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Szenenbild - Drehorte erschaffen | Filmgewerke | bpb.de

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Szenenbild - Drehorte erschaffen Wie Szenenbildner Filmkulissen gestalten

/ 5 Minuten zu lesen

Prächtig und opulent, verhalten und leise oder eindringlich und beredt – das Szenenbild bestimmt nicht allein das Aussehen eines Films, sondern vor allem seine Atmosphäre sowie dessen kulturelle und geschichtliche Verortung.

Am Set zum Film "Buddenbrooks" von Heinrich Breloer (© Bavaria Film GmbH ­Colonia Media GmbH - Pirol Film Production GmbH / Stefan Falke)

1. Einführung: Der Szenenbildner als Stimmungsarchitekt

Prächtig und opulent, verhalten und leise oder eindringlich und beredt – das Szenenbild bestimmt nicht allein das Aussehen eines Films, sondern vor allem seine Atmosphäre sowie dessen kulturelle und geschichtliche Verortung. Es muss in die Filmerzählung einstimmen, sie fortsetzen und den Sinn und Gehalt eines Drehbuchs durch die zu erschaffende Raumgestaltung verstärken. Drehorte sind demzufolge keine neutrale Umgebung, denn sie müssen immer auch etwas über die Filmfiguren erzählen, die in ihr agieren. Für alles, was man in einem Film, abgesehen von den Schauspielern, sieht, ist deshalb der Szenenbildner zuständig. Er sucht nicht nur reale Drehorte und vorhandene Räumlichkeiten aus, sondern plant und überwacht auch den Bau vollständiger Sets im Freien oder in einem Studio. Vom Grundriss der Räume über das Mobiliar bis zur Zuckerdose auf dem Tisch verantwortet der Szenenbildner als Leiter von Bauten, Ausstattung und Requisiten das ‚Gesicht´ einer Kulisse. Dank seines Gespürs für Formen, Farben, Linien, Materialien, räumliche Dimensionen und Lichtverhältnisse werden Orte und Gegenstände zu einem Spiegel für Gedanken und Gefühle der Filmfiguren, für ihre Erinnerungen und Erlebtes, Zukünftiges und Mögliches – und dadurch zu einem subtilen Medium, das der Schauspieler in Besitz nehmen muss, um sich seiner Filmrolle noch intensiver anzunähern.

2. Wissen: Mit dem Gespür für Licht und Räume

2.1 Historische Stationen des Szenenbilds

Eine Vorstufe des Szenenbilds gab es schon, bevor es Film gab. Ausgehend von England verbreiteten sich zwischen 1874 und 1914 fotografische Glasdias, die sog. Laternenbilder, die mittels einer Laterna Magica an die Wand projiziert wurden, um Lieder und Erzählungen zu illustrieren. Mit dem Aufstieg des Kinos entwickelte sich sukzessive eine eigene Berufsgruppe, die Filmen nicht nur ihren bildlichen Rahmen verlieh, sondern bis in die 1920er Jahre neben den Kulissen auch maßgeblich die Lichtwirkung und die Arbeit des Kameramannes beeinflusste.

Zum Öffnen des PDFs bitte klicken (© BPB)

2.2 Hinter den Kulissen – Arbeitsphasen eines Szenenbildners

Jede Filmhandlung braucht ihren Platz, gewisse Requisiten und fast immer Mobiliar. Räume werden betreten, bewohnt oder kurzzeitig aufgesucht und wieder verlassen. Die passenden Drehorte nicht nur aufzuspüren, sondern ihnen auch Charakter, Atmosphäre und die geforderte filmische Bedeutung zu verleihen, ist Aufgabe des Szenenbildners.

Drehbuchlektüre
Als Arbeits- und Diskussionsgrundlage der szenenbildnerischen Arbeit
Auch für die szenenbildnerische Arbeit ist das Drehbuch der Ausgangspunkt gestalterischer Ideen. In den Szenenüberschriften sind z.B. mit Herrenhaus Lahnstein / Esszimmer / Innen / Abend bereits grobe Angaben zu den Örtlichkeiten einer Szene vorgegeben. Diese spärlichen Informationen muss der Szenenbildner mit seiner Fantasie auskleiden und in räumliche Dramaturgie umwandeln. In einem zweiten Schritt gilt es, seine persönlichen Ideen und Raumvorstellungen mit denen des Regisseurs in Einklang zu bringen.

Recherche
In Bibliotheke Museen, Archiven, Zeitschriften, dem Internet usw.
Zunächst schlüsselt der Szenenbildner die verschiedenen für den Film benötigten Drehorte, die sog. Motive, einzeln auf. Ein 90-minütiger Spielfilm verlangt im Durchschnitt 30 bis 50 unterschiedlich gestaltete Drehorte. Mit Hilfe seiner umfangreichen Motivliste studiert der Szenenbildner dann Quellen und recherchiert die szenische Ausstattung. Dabei sucht er hauptsächlich nach Bildmaterial, um historische, kulturelle und soziale Hintergründe sachgerecht umsetzen zu können.
Wenn es sich um die Inszenierung privater Wohnräume handelt, genügt nicht allein ein gründlich recherchiertes Zimmer, sondern für die Mischung aus Figur und Schauspieler muss eine stimmige Umgebung kreiert werden.

Vorentwürfe
Eigenschöpferische Anfertigung von Werkstattskizzen, Modellen und Grundrissen
Für die Hauptmotive des Films werden deshalb erste Schaubilder skizziert. Sie dienen als anschauliches Diskussionsmaterial, um sowohl den Ausstattungsaufwand mit der Produktion als auch die Bildvorstellungen mit der Regie und dem Kameramann abstimmen zu können. Gebaute Räume müssen nämlich stets noch die erforderlichen Kamerabewegungen und eine gezielte Lichtsetzung ermöglichen. In diesem Stadium entscheidet sich zudem, ob, was und wie viel im Filmstudio oder an Originalschauplätzen gedreht werden soll.

Motivsuche
In Abstimmung mit Regisseur und Produzent

Drehort vor der Gestaltung

Parallel zu den Recherchen und ersten Entwürfen beginnt die aufwendige Suche nach geeigneten Drehorten. In Zusammenarbeit mit dem Regisseur beurteilt der Szenenbildner potenzielle Räume und Motive, legt Schauplätze fest, schätzt deren Einrichtung ab und entscheidet, ob sich die Drehbuchszenen am anvisierten Drehort verfilmen lassen.







Entwurf des Szenenbilds
Als Grundlage der Ausführungs- und Drehplanung

Szenenbildentwurf

Wenn die Schauplätze gesichert sind, wird jede Szene ein weiteres Mal gründlich ausgearbeitet. In diesem Stadium sind die Entwürfe oft farbige Schaubilder, mit deren Hilfe z.B. das Farbkonzept mit den Kostüm- und Maskenbildnern abgestimmt und die Drehplanung konkretisiert werden kann. Bei anspruchsvollen Filmprojekten werden sie deshalb zusätzlich durch ‚Storyboards´ ergänzt. Wenn die geplanten Motive von der Regie abgenommen worden sind, tritt der Szenenbildner als künstlerischer Leiter etwas in den Hintergrund und die praktische Umsetzung kann beginnen.


Umsetzung
In den Werkstätten für Schreiner-, Maler-, Schlosser- und Dekorationsgewerke unter der Bauleitung des Architekten

Technische Skizze

Der Szenenbildentwurf muss dafür so gründlich über den Umfang und die Machart von Bauten, über benötigte Einrichtungen, Requisiten, Spezialkonstruktionen usw. informieren, dass nach seinen Angaben sämtliche Arbeiten in den Werkstätten, im Studio und an den Drehorten ausgeführt werden können.
Da der Szenenbildner weder Architekt noch Bauleiter ist, überwacht er parallel den zeitlichen Rahmen und das Voranschreiten der Arbeiten. Oberste Priorität bei den Dreharbeiten hat stets die pünktliche Fertigstellung einer Kulisse im vorgegebenen Kostenrahmen. Erst wenn das gewährleistet ist, bleibt Zeit, das Design zu optimieren.

Einrichtung und Requisite
In Zusammenarbeit mit dem Ausstatter und den Requisiteuren
Obwohl dem Szenenbildner mit dem Ausstatter und den Requisiteuren ein fachliches Team zur Seite steht, verantwortet er neben den Bauten auch die Brauchbarkeit der Requisiten und der Einrichtung. Die Requisite ist nämlich im übertragenen Sinne das ‚Gewürz´ einer Szenenkulisse. Details in der Ausstattung und Möblierung von Zimmern können für den Handlungsverlauf sehr bedeutsam sein und dem Zuschauer ganz nebenbei Botschaften vermitteln. Im Idealfall setzen sie Akzente und runden den "Look" der geschaffenen Kulisse ab.

Kosten
Nach Absprache mit dem Produzenten, Kalkulation in einem eigenen Ausstattungsetat Ebenso wie der Kostümbildner hat auch der Szenenbildner einen eigenen Etat zu verantworten, der exakt kalkuliert werden muss. Umso wichtiger ist es, dass jede Arbeitsphase detailliert geplant und dokumentiert wird – immerhin macht der Ausstattungsetat in Deutschland üblicherweise etwa 10% der Produktionskosten aus, bei Ausstattungs- oder Science-Fiction-Filmen ist er sogar deutlich höher.

Dreharbeiten
Vor bzw. in der Kulisse des Szenenbildners

Fertig gestaltete Kulisse am Drehort

Die Dreharbeiten beginnen mit einer Stellprobe, bei der die geschaffenen Räume erstmals von den Schauspielern in Besitz genommen und ggf. letzte Anpassungen des Motivs durchgeführt werden müssen. Im weiteren Verlauf ist der Szenenbildner ständig unterwegs, um bereits an den folgenden Drehorten den Vorbau zu begleiten und, gemeinsam mit dem Regisseur, Motivabnahmen durchzuführen. Seine Drehtage sind deshalb häufig länger als die des restlichen Filmteams.





3. Unterrichtsmaterialien

4. Weiterführende Literatur und Weblinks



vierundzwanzig.de: Externer Link: Interview mit dem Szenenbildner Christian M. Goldbeck

vierundzwanzig.de: Externer Link: Szenenbild (Link zum Gewerk auf 24 mit Interviewclips, Filmausschnitten und Hintergrundinformationen)

vierundzwanzig.de: Externer Link: Glossar (Von A wie Abspann bis Z wie Zwischentitel - Erklärungen zu allen Fachbegriffen des Dossiers)

Eue, Ralph / Jatho, Gabriele (Hrsg.): Schauplätze, Drehorte, Spielräume. Production Design + Film, Berlin 2005. (Ausstellungspublikation der Deutschen Kinemathek Berlin, die besonders das Zusammenspiel verschiedener szenenbildnerischer Elemente anschaulich erklärt)

Vision Kino (Hrsg.): Kino trifft Schule-DVD zu KRABAT (Didaktische DVD zum Kinofilm mit ausführlichen Texten und Anwendungen zum Themenkomplex Szenenbild)

Fussnoten

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