Inhaltsbeschreibung
Mit der Wiedervereinigung Deutschlands 1990 begann der Abzug der Westgruppe der Truppen (WGT) der russischen Streitkräfte aus Ostdeutschland. Er stellt zusammen mit dem durch die Perestrojka und das Ende des Kalten Krieges eingeleiteten Abzug sowjetischer Truppen aus Ostmitteleuropa den umfangreichsten strategischen Wandel in Europa seit 1945 dar. Beim Abzug der WGT verbanden sich heikle militärpolitische Tatbestände mit schwierigen logistischen Herausforderungen. Zudem galt es, mentale Belange im Blick zu halten, vor allem den sensiblen Umgang mit dem eklatanten Statusverlust der einstigen Sieger- und Besatzungsmacht, die über Jahrzehnte die Geschicke der DDR bestimmt hatte.
Aus unterschiedlichen Perspektiven und durchaus persönlich gefärbt beleuchten die Autorinnen und Autoren, darunter zahlreiche Zeitzeugen, die vielen Facetten des Abzugs und seiner Folgen: Welche auch internationalen Entwicklungen begleiteten den Rückzug der Truppen? Wie wurde und wird mit dem materiellen – verlassene Kasernen, Umweltschäden, Munitionslasten – und ideellen Erbe dieser Zeit umgegangen? Wer war mit welchen Anliegen in den Prozess des Abzugs involviert oder fühlte sich von dessen Gestaltung ausgeschlossen? Nicht zuletzt greift das Buch die zunehmende Instrumentalisierung des Truppenrückzugs in Putins Russland auf, das zumal seit dem Angriffskrieg auf die Ukraine daraus politisches Kapital zu schlagen versuche.