf drei Monate begrenzt, da sie als administrativ weitgehend nutzlos, menschenrechtlich bedenklich und auf Dauer integrationshemmend gilt. Im Zuge der erneuten Verschärfung des Asylrechts im Herbst 2015 und Frühjahr 2016 wurde sie jedoch wieder in die Diskussion gebracht, ohne dass sich an den Gründen ihrer Abschaffung etwas geändert hatte.
Wie wird man Deutsche oder Deutscher?
Was bedeutet Willkommenskultur?
Die Entwicklung einer "Willkommenskultur" wurde insbesondere im Rahmen der Debatte um einen drohenden Fachkräftemangel gefordert: So hatte sich gezeigt, dass Deutschland im internationalen Wettbewerb um die "klügsten Köpfe" auch nach Öffnung des Arbeitsmarktes für Hochqualifizierte nicht in dem erwarteten Maße bestehen konnte. Verbunden mit der Forderung, Deutschland müsse attraktiver und offener für Migranten sein, waren zahlreiche Reformen und Initiativen wie etwa der verbesserte Zugang zum Arbeitsmarkt durch eine zügigere Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse, Förderprogramme für benachteiligte Migrantinnen und Migranten und die Öffnung (und offensive Werbung) des öffentlichen Dienstes für Menschen mit Migrationshintergrund (sogenannte "interkulturelle Öffnung").
Schließlich kann angesichts der breiten Hilfs- und Aufnahmebereitschaft weiter Teile der Zivilgesellschaft gegenüber Geflüchteten, insbesondere im Sommer 2015, allen ebenso verbreiteten Ressentiments und Gewaltakten gegenüber Geflüchteten zum Trotz, von einer in Teilen der Gesellschaft verankerten und gelebten Willkommenskultur gesprochen werden.
Was haben Flüchtlinge mit Dublin zu tun?
Seit dem ersten Abkommen ist die Regelung, die in der Zwischenzeit in EU-Recht übergegangen ist, mehrfach überarbeitet worden. 2003 löste eine EU-Verordnung (Dublin II) das alte zwischenstaatliche Abkommen ab. 2013 wurde diese, unter anderem als Reaktion auf Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, erneut reformiert (Dublin III) und beispielsweise um Regelungen für gemeinsame Asylverfahren von Familienangehörigen ergänzt. Zugleich wurde die elektronische Erhebung der Daten von Asylsuchenden (EURODAC) und der Zugriff darauf erweitert.
Während der erhöhten Flüchtlingszahlen 2015 in Folge des Syrischen Bürgerkriegs geriet das Dublin-System an seine Grenzen, als Mitgliedstaaten durchreisende Flüchtlinge nicht mehr registrierten bzw. Flüchtlinge ungeachtet der zwischenstaatlichen Regelungen auf eigene Faust in ihre Zielländer reisten. Seither wird in der EU eine Reform des Dublin-Systems diskutiert, wonach zukünftig im Falle extrem hoher Asylsuchendenzahlen die Staaten an den (südlichen und östlichen) EU-Außengrenzen entlastet werden sollen, indem Geflüchtete nach einem festen Schlüssel auf andere EU-Staaten verteilt würden.
Was ist Frontex?
Frontex ist nicht unumstritten. Einerseits wird der europäische Grenzschutz als wichtig für die innere Sicherheit der EU erachtet, andererseits wird die Agentur für Verstöße gegen Menschenrechte und internationales Recht kritisiert.
Dürfen Migranten in ihrem Beruf arbeiten?
Drittens sind manche Berufe und Laufbahnen, etwa als Beamte, bei der Polizei oder im Militär den Staatsangehörigen bestimmter Länder vorbehalten. So können beispielsweise in Deutschland nur deutsche Staatsbürger sowie Staatsangehörige der Europäischen Union des Europäischen Wirtschaftsraums oder der Schweiz eine Beamtenlaufbahn einschlagen.
Schließlich entsprechen Berufsbilder im Zielland nicht immer der Ausbildung im Herkunftsland. So ist beispielswiese die Krankenversorgung in vielen Ländern Teil einer akademischen Ausbildung, die auch entsprechend verantwortliche Tätigkeiten beinhaltet. In Deutschland können die erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten dann häufig nicht eingesetzt werden, da Krankenpflege hier auf geringerem Qualifikationsniveau eingeordnet – und bezahlt – wird. Bisweilen ist auch die Arbeitserlaubnis auf bestimmte Tätigkeiten beschränkt. Die geringsten Hürden für eine Tätigkeit im eigenen Beruf haben sicherlich Beschäftigte internationaler Unternehmen (Expats) und Selbstständige zu überwinden, weshalb letztere unter Migranten auch einen signifikanten Anteil haben.
Ist Deutschland nun Ein- oder Auswanderungsland?
Über einen längeren historischen Zeitraum betrachtet hat sich Deutschland aber von einem Transit- und Auswanderungsland zu einem Einwanderungsland entwickelt. So überwog im 19. und frühen 20. Jahrhundert die Zahl derer, die aus Deutschland oder über Deutschland nach Übersee auswanderten, vor allem nach Nordamerika. Noch in den 1950er Jahren übertraf diese Amerikaauswanderung die Einwanderung beispielsweise von Arbeitsmigranten. Seit den 1960er Jahren kamen regelmäßig mehr Menschen in die Bundesrepublik als von dort wegzogen und West-Deutschland wurde zunächst statistisch und später auch faktisch zu einem Einwanderungsland, als sich temporäre Migrantinnen und Migranten auch auf Dauer niederließen, Familien gründeten oder Familienangehörige aus ihren Herkunftsländern nachholten. Seit den späten 1990er Jahren vollzieht sich durch die offizielle Anerkennung der Einwanderung, ihre politische Rahmung und gesellschaftliche Diskussion eine Entwicklung hin zu einer Migrationsgesellschaft, die von Ein- und Auswanderung geprägt ist.
Lässt sich Migration steuern?
All diesen Steuerungsversuchen gemeinsam ist, dass sie Migrationsbewegungen zwar maßgeblich beeinflussen, indem sie beispielsweise die rechtlichen Rahmenbedingungen für Migration setzen. Sie sind jedoch so gut wie nie in der Lage, Migration vollständig zu kontrollieren oder zu verhindern. Denn Migration findet immer auch außerhalb der regulären, rechtlich vorgesehenen oder erlaubten Wege statt. Dies wird umso offensichtlicher je restriktiver die Kontrollversuche ausfallen: Migrantinnen und Migranten lassen sich häufig sogar von der lebensgefährlichen Überwindung militärisch gesicherter Grenzen nicht abbringen. Migration ist nicht nur wesentlich älter als staatliche Steuerungsversuche, sie ist auch wesentlich durchsetzungsfähiger.
Wer legt fest, wer Migrant ist?
Was sind Armutsmigranten?
Wenngleich der Wunsch auf eine Verbesserung der Lebensumstände tatsächlich häufig ein relevantes Motiv für Migration ist, zeigt die Migrationsforschung, dass es fast nie Angehörige der ärmsten Bevölkerungen im Herkunftsland sind, die sich auf den Weg machen. Denn: Migration ist teuer. Und das im wörtlichen und übertragenen Sinne. Migration erfordert nicht nur erhebliche finanzielle Ressourcen, um Reise, Aufenthalte in Transitländern und den Start am Zielort bewältigen zu können, sondern auch hohes kulturelles Kapital in Form von Bildung sowie sozialen und interkulturellen Kompetenzen, die ein Migrationsprojekt plan- und durchführbar machen. Schließlich sind es auch vorhandene Netzwerke, die Migrationsentscheidungen und -richtungen beeinflussen.
Ist ein Auslandssemester auch Migration?
Schließlich machen auch Bildungsmigrantinnen und -migranten nach einem nur relativ kurzen Aufenthalt von bis zu einem Jahr bei ihrer Rückkehr Erfahrungen, die denen anderer temporärer Migrantinnen und Migranten gleichen: Vermeintlich Vertrautes wirkt ungewohnt und fremd, soziale Kontakte sind dünner geworden und das Umfeld hat sich vermeintlich kaum geändert, während man sich selbst weiter entwickelt hat. Und vielleicht führt das Auslandssemester doch zu einem längeren Aufenthalt im Aufenthaltsland oder einer Rückkehr dorthin, etwa weil man während des Auslandsstudiums ein Jobangebot erhalten oder sich verliebt hat.
Was ist Integration?
Die individuelle Perspektive kann sich davon grundlegend unterscheiden und ist zudem situationsabhängig. Menschen, die sich im Allgemeinen als "integralen" Teil der Gesellschaft betrachten, können in gewissen Situationen als fremd markiert und aufgrund ihrer Herkunft ausgeschlossen werden. Dies kann als Kränkung empfunden werden und tiefe seelische Verletzungen verursachen und sich negativ auf den gesellschaftlichen Zusammenhalt auswirken. Entsprechend kann die mehrheitsgesellschaftliche oder politisch-administrative Forderung nach Integrationsbemühungen an Menschen, die sich bereits als integriert und Teil der Gesellschaft betrachten, auch zu Desintegration führen. Umgekehrt können Menschen, die soziostrukturell integraler Bestandteil der Mehrheitsgesellschaft sind, sich selbst als dieser nicht zugehörig identifizieren.
Letztlich ist Integration ein gesamtgesellschaftlicher, sich in verschiedenen Bereichen unterschiedlich schnell vollziehender Prozess, der keinen festen Endpunkt hat, sondern vielmehr von der Fremd- und Selbstwahrnehmung der betroffenen Individuen abhängt. Was unter "gelungener Integration" zu verstehen ist, wird dabei politisch und gesellschaftlich kontinuierlich neu ausgehandelt.