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Editorial | Ländliche Räume | bpb.de

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Editorial

Jutta Klaeren

/ 2 Minuten zu lesen

Das Land bzw. der ländliche Raum werden in der breiten Öffentlichkeit meist entweder als Idyll, als Natur- und Erholungsraum betrachtet oder als defizitär – gekennzeichnet durch Abwanderung junger Leute, baulichen Verfall, industrialisierte Landwirtschaft und mangelhafte Infrastruktur...

Das Land bzw. der ländliche Raum werden in der breiten Öffentlichkeit meist entweder als Idyll, als Natur- und Erholungsraum betrachtet oder als defizitär – gekennzeichnet durch Abwanderung junger Leute, baulichen Verfall, industrialisierte Landwirtschaft und mangelhafte Infrastruktur. Der Fokus der Berichterstattung von Politik und Gesellschaft liegt tendenziell eher auf den städtischen Ballungszentren und den Boomregionen.

Das wahrgenommene Gefälle zwischen Stadt und Land setzte in den vergangenen Jahren allerdings eine verstärkte Diskussion darüber in Gang, wie das von der Bundesregierung mit hoher Priorität verfolgte politische Ziel gleichwertiger Lebensverhältnisse in Deutschland zu erreichen sei. Gleichwertigkeit bedeutet dabei, den Menschen überall im Land ähnliche Lebenschancen zu bieten.

Übersehen wird bei dieser Diskussion oft, dass es den Gegensatz Stadt – Land so gar nicht mehr gibt. Es kann auch nicht pauschal vom ländlichen Raum gesprochen werden. Vielmehr handelt es sich um eine Vielzahl ländlicher Räume, die sich in ihren gesellschaftlichen, sozialen und wirtschaftlichen Merkmalen grundlegend voneinander unterscheiden.

Mehr als zwei Drittel der Bevölkerung in Deutschland leben außerhalb von Großstädten, über die Hälfte in Dörfern und Kleinstädten. Ländliche Räume tragen insgesamt einen hohen Anteil zur ökonomischen Wertschöpfung bei, heimische Landwirtschaftsbetriebe gewährleisten die Versorgung mit Nahrungsmitteln, und viele unbekannte Weltmarktführer, sogenannte Hidden Champions, haben ihren Unternehmenssitz in den ländlichen Räumen.

Es gibt aber auch vielfältige Herausforderungen und Probleme, vor die sich Menschen in ländlichen Räumen gestellt sehen. Dazu gehören beispielsweise die Abwanderung junger Menschen und die starke Alterung in den Orten, das Verschwinden von Einrichtungen der Daseinsvorsorge wie Lebensmittelgeschäften, Schulen, Ärzten und Banken.

Neben Politik und Verwaltung versuchen auch die Menschen vor Ort in unterschiedlichsten Initiativen diesen Entwicklungen entgegenzuwirken und ihre Wohnorte für sich und andere attraktiv zu gestalten. Wie wichtig insbesondere der Ausbau der digitalen Infrastruktur ist, zeigt sich gerade in Zeiten der Coronavirus-Pandemie, in der ortsungebunden Homeoffice und Homeschooling für viele Menschen zum Alltag wurden. Solche Maßnahmen, Gestaltungsspielraum für kreative Ideen, Rückkehrerprogramme, aber auch steigende Wohnkosten und sinkende Lebensqualität in so mancher Großstadt können bewirken, dass ländliche Räume gerade für junge Familien attraktiv werden.

Verfasst haben diese Themenausgabe Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Thünen-Instituts für Ländliche Räume in Braunschweig. Auf der Basis eines von ihnen entwickelten Typisierungsindexes untersuchen sie die ländlichen Räume in sieben Kapiteln unter verschiedenen Aspekten. Sie beschreiben, was die ländlichen Räume ausmacht, vor welchen Herausforderungen diese angesichts der sich aktuell abzeichnenden gesellschaftlichen und technologischen Umbrüche stehen und welche Möglichkeiten Politik, Gesellschaft und Wirtschaft haben, um darauf zu reagieren.