Inhaltsbeschreibung
Das Grundgesetz erfreut sich großer Akzeptanz in der Bevölkerung. Dabei eint ein gewisser Verfassungspatriotismus einen Großteil der Deutschen über politische Lager hinweg. Selbst Gegner der parlamentarischen Demokratie und ihrer Institutionen berufen sich mitunter auf das Grundgesetz und die dort verankerten Rechte. Dieser positive emotionale Bezug auf die Verfassung ist allerdings eine eher neuere Entwicklung in der deutschen Geschichte, wie Ute Frevert darlegt.
Sie beschreibt die Einstellungen gegenüber Deutschlands Verfassungen vom 19. Jahrhundert bis heute und verweist auf die durchaus ambivalenten Gefühle, die diese auslösten: als das Bürgertum einende, aber doch weitestgehend enttäuschte Idee im Deutschen Bund und im Kaiserreich, als Gesetzestext ohne überzeugte Fürsprecher und Verteidiger in der Weimarer Republik, als lange mit nüchterner Distanz betrachtetes und später mit Vehemenz verteidigtes Grundgesetz in der Bundesrepublik oder als kaum der Wirklichkeit entsprechender Legitimationstext in der DDR. Im wiedervereinigten Deutschland blieben Forderungen nach einer neuen, gesamtdeutschen Verfassung unbeantwortet – was dem Zuspruch zum Grundgesetz keinen Abbruch zu tun scheint. Allerdings, so Ute Frevert, könne auch diese rhetorische „Verfassungsliebe“ an ihre Grenzen stoßen. Daher gelte es, die institutionellen Bestandsgarantien für Grundgesetz und Verfassungsgericht zu stärken.